Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
•****»■* ^CmiiSuiAX
80 5
is
3 ) 4 ^^»
Go gle
^ V
Go gle
Zeitschrift
Deutsche Mundarten
Im Aufträge
dos
Vorstandes des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins
herausgegebon von
Otto Heilig und Philipp Lenz
Jahrgang 1912
Berlin
Verlag des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins
(F. Berggold)
1912
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Inhalt
Seite
Lautschrift. 1
Lantlehro der Bamberger Mundart. Von Hans Batz .3. 193
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach (Kreis Biedenkopf). Von Ludwig
Schaefer .54
Zur niederdeutschen Sprachgrenze im Rheinlande. Von Otto Bremer .... 89
Der Hiatus in den deutschen Mundarten. Von Oskar Weise .97
Lexikalische Beiträge aus Unter- und Oborbaden. Von Othmar Meisinger . . 112
Einige Pflanzennamen in Zipser Mundart. Von E. Kövi .114
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. Von Wilhelm Schoof . . 117. 298
Hessische Volksrätsel. Von Wilhelm Schoof .123
Proben schlesischer Gebirgsmundarten. Von Friedrich Graebisch . .127. 263. 319
Ordinanzen über die von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenst&nden in Emden ent¬
richteten Abgaben aus dem Jahre 1628. Von Heinrich Deiter .142
Zur Chronologie von in der mecklenburgisch-vorpommerschen Mundart
Von Agathe Lasch .166
Zur niederdeutschen Sprachgreuze. Von Emil Maurmann .174
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. Von
Oskar Philipp .226
Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück). Von Edmund Protsch . . . 249
Volksreime aus dem Harzgau. Von R. Block .276
Fritz Reuter und Anton Sommer. Von Paul Kannengießer .289
Proben der Mundart von Rheinbischofsheim. Von Friedrich Weik.348
Mundartliche Proben aus dem badischen Frankenland. Von Otto Heilig . . . 357
Sprachproben aus der deutschen Mundart von Dobsina in Obeiungarn. Von Julius Lux 360
Zur Erklärung der ripuarischen Gutturalisierung. Von Anton Pfalz.364
Bfloherbesprech ungen:
C. A. Loosli, Mys Ämmitaw, bespr. von Ernst Marti .91
Siebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch, bespr. von 0. Weise.92
Ed. Langer, Die Adlergebirgsmundart, bespr. von 0. Weise.93
Gideon Petz, Magyarorezägi Nemet Nyelvjärasok, bespr. von H. F. Schmidt 176
Paul Geiger, Volksliedinteresse und Volksliedforschung in der Schweiz vom
Anfang des 18. Jahrh. bis zum Jahre 1830, bespr. von Othmar Meisinger 179
Paul Alpers, Untersuchungen über das alte niederdeutsche Volkslied, bespr.
von Othmar Meisinger.180
Harder, Worden und Wandern unserer Wörter, bespr. von Othmar Mei¬
singer .181
Hans Sohulz, Deutsches Fremdwörterbuch, bespr. von 0. Weise .... 182
O
Digitized by
Google
54953
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
IV
Inhalt
Saite
J. Weinberg, Zu Notkers Anlautgesetz, bespr. von H. Teuchert .... 183
J. L. Gemarker, Stadtossen, bespr. von H. Teuchert.184
Th. Babel er, Niederdeutscher Lautstand im Kreise Bleckede, bespr. von
H. Teuchert.184
Albert Bachmann, Beiträge zur Sohweizerdeutschen Grammatik, bespr. von
Hermann Fisoher.185
Martin Lang, Schbatzaweisheit, bespr. von A. Holder.186
P. IsidorHopfner S. J., Die Namen Vorarlbergs auf der neuen Landeskarte,
bespr. von Julius Miedel.186
J. H. Kranz und J. H. Schwalm, Kreizschwemeng, Spaß muß seng! bespr.
von Wilhelm Schoof.188
Joh. Bapt. Hartmann, Die Terenz-Übersetzung des Valentin Boltz und ihre
Beziehungen zu den älteren Terenz-Übersetzungen, bespr. von August
Gebhardt.189
Fritz Holztrfiger, Syntaktische Funktion der Wortformen im Nösnischen,
bespr. von 0. Weise.280
Karl Müller-Fraureuth, Wörterbuch der obersächsischen und erzgebirgi-
schen Mundarten, bespr. von 0. Weise.282
Julius Leithäuser, Borgiscbe Pßanzennanien, bespr. von 0. Weise . . . 282
Michel-Stephan, Methodisches Handbuch zu Sprachübungen, bespr. von
Othmar Meisinger.283
Ehret, Lautlehre der Mundart von St. Georgen im Breisgau, bespr. von
Othmar Meisinger.284
Adolf Sütterlin, Hebels Werke, bespr. von Othmar Meisinger. . . . 284
Elise Beck, Bauernbluat, bespr. von J. N. Schwäbl.286
W. Simonson, Niederdeutsch und Hochdoutsch in den Chroniken des Johann
Adolph Neocorus und des Daniel Lübbeke, bespr. von H. Teuchert . . 366
Adam Ziegelhöfor u. Gustav Hey, Die Ortsnamen des ehemaligen Hoch¬
stifts Bamberg, bespr. von Julius Miedol.367
Rudolf Kloinpaul, Die Ortsnamen im Deutschen, bespr. von Julius Miedel 369
J. Matthäus Klimesch, Die Ortsnamen im südlichen und südwestlichen
Böhmen, bespr. von Julius Miedel.371
Hans Schulz, Deutsches Fremdwörterbuch, bespr. von 0. Weiso .... 373
Ad. Schullerus u. Friedr. Hofstädter, Siebenbürgisch-Sächsisches Wörter¬
buch, bespr. von 0. Weise.373
Hermann Schmockel, Das Siegerländer Bauernhaus, bespr. von 0. Weiso 374
Hermann Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, bespr. von Philipp Lenz . 375
Mitteilungen. 175. 287. 288. 381
Spreohsaal. 90. 175. 378
Neue Büoher. 94. 190. 381
Zeitschriftenschau. 95. 190. 382
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautschrift
der
Zeitschrift für Deutsche Mundarten.
Um der Einheitlichkeit willen und zur Erleichterung des Satzes
empfiehlt die Leitung den Gebrauch der nachfolgenden einfachen Laut¬
schrift Es bleibt jedoch den Herren Mitarbeitern unbenommen, wenn
sie triftige Gründe dazu haben, von der hier gegebenen Richtschnur im
einzelnen abzuweichen und andere Zeichen zu gebrauchen. Über einige
Punkte wird sich überhaupt nicht so leicht eine Einigung erzielen lassen,
so über die Bezeichnung der süddeutschen stimmlosen Verschlußlaute b, d, g.
Bei beabsichtigter Verwendung von weiteren Lautzeichen wolle man sich
an die Schriftleitung wenden.
Große Anfangsbuchstaben bitten wir bei mundartlichen Wörtern
und in mundartlichen Texten, sofern sie in unserer Lautschrift abgefaßt
sind, nicht zu verwenden, auch nicht bei Eigennamen und im Satzanfang.
Vokale.
Kürze bleibt unbezeichnet Länge ist durch Doppelschreibung
zu bezeichnen: aa, ee, ii, oo, uu: ebenso auch aai, eei usw.
i geschlossenes i.
\ offenes i.
e geschlossenes e.
? offenes e.
<e sehr offenes e.
a gewöhnliches, reines a.
il geschlossenes ü.
offenes ü.
& dunkles a.
o geschlossenes o.
g offenes o.
u geschlossenes u.
i{ offenes u.
MJschrokale.
ö geschlossenes ö.
q offenes ö.
Überknrze Vokale.
i, d, a?, v (d. h. die Umkehrung von i, e, ce, a). Man vermeide die An¬
wendung von kleinen Vokalzeichen, sei es auf, unter oder über der Linie.
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 1
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
2
Lautschrift der Zeitschrift für Deutsche Mundarten.
Doppelvokale
sind nicht durch Bindestriche auseinanderzureißen, man schreibe also
nicht etwa kle-i = Klee (rheinfr.) oder gar kty -*, sondern klfi.
Genäaelte Vokale
werden vor erhaltenem n, ng, m nicht ais solche bezeichnet, andern¬
falls durch beigesetztes kleines ", z. B. tcai* = Wein (rheinfränkisch), klaa n
= klein.
Bei Doppelvokalen und langen Vokalen wird die Nasalierung nur
einmal bezeichnet, also wai n , nicht wa n i n ; J:1aa n , nicht kla n a n .
Konsonanten.
p, t, k stimmlose ungehauchte Verschlußlaute.
ph, th, kh stimmlose gehauchte Verschlußlaute.
b, d, g stimmhafte Verschlußlaute.
m, ic (Lippenlaute), f (Zahn- u. Lippenlaut, stimmlos), v (Zahn - u. Lippen¬
laut, stimmhaft): s (stimmlos), x (stimmhaftes s), ^ (stimmloses sch),
i (stimmhaftes sch), j, n, ts (=* nhd. z); y (Kehlnasenlaut), x (acA-Laut),
5 (stimmhafter Kehlreibelaut), c(icA-Laut); Zungen- und Zäpfchen-r können
unterschiedslos durch r wiedergegeben werden; nötigenfalls wäre zwischen
r (Zungen-r) und R (Zäpfchen-r) zu unterscheiden; l (dunkles /) kann
durch l bezeichnet werden; h.
Tonzeichen.
Haupttonzeichen ', Nebentonzeichen '. Weitere Abstufungen bleiben
unbezeicbnet. Bei Längen kommt das Tonzeichen auf den ersten Vokal,
also da, er usw.; ebenso bei Doppelvokalen: dl, du, aal, du usw.
Silbenbildende Konsonanten
werden als solche in der Regel nicht gekennzeichnet.
Digitized by Google
Original from
UNIVBRSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
Von Hans Batz.
Zur Lautschrift
1. Sie ist mit den wenigen im folgenden bezeichneten Änderungen
die in der »Zeitschrift für Deutsche Mundarten« gebrauchte.
2. b, d, g sind stimmlose Medien, da stimmhafte Verschlußlaute in
der Mundart nicht vorhanden sind.
3. rf' bezeichnet einen zwischen (geschlossenem) e und f, (■ einen
zwischen cp und (sehr offenem) e liegenden Vokal.
4. Länge der Vokale ist in den Mundartwörtern durch Doppel¬
schreibung bezeichnet, dagegen ist in den mhd. Wörtern die allgemein
gebräuchliche Art der Bezeichnung durch - beibehalten.
5. Überlänge ist wie einfache Länge bezeichnet; Kürze, Halbkürze
und Überkürze sind gewöhnlich nicht bezeichnet (vgl. § 14), nur bei
Svarabhakti-«' uud bei dem 3 vor bezw. statt r (vgl. § 27 Anm. 1) ist
Uberkürze durch Umkehrung der Vokale bezeichnet: 3 , i.
6 . Wegen der Bezeichnung der Nasalierung vgl. § 26.
7. Wenn die erste Silbe eines Wortes den Ton hat, die anderen
unbetont sind, so ist kein Akzentzeichen gesetzt; in den anderen Fällen
ist der Hauptton durch ', der Nebenton durch * bezeichnet
Einleitung.
§ 1. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der gegenwärtig
in der Stadt Bamberg gesprochenen Mundart, die ihren Hauptmerkmalen
nach zum Ostfränkischen zu rechnen ist. Nur in einem verhältnismäßig
sehr engen Kreis der umliegenden Ortschaften deckt sich die Mundart
genau mit der der Stadt, und schon in recht naher Entfernung von der-
• •
selben merkt man den Übergang zu anderen Mundarten: im NW. zum
Unterfränkischen, im N. und NO. finden sich bald mundartliche Ein¬
schläge, die auf das Fichtelgebirgische und Vogtländische, im SO., S. und
SW. solche, die auf das Nürnbergische hinweisen; natürlich geschehen
diese Übergänge nur ganz allmählich.
§ 2. In der Stadt selbst sind die eigentlichen Träger der Mundart
hauptsächlich die drei alteingesessenen Stände der Häcker, Schiffer und
Gärtner. Diese wohnen wegen der von ihnen ausgeübten Gewerbe in
verschiedenen Stadtteilen: die Häcker sind Kleinbauern auf den Hügeln
l*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
4
Hans Batz.
im W. und SW. der Stadt: Michaelsberg, Jakobsberg, Kaulberg, Stefans¬
berg-, die Schiffer und Fischer wohnen am Regnitzfluß entlang und die
Gärtner in der sich rechts des rechten Regnitzarmes im N., NO. und
0. der Stadt ausbreitenden Ebene.
§ 3. Diese letzteren nehmen, wie sie in Tracht und Sitte von den
übrigen Stadtbewohnern sich ziemlich bedeutend unterscheiden (was
großenteils auf ihre Abstammung von den Slaven zurückgeführt wird l ),
auch in der Sprache eine eigentümliche Stellung ein: ihre Aussprache
und ihr Vokalismus sind teilweise andere 2 , und auch ihr Wortschatz weist
eine ganze Anzahl eigentümlicher Ausdrücke auf, die der Mundart der
übrigen Stadt und der umliegenden Ortschaften fremd sind.
§ 4. Rein mundartlich wird hauptsächlich nur in den Familien dieser
drei »Zünfte« gesprochen, außerdem nur noch von den niederen Schichten
der in Bamberg eingesessenen Bevölkerung. Im übrigen wird die reine
Mundart nicht für sonderlich fein gehalten, und so hat sich auch in
alteingesessenen Bamberger Bürgerfamilien, die »feiner« sprechen wollen,
eine Art »Halbmundart« ausgebildet, die die für die Vollmundart be¬
sonders charakteristische Breite abzuschleifen bemüht ist und auch reich¬
lich durch das Bestreben, sich der schriftdeutschen Sprache zu nähern,
modifiziert wird.
§5. Ältere Sprachdenkmäler in reiner Mundart sind nicht vor¬
handen, und bei älteren Dichtungen, die, wie der »Renner« des Hugo
von Trimberg, in Bamberg entstanden sind, läßt sich nicht sowohl von
spezifisch bambergischen als höchstens allgemein fränkischen Dialekt¬
eigentümlichkeiten sprechen; sonst sind aber immerhin in Chroniken und
Urkunden vou Bamberg gelegentlich solche Mundarteigentümlichkeiten
verstreut zu finden.
Die Ausbeute an Dialektdichtungen u. ä. auch in der neueren Zeit,
wenigstens soweit sie im Druck vorliegen und so einem größeren Publi¬
kum zugänglich sind, ist nicht groß; denn abgesehen von verstreuten
Gelegenheits- usw. Gedichten und vereinzelten Erklärungsversuchen mund¬
artlicher Wörter in Bamberger Zeitungen ist nirgendwo eine größere oder
bemerkenswerte Sammlung von mundartlichen Erzeugnissen in Poesie
oder Prosa vorhanden: ein Bamberger »Grübel« ist noch nicht erstanden.
§6. Grammatikalisch ist die Mundart, einzeln wenigstens, bisher
noch nicht bearbeitet worden. Nur vereinzelt finden wir Nachricht über
dieselbe.
So sagt z. B. Friedr. Nikolai in seiner »Beschreibung einer Reise
durch Deutschland und die Schweiz im Jahre 1781« (Berlin und Stettin
1783), S. 135, Beylage XI, 7 folgendes: »In Bamberg hat die Sprache
1 Vgl. dazu: »Der Bamberger Gärtner in seiner Beschäftigung, Lebensweise, Sitte
und Eigentümlichkeit, sowie seine mutmaßliche Abstammung«, in »Alt-Bamberg« (Beilage
zum »Bamberger Tagblatt«), 1. Jahrgang 1897/98, S. 228 fF.
* Auf die Hauptunterschiede von der geuieinbambergischen Mundart wird im fol¬
genden hingewiesen und die Mundart der Gärtner mit G-Ma. bezeichnet werden.
Digimed by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
5
einen besonderen Ton, worauf die katholische Religion, insofern sie die
Einwohner von den benachbarten Protestanten abschneidet, einigen Ein¬
fluß zu haben scheint. Man hört diesen Ton weder in Koburg, noch in
Erlangen, Anspach, Nürnberg. Es wird hier schon der Umlaut anders
gebraucht, wie bey uns. Z. B. Tage, Kosten, statt Tage, Kosten. Auch
finden sich besondere Benennungen, z. E. mürbes Brod statt Semmel u. s. w.«
Anm. K. M. Rapp geht in seinen »Fränkischen Dialekten« (Versuch
einer Physiologie der Sprache, IV, Stuttgart und Tübingen 1841) gar
nicht auf den Bamberger Dialekt ein, sondern beschäftigt sich nur mit
dem Nürnberger.
Erst A. Haupt schreibt (Bavaria III, 1865, S. 191 ff.) etwas ausführ¬
licher über die Bamberger Mundart; allerdings gibt er seinem Thema
(»Die Mundart der drei Franken«) gemäß mehr eine vergleichende Gegen¬
überstellung der Mundarten und zeigt nur, inwiefern sich die bambergische
Mundart von der der anderen fränkischen Gaue unterscheidet. Immerhin
finden wir hier den Versuch, die Mundart systematisch, nach »Buch-
stabentheil« und »grammatischem Theil« darzustellen. Freilich ist dabei
keine Spur von einer sprachwissenschaftlichen, geschichtlichen Betrach¬
tungsweise, sondern Haupt stellt nur, von der heutigen Schriftsprache
ausgehend, den Lautstand seiner Zeit dar im Vergleich zu dem der
übrigen fränkischen Landesteile, ohne Rücksicht auf geschichtliche Ent¬
stehung und Entwicklung. Auch ist natürlich von einer phonetischen
Schreibweise noch nicht die Rede, sondern die Laute der Mundart werden
nur ganz roh und ungenau durch die gewöhnlichen Buchstaben und
Schriftzeichen dargestellt.
Über den oben (§ 3) angedeuteten Unterschied der Sprache inner¬
halb der Stadt sagt Haupt (S. 210): »Selbst in Bamberg selber spricht
der Gärtner anders als der Handwerker; sein Idiom ist im Durchschnitt
viel dumpfer, breiter«. Weiterhin sagt er: »Der Bamberger Schiffer
spricht nie rein Bambergisch, seine beständigen Fahrten Main abwärts,
von denen er oft erst nach 3 Wochen oder 4 Wochen wieder heim kommt,
haben seiner Sprachweise sehr viel unterfränkisches angehängt«.
Dies Urteil über die Sprache der Schiffer kann nach den gegen¬
wärtigen Beobachtungen, wenigstens im ganzen Umfange nicht bestätigt
werden: dies liegt wohl daran, daß die früher (noch zu Haupts Zeiten)
in Blüte stehende Bamberger »Raugschifferei«, wobei die Bamberger
Schiffer bis nach Köln und Holland gekommen w-aren, allmählich sehr
an Bedeutung verloren hat. Es wird nicht mehr viele Schiffer geben,
die solche längeren und weiten Reisen zu Wasser gemacht haben, jüngere
wohl überhaupt keine mehr, höchstens noch alte, die sich solcher Fahrten
aus ihrer Jugend erinnern.
§ 7. Im allgemeinen können wir also gegenwärtig die Mundart der
Häcker und* Schiffer zusammen mit der der anderen Altbamberger kleinen
Leute als gemeinbambergisch bezeichnen, von der sich die G-Ma. in
einzelnen Punkten unterscheidet.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
6
Hans Batz.
I. Teil.
Phonetische Darstellung der Laute.
I. Allgemeines Uber die Aussprache.
§ 8. Die Mundart klingt im allgemeinen ziemlich rauh und derb, sie
hat nichts Feines und Geschmeidiges an sich; ein besonderes Charakte¬
ristikum derselben sind die langen, stark betonten und gedehnten Vokale
in Stamm und Endungen, wodurch die Sprache etwas sehr Breites erhält,
das noch dadurch um so auffallender wird, daß im allgemeinen ziemlich
langsam gesprochen wird.
Im Durchschnitt wird laut gesprochen, was bei den Hauptvertretem
der Mundart ja durch ihr Gewerbe mit dem ständigen Aufenthalt im
Freien mitbedingt ist. Im Affekt wird die Sprache noch lauter und
schneller, ja sogar sehr schnell; so sind besonders die Gärtnersfrauen
wegen der Hurtigkeit, mit der sie in gereiztem Zustande eine Flut von
Schimpfwörtern in kreischendem Tone auf den oft ahnungslosen Urheber
einer solchen Schimpfszene heraussprudeln, in der ganzen Umgegend
bekannt
Die Stimmlage ist ziemlich hoch.
§ 9. Der Kehlkopf liegt normal, die Zunge liegt in der Ruhelage
breit im Munde, mit den Rändern berührt sie die inneren Seiten der
beiden Zahnreihen, ihre Oberseite liegt dem harten Gaumen an, ihre
Spitze stößt an die Oberzähne, sie liegt immer schlaff. Die Oberzähne
ragen über die Unterzähne etwas vor und bedecken etwas mehr als die
Hälfte derselben. Die Lippen liegen beim ruhigen Atmen aufeinander.
§ 10. Die Muskelbewegungen sind nur bei den Lippen rege,
bei den anderen Organen ziemlich träge: weniger beim Gaumensegel,
ganz besonders aber beim Kehlkopf und noch mehr bei der Zunge.
§ 11. Die Druckgrenze ist bei langem Vokal vor dem Konsonanten,
bei kurzem Vokal vor einfachem Konsonanten sowie vor mehrfacher
Konsonanz innerhalb des bzw. der silbentrennenden Konsonanten.
Der Akzent ist also der scharfgeschnittene.
§ 12. Der Ein- und Absatz der Vokale ist leise, auch innerhalb
eines Wortes, gleichgültig ob Vokal oder Konsonant vorausgeht; ebenso
ist es im Satzsand hi.
Fester Einsatz kommt nur vor bei besonders nachdrücklichem Ein¬
setzen eines Vokals; dabei geht dem Vokal dann ein Knackgeräusch
voraus, das durch die Explosion der Stimmbänder hervorgerufen wird,
z. B. ’«c, um dem Ekel Ausdruck zu geben; ’ür? ’ih? ich? ihr? in ver¬
wunderter Frage.
Gehauchter Einsatz kommt vor in haha (unterdrücktes aha!) und
hmhrn (Zustimmungsinterjektion).
Stark gehauchter Vokalabsatz kommt vor in affektvoller Rede, z. B.
naa n h (ärgerliches »neinR).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart. 7
4
Die Konsonanten werden im allgemeinen leise und bei offener
Stimmritze eingesetzt Steht ein Platzlaut im Auslaut, so hat er einen
schwachen Hauch.
§ 13. Wie im Satz, so haben auch im Wort die wichtigsten Be¬
standteile, also die Stammsilben, den Hauptton, während die weniger
wichtigen Nebensilben auch weniger betont werden; dasselbe ist der Fall
bei Kompositen.
II. Dauer der Vokale und Konsonanten.
§ 14. Bei den Vokalen können folgende Maße unterschieden werden:
1. Überlänge in betonter geschlossener Silbe, z. B. Sloox Schlag;
root Rad.
2. Gewöhnliche Länge in mhd. offener Silbe, z. B. Swooxe Schwager;
slooy schlagen.
Dies Verhältnis trifft überall zu, weswegen von einem Unterschied
in der Bezeichnung abgesehen werden konnte.
3. Einfache Kürze in betonter Silbe mit kurzem Vokal, z. B. fade
Vater; maxy machen.
4. Halbkürze in Endsilben, unbetonten Nebensilben, en- und pro-
klitischen Fürwörtern: z. B. nauma Name; haien heiraten; ic gee ich gehe;
däy gee i dann gehe ich.
Anrn. Einzelne Endungen wie e (-= er, z. B. in müde Mutter) sind
nicht halbkurz, sondern haben ziemlich die gleiche Quantität wie eine
Stammsilbe mit kurzem Vokal; gerade diese Dehnung der Endung gibt
der Ma. etwas sehr Breites und unterscheidet sie wesentlich von den
Nachbarmundarten.
5. Überkürze im Svarabhakti, z. B. säwic Sarg, dohc Dolch, sowie
bei dem vor oder statt r stehenden «-Laut (außer wenn e = der Endung
-er ist), z. B. bgiriy borgen; wmst Wurst; diü dir.
§ 15. Lange Konsonanten gibt es im allgemeinen nicht in der
Mundart, höchstens in Fällen wie bix als Kutscherlaut (beim Halten) u. ä.
III. Die Aussprache der einzelnen Laute.
A. Tabellarische Übersicht.
§ 16. (Siehe die Tabelle auf S. 8.)
Anm. 1. g, y, h sind Hartgaumenlaute vor i, ii, c, ce, c, e, ö, <j,
sonst sind sie Weichgaumenlaute, x steht nach u, o, u, a, sonst steht c.
Anm. 2. Die in der Mundart sehr selten vorkommenden genäselten
Vokale (§ 26) sind, da ihre Artikulation die gleiche ist wie die der reinen
Mundvokale, nicht besonders aufgeführt.
Anm. 3. Das ii, das in der G-Ma. für mhd. ee vorkommt (§ 66),
ist gleich dem ii (mhd. i, ie) geschrieben, da es genau so artikuliert wird.
Ebenso ist von einer besonderen Bezeichnung des i und u in Diphthongen
abgesehen, wenngleich sie dort etwas weiter sind als wenn sie allein
stehen (§ 27).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
8
Haos B&tz.
Rachen
Weicher
Gaui
Harter
fnen
Zahn¬
fleisch
Ober- 1
zähne
Ober¬
lippe
©
CO
o
starke
.. Plnt7lantA
k
■
•
t
p
a
E
schwache
1 i
3 ;
d
b
s
1
a
s
*-13
CO
Reibelaute
X
c
s S
f !
1
E
2 ö
Halbvokale
A
J
IC
c
o
ö o
SE .
Nasenlaute
V
n
in
O.S
GO
rf\
Liquida
i
i
I
y+J
•
Zitterlaut
•
r
offenen
überenge mit .Lippen
halboffenen
•
*
0 ^ ® ® * I
1 U
• •
U
•
enge
offenen
mit . T.innen
.
c
1
3
UiH 1ÜWUVU
halboffenen
;»
o
1
• •
o
o
>
weite
offenen ]
mit -. T.innpn
f 1
e ■ a a t a a i ■ a A a a a a a a a
er e i
•
a A A ■ t a t i t a A
1XJ1C *Jl pucu
halboffonen
w 1 ■■
' ?
••••
• • • • •
offenen
1 O
1 4 i A A a ^A 4 4 A A
a a a A a
!
UVV* FT
halboffenen
»••••• -• •••
ll
ti
•••••••
1
i
i
Stimmloser Hauchlaut
11
II
_
\ 1
h
|
1
Zungen-
wurzel
|
Hinterzunge
i
Vorder¬
zunge
Unterlippe
B. Die Anssprache der Yokale.
1. Die reinen Mundvokale.
§ 17. 1. i (mhd. i, ie), ii (mhd. i, ie). Die Zungenspitze liegt an
den unteren Alveolen, die Zungenränder liegen in Höhe der Zahnspalte
den Innenflächen der unteren und oberen Eck- und vorderen Backen¬
zähne an. Die Vorderzunge, die im allgemeinen eine weiche Wölbung
bildet, ist ganz vorn und in der Mitte in etwa Fingerkuppengröße leicht
eingedellt. Die Mittelzunge wölbt sich hoch und nähert sich dem Gaumen:
Artikulationsstelle ist der mittlere harte Gaumen. Ober- und Unterzähne
stehen um ein geringes auseinander. Die Mundwinkel sind leicht nach
seitwärts gezogen. Beim langen (geschlossenen) ii ist die Spalte zwischen
Ober- und Unterkiefer etwas enger als beim kurzen i, zugleich wölbt
sich die Mittelzunge etwas höher, wodurch die Zungenspitze etwas zurück¬
gezogen wird.
2. Vor r wird mhd. i in einzelnen Fallen (§ 53, 3b) wie ein ee,
ungefähr in der Mitte zwischen e und r (§ 18) ausgesprochen.
§ 18. Beim e (mhd. c, r, e, ei) und cc (mhd. r, c, c, er) senkt sich
der Unterkiefer etwas, die Zahnspalte erweitert sich dadurch um ein
geringes, ebenso die Lippenspalte. Die Anteilnahme der Vorderzunge
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart
9
an der Bewegung ist eine nur passive, insofern sie dem sich senkenden
Unterkiefer folgt. Die Mittelzunge ist nicht so stark gewölbt als beim *,
tritt also nicht so nahe an den Gaumen heran. Artikulationsstelle ist
der hintere harte Gaumen. Die Mundwinkel stehen still.
2. Vor unmittelbar folgendem r wird der e-Laut etwas weiter (e),
jedoch nicht so weit, daß er gleich dem in § 19 besprochenen e würde.
In der Endsilbe -er wird q (+a) direkt zu e (als normale Kürze
[§ 14, 4, Anm.J, ja in besonders hervortretender Mundart vielleicht sogar
noch gedehnt).
§ 19. Beim offenen e (mhd. e, e, ei), ee (mhd. e, ce) wird der Unter¬
kiefer noch mehr gesenkt, indem er zugleich eine leichte ruckartige Be¬
wegung nach vorne ausführt Die Zunge liegt wie beim e ohne aktive
Bewegung dem Unterkiefer an.
§ 20. a (mhd. a, ä, ou, ei), an (mhd. ei, ou). Der Unterkiefer wird
stark gesenkt, so daß Lippen- und Zahnspalte ziemlich groß sind. Die
Zunge senkt sich so stark auf den Boden der Mundhöhle, daß ihre Ober¬
fläche leicht einsinkt. Die Zungenspitze bleibt am unteren Zahnfleisch
liegen. Die Hinterzunge nähert sich der hinteren Rachenwand, Zäpfchen
und weicher Gaumen werden angehoben. Außer der Öffnung machen
die Lippen keinerlei Bewegung, die Mundwinkel stehen still.
§ 21. ä (mhd. a, u, ü, ou), ad (mhd. a, ö, uö). Bewegungen von
Zunge, Zäpfchen und weichem Gaumen sind die gleichen wie beim hellen
«-Laut, nur die Lippenspalte wird ungefähr auf die Hälfte derjenigen
bei a verengert, indem der Unterkiefer etwas nach oben geht und die
Lippen an den Seiten sich etwas schließen.
§ 22. 1. o (mhd. a, o), oo (mhd. a, o, d, ö ). Der Unterkiefer bleibt
stehen, die Lippen entfernen sich nur in ihrem mittleren Drittel auf
ca. J / 2 cm voneinander, die Mundwinkel sind auf beiden Seiten zu etwa
einem Drittel der Lippenlänge geschlossen. Die Lippen, besonders die
Unterlippe, werden leicht vorgestülpt. Die Vorderzunge wird etwas
zurückgezogen, so daß die Zungenspitze das Zahnfleisch verläßt; dabei
erlangt sie durch Muskelzusammenziehung eine gewisse Härte, die sie
befähigt, ihren Stützpunkt auf dem Mundboden zu verlassen und sich
selbständig zu halten, ohne sich jedoch nach oben zu richten. Die
Hinterzunge ist zwar gehoben, doch berührt sie nirgends den Gaumen;
die Oberfläche ist regelmäßig, ohne Rinnenbildung, gewölbt.
2. Vor r wird der o- Laut nur wenig weiter gesprochen, indem der
Unterkiefer um eine Kleinigkeit nach unten geht; die Zunge wird etwas
höher gehoben als bei o. Dieser Laut ist mit g bezeichnet.
§ 2;{. 1. u (mhd. v, uo, o in der G-Ma.), uu (mhd. ti, uo, o und
ö in der G-Ma.). Der Unterkiefer bleibt stehen wie bei o, oo. Die Lippen
werden etwas mehr vorgestülpt, wobei auch die Oberlippe kräftiger an
dieser Bewegung teilnimmt. Die Lippenöffnung wird dadurch etwas
kleiner, die Vorderzunge verhält sich wie bei o, oo, die Hinterzunge
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
10
Haas Batz.
nähert sich noch stärker dem weichen Gaumen, bleibt aber sonst ebenfalls
ohne Formveränderung.
2. Vor r bleibt das u, uu meist gleich, nur in einzelnen Fällen
tritt p dafür ein (§ 59, 4).
§ 24. 1. ü (mhd. ü, üe), üü (mhd. ü, ie, iie). Die Stellung der
Zunge ist wie bei i, ii, nur findet die Artikulation am hinteren harten
Gaumen statt Steilung der Lippen ist ähnlich wie bei u, uu, die Um¬
stülpung ebenso stark, beinahe noch etwas stärker.
2. Vor r bleibt ü, üü unverändert, und es wird nur das überkurze
3 eingeschoben.
§ 25. 1. ö (mhd. e, o, ö, d), öö (mhd. Ö, d). Die Zungenspitze geht
aus der o-oo- Stellung nach vorne, so daß sie die unteren Alveolen be¬
rührt Die Mittelzunge hebt und wölbt sich.
2. Vor r (mhd. ö, ii, e, d, üe vor r) wird der Ö-Laut in der gleichen
"Weise etwas erweitert wie bei o, oo, weswegen dieser Laut mit ij be¬
zeichnet wird.
2. Die genäselten Vokale.
§ 26. Die Näselung ist in der Mundart sehr selten und auch dann
nur so schwach, daß man von ihrer Bezeichnung fast völlig absehen kann.
Denn abgesehen davon, daß eine gewisse schwache Näselung immer, auch
in der schriftdeutschen Aussprache, vorhanden ist in der Nähe von ij,
n, m, die aber in der Mundart fast überhaupt nicht gehört wird, ist von
einer solchen Nasalierung auch fast nichts zu spüren selbst in Fällen,
wo ein auslautendes -n abgefallen ist Nur in der G-Ma. kann von einer
etwas stärkeren Nasalierung manchmal die Rede sein. In diesen Fällen
und auch wo es sonst etwa nötig erscheint, ist sie mit n bezeichnet
3. Die reinen Diphthonge.
§ 27. Die Mundart kennt nur die Diphthonge ai (mhd. i, ei), aai
(mhd. f, eij), au (mhd. ü, ouw ), ui (mhd. i, u, iu, öu) und aui (mhd. iu,
öuw). Außer bei aai und aui sind die beiden Komponenten von gleicher
Zeitdauer (beide sind kurz); der erste Laut ist der klangstärkere, trägt
den Exspirationsgipfel. Mhd. Diphthonge sind meist (außer öu) mono¬
phthongiert: ie zu ii, i; ei und ou zu aa, a; uo zu uu, u; iie zu üü, ii.
Der zweite Komponent ist im Diphthong weiter als sonst, was ja
schon durch die Artikulationsstellung der Zunge bei dem ersten Kompo¬
nenten (a, ä) mitbedingt ist. Von einer anderen Schreibung in diesem
Fall ist abgesehen (§16 Anm. 3).
Anm. 1. Eine Art von Diphthongen entsteht durch die Einschie¬
bung des überkurzen 3 zwischen Vokal und r, wobei das r am Ende
sowie vor f, n, s ($) und t (d) überhaupt unhörbar wird (§ 33). Nach
einzelnen Lauten wie r, ce ist dies e so kurz und geht, da qualitativ
gleich, so in dem c, <v auf, daß es häufig überhaupt nicht bezeichnet
zu werden braucht
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
11
Anra. 2. Unorganische Diphthonge sind vorhanden in dem Fuhr-
mannsruf hüo (los, vorwärts!), sowie in dem Ausruf pfui pfui und dem
Klangwort hui.
4. Die genäselten Diphthonge.
§ 28. Über die Nasalierung der Diphthonge ist dasselbe zu sagen
wie bei den Vokalen (§ 26).
C. Die Ausspraelie der Konsonanten.
1. Die Konsonanten mit schwachem Stimmton.
§ 29. w (mhd. xc, -b-) ist Doppellippenlaut mit schwachem Stimmton
ohne hörbares Reibegeräusch. Der Unterkiefer wird nur sehr wenig nach
vorne geschoben, die Lippen bilden nur einen ganz engen Spalt. Die
Zunge ist in Ruhelage.
§ 30. j (mhd. j) ist fast ohne Stimmton und ohne hörbares Reibe¬
geräusch; die Zunge steht etwas höher als bei c, Artikulationsstelle ist
der mittlere harte Gaumen.
§ 31. Bei den Nasalen m (mhd. in, -ben , -wen), n (mhd. n), y
(mhd. ng, -hen, -cken, -gen) wird der Verschluß auf folgende "Weise ge¬
bildet: bei m mit den beiden Lippen, bei n mit der Vorderzunge und
Zungenspitze am oberen Zahnfleisch, bei y am harten bzw. weichen
Gaumen, je nachdem ein Hart- oder Weichgaumen vokal bzw. ein Kon¬
sonant vorhergeht. Die Luft entweicht durch die Nase, die Laute werden
mit schwachem Stimmton gesprochen.
§ 32. Die Liquida l (mhd. I) hat schwachen Stimmton, kein Reibe¬
geräusch. Die Zungenspitze und der erste Teil der Vorderzunge berühren
die oberen Alveolen, nicht die Oberzähne. Die Ränder der Mittelzunge
berühren nur leicht die Innenflächen der oberen Eckzähne. Die Explosion
ist zweiseitig, jedoch individuell teils einseitig stärker, teils nur einseitig.
Die Klangfarbe wird durch den vorhergehenden oder folgenden Vokal
bestimmt
§ 33. Das r (mhd. r) ist durchgängig ein ziemlich stark gerolltes
Zungenspitzen-r, wobei die Zungenspitze am oberen Zahnfleisch mit hör¬
barem Reibegeräusch zittert. Schwächer gerollt ist das r nur vor Kon¬
sonanten nach langem Vokal, vor f, n, s (§) und t ( d ) verschwindet es
vollkommen, ebenso im Auslaut nach Vokal (daher auch in der Endung
-er) (§ 27 Anm. 1).
2. Die stimmlosen Reibelaute.
§ 34. f (mhd. f, v) wird gesprochen, indem die Oberzähne leicht
etwa auf der Mitte der Unterlippe aufsitzen und die Luft durch die
dazwischenbleibende Lücke und eine schmale Lippenspalte entweicht.
Die Mundwinkel werden nur unmerklich zurückgezogen, nur so weit als
durch die Annäherung der Unterlippe an die Oberlippe bedingt ist. Der
Unterkiefer ist nicht zurückgezogen, sondern macht nur eine kleine Auf-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
12
Hans Batz.
wärtsbewegung, die ebenfalls durch die Lippen verursacht wird. Im
Anlaut wird das f etwas schärfer gesprochen, sonst etwas weniger scharf,
doch ist der Unterschied nicht so stark, daß ich dafür ein anderes
Schriftzeichen einsetzen möchte.
Auch in pf ist das f nicht zugleich als bi- und dentilabial zu be¬
zeichnen, sondern der bilabiale Laut ist einfach das p, während das f
sofort dentilabial ist.
§ 35. 1. s und 3" sind stets fortes.
Bei s (mhd. s, $) behalten die Kiefer und mit ihnen die Zahnreihen
ihre natürliche Lage wie bei geschlossenem Mund, die oberen Schneide¬
zähne ragen etwas über die unteren hervor. Die Zahnspalte ist sehr eng.
Zungenspitze und Yorderzunge liegen an dem oberen Zahnfleisch, der
Zungenrücken bildet eine Rinne, durch welche die Luft austritt
2. Bei £ (rahd. sch, s) sind beide Lippen nicht stark, aber immerhin
merklich vorgestülpt, die Zahnspalte ist noch etwas enger als bei s. Die
Zungenspitze ist stark zurückgebogen und liegt fast am harten Gaumen
an. Die Ränder der Zunge berühren nirgends die Zähne. Die Rinne,
durch die der Luftstrom entweicht, ist etwas tiefer als bei s.
§ 36. Der Gaumenreibelaut (mhd. ch, - g, -c) ist ein dreifacher, je
nach dem vorhergehenden Vokal: nach a, ä, o, u velar, hinteres x (ach-
Laut), nach ö : vorderes x (öcA-Laut), nach e, e, i, ü und nach Konso¬
nanten palatal: c (tcA-Laut).
Beim palatalen c findet der Verschluß am harten Gaumen, beim
velaren (hinteren) x am weichen Gaumen, beim vorderen x an der Grenze
zwischen weichem und hartem Gaumen statt. Der Zungenrücken ist nach
oben gewölbt Die Zungenspitze liegt bei c an der inneren Fläche der
unteren Schneidezähne, bei x ist sie etwas zurückgezogen und liegt etwas
hinter dem Zahnfleisch der unteren Schneidezähne.
Beide sind stets fortes.
Anm. Wenn c, x dem mhd. g entsprechen, werden sie etwas leiser
artikuliert.
3. Der Hauchlaut li.
§ 37. Der Hauchlaut h (mhd. h) wird bei mittlerer Weite der Stimm¬
ritze gebildet, das Ansatzrohr nimmt gewöhnlich schon die Stellung für
den auf das h folgenden Laut ein.
4. Die Platzlaute.
§ 38. Die Mundart kennt außer den folgenden zwei Fällen nur
die lenes b, d, g; nur im absoluten Auslaut werden diese etwas stärker
artikuliert, indem ein allerdings ganz leichter Hauchlaut nachklingt; in
diesem Falle ist p. t , I: geschrieben. Außerdem wird auch im Anlaut
vor betontem Vokal mhd. I: mit einem ziemlich starken Hauchlaut, als
gehauchte fortis, gesprochen, was hier als Ich geschrieben ist.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
13
§ 39. Bei b (mhd. b, p, - we) werden die vorher geschlossenen Lippen
plötzlich leicht geöffnet, wodurch der eingepreßte Luftstrom leicht ent¬
weicht. Die Zunge liegt in der Ruhelage.
§ 40. Bei d (mhd. d, t) legt sich die Zungenspitze an das obere
Zahnfleisch an und geht dann ohne besondere Anstrengung nach unten,
wobei auch der Unterkiefer sich mitsenkt, so daß die Luft durch die
Lippen entweichen kann.
§41. Bei g (mhd. g, k) wird der Verschluß durch die Hinterzunge
am weichen Gaumen gebildet, etwas weiter vorne oder hinten, je nach
dem folgenden Laut, und wird unter Hervorstoßen eines leichten Luft-
stromos gelöst
§ 42. p, t, k werden auf die gleiche Weise gebildet wie b, d, g,
nur daß der bei Lösung des Verschlusses entweichende Luftstrom etwas
stärker, gewaltsamer ist. Bei kh ist er durch den nachstürzenden Hauch¬
laut natürlich noch viel stärker.
Anm. Während es in Zusammensetzungen wie bs, bt usw. nicht
nötig erscheint ps, pt usw. zu schreiben, ist dies bei pf durchgeführt.
II. Teil.
Geschichte der einzelnen Laute.
1. Die Yokale..
1. Die kurzen Vokale.
Mhd. a.
§ 43. 1. Mhd. er > a in mhd. geschlossener Silbe in mhd. mehr¬
silbigen Wörtern, z. B. agsl (mhd. ahsel) Achsel; aygy (mhd. anke) Nacken;
ayst (mhd. angest) Angst; apß (mhd. apfel) Apfel; arfl (mhd. armvot) Arm¬
voll; bagy (mhd. backen und backe) backen und Backe, Wange; bal (mhd.
balde) bald; bann (mhd. barbe) Barbe: fagl (mhd. vaclcel) Fackel; faln
(mhd. vollen) fallen; garm (mhd. garbe) Garbe; gas (mhd. ga$z,e) Gasse;
hagy (mhd. hacken) hacken; haldn (mhd. halten) halten; khana (mhd. Icatme)
Kanne; khasdn (mhd. käste) Kasten; khads (mhd. katxe) Katze; khan (mhd.
karre) Karre(n); graxg (mhd. lcrachen) krachen; laxg (mhd. lachen) lachen;
lambm (mhd. lampe) Lampe; ladn (mhd. lattc) Latte; maxy (mhd. machen)
machen: marik (mhd. market und marke, marc) Markt und Mark; masn
(mhd. mosche) Masche; naget (mhd. nacket) nackt; nar (mhd. narre ) Narr:
babl (mhd. bappel ) Pappel; pfana (mhd. pfanne) Pfanne; pfare (mhd. pfar-
rcere, pfarrer) Pfarrer; rads (mhd. ratxe) Ratte; sax (mhd. sache) Sache:
salm (mhd. salbe) Salbe; Sant (mhd. schände) Schande; Sadn (mhd. scharte)
Scharte; Slaya (mhd. slange) Schlange; Snabrn (mhd. snappen) schnappen;
Snariy (mhd. snarchen) schnarchen; San (mhd. scharren) scharren; Sivalm
(mhd. sivalicc) Schwalbe; sicadn (mhd. suarte) Schwarte; Sbana (mhd.
spannen) spannen; Sdaya (mhd. stange) Stange; Sicaygy (mhd. swanken
trans. »schwenken«) in der Bed.: ein Gefäß durch Schwenken in Wasser
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
14
Haus Batz.
ausspülen; Sdafl (mhd. Staffel) Staffel; dana (mhd. tanne) Tanne; daudsn
(mhd. tanxen) tanzen; daschn (mhd. tasche) Tasche; wadsn (mhd. warxc)
Warze.
2. > ä in mhd. einsilbigen Wörtern, z. B. äx (mhd. ach) ach; äxt
(mhd. ahtfe]) acht; alt (mhd. alt) alt; äst (mhd. <w/) Ast; bäx (mhd. bach)
Bach; bälix (mhd. balc) Balg, ungezogenes JCind (vgl. § 44); däx (mhd.
dach) Dach; dämpf (mhd. dampf) Dampf; däm (mhd. tarn) Damm; fäx
(mhd. iach) Fach; fäl (mhd. val) Fall; f&ldS (mhd. falsch) falsch; fas (mhd.
ra$) Faß; flägs (mhd. vlahs) Flachs; gänds (mhd. gans) Gans; gländs (mhd.
glanx) Glanz; gsäy (mhd. ge-sanc) GesaDg; gSdäyk (mhd. ge-stanc) Gestank;
*
gSdält (mhd ge-slalt) Gestalt; geivalt (mhd. ge-ivalt) Gewalt; khält (mhd. kalt)
kalt; khä, khäst (mhd. kan, kanst) kann, kannst; grämpf (mhd. krampf)
Krampf; gräyk (mhd. kranc) krank; gränds (mhd. kränz) Kranz; länt (mhd.
laut) Land; läuj (mhd. laue) lang; näixt (mhd. naht) Nacht; bläds (mhd.
platx) Platz; säk (mhd. sac) Sack; sänt (mhd. sant) Sand; sänne (mhd.
sarc(h)) Sarg; sänrf (mhd. schar(p)f) scharf; Smälds (mhd. smalx) Schmalz;
sicäx (mhd. stvach) schwach; sic dm, (mhd. swam(p)) Schwamm; Sivands
(mhd. sicanx) Schwanz; Stands (mhd. suarx) schwarz; Sdät (mhd stat)
Stadt; uägs (mhd. wahs) Wachs; wilt (mhd. walt) Wald; was , mnst war,
warst; ictnrm (mhd. warm) warm; wänrum (auch, besonders in der G-Ma,
wäsrum) (mhd. war iirnbc) warum;
aber auch in mehrsilbigen Wörtern, z. B. bäijget (mhd. banchart)
Bankert; fäde (mhd. vater) Vater; harne (mhd. hamer) Hammer.
Anm. 1. Mhd. halt halt (Adv.) behält den hellen «-Laut: halt.
3. Gedehnt wird mhd. a teils a) in mhd. offener Silbe zu oo, z. B. oo (mhd.
abc) ab; öohäua abhauen; roo herab; noo hinab; boodn (mhd. baden) baden;
boode (mhd. badceie, bader) Bader; boos (neben bees § 49, 2) (mhd. base)
%
Base; foodn (mhd. vadem(e)) Faden; föosenäxt (mhd. vasenaht) Fastnacht;
groom (mhd. graben und grabe) graben und Graben; groot (mhd. gerade)
gerade; hoofm (mhd. hären) Hafen, Topf; hoos (mhd. hase) Hase; gloox
(mhd. klage) Klage; gloog (mhd. klagen) klagen; loodu (mhd. laden) Laden;
mooy (mhd. mage) Magen; mooln (mhd. mal(e)n) mahlen; nooivl (mhd.
nabel) Nabel; noogl (mhd. nagel) Nagel; noosn (mhd. nase) Nase; sooy
(mhd. sagen) sagen; Soom (mhd. schabe) Schabe; Soot (mhd. schade) schade;
Soodn (mhd. schaden) schaden; slooy (mhd. slahen) schlagen; drooy (mhd.
tragen) tragen; wooy (mhd. wagen) Wagen; woodn (mhd. wadc) Wade;
dsooln (mhd. xal(e)n) zahlen;
ebenso in geschlossener Silbe in mhd. einsilbigen Wörtern, z. B.
boot (mhd. bat) Bad; gloos (mhd. glas) Glas; groos (mhd. gras) Gras; ic
moox (mhd. ich mac) ich mag; root (mhd. rat) Rad; Sloox (mhd. slac)
Schlag; Smool (mhd. smal) schmal; sboods (mhd. spax) Spatz; doox (mhd.
tac) Tag;
auch vor r, z. B. ooiS (mhd. ars) Arsch: oost (mhd. art) Art; hooil
(mhd. hart) Bart; boo3 (mlul. bar und pdr) bar und paar, Paar; goos (mhd.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
15
gar) gar; woos (mhd. tcar(e)) Ware; dsooit (mhd. xart) zart; foom (mhd.
var(e)n) fahren; sboosn (mhd. spar(e)ri) sparen;
teils b) zu ad, z. B. dudl (mhd. adcl) Adel; ebenso äddl Adam; du
(mhd. ane) an; fiäni (mhd. an-hin) fort, weg; ndä hinan; bau (mhd.
ban(e)) Bahn; fääna (mhd. vane) Fahne; hädne (mhd. hau) Hahn (nur
Faßhahn und Flintenhahn, sonst (= gallus): gööge); Mägl (mhd. Hagel)
Hagel; häftwm (mhd. Haber(e)) Haber; lädm (mhd. lam) lahm; mäd (mhd.
man) Mann; nädma (mhd. name) Name; raup (mhd. rabe) Rabe; sädl
(mhd. sal) Saal; Swd&nai. (mhd. swane) Schwan; dääfl (mhd. tavel) Tafel;
däfil (mhd. tal) Tal; ds&äl (mhd. xal) Zahl; dsudm (mhd. xam) zahm; dsuft
(mhd. xan) Zahn.
Anm. 2. In der G-Ma. werden auch noch einzelne Wörter ge¬
dehnt, die gemeinbambergisch kurz sind; so mit Ausfall des n und deut¬
licher Nasalierung: kaa n ds Hans; Swüd n ds Schwanz; ebenfalls mit Ausfall
des n, aber (meist) ohne Nasalierung: güäs Gans; weiterhin z. B. boox
Bach; dooxDach; foos Faß; .sooÄ* Sack; Moot Stadt; andere haben oo statt
des gemeinbambergischen au, z. B. sool Saal; dool Tal; dsool Zahl usw.
§ 43 A. Über die Qualität, die mhd. a in den vorausgehenden Bei¬
spielen annimmt, läßt sich soviel sagen:
1. in mhd. einsilbigen Wörtern wird es, wenn nicht gedehnt, stets
zu ft , gedehnt zu oo, vor Liquida und Nasalen zu du;
2. in mhd. mehrsilbigen Wörtern wird es, wenn nicht gedehnt, zu
a (ausgenommen sind nur bugget, ff de, Häme, s. § 43, 2 letzter Absatz),
gedehnt zu oo und ft ft.
§ 44. In kurzen, wenig betonten Silben und Wörtern wird mhd. a
zu o, z. B. tcos (mhd. ica$) was (unbetont! betont ist es gedehnt: uoos ,
z. B. midivöos? womit? ueeceuvos? weswegen?); owe (mhd. aber) aber;
olwe (mhd. alicvcre) albern. In derselben Weise werden auch einzelne
Wörter verkürzt, wenn sie in Zusammensetzungen den Hauptton ver¬
lieren, z. B. bloosböltc (mhd. bläsebalc) Blasebalg; wlgslbölic (mhd. wf'hsel-
balc) Wechselbalg; so wird doox in den Namen der Wochentage usw.
* *
verkürzt zu dox, z. B. mftndöx Montag; dfmesdöx Donnerstag; wprgedöx
Werktag. Aus dieser unbetonten Stellung in Zusammensetzungen haben
dann wohl einzelne Wörter das o erhalten, auch wenn sie allein stehen,
z. B. §oln (mhd. schale) Schale etwa aus daiesöln Eierschale; boln (mhd.
bal(le)) Ball etwa aus üögboln Kinderspielball zum Werfen (Schocken).
§ 45. In unbetonter Silbe erscheint mhd. a
1. als i in sbiilic (mhd. spiielach) Spülwasser (nach dem Spülen);
in den Ortsnamen battnic Baunach; auric Aurach; iewzrte (neben eeicsrux)
Ebrach (vgl. dazu die urkundlich belegte Schreibweise »Ewerig« und
»Auerig< bei Ziegelhöfer und Hey, Die Ortsnamen des ehemaligen Hoch¬
stifts Bamberg (Bamberg 1911, S. 28 u. 44]), sowie in dem Ausruf mtti-
Udi mein Lebtage;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
16
Hans Batz.
2. als e in bayget (mhd. banchart) Bankert; khaSbe Kaspar; liisewet
Elisabeth; mdiceret Margaret; dselöot Salat; fögediifes Vokativus (s. Wei¬
gand, Dtsch. Wb. s. v.); unter Verflüchtigung des n in Sdefesb&rw Stefans¬
berg; me (mhd. man) ist das unbetonte >man«.
§ 46. 1. In beyk Bank (mhd. banc); he nt Hand (mhd. haut ); went
Wand (mhd. want) ist der Umlaut aus den obl. Kas. in den Nom. Sing.
eingedrungen; ähnlich wohl auch in Sendsn Weidenkorb (mhd. schanze).
*
2. Das Fremdwort Kamerad lautet: khvmeruot, Majoran: muserda
(zu frz. mousseron).
Mhd. e (Uralauts-e).
§ 47. Mhd. e wird 1. zu e, z. B. bek (mhd. bccke) Bäcker; bese (mhd.
beiger) besser; bet (mhd. bette) Bett; blegy (mhd. blecken) blecken; brena
(mhd. brennen) brennen; degy (mhd. decken) decken; degy (mhd. decke)
Decke; delc (mhd. decke) Zimmerdecke; fest (mhd. veste) fest; khena (mhd.
kennen) kennen; khesdl (mhd. ke$$el) Kessel; rena (mhd. rennen) rennen;
sein (mhd. schein) schälen; Seml (mhd. schcmel) Schemel; seygy ' (mhd.
schenken) schenken; Seyk die Schenke (der Ort im Wirtshaus, wo das Faß
liegt und das Bier ausgeschenkt wird); Sendn (mhd. sehenden) schimpfen
= zanken, tadeln; Sdegy (mhd. stecken) stecken (trans., dagegen Sdegy
intrans.); klein (mhd. stellen) stellen; klregy (mhd. strecken) strecken;
Zclfm (mhd. schelf) Schelfe, Schale; wek (mhd. wecke) Wecken, gewöhn¬
lich Dimin.: wegla\ wedsn (mhd. wetzen) wetzen;
2. gedehnt zu ee, z. B. breedsn (mhd. brexe) Brezel; deena (mhd.
denen) dehnen; eesl (mhd. escl) Esel; leey (mhd. legen) legen; reedn (mhd.
reden) reden;
auch vor r, z. B. beet (mhd. ber) Beere (und Plur.); ees (mhd. eher,
üher) Ähre; heeiriy (mbd. kenne) Hering; dentem ernähren (zu mhd. nern)\
weesn (mhd. wem) wehren;
3. zu e, z. B. gredsn (mhd. kre$zp) Korb; redifc) (mhd. retich) Rettich
(vgl. § 67 Anm. 1); dele (mhd. tellcr) Teller.
Anm. 1. Ob mhd. e oder e vorlag, ist zweifelhaft in hegs (mhd.
heese, heese) Hexe und hebm (mhd. heppe, heppe) Hippe, Sichelmesser.
4. Vor und nach Labialen und Velaren > ö, z. B. Öpfl (mhd. epfel)
Äpfel; hol (mhd. helle) Hölle; löfl (mhd. leffel) Löffel; läSn (mhd. leschen)
löschen; Söpfm (mhd. schepfen) schöpfen; dswölf (mhd. xwclf) zwölf; auch
gedehnt: gewoöna (mhd. gewenen) gewöhnen; Su'öüsn (mhd. swern) schwören.
Anm. 2. Hier seien der Labialisierung wegen auch erwähnt wöln
(mhd. wellen) wollen; lööp (mhd. lewe) Löwe (obl. Kas.: lööm), beide mit
gebrochenem e.
5. Vor r > £, z. B. ejrm (mhd. erben) erben; fejrm (mhd. ter wen)
färben; g^rrm (mhd. gerwen) gerben.
§ 48. Eine Umlautbildung, die jedoch nicht in der ganzen Aus¬
dehnung der Mundart durchgeführt ist. liegt vor in decc Plur. zu doox
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
17
Tag, daneben aber auch doox Tage, und in neema Plur. zu nüthna Name,
daneben auch nääma Namen.
§ 49. Mhd. e wird da, wo die uralautlose Form noch daneben be¬
steht oder empfunden wird, sowie da, wo in nachmhd. Zeit ä entstanden
ist, 1. zu e, z. B. egt Äcker (zu mhd. acker); bledt Blätter, bledla Blättchen
(auch für Zeitung, z. B. döoxblidla Tagblättchen) (zu mhd. blat ); decla.
Dachlein (zu mhd. dach)] fese Fässer (zu mhd. ras); fegst Fechser (zu mhd.
rahs); gesla Gäßlein (zu mhd. gas$e); khtdl und khtdela Kätchen (zu Katha¬
rina); grtfdi(c) kräftig (zu mhd. Kraft); mecdi(c) mächtig (zu mhd. mäht);
nect Nächte (zu mhd. naht); sek Säcke, segla Säcklein (zu mhd. sac );
dtdSln leicht (liebkosend oder scherzend) schlagen (zu mhd. tatxe);
auch gedehnt, z. B. heefela kleiner Topf (zu mhd. havcn); jtect Jäger
(zu mhd. jagen); heefme Häfner, Töpfer (s. unten bei 2);
Anm. Die G-Ma. bevorzugt hier die engen Laute, z. B. egt
Äcker; gesla Gäßlein; nect Nächte; gedehnt: bleedla Blättchen (bes. in
der Bedeutung: Zeitung); jeect Jäger.
2. zu e, z. B. khelt (mhd. kelte) Kälte; gregk (mhd. krenke) Kränke: leg
(mhd. lenge) Läoge; rempfdla (mhd. *renftelin ) Anschnitt eines Brotlaibes;
denla Tännchen (zu mhd. tanne ); ice$ (mhd. wesche) Wäsche;
auch gedehnt, z. B. beesla Bäschen (zu mhd. base) (davon wohl auch
wieder bees neben boos, z. B. frä btes neben frä böos (§ 43, 3a); feeast
(mhd. verst) fährst; greem Gräben (zu mhd. grabe); heefme Häfner, Töpfer
(zu mhd. haven); greeg Krägen (zu mhd krage); leedn (Verkaufs- und
Fenster-) Läden (zu mhd. lade, laden); neecala kleiner Nagel (zu mhd.
nagel) (dagegen: neecala Nelke); reede Räder (zu mhd. rat); Sleec Schläge
(zu mhd. slac); Sneewl Schnäbel (zu mhd. snabel); wceg Wägen (zu mhd.
wagen), weecala kleiner Wagen; dsec (mhd. xene) Zähne;
3. vor r zu £ ( + 3), z. B. earwet (mhd. erebeit) Arbeit; pnvedn ar¬
beiten; dqafst, dqaf darfst, darf (zu mhd. darft, darf); qarwesn (mhd.
erwci$) Erbse; fqadi(c) (mhd. verlic) fertig; geadti Gärten, geadne Gärtner
(zu mhd. garten); sdrank (mhd. sterke) Stärke.
Mhd. e.
§ 50. 1. Mhd. e > e, z. B. blec (mhd. blech) Blech; breeg (mhd. brechen)
brechen; drtsn (mhd. dreschen) dreschen; dreh (mhd. drec) Dreck, Schmutz;
dreget und dregi(c) dreckig, schmutzig; cs (mhd. e%) es; esn (mhd. essen)
essen; feit (mhd. reit) Feld (Plur. in der G-Ma. feie Felder); fest (mhd.
fest) Fest; fedsn (mhd. retxe) Fetzen: fiel: (mhd. vier) Fleck; fUdemaus
(mhd. vledennus) Fledermaus; fr esn (mhd. vre's^en) fressen; gsedsn (mhd.
gesessen) gesessen; heifin (mhd .helfen) helfen; hei (mhd. hei) hell; khele
(mhd. heller) Keller; gledn (mhd. kielte) Klette; grebs (mhd. 1erehes) Krebs;
Ukhuioj (mhd. kbekuoche) Lebkuchen; legg (mhd. kcken) lecken; lede (mhd.
li’der) Leder; ledn (mhd. leite) Lette; mes (mhd. messe) Messe; mesna (mhd.
messen) messen; nest (mhd. nest) Nest; bec (mhd. bech) Pech; pfefe (mhd.
Zeitschrift für Deutsche MundRrtcn VII. 2
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
18
Hans Batz.
pfeffer) Pfeffer; recy (mhd. rechen) Rechen; selwe (mhd. selp) selber; sicdseea
(mhd. sehzehen) sechzehn, secdsifc) (mhd. sehzec) sechzig; Sein (mhd. schelle)
Schelle (und schellen); Segi(c) und Segel (mhd. scheckeht) scheckig; Slecl
(mhd. sieht) schlecht; Snek m. (mhd. snecke) Schnecke; hdaiSnek (mhd. höu-
schrecke) Heuschrecke; Snepfm (mhd. snepfe) Schnepfe; Sdecy (mhd. stechen)
stechen; Sdegy (mhd. stecke) Stecken; Sdeln (mhd. stein) stehlen; Smelm
(mhd. smelehe, smilehe) Schmiele; wek (mhd. ivec) weg; weit (mhd. wer(e)lt)
Welt; Swelk (mhd. welk) welk.
2. Gedehnt > ee, z. B. beesn (mhd. beseme) Besen; beedn (mhd. beten)
beten; breema (mhd. breme) Bremse, Stechfliege; feey (mhd. regen) fegen;
flSederwüS (mhd. vlederwisch) Flederwisch; geem (mhd. geben) geben; geUey
(mhd. gelegen) gelegen- leetn (mhd. leben) leben; leedi(c) (mhd. ledec) ledig;
neema (mhd. nemen) nehmen; reef (mhd. ref) Traggestell, z. B. bröodrcef
womit das Brot zum Backen getragen bzw. vom Bäcker geholt wird;
rSefdröoxe fliegender Händler, der auf einem Traggestell allerhand Sachen
feilhält; reey (mhd. regen) Regen; reeyn (mhd. regenen) regnen; seec (mhd.
scge) Säge; seey (mhd. segen) Segen; dreef (mhd. tre'f) Treff; dreedn (mhd.
treten) treten; weem (mhd. weben) weben; weec (mhd. toec) Weg; dseea
(mhd. zehen) zehn;
auch vor r, wenn gedehnt, > ee, z. B. bees (mhd. ber) Bär; gSiccci
(mhd. gesur'r) Geschwür; heest (mhd. hert) Herd; wccs (mhd. wer) (betontes)
wer; weest (mhd. wert) Wert; feessdn (mhd. vcrsen) Ferse.
Anra. 1. In einzelnen Fällen gedehnt auch > ee, z. B. gSeey (mhd.
geschehen) geschehen; leewen (mhd. lebere) Leber; reect (mhd. reht) recht,
Recht; seey (mhd. sehen) sehen.
Anm. 2. Die G-Ma. bietet teilweise gedehnte enge Formen, wo die
gemeinbambergische Ma. e oder ee hat, z. B. dreck Dreck; fleek Fleck;
reect recht, Recht
Anm. 3. Mhd. he her > h^3 in nnsh^s Nußhäher.
3. Sonst wird das kurze e vor r > f ( + ?), z. B. bqsric (mhd. bcrc)
Berg; pdn (mhd. erde) Erde; gqsn (mhd. gerne) gern, lieb; Iqma, (mhd.
lernen) lernen; Sprm (mhd. sc/nrhe) Scherben; Sdprm (mhd. stirben) sterben;
Sdpn (mhd. stern) Stern; Sdesds (mhd. stcrx ) Sterz; nrsrik (mhd. werc)
Werk; wqsn (mhd. werden) werden; dswejric (mhd. twcrc) Zwerg.
Anm. 4. Mhd. werfen werfen > tcgsfm ; ebenso wird durch regres-
* * *
sive Assimilation ert zu ijsd in der Zusammensetzung gsdüpfl Erdäpfel
(mhd. ertepfel) und auch im Sing.: Erdapfel.
Anm. 5. Mhd. e ist erhalten in khcsn (mhd. kirren) und wqm (mhd.
wirren), wo in der nhd. Schriftspr. i geworden ist: kirren (kreischen,
schreien), wirren (stören).
4. Mhd. e vor Nasalen > e, z. B. breya (mhd. Irrengen , bringen )
bringen; fensde (mhd. venster) Fenster; bendsl (mhd. bi : nsel, pensel) Pinsel;
sempft (mhd. senef) Senf; scndsti (mhd. si’gense) Sense.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
19
§ 51. Folgende Wörter, in denen die Qualität des e-Lautes nicht
ganz klar bzw. unregelmäßig ist (vgl. Paul, Mhd. Gramm. 6 § 43 Anm. 3),
zeigen eine verschiedene Lautentwicklung, z. B. gesden (mhd. gester) gestern;
Swesde (mhd. sivester) Schwester; aber: wesdn (mhd. westen) Westen (ebenso
tvesdn = Weste); segs (mhd. sehs) sechs (aber secdseea [mhd. sehzehen]
sechzehn!); secdsi(c) (mhd. sehzic) sechzig.
§ 52. 1. In der G-Ma. lautet mhd. gelt: gilt Geld. Es liegt hier
wohl zuerst Dehnung zu h (vgl. gii gehen; Sdii stehen [s. § 68 Anm. 1])
und dann Rückverkürzung vor.
2. Zu mhd. zelte vgl. dseldla und dspndla leichtes Zuckerzeug,
Zuckerplätzchen.
Mhd. *.
§ 53. 1. Mhd. * > i, z. B. bilt (mhd. bilde) Bild; bili(c) (mhd. billich)
billig; fl na (mhd. rinden) finden; fiSn (mhd. rischen) fischen; ginnt (mhd.
grint) Grind; gewina (mhd. gewinnen) gewinnen; geicist (mhd . gewist) ge¬
wußt; himl (mhd. himel) Himmel; khint (mhd. kint) Kind; khisdn (mhd.
kiste) Kiste; khidl (mhd. leitet) Kittel; milic (mhd. milch) Milch; mit (mhd.
mit) mit (unbetont, sonst gedehnt, vgl. unten 2); mit (mhd. mitte) Mitte;
rindn und riygy (mhd. rinde) Rinde; Sigy (mhd. schicken) schicken; Sif
(mhd. schif) Schiff; Sigln (mhd. schilhen) schielen; Simpfm (mhd. schimpfen)
schimpfen, zanken; siya (mhd. singen) singen; sidsn (mhd. sitzen) sitzen;
Sbina (mhd. spinnen) spinnen; ebenso Sbina (mhd. spinne) Spinne; Sbiln
(mhd. spiln) spielen; Sbriya (mhd. springen) springen; Sdil (mhd. slil) Stiel;
Sdim (mhd. stimme) Stimme; Sdrik (mhd. stric) Strick; dis (mhd. tisch) Tisch;
fil (mhd. ril) viel; wide (mhd. wider) wieder; windn (mhd. winde) Winde;
ivinde (mhd. winter) Winter.
2. Gedehnt > ii, z. B. diic, miic (mhd. dich, mich) dich, mich, wenn
besonders betont, sonst di(c), mi(c); giiwl (mhd. gibel) Giebel; gSniidn
(mhd. gesniten) geschnitten; gädriidn (mhd. gestriten) gestritten; gwiis
(mhd. gewis) gewiß; iigl (mhd. igel) Igel; khiids (mhd. Jcitze) Kitze; khiin
(mhd. kinne, kin) Kinn; liiy (mhd. ligen) liegen; miist (mhd. inist) Mist;
miit betontes »mit«; riis (mhd. rise) Riese; siis Schiß, Furz; Sliidn (mhd.
slite) Schlitten; Sdiifl (mhd. stivel) Stiefel; fite (mhd. rihe, rieh) Vieh; wiiy
(mhd. wige) Wiege; wiisn (mhd. wise) Wiese; dsii (mhd. zin) Zinn; dsiiglise
Zinngießer; dsligräut Zinnkraut; dsügrüügla Zinnkrüglein; dswiifl (mhd.
zwibolle, zwivcl) Zwiebel; dsuiisl (mhd. zwisel) Zwiesel, gabelförmiger Ast
Anm. 1. Neben fiS (mhd. risch) Fisch; ris (mhd. ri§) Riß; Slids
(mhd. sliz) Schlitz kommt auch (bes. in der G-Ma.) vor: fiiS, riis, Sliids,
ebenso in der ganzen Ma. pfiif Pfiff in der Bedeutung: gemischtes Bier,
halb Vollbier, halb Nachbier (gen. Heinslein: haandsla).
3. a) Mhd. i vor r+ n>i ( + a), z. B. bian (mhd. bim, Plur. zu
bire, bir) Birue(n); hisn (mhd. hirn) Hirn; Sdian (mhd. stim(e)) Stirn;
Anm. 2. In dem betonten mir, dir > ii: mih, diia, sonst me, de
(aus mcea, das).
2 *
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
20
Hans Batz.
b) vor r + Konsonant (außer n)> re (-fa), z. B. heviS (mhd. hir$)
Hirsch; htest (mhd. hirte) Hirt; eesde (mhd. irdin) irden; khccsriy (mhd.
kirche) Kirche; khteaSn (mhd. kirse) Kirsche; StPirni (mhd. schirm, scherm)
Schirm; ic Sdcesrp (mhd. ich stirbe) ich sterbe; wen, wrnst, umt (mhd.
ivirde, wir (de) st, wir (de) t) werde, wirst, wird; uvnt (mhd. wirt) Wirt;
wdjdshäus Wirtshaus;
c) vor rr>cece (-fa) in eptn (mhd. irre) irre; aenn (mhd. irren)
irren (intr. und trans. = stören); gSrec ej (mhd. geschirrc) Geschirr.
Anm. 3. Vereinzelt ist vor auch ein ü zu hören, z. B. frü§
(mhd. frisch) frisch, was wohl durch Analogie von toüSn u. ä. (§ 63) zu
erklären ist
§ 54. 1. Mhd. i in nebenbetonten Silben > i , z. B. esi(c) (mhd. ez$ieh)
Essig: hooni(c) und haani(c), hööni(c) (mhd. honic, honec) Honig; heesriy
(mhd. kenne) Hering; pfettig (mhd. pfenninc) Pfennig; redi(c) (mhd. relich)
Rettich;
2. in kurzen, unbetonten Wörtern > e, z. B. net (mhd. ni(h)t) nicht;
negs (mhd. nihtes) nichts;
> e in sen (mhd. eint) sind.
Mhd.'o.
§ 55. 1. Mhd. o > o, z. B. bok (mhd. boc) Bock; brogg (mhd. brocke)
Brocken; doln (mhd. tolde) Dolde; drosl (mhd. droz,z,c(l)) Drossel, Kehle;
froS (mhd. rrosch) Frosch; glodsn (mhd. glotxen) schauen; glogg (mhd.
glocke) Glocke; goSn (mhd. gosche) Gosche, Maul; grop (mhd. grop) grob;
kholfm (mhd. geholfen) geholfen; gSdoln (mhd. gestol(e)n) gestohlen; holn
(mhd. holn) holen; holt (mhd. holder, holunder) Holunder (meist = Flieder);
holds (mhd. holx) Holz; hopfrn (mhd. hopfe) Hopfen; glopfm (mhd. klopfen)
klopfen; ggoxg (mhd. knoche) Knochen; khopf (mhd. köpf) Kopf; khox.g
(mhd. kochen) kochen; lox (mhd. loch) Loch; logg (mhd. locken) locken;
ogs (mhd. ohse) Ochse; ode, auch owe und ore (mhd. oder) oder; ofm
(mhd. offen) offen; rok (mhd. roc) Rock; rods (mhd. rotx) Rotz; sogg (mhd.
schocken) schocken: sogg (mhd. socke) Socken; sbot (mhd. spot) Spott;
sdok (mhd. stock) Stock; sdolds (mhd. stolx) stolz; fol (mhd. vol) voll;
wobt (mhd. wolle) Wolle.
2. Gedehnt > oo, z. B. boodn (mhd. bodem) Boden; hoof (mhd. hnf)
Hof; hoonifc) (mhd. honec) Honig; hoosn (mhd. hosc) Hose: a groowe ein
grober; glootn (mhd. klobe) Kloben: ggoodn (mhd. kno/r) Knoten: ooftn
(mhd. oven) Ofen; doot (mhd. tote) Pate; fongl (mhd. rogel) Vogel; woonn
und wutitta (mhd wonen) wohnen;
auch vor r, z. B. boom (mhd. hor(e)n) bohren.
Anm. 1. In der G-Ma. wird dies gedehnte oo zu //>/, z. B. bttttdn
Boden; « grumte ein grober; hnnf Hof; httusn Hose; dunt Pate, Ge¬
vatter (von den Gärtnern vielfach als Anrede gebraucht mit »Herr- und
»Frau«: hedüut, frädünt auch an Fremde, wie das kaufende Publikum usw.).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart
21
Es wird hier aber auch gedehnt, wo gemeinbambergisch o steht,
z. B. khuupf Kopf; luux Loch; Sbuut Spott, z. B. SdndeSbüut Schand und
Spott; dsuupf Zopf.
Anm. 2. Rück Verkürzung ist in der G-Ma. eingetreten in hulds
(<*hnulds, mhd. holx ) Holz; huln (<*huuln, mhd. holn) holen; Sdulds
{< *Sduulds, mhd. stolx) stolz; ebenso in dem in der ganzen Ma. hei¬
mischen sultj, ( <*8UuIq, mhd. sol(c) Sohle).
Anm. 3. Ähnlich ist wohl auch zu erklären das allgemein mund¬
artliche nux (mhd. noch) noch; »noch nicht« lautet nüxndt , nünet, aber
auch nach Ausfall des x als offene Silbe empfunden und daher gedehnt
(wegen des folgenden Nasals zu u<i): näänifx) und (mit Reduplikation)
*
nündani(c).
Anm. 4. duusn (aus ndd. dose) Dose ist nach Analogie von huusn
Hose auch in das Gemeinbambergische eingedrungen.
3. Mhd. o wird in einzelnen Wörtern Ö, z. B. goh (mhd. goler, koller,
Kollier) Rock, Jacke; högtj (mhd. hocken) hocken; khösdn (mhd. kosten)
Kosten; oft (mhd. ofle) oft; sölst, sölt, söl sollst, sollt, soll; söln sollen;
auch gedehnt > Öö, z. B. hööfl (neben hooivl) (mhd. hovel) Hobel,
%
besonders grduthööfl Krauthobel; höönifc) (mhd. honec) Honig (daneben
auch hooni(c) und hääni(c))\ muösi(c) (mhd. mos) Moos; ööice, ÖöiveSt
*
(mhd. obere, oberest) obere, oberste; de bgadsööweSt der Alleroberste.
4. Vor r > g (+a), z. B. bgarpj (mhd. borgen) borgen; dgaf (mhd.
dorf) Dorf; dgan (mhd. dom) Dorn; dgat (mhd. dort) dort; gSdgarm (mhd.
gestorben) gestorben; hgan (mhd. hom) Horn; khgarap (mhd. korp) Korb;
khgan (mhd. kom) Korn; gygsds (mhd. knorx) Knorz; mpv'iy (mhd. morgen)
morgen; Morgen nur in dem Gruß: güdmfirvj guten Morgen, sonst ist
Morgen: früü, z. B. häidfrüü heute morgen; Sdgm (mhd. storre) Storren,
Stumpf; Sdgaric (mhd. storch) Storch; dgsrgln (mhd. torkeln) taumeln; fgm
(mhd. vorn) vorn; icgst (mhd. ivort) Wort; dsgan (mhd. xom) Zorn.
Anm. 5. -dorf als Endung in Ortsnamen lautet auch -dgaf, z. B.
mdmlsdraf Memmelsdorf; wdiyd'gaf Weichendorf.
§ 56. Wo das Mhd. zwischen o und u schwankt, ist meist das
letztere durchgedrungen, z. B. bus (mhd. bosch, busch) Busch; hnpfni
(mhd. hopfen, hupfen, hüpfen [§ 64]) hüpfen; jubm (mhd ■ joppe, juppe)
Jcppe, Rock; khuma (mhd. körnen, kumen) kommen: khumbenü (mhd.
Kompanie, kumpanie) Kompagnie, Gesellschaft; khudl (mhd. kotel, kutel )
Gedärme, z. B. khudle Kut’tler; khüdlflik Kaldaunen; rupfm (mhd. ropfen,
rupfen) rupfen; drugy (mhd. trocken, trucken) trocken; drudsn (mhd.
trotxen, irutxen) trotzen;
jedoch o in bolen (mhd. holderen, bnlderen) poltern, kullern, rollen;
dgargln (mhd. torkeln zu turc) taumeln.
Anm. 1. gsufm (mhd. gesoffen) gesoffen hat das u wohl nach
Analogie von gstnima usw. (§ 60).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
22
Hans Batz.
Anra. 2. Neben gs khumt heißt es in der G-Ma. meist: n khümt
er kommt (rahd. er kämt, ahd. kumit).
§ 57. 1. In Fremdwörtern lautet das o ganz verschieden, z. B.:
als o im Stamm: dögde Doktor, brofese Professor;
als c in der Endung -or: dogde, brofese , sowie in unbetonter Silbe,
z. B. äbedtey Apotheke; äpfegdat Advokat; khärmenäadla Karbonade;
als u z. B. in khümblemmt Kompliment; khumöot Kommode; khumdet
(mhd. komete) Komet, sowie in der Endung - os, z. B. rinöodserüs Rhi¬
nozeros ;
als & in säldäAt Soldat.
* *
2. Mhd. von > fä von, defaa davon; mhd. donerstac > dägeS&tx
Donnerstag.
3. Mhd. briutegome > br&idixam wie in der Schriftsprache: Bräutigam.
4. ode (mhd. otter) Otter; dasselbe mhd. otter liegt vor in aden, äd-en
für Natter; der Übergang von o zu a {&) ist wohl durch das schrift¬
deutsche Natter bedingt.
Mhd. ö.
§ 58. 1. Mhd. ö > Ö, z. B. bök Böcke; frö& Frösche; glögla Glöck-
lein; höldsla Hölzlein; gyöxla Knöchlein; gyöpf Knöpfe; khöxa Köchin;
lchöpf Köpfe; löxe Löcher; rök Röcke; Sdök Stöcke; Sobs (mhd. schöpez)
Schöps, Hammel.
Anm. 1. Wo in der G-Ma. uu statt o steht, ist hier entsprechend
üü eingetreten, z. B. khüüpf Köpfe; dsüüpf Zöpfe.
2. Gedehnt > öö, z. B. gröödn (mhd. kröte) Kröte; möuxet (mhd.
mähte) möchte; ööfm Öfen; ööl (mhd. ölfej) öl; föögl Vögel.
Anm. 2. Das gemeinbambergische khööni(c) ist ein Zugeständnis
an die Schriftsprache; die G-Ma. hat hier die lautgetreue Form: khüüni
(mhd. kiinec ) (vgl. § 62, 2).
3. Vor r > g (+*), z- B. dijife Dörfer; dfjme Dörner; hysne Hörner;
khgsrp Körbe; w'gsde Wörter.
Mhd. u.
§ 59. 1. Mhd. u > w, z. B. bruna (mhd. brunne) Brunnen; bnindsn
(mhd. brunxen < bninnexen) brunzen, harnen; brust (mhd. bmst) Brust;
bugl (mhd. buckel) Buckel; bilden m. u. f. (mhd. buter(e)) Butter; gedült
(mhd. gedult) Geduld; gfuna (mhd. gefunden) gefunden; gugy (mhd. gucken)
gucken; hunt (mhd. hunt) Hund: hinge (mhd. hunger) Hunger; juy (mhd.
june) jung; khundst (mhd. lcunst) Kunst; khupfe (mhd. kupfer) Kupfer;
luft (mhd. luft) Luft; luya (mhd. hinge) Lunge; mu§l (mhd. viuschcl)
Muschel; nus (mhd. nuz,) Nuß; Snupfm (mhd. smipfen) schnupfen: §us
(mhd. schliß) Schuß; Hum (mhd. stube) Stube; Hup fl (mhd. stupfel) Stoppel;
drum (mhd. drum) Trumm; dsuya (mhd. xungc) Zunge;
auch vor r (durch Rückverkürzung, da sonst u vor r > p [s. unten 4]),
z. B. busric (mhd. burc) Burg; diorc (mhd. durch) durch; dusst (mhd.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
\
23
durst) Durst; khudds (mhd. kurx) kurz; Sdusrm (mhd. sturm) Sturm; dvarm
(mhd. turn) Turm; tcuarm (mhd. wurm) Wurm; touadsl (mhd. Wurzel)
Wurzel; wusSt (mhd. wurst) Wurst;
daneben aber auch verschiedentlich: wgsrm Wurm; wgsSt Wurst;
ivgadsl Wurzel (wie immer: wgsrme, wgarmla, wgsSt, wgssdla § 62, 3).
Anm. Gelegentlich kommen bei einzelnen dieser Wörter auch
die gedehnten Formen vor (besonders in der G-Ma.): wuuaSt Wurst;
duuaSt Durst
2. Gedehnt >uu, z. B . juuyt (mhd. jugent) Jugend; duuyt (mhd.
tugent) Tugend; suudln (mhd. sudelen) sudeln; dsuux (mhd. xuc) Zug.
3. In einzelnen Fällen wird mhd. u zu ?/, z. B. gülde (mhd. guldtn)
golden; ündt untere; wüle (mhd. wullin, wülliri) wollen. Wie leicht
ersichtlich, ist der Umlaut durch das in nächster oder übernächster Silbe
folgende mhd. oder ahd. i bewirkt
4. Mhd. u wird vor r gebrochen zu g (+a), z. B. bga$ (mhd. burse)
Bursch; fgsds (mhd. vurx) Furz (gewöhnlich jedoch dafür Süs); Sngsn
(zu mhd. snurre) Schnurrbart; bgadsln purzeln; gsSl Ursula.
§ 60. Die mhd. Formen mit u sind vor Nasalen beibehalten, auch
wo dies in der nhd. Schriftsprache zu o geworden ist, z. B. besüna (mhd.
besunnen) besonnen; dunen (mhd. dunren) donnern; dünekhuil Donnerkeil;
fr um (mhd. frum) fromm; gerüna (mhd. gerunnen) geronnen; gSwuma
(mhd. geswummen) geschwommen; gSbuna (mhd. gespunnen) gesponnen;
gewiina (mhd. gewunnen) gewonnen; khuma, khum, khumst, khumt (mhd.
kumen, kume, kumest, kumet) kommen, gekommen, komme, kommst,
kommt; nuna (mhd. nunne) Nonne; sume (mhd. sumer) Sommer; suu
(mhd. swn) Sohn; suna (mhd. sunne) Sonne; suiuidx (mhd. suntac) Sonntag;
sundst (mhd. sus(t), sunst) sonst; ümesündst (mhd. umb(e)sust) umsonst
(doch vgl. § 64); druml (mhd. trumet) Trommel; drümbiedn (mhd. trumpet)
Trompete.
Entsprechend ist auch öfters ü statt ö eingetreten, z. B. frütne
frömmer; süü Söhne.
§ 61. In unbetonten Nachsilben wird mhd. u
1. zu i in der Nachsilbe - unge , z. B. maaniy (mhd. meinunge)
Meinung; sidsiy Sitzung; dsaidiy (mhd. xltunge) Zeitung;
_ *
2. zu e in dem Fremdwort breddäl brutal, protzig, patzig;
3. zu 6 in der Endung -us, z. B. fugedtifes Vokativus; ridselesööl
Rizinusöl; jeses Jesus (als Ausruf der Verwunderung usw.); glööices
scherzhafte Bezeichnung für Kopf (= lat. globus).
Anm. Über den Wechsel zwischen u und ü s. § 64.
Mhd. ü.
§ 62. 1. Mhd. ü > w, z. B. bügsn (mhd. biihsc) Büchse; büSl (mhd.
büsckel) Büschel; biidne (mhd. biitencere) Büttner, Küfer; hünt Hunde
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
24
Hans Batz.
(Plur.); hündla Hündchen; khücy (mhd. küche ) Küche; khüml (mhd. Icüinel)
Kümmel; khüsn (mhd. Liissen) küssen (dafür in der Vollmundart meist
Smadsn (mhd. smatxen) zu Smads (mhd. smaix) Kuß; smtdsda Küßchen);
grübl (mhd. krüppel) Krüppel; slüsl (mhd. slüz%el) Schlüssel; $üsl (mhd.
schüfet) Schüssel; Sdüdsn (mhd. stützen) stützen; sünt (mhd. sünde) Sünde;
dünicy (mhd. tünchen ) tünchen.
2. Gedehnt > üü, z. ß. khüüwl (mhd. kübel ), Kübel; (in der G-Ma.)
khüüni (mhd. künec ) König (§ 58 Anm. 2); lüüy (mhd. lüge) Lüge; müül
(mhd. mül, müle) Mühle; brüügl (mhd. biOgel) Prügel; Süüdn (mhd.
schüfen, Schütten) schütten; üüwl (mhd. übel) übel; üüwe (mhd. übe )•)
über; rüüwe herüber; nüüwe hinüber; drüüwe drüber; hüiim herüben;
drüüm drüben (neben hcem, dreem ); dsüüc (mhd. züge) Züge;
auch vor r in mehrsilbigen Wörtern, z. B. Süüm (mhd. schür(e)n)
schüren; Sbüüsn (mhd. spür(e)n) spüren; sdüüsn (mhd. stür(e)n) stochern.
3. Mhd. ü vor r>(f(+s), z. B. bgsrce (mhd. bürgcere) Bürger; byarce-
mdsde Bürgermeister; bfiSla Bürschlein; bysSdn (mhd. bürste) Bürste;
dijifm (mhd. dürfen) dürfen (daneben aber meist dpfm)\ f'gsriy (mhd.
vürhten) fürchten; jgiSt (mhd. vürstc) Fürst; ggsdl (mhd. gürtei) Gürtel;
khgsrwes (mhd. hürbez,) Kürbis; khQsdse kürzer; mqrrsp (mhd. mürice)
mürbe; Sdgsdsn (mhd. stürzen) stürzen; ebenso sdftdsn (mhd. stürze)
Stürze, Topfdeckel; dgsrk Türke; fedysSdn verdürsten; fekhysdsn verkürzen;
wqrrty (mhd. würgen) würgen; wysrme (mhd. wärme ) Würmer; tvijsst
Würste; wfidsn (mhd. würzen) würzen; gewysds Gewürz;
gedehnt zu öö in dööj (mhd. dürre) dürr.
Anm. Mhd. vür wird unbetont fe, z. B. fedräipfeniy für 3 Pfennige;
firanfgl für einen Nickel (10 Pfennig-Stück); dagegen ist füüs das be¬
tonte »vor« (mhd. vür), z. B. geespfüüs gehst du vor!
§ 63. Mhd. ü ist erhalten, während im Nhd. i geworden ist, in
khüs (mhd. küsse) Kissen; gümbl (mhd. gün/pel, gumpel) Gimpel, dummer
Mensch; khüt (mhd. küte) Kitt; Sbrüdsn (mhd. sprützen) spritzen (und
Spritze).
Wo mhd. i und ü nebeneinander Vorkommen, hat sich ü durch¬
gesetzt, z. B. khüdsln (mhd. kiitzeln, kitzeln) kitzeln: wiiSn (mhd. wüschen,
* *
/rischen) wischen; deicüsn erwischen; feuüsn verwischen und erwischen,
doch meist dsivise (mhd. zuüschen, zwischen) zwischen.
§ 64. Bei Wechsel zwischen ü und u hat sich n durchgesetzt in
bndn (mhd. bitte, biltte , * butte) Butte, Bütte; dttgsn (mhd. tiicken, tncken)
ducken; hupf tu (mhd. hüpfen, hupfen, hopfen [vgl. § 56]) hüpfeu; hudsl
(mhd. hützel, hutzel) getrocknete Birne; lugy (mhd. lücke, Zucke ) Lücke:
*
dsüalügy Zahnlücke; ntugy (mhd. mücke, mucke) Mücke; rugy (mhd.
rücken, rucken) rücken; rudsn (mhd. rätschen, rutschen) rutschen; slupfm
(mhd. slüpfen, slupfcn) schlüpfen: sttldsn (mhd. siil.e, sülze) Sülze:
sdttpfln (mhd. stüpfeien, stupfeien) Ährenreste zusammenlesen, dann auch
Digitized by
%
\
\Original from
UNIVER^TYOF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
25
euphemist. = stehlen, sowie = aus einzelnen Restchen zusammenflicken:
dsäniMiipfln ;
dagegen ü in drügy (mhd. drücken, drucken) drücken; güna (mild.
günnen, gunnen) gönnen; Milk (mhd. stücke, stucke) Stück; sdüdsn (mild.
* stütze, stutze) Gefäß aus Holz oder Blech in Form eines gestutzten
Kegels.
Wie im Mhd. kommen von umbe und ümbe die beiden Formen
*
vor: um und Um, rum und rüm herum; warriim und w&srüm warum;
ebenso kommt zu mhd. ms, sünst sonst auch vor süst: ümesüst umsonst,
neben sundst (§ 60).
Mhd. brücke, brücke Brücke lautet meist brügy, und nur vereinzelt
kommt brugy oder bmk vor (in der G-Ma.).
2. Lange Vokale.
Mhd. ä.
§ 65. 1. Mhd. ä > oo, z. B. bloosn (mhd. blasen) blasen; broodn
(mhd. bräten) braten und Braten; doo (mhd. dä) da; droot (mhd. drät)
Draht; froox (mhd. wäge) Frage; frooy (mhd. trägen) fragen; joo (mhd.
jä) ja; grooa (mhd. krä) Krähe; moos (mhd. mäz,) Maß (fern. ■= Liter;
n. = Maß); mooln (mhd. mälen) malen, moole Maler; noox (mhd. näcb)
%
nach; proklitisch als Präposition ist es verkürzt, z. B. nox gduSdüt nach
Gaustadt; ebenso in der Zusammensetzung verkürzt zu (ü) a in tidtxbe ,
naxbe (mhd. nächgebür) Nachbar; oone (mhd. äne) ohne; root (mhd. rät)
Rat; roodn (mhd. rätcn) raten; soot (mhd. sät) Saat; Soof (mhd. schäf) Schaf;
Sloof (mhd. sldf) Schlaf; sbroox (mhd. spräche) Sprache; sloot (mhd. slät)
Schlot; Ünook (mhd. snäke) Schnake, Mücke; swooxe (mhd. swäger) Schwager;
woox (mhd. wäge) Wage; für wooy (mhd. nagen) wagen ist mundartlich
meist: sic draua ;
auch vor schließendem r, z. B. gfoos (mhd. gevär) Gefahr; hoos (mhd.
har) Haar; joos(m\iä.jär) Jahr; gloos (mhd. klär) klar; uoos (mhd. wär) wahr;
ebenso in den Lehnwörtern dselöot (mhd. salät) Salat; sulduot Soldat
(neben säldäät).
2. > da, z. B. a<imt (mhd. äbent) Abend; ädden (mhd. äder) Ader;
* *
aldanna Altane; aadn (mhd. ätem, dien) Atem; dugäädn (mhd. ducätc)
Dukaten; gyddt (mhd. genäde) Gnade; grddf (mhd. gräte) Graf; khanaal
(mhd. kanäl ) Kanal; Unix (mhd. läge) Lage; nunint (mhd. mäne) Mond;
mannet (mhd. mänöt) Monat; gnääl (mhd. quäl) Qual; gwäadm (mhd.
quäder) Quader; sddma (mhd. sä nie) Same; $bdd (mhd. span) Span; Sbinaat
(mhd. spinnt) Spinat; sbidddl (mhd. spitäil) Spital; sddal (mhd. stäl) Stahl;
sdrääl (mhd. stral) Strahl; üuflaui (mhd. unrlät) Unflat.
Anm. Die G-Ma. hat auch in diesen Füllen öfters oo statt da ,
z. B. groof Graf; sooma Same; sbiduol Spital; Mlool Stahl.
3. Mhd. ä(w)>au, z. B. blaue (mhd. bläuet) blauer; graue (mhd.
(gräwer) grauer.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
26
Hans Batz.
4. Umlaut ist eingetreten in eemedsn (mhd. &mei$e) Ameise.
5. Mhd. d ist verkürzt: a) zu a in jame (mhd. jämer) Jammer; glafde
(mhd. kläftcr) Klafter;
b) zu o in host, hot (mhd. hdst, hdt) hast, hat; losn (mhd. la%en)
lassen; mol (mhd. mdl) mal, z. B. damöl einmal usw.; Soln (mhd. schale)
(Trink-) Schale, Tasse;
• * /
c) zu ä in brämbees (mhd. brdmber) Brombeere (neben brömbees,
*
wohl aus der Schriftsprache); ddxt (mhd. tdht) Docht; mändöx (mhd.
mdntac) Montag; Sdräs (mhd. strafe) Straße.
*
6. Mhd. wa wo > wuu, unbetont wu , umnää wohin?
§ 66. Unbetontes d wird e in grumet (mhd. gruonmdt ) Grummet;
hairet (mhd. htrdt) Heirat; haien (mhd. hirdten) heiraten (auch hairedn).
Mhd. ee.
§ 67. 1. Mhd. ee > ee, z. B. feeln (mhd. rcelen) fehlen; gyudi(c) gnädig;
2. > ee, z. B. dreea (mhd. dreejen) drehen; heesla (mhd. heerlin) Här¬
chen; jeesla Jährchen; khees (mhd. kiese) Käse; greeme (mhd. kreemer)
Krämer; lees (mhd. leere) leer; meea (mhd. mojen) mähen; neea (mhd.
nagen) nähen; seea (mhd. sagen) säen; Sees (mhd. schiere) Schere; Seefe
(mhd. schiefer) Schäfer; Sbee (mhd. spiene) Späne; Sbeet (mhd. späte) spät;
ifwees (mhd. sweere) schwer; seelic (mhd. scelec) selig.
3. Mhd. ee ist verkürzt und labialisiert zu ö in Slöfst, SlÖft (neben
sie ft) (mhd. slcefest, slcefet neben släfest, sldfet) schläfst, schläft;
verkürzt vor r>q in robpn < *roodbpn (mhd. radebiere) Radkarre,
Schubkarre mit Kasten.
Mhd. e.
§ 68. 1. Mhd. e>ee, z. B. eewi(c) (mhd. ewic) ewig; gee (mhd. gen)
gehen; glee (mhd. kle) Klee; beede Peter; Slcea (mhd. siehe) Schlehe; snee
(mhd. sne) Schnee; seel (mhd. se'le) Seele; Sdee (mhd. sten) stehen; dseea
(mhd. xe, xehe) Zehe;
auch vor r, z. B. ee? (mhd. ere) Ehre; m ces (mhd. mer) mehr.
Anm. Die G-Ma. hat für dieses ee häufig, jedoch nicht in allen
Wörtern, «, z. B. gii gehen; giist gehst; siil Seele; sdü stehen.
2. Mhd. e wird verkürzt: a) zu e in beddn (mhd. pcicrlin) Petersilie;
weg (mhd. irenic) wenig.
b) vor r: er) zu {>, z. B . l^srnj (mhd. lerche) Lerche; hp (mhd. kirre)
Herr, ß) zu z. B. (Jed (mhd. erste) erste.
Mhd. i.
§ 69. 1. Mhd. / > «/, z. B. bat (mhd. bi) bei; baict (mhd. bihte)
Beichte; bail (mhd. bil < bihel) Beil (Dimin. brsdla (mhd. *bertelin zu
barte); baisn (tnhd biz,cn) beißen; bla im (mhd. bei i beit) bleiben; daiysf (mhd.
dihsel) Deichsel; drdisi(c), drdidseca (mhd. drixer, driu'hcn) 30, 13: mai,
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
27
dai , sai (rahd. min, din, sin) mein, dein, sein; statt ailn (mhd. ilen) eilen
stets: sic Sigij; ais (mhd. is) Eis; aisn (mhd. isen) Eisen; fail (mhd. vile)
Feile; fraili(c) (mhd. vriliche) freilich; frdidöx (mhd. vritac) Freitag; gSait
(mhd. geschide) gescheit; glai (mhd. geliche) gleich; graina (rahd. grtnen )
greinen, weinen; graidn (mhd. kride) Kreide; laic(t) (mhd. lieh, liehe ) Leiche;
laim (mhd. lim ) Leim; laidn (mhd. lile) Abhang, in Flurnamen, z. B.
bandseldidn Panzerleite; raim (mhd. riben) reiben; raif (mhd. rife) reif
wird gewöhnlich durch dsaidi(c) (mhd. zitec) ersetzt; raisn (mhd. ri$eri)
reißen; raidn (mhd. riten) reiten; Saim (mhd. schibe) Scheibe; i Haien (mhd.
sitzen) schleißen; Smaisn (mhd . smt$en) schmeißen; Sraim (mhd . schriben)
schreiben; Sraine (mhd. schriller) Tischler, Schreiner; saict (mhd. sihte)
seicht; saidn (mhd. stde ) Seide; saidla und saila (mhd. sidelin) Seidel
(V, 1); saidn (mhd. sile) Seite; Sait (mhd. schit) Scheit; Sdraiy (mhd.
strichen) streichen; faicala (mhd. vijelin) Veilchen; waip (mhd. ivip) Weib,
tvdisblll Weibsbild; waigsl (mhd. tvihsel) Weichsel; waidn (mhd. wide)
Weide; wai (mhd. wiri) Wein; waisn (mhd. wisen) weisen, zeigen; waisn
(mhd. wissen) weißen, tünchen; dsait (mhd. ztt) Zeit
2) Gedehnt, wenn i im Auslaut, vor Vokal, h oder w steht, > aai,
z. B. blaai (mhd. bli ) Blei; braai (mhd. bri) Brei; draai (mhd. dri) drei;
geddaia (mhd. gedihen) gedeihen; gaaie (mhd. gtr) Geier; fraai (mhd.
vri) frei; gewaai (mhd. gewthe) Geweih; glaaia (mhd. klie) Kleie; laaia
(mhd . lihen) leihen; baddai (mhd. partie) Partei; raaia (mhd. rthe) Reihe;
sraaia (mhd. schrien) schreien; saaia (mhd. sihen) seihen; Snaaia (mhd.
snten) schneien; Sbaaia (mhd . spt(w)en) speien; fedsdaia (mhd. verxihen)
verzeihen; waaia (mhd. wthen) weihen; waaie (mhd. wtiver) Weiher.
*
3) > äi in gräifm (mhd. grifen) greifen; begräifm begreifen; pfäifm
(mhd. pfiferi) pfeifen; Sdaif (mhd. stif) steif; teilweise auch raidn reiten
und räide Reiter; Säim Scheibe.
4) > aa in Slaafm (mhd. sltfen) schleifen intr. (wohl nach Slaafm
trans. [mhd. steifen]): dsaal (neben dsail) (mhd. zile) Zeile und khaal
(neben khail) Keil (mhd. kil) wohl erst nach der nhd. Form nach Analogie
anderer-Wörter mit mhd. ei!
5) Mhd. i wird verkürzt: a) zu a in wal (neben wel) (zu mhd. teile)
weil, a wala ein Weilchen; dlaicäl allweil, immer;
b) zu e in hiebst , hiebt; redst, ret; krebst, Srebt; drehst dreht (mhd.
belibest, belibet; ritest, rttet; schribest, schribet; trtbest, tribei) bleibst,
bleibt; reitest, reitet; schreibst, schreibt; treibst, treibt (neben den be¬
tonten: blaibst, blaibt; raidst, rait; Sraibst, sraibt; draibst, draibt).
§ 70. 1. Mhd.« in unbetonter Nachsilbe >i, z. B. bili(c) (mhd. billich)
billig' frailifc) (mhd. vriltche) freilich; hdmli(c) (mhd. heimliche) heimlich;
> e in hoxdset (mhd. höchgczit) Hochzeit.
Mhd. Ö.
§ 71. 1. Mhd. ö > oo, z. B. broot (mhd. bröt) Brot; floo (mhd. t loch)
Floh; groos (mhd. gröz,) groß; hoox (mhd. hoch) hoch; gloos (mhd. kl uz)
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
28
Hans Batz.
Kloß; gloosde (mhd. klöster) Kloster; loos (mhd. lös) los; oosden (mhd.
Ostern) Ostern; roosn (mhd. rOse) Rose; root (mhd. rot) rot; Sdoosn (mhd.
stöben) stoßen; Sdroo (mhd. strö) Stroh; doot (mhd. tot) tot; droost (mhd.
tröst) Trost; frändshöos (mhd. FranxOse) Franzose;
auch vor r, z. B. oos (mhd. dre) Ohr; roo3 (mhd. rör) Rohr.
Anm. Die G-Ma. hat für dieses oo großenteils uu , z. B. yruns
groß; huux hoch; luus los; ruut rot; frändshüus Franzose (daher dann
auch frändsüüS französisch).
2. < öö in flöös auch Sing. (mhd. vlö%) Floß; khÖÖl (mhd. köl, md.
kiel, kiele ) Kohl; Söös (mhd. schöz) auch Sing. Schoß; auch neben gloos
kommt schon im Sing, glüös vor.
3. Vor Nasalen > ää in läd (mhd. Ion) Lohn; gruäna (mhd. kröne)
Krone; Mtlna (neben Soona) (mhd. schönen) schonen; ddä (mhd. dm) Ton.
4. Verkürzt: a) vor Nasalen zu ä in Sä (mhd. schöne) schon; bäna
(mhd. hone) Bohne;
b) u. gebrochen zu p (+a) vor r in hgsrty (mhd. horchen) horchen;
mgsla (Dimin. zu mhd. mör Mohr) Mohrchen (Hundename);
c) in unbetonter Silbe zu e in haamet (mhd. heirnöt, heimuote) Heimat;
mannet (mhd. mänöt) Monat;
d) zu o in ambos (mhd. anebö$) Amboß.
Mhd. Ce.
§ 72. 1. Mhd. Ce > öö, z. B. boös (mhd. biese) böse; flöö Flöhe; löödn
(mhd. Übten) löten; lööde Lötfeige, lahmer Mensch; nöödi(c) nötig; röösla
Röslein; Söö (mhd. schöne) schön; dröösdn (mhd. irveslcn) trösten; dröosde
Tröster;
Anm. öö steht auch in dem Fuhrmannsruf oöha (oder ooha) halt!
2. auch vor r > öö, z. B. höösn (mhd. Zurren) hören; öö3 (mhd. irre)
Öhr; röösn (mhd. riere) Röhre.
3. Verkürzt zu ö, z. B. gross (mhd. grä-zer) größer; grast (mhd.
gnbzest) größte; rösdn (mhd. rCvsten) rösten; so ne, solidst und säst schöner
und schönste;
vor r zu p (+3) in hg3st hörst (fragend: hasst? hörst du?, sonst: du
höösst).
Mhd. Ci.
§ 73. 1. Mhd. Ci > ou, z. B. auf (mhd. Cif ) auf; aus (mhd. Ciz) aus;
baue (mhd. gebür) Bauer; baua (mhd. biticen) bauen; brauy (mhd. brCichen)
brauchen; braut (mhd. brCit) Braut; daiinia (mhd. diimc) Daumen; daueii
(mhd. düren) dauern; gaul (mhd. gttl) Gaul; häuf in (mhd. hCtfe) Haufen
neben hiifdn (mhd. houfc) (s. § 83, 2b); graut (mhd. krüt) Kraut; lauen
(mlid. ICiren) lauern, daneben aber lauen = lauschen, die Ohren spitzen;
inanen (mhd. rniire) Mauer; maul (mhd. inCil) Maul; niaiit (mhd. wut) Maut:
blauden (mhd. pludern) plaudern; iansu (mhd. laschen) lauschen; sau (mhd.
sn) Sau; sanfm (mhd. süfen) saufen; sauf! (mhd. schCccf) Schaufel: srauiu
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
29
(mhd. schrübe) Schraube; sdauxe ra. (mhd. stücke f.) Pulswärmer; Sdaudn
(mhd. stüde) Staude; daum (mhd. tübe) Taube; draum (mhd. trübe) Traube;
draua (mhd. trüweri) trauen; dsau (mhd. xün) Zaun; dsausn (mhd. xüsen)
zausen.
2. Umgelautet ist mhd. ü in mdiere (mhd. mürbere) Maurer.
3. Verkürzt zu ä in d&ma neben dauma (s. unter 1) (mhd. düme)
Daumen; bpsdsdumen'igl ganz kleiner Junge (»Däumling«);
zu a in folget (mhd. vülkeit) Faulheit.
4. Nicht diphthongiert ist mhd. ü in dem Fremdwort nadüna (mhd.
natüre) Natur und dem spätmhd. üre : um Uhr.
Anm. Zeitbezeichnungen wie 3 Uhr, 11 Uhr lauten draaia, Ufa ; da
nun bei Zahlen in der Ma. niemals wie in anderen irgend ein Suffix
wie -i oder -e o. ä. angehängt wird, so ist das a bei diesen Zeitbezeich-
nungen kaum anders zu erklären denn als starke Schwächung des »Uhr«.
Umlaut von mhd. ü.
§ 74. Dieser lautet ui, z. B. b&ic Bäuche; fäist Fäuste; gäil Gäule;
häise Häuser; Mit Häute; läis Läuse; mäile Mäuler; mäis Mäuse; säi
Säue; Sluic Schläuche; Sdräis Sträuße; dräiwl (zu draum, mhd. trübe)
Träubchen, Traube; dsäi Zäune.
Mhd. iu.
Es ist hier (außer dem in § 74 behandelten Umlaut von mhd. ü)
sowohl das mhd. unumgelautete iu als auch das umgelautete ahd. iu zu¬
sammengenommen.
§ 75. 1. Mhd. iu > ui, z. B. builn (mhd. bi ule) Beule; buidl (mhd.
*
biutel) Beutel; bruidicüm (mhd. briutcgome) Bräutigam; duidn (mhd. diutcn)
deuten; die (mhd. iuch) euch; uie (mhd. iuiver) euer; ui ln (mhd. iule) Eule;
aide (mhd. iuter ) Euter; fäie (mhd. viur) Feuer; üjger&iS (mhd. (in-)ge-
riusche) Eingeweide; hdie (mhd. hiure) heuer; Miln (mhd. hiulen) heulen;
Mit (mhd. hiute) heute; gyuil (mhd. kniuwel) Knäuel; luiedn (mhd. linkten)
leuchten; luidn (mhd. lüden) läuten; näi (mhd. niun) neun; ruisn (mhd.
riusc) Reuse; säien (mhd. schiure) Scheuer; Snuidsn (mhd. sniuxen) schneu¬
zen; suifdsn (mhd. siufxen) seufzen; Sbruidsn (mhd. spriuxen) spreizen;
sdiiie (mhd. stiure) Steuer; ddie (mhd. tiure) teuer.
2. Gedehnt > äui (vor w), z. B. bluuia (mhd. bliuu-en) bläuen; bruuia
(mhd. briuwen) brauen; bruäis (mhd. briuwer) Brauer; khuuia (mhd. kiu-
wen) kauen; nüm (mhd. niuwe) neu.
Anm. 1. Mhd. iu ist verkürzt zu e in es let es läutet, z. B. in der
häufig als besonders charakteristisch für die Ma. angeführten Redensart:
dom dum leds droben (im) Dora läutet es; sonst aber gewöhnlich: es luit
\
es läutet; es högeluit es hat geläutet, neben dem starken gelldn geläutet.
Anm. 2. Mit dem Stande scheint auch das Wort untergegangen zu
sein, das noch vor einigen Jahrzehnten für solche Schuster gebräuchlich
war, die keine neuen Schuhe machen, sondern nur alte flicken durften:
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
30
Haas Batz.
\ % %
öldräis (mhd. altriu^e) ; nur noch sehr selten wird öldruis oder üldrdis
gesagt für: ungeschickter, ungeschlachter Mensch.
§ 76. Das mhd. -tu der Endung im Fern. Sing, und Neutr. Plur.
der Adjektiva ist durchgängig zu -a geworden.
3. Diphthonge.
Mhd. ie.
§77. 1. Mhd. ie > ii, z. B. biitj (mhd. biegen) biegen; briif (mhd.
trief) Brief; diip (mhd. diep) Dieb; diina (mhd. dienen) dienen; fiitce
(mhd. vieber) Fieber; giisn (mhd. gieren) gießen; griifm (mhd. griebe und
griefe) öriebe; griis (mhd. griez,) Gries; khii (mhd. Wen) Kien; liim (mhd.
lieben) lieben, dafür meist gpn häm gern haben; litt (mhd. lief) Lied;
miidn (mhd. mieten) mieten; niisn (mhd. niesen) niesen; griiy (mhd.
kriechen) kriechen; griiy (mhd. kriegen) kriegen, bekommen; griic (mhd.
kriec) Krieg; riiy (mhd. riechen) riechen; Siim (mhd. schieben) schieben:
Siisn (mhd. schienen) schießen; siidn (mhd. sieden) sieden; Siif (mhd. schief)
schief; $biigl (mhd. Spiegel) Spiegel; Sdiiy (mhd. stiege) Stiege; diif (mhd.
tief) tief; dsiigl (mhd. xiegel) Ziegel; dsiiy (mhd. xieche) Bettbezug und
mhd. ziehen ziehen;
auch vor r, z. B. bin (mhd. hier) Bier; hin (mhd. hier) hier; niisn
(mhd. niere) Niere; fiü (mhd. vier) vier, aber: fc sdseea 14; fcesdsi(c) 40;
a fcesdda ein Viertel; driiifcesdlaufijmpfa 3 / 4 5 Uhr.
2. Mhd. ie wird wie in der nhd. Schriftsprache zu iiii in lüüy
(mhd. liegen) lügen; bedrüüy (mhd. betriegen) betrügen.
3. Verkürzt > i, z. B. dinst (mhd. dienest) Dienst; dinsdox Dienstag,
aber: diinst, diint (mhd. dienest, dienet) dienst, dient; ficdn (mhd. richte)
Fichte; hifdn (mhd. hiefe) Hagebutte, Frucht der wilden Rose; lict (mhd.
lieht) Licht;
> e in eds, edset (mhd. iexe) jetzt;
> re vor r -f- Kons, in mcsrceds (mhd. nicrgen) nirgends; fccsdseea
14 usw. (s. oben unter 1).
Mhd. uo.
§ 78. 1. Mhd. no > uu, z. B. bluul (mhd. bluot ) Blut; brunde (mhd.
bruoder) Bruder; bun (mhd.W<o6e) Bube, Junge; bnuy (mhd .buoche) Buche;
fnus (mhd. fuoz,) Fuß; fluuy (mhd. rlnochcn) fluchen; guut (mhd. guot) gut;
gruus (mhd. gmoz,) Gruß; huut (mhd. huot) Hut; grwix (mhd. kruoc) Krug;
khuuy (mhd. kuoche) Kuchen; Inude (mhd. luoder) Luder; pfluux (mhd.
pfluvc) Pflug; mu (mhd. ruoive) Ruhe; runi(c) (mhd. ruoivic) ruhig; Sun
(mhd. schuoch) Schuh; suul (mhd. schnole) Schule; sduul (mhd. stnol) Stuhl;
suuy (mhd. suochen) suchen; wuut (mhd. wuot) Wut;
auch vor r, z. B. flum (mhd. rlnor) Flur; hum (mhd. huore) Hure;
snum (mhd. snuar) Schnur.
Anm. hendsi(r) (mhd. h an heb noch) Handschuh.
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
31
2. Verkürzt: a) > u, z. B. bluma (mhd. bluonie) Blume; bux (mhd.
buoch) Buch; fude (mhd. fuoter) Futter; genüz (mhd. genuoc) genug; grum
(mhd. gruobe) Grube; grumet (mhd. gruonmdt) Grummet; husdn (mhd.
buostefn)) Husten und husten; müde (mure) (mhd. muoter ) Mutter; rum
(mhd. ruobe) Rübe; Susde (mhd. schuoch - süt^re) Schuster; dux (mhd. tuoch)
Tuch, daneben aber auch duux\ dsu (mhd. zuö) zu; zu — lat. nimis ist
dse (mhd. xe);
b) > ä in dam (mhd. tuom) Dom; in der G-Ma. dum Dom.
§79. Mhd. tuon tun>ck/d; du, dust, dul (mhd. tuoti, iuost, tuot)
tue, tust, tut.
Mhd. üe.
§80. 1. Mhd. üe > üü, z. B. bliiüa (mhd. blüejeh) blühen; brüii
(mhd. briieje) Brühe; brüüdn (mhd. briieien) brüten; früii (mhd. vriieje)
9
früh; füüs (mhd. viie$e) Füße; gemüüs (mhd. gemüese) Gemüse; grüü (mhd.
grüene) grün; grüiisn (mhd. grüe$en) grüßen, aber verkürzt: griis göt Grüß
Gott!; hüiidn (mhd. hüetcn) hüten; müüt (mhd. müede) müde; Sdüül (mhd.
stiiele) Stühle; süüs (mhd. süe^e) süß: drüiip und drüii (mhd. trüebe) trübe;
u'iiüln (mhd. tvüeleri) wühlen; düügla Tüchlein;
auch vor r, z. B. fiiüsn (mhd. vücren) führen.
2. Verkürzt: a) >ü, z. B. blümla (mhd. blüemelin) Blümlein; büce
(mhd. büccher) Bücher; hü ne (mhd. hüener) Hühner; müsn (mhd. müez,en)
9 *
müssen; gemüst (mhd. gemüe$ei) gemußt; gebriit gebrütet; khüt gehütet;
9
geivüt gewütet; nücden (mhd. nüehter) nüchtern; Sbüln (mhd. spüelcn)
spülen; Sbüli(c) (mhd. spüelach) Spülwasser nach dem Spülen;
9
b) vor r > p (-f 3) in nijimbforte (mhd. Niierenberc ) Nürnberg.
Mhd. ei.
§81. 1. Mhd. ei>aa , z. B. baa (mhd. bein) Bein; baadsn (mhd.
beizen) beizen; braat (mhd. breit) breit; aane einer; dafildi(c) (mhd. ein-
veltec) einfältig; aandsbi (mhd. cinzel) einzeln; aandsifc) (mhd. einzec)
einzig; aay (mhd. eich) Eiche; aagl (mhd. eichel) Eichel; äaxhfydn (mhd.
eichorn) Eichhorn; aame (mhd. eimber) Eimer; faal (mhd. veile) feil; flaaS
(mhd. vleisch) Fleisch; gaafe (mhd. geifer) Geifer; gaas (mhd. gei$) Geiß;
gemda (mhd. gemeine) Gemeinde; gSmaas (mhd. gesmei^c) Geschmeiß; geldas
(mhd. geieise) Geleise; haat (mhd. beide) Heide; haaln (mhd. heilen) heilen;
haam (mhd. heim) heim; haamet (mhd. heimöt) Heimat; huas (mhd. hei%)
heiß; haase (mhd. heis, heiser) heiser; haasti (mhd. heilen) heißen; glaat
(mhd. kleit) Kleid; graas (mhd. krei$) Kreis; laap (mhd. leip) Laib; laama
(mhd. leime) Lehm; laana (mhd. leinen) lehnen (trans. und intrans.); laast
(mhd. leist) Leist; maana (mhd. meinen) meinen; maasl (mhd. meiz,el) Meißel;
maa Main; naa (mhd. nein) nein; raaf (mhd. reif) Reif(en); raas (mhd.
reise) Reise; saatj (mhd. seichen) seichen; saadn (mhd. seife) Saite; ffaadn
(mhd. scheide) Scheide; Saadl (mhd. scheitet) Scheitel; Slaafm (mhd. sleifen)
schleifen; Swaas (mhd. swei$) Schweiß; saal (mhd. seil) Seil; Sdraax (mhd.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
32
Haus Batz.
streich) Streich; sdraafm (rahd. streife ) Streifen; Sdraama (mhd. streime )
Striemen; sdaa (mhd. stein) Stein; daak und daax (mhd. teic) Teig; daal
(mhd. teil) Teil; ivaax (mhd. weich) weich; icwdas (mhd. ich weiz,) ich
weiß; dswaa (mhd. zwei) zwei, daneben auch dswee und dsivuu (mhd.
zwene und xivö), aber unterschiedslos bei allen Geschlechtern gebraucht.
2. Verkürzt > a, z. B. a (mhd. ein) ein als unbest Artikel; amöl
einmal; hadsn (mhd. heizen) heizen; kha (mhd. kein) kein, khane keiner;
niasde (mhd. meister) Meister; wast (mhd. weist) weißt; dswandsi(c) (mhd.
ziveinzec) zwanzig.
3. Auch mhd. ei aus -agi-, -egi- > aa , z. B. maat (mhd. meit) Magd;
maadla (mhd. meitlin) Mädchen (auch maala ); gedrdat (mhd. getregede,
getreide) Getreide.
4. Mhd. eij (eig) > dai, z. B. dai (mhd. ei(g)) Ei; daie (mhd. eiger)
Eier; mdai (mhd. meije) Mai; mdaia Maibaum.
5. Durch Übernahme aus der Schriftsprache oder Halbmundart ist
zu erklären das ai in aiy (mhd. eigen) eigen; aide (mhd. eiter) Eiter,
dafür gewöhnlich madteri »Materie«; beldiditj (mhd. beleidigen) belei¬
digen; haili{c) (mhd. heil ec) heilig; khaise (mhd. heiser) Kaiser; Sldait
(mhd. sleier) Schleier; Smaigln (mhd. smeicheln) schmeicheln; Sbaigl (mhd.
epcichel) Speichel; dsaiy (mhd. zeigen) zeigen, dafür fast immer waisn
(mhd. ivisen) weisen; dsaiy (mhd. Zeichen) Zeichen; dsaiya (mhd. xeiehenen)
zeichnen.
6. Mhd. ei > e in tdisn (mhd. egedehse) Eidechse; leden (mhd. leiter)
Leiter.
7. >e in glene , glenst kleiner, kleinst (Umlautbildung zu glaa klein);
ebenso
> e in brede, bredst breiter, breitest; bredn Breite durch Umlaut
von braat breit (daneben auch brande, braadst, braadn).
§ 82. In unbetonter Endsilbe > «, z. B. farwet (mhd. erebeit) Arbeit;
prwedn arbeiten; falget (mhd. rülkeit) Faulheit; grdyget (mhd. krankeif)
Krankheit; woosret (mhd. wärheit) Wahrheit
Mhd. ou.
§ 83. 1. Mhd. ou > aa , z. B. aa (mhd. ouch) auch; aax (mhd. ouge)
Auge; baam (mhd. boum) Baum; fraa (mhd. vrouive) Frau; glaam (mhd.
gelouben) glauben; genda (mhd. gcnouwe) genau; haadla (mhd. houbetlin)
Häuptlein Kraut; khaaf/n (mhd. koufcn) kaufen; laap (mhd. loup) Laub;
laaftn (mhd. loufen) laufen; raatn (mhd roum) Rahm; raafm (mhd. roufcn )
raufen; raax (mhd. rouch) Rauch: raay (mhd. ronchcn) rauchen; saam
(mhd. sourn) Saum, saatna säumen; sdaap (mhd. stoup) Staub, sdaawi
(mhd. stoubec) staubig; sdraa (mhd. strou) Streu, daneben aber auch
sdraiii (mhd. ströufue)), daap (mhd . Joup) taub, lahm; daaf (mhd. foufe)
Taufe; draatn (mhd. troum) Traum: draania träumen;
2) Verkürzt a) > er, z. B. glabst (mhd. geloubest) glaubst; fra pro-
klitisch vor Namen usw., z. B. fra böos Frau Base; fra stiin Frau Schümm;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
33
b) ä in hafdn (mhd. houfe) Haufe (s. § 73,1).
3) Mhd. ouw>an, z. B. hann (mhd. können) hauen; saua (mhd.
schoniven) schauen.
%
§ 84. Mhd. on in nebenbetonter Silbe > d, z. B. snldläx (mhd.
%
snit(e)louch) Schnittlauch: </goohlax (mhd. hnobelouch) Knoblauch.
Mhd. öu.
§ 85. 1. Verschiedentlich ist öu mit ou zusammengefallen, d. h. es
ist wohl in vielen Fällen mhd. überhaupt kein Umlaut anzunehmen,
daher aa, z. B. baame Bäume; saatna säumen; draama träumen.
2. Sonst > d/, z. B. baitj (mhd. bongen) beugen; frdit (mhd. vröude)
ß
Freude; häuvbiik (mhd. höuschrecke) Heuschrecke; hiiya (mhd. löugenen)
leugnen.
3. Verkürzt > ö in löfst, löft. läufst, läuft (neben lafst, laft, vgl.
§83, 2 a).
4. Mhd. ömce > Mi, z. B. frnäia (mhd. vröuwen) freuen; hääi (mhd.
höuwe) Heu; Sdräai (mhd. ströu(we)) Streu (vgl. § 83,1); Sdrauia (mhd.
slröuuen) streuen.
Anm. 1. frnilain (mhd. vröuicelfn) Fräulein ist, nach der Endung
zu schließen, aus dem Schriftdeutschen oder der Halbmundart einge-
drungen.
Anm. 2. gaai ist wohl sicher mhd. göuwe (zu gou), z. B. der Metzger
geht auf die gaai : er geht aufs Land Vieh einkaufen; auch: saina gaai
nöoxgde seine (eigenen) Geschäfte besorgen, seinem (eigenen) Vergnügen
uachgehen.
B. Die Konsonanten.
1. Die Halbvokale.
Mhd. j.
§ 86. Mhd. j im Anlaut >j, z. B. joo (mhd. ja) ja; ajoo (aus ei ja)
ja; joo3 (mhd. jär) Jahr; jaxt (mhd. jaget) Jagd; joorj (mhd. jagen) jagen;
jame (mhd. jämer) Jammer; (ds)juhüu (mhd. juch) juchhe; jubm (mhd.
juppe) Joppe; jngg (mhd. juchen) jucken; junt (mhd. jade) Jude; jmj
(mhd. junc) jung; jutnpfe (mhd. juncvrouwc) Jungfer, Jungfrau; jeses,
jöses Jesus! (Ausruf); johdni Johannistag.
Anm. Über eds, edsit (mhd. iexe) jetzt vgl. § 77, 3.
§ 87. Im Inlaut ist mhd. j
1. nach mhd. re und iie geschwunden, z. B. hlüiia (mlid. bläejen)
blühen; brüiia (mhd. brüejen) brühen; brüii (mhd. brüeje) Brühe; friin
(mhd. vrüeje) Frühe, früh; rneea (mhd. mojen) mähen; scea (mhd. scejen) säen;
2. nach mhd. ei > aa erhalten als /, z. B. maai (mhd. ineije) Mai
(s. § 81, 4); nach mhd. i zu c geworden in fuicala (mhd. rijelin)
Veilchen;
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
34
Hans Batz.
3. nach r schon mhd. zu y geworden, z. B. ludufiny (rahd. latuctje,
latwerge) Latwerge; ebenso nach /, z. B. lilitj (mhd. lilje, gilge) Lilie;
4. in Fremdwörtern zu i geworden, z. B. fämili (< lat. familia)
Familie; gaudi (< lat gaudium) Gaudium; relicioon Religion.
Anm. Französische Wörter mit -ill- spricht der Bamberger ohne
Mouillierung des -ll. z. B. fanfl (frz. vanille ) Vanille; mandiln (frz. man-
tille) Mantille; bilit (frz. billet) Billet; auch hudeln (frz. Imiteille ) Flasche;
hlliit (frz. billard) Billard.
Mhd. tf.
§ 88. Mhd. w im Anlaut > w, z. B. wos (mhd. waz) was; wase
(mhd. wa$$er) Wasser; woos (mhd. war ) Ware; ui nt (mhd. ui nt) Wind;
%
widmdd (mhd. witman) Witwer; widfraa (mhd. witvrouwe) Witwe; woosn
(mhd. wase) Wasen, Rasen.
Anm. 1. Mhd. wir ist betont miia, unbetont me.
Anm. 2. Mhd. waten wird ersetzt durch boodn (mhd. baden) baden,
waten; mhd. wirbel Kopfwirbel > gcnrwl; Wirsing lautet mtiasliy.
§ 89. Im Inlaut ist mhd. iv
1. nach Vokal oder Diphthong geschwunden, z. B. Ixma (mhd. büwen )
bauen; bruuia (mhd. briuuen) brauen, Irääie (mhd. briuweere) Brauer;
die (mhd. iuwer) euer; frädia (mhd. vröuwen) freuen; fraa (mhd. vrouwe )
Frau; kann (mhd. houwen) hauen; gyiia (mhd. kniewen) knien; np (mhd.
hewchre, niweere) nur; ruu (mhd. ruowe) Ruhe; rnni(c) (mhd. ruowic)
ruhig; Sdrädi (mhd. ströuwe ) Streu; waaie (mhd. ui wer) Weiher; vgl.
§ 65, 3; 83, 3; 85, 4;
2. nach Konsonanten vor Vokal > w
a) nach g, s (S), s, d (t), z. B.: gu'ätiden (mhd. quader) Quader;
gwegg (mhd. quccke) Quecke (agropyrum Gaertn.); Swdm (mhd. swamp)
Schwamm; swooxe (mhd. swäger) Schwager; dswpnc (mhd. twrrc) Zwerg;
dswigtj (mhd. zwicken) zwicken; dsiviisl (mhd. zwisel) Zwiesel;
b) nach r und l (außer den unter 3. genannten Fällen), z. B. olwe
(mhd. alweere) albern; fprwesn (mhd. enceiz,) Erbse; gprwe (mhd. gerwer)
Gerber; gelwe (mhd. gi'lwcr) gelber;
c) in Zusammensetzungen, z. B. htindwhrik (mhd. hnntwerc ) Hand¬
werk; lädwfrriy Latwerge.
Anm. 1. Mhd. ingcwir Ingwer > ime.
3. nach r und l bei Synkope oder Apokope eines mhd. folgenden v
a) im Auslaut > p, z. B. fanp (mhd. varwe ) Farbe; geig (mhd.
'/> ’ «>>•) ) gelb; ic gcsrp ich gerbe, dagegen gnrwi gerbe ich; niüsrg (mhd.
’uirw) mlirb; lööp (mhd. lewe) Löwe;
b» vor folgendem s und t > Ij, z. B.: gesrbsf, geerbt, gegerbt gerbst,
'• • r : : ■. cecerbt:
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
35
c) mit folgendem -n (rnlid. -en) zu in verschmolzen, z. B. ggsrm
(mhd. gerweri) gerben; in Um (mhd. milwe) Milbe; nanu (mhd. native)
Narbe; sivalm (mhd. swalwe) Schwalbe.
2. Die Liquidae.
Mhd. 1.
§ 90. 1. Mhd. / ist in allen Stellungen als / erhalten, z. B. laap
(mhd. leip) Laib; laama (mhd. leime) Lehm; glaam (mhd. gelou/ten) glauben;
/.halt (mhd. kalt) kalt; fäl (mhd. val) Fall; foogl (mhd. rogel) Vogel.
2. II > l, z. B. faln (mhd. vollen) fallen; gal (mhd. galle) Galle; hol
(mhd. helle) Hölle; Köln (mhd. wellen) wollen; woln (mhd. ivollc) Wolle.
Anm. Ein I ist eingeschoben in miissliy Wirsing; balwes (mhd.
hiruoz) Beifuß und in den Fremdwörtern dabledslien tapezieren; Sdrähle-
fls/im strapazieren.
Mhd. r.
§ 91. 1. Mhd. /• ist im Anlaut, zwischen Vokalen und vor Kon¬
sonanten (außer n, d (t), l, s ß)) als r erhalten, z. B. roosn (mhd. rose)
Rose; müiere (mhd. mH rer re) Maurer; foosri fahre ich; form (mhd. arm)
arm; brega (mhd. breiigen, bringen) bringen; groos (mhd . gröz,) groß; farji
(mhd. varive) Farbe; harfm (mhd. harfe) Harfe, khgsrsp (mhd. korp) Korb;
lesrty (mhd. IPrche) Lerche; wusrm (mhd. wurm) Wurm.
2. rr > r, z. B. nar (mhd. narre) Narr; pfart (mhd. pfarrer) Pfarrer;
dies r < rr wird vor n usw. genau so behandelt wie r < r.
3. Vor n, d (t), l, s (S) ist mhd. r
a) nach a ganz geschwunden, z. B. gadn (mhd. garte) Garten; hat
(mhd. heile, harte) hart; khan (mhd. karre) Karre; khaal Karl; nan (mhd.
nairen) Narren; mas Marsch; San (mhd. scharren) scharren; Sadn (mhd.
scharte) Scharte;
b) nach e, i, oo, öö (g, (i), n zu ? geworden, z. B. oosS (mhd. ars)
Arsch; 003 t (mhd. art) Art; bgss (mhd. bursc) Bursche; dgsn (mhd. dorn)
Dorn; dgst (mhd. dort) dort; foo3n (mhd. vorn) fahren; hosn (mhd. horn)
Horn; hööan (mhd. huren) hören; heest (mhd. heil) Herd; hisn (mhd. hirn)
Hirn; khgdl Karl (neben khaal s. unter a); khnl (mhd. keil) Kerl; lerna
(mhd. lernen) lernen; wmst (mhd. warst) Wurst.
4. Ebenso wird r im Auslaut zu s, z. B. bcc3 (mhd. brr) Bar; re?
(mhd. er) er (betont); hih (mhd. hier) hier; niiis, dih (mhd. mir, dir) mir,
dir (betont); nes nur; snuto (mhd. s/ttior) Schnur; fih (mhd. vier) 4;
woo3 (mhd. war) wahr; rr > r ?, z. B. rem (mhd. irre) irre; gsren?
(mhd. geschirre) Geschirr; düö? (mhd. dürre) dürr.
5. Die Endung -er > e, z. B. fadt (mhd. rater) Vater; s'nsde Schuster;
snaide Schneider.
Anm. Mhd. er eher > ce3ra oder res re.
3*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
36
Hans Batz.
6. Auch die Vorsilben er-, ier-, vor- > de-, fe-, z. B. deSlooy er¬
schlagen; deSiisn erschießen; fegisn vergessen; fegdya vergangen; febäai
vorbei; vor Vokal dagegen ist das r erhalten, z. B. fer&nden verändern.
§ 92. Verschwunden ist das r der Vorsilben dar- und her- in dina
(mhd. drin) drin(nen) (neben drin ); daun (neben drausn) (mhd. dar ü$en)
draußen; dom (mhd. dar oben) droben: hom heroben; hü Um (heem) her¬
üben; hin hier innen; haus hier außen; dagegen nicht geschwunden ist
es in roo herab; rauf herauf; rüüioe herüber; runde herunter; rai herein;
drundn drunten; drüüm drüben.
Wie in der Schriftsprache ist r geschwunden in weit (mhd. werelt) Welt
Anm. Das n in hddishek (mhd. höuschr'ccke) beruht nicht auf einer
lautlichen Veränderung, sondern, wie leicht ersichtlich, auf der Ver¬
wechslung von mhd. schrecke mit dem viel häufigeren snecke.
3. Nasale.
Mhd. vi.
§ 93. 1. Mhd. m ist im An- und Inlaut stets erhalten; z. B. marik
(mhd. marke, tnarc) Mark; maSn (mhd. masche) Masche; mgsriy (mhd.
morgen) morgen; bluma (mhd. bluome) Blume; laCima (mhd. leime) Lehm;
neema (mhd. nemen) nehmen, auch vor Alveolaren, z. B. khumst, khumt
kommst, kommt
2. mm > m, z. B. bruma (mhd. brummen) brummen; htebhm (mhd.
hereamme, hebamme) Hebamme; Xivima (mhd. swimmen) schwimmen;
.si 'Um (mhd. stimme) Stimme.
§ 94. Im Auslaut ist mhd. m
1. erhalten in betonter Silbe, z. B. nsrm (mhd. arm) arm, Arm;
baam (mhd. boum) Baum; haam (mhd. heim) heim; khihn (mhd. kam(p))
Kamm; khum komm;
Anm. 1. Ausgefallen ist m in der Zusammensetzung arfl Armvoll
(mhd. armvol).
2. zu n geworden in unbetonter Silbe, z. B. dddn (mhd. (item, dten)
Atem; beesn (mhd. bcsem(e)) Besen; boodu (mhd. lodern) Boden: broosn
(mhd. bros(e)m(e)) Brosame (das Weiche im Innern des Brotes im Gegen¬
satz zur Brotrinde).
Anm. 2. Adam lautet uädl.
Anm. 3. In der unbetonten Endung in der Deklination ist m zu
n geworden, d. h. die Dativformen sind mit dem Akkusativ zusammen¬
gefallen.
Mhd. n.
§ 95. Im Anlaut ist mhd. // stets erhalten, z. B. noo.r (mhd. ndih)
nach; mixt (mhd. naht) Nacht; nana (mhd. nunnc) Nonne.
Anm. 1. Angewachsen ist n aus dem unbestimmten Artikel in
'iiiist Ast; nesdla Ästchen; daneben aber häufiger ast , esd/a.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
37
§ 96. Im Inlaut ist mhd. n
1. in betonter Silbe
a) erhalten vor wie nach betontem Vokal (außer den in c, d und e
genannten Fällen), z. B. graina (mhd. grincn) weinen; khint (mhd. leint)
Kind; glaane (mhd. kleiner) kleiner; maine meiner; maandst meinst;
b) nn > n, z. B. brttna (mhd. brunne ) Brunnen; rena (mhd. rennen)
rennen; Sbina (mhd. spinnen) spinnen;
c) zu m geworden, ohne oder mit d vor Labial, z. B. fümpf (mhd.
vünf) 5; hampfl (mhd. hantvol) Handvoll; hempfala kleine Handvoll;
härnpft (mhd. hanef) Hanf; khimbU Kindbett; rimpflatä Rindfleisch;
sempft (mhd. siinef) Senf;
d) zu y geworden
a) nach g (mhd. ge- und k), z. B. gyagy -(mhd. knacken) knacken;
gyaät (mhd. genäde) Gnade; gyect (mhd. kneht) Knecht; gyii (mhd. knie)
Knie; gyoiry (mhd. knocke) Knochen;
%
ß) vor g und k, z. B. dslygrüügla Zinnkrüglein; mäiygröosmbriiude
meinen großen Bruder; äykhüsdsnfüus einen kurzen Fuß;
e) geschwunden
a) vor abgefallenem e, z. B. griiü (mhd. grücne) grün; glaa (mhd.
kleine) klein; M (mhd. schone) schon; Söö (mhd. schäme) schön; dsee
(mhd. xene) Zähne;
Anm. 1. Vor Vokalen in flektierten Formen lautet es: griiü nt,
#
söö ne, glaane, nicht aber vor Vokalen im Satzsandhi: grüii ägsdney grün
angestrichen.
Anm. 2. In gemdin (mhd. gemeine) gemein ist Diphthong und n
erhalten; hündsgemdin hundsgemein.
Anm. 3. Mhd. reine kommt in der Bedeutung des lat. purus in
der Ma. nicht vor, sondern dafür stets saune sauber: es kommt nur als
Proklitikon zur Verstärkung eines Begriffes vor, z. B. räiygöosnegs rein
gar nichts; rdimfsrügf rein verrückt.
ß) vor Reibelauten in füfdseea 15; füfdsi(c) 50; lehnst kannst, sonst
erhalten, z. B. gands Gans; hands Hans;
Anm. 4. Die G-Ma. hat gdä n s Gans; haa n ds Hans, swaa n ds Schwanz.
Anm. 5. sode (söde) solcher ist mhd. *sötner < sutdner.
2. in unbetonter Silbe vor Konsonant geschwunden, z. B. wedreeds
(mhd. niergen) nirgends; besonders auch im Part. Präs., z. B. brenet (mhd.
brinnende, brennende) brennefld; dagegen ist es (unter dem Einfluß des
Tones) nicht geschwunden in den vom Part. Präs, abgeleiteten Adj. auf
-endic, z. B. leitendi(c) lebendig.
Anm. 6. Eingeschoben ist n teilweise in Fremdwörtern, z. B.
f'isndlisn visitieren; bresndent Präsident, während es in anderen wegfällt,
z. B. lümedimi lamentieren.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
38
Hans Hatz.
§ 97. Im Auslaut ist n
1. in betonter Silbe geschwunden, wobei kurzer Vokal gedehnt
wurde, z. B. baa (mhd. beiri) Bein; gee (nihd. gen) gehen; lüa (mhd. Ion)
Lohu; mai, dai, sai mein, dein, sein (mhd. min, din, sin); man (mhd.
man) Mann: naa (mhd. nein) nein; nai hinein; näi (mhd. niuti) neun:
rat herein; raa (mhd. rein) Rain; Sdee (mhd. sten) stehen; sau (mhd. sttn)
Sohn; übaä (mhd. span) Span; duä (mhd. tuon) tun;
nicht gedehnt ist khä (mhd. kan) kann;
Anm. 1. In den flektierten Formen von mai, dai, sai lautet das
n vor Vokalen: rnaine, daine, sai ne ; sonst nicht.
Ebenso ist n geschwunden in der Vorsilbe mm-, z. B. üureect unrecht.
Anm. 2. ln mhd. Iran Thron bleibt das n: drdän.
Anm. 3. Die 1. Sing, ie du, ic gee, ic Sdee sind wohl nicht nach
den mhd. Formen ich tuon, ich gen, ich sten gebildet, sondern analog
der nhd. Konjugation; ebenso ic hop (mhd. ich hdn) ich habe.
2. in unbetonter Silbe
a) erhalten
a) in der Endung -en nach Alveolaren (außer n), z. B. beedn (mhd.
beten) beten; tsn (mhd. eigen) essen; höösn (mhd. hären) hören; laidn
(mhd. tiden) leiden; laidn (mhd. Unten) läuten; raidn (mhd. riten) reiten:
sbiln (mhd. spiln) spielen; Sdeln (mhd. stilln) stehlen; sdüdsn (mhd. stützt)
Stütze; woosn (mhd. ivasc) Wasen, Rasen; warn (mhd. waschen) waschen:
fl) in ic bin (mhd. ich bin) ich bin und der Präpos. in; vgl. dazu
Gebhardt, Grammatik der Nürnberger Mundart, § 95, 2 ,i;
b) zu tu
a) assimiliert nach b (c mhd. p) und f\ z. B. laafm (mhd. laufen)
laufen; saufm (mhd. sufen) saufen; ribm (mhd. rippe) Rippe;
fl) verschmolzen mit b (< mhd. b) und w, z. ß. hum Buben; gram
(mhd. gruobe) Grube; ram (mhd. ruobe ) Rübe; sdum (mhd. stubc) Stube;
sdesnn (mhd .sterben) sterben; siint (mhd. sibea) 7; siimt siebente; gesrnt
(mhd. genven) gerben: swalm (mhd. swalwe) Schwalbe;
Anm. 4. Mhd. neben neben : • neene, wie wenn - „neber“; aber
%
neemdrun nebendran.
c) zu y
a) assimiliert nach g (< mhd. /., ck), e und j , z. B. blcgy (mhd.
blecken) blecken; gyoxy (mhd. knoc/a) Knochen: khücy (mhd. kikhen)
Küche; maxy (mhd. machen) machen; sdegy (mhd. stecke) Stecken;
ß) verschmolzen mit// (< mhd. g), h. eh (<. germ /.) nach langem
Vokal, Diphthong, / und r, z. B. behiidiy (mhd. beleidigen) beleidigen;
lapriy (mhd. horchen) horchen; khntny (mhd. kirche) Kirche; lüüy (mhd.
liegen) lügen: nmriy (mhd. morgen) morgen; sluoy (mhd. sinken) schlagen;
seey (mhd. sehen) sehen: snny (mhd snochen) suchen: sdraay (zu mhd.
s!reichen) stehlen, jedoch mehr euphemistisch im leichten oder scherz-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
I^autlehre der ßamberger Mundart.
haften Sinn; dsaiy (mhd. zeigen) zeigen; dsiiy (mhd. ziehen ) ziehen; dus-
wäiy (mhd. (ü^-) wichen) ausweichen; an windsiy einen winzigen.
Anm. 5. Dieselbe Verschmelzung findet auch statt in juuyt (mhd.
jugent) Jugend und duuyt (mhd. tugent) Tugend.
Anm. 6. Neben beldidiy, an u-lndsiy kommen auch Formen mit
potenzierter Endung vor: beldidiya, an windsiya.
Anm. 7. In recya (mhd. reehenen) rechnen; dsaiya (mhd. zeichenen )
zeichnen; fdäiya (mhd. verlougenen) verleugnen erscheint das erste -en-
als y, das zweite -en als a (vgl. unten dy).
d) geschwunden in
a) der Endung mhd. -in, -inne > a, z. B. bdiera (mhd. gebiurinne)
Bäuerin: bega Bäckerin; masdera (mhd. meisterinne) Meisterin; needera
(mhd. nceterin) Näherin; di suma die Frau Schumm(in); di bpdslda die
Frau Porzelt(in).
Anm. 8. khöünica ist Eigenname: Frau König; der Gattungsname
dagegen lautet: khöönictn Königin.
Anm. 9. Verschwunden ist n auch in aani (mhd. anhin) fort, weg;
fipri (mhd. vür hin) voran, vorwärts.
ß) dem Deminutivsuffix mhd. -lin > la, z. B. baamla (mhd. boa-
mcltn) Bäumlein; hanla Hänschen; hainela Heinerchen: mendla (mhd.
mennelin) Männlein; rnaadla (mhd. meitlin) Mädchen; röösla Röslein;
y) in der Endung -en (auch iu der aus mhd. -ent entstandenen nhd.
Endung der 3. Flur. Ind. Präs.) nach Vokalen sowie n, m, y > a, z. B.
bnuiia (mhd. hriuwen) brauen: breya (mhd. beengen) bringen; graina
(mhd. grinen) weinen; Ichnma (mhd kumen) kommen; Sbaaia (mhd. spiwen)
speien; sbina (mhd. spinnen) spinnen: sbriya (mhd. springen) springen;
auch dort, wo bei schw. Subst. das n der obl. Kas. in den Nom.
eingedrungen ist, z. B. snuma (mhd. sdme-n) Same; snna (mhd. sunne-n)
Sonne (vgl. § 98, 2 letzter Absatz);
Anm. 10. Bezüglich an (mhd. einen) einen; khan (mhd. keinen)
keinen; main (mhd. in inen) meinen; glan (mhd. kleinen) kleinen; sün
(mhd. schienen) schönen, vgl. für die Bamberger Ma., mit Ausnahme der
Nasalierungsverhältnisse, was Gebhardt a. a. 0. § 95 Anm. 10 für die
Nürnberger auseinandergesetzt hat.
ö) enklitischen und proklitiseben Wörtern wie fa (mhd. von) von;
su (mhd schone) schon; me (mhd. man) man.
Anm. 11. Vor Vokal tritt das -n von ron wieder ein, z. B. fantra
von ihr.
Anm. 12. Wenn -nn- durch Apokope von -e in den Auslaut tritt,
ist es als n erhalten, z. B. dun (mhd. danne) dann; dien (nur hier aller¬
dings gelegentlich auch düü) (mhd. dünne) dünn; khin (mhd. kinne) Kinn:
ic ren (mhd. ich renne) ich renne; wen (mhd. wanne, wenne) wann, wenn
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
40
Hans Batz.
(Fragepart und Konj. der Zeit); den (mild, denne) denn; dies wird zu n
geschwächt im Satz, z. B. wöshösdn? was hast du denn? wösmegsdnY
was machst du denn? wusisnlöos? was ist denn los?
§ 98. 1. Eingeschoben ist n
a) als hiatustilgender Konsonant, z. B. in dnni tue ich (vgl. § 97
Anm. 3);
b) in brauna (mhd. brä(we)) Braue; duybräuna Augenbraue;
c) nach Konjunktionen wie d&s (des) daß, wal (wel) weil vor si
0
sie (Plur.), z. B. däsns) daß sie (Plur.); nach op ob wird dies n zu m:
öbmst ob sie.
2. Angewachsen ist n in gesden (mhd. ye&ter) gestern (wie in der
Schriftsprache), sowie in verschiedenen schw. Fern, auf -er(e) im Nom.
Sing, aus den obl. Kas., z. B. äadtn (mhd. oder) Ader; budm (mhd. buter)
Butter; feeden (mhd. reder(e) ) Feder; glamen (mhd. klamerfe)) Klammer;
glaben (mhd. klappere ) Klapper, Art hölzerner Schelle, womit an den
drei letzten Tagen der Karwoche statt mit Metallglocken zum Gebet und
in der Kirche geläutet wird; leeiven (mhd. leber(e)) Leber; leden (mhd.
leiter(e)) Leiter.
Außerdem ist das -n in den Nom. gedrungen in einer großen An¬
zahl schw. Subst teils wie in der nhd. Schriftsprache (vgl. Paul, Mhd.
Gr. 5 § 13U Anm. 2), z B. balgy (mhd. ba/kc) Balken; gndn (mhd. garte)
Garten; hopfin (mhd. hopfe) Hopfen; teils aber auch in solchen, wo dies
in der Schriftsprache nicht geschieht, z. B. saidn (mhd. sitc) Seite; sdandn
(mhd. stüde) Staude. In beiden Fällen geht dies -u mit vorangehendem
Konsonanten die in § 97 dargestellten Veränderungen ein.
y iu mhd. ng, nk.
§ 99. Dies ist in allen Stellungen erhalten, z. B. daygy (mhd.
danken) danken; gäy (mhd. gatte) Gang; pfeniy (mhd. pfennitic) Pfennig
(neben pfctiifc) aus mhd. pfennie); siya (mhd. singen) singen; Stcaygy
(mhd. suanken) spülen durch Schwenken im Wasser; driygy (mhd. trinken)
trinken.
Anm. 1. Über y <. -en nach Velar usw. vgl. §ij 96, ld u. 97, 2c.
Anm. 2. Mhd. ingewrr > inte Ingwer ($ 89 Anm. 1); mhd. enger-
linc > emeliy Engerling; mhd . jnmcrouice > jtnnpfe Jungfrau; jümpftla
Jiingferlein.
4. Reibelaute.
Mhd. f (t).
§ 100. 1. Mhd. /' (t) ist in alleh Stellungen als f erhalten, z. B.
faya (mhd. rangen) fangen; fensde (mild, renster) Fenster; hoof (mhd. huf)
Hof; huofm (mhd. hären) Hafen. Topf; kharpftn (mhd. kttrpfc) Karpfen;
pfnnt (mhd. pfnnt; Pfund; oft (mhd. ofte) oft; sloofnt (mhd. sfdfen)
schlafen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehro der Batnberger Mundart.
41
Anm. 1. Nur in 15 und 50 hört man häufig füxdseea und fuxdsi(c)
für füfdscea, fufdsi(c) (§ 96 e ß).
Anm. 2. Mhd. vl im Anlaut wird gern zu pfl , z. B. pflecdn (mhd.
richten) flechten; gepflöxdn geflochten; drtsepfldegl (zu mhd. vlegel ) Dresch¬
flegel; pflöödtn (mhd. r letschen) weinen; pflogy (mhd. vlocke) Flocke; wie
die Ma. für die Verbindung pfl überhaupt eine Vorliebe zeigt, vgl. z. B.
pfiedsen plätschern; pflandsn plantschen; pfliimpfm plumpsen, fallen.
Anm. 3. Grammatischer Wechsel ist ausgeglichen zugunsten von
w in haaiven Hafer, von / in htfdn Hefe; sweefl Schwefel; dswiifl Zwiebel;
griifm Griebe; beide Formen, mit f und iv, kommen vor von hoowl und
hööfl Hobel.
In Fremdwörtern wird jedes v als f gesprochen, z. B. fila Villa;
laföo3 (zu frz. laroir) Waschbecken (gewöhnlich tudslaföos ); adfent Advent;
fnnfl Vanille; faride Varietö.
2. ff > f z - D- hofin (mhd. hoffen) hoffen; ofm (mhd. offen) offen.
Mhd. 5 .
§ 101. 1. > s, z. B. aus (mhd. ü;) aus; müsn (mhd. miicr.en)
müssen; snwisn (mhd. smi~en) schmeißen; sdras (mhd. stra;e) Straße;
> ds in temedsn (mhd. dmei;e) Ameise;
2. s, z. B. esn (mhd. e;;en) essen; mese (mhd. mezza)
Messer; nis (mhd. niz, nizze) Nisse, Lauseier; nass (mhd. warmer)
Wasser.
0
Anm. 1. Mhd. ~;e; -s, z. B. a groos haus ein großes Haus; daß
dieses „ groos u nicht etwa die unflektierte Form des Adj. ist, ist zu ent¬
nehmen aus Formen wie a glaas haus ein kleines Haus, wo also auch
-e; beim Adj. steht; ebenso ; -sch > .v, sehe; > s, z. B. a hiibs hais/a
ein hübsches Häuschen.
Anm. 2. Mhd. gesc'zzen > gsedsn gesessen, das sicherlich von sidsn
gebildet ist.
3. rz > rs > rs in heess (mhd. hirz) Hirsch.
Anm. 3. Im Satzsaudhi und im Nom. Akk. Xeutr. Sing, bleibt .v
*
in rs < mhd. re;, z. B. db ha nies da haben wir es; a icooss glüh ein
wahres Glück, aber sduesgrdut (saures Kraut) Sauerkraut.
Mhd. s.
§ 102. 1. Meist (vgl. § 103) ist es in allen Stellungen als .s- er¬
halten; z B. siltve (mhd. silher) Silber; surne (mhd. sumer) Sommer; suna
(mhd. saune) Sonne; hloosn (mhd. hldsni) blasen; hist bist; suesde (mhd.
sirestcr) Schwester; Iahst hörst; maus (mhd. was) Maus.
Anm. 1.
dselnot Salat:
dsfhri Sellerie
sind Fremdwörter.
z. B. Ich äs (mhd. küsse) Kissen; aus (mhd. messe)
Messe.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
42
Haus Batz.
Anm. 2. -scs, -sei, -Z e ~ » -~ es > s, z. B. du Hist (mhd. du lisest)
du liest; ic waas (mhd. ich weil n) ich weiß es; a ivais koos ein weißes
Haar.
Anm. 3. Eingeschoben wie in der nhd. Schriftsprache ist s in die
2. Sing, von du wildst (mhd. du will) du willst.
Anm. 4. Über Sebs schief vgl. Gebhardt a. a. 0. § 100 Anm. 3;
über uns unser vgl. Heilig, Ostfr. Gramm, der Ma. des Taubergrundes
§ 124 Anm. 3.
Anm. 5. Vor s wird nach l und n ein ganz leicht hörbares d
eingeschoben, z. B. gdnds Gans: htilds Hals; hands Hans; sendsn (mhd.
segense) Sense (vgl. § 119, 3).
§103. Mhd. s > s:
1. im Anlaut vor Konsonanten, z. B. slaisn (mhd. sli$eu) schleißen;
slaim (mhd. slim) Schleim; smaisn (mhd. smi$en) schmeißen; .<• mfsds (mhd.
smirxe) Schmerz; snel (mhd. snel) schnell; snäidsn (mhd. sniuxen) schneu¬
zen; ,i \beet (mhd. spute) spät; sbaaia (mhd. spiwen) speien; sdauxe (mhd.
st liehe) Pulswärmer; sdut (mhd. stnt) Stadt; swooxe (mhd. swdger) Schwager;
Swux (mhd. swach) schwach; sivesde (mhd. swester) Schwester;
2) im Inlaut
* \
a) vor b und t, z. B Lhasbe Kaspar; esbm (mhd. aspe) Espe; ansbax
Ansbach; dusst (mhd. durst) Durst; wuist (mhd. wurst) Wurst; fijsst
(mhd. rürste) Fürst; jedoch nicht in Zusammensetzungen wie z. B söön-
liiinsbluds Schönleinsplatz; sdtfesbhric Stefansberg;
Anm. 1. Angetreten ist .<• in sbräislbees Preißelbeere(n); swelle und
s.welgy welk und welken.
Anm. 2. s > 8 in haubdsmöo?ud11 Hauptsmoorwald.
Anm. 3. Das s in amsl (mhd. amsei) Amsel geht wohl auf Formen
mit silbenanlautendera sl zurück wie Dat. Plur. au/slen.
b) nach r, z. B. feessdn (mhd. versen) Ferse; khuisn (mhd. lirse)
Kirsche; (Hst (mhd. erste) erste; o3sl Ursula; bgss (mhd. burse) Bursch;
aber nicht das Flexions-s des Gcnitivs in Zusammensetzungen wie
siisdesbüu Schustersbub; gfidmsdöxde Gärtnerstochter; jedoch immer
tluneSdiix Donnerstag;
ebenso nicht in der 2. Sing., z. B. fresst (mhd. irrst) fährst; Ilässt
(jedoch gelegentlich auch liipst) hörst, und nicht im Satzsandhi.
§ 104. 1. s verschmilzt vor * (auch im Satzsandhi) mit demselben,
%
z. B. es Isudöo er ist schon da; ic wuasa ich weiß es schon; nach s nur
in Flexionsendungen, z. B. du wüst du wischest; a hübs huisla ein
hübsches Häuschen; aber hübs siya hübsch singen.
2. Eingeschoben wird ein s nach Konjunktionen wie wen, wal ( wef ),
hffius und Fragewörtern wie op, irres. ui, wo, inisniiu (wenn, weil,
bevor, ob, wer. wie, wo, warum) vor der 2. Sing., z. B. uiusdiiuji/st wenn
»lu magst; obsdeswdst ob du es weißt: insdutduust wie du meinst.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
43
3. Eingeschoben ist s ferner in dugsn (mhd. tuckcn, tücken) ducken
(trans), sowie in satnst (mhd. samt) samt, gewöhnlich m'idsämst mitsamt.
Anm. 1. tcöbs Wespe geht auf die echt oberd. und mhd. Form
wcfsc zurück.
Anm. 2. Angetreten ist in Sdads (mhd. stat) statt (wohl aus „statt
des —“ (s. 0. Philipp, Die Zwickauer Mundart, $ 73b).
Mhd. x (/:).
§ 105. Mhd. (/-;) ist stets ds, z. B. bluds (mhd. platx) Platz; dandsn
(mhd. tanzen) tanzen; dsaa (mhd. zun) Zahn; dsivigy (mhd. zwicken)
zwicken.
Anm. 1. x verschmilzt mit .v in dsam (mhd. xesamene) zusammen.
Anm. 2. ds ist cingefiigt in sneldsn (mhd. snellcn) schnellen (viel¬
leicht nach snaldsn schnalzen).
Mhd. sch.
§ 106. Mhd. sch ist in allen Stellungen als .v erhalten, z. B. sendn
(mhd. sehenden) schimpfen, zanken; Sigln (mhd. schilhcn) schielen; tvasn
(mhd. waschen) waschen; wäSn (mhd. wüschen) wischen; bus (mhd. bitsch)
Busch; fros (mhd. vrosch) Frosch.
Mhd. ch (A).
§ 107. Mhd. ch — vor Konsonanten meist h geschrieben —
1. >x (acA-Laut) nach a und velaren Vokalen, z. B. baux (mhd. buch)
\
Bauch; dax (mhd. dach) Dach; hoox (mhd. hoch) hoch; gyöobtdx (mhd.
knol/cloaeh) Knoblauch; lox (mhd. loch) Loch; maxy (mhd. machen) machen;
nnxt (mhd. naht) Nacht; nux (mhd. noch) noch; raus (mhd. rauch) Rauch:
saxdf (mhd. schahtel) Schachtel;
ebenso x (öeh - Laut) nach ö, z. B. hüöxe höher; khöxa Köchin; gyöxla
Knöchlein; laxe Locher;
2. > c (/cA-Laut) nach palatalen Vokalen, l und /• (meist mit Ein¬
schaltung eines Svarabhaktivokals), z. B. decla Dächlein; aic (mhd. iuch)
auch; fäict (mhd. riuhte) feucht; fionct (mhd. vorhte) Furcht; lchiicy (mhd.
küchen) Küche; lict (mhd. lieht) Licht; miic, mir. mich; mihe (mhd. milch)
Milch; raic (mhd. riche) reich; riedn (mhd. rihten) richten; sehe (mhd.
schelch) Kahn; sdecy (mhd. stechen) stechen; sdgiric (mhd. storch) Storch;
Jiic (mhd. rieh, vihe) Vieh;
3. >y vor s und /, z. B. agsn (mhd. ahsc) Achse; agsl (mhd.aA.se/)
Achsel; daigsl (mhd. dihsel) Deichsel; aagl (mhd. eichel) Eichel; ogs (mhd.
ohse) Ochse; sbaigl (mhd. speichet) Speichel: düiigla Tüchlein; wagsn (mhd.
wahsen) wachsen; waiysl (mhd. wihscl) Weichsel, Sauerkirsche.
Anm. 1. Nach mhd kurzem Vokal bleibt jedoch vor / das x (c),
z. B. khaxl (mhd. kachel) Kachel: sdaxt (mhd. stächet) Stachel; miel Michel.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
14
Hans Bau.
Anm. 2. Hierher gehört auch sigln (mhd. schilhen) schielen.
Anm. 3. Dazwischenstehendes t ist ausgefallen in nigs (negs) (mhd.
uihtcs ) nichts.
4. Mit folgendem -en ist eh a) nach langem Vokal und Diphthong
zu y verschmolzen, z. B. raay (mhd. rouchen) rauchen; suiiy (mhd.
sitochen) suchen; siiyädrds Siechenstraße;
ebenso nach / und r mit Svarabhaktivokal, z. B. hgsrty (mhd. horchen )
horchen; khtnrty (mhd. Kirche) Kirche:
Anm. 4. Dazwischenstehendes / ist ausgefallen in fäariy (nihd.
vürhten) fürchten.
b) nach kurzem Vokal zu x(c) geworden (ohne Verschmelzung!), z. B.
laxy (mhd. lachen) lachen; sdecy (mhd. stechen) stechen.
Anm. 5. Über die Entstehung der Verschmelzung vgl. die Erklä¬
rung Gebhardts a. a. 0. § 103,5 Abs. 2.
§ 108. Geschwundon ist mhd. eh
1. im Auslaut von Wörtern, die es auch in der Schriftsprache ver¬
loren haben, z. B. flou (mhd. vlöch) Floh; ree (mhd. rech) Reh; sun (mhd.
schuoch) Schuh; in hoox hoch ist es aus den obl. Kas. in den Nom. wieder
cingedrungen;
Anm. 1. Die G-Ma bevorzugt mili Milch, das dadurch entstanden
sein kann, daß das Sarnbhakti-/ zwischen l und c wie ein i der Nach¬
silbe - lieh behandelt wurde, oder aber es kommt aus dem mhd. milich.
2. in der Zusammensetzung in büsdnm (mhd. buochstabe) Buchstabe
(neben büxsdinn) und k/nesnea (mhd. kirchwihe) Kirchweihe;
3. in unbetonter Silbe
a) in mhd. -/*/, z. B. eget (mhd. eckeht) eckig; .$ eget (mhd. seheckc/it)
scheckig; dreget dreckig; net (mhd. niht) nicht;
b) in mhd. -hs nur in edesn (mhd. egedehse) Eidechse;
4. im unbetonten Auslaut
meist a) im Suffix -li (< mhd. lieh , liehe), z. B. fraili (mhd. vri-
liehe) freilich; gliigli glücklich; geinüiidli (mhd. gemuotlich) gemütlich;
Imamfi (mhd. heimliche) heimlich; giudli (mhd. ordenlich) ordentlich;
b) in Enklitiken, z. B. /, di, mi ich, dich, mich (neben den be¬
tonten iic, diir, miic; nu (neben w//./•) (mhd. noch) noch; nnnöt noch
nicht; an (mhd. onch) auch; glai gleich, sogleich.
5. Der mhd. Hauchlaut h.
§ 109. Er ist im Anlaut als h erhalten, z. B. hoos (mhd. hase) Hase;
hindn (mh <\.h>uden) hinten; honsn (mhd. hose) Hose; hunt (mhd. hu nt) Hund.
Anm. 1. Abgefallen ist h im Anlaut unbetonter Vorsilben, z B. nunde
hinunter; runde herunter.
• •
Anm. 2. Über den Fuhrmannsruf trist und hiist ..links“ vgl. Heilig
a. a. 0. § 131 Anm. 2.
Anm. 3. Vorgesetzt ist ein deutliches h dem Worte Ulan: huläane.
\. Digitized by GOOglC
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
45
§ 110. Im Inlaut ist h
1. geschwunden, z. B. bail (mhd. bihel, bil) Beil; flöö (mhd. rltehe)
Flöhe; kheesrwa (mhd. kirchliche) Kirchweih; uuaia (mhd. wihen) weihen;
dseea (mhd. -zehen) zehn; fufdseea 15; sibdscea 17;
Anm. 1. Ein deutliches h ist zu hören in frundshöos Franzos.
2. in der Verbalflexion vor t zu x, c, vor s zu g geworden, z. B.
sägst, siet , stet (mhd. sihest, sihet , setist) siehst, sieht, seht; dsiigst, dsiiel
(mhd. ziuhest, ziuhet, ziehet) ziehst, zieht;
Anm. 2. Aus solchen Formen ist dann auch im Auslaut solcher
Wörter c (z) geblieben, z. B. ic siic ich sehe; dsiic ziehe!
3. mit auslautendem -en zu -g verschmolzen (s. § 97, 2 cß), z. B.
steg (mhd. sehen) sehen; gsttg (mhd. gescludien) geschehen; sluog (mhd.
slahen) schlagen; dsiig (mhd. ziehen) ziehen.
Vgl. dazu die Ausführungen Gebhardts a. a. 0. § 106 Anm. 4.
6. Platzlaute.
Mhd. b.
§ 111. Mhd. b ist im Anlaut als stimmlose Lenis erhalten, z. B.
tmisn (mhd. btzen) beißen; baut (mhd. gclrfir ) Bauer; bejric (mhd. berc)
Berg; bthdldn (mhd. behalten) behalten; gtböog (mhd. gc-lx>gen) gebogen;
blau (mhd. blä) blau; bluma (mhd. bluome) Blume; bäint (mhd. biunde)
Beunde, umfriedigtes Grundstück, als Straßennamen, gewöhnlich Pennt
geschrieben, z. B. Peuntstraße.
§ 112. Im Inlaut nach m ist b diesem assimiliert, mb > nun > m,
z. B. dumt (mhd. tnmber) dummer; aamt (mhd. eimber) Eimer, wobei
die Zusammensetzung nicht empfunden wurde; khem (mhd. kemlte) Kämme;
grumt (mhd. krumber) krummer; khume (mhd. kumber) Kummer; um
(mhd. umbe) um.
Anm. 1. Dieses m < mm < mb der flektierten Formen ist auch auf
die endungslosen übertragen worden, so kham (mhd. kamp) Kamm; hnn
(mhd. lamp) Lamm.
Anm. 2. In der Zusammensetzung ist b nach m geblieben, z. B.
/ /
Iträmbees (mhd. brämber) Brombeere; dämbpne Domberg; ebenso wo das
■in aus n (vor b) entstanden ist, z. B. ngamb^nc Nürnberg.
Anm. 3. In den Fremdwörtern sebdembt September; nofdmbt No¬
vember; dedsdmbt Dezember ist es ebenfalls nach m geblieben.
§ 113. 1. Als Silbenanlaut im Inlaut (auch im Satzsandhi) ist mhd. b
a) vor Vokal l und r zu w geworden, z. B. üüwe (mhd. über) über,
nüüivt hinüber; hahvt (mhd. halber) halber; sauiut (mhd. süber) sauber;
guuicl (mhd. gabel) Gabel; sttwl Säbel; ögdöoics Oktober; weewt Weber;
wdeweräai Weberei; fiuetrik Fabrik; fäwtrigt Fabrikarbeiter; hooieln hobeln
(daneben hööfln besonders grduthööfln Kraut hobeln, schneiden); hoiri habe
ich (aber ic hop ich habe); leeici lebe ich; otvi khvm ob ich komme:
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
46
Hans Batz.
Anni. 1. Durch Fortfall der ersten Silbe ist b in den Wortanlaut
getreten und daher regelrecht erhalten in Itasdl Sebastian.
Anm. 2. Über hoofl Hobel; kefdn Hefe; stveefl Schwefel; dsiviifl
Zwiebel; griifm Griebe vgl. § 100 Anm. 2.
b) mit folgendem -en zu -m verschmolzen, z. B. geem (mhd. geben)
geben; heem (mhd. heben) heben; Hirn (mhd. schieben) schieben; sinn
(mhd. siben) sieben; sraim (mhd. sckriben) schreiben;
auch mit dem aus den obl. Kas. in den Nom. eingedrungenen ~(e)n,
z. B. barm (mhd. barbe-n) Barbe; garm (mhd. garbe-n) Garbe; bum
Buben; grum (mhd. gruobe-n) Grobe; salm (mhd. salbe-n) Salbe; &him
(mhd. stube-n) Stube; vgl. §97, 2 b/?;
' c) vor Reibelauten b geblieben, z. B. grebs (mhd. krebez) Krebs;
lebst (mhd. lebest) lebst; ic hobs ich habe es; hearbst (mhd. herbest) Herbst;
gibsera gib es ihr; blebst und blaibst (mhd. beltbest) bleibst
Anm. 4. Ausgefallen ist b in icdisb)lt Weibsbild; doch kann das
kaum auf eine Form *waai zurückgeführt werden, die in der Bamberger
Ma. nicht anzuuehmen ist, sondern der Ausfall des b ist wohl nur eupho¬
nischen Gründen zuzuschreiben.
2. Vor t (d) und k ist b (durch GeminatenVereinfachung, nachdem
es vorher assimiliert war) geschwunden, z. B. khat, khddn (mhd. gehabt)
gehabt: Ukhuuy (mhd. lebekuoche) Lebkuchen; Srikhän Schubkarre.
Anm. 5. In der 3. Sing, der Verba, deren Stamm auf b endigt,
ist es erhalten, z. B. gibt gibt; glabt glaubt; Hebt schreibt; ebenso in der
2. Plur. gebt gebt; Sraibt schreibt; glabt glaubet; aber: Hs hat ihr habt.
§ 114. 1. Im Auslaut kommt mhd. die Media b nicht vor, sondern
es muß stets p angesetzt werden, wo das Ahd. b hatte.
2. Wo das b vom Inlaut durch Abfall des -e in den Auslaut ge¬
treten ist, ist es
a) abgefallen in bnn (mhd. bunbr) Junge, Bube; oo (mhd. abe) ab;
roo herab, non hinab;
Anm. Auch in der Zusammensetzung bleibt oo, z. B. önsraim ab-
*
schreiben, daneben aber auch hbhaiip.
b) sonst zu p geworden, z. B. ic blaip (mhd. ich belibe) ich bleibe;
ic glaap (mhd. ich gcloube) ich glaube; ic gip (mhd. ich gibe) ich gebe:
ic hop ich habe; ic Haip (mhd. ich schribe) ich schreibe (dagegen wieder
*
houi, sraiwi, glaau'i habe ich; schreibe ich; glaube ich); geicölp (mhd.
gcivelbc) Gewölbe; op (mhd. obc, ob) ob.
Mhd. p.
§ 115. 1. Mhd. p im An- und Inlaut > b, z. B. bedela (mhd. gc-
terlin) Petersilie; heederum/täul Peter und Paul; hülfe (mhd .palrer) Pulver;
blanden (mhd. plüdern) plaudern; Sbriya (mhd. springen) springen; h<ihi¬
hi tarn Pappelbaum.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
47
Anm. 1. »plätschern« lautet ; pfledSen , vgl. $ 100 Anm. 1; Sdcmpfl
Stempel (zu rahd. stampfen ), besonders pflasdesdernpfl schwerer Holz- oder
Eisenklotz zum Einstampfen der Pflastersteine.
2. pf (ph) > pf, z. B. pfaf (mhd. pfaffe) Pfaffe; pfana (mhd. pfanne)
Pfanne; pfäifm (mhd. pfiferi) pfeifen; khopf (mhd. köpf ) Kopf; kharpfm
(mhd. karpfe) Karpfen; dsapftn (mhd. xapfe) Zapfen; sdrumpf (mhd. Strumpf)
Strumpf; snupfrn (mhd. snupfen) schnupfen; dsipfl (mhd. xipfel) Zipfel;
pflauma (mhd. pflüme) Pflaume; pflaum (mhd. phlüme) Flaum; pfidurn-
feeden Flaumfedern.
Anm. 2. Neben harpfe und scharpf kommen schon im Mhd. harfc
und scharf vor, daher harfm und sihrf.
3 . pp > p > b, z. B. khabm (mhd. kappe) Kappe; glaben (mhd.
klapperen) klappern; grabln (mhd. krappein, krakeln) krappein: gribela
(zu mhd. krippe) Darstellung der Geburt und Kindheit Jesu in kleinen
Figuren aus Holz und Wachs, zwischen Weihnachten und Mariä Licht¬
meß in den Kirchen ausgestellt; slabrn (ndd. slappe) Pantoffel; Sobm
(mhd. schoppen ) stopfen, besonders vom gewaltsamen Füttern des Mast¬
geflügels; dsabln (mhd. zappeln, xabcln) zappeln.
Anm. 3. Für Krippe wird sonst tan (mhd. harn) gesagt: gribm
wird auf einen schwächlichen Körper angewandt: arma gribm arme
»Krippe«.
§ 116. Im Auslaut > p, z. B. gip (mhd. gip) gib; blaip bleib; icaip
(mhd. uip) Weib; khginp (mhd. korp) Korb; grop (rahd. grop) grob ; sdaap
(mhd. stoup) Staub.
Über kamp, lamp usw. vgl. § 112 Anm. 1.
Mhd. d.
§ 117. 1. Mhd. d im Anlaut und im Inlaut nach Vokal > d, z. B.
ddx (mhd. dach) Dach; draai (mhd. dri) drei; dcifm (mhd. dürfen) dürfen;
uaden (rahd. äder) Ader; feeden (mhd. rüder (e)) Feder; bruude (mhd.
brvoder) Bruder; gedäxt (mhd. ge-ddht) gedacht.
2 r . Im Inlaut nach n wird es demselben assimiliert (nd > nn > n)
in fina (mhd. rinden , germ. finpan) finden; ic fin (mhd. ich rinde) ich
finde; gfuna gefunden; hauet (mhd. hundert) hundert; atme (mhd. min¬
der) Wunder; khine (mhd. kinder) Kinder; ane (mhd. ander , got anpar)
ander; dnethälp anderthalb; khälene Kalender; in gsindl (got. gasinpi) Ge¬
sindel ist das d sekundär;
dagegen ist es geblieben in hindn (mhd. hindcn) hinten; hin de
(mhd. hinder) hinter (wo?); ninde hinter (wohin?); g.fdandn gestanden;
handln (mhd. handeln) handeln; Sicindl (mhd. swinde!) Schwindel.
Anm. 1. -nd- vor -e(n) ist auch verschiedentlich zu ygg geworden,
z. B. riygy (mhd. rinde) Rinde; fliygy Flinte, neben rindn und flindn.
Anm. 2. gemda Gemeinde geht auf mhd. gemeine zurück.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
48
Hans Batz.
3. Ebenso wird es assimiliert a) nach m ( nid > mm > m), z. B n
freme (mild, vrem(e)de, got. framafis) ein Fremder.
b) nach l (Id > // > /) nur in dnlii (mhd. tolde) Quaste, Dolde: holen
(mild, bulderen) bollern, kullern; hole (mhd. holder, holunder) Holunder,
womit aber gewöhnlich Flieder gemeint ist; in eigentlicher Bedeutung in
hulebügsn Holunderbüchse; hölekhüücala Kügelchen aus Holundermark
(holemärik) ; höleSdruiwala Holunderdolden (-trauben) in Teig gebacken:
(vgl. in der G.-Ma. feie Felder);
sonst bleibt d nach l, z. B. Suldu (mhd. schulde) Schulden; giilde
goldener:
c) nach r (rd > rr > / ) nur in wpn (mhd. werden) werden, wysn
(mhd. worden) geworden; ic. wn (mhd. ich wirde) ich werde; du unst
(mhd. du wirdest) du wirst; es weit (mhd. er wirde!) er wird; psndli (mhd.
ordenlich) ordentlich;
sonst bleibt es nach r, z. B. ndn (mhd. erde) Erde; nujsde Mörder.
*
4. Vor f ist es zu h (p) geworden, z. B. upfegdat Advokat; öbspfüitegeesl
ob du vorgehst!
5. Vor *• ist cs geblieben, z. B. sodst schadest; ledst leidest;
red st redest.
6. Vor den Explosivlauten ist es nicht hörbar (auch im Satzsandhi),
z. B. gsut geschadet; gerct geredet; wensglabst wenn du glaubst;
ebenso bei -deb- in rohem (mhd. rndebdre) Radkarre, Schieb¬
karre mit Kasten.
§ 118. Mhd. d im Auslaut > /, z. B. doot (mhd. tod) Tod;
auch wenn das d erst nach Abwertung des -e vom Inlaut in den
Auslaut kommt, > t sowohl nach Vokalen, z. B. soot (mhd. schade) schade;
fruit (mhd. rrunde) Freude; gercct Gerede;
als auch nach n, z. B. ant (mhd. awle) leid; gswinf (mhd . geswinde)
geschwind; sdunt (mhd. stunde) Stunde;
nach Z, z. B. bill (mhd. bilde) Bild; will (mhd. wilde) wild; jedoch:
hui (mhd. balde) bald;
nach w, z. B. honet (mhd. hemedr) Hemd; daneben aber auch hem.
neben dem Plur. hemede auch hone.
Anm. 1. »Wörth in Ortsbezeichnungen wie »Mühhvörth, Zinken¬
wörth«- geht wohl zurück auf ahd. werid, Insel im Fluß; dabei wird
rtd > rr > r: iniiälwüöi; ds'tgggwöös.
Anm. 2. Pferd, für das die Ma. stets gaul gebraucht, lautet in
der Halbmundart pfnt und pfeest.
§ 110. Hinzugefügt ist d
1. vor der Vorsilbe er-, z. B. defrihn erfrieren: der}neu erinnern:
delduin erlauben; deleem erleben; desdufm ersaufen; desloog erschlagen:
dewddu erwarten;
D^zed by GOOglC
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
49
2. zwischen n (y) und Z, z. B. mendla Männlein; gsndli(c) (mhd.
ordenlich) ordentlich; aiydlifc) eigentlich; kkundl Kunigunde, aber
Dimin: khunala ;
3. nur sehr schwach und nicht regelmäßig zwischen n, l und s (3),
z. B. gänds (mhd. gans) Gans; hands Hans; hülds (mhd. hals) Hals; mends
(mhd. mansche ) Mensch; fäldS (mhd. valsch) falsch;
4. zwischen f und n in hdfdn (mhd. houfe) Haufen; hifdn (mhd.
hiefe) Hagebutte; hefdn (mhd. heve) Hefe; khufdn (mhd. kuofe) Kufe;
5. zwischen S und n in feessdn (mhd. vcrseri) Ferse; khcesSdn (mhd.
kirse) Kirsche;
zwischen s und l in khesdl (mhd. kesgel) Kessel; hosdln (mhd. bö$eln)
bosseln;
6. nach Konjunktionen wie wen, wal (wtl), befdos, bis, d&s (des)
wenn, weil, bevor, bis, daß, nach Fragewörtern wie op, ich, wÖs, wl,
tco, wäsrüm ob, wer, was, wie, wo, warum vor »ihr« (2. Plur.); z. B.
wendemöxt wenn ihr mögt; däsdefdikhumt daß ihr (aber) fein kommt!
(vgl. dazu 0. Weise: »Die sogen. Flexion der Konjunktionen« in Zeitschr.
f. Deutsche Maa., Jahrg. 1904, S. 199 ff., und die dort angeführte Literatur).
Mhd. t.
§ 120. 1. Mhd. t im An- und Inlaut > d, z. B. daä (mhd. tnon)
tun; düüs (mhd. iür) Tür; dogrj (mhd. locke) Puppe; doxde (mhd. tohter)
Tochter; fäde (mhd. rater) Vater; müde (mhd. mnoter) Mutter; farwidn
(mhd. erebeiten) arbeiten; unde (mhd. unter) unter; basdl Sebastian; redl
Margarete; Sdegy (mhd. stecke) Stecken; khasdn (mhd. koste) Kasten.
Anm. 1. Manchmal, aber nur in sehr lässiger Sprache, geht auch
t in r über, z. B. färe, mure für fade, müde (ebenso ore für ode oder!).
Anm. 2. Mhd. valte Falte > falgy; mhd. spalten spalten > übalgy;
vgl. die ähnliche Erscheinung bei riijgy usw. § 117 Anm. 1.
2. Geschwunden ist t vor s
a) in der Endung -st bei Stämmen auf -ht, z. B. Idigst leuchtest;
bogst pachtest; laigst leichteste; sowie in best hättest;
b) iu nigs, negs (mhd. nihtes) nichts.
Anm. 3. Mhd. htrdten > Haien heiraten; vgl. dazu die Erklärung
von Lenz, abgedruckt bei Heilig, a. a. 0. § 142 Anm. 6.
3. tt > d, z. B. bidn (mhd. bitten) bitten; bide (mhd. bitter) bitter;
budn (mhd. butte, bütte) Bütte; hiidn (mhd. hatte) Hütte; gledn (mhd.
klette) Klette; khudn (mhd. hatte) Kutte; ledn (mhd. leite) Lette; medn
(mhd. viette) Mette; redn (mhd. retten) retten.
Anm. 4. »Klettern« lautet in der Ma. gleben (zu mhd. k/eber klebrig,
s. Weigand, Dtsch. Wb. s. v.).
§ 121. 1. Mhd. t im Auslaut > Z, z. B. aämt (mhd. äbent) Abend;
braat (mhd. breit) breit; esrivet (mhd. crebeit) Arbeit; fett (mhd. reit) Feld;
Zeitschrift för Dontscho Mundarten. VII. \
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
BO
Hans Butz.
fräint (mhd. vriunt ) Freund; gelt (mhd. gelt) Geld; khint (rahd. leint) Kind;
liit (mhd. liet) Lied: maat (mhd. meit) Magd (aber maadla [mhd. meitlln]
Mädchen); mp3t (mhd. mort) Mord; root (mhd. rot) rot.
2. Geschwunden ist auslautendes t
a) in gef (mhd. gelte) gelt (Partikel); is (mhd. ist) ist; martk (mhd.
market) Markt;
b) vor Explosivlauten (dadurch, dall t vor Labial und Velar assi¬
miliert, die vor Explosiven entstehende Geminate vereinfacht ist), auch
* #
im Satzsandhi, z. B. sdäyfäre Stadtpfarrer; sdäkhrtenye Stadtkirchner;
sdägröom Stadtgraben; pbees (mhd. e'rtber) Erdbeere; hlmbees (rahd. hint-
ber) Himbeere; bröokhqxny Brotkorb; iml>egeleeg im Bett gelegen; näis-
ränkhnina ins Rad gekommen; a gldakhäft ein Kleid gekauft; indefriy-
khäpi in der Hand gehabt;
c) vor f (tf > yf, ntf > mpf), z. B. röoyföoire Radfahrer; haviy/l
Handvoll; hempfala kleine Handvoll; rtmpfiic Rindvieh; geespfäüs gehst
(du) vor!
%
d) in häubmaa Hauptmann.
Anm. 1. tet 1 > tt > t. z. B. bet (mhd. betet) betet; gebet (mlul. ge-
br/et) gebetet: ebenso ttet >//>/, z. B. gerdt gerettet; geltet gewettet.
§ 122. Angetreten ist t vielfach ans Ende:
1. nach Vokalen, z. B. naät (mhd. nähe) nahe (wahrscheinlich aus
dem zuerst im Kompar. eingetretenen d: neede näher);
2. wie in der Schriftsprache:
a) nach n in mannt (mhd. mäne) Mond (aber tnänesäi Mondschein);
b) nach s (s) in baabst (mhd. bäbe.s) Papst; obst (mhd. nbe;) Obst;
snvdsf (süst) (mhd. sus, aber auch sust, saust) sonst;
außerdem in anest anders;
c) in dnethälp anderthalb.
8. nach f z. B. sempft (mhd. srnf, srnef) Senf; hä mp ft (mhd. hanrf)
Hanf;
4. nach e (.r), z. B. laicl (neben lair) (mhd. lieh) Leichenbegängnis;
ha(a).rt (mhd. haherh) Habicht; mit Einschiebung eines e in näxet nachher:
ö. teilweise im Part. Perf., z. B. gemisnt (mhd. getrieben) gemessen.
Anm. 1. Aus mhd. srhees wird seheest selbst.
Anm. 2. Im Gegensatz zur nhd. Schriftsprache ist t nicht ange-
treten in breedi(c) (mhd. bredige) Predigt; eds (neben rdset) (mhd. iexe) jetzt.
Anm. 3. Mhd. t im Auslaut steht sowohl für german. d als auch
für german. p.
123. Mhd. tiv
1. > gw in gwec3 (mhd. tinrh, fair) quer; gicnhn (mhd. twnlm)
Qualm;
2. > in dsnnrir (mhd. tarn) Zwerg: dsa’pirsak Zwerchsack;
iiaedsa(3nr quer; dsaii/a (mhd. taiagen) zwingen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
(.autlehre der Bamberger Mundart.
51
Mhd. g.
§ 124. 1. Mhd. g im Anlaut > g, z. B . ger (mhd. gibt) gehen; groos
(mhd. gröf) gToß.
2. In der Vorsilbe ge- ist das e
a) teils geschwunden vor f, l, n, r, s ß), z. B. glaum (mhd. gelouben)
glauben; gliit (mhd. gelit) Glied; glüh (mhd. geliicke) Glück; gfaln (mhd.
gefallen) gefallen; gfooz (mhd. gevdre) Gefahr; gfect (mhd. geteilte) Gefecht;
ggddt (mhd. gendde) Gnade; groot (mhd. gerade) gerade; gsel (mhd .geselle)
Geselle; gSbendst (mhd. gespenste) Gespenst: gsunt (mhd. gesunt ) gesund;
gseeg (mhd. geschähen) geschehen;
ebenso im Part Perf. vor e, s ß) und f, z. B.: gßrwet gearbeitet;
gseeg gesehen; gsedsn gesessen; gsivnma geschwommen; gsbrnga ge¬
sprungen; gfangt gefangen; gfresn gefressen; gfuna gefunden;
gh > kh, z. B. khäbt (khdt, khndn) gehabt; khöozriß) gehörig; kl/aiin-
nis Geheimnis; khust gehustet;
b) sonst gewöhnlich als e erhalten, z. B. gebiet (mhd. gebet) Gebet;
grdlrt (mhd. getihte) Gedicht; gedrdat (mhd. getregede, getreide) Getreide;
gerip Gerippe; gewict (mhd. genihte) Gewicht; gejdost gejagt; gerdaft
gerauft; gerlim gerieben; geuutia gewonnen; gtlöfm gelaufen; geblitosn
*
geblasen; geddxt gedacht; gedglt geangelt: geimpft geimpft; gedudst ge-
/ /
utzt; geübt geübt; gekhüst geküßt; gegrddst gekratzt; gemdxt gemacht;
gennma genommen; geöpfet geopfert; geblädst geplatzt; gegiculn gequollen;
gedduift getauft; gedsdict gezeigt.
Anm. gern, gaga, khuma : gegessen, gegangen, gekommen ent¬
sprechen den mhd. ge&en, gangen, körnen, ebenso: geem gegeben, nmn
geworden, mhd. geben, worden.
§ 125. Mhd. g im Inlaut
1. vor Konsonanten (außer / und s) und vor Vokalen (außer r und
Konson.) > c, x, z. B. lause (mhd. leger) Lager; jeece (mhd. jeger) Jäger;
nree ärger; relicjöon Religion; drect trägt; drnxt tragt; gluost klagt; lilücl
lügt; feect fegt; sect sagt; ßeefdie (mhd. cegeviur) Fegfeuer;
auch wo g nach Apokope des auslautenden e in den Auslaut tritt,
z. B. tvoox (mhd. wäge) Wage; doox (und deex) (mhd. tage) Tage; grüne
(mhd. krüege) Krüge; gehörte (mhd. gebirge) Gebirge;
Anm. 1. Mhd. loger locker > lode, z. B. lode losn locker lassen.
Anm. 2. Das mhd. Gesetz der Schriftsprache, das im Auslaut
tennis forderte, galt nicht in der Ma; daher steht r, s auch wo im Auslaut
in der Schriftsprache k (c) stand, z. B. dinc (mhd. arc) arg; Italic (mhd.
bald) Balg; bpric (mhd. berc) Berg; doox (mhd. tue) Tag: dsivair (mhd.
xioic) Zweig.
Anm. 8. Geschwunden ist g , wie schon im Mhd., in man/ (mhd.
meit ) Magd; maadla (mhd. meitlin) Mädchen; srndsn (mhd. se(gc)ns<)
Sense; gedrdat Getreide.
4*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
52
Hans Batz.
2. ist mit folgendem -en zu y assimiliert (vgl. § 97,2c/9), z.B. aay
(mhd. ougen) Augen; booy (mhd. boge) Bogen; bgsrty (mhd. borgen) borgen;
gahy (mhd. gal ge) Galgen; juuyt (mhd . jugent) Jugend; liiy (mhd. ligeri)
liegen; lüüy (mhd. liegen) lügen; lüüye (mhd. lügeneere) Lügner; mgsrty
(mhd. morgen) morgen; mooy (mhd. möge) Magen; reeya (mhd. regenen)
regnen; sooy (mhd. sagen) sagen; sdaiy (mhd. stigen) steigen; duuyt (mhd.
tugent) Tugend; wooy (mhd. wagen) Wagen; an windsiy einen winzigen;
Anm. 4. Zu beldidiy (neben beldidiya) vgl. §97, 2c/S und Anm. 2.
Anm. 5. Vor n in fremden Wörtern wird g zu y, z. B. maynus
Magnus (auch mayes); siynääl Signal; aynes (auch ayes) Agnes.
3. vor l > g, z. B. grüügla Krüglein; naagla Neige (letzter Rest von
Flüssigkeiten, dann auf dem Markte ein kleines Gemäß für Feldfrüchte usw.);
noogl (mhd. nagel) Nagel; rcegl (mhd. rege!) Regel; foogl (mhd. vogel)
V ogel;
Anm. 6. Vor mhd. -eil- wird g wie zwischen Vokalen behandelt,
z. B. neecala (mhd. negellin) Nägelein; neecala Nelke; foöcala (mhd. vogellin)
Vögelein.
4. vor s>g , z. B. froogst frägst; ligst liegst; längst lügst; magst
magst; soogs sage es; segst sagst
Anm. 7. Georg heißt in der Ma. fysS oder gijsric.
Anm. 8. yg > yy > y, z - B- Sbriya (mhd. springen) springen; ey
(mhd. enge) eng; eye enger.
§ 126. Im Auslaut ist mhd. g zu lc (c) geworden und wird daher
in den folgenden Paragraphen behandelt; vgl. auch § 125 Anm. 2.
Mhd. k (c).
§ 127. Mhd. k im Anlaut
1. vor Vokalen > kh , z. B. khält (mhd. kalt) kalt; khint (mhd. kint)
Kind; khceariy (mhd. kirche) Kirche; khisdn (mhd. leiste) Kiste; khoxy
(mhd. kochen ) kochen; khgm (mhd. körn) Korn; lehöxa (mhd. köchinne)
Köchin; khücy (mhd. leuchen) Küche; khysrices (mhd. kürbe$) Kürbis;
Anm. Das Lehnwort Kuckuck lautet gügi/k , wie mhd. gnggne ,
neben lenkuk.
2. vor Konsonanten >g , z. B. glaa (mhd. kleine) klein; gyect (mhd.
kneht) Knecht; gyoxy (mhd. knoche) Knochen; gruidse (mhd. kriu\er)
Kreuzer; graut (mhd. krüt) Kraut; grnm (mhd. krump) krumm.
§ 128. 1. Im Inlaut wird mhd. k und ck zu g, z. B. age (mhd.
acker) Acker; bugl (mhd. buckcl) Buckel; brügy (mhd. brücke) Brücke;
fagl (mhd. tacket) Fackel; bagy (mhd. backen) backen; bdgöofm Backofen;
brogy (mhd. brocke) Brocken; deygy (mhd. denken) denken; glogy (mhd.
glocke) Glocke; melgy (mhd. melken) melken; mugsn (mhd. mudeexen)
sich regen; sdegy (mhd. stecken) stecken (intrans.).
2. Geschwunden ist ck wie in der Schriftsprache in blidsn (mhd.
blickexen, blikxen) blitzen, smadsn (mhd. smackitxcn) schmatzen, küssen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
53
§ 129. Mhd. Ä-(c) im Auslaut
1. > k, z.B. bok (mhd. boc) Bock; bek (mhd. bccke ) Bäcker; gSdäyk
(mhd. gestalte ) Gestank; gräyk (mhd. kranc) krank; daak (neben daax) (mhd.
teile) Teig; sdk (mhd. sac) Sack; sek Sacke; sdäsrik (mhd. starc ) stark; wek
(mhd. wec) weg (aber ivecc Weg!); totprik (mhd. werc) Werk; wek (mhd.
wecke) Weck; Swelk (mhd. welc) welk; folik (mhd. volc) Volk.
Anm. 1. khälic, sdrtc, wqtric wohl aus den mhd. Formen mit eh:
laich, sareh, werch neben kalc, sarc, werc Kalk, Sarg, Werg.
Anm. 2. In mhd. werctac wird nach dem ersten c ein e einge¬
schoben: wprgedöox Werktag.
Anm. 3. Zu gmüx (mhd. genuoc) genug; ic moox (mhd. ich mac)
ich mag vgl. Gebhardt a. a. 0. § 121 Anm. 5; über tac, Itire usw. vgl. § 125
Anm. 2.
2. in der Endung -ec und -ic>c, das häufig (in der G-Ma. stets)
verschwindet, z B. fctdi(c) fertig; hooni(c) (mhd. honec) Honig; grefdi(c)
; khööni(c) und (G-Ma.) khiiüni (mhd. künec) König; leedifc) (mhd.
Icdic) ledig; suldi(c) (mhd. schuldec) schuldig; Sdaaivi(c) (mhd. sloubec)
staubig; dwandsifc) (mhd. xweinxec) 20; fufdsi(c) 50; pfeni(c) (mhd.
pfennic) Pfennig (neben pfeniy < mhd. pfenninc)-,
3. in der Endung inoiy, z.B. heesriy (mhd. herinc) Hering; pfeniy
(mhd. pfenninc) Pfennig (s. oben unter 2).
% %
Anm. 4. henmli(c), sdrympfedi(c), bdrfüüsi(c) (neben bdrfüiiset)
im Hemd; in Strümpfen; barfuß in adverbialer Verwendung.
Anm. 5. Mhd. weniowey wenig; mhd. manec kommt nur flektiert
vor: mance mancher; mdneesmöl manchmal.
Anm. 6. Für juy, Idy , gsdy, gay, riy sind wohl die mhd. Formen
jung, lang, gesang, gang, ring anzusetzen (yg > y), oder das y ist aus
den flektierten Formen mit inlautendem y auf die endungslosen Formen
übertragen; für dayk,grdyk,gsdänk ist aber danc,kranc,gestanc anzusetzen.
§ 130. Stoßen (auch im Satzsandhi) zwei k oder g zusammen, so
verschmelzen sie in eines, z. B. sdögnf Stockgriff; drlyglöos Trinkglas;
a sdükhees ein Stück Käse; an rökhaft einen Rock gekauft; giikhäsdn
Guckkasten.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
54
Ludwig Sclniefer.
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach
(Kreis Biedenkopf).
Ein Beitrag zur hessischen Mundartenforschuug.
Von Ludwig S
Vorliegende Arbeit bietet einen Ausschnitt aus einer im Germanis¬
tischen Seminar in Gießen im Jahre 1910 angefertigten größeren Arbeit
über die Flexion der Schlierbacher Mundart. Sie soll gleichzeitig einen
Beitrag darstellen zu der von W. Horn in einem der früheren Jahrgänge
angeregten Sammlung der Flexion der deutschen Mundarten.
Wenn wir den Formenreichtum, den das Verbum im Ahd. und
Mhd. aufweist, mit dem Stand in den gegenwärtigen Mundarten ver¬
gleichen, so machen wir die betrübende Wahrnehmung, daß dieser sein-
stark zusammengeschrumpft ist Seinen Grund hat das in dem unbewußten
Streben nach Vereinfachung durch Ausgleich. Gleichwohl aber werden
wir in dieser Darstellung Beweise genug finden dafür, daß die Auffassung,
als seien die Mundarten unseres Gebietes in ihrem Formenreichtum schon
auf ein geringstes Maß beschränkt, falsch ist Besonders deutlich tritt
uns das im starken Verbum entgegen, das noch eine große Reihe von
Formen bewahrt hat, die im schriftsprachlichen Verbum nicht mehr vor¬
handen sind. Auf der anderen Seite aber können wir-feststellen, wie
stark zurzeit der Einfluß der Schriftsprache auf unsere Mundart ein¬
wirkt. Das Material, das dieser Arbeit zugrunde liegt, beruht auf
eigener Sammlung, die im Verlaufe des Sommers 1910 vorgenommen
wurde. Bemerken möchte ich, daß fast alle Belege so festgestellt
wurden, daß die einzelnen Formen im Satzzusammenhänge erschienen
und daß durch eine gegenseitige Kontrolle, die in meiner Gegenwart
etwa 20 Einwohner von Schlierbach im Kreise Biedenkopf in einer Wirt¬
schaft aneinander üben konnten und auch tatsächlich übten, falsche
Formen fast vollständig ausgeschlossen sind. Den Boden zu meinen
Untersuchungen hatte mir der Lehrer des Ortes, Herr Baum, gut vor¬
bereitet, und ich konnte mich ganz und gar auf meine Gewährsmänner
verlassen. Interessant war es mir festzustellen, daß die jüngeren Gene¬
rationen, bis zu 40 Jahren, sich stark von den älteren unterscheiden,
die den alten Stand der Mundart noch ziemlich rein bewahrt haben.
Wo solche Doppclformen — an einer Stelle konnte ich sogar drei
Schichten feststellen — auftreten, sind sic durch ein (a) oder (n) ^ alt.
neu näher bezeichnet.
Zur phonetischen Umschrift habe ich zu sagen, daß ich mich darin
der Lautbezeichnung der Zeitschrift für deutsche Mundarten angeschlossen
habe, wie es auch schon in meiner Dissertation geschehen ist. Zur ge¬
naueren Orientierung über die Qualität der einzelnen Laute muß ich
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
• Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
deshalb aucli auf meine Schrift verweisen, in der ich eine genaue Dar¬
stellung der Vokale, die unsrer Mundart besonders eigen sind, gegeben
habe. Wie dort, so habe ich auch hier den Grundsatz befolgt, auslau¬
tende Konsonanten mit der Tenuis zu bezeichnen, womit jedoch nur ge¬
sagt und bezeichnet sein soll, daß hier Fortis zu sprechen ist, nicht aber
schriftsprachliche Tenuis. Hin und wieder wird es auch begegnen, daß
innerhalb eines Paradigmas in der Schreibung Tenuis und Media im Wort¬
anfang und Wortinnern wechseln. Auch hiermit soll nur angedeutet
werden, daß ein Schwanken in der Aussprache herrscht. Die Tenuis
steht in der Regel in einem Worte mit kurzem Vokale, in den meisten
anderen Fällen jedoch die Media, d. h. also, Tenuis ist im Stammanlaut
vor Konsonant plus kurzem Vokale und im Stammauslaut, soweit dies
in Betracht kommt, als Fortis zu lesen. Soviel über die phonetischen
Verhältnisse.
Der Bestand an Konjugationsarten ist noch der gleiche, wie er in
mhd. Zeit vorhanden war, nämlich: wir unterscheiden starke, schwache
und gemischte Konjugationen. Die Tempora haben allerdings eine teil¬
weise Einbuße erfahren und zwar besonders beim schwachen Zeitwort,
worauf ich noch bei der Erörterung dieser Konjugationsart eingehcn
werde. Zu unterscheiden sind an Zeitformen:
1. Einfache Zeiten: Präseus und Präteritum,
2. Zusammengesetzte Zeiten: Futurum I u. II, Perfektum, Plusquam¬
perfektum und die Formen des Passivums.
Die Flexionsformen, die die Mundart von allen Verben bilden
kann, sind:
1. Präsens: Indikativus,
§
2. 2. Person Singularis und Pluralis des Imperativs Präsentis,
3. Infinitivus Präsentis,
4. Infinitivus Präteriti,
5. Partizipium Präteriti und die von ihm gebildeten zusammen¬
gesetzten Formen.
Der Indikativus Präteriti kann von sämtlichen starken Verben ge¬
bildet werden. Hierbei erfahren wir, daß der Bauer im allgemeinen den
Indikativus Präteriti, dessen Bildung tatsächlich vorhanden ist, durch eine
Umschreibung mit dem Perfektum mit haben oder sein oder durch
den Infinitivus mit den entsprechenden Formen von tun ersetzt und zwar
in allen den Fällen, in denen schon ein ähnlich lautendes Präsens vor-
#
banden ist, um eine Verwechslung und Undeutlichkeiten nicht aufkommen
zu lassen. Das schwache Verbum ist seines Präteritums fast gänzlich ver¬
lustig gegangen, und es ist nur dort erhalten, wo durch Rückumlaut die
Form des Präteritums so deutlich gekennzeichnet ist, daß keine Ver¬
wechslung mit dem Präsens statthabeu kann. Eine besondere Gruppe
bilden die im Stamm auf -t oder -d auslautenden Verben der schwachen
Konjugation, die regelmäßig ihr Präteritum durch eine Umschreibung or-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
56 Ludwig Schaefer.
setzen, da der doppelte Dental im Stammauslaut und in der Endung ver¬
mieden wird.
Der Konjunktivus Präteriti wird nur von solchen Verben gebildet,
deren Stammvokal umlautsfähig ist, d. h. fast ausschließlich von den
starken Verben; Konjunktivi Präteriti der schwachen Flexion lassen sich
nur in ganz geringer Zahl aufweisen. Sie sind auch hier auf solche
Verba beschränkt, deren Stammvokal einen Umlaut verträgt Wenn¬
gleich der Konjunktivus Präteriti der starken Verben in der Mundart
noch lebendig ist, so tritt er in der mundartlichen Rede doch nur
seilen zutage; meist wird er durch eine Umschreibung ersetzt (dect,
kent usw.).
Untergegangen ist eine ganze Reihe von Verbalformen, die auch
in der Schriftsprache nur noch ein kümmerliches Dasein fristen. Es
sind dies:
1. Konjunktivus Präsentis, der stets durch den Konj. Prät. oder
dessen Umschreibung ersetzt wird.
2. Fut. I. Ind.; er wird in rein temporaler Bedeutung meist durch
den Ind. Präs, ersetzt; die Umschreibung mit »werden« und dem Inf.
Präs, findet in folgenden Fällen statt:
a) bei ironischer Behauptung,
b) zum Ausdruck einer Vermutung,
c) zum Ausdruck der wahrscheinlich oder möglicherweise eintre¬
tenden Handlung.
3. Fut. I. Konj. fehlt; es tritt Ersatz ein durch den Konj. Prät. oder
durch dessen Ersatz; s. o.
4. Fut. II. Ind. wird in rein temporaler Bedeutung meist durch das
Perf. ersetzt. Die Umschreibung mit »werden« drückt eine Handlung
aus, die vermutlich oder wahrscheinlich oder möglicherweise eingetreten
sein wird oder schon eingetreten ist.
Für das Passiv gilt das für die Formen des Aktivs Gesagte in
gleicherweise. Gebildet wird das Pass, mit »sein«; in einzelnen Fällen
erscheinen beide Bildungen nebeneinander. Die übrigen Formen des
Passivs werden wie in der Schriftsprache dargestellt, jedoch mit den
Beschränkungen, die unter dem Aktivum aufgeführt sind.
Der Inf. Präs, verliert in der größten Zahl der Fälle sein n. Schon
in mhd. Zeit fällt das n häufig ab und zwar auf mitteld. und zum Teil
auf obd. Gebiet. Diese Entwicklung macht auch die Schlierbacher
Mundart mit, allerdings mit einigen Ausnahmen.
1. n ist erhalten:
a) in den Fällen, in denen schon mhd. das dem n vorangehende e
der Endung in der Regel synkopiert wurde, das heißt nach l und r.
Dazu treten dann noch Fälle bifrlhan > beveln und* nhd. Neubildungen.
Die Beispiele, die ich für diesen Vorgang habe feststellen können, mögen
hier folgen: eenen = ähneln; ben < bctalön ; bdfcecevln, bdfcecevn < bi-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
57
felhan; bpi < ballen = Ball werfen; deysn < mhd. tcngeln ; rfm* < mhd.
dillen; dreksin < drechseln; aaen x <ilen\ pvtseen < erxeln mhd.; fpi <
mhd. re/le« > feilen ; etnpfeeeevln, empfcecevn < ent-felhan > - /<?/»; fan
< fallan > vollen ; faoan < fülen > vülen; feen < mhd. relen; foin <
fnolen > vüelen; foin, fin < füllen > vüllen ; haa'nan < hanfalön > Aaw-
rfe/w; haiein < mhd. hachein, hecheln ; ha-.cen < heilen > heilen ; Ae« <
halön, holön, holen > Ao/w > Aa/n; kivtson * < kitxilön > kitzeln, kütxeln ;
leetegin <*lougilen mit Dissimilation des ersten n > *lougelen; moon, mädnn
< malan > maln, malen; muuvn < malen, mälön > mälen ; mpm, men,
men < meldön> melden > * mellen > *meln\ een < mhd. öTe«, ö'/n; ir/m,
ir/^w < mhd. orgelen, orgeln ; proon < mhd. prälen ; kween < quellen,
quelen > queln; kiepi < mhd. queln; kivpn < que'Uan > quellen ; ramon <
rainntalön > rammeln ; ro&ro < mhd. ra$$eln ; rem < * regelet! < regen
mhd.; somdn, spornen < *samalon mit Dissimilation des ersten n > *sa-
melen > sammeln-, Seen < mhd. schein ; < mhd. schellen-, S{mon <
mhd. schimelen; ts)s»n = schütteln; < swellan > StveUen ; steceon <
nhd. sohlen ; Sbiion, Sbiin < spilön > spiln; Sboin < spuolen > spüelen-,
Sdcen < stelan > stein; Sden < stellen > stellen-, Sdln < stillen > stillen;
Sdrambdn < nhd, ndd. strampelen, strampeln ; straaejaln < nhd. streicheln;
dtecen < fe*7en > teilen; tröigin < *ahd. truklen mit Dissimilation des
ersten w; trgmon > spmhd. trumel, trumbel; wppn < wellen > wein ; w\gm
< spmhd. wickeln; wgoin < wuolan > u üelen; tsäävn, tseen < zellen >
;:e/w; tseeeecin <*xeihhalen, mit Dissimilation des ersten n> *xeichelen;
tswaaewin < zwivaldn > xwiveln; wpksin < wehsein; hpwin < hobeln;
hoin < hiuwilön > hiulen; n<e<en < mhd. nagelen, negelcn; gncewen <
Neubildung zu knebel.
qignn, aigsm < mhd. ackern, eckern; aalvn < mhd. altem; pnan <
mhd. endern; prjnn < crgirun, argirön > ergern; qsvn < nhd. Bildung awf-
schern; bodaouon < mhd. betiurcn, bcturcn; bagcen-on < gi'rön > gern; bd-
Sweevn, baSwiivn < mhd. beswirren; bpsvn < mhd. bez,z,em; blecrvn < mhd.
blcteren; bcecerm < borön y> born; bodvn < nhd. Bildung butern; daouvn
< mhd. düren, türen ; duunvn < mhd. donrcn; denn < dorren > dorren;
iiun < erew > ere/i; aefnn < mhd. ifern; foovn < faran > mm; /emr? <
nhd. Bildung federn; faevn, faaejün < /Yrö« > viren; fgijvn < mhd.
viuren; ftqgvn < Jlagarön > vlackern; flqtcvn < nhd. Bildung flattchcrn
zu flattern; fqijon < fuoren > eiteren; fourvn < mhd. vüetern; geewon <
,/äsaw >jesen; gdbacevn < gibiran > gebem; gowiitm, gsweerm < ghoeren
> gewern; hiivn, h)vn < huren > hteren; \vn < irren > irren; juumvn <
mhd. jämern; kiirm < Äere« > keren; klp-nn < klettern nhd. Bildung; luuvn
<mhd. lüren; liivn, Iran, Iqvn < liren > /eren; /m, < /esan > /esm;
Ine du < liefern frnhd. Bildung; moivn < mhd. miuren, müren; niivn <
Herren > wer«; oAw« < opphorön > opfern; plinvn < mhd. plündern; pro-
1 «ae bezeichnet einen Diphthong mit langem ersten Bestandteil.
5 i bezeichnet einen Laut zwischen e und {'.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ludwig Scbaufer.
uAimi.c nhd. probieren', selmi < scheitern, Schaltern nhd. Bildung — rie¬
geln ; riivn < ruoren > rüeren ; soijvn < nihd. suren ; &y;n < skrrran >
scherten ; secon < skvran > schem ; slourvn, slaournn < mhd. sludern ;
stniiun < mhd. 3 mim; sngion < mild, snüeren; snqvn < mhd. snurren;
swiiun < swerren > stcern; sievn < mhd. sichern ; Sbcecevn < sparen, spa¬
rt) n > spant; sbeun < sperren > sperren; sbiivn < spurjan > spürn; sdol-
bon < frnhd. stolpern: draouvn, traouvn < traren > truren; wiivn . weeun
< teeren > wem ; wanvn < mhd. wandern ; wiiun < we.ren > «rm; waevn,
waaejvn < weigarun > weigern; wounvn < wuniarön > wundern; tseun
xerren > .'.errett; ts'tmvn < zimbrön > ximbern; ts'irmi, tsiron < ittarön
> xitern; tsw(lsvn c xwixxirön > xwitxern; dimvn < dämmern nhd. Bil¬
dung; teeeon < -xeran > -xern; per an < fordarun > fordern ; houtjon <
hungiren > hungern; hitwn < hintarön > hindern.
b) In seinen »Beiträgen zur Kenntnis der Schwälmer Mundart (Zs.
f. hd. Maa. Bd. 6 [1905], Seite 251)<: sagt Schoof über die Verben, deren
Stamm auf -nn ausgeht, das Folgende:
»3. Die Endung -«M fällt ab:
a) bei Wörtern, deren Stammvokal mhd. auf -nn (Gemination durch
gut. nachfolgendes 7 ) ausgeht, z. B. /.en (kennen), new (nennen), /wen
(brennen) usw. Analog dazu gebildet: wen (meinen), s 6 en (spinnen), x/n
(scheinen), (gewinnen), re'w (rinnen) u. a.«
Mit dieser Auffassung Schoofs kann ich mich nicht befreunden. Auf
den ersten Blick könnte es scheinen, als sei die Endung -en wirklich
abgefallen. Bei genauerer Beobachtung jedoch nehmen wir wahr, daß
in diesen Fällen das n der Endung tatsächlich noch vorhanden ist, denn
das stammauslautende nn, das ja in den heutigen Mundarten nicht mehr
als Geminata erscheint, ist verlängert Hätte sich die Mundart iu diesem
Falle den allgemeinen für den Schlierbacher Dialekt geltenden Gesetzen
für den Auslaut angeschlossen, dann müßten wir Formen haben, die
auf -d ausgehen. Das ist aber nicht der Fall, und wir dürfen annehmen,
daß das verlängerte 11 die Erhaltung des auslautenden n in sich birgt.
Das e der Endung mußte nach den für unsere Mundart geltenden Ge¬
setzen synkopiert werden. Für die Erhaltung des n sprechen meines
Erachtens auch noch Fälle, in denen -n des Auslauts lautgesetzlich ge¬
fallen ist und 0 in den Auslaut tritt. Dieses a mußte im sekundären
Auslaute lautgesetzlich erhalten bleiben. Die Fälle, die ich für diese
letzte Erscheinung habe feststellen können, sind die folgenden: da tu =
ahnen, diind = dienen, grnitu — grünen, tcaetu = weinen, die allerdings
auch entlehntes Sprachgut sein können. Erhaltung des n weisen auf (die
Erhaltung ist phonetisch durch l’ntersetzen eines Punktes unter das n =--
n dargestellt): boghn < beginnen < biginnan; Imin besinnen c * bi -
sinnan; breit. < brennen ■: brennen; g.trin c gerinnen - girinnan; sinn <
spinnen < spinuau; g.ttriin ■ : geirntnnt ginnt nett; Len kennen
kennen; Hin ■ : bhenen < Ir/nindn; leint, Hin lernen < Innen; tuteten ;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
59
meinen c ineinan ; neu <L nennen c nennen ; rr/* <: rennen c rennen ; /*///
< rinnen <. rinnan ; saaen < nehmen < skinan ; */**// < spannen c Span¬
nung dren < trennen < trennen \ winn woueu < fronen ; yatnn c ge¬
leimten < yeivinnan.
In allen übrigen Fällen schwindet lautgesetzlich das auslautende -/>,
wobei allerdings zu bemerken ist, daß unter diese Regel auch die Verben
fallen, bei denen schon in mhd. Zeit eine Kontraktion der beiden voraus¬
gehenden Silben stattgefundeu hatte. Die älteren Generationen haben zum
Teil noch eine Spur des früher vorhandenen n in der Nasalierung des
Vokals bewahrt, wenngleich auch nicht bei allen älteren zu Rate gezogenen
Personen diese Nasalierung festzustellen war. Die große Mehrzahl wies
aber diesen Stand auf und zur Bezeichnung für die Unterschiede setze
ich ein (a) = alte Generation, (j) junge Generation diesen Formen bei,
die ich hier besonders aufführe: 1 flii (a) (j) < * fliehen < fliohan (mhd. v lieft) ;
yii < gen (gdn)\ gasee" (a) gesec (j) < gesehen < geschehen ; jgg n (a) jag (j) <
*jdn < jagen ; klgg n ( a) klag (j) < klau < klagen ; rga n (a) rag (j) < * rein <
reinen < regetteu-, sga n ( a) safl(j) < < sagen ; sr/; n (a) s«'(j) ^ w/t C
sehen-, sdii n (a) sd/t (j) < s/e//, s<d//; t/r«(i Ä trtig n (d) drgg trag (j) < *train.
* trän < tragen ; rfpw n (a) dp« (j) < tfö// < ftto//.
Dhs Part. Perf. der starken Verben geht im allgemeinen auf -«/ aus,
da nach den hessischen Auslautsgesetzen auslautendes -n fallen mußte.
Doch haben wir hierbei einige Ausnahmen festzustellen:
1. Verba, deren Infinitiv auf -ln ausgeht, haben die gleiche En¬
dung im Partizipium: z. B. empftetevn = empfohlen; gafan ■= gefallen; go-
stcoun = geschwollen; gasotnt = *geschollen < gescholten; gasdoon ge¬
stohlen.
2. Verba, deren Infinitiv auf -/// ausgeht, haben gleiche Entwick¬
lung im Partizipium: gafoovn «= gefahren; yagoovn = gegoren; gabooun =
geboren; gasuuvn «= geschoren; fvrlcvn = verloren.
3. Verba mit stammauslautendem -// bewahren das // der Endung
auch im Partizipium: bagon = begonneu; basort = besonnen; gasiin — ge¬
schienen; yasbon, gasboun = gesponnen; gatcort = gewonnen.
4. Auslautendcs -n ist geschwunden oder als Nasal erhalten in ge¬
schehen, das schon in mhd. Zeit Kontraktion erfahren hatte: yascc n , gasee
= geschehen, und im Partizipium des an. Verbum tuon: gadoo n , gadou
= getan.
1 Dio Zeichen (ii). (a), (in), (j) hinter den deutschen Formen uud vor der Linie
bedeuten (ä) älteste Form — gesprochen von den ältesten Kinwohncrn — (Leute über
05 -lahre); (a) alte Form — gesprochen von Bewohnern im Alter von etwa 45 — 65 Jahren;
(in) mittlere Form — gesprochen von Leuten im Alter von 20 — 45 Jahren; (j) jüngsto
Form — Aussprache der Kinder und jungen Leute bis zum 20. Jahre.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ludwig Schaefer.
%
o 3
o, g>
1
I 2*
H Cj
2 > 2 >
<b
a <5
cb ■•- c%
<b -v- <b
ti P co
2 2 w. cb •** <b
<* 2 * <* *? <3 *? o 5 5 ’ti'tl’X
gp 2' a- <* <* <b ^ ^ <b cb <b
•5 a a aaa aaa aaa
Cb ■** <b <b
«o °a oj 03
a ß ß ß
•w 'w 'W 'W
a a a a
■** * 2 ^ J
O O £ « £
-w. 'W. ri ^ -*
a a a a a
cb ••** <b
2 « 2
2 2 o
00 00 00
<b 'b <T>
aaa
cb .*« cb
rc -ctf ro
a a a
« fc
fc fc fc
w k k
•w* ••*,
Cb Cb kl
aaa
-5 -*
a a a
,o .o o
05
C k k
c e a ^ ^
2 a
***• ■**«. p>. 2 j ö> öj
* * <* ** c? <* * <*
00 00 «c
a a a
a- 2' 2' cb <% cb 3
aaa aaa a a
^ 'S 3
«o »3 ^ ^ ^ aaa
o a *j ,ö a c a
** ** *>. *x 00 Oo oo
’•• Cb <b *b <b ^b <b
aa aaa aaa
oo
aaa
* %
$ % ^
k k k
cb cb cb
aaa
<*■•-<* k k k
aaa *b ^
aaa aaa
k
c
ß
ß
ß
•t -2 •£
^ 5 v
fb
00
f*i
oo
«w
<b
co
v
<b
oo
co
<b
co
k
*
k
<<
•
<«•
•w
^ : ?
&
'b*
2 >
Cb
2 >
Cb
s*
s > s»
2
2
2
2
2
2
k
2
k
2
k
2
-/.
k
V
%
4
co
k
00
*b
00
<b
s t
V«
55
a a aaa a a
a a
a a
aa aaa aaa *r
P
O
• mm
, ^-
03
co
K
co
> 4 >
co •%*
- 4 tf *^<
’S
"S
0 ^0
2 - -v-
ß 2 2
0 ** 00 *m
? ? -Si
••*. ’W. * M
2 ' 2 *
G J
£
co
co
V
co
c»
2
oa
co
co
>w
S-
-2
■^*
c*
-• 2
•w
int
&
•w*
:o
k
:o
♦.
2 ' 5 *
i
%
%
2 > 2 j 2 »
c^ *^ PO
1* ^
O
-P
2
2
2
2
2
2
«ü
2
2
«J
2
*y.
2
•4
2
•y.
Oj CO
Cb fb
03
<b
w
W*J
fb
Cb
a a a a a
aaa aaa
aaa aaa aaa aaa aaa
co
2
.2
«*
Cb
2 »
*s
2 -
ß
2 >
Cb
•« •
* 2 >
'’S
a
• mm
Cb
co
2
<b
o?
co
2
V
£
Ä*
•«*.
03
.Cb
k
•
N
2
Cb
<b
tJ
2
2
'b
<b
Cb
a
a
a
a
C
a
a
a
a
c
|
_ t:
©
’a
j£
a
Ö
'S'
(j)
p
k
C
p
a
©
c
©
T3
p
p
c
a
jj
o
c
©
.2
p
'53
©
p
tc
a
t
o
o
0J
a
•5b
'S
~tb
.2
©
o
*
©
co
p
i
-p
: 2
-«-*
a
6
1
o
£
£
’o
’©
pP
©
«p
©
-p
i
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITY 0F MICHIGAN
Schwache» i'rntcntum.
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
*5
<b
09
Cb
09
Cb
Cb
Cb
Cb
Cb k
k
O
O
2 *
3
k
•s. •*
*•*
0
0
k
•O
<5
-O -O
-0
Cb
<b
Cb Cb
cb
Oi
0» c*
I
I
Cb
Cb
cb
O9
Cb
©9
0 a
0
S
« «
*
* *
2
fe *
*
«o -o -o -o -o -o
•b
V.
<b
k
2 ~
•O -O -O -O
<b *b
V. 5
c
•O -O
Ö
•o
^ ß ■§ -2 -5 -5 -2 •§
S S
J J J J J J
-o -o -o -o
Cb ^ Cb
Sa,*
-o -o -o -o
cb cb
k — k
3 3 2
© © ©
k k k
2
-o -o
oo
^ -J*
^ o o ö
t « « * «
«I « b b
U 5 I.
•O -O -O -O -0*0-0
oo .09
I
k
5
•2 *2 -2
* S 3
-S-Ä-ä
•o -o
Äo », ft.
-o -o -o -o
09
k <«* <»*
a 3 s
© o ©
k k k
-0-0-0
? t
3 *
p»
•t: i
*
4 -S
<b <b
a a c -a
0 ^ 0 «k> # ^ ,
-o -o -o -o
**
b>
o
ö
£
k)
a
Q
-o -o
k
o
©
k
-o
CU
*
Cb
■ 5 *
N»
<n
*
%
?
■2
• 4 *
%
t
-5
*
k
Cb
• h
09
•«*-
• —
<b
k
* ^
09
k>
k
Cb
a
09
a
C
Cb
"^S
09
09
Cb
0
0
Sr
%
k
v
%
k
O
O
O
a
•
■O
-0
•0
•O
-0
-0
-0
-0
-O
•O
•O
•O
-O
-O
-0
-C>
■O
•O
-0
09
£
Cb
oo
(b
S -o
51
-o -o
Cb
SS
.©
-o
cs
cs
oo •»* u, <*
k> V :S 3 k
§l E
o •* -o
a
_ © _
b L
i
M
CU V
S SU
-O -O
5
•o
w
SO
<w\
Oo
Cb
Cb
^0
<b
k
C ^
»b
0
k>
© O
w
O
§
O ®
* ^
-r- ^
•0
•O
0
-O
O
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ludwig Sch&efer.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
" OSJ I (IS <ISJ
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach
#53
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
fließen /Wi« /?'///*«* - I //*# //*«» //** '/•'I 1 '/**
»?4
Schäfer
a.
•%
S*
a
a.
•t
*
«
*»•
o»
c»
^3
<%-**<*
.2 -2 *2 *2 -2
$ * * * £
* * * * .*
•■* >* .o
CT> -%a fb
»5 03 «0
a a a
CT> o»
03 03 03
•*. •*. ’•*
« ^ S
* ^ ^
§ 'S
<*
a, a
^ ^ ^ ^ ^ c
s^^^oaoS-sS.^
§ -8 -8 'S * * *
Ö> C5JÖ3Ö» ^Öj&jÖjÖj^Oj^Oi
Öj ÖJ 5» 5» Ö> O» ^ Oj
* .*•
2 *5
•0 «W
*-0 -w ■**
a 03 03
* * * 12 C C
rr~ w O* V.
S- 03 03
v < M
^ o o
v. v. u
§ I
s.
‘r
nj
<*
a
a
a
%
*.
$
c*
fc
"S
*
-a
(*
■a
rc>
a ^
G -v*
^ *> -* *~ ^
v •%.
fc I
ä>
C
a
0 >
Um
c
a
o
:oS
<D
<D
Um
X
X
•
M
***
O
O
CJ
cx>
t£
tx>
tc
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
I
% 1
1 §..
2
1
<%
1 1
1 1 1
•
1 ;3 I
1 1
oc
oo
■V*
<4
<4
5»
3,
©
.©
•2 ^
2 3
©*
3
<4
3
x
i
%
3 3
C- ©-
3
©-
•5
00
>9
© ©
<~
'«».
3
W
k.
3
3>
©^ ©>
3>
3>
3>
3>
S>
©>
3> ©>
ö>
©>
> "©>
3>
5»
©*
©>
!
I I
t
3 O Q
©» ©> ©>
I §.
s s
9 2
©>
•0 «1
11
5» ©*
2
©-
00
00 X «J 4> ©
ö> ^ öf O) Ö,
00
S 3, 5s
3 3 2
3 3 3
WWW
5» ©s
a- 1
1 1
**
•2
©
V
4
•2
4
•2
*
4
v.
3
5
<*
£ 1
1 J 1
1 t
>
•2
%
.5
•2
•*2
•2
A
c
■^. <\
, c .*■*
!
1-
2
3
ro
<4
3
V
"S
4.
3
5
w
3
X
2
©
•
©
•-K
•X
X
*>.
©
©
V
V
|
*
w.
-2' -S'
4 W
E,
: I
©>
©>
©>
©>>
©»
©>
3*.
3»
©>
3>
3>
©>
»i
©»
“©> "5>
©S
*\
.3> 1
J
1 .*>
oo
* •#
•2
*
o»
*••
2
oo
■»—
- 1
1 *r 1
1 *!:
•2
.2
§
X
M 1
3'
1 ^
*3
ilt
%
w
X#
<*
*
**
s
1 c l
•x
<4
1 ©
*>5
*
*
X
• __
©
X
• ^
©
S-
V
2
X
* %
o
•i
•2 -2
-r-r
|
I
r
>>
©»
>>
©>
©>
©>
©>
3>
3»
©s
©>
©>
©>
©>
©>
©»
©>
"©>
5» ».
©,
©^
c
49
.X
4.
•x
4 /
*X
4 .
v
• •
•
•2
4
©s
3 j
©>
"S)
V
—
c
ca
0
V
■*^
cj
*—
**
C3
La
*o
S
o
'ZL
tc
U)
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII.
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Infinitiv I Präs. Ind. ; Imperativ I Prät. Ind. Konj. Prät. Pait.
6
Ludwig Schaefer
»■ä
(*
*
•—
<*
52
•
•
c*
50
•
«c
• ■«.
*3
•
*
-w.
2>
>.
K
55
• -v
"9
5
•**
k
k
• P
*
•k
*
• —^
V
k
v
<* -v
•?: -5
<*
*
*
*
%
s
k
S
s
k
s
*
k
*
*
co
•
50
•
*
r,
*
*
s
k
’-5
• ^
* %#
CO
„5*
-5:
-5!
5«.
-- ^
a 5 q
2 w w
öl ö) ^
ft *
* *
*0
•S .$ ~
<T -iT
H
•s
l
*M
• —
# «to
• %
«0
5- c-
«0
•
CO
•
• ^
50
*
50
• -v
co
9
■ m
%
*
5 ,
%
Ö
«0
*«•
50
•*-
*-0
%
50
09
CO
*«
§
*
%
*
•* IN.
s s
*
*
*
«
*
*
5»
k
&
o
-2:
•er
C
-c
•cj
-5
■5!
-«
•C
-51
-5
s
e 5:
c 5J
<% "W. <%
, ^ ^
^ k>
« 2 .
k*
*b
o> -^f »>i
J5l 3^ S>.
■V.
^ **<
•y
2
f*
co
"5
co
^0
V)
CO
f*
co
co
'f;
5*
§.
1 e q
2 2
c
2
f V
w
'S
w
•— ••* •»
5T 5' C'
0 c
C5 ^
5
5
5 «.
§•
V
r l
r l
kl
w
**
*
5
k
*> ^
-5
-C C -5
*5f _ ^
-5
-5
-5
~5
-5
-51
<"* *3 —
1
i k
k.
k>
fk
Öi -4c
S^ =Ö1
co
• #-
• ~
■w
«0
00
00
V.
«6
00
Xr
<%
co
•W*
co
ij.
• 5
1 0
l k.
CJ
CJ
w
C
5
*Ö
r 5
co
k
k
•»-
S
5
• w
V
•
k
k
k*
k
C"
k
V
:: ?
w
»
v
5
r 1
V
%
5
.- ?
V
5
. 'S
• ^
§
*
!
■ ■ ■ •
5^
-5 -i
“*"•
_ ^
* 5 *
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach
6 ?
•
s
H
c*
a
a
a
• _
n>
*&
*».
* ^
•
<*
g> SS
S
5
5
*«<•
:©
•
:a
• •*.
:©
Sr
"w
*2 «2
S’
Sl
5.
t
•
K
x
'X
<n
ac -4«
• _
1 _
I
x x x ro -ic rc:
a a a a a a
‘5 S: 'S
H
X
H
K
"W
a
a
a
X
•
•x
• _
*v.
• ^
V
s*
• x#
'S
•x
•»•
k.
'S
'X
0
w
SS
-x
2 2 2
i
1 S
• •
kr öi
:a
• _
£ 8
■i
1
krox
•
.a
X
a
lour
•
*
*
%
*
•
2 -w
ft
X
X
X
-5
a
a
ö
a
a
a
°a
SS
SS
SJ
SS
t a
2
2
2
r a
2
*a
**
■*-
<s
.a
.«j
*w*
<+*
*x
*x
•X
ft
•**.
a.
•—
•
Xft
w
,w
.J'.
a
a
^ft
:a
*
:a
■
2-
«J
2
Sr
^*ft
3.
a.
S.
V
C
V.
#, A
*x
'X
-v:
•
•
-ic
•
• _
• —
v. «** k.
x
a a a
S _a Ö
P% •** **
X *>
OSO
a e _a
<% ■*- <*
X X X
a a a
S «
fc * *
a a
ec
«%^ft
X
<«a
*^.
X
*
•ü
•M #
2
3
^ tr
•*/.
•
*x
•»
*x
*
V.
*-u
Cj
’
—
“ 5 r
s
^ -
.ss
■ 2 *
2 ?
a ^
3. m y
•
:a
•
•a
V.
:a
2 .
•
a
•
o
•
•/.
•x
-X
ae
3
•
♦ j
-ic
• *
•^c
a
Cc
*
£
* S
V
* * *
• + __ A
-*■*->* ** X -w
a
a
X V»
a a
a a
a
a
x
x
a
a
a
a
*4
x a
a a
*—
c o
fl
c
a>
O T 3
0)
c
X
g
*T 3 O
•
J 3
• WM
0)
X
t*L
•ft»
X*
X
• w^ft
f>*
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
68
Ludwig Schaefer.
c%
^r.
rx
■ _
a
a
a
a»
a,
o:
••
ft
a.
a.
•a
w
Vs
a
Q
00
C
a.
o.
r a
•«*»
•—
a-
a
© #
a
a
5
5
a
5
$
a
5
<%
<*
(%
a»
aj
aj
a>
a>
a»
a,
X
> 0 "+
>
I £
*C
©
S : 2
! ^ ^ Ch
!' 3- 3'
»
s
i
23
s
o
3
s
1*3
a
a
° +Z
* ©
5 t*
• M mm - m
| 1
2
' 1
T3 ♦-
T3 ’-f5
§•3
3 ea
e*
.ij
1 «
— •*
*o ^
•
ro a<
% ^
ro
*
p
! 2 i
1 ***** *«**
C Ü
a
1
•—• X
•— x
S;
£
5
•
u
o
iS
2
3
X £
££
c*£
+-* £-
*C
o
a- a* a*
** **-
a a
f* ■*- f\
05 » »5
a a e
* ■** <* <* — <*
»5 05 >3 «5 « >3
a a a a a «
****«% ^ “s «* g» ^ ^ >
~« *»» *• ^ ^ K >s -s.
: e
Ch
3C
-ir
a- a- a-
a
ac
O
s
5 5 5 5 S 5
OQ QQ
a cs
5 5 5
o> oö ®J
o 3 o
5 5 5
§
«0 00
a o
? 5 «
£
a
a.
a.
a
a
05
a
05
a
»5
-4 —
t
a
a
a
a
a
a
•
a.
*
a
c a
a
X.
s.
5
t _
a.
^ •
v«
f a
°a
-a
a
a
'X -w **
a< ^
V' Ss,' V*
-* ■** ^
v- V' \>‘
f* -w
»5 00 3C
a a a
v- *>• ^,*
"3
ec
a
•3
a
05
t*
ec
a
<*•«*'*
>5 >5 »5
V- <^>' X>-
^•^•^•555 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 555 555 555
XI
:«
®5
a
a
5 a
05
Ca
<2^
a
a
a
2
3
a
r a
*a
•
e
a
a
'a
a
©
c
a
«*
a
a
a a a a a a a
*\ «3 ** ao
2^ ^5 af 2» ^ 2
v- ^<* X>- V* x>- x>-
<0
o.
v« .2
03
’***
a
-■*
>3
a
>5 ' 03
5 5
2.-2 ,
a
c o
c
a
a.
a
a
a
■5»
V*
r*
f.
"3
v.
03
©•
C
©
ho
:3
©
C
©
©
E
2
©
n
©
x.
■/i
©
C«
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
nehmen nym ./ j ny /// d nymd wo///, -//f npom nyy/nv neem gonytnj
ui mpst nympt noouipst nwmpt
u'nnut ;//////«/ woom tUHMid
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
■5.
a
i
1
v«
s
5
5a
k
k
a
k
k
<*
tr.
a
•
a,
w
k
k
* -w»
k
i
#
•
*
•b
<b
p*
<b
a>
a>
a*
a>
a>
a>
a>
I
I
6 §
c* -=
.§!
r.2
2 .2 £
S, a, S, Ö
«39-511
C. ^ C.
a a a
= *
■£Jt
Sb*
«2 ■**
a. "3.
!b
o
^
Sa Sa
a, a, a.
;£ ®
-*
?• a. ©
^ 5 5
-*-*->*
i i i
2 ^ 2 5
— *«». ’•« •-*
% % $ *
% « € i
w w w ■-
•2-
*b
k
•
2
3
•
N
00
fb
oo
Pb
Oi
a
a
o
•
u
c
Q>
k
k
• mm
te
k
ka
k
k
k
-B - .a.
,8.
fc «i «
S t £
_ __ _JJ« :cC
^ ^ ^ i
* * *
ji
•c ®
SO*
o
k
oo
a
k k
«C
&
<b
k
oo
k k
>5
«0
••i
•a
•
sX
5a
*
*
v *>
a c
a a
s
c
2
<w
■5
4
a
a
a
s
a, ^
a.
"aa.
k* k* k-
^ Sa J:
■ie
2^2
"b ^ Cb
5 s a
5 g 2
k
I
8-
C
a
k
<%-
2
•
a
a
a
ec
«c
00
k
k
6,
V
k
k
a
V
V
t»
a
a
a
e
a
a
C3
Ja
a
a
a
a
e
a
k
k
k
k
k
•
k
k
k
•
' • £
? *
k
s
S* 00
I
*
S
k k k
a a a
a a a
ä. a, a.
,45
SU
k*
a Sa ^
5.3 « I I I i s ^
k* '■*• •«*. S >* **•
5 £ i
Pb
Ss
O!
a.
a.
2
a
pb
00
?
00
k
2
k
k
k
'-C
k
k
k
k
k
k
a
a
a
C.
a
a
a
a
a
a
a
a
a
V
k
a
a
o
a
a
a
•
k
k
•
k
k
•
k
k
•
k
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
0
Ludwig Schaefer
rz y
- C- C- C* C 5! e
1 >
"3 ?
3 &
3 «2
Ü
> (T.
* c- x _
2 =
* ^ ^ £
.*%•+»**
-3 ^ ZJ ^ £• Jz* < ^ *• *3 o
z >* >' C* Q JS C v > c c • ~
«& eo y.
=• | £
C 2 C
^ N W
% fc % <v
£ £ £
•* ** -*• »*• —
W . ' W . >. > > >
•/ *y. •». *>. *x -y.
■3 -2: 5 5
•~-» <*• «*.* *• >
-O
*»-. -». t n 4-»
2 C 3 C
2* 5' 2 5: 5 ä O
2 o
_e t£
?»
2'
^ 1
2'
*<%»
>3
•••'
■*-
* «.>
;Z
03
•
• —
•
• ^
»3
"5*
w #
•
*v #
•
'C.
2
•3
00
03
‘y.
*x
•».
*'/.
•y.
-y.
*y.
>x
*x
x •
ft-
^ •
•
“0
•
•
x
Ai
2
* ^ •
^ •
0
^ •
A
"3
•
&
•<.
■
^ #
>3
• ^
• w
y.
w
■z
V
*
<
• ^^9
.
•
• £
•
•*
•
•
•
•
•
y.
X
>.
X
»«
•/«
X
•y.
l
—
A
r w
w
»3
•
•
•
•
•
•
Vwl
• —
V.
X
•a
y.
•w
#
.^c
•
c;
5
1 c
•
:c
:o
A
■
%
•
&
:2
•
:c
•
' 2
•»
y %•
•2
c.
v
"5
v.
*-
•
•
9
•
•
y.
X
y.
X
y.
/.
*x
1 ' •
^ V.
y. • /.
v
2 ^ 2
^ ^ ; 5 5
/. *y.
* *
-/. *>.
** ** * ^ •*
w ^ v ^ '
•/. .•*/. y. *y. ■/.
•y. -y. *y. *y. -*/. *v.
sis^i s '5 -s i l
~ ~ = %--S£Ssa
•/. y. •>. ••/. *y.
> I
* W
I
C N.
y. -y.
S
©
o
9
©
bt
c
A
,y
A
V
Jj
t
5
Js
*9*
• 99^
Zj
©
c
*©
1 /
♦—
A
D
©
-p
mJ
■■A
•
3
e:
rt
13
*3
" >
13
M
•
X.
X.
X
/.
7.
/
W
*/)
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
v.
X.
*X
£
fx
•>!
-c
v.
■»«*
X
X
X
ft
C'
X
*•<
X
X
.
a
ft
V
%
x
*X
•x
•x
*x
•x
•X
•x
*x
<*
L)
•
ft
V
V
3
■$
•
a
H
ä
ft
• 0
a
•CT
*».
*•/.
•x
'X
•x
•x
•x
•X
'X
*x
• _
a
a
a
X
X
a
5
r»
•«<
2>. =>.
2
2
* •%»
.a-
„a*
.a-
.a
-S -5
*x
•x
•x
'X
'X
'X
*x
*x
•x *x
£
•V
£
- f
X
S
X
j*
X
^•1
X
2
5
*••
2
2?
S 2
2?
£
a
a
*
2
*>
#*0
•ft»
3
a
a
a
a
e
a
X X
a a
s
Äi aj
2v
3-
a
a
Cy
a-
Ä
C-
a-
5 ^
C- c-
a
a-
ft
X
ft
.»
2
•••
2
2
'<•
■S--S-
-S -2
»
s
X
'X
'X
*x
*X
*x
^ *x
*x
'X
-X
•x
*x
*x
*x
-x
*x
*x
'X
•x
*x
'X
'X
•x
•x
*x
"X
*X 'X
'X
-X 'X
*X
k
•w
•
• ^
•
1
1
1
•
•
•
•5
* •
• •
<
a
a
a.
a.
J:
#•
•
V #
a
•2
•
2'
•x
'X
•x
'X
•x
*x
•X
*X
•
.X
,"x
,x
.X
V.
.X
.X
.X
C.
c.
• ^
V'
V
• ^
%
V
•
a
a
a
a
a
a.
a*
a.
^ •
5
^ •
V
V
V
V
•»«-
" v -
V*
•X
'X
•X
•x
'X
"X
*x
•x
*x
*x
'X
'X
•x
‘X
>x
# x
Hi
v ^
•%w
**
V»
.2
•2
.2
•
.t
,!y
t.
ai
•
|:
J:
a.
a.
•
•
2'
V #
a
a
a
V
«w.
#
a*
a-
’X
'X
*>.
A X
*x
'X
^X
-x
*x
*x
•X
# x
# X
*X
'X
'X
O
•
X
Ä %
* %
ul
.X
■*«-
^■»
X
■»—
X
X
•-0
*^-
X
•*•
a.
•fk
x
"2-
•2
X
•
• —
ft.
s.
X
a
X
•
a
• ••
X
• —
:a
X
•*«
:a
a
a
*S
a
a.
a- £.
a. _*j-
a. \ X.
2* 2* 2-
•2
2'
•2
W
W#
•b-
ft-
a
.a
a
ft
-a
•«*.
a
•v
X
•x
•x
X
•x
'X
X
*x
> x
•x
*x
•x
*x
•X
*x
*x “X -X
•X *X 'X
'X
*x
•x
# x
'X
•x
*x
*x
.2
-5
s c
-3 ca
— o
• • ••
o *£>
CC CO
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
72
Ludwig Schaefer.
••2
CU
c
o
u: ’i
<*
.
<b
cc
b
b
‘w
b
b
■t -
jg
x
5
•
*•»*
v.
•
b
•
' 5 :
•
•2
•
k
*^.
•
k
'X
-X
A
‘X
*
-x
*x
b
\
b
b
b
b
b
b
2>
2>
3 >
2>
2>
^ •
2;
2
2
k
•X
Iw
>
•
k
2
b ^
“3 "2
■U
CU
b
X
*^<
X
b
X
-2
X
0
2
3
b
•
b
•
• -
b
k
•
•».
b
k
b
5
Cb
k
•*-
'3
'2
c
* Fi
0 b»
w
‘C
•
rw
w
‘2
•i
•
•
•2
• _
-b
i 3
•^.
Ä.
Cb
•
Cb
12 >
«-
<b
s
5
**
?
5
5
ST
p*
v'
k
k
•
•
•
V.
w
w.
5-
*
ie
'X
•X
-x
»X
'X
'4
'X
-X
*x
'X
•x
'X
*K
*x
*x
'X
'X
*x
•X
*4
'X
•x
*4
'X
-x
'X
'X
■4
X
X
4 4
1 1
"3
0
* rj *
X
* ~ij *
w.
•
•
X
•
5
s
5 5
**
2
2
2
c
-X
'X
*X *X
*x
^0
'X
*x
*x
'X
'X
•i 4 *ji
£' ^ ^
•X >X *X
•w X
c
• _ • ^
C
■*- "k'
X
«•*
2 ‘2
'2 '2
' 5 ?
'■2
•2
•
• ^
i:
•■w.
X
e
k
c
bj
C
W W
w
v
Iw
Iw
u
k
k k'
se
k
*4 *X
*x
*X
*x
*x
*x
*x *X
•x
>x
'X
e
s.
c
I
b>
3
3
2»
•»
*■/.
k
k
3
a
k
k
5
*X
k
3
£
*x
k
3
is
■/.
1 :
1 .
b ■*- cb
II «} u •»
k V k
2 3 3
,333
'S ! 5 5 5
>ZZ • 'X 'X *X
o
: e
r».
fb
X
% .
X
w -
»b
X
1
1
b
•
£
b
§
X
3
b.
3
t*
ö
b
3^-
*b
a'
<b
§“•
t
C.
b
•
b.
c
8-
Pf
b
i?
b>
b
b)
c
3
3
3
3
k
b
b
Jr
3
w
3
3
3
3
3
3
2
5
5
2
k
k
•
•
k
k
k
•
k
k
k
k
*x
•X
-x
# ^.
*x
•X
*x
*x
•X
*X
'X
*4
>x
•X
'X
•x
•X
-x
•x
-x
b
k
3
’>
Cb
2
3
"x
b-
3
X
k
3
»hf
Cb
X
X
X
Cb
•
k
3
X
X
3
•
3
b
•
k
3
X
•»*
k
3
k
3
13
V
5
c
5
5
k
V.
w
3
•w
3
>»
3
3
>
X
'X
•X
•X
X
*x
*x
'X
•V.
*x
*x
# x
•x *x
!•*
V.
•x
k
‘X
5
X
X
k
2
k
k'
3
k
b;
3
•
3
?
*x
•X
•x
•x
k
£
X
b X •*-
k k k
3 3 3
k k k
*x
X
b
X
V
3
3
*x
b
X
•x
k
3
•x
b
k
£
*x
b
k
er
b
3
cz
c
0>
S
z
>i
c
0
~a
s
•
E
•
*S
0 G
4B ^
E r
. . —■
0) w
M 2
-fl .5
r? »m
-5
"5
O
• %
cc
aa
X
X
X
o
’5
c
-fl
’Z
X
tc
-fl
o
cx
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
.* traej suae 9 I «trete I :, -A:/ .$*rtA* swijj
s tretest .«tretet < $ tri Ist Strikt
Die Verballlexion der MuDdart von Schlierbach.
•*b
-
■
X
•b
- 00
«b
•
I
• k
%>
b>
50
>5
CO
!
I
-3
<b
•w
2s
<b
■*-
»b
s
a
a
a
a
l
**■
c
;v
o
O
a>
a
' ^ •
e
a
2
22
»a
•
r a
<b
'C*
•
13
L
V*
s
£
Sr
'S
'a
4 S
5 ‘=
-*
'X
*x
*•0
*X
*50
*50
'S?
-x
•x
*50
50
«0
50 50
X
<b
■w
*b
5
t ^
S>
<b
«v»
*b
^ •
a*.
' " •
sr
**•
•»
a
a
a
a
C
a
s
a
50
X
Co
X
SO
X
o
X
co
p
50
O
"a
o
s
X
s
Q'
S
V
sa
o
=a
o
5'
V.
p
-X
a
•—
5
•
•*
o
'S
X
'S
'S
C S
X
'S
‘S
V.
ü
Ja
ss
Ja
is
Sr
*
V-
Ss
a
'S
<a
'S
*s
'S
'S
•X
*x
*X
'X
»3?
»X
*50
*y.
*x
*x
»X
X
X
x
X
X
X
X X V
^ 5 ^ ^ 2 £
fcÖC CJOC ca
«o >5 »i >J »3 »5 «0 v.
I
I
>1 •'/. *X 'S? 'X •/. *X *X
2 !
a
=5
•
• ^
o
0 .
•*W
•
•
•
■»—
0 .
s
s
•w
0 .
«-
0 .
s
s
•>.
•>.
X
X
X
X
X
X
X
X
~i
a,
s>
?*N
a
a
••ic
s>
*«
^1
a
a.
=a
^ •
~^ m
* M
•
•
•
• ^
s
*z
a*
t #
^ #
^ •
V #
X
•
•
•
x
cc
X
X
X
X
x>
X -s.
Cb
-a*
%
X
■S*
<%
••
a
'•**
a, a,
5 5
=s
•«*
S*
•
•» #
a>
•
a*
a
a
• _
’5
* ^
.a
X
X
*
X
p»
■b
V.
a
o.
X
•
*£
s-
5w
•
a
•
a
•j
V
a
* *w
w
* ^ #
a
• _
a
* -•»
a
a
t
s
s
53
a
>.
X
•x
*x
‘X
*x
•x
*x
*x
•x
*x
X
X
X
X
X
X
X
X
X
•
5^
5«.
5
' ^
ir
a*.
•
^ •
Je
a
* •*»
•
a
■b
0 -
•2,
s
s
p
a
V
*b
fb
s>
a>
•—
S'
*x
'X
'X
X
X
X
•
X
X
□
a>
S-
a
o>
s
o
s
'S
•
W
E
•
bc
9
o J-’
Q
:0
»—
U
c
=
e
s
% °
’>
»—*
Z
•
ZJ
r~
1 »
•
1 *
tp
i;
i>
o
V
’S
'S
,2
•
• «■«
C /3
CO
CO
CO
CO
CO
co
X
co
J.
Digitized by
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
rsaJ's'rh sii$ ' sjjs eans ft 19 $ I — r > . / $ r > . / > es'jtn . uozjis
74
Ludwig S«;haefer.
*/ *x ••/. •/. *x «x *». *>. *>. ■/. -x »x •'/. *». *». *x *'/. */. *>. *>. *>: *•/.
>5
»5
v. w
s
. X
X
--
1^1
•2
•
iJ*
s #
• •
-C <5
•
•3
•
5 2
-3 -3
S H
-T-T
H.
H
'3*
N
*§*
S
J
v
•
w
*x
•v.
*».
*x •».
*x *».
*x */
*ao
»x
*r
*r
*x
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die VerbaUlexion der Mundart von Schlierbach
75
V.
•
«*•
**
•
3
3
't
•
3
3
•
• ^
•
* /.
: ■»
*y #
•D
# y.
-V.
•y.
•
•
P*
«■*
-<
H
3
■— * —
“fc
*X *». •».
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
76
Ludwig ßchaefei
«J ^
0 -, 2 .
I w
«c
«O
ki k.
•' r •
^ 35
U W
s
2
- 2
<* .*» cb
s ä, s
Cb
cb
M
ö
2
2
2 2
e
2
cb ^ 'b
k»
2
2
o
o
Ä
2
o
o
o
2
2
2 2
2 2
o o o
'•* '**
k u W
i
®
2
2
V,
2
2
9
-a< 2»
A> 2> A>
2 2 2
0.
*
$
«
w
Cb
Cb
k
Cb
W
Cb
k. k.
Cb Cb
"2 'S "2
^ ^ ^
“2
"2
w
Cb <b
09 00 00
2 2 2 ^ -b *b
o- cy o *x x *x *».
5 S ö* 2' 2' 2* 2‘
^55 Ji j &
7 $ >
^ J' ^
^ ^ ^
^ g' r
50
A, ft, A
>i
2 2^
1 2 |
-5
w w k
'c.
>x
»3
•
2
k.
W
2
U
•**
•w
2
2
2
2
«*■
2
2
2
2
2
2
2
2
$
s5
*
«k
b,
k.
k
W
V.
w.
V
c
Cb
<*
.cb
*2
"2
2
00 00
>» >
8: S 8: > ~
*5 5s 5s S
*<X *00 'X
!' 2' 2' 2'
! 5 s S 2
T 1
•
I
Cb
oo
Cb
»3
l! ^
11 s
ll 2
■
'S“
,bi
2
*b
k
b>
2
k*
2
cb
k.
bi
2
5
2
'S
“b
k
2
*S
Cb
2»
Cb
A>
^ •
•
%
«
• —
%
•
%
ft
*W
2
bi.
bi.
2
b;.
Cb
«o
2
2
\* J
Cb
n
2
•
* ^
*>.
•
*b
*x
Cb
*x
*/.
* «w
■b
*/
• ^
! v
k.
s
2
2
2
b.
k
2*
2'
5 #
•
U
k.
k.
k.
*».
v ^
S.
o.
w •
2.
2.
w
1 c
s
>
k
“2
k
*2
V
•
£
£
c
•
v»
■§
*2
5
c.
c.
C.
k
S
£
fe
fe
5r
|j » 5.4
! <2
s '««. '•*■
£ k. k.
r* «o
^ 2, 2,
2 2 2
5 £ £
>) ^
■»-.
«0
-b -i*
$» A 2«
«
o>
•
o
03
* —
2
03
-• •«•
2 2
co
•
c
<b
s
•3
03
Cb
*x
<b
*x
*x
•X
>)
•
•
•
bi. —
Tr i
k.
bi
k
k>
bi
•-%.
2.
*».
bi.
*x
bi.
•-**
2.
•*«
2.
*
•
k»
k k k
5
S
V
c.
cb
cs. 2.
c.
«w
k.
k
2
5?
5
is
k
?
: £
I o
II £
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Verbalflexion
der Mundart von
Schlierbach.
"5
-v.
©.
0
9
<*
k
©
©
1
o>
**
00
^ X
5-
©
©
rc>
©
p
k
k
• r*
Ss
(V
©
Ss
©1
©>
J
©*
©>
©> ©>
v
©>
©>
'W
©>
I
•
§
<*
is
*/ #
r*
•x
©
©
c
^ •
#
s
j*
©
Cs
©
•
C
S
k
is
•
b
•
3 -S.5
itt
k V. k
1^
•
<*
©
K> j.
§1
' v
ro
' — -
•i.
b.
•i.
•'S.
*■»
,k
cc
*
oc
5.
x
$
00
*
**
*
X
*
'—
•
c
©
©
c
©
©
©
©
CT
k
k
fc
5s
5'
•
•w
k
is
is
ä
c
5-
is
Sä
Sä is
k
X
U. a. ** 5 . I* <? & & 5 * .c
a Sä ss 5 5 5
-V. -50 ^
. 8 §
is 5a Ss
k
_ Cr a
00
■v*
%m
•0
00
X
00
00
^ ^ ^
**
k
•H-
i> # 2
C
*
*
*
*
*
U k k
'© '© ‘CS
©
©
©
©
©
©
ST
5s
’fc 5*
a
Sä
k
iS
Sä
Sä
5»
Ss is is
t*
Sä
k*
1 1
'S,
1
•
i
•*«*
1
•
1
l
e*
1
•-0
# X
R
ml
• .
>«-
«J
c
•Ss
k>
©
oo
«>
t
©
5.
c
©
©
k.
©
a
iS
Sä
§
s
C
c%
?*
oo
X
X
<*
■*-
=5.
©
•V.
w •
'X
c.
i X
©.
Ck
<n
^ •
•V.
©.
•x
S.
kt
k,
k.
c
k
k
<*
w
i
&
k
<*
is
k
k
k
k
©
k
k
©
©
k
k
©
©
2
W
•|_
•
k
©
k
©
©
k
©
X
k
©
X
k
©
X
k
©
.-b
•
•
k-
•
k-
.x
k*
•
©
©
©
©
©
©
•S
©
©
©
k.
k.
#
s
J-
k
5:
is
k
k
is
k
!s
S:
a
k
is
k
Ss
k
iS
k
•*.
•
iS
k
•
k
k
k
k
k
•X
>x
•
^X
•
ra
<r.
*».
*X
k
cv*
Cv
is
A\
^ —
Ä, ©,
ä\ e.
ro
k
k
©
k
k
©
k
k
©
•S
|
C
k
©
k
©
k
©
•'Ä
X
k
X
k
X
k
c.
V
^ kl
w V.
©
•2
©
•
©
:3.
©
•2
©
c
©•
3.
©.
©•
k.
k.
k
Xi
'k
k
w
k
S k
©
©
©
w
©
©
©
©
©
©
V-
'Xi 'XI
©
©
©
©
©
©
0
k
Sä
k
••
k
is
!e
b
k
•»<
k
iS iS
k
k
k
k
•
is
k
k
Ö
5ä
ir
k
-
k
iS
is
k
Sä
is
—
• *—X
©
tc
—
a
©
ö N
c
4 >
#
!h
©
; .a l!
©
9
‘S
©
Es
Digitized by
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
7 S
Ludwig Schaefer
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
79
Übertritt starker Verba in die schwache Flexion (vollständiger und teilweiser).
Infinitiv
Präs. Ind.
| Konj. Prät.
l Part
beichten
bu iah
*
bn iah
%
-
gtbairt
biegen
bcerejt
bmrjt
barekt
gtbrerrkt
bitten
bidt !
%
bidd
•
bau Dt
g»b(t
brauen
braouj i
braoud
—
gtbraout
brennen
bren
Ar^t
braa n 7it , <m n
gtbraa n nt ,
dorren
dr Oft
%
devn
%
—
gtd$Dt
flechten
flecdt
fleah
flcct
gjfcct
jäten
jrrnrt.
jrrrrrd
—
gtjrarvly rar
kauen
kaouj
kaout
- •
gokaout
kneten
kntHvurj
knrerenrt
—
gtburmd
pflegen
fl er ?
flecd
fleert
gt/lrarct
11
f leert
fleecd
ii
•i
salzen
saallsj
saalist
sä allst
gdsaaltst
schaben
Stillt) IC t
saautrt
San opt
gtsaaopf
schieben
sinnet
sinnet
Supt
gtsupl
schinden
s i n t
•
{n t
S i n t
%
go&(nt
schöpfen
seht
•
s$bt
gtsaft
11
ii
gjS$pt
spalten
Sben
Sben
Sbelt
•
gjSbelt
spanneu
sban
Sban
gdSbaänt
tragen
Iran ”
traa n
truk
%
gdtrrrrrt
weben
fcceut
irreiet
uerpt
gdweept
winken
tcuygj
wutjgt
tcxiykt
gdicuykt
zehren
tseeon
t seeon
— *
gtlseevt
niesen
n (Ptcisdo
tt fr <r i s d t
nrrrrist
gdfueceist
nieten
nrarirt
nrarirt
i
gtfnneil
Schwache Verba.
Infinitiv
|
|
Präs Ind.
Prät. Ind.
! Part. Prät.
1 _
achten
nxdt
%
nxdt
—
— —
gtan i ct
ächten j
oiedo
• nie dt
—
—
(i ict —
gtoict
ächzen
(tiefst
%
n ict st
%
—
—
— -
gta ict st
ackern
({igv ft
'/ ig»n
—
—
ffigvt —
gt([ igot
ähneln
een an
• •
eentn
• •
—
—
eentldt, t-t) —
gteentlt
ahnen
aa^nt
aa n )M
—
—
ad^ndc , (-1) —
gtd(i n nt
altern
adlon
an Ion
—
—
inlloih , (-1) —
gtadlvt
ändern
871 vn
•
en Dn
—
—
envdt, (-1) —
gtennt
|
ängsten
aiygsdt
(t iygsdt
—
—
- -
gtaiykst
anstecken
oo n sdegt
sdegt on 11
sdikst oo"
—
- -
oo n gdsdirt
ii
—
—
sdekst no n
•
—
- - —
—
an wenden
oo n trnit
irr n j oo n
—
—
ima n t on 91 —
no n g*iran n t
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
so
Ludwig Schaefer.
Infinitiv
Präs. Ind.
arbeiten
tr r fr d
ip <p r u j
tpftrpst
ärgern
erjun
erjtm
erjD.it
autschen
u V fl
U s V fl
—
baden
Itanvra
\>äit nra
—
ballen
b$n
ben
•
—
batten
badd
%
—
—
bauen
baoud
baoud
baontst
beben
bceamca
brecenwa
—
bedauern
bsdamwn
badaouvn
—
bedeuten
bedoira '
badoira
—
begegnen
. , . i
bagaa*no
bagua^n
bagun n st
begehren
bagirfpvn
bagrerrvn
—
befriedigen
befr Urtea
ha fr Urica
bofriiriks
n
%%
%%
b d fr i i r i r s ■
behagen
bdhtiuvy
—
—
beichten
bqicdd
buirda
•
—
berappen
bsrebo
barrba
—
11
barnba
b ar ab a
—
bereiten
hanr/rra |
barrptrra
—
boschweren !
basiriinn 1
basici i na
—
11
M
—
11
babweenn
bastcecvn *
—
bessern
besvn
•
besvn
—
beten
bfFtrvrd
bfPfPvrd
—
betrachten
bdtrqxda
bdtrqxda
—
betteln
*
ben
%
ben
%
bevltst
%
beugen
beejd
beejj
beekst
bewegen
weejm
iceejan
rreejaltst
biegen
birrpjv
bfPtpjo
bfpipkst
bitten
bida
%
b{d>
—
blättern
b leer un
bleervn
—
bläuen *= blau
machen
blee 9
bleea
bleichen trans.
bUrtrea
hUnrc»
—
flicken
U‘ 19 J
blinken
bin igga
bluiyg»
—
blühen
bloij
—
bloo ist
• •
bluten
bloura (qu)
bl o n ra (o u)
bl0 utst (nu)
bohren
bfPfPV ff
bfpfpn n
—
brauen
braoua
braoud
bruoutst
brennen
bren
• •
bren
% •
—
bringen
brn if/J
brn i tja
—
brummen
brotna
brotna
—
borgen
bar ja
btrrjd
brerkst
buttern
bodon
bodon
—
danken (a)
daa n go
dun n g a
d n u 71 k s t
„ (j)
ihm n f) g
ihm n gg:t
du unffkst
Digitized by
| Prät. Ind.
Part. Prät.
—
9
<earpt
gdrpfprpt
0
—
—
gatrjDl
—
tfkvda, (-t)
—
gau&ot
—
bannt
—
gäbet not
belda, (-t)
—
gabelt
bat
•
—
—
gabqi
—
—
—
gabaout
—
betopt
gabeeopt
—
badaouvt
— j
badaouvt
—
—
—
badoit
bagau*t
bagua*nt
—
bagdä*nt
—
—
—
bagrerevt
bdfiirikl
—
—
bafriirilt
bafiirict
—
—
bafriirirt
bahauv^t
—
—
bshdno^t
—
—
—
gsbqict
—
—
—
bsrept
—
—
— i
bsrapt
—-
—
—
bdr(P<pt
—
—
bs$truuv(
—
—
—
bsSwiivt
—
—
—
bdSiceent
—
—
gsbqsvt
—
brPfPvt
—
g 9 b<e<mt
—
—
bdtrqxt
bevlt
%
b$olt
—
gsbqvlt
brekf
böxkt
•
—
gsböikt
xceejalt
—
gdxceejslt
bfp(P kt
brerekt
gzbfptrkt
—
bannt
gabil
—
—
—
gsbleerot
—
—
gdblert
—
—
—
gdbltPfPct
—
gukt
—
gagidt
bla igkt
blqiggda (-kt)
gebtnigkt
blooit
• •
—
—
gjblqut
blout (qu)
—
—
geblout (qu)
—
—
—
gobfPfPvt
—
—
—
gsbrnout
—
brau 71 nt (im*)
—
gdbruu n 7 it (im 7 ,
—
broret
—
gsbroict
-
gsbrompt
bterkt
bfprkt
gdhfp rkt
-
—
—
gobodnt
d n u 71 k t
daa n kt
gada u 7i kt
ihm " tf kt
du a*fjkt
g ,i d n ii n g k t
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach
81
j
Infinitiv |
Pifis. Ind.
.. 1
Prät. Ind.
|
Part. Prät.
dauern
daouvn
daotivn
—
daouvt
■ ■
I
gddaouvt
decken
(1 a ig j
da ig9
—
—
dqgict
—
gddggict
dehnen
deen
• • •
deen
—
—
dfent
—
gddeent
dengeln
deym «
deydn
—
—
—
—
g9deydlt
denken
duiygs
daiygo
—
—
dooict
—
gddooict
deuten
doird
doird
—
—
—
—
g9doit
dichten
dicd9
dicd9
—
—
—
—
g9dict
dielen
di in
• •
di in
• •
—
—
diilt
• •
—
gddiilt
dienen
di in d
dÜ7ld
—
—
diint
—
gvdiidt
dingen
d ui 7)9
du i i)9
duiykst
duiykt
duitjgd» f-t)
— •
gdduiykt
donnern
d u u n n n
—
—
duunat
—
—
gdduunvt
dorren
dev 7i i
—
—
d$vt
—
—
gdd^vt
dorren
1*
denn
d$vM
—
—
gdd$vt
drechseln
dreksin
dreksin
*
dreksiltst
•
dreksilt
—
—
gddr^ksilt
drehen
dreeo
dreed
dreest
dreet
droot
—
gddroot , oou
drohen
drood
droo9
—
—
ii
—
gddroot
drucken
drugo
drug 9
—
—
drukt
•
—
gddrukt
drücken
dröik9
dröikd
dröikst
dröikt
drtfxt
—
gddruxt
M
—
—
—
—
dröikdd
—
gddröikt
dulden
dould9
•
douldcf
•
—
—
—
—
gddgult
düngen
d u i 7) d
d ui yd
duiykst
duiykt
duiykdo (-t)
—
gdduiykt
dunsten
donsdo
do7isd9
—
—
doTudj
—
gvdonst
eggen
ecjd
eej9
eekst
eekt
eekt
—
gdeekt
ehren
Hirn
iivn
—
—
iivt
—
g 9 Hot
eifern
aefrm
aefrm
—
—
aefvt
—
gdaefvt
♦ulen
aaen
aam
—
—
aaeldd (-t)
—
gdaaelt
e inten
$V)ld9
eundj
%
—
—
—
—
gaevnt
erschrecken
intr. u. trans.
eüsrrr7)gd
evsrrevgo
fvsrikst
evs rikt
evürn nie t
•
—
evsruuict
%
erzählen
eotseen
%
evtseen
•
evtseevltst
•
evtseevit
%
{VtSOOUlt
—
{vtsoou/t
fallen
h»
fen
—
—»
—
—
9>W
erben (a)
i r ic 9
%
i r ir 9
%
irpst
irpt
irpt
—
gd{rpt
ü)
!C 9
f r ff 9
erpst
ei-pt
erpt
—
gj$rpt
färben
ftpru'9
ftrnc9
—
—
ferrpt
—
gofeerpt
fassen
fas9
fas9
—
—
f(l8d9 (-t)
—
gjfast
faulen (h. u s.)
faoun
—
—
faoult
—
—
g9 faoult
federn
fervn
fervn
—
ferul
—
—
gjfervt
fegen
flerejd
frerrjd
frerekst
f(Prrkt
fairegdd (-kt)
—
gjffecrkt
fehlen
feen
fern
—
—
foolt
—
gjfoolt
feiern
faaejvn
faaejvn
—
—
faaejtxh (-1)
—
gjfaaejvt
feuern
foijmi
fiijun
—
—
foijvdd (-1)
—
gtfnjvl
fischen
foi$9
fgisd
—
—
—
—
gjfgist
Uackern
flqgvn
—
—
flagot
—
—
gjflagvt
flattern (h.u.s.)
flqtcvn
—
—
flat ent
—
—
ga/lajrvt
flochten
fl^cdd
fleedo
fliest
flert
flret
—
gdflect
fluchen
flnxa, H
flllXdj H
—
—
—
—
goflnxt, u
flüchten
2
fliedd 1 flicd9
Zeitschrift für Deutsche Mundarten.
VII.
"
G
~
yjflirt
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
82
Ludwig Schaefer.
1
Infinitiv
Präs. Ind.
I’rät.
Ind.
Part. Prät.
fragen 1
freej
freej
f recsl
freet
fr not
—
gjfroot
freien
fraarjj
fraarjj
fr tt act st
fraari
—
—
gjfraaet
= heiraten
i
fühlen
fnin
fom
foiltst
foilt
foult
—
g 9 fo tt 1 1
führen
1
foijnn
foijnn
—
—
—
gdfoint
füllen
fin
/in
—
—
—
—
g 9 foult
ii
•i
ii
—
—
—
— -
gjfilt
fürchten
ftr tr i c fl j
f tr tr ic.tlo
—
—
—
—
gj ftr tr i e t
•i
ftr icd J
ftri cd 9
—
—
—
i
g 9 ftr i r t
11
feedd
feedo
—
—
—
■
gofect
füttern
fo u r n n
fo urun
—
—
fo ur nt
—
g 9 fo n r n t
gähnen
giib 9
gi ib.t
—
—
giipt
g9giipt
genügen
gjniijj
—
—
gjniict
—
—
gjniict
gerben
gcricj
yenrj
—
—
gerpt
— 1
gjyerpt
gewähren
gdtriion
g j tr i i tt n
—
—
gjici i nt
— 1
g 9 tr i i n t
y9irce du |
gjireenn
—
—
gdicccnt
—
goirccvt
gewöhnen
tjdwiin '
gjiriin
—
—
—
—
g 9 tr i i t
glauben
g Irr tr ir 9
gltr tr tr 9
—
—
gierte pt
—
goglrr.tr )t t
gleiten |
gtöitsd
glbitsj
—
—
glöitst
gjgl Ii 1 1 s t
glückon
ylöikj
—
- -
gib ikt
—
—
gjglöikt
glühen
glgijj
glgij9
gigist
nh't
—
—
gw/tait
grüßen
gri*9
gris9
gr ist
grist
—
—
g9gr i st
g r ii89
gri is9
gri ist
gri ist
—
—
g 9 g r i i s t
haben
h a tr 9
Ii tt tr 9
ho pst
h o p t
h o p t
gj/io pt
= halten i
v
h g tr 9
It g tr j
It g p s t
h'U't
hQpt
—
gohnpt
ii
hob j
%
h g b j
ii
11
—
M
hacken
hagd |
1 hagj
halst
hakt
—
—
(jdhakt
i
hängon trans.
l ‘'! Öf'J J
Ii tt 1 //// 9
ho i gkst
ho ipkt
—
—
g 9 h u iyk t
M M
11
•i
ii
ii
h iV
hi gkst USW.
gjhayj
hecheln
h tt i r i n
%
It a i c i n
%
ho i c i It st
•
ha ieilt
%
ha teilt
%
—
gjhuici /1
heilen tr. u.
lt(pf/n
lltrtrn
htnrltst
htroit
—
—
gjhfCfiit
int r.
hemmen
/tritt j
• •
hetttj
•
h ritt pst
hrnipt
heutpih f-f)
—
gj/innjit
hoffen
i hnfi
| liofj
hofst
hoff
hgfdj f-t}
—
g9hgft
holen
heu
• %
hrn
•
hdtst
%
he/t
•
—
—
gohclt
hören
h i i n tt
h i i v n
h i ins t
It i i n t
hindj (-t)
—
gjhiof
11
It i v n
It i v n
h i n s t
hilft
—
ii
impfen
i »>!>{■>
itupfst
'."'/•ft
—
—
U 3 '.'"Pft
irren
ton
tun
inst
int
int
—
gjivt
jagen (a)
Joa n
jo o n
j tr tr s t
j trtrf
/ tr tr t
—
ytjtr er t
U)
1 j aa
jaa
M
ii
•1
—
*
• %
. (j)
j n a
jaa
11
ii
•1
—
g 9ja a t
jäten
jfVtrt’.t
jtnrrJ
jtrtrfst
jero t
—
—
gojtrrr n t
i %
ii
7
•i
v
—
—
gjjtc rr t
jucken (a)
jii igj
jbi g 9
jii ikst
jöi kt
jb i yd i (- kt !
—
g j j b i /.* t
(j)
j'lff 3
j *1 <J •'
jo I st
io kt
j nyd.t (-kt)
—
.7-V 11 k t
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
83
Infinitiv
Präs. lud.
Prät. Ind. I
I’art. Prät.
kaufen
k ff (P fj
kfftf fit
k re (f fs t
kfp fp ft
k(P(pif
—
gdk(p(pft
kauen
knouo
kaoud
kcioust
kn out
—
—
goknout
kehren, um-,
fegen
kiinn
kiivn
kiivsl
kiivt
koovdd (-t)
kiivdo (-t)
—
gokoovt
kennen
ken
• •
ken
• •
k ent st
kent
•
kaa^ndo (-t)
Konj. f-t)
goknu n nt
kitzeln
kintson
kiotson
kivtsoltst
kivtsolt
—
—
gokiatsolt
klagen
(a)
klfn/n
klu a n
klfßfPSt
k IfP (Pt
klecffdd (-t)
—
gokl(t(ct
* %
(i)
klau
k 1 n u
•i
ii
ii
—
goklnnt
kleben
glectro
glcctrd
glcejist
gleept
gleept
—
goglcept.
kleinmen
klemj
•
klemo
•
klempst
klempt
klempdo (-t)
—
goklempt
klettern
(h. u. s.
)
klervn
•
klermi
•
klcrvSt
•
kl er ot
%
—
goklervt
kneten
knrpfpvro
kn<rtPor9
knrerpvtst
k)ifP(PDt
—
—
gobupcpol
knieen
krueid
buch
kn er i Ist
kn (eit
kfKPfcuh (-t)
—
gokri(C(Pit
knüpfen
knibd
knibd
kn/pst
knipt
—
—
goknipt
kochen
kqxo
kqxo
kqxst
kqxt
ktpedo (-t)
—
gokoxt
kosten
kqvsdo
kqvsdo
kqvst
kqvst
—
—
gokqvst
m
knvsdo
kuosdd
kuost
kuvst
—
—
gokfivst
krachen
kraxo
*
kraxd
*
kruxst
kraxt
•
krqxdo (-t)
—
gokraxt
krähen
kreco
krccd
krertst
kreet
kroodo (-t)
—
gokroQt
n
ii
ii
'1
kruuvdo (-t)
—
gokruuvt
kratzen
krqtso
kr also
%
kratst
*
kratst
%
—
—
gokrqtst
kriegen
— bekommen
krjjd
kr >ja
kr ist
krit
•
krit
Konj. kreec
gokrit
1
küssen
kiso
kiso
kist
kist
kisdo (•t)
—
gokist
lachen
1(1X9
%
1(1X9
%
luxst
%
laxt
• %
laxdo (- t )
—
golqxt
laden
= einladen
lunar9
Inunro
Ictst
Ict
lat
——•
golnt
lauein
luuvn
lu uv n
l nun St
luuvt
luuvd 9 t- t )
—
golu not
leben
l(T<pi)nj
ItPfPVlCO
Uffpopst
Ifpfpljpt
lfP<PVpt
—
golfPfcapt
lecken
hpgj
Ion 3
l (P k s t
leckt
—
—
goltckt
legen
(a)
l (f (VJ 9
l tf ft j 9
leckst
leckt
leekt
• —
golcckt
11
leejo
leejo
•i
•1
—
ii
lehren
(a)
l iion
li inti
liivst
li ivt
—
—
goliivt
(a)
lövn
lövn
lö o fitst
lövnt
—
—
golövnt
(j)
levn
%
Icon
•
leantst
%
Icont
%
—
—
golev nt
lehnen
= leihen
/ / in
Hin
•
liintsf
liint
liindo (- tf
—
(a) goliit
*1
i*
11
ii
ii
—
(j) goliint
leiten
Upfcro
Up fer9
Urrrtst
Ifpfft
—
—
golfpfct
beleidigen
beltffcrico
bdUetericd
holt n priest
boltpfpvict
—
—
bolfpfp riet
lenken
l n if/g J
lu igg 9
laiykst
ln i ff kt
1 n i ff k t
—
golu iifkt
lernen
(a)
l n n \
16 n
löntst
tont
—
—
golönt
(j)
Icon
% •
Icon
• •
levntst
%
levnt
%
—
—
gdlennt
leuchten
loicdo
•
loicdo
•
Inicst
•
loiet
• |
—
golgict
leugnen
/ tp reg i n
Ifpfpg i n
ItPfpgiltst
hc fpgilt
Ifpfpg old 9 f-t)
gölte fcgolt
lieben
lfPfP/H'9
IfCfriir.f
Ifpfpipst
Ural pt
Ifctribdo (•pt)
goltpfpipt
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
84
Ludwig Schaefer.
Infinitiv i
Präs. Ind.
Prfit.
Ind. !
Part. Prät.
liefern
l i tc v n
h tc v n
/ i IC V 8 i
Huot
litcuda (-tf
fj 9 l i IC vl
loben
lootcd
• •
lootcj
0 •
loopst
loopt
—
—
galoopt
löschen
lötid
löi&d
löist
löist
löikt
—
ydlöist
lösen
liisB
liisd
Hist
Inst
—
—
galiist
machen
maxa
vicuca
mqicst
mqict
viädicdo (-t)
—
y 9 in ii nid
mähen
meej 1
meej
meest
mcct
moot
—
y 9 moot
mahlen
moovn
• •
moovn
• •
moultst
moult
moovll
—
y 9 in o o u n
mnn ul9
nt nn ul j
vin nvltst
mad ult
ii
—
g 9 /// it nult
mahnen
mnn n n
mtia n n
•
mnn*ntst
vwn n nt
—
—
y 9 in n it n n t
ii
ii
V
ii
—
g 9 nt n tt w t
malen
vioon
moon
mooltst
moolt
moolt (-do)
—
ydinoolt
mästen
(a)
viesda
m es tl 9
nies t
niest
—
—
y 9 ine s t
ii
(j)
m^sda
mesdj
vifst
me st
•
—
—
yamest
mauen
m o i v n
m oiun
moiost
moiut
—
•
g9inoiut
in o ij u n
nt oiju n
vioijvst
mo ijvt
—
—
y o in o ij o t
meinen
VUCUH
•
ntfPfrn
•
vunentst
in v tf nt
meet
—
y 9 in (f tf t
melden
(a)
m$vn
m $un
mqvltst
m^vlt
—
—
yom^vlt
•i
(j)
m<;n
m f n
vieltst
%
m^lt
—
—
gom^lt
ii
(J)
men
•
m e n
0
ineltst
vielt
—
—
gdmelt
merken
meryd
mertj9
merkst
merkt
merkt
—
gamerkt
mischen
m ii $ 9
%
VI u 8 9
•
VI n s t
%
m ii s t
m u $ t
%
—
y9in ns t
ii
in u X 9
VI t(S9
in u s t
VI U 81
must
—
yd in ns t
mühen
moio
VI019
vioist
moit
—
—
gavioit
nageln
n ff rf n
n ff ff n
n tf tf It st
n tf tf It
Uff (fit
—
gon ft tflt
nähen
need
nec9
necst
neet
noot
Konj. neet
ganoot
□ähren
niiüu
niiun
111 tust
niivt
noout
* niivt
g 9 noout
nennen
neu
• •
neu
ventst
0
nent
•
nan n nt
„ nent
y autln »nt
niesen
ntf ff isd 9
n ff ff isd 9
n ff tc ist
n tr ff ist
Ute re isd 9 (•t)
—
fj 91t tf. <e ist
nieten
nffffiro
nt ftr ir 9
niete it st
iitftfit
—
—
yjnfftfil
benutzen
hjnotsj
banotsa
b91lotst
b9not8t
—
—
bjimtst
ölen
een
een
eeltst
celt 1
celd9 (-t)
—
gacclt
opfern
obnn
obun
obust
obut
—
—
gaobvt
orgeln
irjdn
i rjon
irjaltst
irjolt
—
—
i gairjalt
pachten
pooxdj
jtooxda
pooxst
pooxt
—
—
gapooxt
pfetzen
petsa
pets9
pc/st
petst
petsd9 (-i)
—
gajietst
pfänden
VW
VW
pentst
pent
p ii (i u n l
Konj. pent
y 9p tt ii 91 ii t
ii
V
w
**
p fl n not
•
yopfut n vt
pflanzen
(a)
plfl n n 1ltS9
plfl II n fl 18 9
p Itl fl n t S t
pln n n tst
p l ii ii n t st
—
y 9 pln n n t s t
i*
<j)
pln n n ts9
plfl tl n 1 89
*
•i
—
w
pflegen
(a)
flee9
flec9
/leckst
/leckt
flvect
—
y 9 f l ff tf r t
ii
(j)
fleeca
fIc ec'9
1»
n
n
—
pflücken
blöikj
blöik'9
blöikst
blöikt
bin xt
%
—
gabt iixt
pfropfen
profi
p™f*
prüfst
prüft
prüft
—
gjprgft
platzen
blfftsj
hilft 89
bl<[tst
bin Ist
•
bh[tst
—
gabln ist
plüudcrn
plinun
pH nun
plinvst
plinvt
—
—
gapl in ut
predigen
preerica
preeric9
pr er riest
pr erriet
—
—
gdpreerief
probieren
protei tun
pro ic tinn
pro ir i tust
pcnniiut
—
—
proictiut
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach.
1
Infinitiv
Präs. Ind.
Prät. Ind.
Part Prät
prüfen
priifo
priifd
prüfst
prüft
prüft
—
gopriift
quälen
kireen
kiceen
hreeltst
kiceelt
—
gokicoolt
i»
V
y>
j)
—
gokxvcelt
quellen tr.
kiccn
ktcen
hieltst
kicelt
ktraalt
—
gokwäult
raffen
rqß
r<iß
rufst
rqft
—
—
gorqft
rammeln
ramon
ramon
ramoltst
ramolt
—
—
goramolt
rauben
rcetco
reewo
reepst
reept
r (reept
gorereept
räumen
ramo
ranio
rampst
rampt
—
—
gorampt
rechnen
rervxin
rtpvxin
reevxiltst
rervxilt
rervxildo ft)
goreevxolt
reden (a) !
8 tr (^so
Stcqso
sirqst
Sxcqst
Steilst
goSicqst
r (j)
S tc f 18 0
S icqtse
Zicetst
SU) ^t St
V
—
w
regneu (a)
rn n n
—
—
rua*nt
•
—
gorää n nt
„ (j)
r<t n
—
—
ra u n t
—
gordd n t
^eichen
rfceeico
r aupico
r/ n eiest
rer/riet
—
gor/redet
•eichen = ge¬
raeeco
—
—
VfPfPCt
—
gorereect
nügen
•oifen
raacfo
raaefo
raaefst
raaeft
—
—
goraaeft
•eisen (h.)
r/Perso
reeecso
rcerest
re/'er st
—
—
goreeast
egen
reen
reclo
rccltst
reelt
roult u. reelt
—
goroult
rccjo
reejo
reckst
reckt
—
goreckt
eizoo
ractso
ractso
ractst
ractst
rer/rtst
—
goreeertst
enrien (a)
reit
• •
ren
• •
rentst
•
rent
•
raa n nt
—
gor an n nt
(j)
n
w
*
rä d n t
—
goraa n t
eften
rqdo
r^do
reist
%
ret
•
—
—
görest
iegen
sclon
•
sei vn
•
Sf/ust
sd Dt
%
—
—
go^^lot
it/.en
röitso
röitso
röitst
r öitst
röitsdo ft)
goröitst
.»sten
rnosdo
rnosdo
raust
must
—
—
gornvst
».sten
riisdo
riisdo
riist
riist
riisdo ft)
—
goriist
icken (a)
röigo
röigo
röikst
röikt
ruxt Konj. riixt
goruxt
. (j)
rt
d
V
yt
— riiet
gor ii c t
ihren
riion
riion
riivst
riivt
riivt
_
goriivt
ipfen
rqbo
rnbo
rtflist
typt
—
—
g»rqpt
ltschen ib.u.s.)
roitso
röitso
röitst
föitst
—
—
goröitSt
itteln
s tro
s i ro
sitst
sit
—
—
gosit
en
scco
sceo
sccst
scct
soovt
—
gosuuvt
gen (a)
S fl n *
SO fl n
S ec er s t
s/P/rty Ser er
S er er t
—
g os er ec t
USW.
—
<j)
s n ft
S fl fl
y*
sera ty sec er
T»
n
USW.
—
gen
sccjo
sccjo
seckst
scckt
seekt
goscekt
lzen
st mit so
stmltso
Sflflltst
Sflflltst
saaltst
—
gosaaltst
**
V
V
—
gosftfiltso
rnmelu (a)
s ft f) m o n
• •
s ii o nt o n
• •
s n o nult st
• •
s o o molt
• •
—
—
gosnomolt
<j) ,
s o in o n
•
.v n m o n
•
SO III oltst
•
so m olt
•
—
—
gosgmolt
iiern
soijvn
soijon
soijvst
soijvt
—
—
gosoijvt
unen =
see m o
• •
s e emo
• •
s ee mp st
seempt
seempt
—
goseern jit
nähen
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ludwig Schaefer.
1
Infinitiv i
i
Präs. lnd.
schaben
Still Ulf.»
St in nie a
StlflDpst
schaden (a) !
Siiuora
Sutiurj
Sntst
(j) ,
**
Sii tt nt st
schälen
See.n
Seen
Sceltst
schallen
Sah
—
—
scharren
S e v n
%
Sfvn
SevSt
•
schellen
Seim
•
Senn
scoltst
%
*
Iqira
loira
Iqitst
scheuen
Soija
Soija
Soitst
schicken
siya
Siyj
sikst
schieben
Sumra
Sumra
Sun pst
* ;
S i rg J
Sirga
Sirkst
schimmeln
S i m a n
•
S i m a n
•
S i nult s t
•
schimpfen 1
s i m b j
S i mbj
8 i III p s t
schinden
S i n e
•
Si na
%
sint st
schlachten
Slgxil J
Sltixdj
%
Sh ix st
schleifen — i
Slretcfj (
SltCte fj
Sharfst
ziehen i
schleudern
S lao urv n
Slaou ron
slaourvst
schlucken
slngj
Singa
Sinkst
•
sei) matzen
Slllfltsa
•
Snu/tsa
Sinntst
schmecken
Sm qiga
S m n iy j
S nt n i k s t
•
1
*
y>
*
sehmiedeu
>• m i r a
smirj
n nt 1 1 s t
schmieren
Sm Hon
Siniian
SntiioSt
schmücken f
Sinoiya
Sntniya
Snioikst
•
schmutzen
S nt i t s c
—
—
schnarchen
stion/.i
Snqrgj
S wirkst
schnitzeln
Stli ut 8 J
S n i o t s J
Sniut st
schnitzen
Sniutsj
Snivtsa
Snivtsa
schnüren
Sllniju/l
Snnijun
SnqijnSt
snqiun
Suniun
SnqiuSt
schnupfen
Snnlu
•
Snnba
%
Sun pst
schnurren |
s n e i/ u
•
S nevn
•
S n r u S t
schöpfen (a)
Selij
•
•
Sr pst
w (j)
schrecken
1
Sitrijt/j
Sctctiyj
Sri kst
tr. u. intr.
*
**
s r tr u k s t
n
yy
S r t k s t
\
S ru nkst
schütteln !
t s / s j n
/ .v / # a n
t s i s alt s t
„ j
Sirs
S i r o
S it st
schütten
Sira
Sira
Sit st
schwatzen
S ic (i s j
•
S tr tis ./
•
S tr n s t
•
> //' rfsa
> //• e I s a
S trrt st
schwenken
Sicti iijyj
S ir niijgj
steil iykst
Prät. Iml. Part. Priit.
Sun opt
suuvpt
— gaSnnopt
8(11
—
— yaSut
S tltl vt
—
— ga Saunt
Seelt
Soolt
— gaSoolt
Salt
Salta (- 1 )
— gaSalt
S^nt
—
— 1 gas ent
Spilt
Spalt
— 1 yaSeult
Iqit
—
— 1 yalaout
Soit
Soit
— ! yasoit
Sikt
Siet
— ! yasict
Suupt
S u p t
— i yjSupt
Sirkt
sirkt
— i yaSirkt
S i malt
%
—
— ! y^S(malt
Simpt
—
— gaS intp t
S i n t
%
—
— u yasint
Slnxt
—
— ‘ gaSlqxt
Sitae ft
—
— gaS Irr/r ft
Slaourot
—
— I yaSlaourn
Sinkt
•
—
— 1 yaSlnkt
Sinnt st
*
—
— gaSniqtst
S in ti ikt
S in it n i e t
— i tjaSnifi ii t f f
r
yy
— ? yastnifiet
n in i t
—
— yaSinit
Sin Hut
>• nt u u n t
— yasmuu nt
sinn ikt
•
—
— yas nt ni kt
> mit st
—
— y a S in i t s t
Snnrkt
S wirkt
— yaSniirkf
Snt otst
—
— • gaSniutst
Sniutsj
—
— ! f/aSnin/st
siiqijnt
—
— 1 gaSnqijot
Snniut
%
—
— 1 gaSnqint
Snnpt
— -
— | gasnnpt
i
S n e u t
•
i
gaSneut
—
— i gas ti ft
**
—
— 1 yasept
s r i k t
Sruti ict
Kunj Street fjaSrttu irr
|
S m nkt
yy
l
1 *
S rikt
S r o k
%
Konj. Srrrk yasrngs
Sur ukt
*
*• yy
tsisißlt
—
— yatsisalt
Sit
—
1 f/asit
Sit
— ..
— 1 gaSit
S tr n s t
•
Sirast
— gaS tru st
S tr r t s t
•
**
> tr n 11/ k t
— yjS/rii i ,y,\ ,
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Diu Yerbalfluxiun der Mundart von Schlierbach.
87
; Infinitiv
Präs. lud.
| Prät. lnd.
! Part. Prät.
1
schwitzen (a)
S /C Ö V t S 9
«s- ir ö ut so
iucövtst
sicövtst
— —
i
y 9s tr ö ot st
* (j)
s u i vtso
swivtsd
$ iv totst
s ic totst
— —
yjs/ciotst
sichern
sicvn
sic DU
sicvst
sicot
— —
' ydsicot
setzen
setsd
•
setsj
•
setst
•
s$tst
susd9 (-t) —
i yssqst
sohlen
s te m v n
s tr tr V n
stpcevltst
stptevlt
— —
y 9 stete olt
9
91
SiCfpltst
St/UPlt \
— —
1 (jdstrrrlt
horgon
.s e rj o
scrjs
sqrkst
serkt
•
- --
■ yjscrkt
spalten
| sben
s ben
•
& beit st
•
s beit
•
sbeldj(-t) —
y9sbelt
%%
s bau l9
s bau 19
s beit st
•
sbelt
•
A
l
spauuen
| sban
sban
•
sbantst
s baut
— —
I ydsbua^nt
sparen
s b tr <e v n
s b tr tt- v n
sbrrte d s t
s b tr te o t
i b to tr ot —
j y 9 s b tp tr v t
sperren
1 sbeon
•
sbevn
•
sbevst
%
sbeot
%
sbeot —
•
1 y9&beot
spielen
tbiin ;
shii/i
s b Ult st
sbiilt
sbiilt —
y j & biilt
spitzen
j 8 bivtsO
sbi OtSJ
sbivtst
sbivtst
— —
ydsbivtst
| sbitsj
$ bi189
sbitst
s bi tst
— —.
yssbitst
spotten
sbqvdd
sbnüd9
•
sboDtst
%
sbyvt
— —
yosbqvt
sprießen (a)
sb r(s 9
sbrisd
%
sbrist
%
sbrist
%
sbrist —
y9sbrist
= stützen
|
lj)
i /
sbriisd
i
s b r i i s 9
sbri ist
sbriist
sbriist *—
| y9sbriist
spritzen
sbritsj
Sbritsd
sbritst
sbritst
— —
yjsbritst
spülen
sboiu
sboin
sboiltst
sboilt
— —
y9sboilt
spüren
sbiion
sbiivu
sbi ins t
sbiiot
.v booot —
• •
yjsbnoot
stecken tr. (a)
sdöiyd
sdöiyj
sdöikst
sdöikt
sdict —
| yjsdict
fl (J) |
stl eg 9
sdeyd
sdekst
•
sdi^kt
»»
A
a !
fl
ti
sdöikst
0
sdö ikt
fl
A
stellen
* den !
s den
* (teilst
sdclt
s daalt Konj. sdelda
yjsduo It
stimmen
sdinu i
—
—
8 d i tu p t
— —
y9sdi nipt
stolpern
sdolbvn i
sdolbvn
sdolbvst
Silo Ib Dt
— —
y9sdolbvt
strafen
sdroo/9
sdroo/9
sdroofst
sdrooft
— —
i/9sdrooft
strampeln
sdra/nbj/i
sdravil/9n
sdrambjltst
sflrambdlt
— —
yjsdra/nbjlt
stieben
sdrccico
sdrcm'9
st/rerjist
sdreept
- - - -
gdsdreept
streicheln
sdraaejoln
sdraaejsln
sdrauejcltst
sdraaejjlt
- -
y9sdr(iaejjll
streifen
s dr//•((:fj
sdnctefd
sdreea-fst
sdrtrtpft
y9sdrtffpft
streuen
s d r O! (V j
s d r <p, tf j
sdrairtst
sd rcetet
sdrtrtptl9 ( m t) —
y9sdrefft t
-t ricken I
sdr'ujj
sdrigo
sdr/kst
sdrikt
sdrict —
yjsdrict
striegeln
bots9
bots9
botst
botst
— —
yjbotst
suchen (a)
suicj
SU IC9
su icst
s u i c t
suict —
yjsuict
lj)
s n x j
•
suxj
•
s axst
%
snxt
%
snxt —
%
ydstixt
sündigen
sinicj
sinicj
sin icst
sinict
— —
yjsinict
tanzen
dnn n tsj
dua n ts9
thnmtsl
daaHst
— —
y 9(1 an n tst
tauen
d tr f/jj
—
—
dtftrt
dtftrt (• d9 ) —
y 9(1 tr tr t
**
d tf </■ j
—
—
*
fl
fl
taufen
d trtrjj
dtetr/'j
tltrtr fst
d tf tr ft
— —
y 9 d tf tp ft
tauschen
daous.ß
<I(10US9
d aoust
daonst
— —
y9daoust
teilen
d/rtni
dtr/rn
dt ft vlist
dtptflt
dt rt fit —
yjdtperlt
toben
dootcj
doouj
doopst
doopt
doopt —
yddoopt
traben
trqbj
i
Irabj
%
trapst
trupt
trqpt —
yjtrqpt
Digitized by
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
88
Ludwig Schaufel*. Die Yerbalflexion der Mundart von Schlierbaeb.
Infinitiv i
1
1
Präs. Ind.
Prät Ind
*
1
Part. Prät.
tragen
trau » • 1
trau*
treest
treet
trulc
■
g dt r Wirt
trauern
draouvn
draouvn
draouvH
draouvt
—
—
gddraouot
träumen
drweeiliJ
drwrtmd
drweempst
drwwmpt
drwwmpt
—
gddreere m pl
V
1
d rcern 9
dreemd
dreempst
dreempt
dreempt
—
gddreempt
trennen
trtn
• •
tren
• •
treeitst
•
trent
•
trqnt
—-
gdtrent
trocknen
tröigin
tröigin
tröigiltst
tröigilt
tröigilt
—
g9tröig ilt
trommeln
tronem
tromzn
tromditst
tromdlt
tromdlt
—
gdlromdlt
trösten
triisdd
triisdd
triist
triist
—
—
g9triist
tünchen
dinc9
dinc9
dinrst
dinct
dinedd (-t)
—
gddinct
turnen
tuvnd
•
tnvnd
tuxmtst
•
tuont
•
türmt
•
—
gsturmt
üben
iiw9
iiic9
iipst
iipt
iipt
—
gdiipt
wachen
icaxj
irax9
waxst
waxt
waxt
—
gdwaxt
wählen
ween
• •
tveen
wcqltst
tceelt
icfelt
—
gdweelt
währen
(a)
w i io n
tviivn
wiivSt
iciivt
—
—
gjwiivt \
n
(j)
iceevn
iceevn
weevät
icecvt
—
—
goweevt
wagen
W009 |
IC 009
woost
woot
wookt
—
gswookt
waudeln
ieaa*n*n
wuu*udn
waa*n9ltst
wua*n9lt
—
—
gjivua^nslt
wandern
icanvn i
icanvn
wanost
wanut
—
—
gdwanvt
warten
(a)
teuodd
wnvdj
trautst
w not
—
—
guten vt
(j)
tcadd
tcadd
tratst
icat
—
gdwa t
weben
tccetcj
tcectcj
weepst
weept
weepdd (-pt)
gjwcept
wechseln
wqksin
ic $ksin
wqkscltst
IVqksclt
—
—
ij9ireks9lt
T)
wcksjh
•
wqksdlj
ry
ry
—
—
»»
wecken
irtfigj
W(\ig9
w /fikst
wtf ikt
Wf{ ikt
—
gönn ikt
wegen (bi
i-) ,
uccjd
weejj
weckst
werkt
—
—
g.nrerkt
wehren
n'iion
tviion
iciivst
wiiut
iciivt
—
gdiriint
weigern
(a)
iv d aejv n
teaaej u n
waacjnst
waaejvt
waaejvt
—
g 9 w aarjvt
n
(j)
icaevn
w neun
iraevit
waevt
waevt
—
g j wu e nt
weinen
warn 9
waciu
wuentst
wuent
wuent
—
gjiraent
woißen
waacsd
teaaesj
i nutest
waacst
—
—
g 9 waacst
wenden
ICC IIJ
WC 119
wentst
wc nt
w a a n n t
—
g 9 ten a ’t n t
n
ry
ry
*
wa a n t
—
<j9wa a n t
wetzen
(a)
ic a s j
uas9
wast
w ast j
wast
—
g 9 w a s t
(j)
icetnj
%
wetsj
•
wqtst
wqtst
n
—
n
wickeln
w iydn
wigdn
w'ujjltst
w/golt
•
—
gowigolt
wisßen
wivsj
WWUS
treewst
Werers
treust
—
g 9 iv io st
wohnen
i cun n n
• • •
icmi n n
• • •
inni n iitst
• •
wn 11 * 11 1
• •
wuu*nt
• •
—
g9wuu n nt
wühlen
tcooin
• •
wooin
• •
irooilt st
• •
womit
wooilt
• •
—
g 9 wog ilt
wundem
woitnvn
/rou nun
m um us f
WO Ullüt
wounut
—
gjironnut
zahlen
tsUH Oll
t sin tun
t sau ult st
t s o nult
tsooult
—
y9tsau nlt
V
y*
T»
tsceltst
tscclt
—
gotsooult
zählen
tscen
tsern
tsceltst
tsrclt
tsoult
—
gjtsoult
zehren
tscevn
—
—
tsci vt
tsrrnt
—
yjtsecnt
zeigen
IstrrrcJ
tSf/f/’C.I
t SW irr st
tsirerrt
tsirwrt
—
• yjtswirct
zeichuen
18 (V er c i II
t s n f r r i n
t S <r er C i tt st
t s n II eilt
tswirc ilt
! g 9 t sw er r i /1
zerren
tsevn
%
tsevn
%
t neust
•
tsrut
•
tsrut
’ %
—
g9tsent
zimmern
tsiin un
/ $ i in u n
1
t s i nt U s t
t s i /// U t
tsi in u t
—
gutsimut
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Otto Bremer. Zur niederdeutschen Sprachgrenze im Rheinlando. 8 ( J
Infinitiv
Präs. Ind.
Prät. Ind.
Part. Prät.
zittern
ts\rvn
ts\rvn
tsiroüt
ts\rvt
—- —
gdts\rvt
züchtea
tsiedd
tsiedd
tsicst
t siet
— -
g dt siet
zweifeln (a)
tswaaewin
tswaaefc in
tsicaaewiltst
tsicaaeicilt
t8icaaeicdlt —
gdtsiccuieuolt
(j)
tswaaeicdid
tstoaaeirdld
i»
V
V
zwirnen
dreed
dreed
dreest
dreet
droot —
gddroot
zwitschern
tsw(tStm
—
—
—
— —
gdt8ic(t$vt
dämmern
dim vn
—
—
d i m v t
dimvt —
gddirn vt
langen = holen
la?p
laya
Inykst
laykt
laykt —
gdlaykt
= genügen
—
w
V
hobeln
heicin
•
h $ic in
hewiltst
hewilt
•
— —
gdhewilt
putzen
botsd
botsd
botst
botst
— —
gdbotst
tränken
trqiygd
trqiygd
trqiykst
trq iykt
— —
gdtrq iykt
Zur niederdeutschen Sprachgrenze im Rheinlande.
Von Otto Bremer.
Maurmann gibt in dieser Ztschr. 1911, 289 die genaue Sprachgrenze
von Wermelskirchen bis Gummersbach an »auf Grund von schriftlichen
Erkundigungen, die er bei verschiedenen Lehrern dieser Gegend ein¬
gezogen« hat. Die Linie deckt sich zum Teil genau mit meinen Auf¬
zeichnungen, weicht nur zwischen Gummersbach und Lindlar für einige
Ortschaften ab, bedarf also hier erneuter Aufklärung.
Meine Angaben gründen sich auf mündliche Mitteilungen des aus
Brück, einem Teile von Dieringhausen, an der Agger stammenden Herrn
Dr. Ernst Zimmermann aus dem Jahre 1906, welcher aus eigener Kenntnis
seiner Heimat heraus mit Bestimmtheit die folgenden Orte glaubte als
westfälisch-sächsich bezeichnen zu können — ich füge jedem Orte, den
auch Maurmann als ndd. angibt, ein (M) hinzu: Gimborn (M), Berg¬
neubausen (M), Niedergelpe (M), Apfelbaum (M), Rodt (M), Lope (fehlt
M), Ahlefeld (M), Friedrichstal (fehlt M), Niederseßmar (M). Weiter öst¬
lich fällt nach M »die Sprachgrenze genau mit der Grenze zwischen den
Kreisen Waldbröl und Gummersbach zusammen«. Das trifft für Rebbel¬
roth, Derschlag, Bergneustadt, Wiedenest und Bruchhausen zu, nicht
aber für die nach meinem Gewährsmann frank. Orte Baldenberg (liegt
genau an der Kreisgrenze), Neuenothe und Belmicke, die noch zum
Kreise Gummersbach gehören. — Fränkisch: Würden (M sächs.), Elbach
(M sächs.) (somit würde nach Maßgabe der Karto auch Hagen und Fla¬
berg, nach M sächs., fränkisch sein), Bickenbach (M), Wallefeld (M),
Wahlscheid (M), Lobscheid (M), Liefenroth (M), Vollmershausen gemischt,
neige stärker zum Sächs. hin (M. frank.), der links der Agger gelegene
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Spreuhsaal.
Teil, Höfen, sei fränkisch, dann — M reicht nicht weiter — Alferz¬
hagen, Marienhagen (mir von einem dicht bei Wiehl heimischen Herrn
bestätigt), Baldenburg, Hahnbuche, Neuenothe, Belmicke. 1
Weiter südöstlich bezeichnete mir mein Gewährsmann als sächsisch:
Drolshagen, Iseringhausen, Hillmicke, aber als fränkisch: Benolpe. Gels¬
lingen, Husten und Rothemühle, so wie weiter rückwärts Eckenhagen
(mir von jenem Herrn bestätigt) und Wildbergerhütte. Diese Angaben
stehen im Widerspruch mit der Karte bei Schmelzer, Unterschiede
zwischen dem süderländischen und siegerländischen Wortschätze (Diss.,
Münster 1906). Nach letzterer sind sächsisch nicht nur Bergneustadt,
Wiedenest, Bruchhausen, Drolshagen, Iseringhausen, sondern auch Alten¬
othe, Neuenothe (natürlich auch Belmicke), Benolpe, Gelslingen, Husten.
Auch Herr Dr. Maurmanu schickte mir 1901 eine Kartenskizze, nach
welcher Blücher, Benolpe und Husten fränkisch wären, llilmicke gehört
nach Schmelzer zur Wendischen Mundart, welche zwar sonst ndd., aber
dem Worschatzo nach stärker zum Süden neigt. Rothemühle fehlt auf
Schmelzers Karte, würde aber nach Maurmanu zum Wendischen gehören,
nach Schmelzer offenbar zur Heid-Dörnscheid-Römershäger Mundart —
nach Maurmanu wäre Römershagen und Dörnscheid schon wildenburgisch-
fränkisch. Diese Abweichungen bedürfen noch der Aufklärung.
Sprechsaal.
Sehmolke.
Im »Kcgensburgcr Diarium oder Wöchentliche Frag- und Anzeige-Nachrichteu«.
Jahrgang 1780, liest mau S. lß_’ unter »Angekommen»: »1 Schiff von Linz des .1. Gg. Gußuer
mit Kupfer, Schmollen, Potasche, Geschmeide, Honig», S. 156: »von Linz Gußner mit
Kupfer, Schm olle u und Geschmeide«. Letzteres Wort bedeutet hier nicht Geschmeide
aus Edelmetallen, das als Schmuck dient, sondern dem älteren Sprachgebrauch gemäß iu
weiterem Sinn Schmiedearbeiten aus Eisen, eisernes "Geräte für den Gebrauch in der
Haushaltung, der Landwirtschaft und in gewerblichen Betrieben, t'ber die Bedeutung
des Wortes - Schmolle- konnte mir, trotz vielfacher Erkundigung, in Hcgetisburg niemand
Auskunft geben. Jm Deutsehen Wörterbuch sowie bei Sehmeller-Krommann sucht man
dieses Wort vergebens. Auf eine .Anfrage bei Herrn 1* ni v. - Professor Dr. 0. Brenner
in Würzburg erhielt ich folgenden Aufschluß: -leb finde nur Schmulgc — Schmälte.
blauer Glasfluß zum Färben (nach Enger, Steirischer Wortschatz, unter dom Wort
■ Schmalge «), in Inventaiicn öfter vorkommend. »Schmolte* findet sieh im Deutschen
Wörterbuch, ln einem älteren technischen Wörterbuch wäre wohl etwas zu linden.
Die österreichischen Wörterbücher haben nichts.» Ferner erhielt ich von Herrn
Dr. Würfl. Direktor des K. K. Staats-Obergymnasiums in Linz, diese hiermit über¬
einstimmende Mitteilung: » Schmolle , huzw. Sch molken, wird am Fuß des Erzgebirges
i Buh mein für Schmnlle Waschblau gebraucht; für Schmolte auch dialektisch Schmolle. •-
Letztere K«.rm vermißt man in der Neubearbeitung des Weigandscheu Deutschen Würter-
1 Die mir als fränkisch bezeiehiicten Erishufen un i Krummcuuhl linde ich auf der
!. uto nicht.
• Nach dem DW ist »Schmolte« bayrisch mundartlich für Schmolte.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücher besprechuugeu. Ul
• •
buchs. I)eo uämlichen Vbergang von / zu L\ bozw. </, zeigt das mundartliche Wort
> Patricke* : so nennt das Volk in der Fiehtolgebirgsgegend und weiterhin in bayrisch
Oberfrankon die Kartoffel anstatt *Patatc*. Auch Herrn Dr. Würfl ist diese mundartliche
Form bekannt. Von Kluge, Et. Wb. d. d. Spr., wird unter »Kartoffel« Patalcc als seltene
Dialektform (»ostfrankisch«) bezeichnet.
Regensburg. Dr. Pli. Keiner.
Bücherbesprechungen.
C. -i. Loosli , Mys Ämmltaw . 1 Bern, Verlag von A. Franckc, 1911. Breis geh.
3,20 Mk.
Diese Sammlung von mundartlichen Gedichten stellt einen ebenso eigenartigen, als
wohlge]ungonen Versuch dar. Der Verfasser beichtot uns in einer schalkhaften Nach¬
rede, was ihn dazu bewogen habe, in seiner Kunst der Mundartdichtung, in der er schon
durch andere Proben Meisterschaft errungen hat, einmal ganz neue Pfade einzuschlagen.
Die Gelegenheitsrede eines Literaturkonners enthielt dio Bemerkung, daß die Mundart
wohl für Prosadichtung trefflich geeignet sei, dagegen für den kunstvollen Versbau nicht
tauge. Freilich scheint der Redner selbst eingestandeu zu haben, daß es auch hier keine
Regel ohne Ausnahme gebo, und fühlte als Kronzeugen für dieso Behauptung Johann
Peter Hobel an. Er hätte auch noch andere Namen mit Fug erwähnen dürfen, den
biedern Joh. Martin Usteri, der von Familiengeschichten in seinem Zürich, einer engen,
heimeligen Kleinstadt, gemütlich plauderte, oder den schlichten sinnigen Baselbieter
Breitenstein, der sein Heimatländchen in Hotten Hexametern gepriesen hat. Beide redeten
trotz der klassischen Form, der sie sich bedienten, genau so, wie ihnen der schweizer¬
deutsche Schnabel gewachsen war. So kann sich Loosli auf gute Beispiele berufen. Aber
— soviel mir bekannt ist, hat noch kein anderor den Versuch, der schweren, wuchtigen
Gangart einer »urchig« bäuerlichen Sprache den Taktschritt klassischen Versmaßes zu
befohlen, in so glücklicher Weise und durch eine so reiche Fülle von Beispielen gelüst,
wie dies Loosli tut.
In seiner Sammlung »Ämmitaw« linden wir die strenge Form des Sonetts. Wer
sich etwa schon in kleinen Gelegenheitsgedichten versucht hat, der weiß, wie schwer es
hält, mundartlich rein und ungezwungen zu reimen. Er weiß dann die Kunst eines
Dichters zu würdigen, der die Reime leicht und sanft iu dem kunstvollen Reigen lenken
kann, den das Sonett orfordert.
Aber auch vieie andere metrische Kunstgebilde, mit denen der ehrwürdige Horatius
seine Zeitgenossen erlustierte und die Gymnasiasten von heute drangsaliert, sind von
Loosli prächtig verwendet worden Wie trefflich eignet sich die taktfeste asklepia-
deische Strophe für eino »Absägcte«, die Absage, die ein mit Willkür behandelter
Freier seinom Mädchen gibt!
»Masch mi uümme? Su syg’sf Das isch m’r Wäger glych,
Sehöni Meitschi git’s g’nue, i bi der guet derfür,
Das wiw i der jitz zeige,
Das i schätzelc cha, es giwt!«
Oder als Schulbeispiel einer weichen, wohllautendeu Weise lese mau das Gedicht
»Summer-Aabe«.
Wir geben die letzte Strophe wieder:
»Feister isch es worde. Erlöse chascli de was e Baum zum angern ruuschet, was
der Brunue träumet ghörscli do! Er gluntschct sittig — —;
1 losch ne verstange
Das ist die sapphisrho Ode, wie sie leibt und lebt, genau so, wie sie LeuthoM
beschrieben hat: »Träumerisch im eigenen Reiz verloren . . . .«
Mein Emmental.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
92
Bücherbesprechungen.
Sonst gewöhnlich spricht der Mundartdichter in Trochäen oder Jamben. Er hat die
Bequemlichkeit, daß er hier in unzähligen Fällen das gleiche Wortgebilde so oder anders
verwenden kann, trochäisch oder jambisch.
Looslis »Ämmitaw« gibt Gelegenheit, die Mundartdichtung von einer ganz neuen
Seite kennen und bewundern zu lernen. Wir halten dafür, daß der Versuch, die
klassische Form da auzuwenden, wo sie sonst gewöhnlich gemieden wird, durchaus ge¬
lungen ist.
Würde ein stattlicher, wohlgestalteter Emmentaler etwa bei festlichem Aufzug den
Halbleinkittel für einige Stunden mit einer römischen Toga vertauschen, so stünde ihm
dieses allerdings ungewohnte Gewand ganz trefflich. Loosli hat die Verkleidung gewagt
und uns damit eine große Froude bereitet.
Wir hoffen nun, daß das auch äußerlich schön ausgestattete Buch nach Verdienst
beachtet und gekauft werde.
Großaffoltern. Ernst Marti.
SiebenbUrglsch-Sttchslsches Wörterbuch, herausgegeben vom Ausschuß des Vereins
für siebenbürgische Landeskunde. I. Bd., Lieferung 1 — 3, bearbeitet von Ad. Schul-
lerus (A —Bätsch, S. 1—416); II. Bd., Lieferung 1, bearbeitet von G. Keintzel und
Ad. Schullerus (D—einmessen, S. 1 — 160). Straßburg, K. Trübner, 1903—1911,
je 4 M.
Es ist mit großer Freude zu begrüßen, daß sich zu den bedeutenden wissenschaft¬
lichen Mundartwörterbüchern, die uns die jüngste Zeit beschert hat, nun auch ein sieben-
biirgisch-sächsisches gesellt. Schon seit Jahrzehnten geplant und vorbereitet, hat es
1908 zu erscheinen begonnen und ist, da bisher jährlich ein Heft von 10 Bogen gedruckt
wurde, bis zum 4. Hefte gediehen, ln dem großzügig angelegten Werke werden auch
Personen-, Familien-, Orts- und Flurnamen berücksichtigt und allerhand volkskundliche
Stoffe wie Kinderlicder, Aberglaube (z. B. in den Artikeln Alp, Drude, drei), Sitten und
Gebräuche mit liorangezegen; dabei wird nicht uur die mundartliche Literatur, sondern
auch das urkundliche Material verwertet und überall verwandter Erscheinungen in den '
fränkischen Dialekten an der Mosel und Sauer, auf der Eifel und dem hohen Venn ge¬
dacht, ebenso die beträchtliche Monge der Fremdwörter gebucht, die sich aus dem
Magyarischeu, Rumänischen u. a. Sprachen eingodräugt hat.
Über die Geschichte des Wörterbuches und seine allmähliche Entstehung, über die
Quellen des Wortschatzes und die örtlicheu Besonderheiten in der Aussprache werden
wir im Vorwort hinreichend aufgeklärt. Die einzelnen Artikel sind so eingerichtet, daß
die hochdeutsche Form, soweit eine solche vorhanden, an erster Stelle verzeichnet wird,
auf d^eso die entsprechende südsiebenbürgische und nordsiebenbürgische (nösnische) folgt
und daran sich die verschiedenen Bedeutungen mit zahlreichen Belegen und die etymo¬
logische Erklärung anschließen. Die Herausgeber haben die umfangreiche Literatur, die
auf dem Umschläge der vier Hefte angeführt wird, mit großer Sorgfalt durchgearbeitet
und für ihre Zwecke ausgebeutet; sie haben keine Mühe gescheut, das Werk so voll¬
ständig und zuverlässig wie möglich zu machen. Bei der Worterklärung verfahren sie
mit großer Vorsicht, in der Anordnung der verschiedenen Bedeutungsabsehattungeu und
Beispiele suchen sie Übersichtlichkeit zu erzieleu, Druckfehler begegneu äußerst selton.
So macht das Ganze einen sehr günstigen Eindruck und berechtigt zu der Hoffnung, daß
auch die übrigen Teile iu gleicher Weise ausgeführt werden.
Aber der reiche Stoff, den das Wörterbuch bietet, kommt nicht bloß der Wort-
und Bedeutungsgeschichte zustatten, sondern läßt sich auch für grammatische Zwecke
nutzbar machen. So erfahren wir mancherlei über Wortbildung; z. B. bat das Sicben-
bürgische unter rumänischem Einfluß Schimpfwörter weiblicher Personen mit der Eudung
- (i geprägt wie Srlmntrl«, Ih n sch ln (I, 1); gleich anderen mitteldeutschen Mundarten
verfügt es noch über zahlreiche Abstrakta auf -f = ahd. -ida wie Duckt (Dicke), Hiebt
(Höhe), Lrwjt , tirc/il ti, 105j; zur Erweiterung von Adverbien wild oft die Endung -er
verwendet, z. B. bei iikrstrr , jemals (neben niest 1, 02), iistcr. etwas (neben (ist) u. a,
ebenso fmdeu wir abgeleitete Zeitwörter wie ameisen (kribbeln in Händen und Füßen),
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungen.
93
balsamen (Wohlgeruch verbreiten). Auch auf die Wortfügung fällt manches Licht;
vor allem wird der syntaktische Gebrauch des bestimmten (der) und unbestimmten (ein)
Artikels erörtert und dabei der Überreste gedacht, die die Mundart noch vom Genetiv
aufweist, feiner enthalten die Abschnitte über all, du, über die Verhältniswörter an,
auf aus, bei, die Bindewörter da und allein (= sondern, aber) allerhand Wichtiges;
überdies werden II, 33f viele Wörter zusammengestellt, die im Siebenbürgischen ab¬
weichendes Geschlecht aufweisen.
Sodann findet sich für Lautlehre und Wortbiegung eine Menge brauchbaren
Stoffes. Ich erwähne nur die Formen Baalsem (Balsam) und Backes (Backhaus) mit
ihren gekürzten Schlußsilben, Daach (Dach) und Aalf (Alp) mit ihren langen Stammsilben,
ferner Olenk (Alant), daasen ( — mhd. dinsen) ziehen, Dirpel, Schwelle (= Thürpfahl),
Aateh, Ecke, eckel, lauter (= eitel), nacht = mhd. after, ebenso das flektierte Zahlwort
drei m., drd f., drai n. und die Plurals von Verkleinerungsformen auf -eher wie Baldcr-
eher, Zahnfleisch (von mhd. biler) oder Bmnbeltcher, üerabhängendes.
Viele Wörter sind dem Siebenbürgischen ausschließlich eigen, manche ihm mit dem
Moselfränkischen und dessen Nachbarmundarten gemein, z. B. Leister für Drossel, Aichter,
Feldhüter, Driesch, ungebautes, brachliegendes Land, Drüst, Getreideschober. Beachtens¬
wert wegen ihrer Bedeutung sind unter anderen die schnelle Eidechse für Hitzschlag.
Backes (Backhaus) für jeden kleinen Anbau, se äs net allin = sio ist schwanger. Wenn
in verschiedenen Gegenden des Landes für einen Begriff verschiedene Wörter üblich sind,
so werden sie gewissenhaft verzeichnet, z. B. unter Ansmolter (Unsere Mutter, Benennung
der Mutter des Schwiegersohns und der Schwiegertochter von seiten der Schwiegereltern)
und unter Dachs.
Vermißt habe ich die Benutzung von Ferd. Münch, Grammatik der ripuarisch-
frünkischen Mundart, Bonn 1904, und Ludw. Grootaers, llet Dialcct van Tongeren, Leipzig
1910, die auch beide im Literaturverzeichnis fehlen. Aus ihnen hätte manche Pai^llele
gewonnen werden können, z. B. bei all (I, 71 f.) vor Partizipien Münch § 201: al kriisches
(= all kriischendes) koom hee neu, weinend kam er herein (frz. tout en pleurant) u. a.
Vielfach hätte das Verbreitungsgebiet eines Wortes genauer angegeben worden können,
was mit Hilfe von Klugos Etymologischem Wörterbuch und den Idiotiken leicht möglich
war; so konnte bei Deisatn, Sauerteig hingewiesen werden auf ahd. deismo, mhd. deisme,
ndl. deesem, rheinhessisch ddsem, fränkisch-hennebergisch düsen. Auch die Anfragen
und Mitteilungen zum Rheinischen Wörterbuch von Fraock, Müller und Trense ließen
sich öfter heranziohen; so war bei ehegestern, vorgestern ein Hinwois auf die gründliche
Erörterung des Verbreitungsgebietes von dem gleichbedeutenden anichgestern im Mosel¬
fränkischen usw. am Platze (vgl. Nr. 5,6 von 1910 S. 81 f.), bei Ei auf die zahlreichen
Redensarten, die in Nr. 4 vou 1908 S. 62 ff. zusanimengostellt sind. Auch sonst kann
man noch dies und jenes ergänzen, so bei dem abweichenden Geschlecht der Substantiva
aus Kischs vergleichendem Wörterbuche der nösuisch-moselfrüukischtn Muudart Buertcenm.,
die Barbe, und Fänk f., der Fink.
Wünschenswert wäre, daß dem Werke eine Karte beigefügt würde, damit man
sich genau über die Lage der einzelnen in Betracht kommenden siebenbürgischen Ge¬
meinden und über die Ausdehnung der verschiedenen Untermundarteu Rats erholen kann.
Eisenberg, S.-A. O. Weise.
Ed. Langer, Die Adlergebirgsmundart mit besonderer Berücksichtigung des schle¬
sischen Gebirgsdialekts. Braunau in Böhmen 1911. 38 8. (Sonderabdruck aus der
Deutschen Volkskunde des östlichen Böhmens, Bd. X, S. 192ff.)
Der Verf., ein guter Kenner der Mundart seiner Heimat, bietet uns hier nach
emer Übersicht über die verschiedenen ostmitteldeutschen Dialekto einen Überblick über
die Eigentümlichkeiten der Lautlehre (S. 5 — 14) und Syntax (S. 14—18, 33 — 34), der
Wortbildung (S. 19 — 20) und Wortbedeutung (S. 21—23) sowie über die Besonderheiten
des Wortschatzes (S. 23 — 26) und dor Wortbiegung (S. 30 — 32) in der Adlergebirgs-
mundart Daneben werden hier und da stilistische Erscheinungen vorgeführt, Reste alt¬
überlieferten Sprachgutes gesammelt und kulturgeschichtlich wichtige Ausdrücke besprochen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
04
Bücherbesprechungen. — Neue Bücher.
In den Anmerkungen finden sieh zahlreiche Hinweise auf verwandte Formen anderer,
namentlich mitteldeutscher Mundaiten. Besonders hat dabei mein Buch über unsere
Mundarten, ihr Werden uml ihr Wesen (Leipzig 1910) als Führer gedient, das daher
auch oft im Texte und in den Fußnoten zitiert wird.
Wie nicht anders zu erwarten, ist das Gebotene zuverlässig und zougt nicht nur
von guter Kenntnis, sondern auch von Liebe L.'s zur heimischen Sprechweise. Wenn
auch vieles nur kurz berührt wird, so erhalteu wir doch ein ziemlich klares Bild von der
Eigenart des Dialekts, der mit dem Schlesischen manches gemeiu hat. Mehrfach ist der
Ausdruck nicht ganz genau, so S. 13, wo es heißt: t »schwindet« in den Formen icull
(wollte), sull (sollte), /cell (wollte, Konj.), seil (sollte, Konj.); hier liegt nicht Ausfall,
sondern Anglcichung (Assimilation) des t an das vorhergehende l vor. Irrig ist auch die
Annahme, daß in schlesischen Fügungen wio sieh knien , sich ausschlafcn , sich aus -
ruhen , sich spielen tschechischer Einfluß anzuuehmen sei (S. 33); denn dio Erscheinung
findet sich in ganz Deutschland und zwar ebenso häufig im westelbischen (nicht von
Slawen berührten) Gebiete wie im Osten. Außer den in meinem obengenannten Buche
S. 218 verzeichneten Beispielen aus dem holsteinischen, niederrheinischeu, westfälischen,
magdeburgischen, thüringischen, lausitzisehen, egerländisehen und bayrischen Gebiete
nenne ich hier noch rlieinlandisch (belgisch) er ist sich gefallen, er hat sieh rin bißchen
gegessen , er hat sieh geheiratet und ostfrünkisch er reist sich . er marschiert sieh, er
trinkt sieh (Brenner und Hartmann in Bayerns Mundarten II, 8. 320). Vgl. auch K. Stein¬
häuser, Die Muttersprache im Munde der Breslauer höheren Schüler, Progr. der Real-
schule 1 in Breslau 190(5, S. 12. und über den Gebrauch von sich in den Volksepen des
13. — 15. Jahrh. Grimm, 1). Gr. IV, S. 35ff., sowie Blatz, Deutsche Gr. II, S. 272.
Doch das sind unbedeutende Dinge, die dem Werte der Schrift wenig Abbruch tun.
Hoffen wir, daß das vom Verf. geplante Wörterbuch der Adlergebirgsmundart, zu dem
vorliegende Abhandlung als Vorwort gedacht ist, nicht mehr lange auf sich warten läßt.
Eisenberg, 8.-A. 0. Weise.
Neue Bücher.
Abegg, Emil« Die Mundart von Urseren (^= Beiträge zur Schweizerd. Grammatik,
IV, herausgegeben von Albert Bachmann). Frauenfeld. Huber & Co. 112 S.
Preis 2 Mk.
Alpers, Paul, Untersuchungen über das alte niederdeutsche Volkslied.
Güttingen 1911. (Drm-k von Diedrich Soltau in Norden.) 07 S.
Dunknmnii, Adolf, Ost friesisch-plattdeutsches Dichterbuch. Mit Einleitung:
Geschichte der niederd. Sprache und Literatur in (Mfricsland. Aurieli, Dunkmann,
1911. 309 S. Preis el^g. geh. 3 Mk.
Enderlin, Fritz, Die Mundart von Kesswil im Oberthurgau. Mit einem Bei¬
trage zur Frage des Sprachlebens ( — obige Beiträge, V). Frauenfeld, Huber & Co.
203 8. Preis 3 Mk.
Festgabe zur Feier der Einweihung des neuen evang. Gymnasial-, Bürge r-
und Elementarschulgoloiudes A. B. in Bistritz am 7. Oktober 1911.
G. Kisch, Zur Wortforschung (S. 25—3(5).
Festschrift zur Jäh rh undert fei er der Universität zu Breslau. Im Namen der
Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde herausgegeben von Th. Siebs. Darin: I\ Feit,
Vergleichend«* Straßennamen Forschung. Mit Ausblicken auf di«' Sittengeschichte Bres¬
laus uml anderer Städte (S. 71.—97). — Wolf r. l'mrerth , Das Entwieklungsgebiet
der schlesischen Mundart iS. 155—170). — K. Uusindc, Konrad v. Heinrichau und
die Bedeutung der altschlesischen Vokabulare für die Mundartenforschung und Volks¬
kunde (S. 374—400). Karl Drescher . olgütze (S. 453—403). — Faul Drechsler , Dio
Präpositionen im Schlesischen (S. GIS—(»Sh. — M. Hippe . Reimsprüche aus einer
Breslauer Liederhandschrift (S. 6*5— 7«H>).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Neue Bücher. — Zeitsehiiftenschau.
Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 3(3. Lieferung. .1 — Külbleins-
fleisch. Tübingen, II. Laupp, 1011. IGO S. Preis 3 Mk.
— — Die schwäbische Literatur im 18. und 10. Jahrhundert. Ein historischer
Rückblick. Tübingen, H. lau pp, 1011. Preis geh. 3.60, geh. 4,80 Mk.
Geiger, Paul, Volksliedinteresse und Volksliedforschung in der Schweiz.
Bern, A. Francko, 3912. 137 S. Preis geh. 2.80 Mk.
Gemarker, J. L., Stadtossen (= Bergische Erzähler; IV. Band). Elberfeld, A. Martini
u. Grüttefien, 1912. 134 S. Preis 1.50, gob. 1,80 Mk.
Lang, Martin, Schbatzawcisheit. Gedichte in schwäbischer Mundart. Stuttgart,
Verlag von J. Hoffmann. Preis kart. 1,30 Mk.
Michel-Stephan, Methodisches Handbuch zu Sprachübungen. 5. Aufl. Leipzig,
Quelle & Meyer, 1911. 17S S. Preis 2,40 Mk.
Schulz, Hans, Deutsches Fremdwörterbuch. 3. Lieferung. (Dynamit — Gendarm.)
Straßburg, K. J. Triibner, 1911. 80 S. Preis 1.50 Mk.
Simonsen, Wilh., Niederdeutsch und Hochdeutsch in den Chroniken des
Job. Adolph Neocorus und des Daniel Liibbekc. Inaugural - Dissertation.
Kiel 1911.
Zeitschriftensch au.
(Wir suchen aus dom Inhalt aller Zeitschriften hier die für dio deutsche Muminrtonf«»rschan~ wichtigen Auf-
satzo niizuzoijen und bitten tun KinsendunR aller einschlHiritren Arbeiten, «kmit unsere Zasniniitenstollutit; eine
möglichst vollatilndiu'^ wird.)
Alemannia. Zeitschrift für alemannische und fränkische Volkskunde, Geschichte, Kunst
und Sprache. Dritte Folge, Band 3 (der ganzen Folge Band 39).
/>. Rippwann, Volkslieder aus dem Wiesental (S. 07—120).
F. Schon, Sprachlich bemerkenswerte Kinderlicdcr der Saarbrücker Gegend (S. 121 f.).
F. Pf aff, Fastnacht im Elz tat |S. 122—130).
H. Stromcycr, Fischpreise im 17. und 18. Jahrh. (S. 147—152).
F. Mentx, Besprech. von Kutsch, Die Orts- und Flurnamen im Münstertal (S. 15Sf.).
Dentsche Erde. Zeitschrift für Deutschkunde. 10. Jahrgang. 1011.
P. v. Pfaundler , Das deutsche Sprachgebiet in »Südungarn (mit 2 Sprachenkarten)
(S. 125—120).
Das deutsche Volkslied. 13. Jahrgang. 1011. Heft S. 0.
Germanisch-Romanische Monatsschrift. 3. Jahrg. Heft 10. 11.
The Journal of English and Germanic Philology. Vol. X.
A. F. J. Rewy, Ausführliche Besprechung von Hirts Etymologie der neuhochdeutschen
Sprache (S. 618—623).
Korrespondenzhlntt des Vereins für niederdeutsche Sprachforsclunur. Jahrg. 1911.
Heft XXXII. Nr. 2/3.
Enthält zahlreiche kleinere, weit volle Beiträge zur niederdeutschen Sprachforschung.
Korrespondenzhlntt des Vereins für sicbenbiinrisclie Landeskunde. 34. Jahrg. 1011.
11. Capes ins, Besprechungen von Lindensclunitt, Formenlehre des Veibaszer deut>chen
Dialekts; HrcbGyula, Der deutsche Dialekt dos Zipser Oberlandes; Hajnal Märton,
Lautlohro der deutschen Mundart von Isztiincr; Kräuter, Lautlehre der deutschen
Mn. von Niezkyfalu (S. 131 —136).
Leuvensehe Bijdragen, heransgegebon von l*h. < olinct und L. Ooemans (Verlag: Otto
Harrassowitz, Leipzig). IX° .laargang.
L. 0'rootaers, Het Dialect van Tongeren. Eene phonetisch -historische Studie (S. 1
bis 35).
— Besprechung von J. Damisch, Studien zur niedenheinischen Dialektgeographie,
und von F. Wrede, Die Diminutiva im Deutschen (S. 104—108).
— Besprechung von E. A. Meyer, UnteiMu hungen über Lauthildung (S. 357—3(Jo).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
96
Zeitschriftenschau.
Mitteilungen Uber volkstümliche ('berlieferungen In Württemberg. Nr. 5. Hoch-
zeitsgebräucbe I. von
H. Höhn (= Bonderabdruck aus den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik
und Landeskunde). Jahrgang 1911. [Enthält viel Mundartliches.]
Mitteilungen und Umfragen zur Bayerischen Volkskunde. 1911. Neue Folge.
Nr. 26 und 27.
Der Wurzbüschel am Feste Mariä Himmelfahrt in Unterfranken (S. 201—210).
Modern Philology. Bd. IX. Oktober 1911. Nr. 2.
F. A. Wood, Iteratives, Blends, and .Streckformen“ (S. 157—194).
R. Tombo jr., Variation in English Loan-Words in German (S. 259—264).
Niederdeutsches Jahrbuch. 37. Jahrgang. 1911. 2. Heft
W. Domansky, Anna Renata Breynes aus Danzig plattdeutsche Gedichte (1743)
(S. 140-144).
H. Jellinghaus , Bittlied aus Westfalen an dio weiblichen Heiligen (S. 145 f.).
N. 0. Heinertx, Zur ,Deutschen Dialektgeographie 1 (S. 147—153).
R. Block, Mukau von Halwerstadt (S. 154 — 160).
Schweizerisches Archiv fUr Volkskunde. XV. Jahrg. Heft 4.
6’. Meier, Das Thurnbuch der Stadt Bremgarten (Schluß) (S. 193 —204).
L. Gerster, Sprüche und Inschriften auf Bauerngeschirr und Glas (Schluß) (S. 204
bis 214).
Schweizer Volkskunde. Korrespondenzblatt der Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde.
1911. Jahrg. 1. Heft 10. 11.
Stutz, Nidelnacht (S. 7^—74).
E. Hoff mann-Kray er, Martinstag (S. 81—83).
Unser Egerland. XV. Jahrg. 1911. Heft 10. 11.
Volkskunst und Volkskunde. Jahrg. 9. 1911. Heft 8. 9.
Fr. Weher, Ortsnamen als Volkskundequellen (S. 77—82).
Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 26. Jahrg. 1911.
Theodor Gärtner, Besprech. von H. Stickelberger, Die Ausspracho dos Hoch¬
deutschen (S. 319).
Otto Schütte, Vornamen ia Braunschweig vorn 13.—17. Jahrhundert (S. 335—338).
T. Friedemann, Ausführliche Besprech. von R. Eilenbergor, Peunälersprache (S. 351
bis 353).
Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfUlische Volkskunde. 8. Jahrg. 1911.
4. Heft.
A. Oatheide, Zum Martinsfeste. (Ein Versuch zur vergleichenden Volkskunde.)
S. 290-298.
Zeitschrift fUr deutsche Philologie. XL11I. Band. 1911.
Theodor Rabelcr, Niederdeutscher Lautstand im Kreise Bleckede (Schluß; S. 320
bis 377).
Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 25. Jahrg. 1911.
Ewald Geißler, Gemeinsprache und Mundart (S. 265—290).
Oskar Weise, Allgemeine Sprachwissenschaft und deutsche Sprache (Literatur¬
bericht; S. 341—358).
L. Böhme, Studien zum Stil und Sprachgebrauch Klaus Groths (S. 405—417).
I J . Schneider, Die deutschen Familiennamen im Unterricht (S. 520—525).
K. Bretschncidcr, Das Kinderlied in seinen Beziehungen zur Kunstpoesie (S. 538
bis 543; 663-66G).
E. Meyer, Jemandem etwas am Zeuge flicken (S. 572).
R. Spiller, Stüssis Name und Rolle in Schillers Teil (S. 655).
L. Nagel, Pöfeln. Quienen. Vermiesquemt. Miesepeterig (S. 717 f.).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Der Hiatus in den deutschen Mundarten.
Von Oskar Welse.
I. Beseitigung eines schließenden e.
Der Hiatus kann auf verschiedene Weise gemieden werden, be¬
sonders
1. dadurch, daß der Schlußvokal des ersten Wortes abgeworfen wird;
2. dadurch, daß ein am Wortende stehender Konsonant abweichend
vom sonstigen Gebrauche erhalten wird;
3. dadurch, daß ein Konsonant nach Analogie der Fälle von Nr. 2
eingefügt wird.
Die erste Art finden wir in der Schriftsprache, die beiden andern
in den Mundarten am häufigsten vor; und im Schriftdeutschen wieder
ist die Poesie empfindlicher als die Prosa, allerdings vielfach unter aus¬
ländischem Einflüsse. In Iphigenie und Tasso hat Goethe den Hiatus
möglichst gemieden 1 * * , und wie eifrig Opitz nach französischem Vorbilde
klaffende Lücken beseitigt hat, ist von K. Burdach nachgewiesen worden.'-’
Die Alltagsrede und die schriftliche Darstellung, die sich ihr nähert,
kümmern sich wenig um den Hiatus, dagegen nimmt die Kunstprosa
gern darauf Rücksicht. Iu festen Verbindungen wie Hab’ und Gut,
Freud’ und Leid, Lieb’ und Lust, Treu’ und Glaube, Aug' in Auge ,
gang’ und gälte und in Fügungen wie hub’ ich, leb’ ich, tu’ ich, sit
ich läßt man ziemlich allgemein das schließende -e beiseite 4 , in Fällen,
wo es die Deutlichkeit verlangt, hält man es fest, z. B. er erxiihUe ihr.
Der gute Prosaiker meidet ostmitteldeutscho Dative Sing, und Nom. Akk.
Plur. wie Echoe, Holloe (Ruloe), Logic, sagt vor Vokal lieber im Feld,
am Tag, \um Hof als im Felde usw., trägt aber kein Bedenken, neben
1 Scherer hat nur sechs Beispiele gefunden: I’hilolog. Aufsätze zu Ehren Theodor
Mommscns. Beilin 1877, S. 224. Doch hat er elf weitere übersehen, aber eino größere
Zahl ist von Goethe bei Neubearbeitungen glücklich beseitigt worden (vgl. 0. Schröder,
Vom papiernen Stil, 7. Aufl., S.91 ff.).
* Festgabe für R. Hildebrand, 1894, S. 296 ff.
* Hier ist vielfach der Rhythmus mit von Einfluß gewesen.
4 Beachtcnsweit ist das Verhalten des jungen Goethe bei solchen Verbal formen.
H. Loiseau (la languo du jeune Goethe S. 27) stellt fest, daß in den leipziger Briefen
5Umal Elision und 97mal Hiatus, in denen von Frankfurt und .Straßburg 64mal Elision
und 94mal Hiatus, in den Briefen nach dem Straßburger Aufenthalt aber bis 177")
. r >62mal Elision und 135mal Hiatus vorkommt.
Zeitschrift für DenUche Mundarten. VII. 7
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
98
Oskar "Weise.
Lesart 1 zu schreiben: Leseübung, Pflegeeltern, Schmiedeeisen, Badeort ,
Meldeamt, Werbeoffizier, oder zu sagen: blaue Augen, eine unangenehme
Aufgabe, diese einfache Erzählung, wobei allerdings zur Entschuldigung
dienen kann, daß der Anlaut des folgenden Wortes vielfach stärker be¬
tont wird als der Schlußvokal des vorhergehenden. 1 2 *
Wie steht es nun mit der Elision des -e (denn um einen andern
Vokal handelt es sich im Deutschen nicht) in den Mundarten? Hier ist
zunächst zu beachten, daß ein großer Teil von diesen das Schluß -e fast
überall eingebüßt hat, also für unsere Frage so gut wie gar nicht in
Betracht kommt Bekanntlich ist dies der Fall in dem Gebiete, das im
Norden und Süden von folgenden zwei Linien abgegrenzt wird: a) von
der Emsmündung etwa über Oldenburg, Bremen, Celle, Tangermünde,
Havelberg, Ruppin, längs der Südseite der Priegnitz und der Uckermark
nach Posen; b) vom Siegerlandc über Dillenburg, Marburg, Schmalkalden,
Ilmenau, Schleiz, Werdau, Chemnitz nach dem Riesengebirge. Was
zwischen diesen beiden Linien liegt, hält im allgemeinen das End-c fest,
doch läßt sich der Abfall an mehreren Stellen nach weisen, die von
Süden oder Norden ins Binnenland einschneiden; z. B. sagt man im
Eisenachschen 3 dräi, die Treue, fremd, die Fremde, leeb, der Löwe, riis,
der Riese, im fahl, im Felde, im laand, im Lande, de bäim, die Bäume,
de knechd, die Knechte, erd, öde, draej, träge, hid, heute, uold, ich
wollte u. a. Ebenso ist auf niederschlesischem Boden ein großes, von
Norden hereinragendes Apokopierungsgebiet zwischen Züllichau, Schlawa,
Beuthen, Primkenau, Guhrau, Bojanowo, Kobylin, in dem wir Formen
finden wie glogauisch srhnait, Schnitte, beem, Bäume, srhtaup, Stube,
schtroos, Straße, grans (große, Fern. Sing), hoot, heute. 4 Von einer Ab¬
wertung des -e vor Vokalen zur Vermeidung des Hiatus kann also nur
da die Rede sein, wo das -e erhalten bleibt. Dies ist im Oberdeutschen
mehrfach der Fall beim Plural der Substantiva und Adjektiva, z. B. im
kärntnischen Lesachtale, wo man perge sagt, aber in der Verbindung
perg uu töldr das -e vor und beseitigt, und.im Gottscheeischen, wo es
heißt schian’ epfle, schöne Äpfel. 5
1 Vgl. Lesezimmer, Lesebuch u. a.
1 Über den Hiatus im Xhd. sind zu vergleichen V. Scherer, Kleine Schriften II,
213 ff.: J. Minor, Nhd. Metiik 173 ff.; Wackcrnagel, Rhetorik u. Stilistik 433 ff.; IJeller-
mann, Schillers Diamen II. 24(1 ff.; .1 Franck, Zeitsehr. f. d. Altort. 4S, 147 fT.: K. Schmidt,
Anz. f. d. A. 4, 220 ff.; Wilmnnns, Deutsche Gramm. I. 252 ff.; J. Schmidt, Zoitschr. f. d.
österr. Gymnas. 1NS1, 584 ff.; <>. iVhaghcl, Zoitschr. d. allg. deutsch. Sprach vor. Heiheft
17,18, 270 ff.
ü Vgl. Flcx, Beiträge zur Erforschung der Eisenacher Mundart, Eisenacher l'rogr.
1893, 9 ff.
4 v. Unwerth, Die schlesische Mundart S 00.
r ' 0. Behaghcl, Gosch, d. deutsch. Sprache, 3. Aufl., S. 101. l’ber den Abfall des
• e im I’lural -Gänse siehe Wrede, A. f. d. Altert. XVI11, 408 ff.; über den in »balde,
müde, Felde, Bette« ebenda XIX, 281 IT.; über beides (>. Bremer, Boitr. z. Geogr. d.
deutsch. Mundarten 71 ff., 101 IT.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Der Hiatus in den deutschen Mundarten.
99
Anders liegt die Sache im Mitteldeutschen. Für dieses gibt Be¬
haghel an der genannten Stelle als Beispiel an schlesisch Strimj) aus,
wahrscheinlich gestützt auf W. von Unwerth, Die Mundarten Schlesiens
§ 62 Anm., wo als schlesisch, aber nur als gebirgsschlesisch bezeichnet
wird tsii dr de slrimp aus mit dem Bemerken, daß die Elision nur im
Satziulaut vorkomme. Indes ist sie auch da nicht die Regel. Denn ab¬
gesehen von jenem niederschlesischen Apokopierungsgebiete und ein¬
zelnen kleineren Bezirken Oberschlesiens (Kätscher) und Nordmährens
(Kuhländchen), wo das End-e gewöhnlich beseitigt w'ird, kann man in
Schlesien ebensogut sagen tsii dr de Strimpe aus. Dies wird von ein¬
heimischen Sachverständigen bezeugt und ergibt sich schon daraus, daß
Schlesien zu den Gegenden Mitteldeutschlands gehört, wo man für
schließendes -e große Vorliebe hat. Abfall des Endvokals findet in allen
den Gebieten, die innerhalb der obengenannten nord- und süddeutschen
Apokopierungszone liegen, nur beim Verbum häufig statt und zwar im
Satzinncrn bei der ersten Person Singularis des Indikativs und bei der
zweiten Person Singularis des Imperativs im Präsens, seltener bei der
ersten und dritten Person Singularis des Präteritums. Man sagt also
z. B. im Schlesischen, Obersäc/isischen, Thüringischen, Hessischen, ebonso
weiter nördlich, z. B. im Neumärkischen 1 * 3 mitten im Satze mach, tun,
schraub, ~eig usw., am häufigsten bei invertierter Wortfolge-, aber auch
sonst gern, ganz gewöhnlich vor enklitischen Pronominalformen wie er,
ihr, ihn, ihm, die zu f und n zusammenschrumpfen, z. B. ich machr,
ich mach ihr, xeign, zeig ihm. Dies geschieht auch im Präteritum
schwacher Verba, soweit dies die Deutlichkeit zuläßt, d. h. keine Ver¬
wechselung mit dem Präsens möglich ist. Man sagt also gern er spannin
aan, er spannte ihn an (aber er spannte aan), er schenhtr das, er schenkte
ihr das (aber er schenkte ein), neumärkisch ik broochtr, ich brachte ihr
(aber?/.- broochte).* In einem Teile der schlesischen Gebirgsmundart, z. B.
in Braunau und in der nördlichen Grafschaft Glatz gibt es Langformen
starker Präterita wie ich laufe, ich lief, ich kggme, ich kam; diese können
vor folgendem enklitischen Fürwort ihr End-e auch verlieren, z. B. lauf
a, lief er, dagegen heißt es gewöhnlich daar jonge ginge an mit ons,
der Junge ging auch mit uns (trotz des Hiatus). Steht aber die be¬
treffende Verbalform am Schluß des Satzes, so ist es weit häufiger und
beim Präteritum notwendig, das End-e zu bewahren. Auf die Frage:
Was machst du denn? antwortet man im östlichen Mitteldeutschland meist
ich schreibe, ich lese, ich arbeite (aber ich schreib en briif u. a.), und
während man gewöhnlich sagt hör uf. wart nur, guck emool, heißt es
ohno den adverbialen Zusatz regelmäßig höre! warte! gucke! 1
1 Vgl. H. Teuchert, Zeitsclir. f. Deutsche Mundarten 1907, S. 200 f.
5 ui (ich ich, tu ich, schraub ich, xei'j ich, wodurch zugleich der Hiatus be¬
seitigt wird.
3 Schlesisch: a iruhl's nich niacha, dagegen a iruhlc.
* Wertformen, die fast die lioltunir von Interji-kf innen erhalten haben.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
100
Oskar Weise.
Aus dem Gesagton ergibt sich, daß nicht die Scheu vor dem
Hiatus in diesem mitteldeutschen Gebiete das End-e beseitigt hat, son¬
dern der Hochton im Zusammenhang der Kede; denn der Schlußvokal
kann ebensogut vor Konsonanten wie vor Vokalen abfallen. 1 * Außerhalb
des Verbums ist Elision selten. Daher heißt es im Obersächsischen
fimfe un fimfe is xaane, itxc is se ufgestandn, in der Zips dggs alte
eipggr 2 (das alte Ehepaar), neumärkisch de kleene is (die Kleine ist),
miine ole (meine Alte), wat farne groote eere (was für eine große Ehre),
fgot se an (faß sie an), typt je oob (laßt euch auch).
U. Erhaltung eines auslautenden n, r oder b.
Wichtiger ist für die Mundarten der zweite Fall, daß ein Kon¬
sonant zur Vermeidung des Hiatus erhalten wird. 3 Dabei handelt es
sich meist um u oder r, seltener um einen andern Laut. Besondere das
oberdeutsche Gebiet weist hier eine Fülle von Beispielen auf. Dort ist
das auslautende ?i, das gewöhnlich mit oder ohne Näselung des Vokals
schwindet, vor Vokalen in weitem Umfange stehen geblieben. Dies gilt
in gleicher Weise von den Biegungsendungen des Verbums und des
Nomens wie von dem Auslaut der Pronomina, Adverbia und anderer
Wortarteu. So heißt es elsässisch de uiiuer ratschen un datsche (die
Weiber schwatzen), wenn sc heim klimmen, is niene (nirgends) kee finke!e
flirr, berndeutsch: si chünime, aber si chömmcn am abe (sie kommen am
Abend), schwäbisch im Partizip des Perfekts: ganga, gnomma, aber gangan
ischt, gnomman ischt, allgemein südwestdeutsch 4 : ich gee (gaa), stee (staa),
bii, haa, tno, kan, aber gerni (gehe ich), slceui, biini usw. Ferner heißt
es in der Nominalflexion schwäbisch amma stilln Örfla (an einem stillen
Örtchen), die soldatc, mensehe, aber die Soldaten im fehl, die mensehen
am markt, in der Zusammensetzung sehuggbetrotx, aber sehuggbenggrt,
morgrstraal, aber morgenandarht, buncheicald, aber lniuchcnoQ.it , gerechte-
korn, aber gcrsehtenagel (mhd. agrne, Granne), ln gleicher Weise werden
Adverbia wie hinten, aufm, oben , unten, eben, selten, alemannisch
nurnmen, nur (— nitcan) und uan (= als nach Komparativen) behandelt,
z. B. besser ua du, aber uan //; ebenso Präpositionen wie in, an, ron,
neben, gegen. Besonders häufig tritt uns die Erscheinung beim un¬
bestimmten Aitkel ein entgegen. So sagt man von der französischen
1 Z. 15. uarl ino-, ich zeig dir (abgesehen von dein Falle, wo das Präteritum vor
einem enklitischen Vokale steht).
1 Zeit sehr. f. Deutsche Mundarten 1910, S. :571.
:l Vgl. Schmeller, Bayrische Grammatik § C/.9; Weinhold, Alemannische Grammatik
§201; 0. v. Greyerz, Sprachschule für Berner S. 27; Winteler, Kerenzer Mundart S. 73,
140; Weinhold, Dialektforschung S. 70; l’aul, Prinzipien der Sprachgesch * S. 97.
4 Auch im bayrischen Gebiete begegnen wir solchen Formen nach Si hwiibl, Die
altbayrische Mundart S. 37 und Brennerund Hurtmann, Bayerns Mundarten I, 04. Das¬
selbe gilt von der Verbaßer Mundait im südlichen Ungarn; vgl. W. Lindenschmidt, Die
Verhaßer Mundart, Budapest 1905, S. 37.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Der Hiatus in den deutschen Mundarten.
101
Sprachgrenze bis nach Ungarn hinein c ross, e liecht, aber en esrl, cn
apfel , en ohst. So erklären sich auch Formen wie e nast (ein Ast), e
nigl (ein Igel), c naadern (eine Ader), bei denen das n des unbestimmten
Artikels mit dem folgenden Wortstamme fest verwachsen ist. Wie häufig
diese Art der Vermeidung des Hiatus auf alemannischem Boden auftritt,
kann man daraus erkennen, daß in den 277 Hexametern des Hebelschen
Dialektgedichtes »Die Wiese« etwa 80 einschlägige Fälle Vorkommen. 1
Ähnliche Beobachtungen kann man im Md., ja, wenigstens im
Westen, sogar im Nd. machen. Von allen md. Mundarten ist die frän¬
kische am meisten gegen den Hiatus eingenommen und zwar sämtliche
Zweige des Fränkischen, von der alemannisch-schwäbischen Grenze bis
zum Niederrhein, von Lothringen bis nach Siebenbürgen, soweit sich
dort Franken niedergelassen haben. Im Ripuarischen sagt man cn ggs
(Aas), cn ei, cn eder (Euter) 2 * , im Mittelfränkischen deen ct hang hoit,
dcc lest et hang henken (luxemburgisch) ublggsn, anblasen, aber un-
cmpfeeln, anempfehlen, vgoo, angehn, aber unenaander, aneinander (mosel¬
ländisch 4 ), im Hessischen ugimt, aber wiartig, aafange, aber aneckc , ü,
voo vor Konsonanten, in, von vor Vokalen, uei, aber weinappel 5 , im
Westthüringischen (Wasungen) Unglück, anhand, aber unartig, unordent¬
lich 6 , im Südsiebenbürgischen ich goo wekter (ich geh weiter), aber ich
goon eweech (ich geh weg), iifläcken, einflicken, aber änärnen, einernten,
nbrängen, anbringen, aber unaeuern, aneifern. 7 Südfränkisch sagt man
c kuu, eine Kuh, aber cn alti hin (rappenauisch) 8 , vo-n cn, a-n en,
gege-n cn (von ihm, ihnen, an, gegen ihn) 9 , ostfränkisch en ochs, en aa
(Ei), en alter man (Mann) 10 11 , gecn i, schicen i, tnun i, hii, aber hine-
neder, hin und wider", erzgebirgisch a mggn (Mann), aber an appel . 12
Dasselbe gilt vom Niederfränkischen; z. B. sagt man in Mülheim a. d. Ruhr
ecten ltn drinkc, de jriisen liuut, der graue Hut; ebenda verlieren in
der Stadtmundart an, in, fan, hin, den (der), wen (wer), kan, sin (bin)
ihr n vor Konsonanten, behalten es aber vor Vokalen: man hat ein Kleid
§
an } aber hat etwas aan cm (an ihm) auszusetzen. 13 In der Mundart von
1 Man kann diese Fälle leicht herausfinden, wenn man die Ausgabe von O. Heilig
zu Rate zieht, in der S. 3 —13 allo einschlägigen n durch einen Querstrich vom Woit-
stammo abgetrennt sind, z. B. V. 89: iraas hilft balge-n und schniaalc.
2 Münch, Ripuarische Mundart S. 140.
8 Hildebrand, Aufsätzo und Vorträge S. 84.
4 Kisch, Wörterbuch der nösnisch-moselfränkischen Mundart S. 228 II.
5 H. Reis, Zeitschr. f. D. Mundarten 1909, S. 104.
G Reiehardt, Koch und Storch, Die Wasunger Mundart S. 90.
7 Siebcnbürgisch-sächsisches Wörterbuch S. XXXIV, Bd. II, S. 137; Bd. I, S. 103.
h Mcisinger, Zeitschr. f. D. Mundarten 1901, S. 137.
0 Süttcrlin, Die exspiratorisehe Betonung in der Heidelberger Volksmundart S. (3.
10 Wirth, Archiv f. Gesell, u. Altertumsk v. Oberfranken, Bayreuth 1897, S. 1G5.
11 Gerbet, Mundart des Vogtlaodos § 187.
12 Müller-Fraureuth, Obersächsisches Wörterbuch S. 280.
,B Maurmaun, Die Mülheinier Mundart §197.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
102
Oskar Weise.
Tongern aber begegnen uns die mannigfachsten Beispiele von Scheu vor
dem Hiatus. So heißt es dort beim Inf. und Partizip: cclcu un tfrenke,
rekenen op (rechnen auf), xoo tc keeken en tc haile, dat (so zu schreien
und zu heulen, daß), gebakken en (gebacken und). In der 1. und 3. Person
Plur. des Präsens, die gewöhnlich auf -c ausgeht, wird dort vor folgendem
tonlosen Anlautsvokal verschieden verfahren. »Sie schneiden es ab« heißt
entweder xe snaj d oof oder xe snojen rd oof, »wir drehen es aus« ent¬
weder re dree d aut oder vc dreejen cd aut. Ferner hört man dort cn
and meneke, ein altes Männchen, aber ct mcnnckcn es aad, de trapen op.
dio Treppo auf (sonst trape), sieht xen ougru op, schlägt seine Augen
auf 1 2 ; dasselbe gilt vom Adjektiv: so heißt es de groote beer, der große
Herr, aber de grooten oop, der große Affe, cnc grooten oop, oin großer
Affe, tc lange testen cn stiik, zu guter Letzt ein Stück (aber schrift¬
sprachlich: len langen teste een stak). Auch Artikel und Präpositionen
werden in gleicher Weiso behandelt: enc-n ongenoodege heise dooch, ein
ungnädig (sehr) heißer Tag, enc-n oon dc-n enne tc gcicc, einen an die
Armen zu geben, ran dc-n orloch trüg, von dem Kriege zurück, Hege
flau, gegen Jahn (schriftsprachlich legen Jan), aber tiege-n ct spook,
gegen den Spuk.
Nächst dem Fränkischen haben dio vom Fränkischen beeinflußten
mitteldeutschen Mundarten die größte Neigung, den Hiatus zu meiden,
so das Vogtländische, Erzgebirgischc, Südwestthüringische, Hessische, aber
auch das mit von Franken aus besiedelte Schlesien, während das Thü¬
ringische und Obersächsische fast gar keine Hiatusscheu erkennen lassen.-
Doch beschränkt sich die Erscheinung in Schlesien auf eine Anzahl ein¬
silbiger Wörter, z. B. die beiden Präpositionen ci(n) ■= in und vo(n), die
in vielen Gegenden des Landes ihr n nur vor Vokalen bewahren: ei-n-er
(in ihr), voo-n-cr (von ihr). Eine Besonderheit, die, wie es scheint, vor¬
wiegend oder ausschließlich im Kuhländchen auftritt, ist der Gebrauch
des Flickwortes sen, das nur vor Vokalen sein n festhält, aber schwerlich
aus dem erstarrten und dann nicht mehr verstandenen Genetiv siin (mhd.)
hervorgegangen ist; z. B. in Firmcnichs Völkerstimmen II, S. 368, A. 54:
daa quam sen a siulxcr Reiter haar, S. 370: bei st du s’ vicit ihm bekannt.
Viel engere Grenzen sind dem hiatustilgendcn r gezogen. Es wird
hauptsächlich im Bayrischen und in den an Bayern grenzenden Gebieten
verwendet. Wir beobachten es vornehmlich bei der Biegung der Für¬
wörter und bei einigen Bindewörtern. So sagt man im Nominativ des
bestimmten Artikels und des persönlichen Fürworts vor Konsonanten de
1 Grootacrs, Hot Dialect van Tongern, Leipzig 1910, S. lüO, 187, 206 fl'.
2 Pa in Obersachsen unsere Schriftsprache heiniatsbercchtigt ist. so erklärt sich
daraus deren geringe Rücksichtnahme auf den Hiatus. Auch im Niederdeutschen ist, ab¬
gesehen vom Niederfräukischen, meines "Wissens kein Gefühl für den Hiatus vorhanden.
Dasselbe gilt von verschiedenen Gemeinden des ungarischen Ilcrglandes. /.. B. Dobschau
im Gömörrer Komitate: denn dort sagt man a (tat (ein Ast); vgl. Mraz, Pio Pob-
schauer Mundart, Budapest 1909, S. 54.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Der Hiatus in dun deutschen Mundarten.
103
und c, aber vor Vokalon der und er, z. B. de (da) Buch (der Bube), aber
der Alt(e), der Engel, der Arm ; c will, aber er is(t). Dasselbe gilt von
den starken Biegungsformen des Eigenschaftswortes im Nom. Sing., z. B.
e jung Mensch , aber en alter Ochs, und von der Substantivendung -er,
z. B. da Wcaba, der Weber, aber da Wcawar is dooA In gleicherweise
werden oder, aber, weder, wieder, weiter, unter, über und andere Par¬
tikeln behandelt, z. B. i ode mei Brucdcr aber mei Brucdcr oder i. So
steht in einem bayrischen Texte von 1701 (veröffentlicht in Bayerns
Mundarten I, S. 130 ff.) aba (aber), mei Liscl , dagegon nit eppar (etwar,
etwa) in da Wildtnuss, da gant: Waldt iss umb uns umbar (umbher,
herum) und wnba gatiga.
Ebenso ist die Verwendung des hiatustilgenden b (oder statt dessen
der Spirans w) ziemlich beschränkt. Diese Erscheinung findet sich in
einzelnen thüringischen Mundarten; z. B. im Ruhlaischen (Regel S. 68)
und Honnebergischen (Frommanns Mundarten U, S. 495; Fclsberg, Dio
Koburgcr Mundart, Geographische Zeitschr. f. Thüringen VI, S. 137) wird
auslautendes, d. h. nach Verlust eines -e in den Auslaut gekommenes b
hinter Vokalen abgeworfen, sobald das Wort am Satzschluß steht oder
ein mit Konsonant beginnendes Wort folgt, dagegen beibehalten, wenn
ein Vokal darauf folgt. So sagt man ich haa, ich glae (glaube, glaube),
ich gaa (gebe), aber haab ich, glacb ich, gab ich, ferner mitn Lii (mit
dem Leibe), aber mit Liib und Seel, mitn Wii, aber mit Wiib un Kengcn
(Kindern), mit der Haa, aber mit Haab nn Guut, e lii Frau, aber liib
un düiir, lieb und teuer. Ähnlich verhält es sich mit dem Ostfränkischen,
z. B. der Gegend von Bayreuth; denn dort heißt es: des waar xe gruc
(das wäre zu grob), aber en gruewer Kcerl (Archiv f. Gesch. u. Altcrtumsk.
von Oberfranken, Bayreuth 1897, S. 195). Auch im Südsiebenbürgischcn
begegnen wir etwas derartigem. Dort wird nämlich in der Vorsilbe ab
das b vor Konsonanten abgeworfen, vor Vokalen aber als w erhalten,
z. B. heißt cs uedankeu, abdanken, aber uewackem, abackern, uewändern,
abändern (Siebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch I, S. 3).
III. Analogische Einfügung eines n, r, ic (k).
Verwandt mit der zweiten ist die dritte Art, den Hiatus zu vermeiden.
Da man nämlich gewohnt war, in zahlreichen Wörtern und Wortformen
die klaffende Lücke dadurch zu beseitigen, daß man ein altes n, r oder
b (w) erhielt, so nahm man nun auch in den Fällen seine Zuflucht zu
diesen drei Lauten, wo sie von Haus aus gar nicht vorhanden waren;
1 Lessiak erwähnt aus dem Kärntnischen (Zeitschr. f. D. Mundarten 1909, S. 9 l'nto-
fuito (Unterfutter), aber Untofniter an (Unterfutter auch). Ferner ist zu onvähnon, daß
im Schlesischen semantisches r vor Konsonanten wie a gesprochen wird (z. 13. liida,
Räder), daß aber vor Vokal die r -Artikulation deutlich hervortritt; vgl. W\ v. Uuwcrth,
Dio schlesische Mundart SSO; dasselbe gilt vom Nordböhmischen, z. 13. der Markersdorfer
Mundart: vgl. Fr. Knotlie, Die Markersdorfer Mundart S. 12 (z. B. de Mufa tut ktu-ha,
aber de Mutar is krank).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
10 t
t Klar Weise.
man schob sie unter dem Einfluß analoger Beispiele einfach ein. Am
häufigsten findet sich so n gebraucht, während r und w in der Haupt¬
sache auf das bayrisch-österreichische Gebiet beschränkt sind. Andere
Laute kommen selten in Frage. Die Erscheinung ist am weitesten ver¬
breitet in Oberdeutschland; Mittel- und Niederdeutschland weisen nur
wenige Beispiele auf. Durch ganz Oberdeutschland geht die Einfügung
eines n in den Verbindungen der fragenden und relativen Adverbien wie
und u'o mit darauffolgendem ich: wie-n-i, wo-n-i und in entsprechenden
anderen Fügungen wie icie-n-cr (wie ihr), wie-n-em (wie ihm), wic-n-ich
(wie euch), ico-n-e Kind (wo ein Kind). Wir können derartige Formen
von der Schweiz und dem Elsaß bis nach Ungarn hinein verfolgen, auch
im Ostfränkischen, Erzgebirgischcn und Schlesischen. In derselben Weise
verfährt man bei anderen einsilbigen Wörtern wie sie: sic-n-üt, zwei:
icei-n-ist, drei: drei-n-ist, so: so-n-ist, so-n-e Fell, so ein Fell, ein
solches Fell, daher in Ottenheim auch so-n-ik = so-ig, solch (Pauls und
Braunes Beiträge zur Gesch. d. d. Spr. u. Literat. XIII, S. 242). In der
Mundart von Kerenzen im Kanton Glarus wird auch so an der Spitze des
Nachsatzes, das die drei Formen soo, so, se je nach der Betonung hat,
vor Vokalen mit n versehen (Winteler, Kerenzer Mundart S. 198 u. 222).
Daher heißt es: Tue nie. t ’ Lüt, se gaats der wie de hüte, aber sen
ischls wie . ., so ist es wie. Ferner sagt man im Alemannischen, z. B.
in Bern (nach 0. v. Greyerz, Sprachschule für Benier S. 143 und im
Elsaß; vgl. Elsässisches Wörterbuch I, S. 743) naa-n-em, nach ihm. Auch
einsilbige Verbalstämme werden in gleicher Weise behandelt; so fügt man
nach dem Muster von Verbalformeu wie bin-i, geen-i, steen-i, wo das
n seit ältester Zeit vorhanden war, nun auch bei solchen Zeitwörtern
ein u ein, die von Haus aus keins haben, z. B. bei schlaa-n-i, schlage
ich, maa-n-i, mag ich, sich-n-i, sehe ich, loo-n-ems, laß es ihm,
gei-n-ems, gib es ihm. Seltener geschieht dies bei mehrsilbigen Formen;
so sagt man im Siegerländischen ( cch fahrn (ich fahre), cch falln (ich
falle), bildet also bei r- und /-Stämmen die erste Person des Singulars
im Präsens auf n, dagegen heißt es ceh scltriitcc, cch schloofe, aber bei
Umstellung findet sich hier das hiatustilgende n ein: schriiwcc-n-eeh,
schloofe-n-ech (Heinzerling, Siegerländische Mundart S. 54; 0. Bremer,
Bcitr. z. Geogr. d. deutsch. Mundarten S. 109 A.). Endlich fühlt man im
Bayrischen vielfach das Bedürfnis, bei Verbalstämmen, die auf einen
langen Vokal ausgehen, die Formen des Konditionals (Konjunktivs Impcr-
fekti) so zu bilden, daß vor der Endung -cl ein n eintritt Anstatt
i draact, ich würde drehen, i naact, ich würde nähen, isoact, ich würde
säen usw. hört man daher häufig sagen: i drcici-n-ct, inaa-n-et, isaa-n-ct.
Daß wir es hier mit einem hiatustilgenden n zu tun haben, beweist der
Umstand, daß dafür ebenso oft ein r erscheint, z. B. i slriiä-r-ct , ich würde
streuen, i see-r-ct, ich würde sehen u. a.
Natürlich finden wir im Bayrischen bei dessen Neigung für das
hiatustilgende /• diesen Laut auch in anderen Fällen, wo wir sonst dem
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Der Hiatus in den deutschen Mundarten.
105
n begegnen, z. B. beim Indikativ des Präsens: draa-r-i, drehe ich, sie-r-i,
sehe ich, yce-r-i, gehe ich, tuc-r-i, tue ich, kaa-r-i, kann ich, ferner
beim Konjunktiv: saa-r-a, sei er, beim Infinitiv: lache-r-odc waan, lachen
oder weinen, beim Substantiv: Sehne-r un Strumpf, Buc-r un Diandl
(Bubo und Dirndl), übers Knic-r abbreche h, mit kloan Augna-r aschaugcn
(mit kleinen Augen anschauen) (1701: vgl. Bayerns Mundarten I, S. 210),
beim Zahlwort: zwac-r Auge, beim Fürwort: dc-r-i, die ich, beim Ad¬
verb: alsc-r-alt, also alt, wie-r-a Hund, wio ein Hund, aa-r-cn Arbet,
ohne eine Arbeit. Auch zwischen die beiden Bestandteile einer Zusammen-
rückung oder Zusammensetzung drängt sich dieses r ein, z. B. bei zwuc-r-
czwanzig, zweiundzwanzig, drae-r-ezwanzig, dreiundzwanzig, ae-r-i, anhin
^ hinan, zuc-r-i, zuhin = hinzu; ebenso tritt es zuweilen innerhalb eines
nicht zusammengesetzten Wortes auf, wie oben bei draa-rct ; so sagt man
rue-r-i, ruhig und es tuet net der Miie-r-a, es lohnt nicht der Mühe.
Über dieses r berichtet uns A. Gebhardt, Die Nürnberger Mundart
§ 197 A. 7, daß cs ursprünglich in Nürnberg unbekannt gewesen und erst
neuerdings dort eingedrungen sei, bisher auch nur in der ersten und
dritten Person des Indikativs Präsentis im Plural, z. B. mir kumme-r-ower
niet, wir kommen aber nicht, döi genga-r-ins Wertshaus, die gehn ins
Wirtshaus; nur bei jüngeren Leuten hört man Sätze wie dau uoo-r-i
gewees bi, da, wo ich gewesen bin. Dagegen ist die Erscheinung im
Egerländischen ganz gewöhnlich. So heißt es dort: ma kan aa (auch) r
an Brunnnn aasschöpfe, daa-r-e, daß ich, suc-r-e dumme Gans, so eine
dumme Gans, Viah-r-und Leut, kaa-r-i, kann ich, mir gengc-r oitzc-r
ainc dae , einer von uns geht jetzt hin. Im Erzgebirge und Vogtlande
sind die Spuren dieses r weit geringer; doch sagt man im südlichen
Vogtlande kaa-r-a, kann ein, su-r-a, so ein. Von dem Fränkischen
der Rappenauer Mundart erfahren wir durch 0. Meisinger, Wörterbuch
der Rappenauer Mundart S. 136: >r findet sich sehr häufig am Endo
eines vokalisch auslautcnden Wortes, wenn das folgende im Satzzusammen¬
hänge mit einem Vokale anfängt. Es ist als ein Übergangslaut aufzu¬
fassen (wie im ahd. bistur unschuldig im Erfurter Judeneid und wolar,
abur im Ludwigslied), z. B. ma uünscha-r-ich, wir wünschen euch, si
hcica-r-aa, sie haben auch, krousa-r-epfl, große ÄpfeL. Dazu fügt Mei¬
singer in der Zeitschrift für Deutsche Mundarten 1901 S. 137 noch si
vasehlaga-r-en, sie verschlagen ihn, si khena-r-es, sie kennen uns, ui
a khama-r-is, wie er gekommen ist, neewa-r-em, neben ihm (aber nccuc
ta Schaia, neben der Scheuer).' Und wie die Präposition neben, so
werden auch andere auf n ausgehende (von, an, zwischen, gegen, wegen),
die im Oberdeutschen vor Konsonanten meist ihren Auslaut verlieren,
infolge Schwundes des Sprachbewußtseins vor Vokalen vielfach mit r
statt mit n versehen, wobei möglicherweise auch die Analogie von unter,
1 Vgl. auch Ph. I.cnz, Konstanzer Programm von 1887(8) S. 39 aus Handscliuhs-
lieim: tu-r-i, tu ich, tes haui-r-cm sage kene, das hab ich ihm sagen können.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
IOC
Oskar Weise.
über, hinter, wider mit cingewirkt hat. So heißt cs im südlichen Vogt-
landc ve-r-cn, von einem, bayrisch ve-r-enk, von euch, so in Wachbach
bei Mergentheim 1 außer nebe-r cm, nebn ihm, wege-r-em , seinetwegen,
so im Egerländischen xu'ischc-r ains u zwae, zwischen eins und zwei,
msche-r alfc-r u zwölfe, oe-r-in, an ihn, gege-r-in, gegen ihn, im
Schlesischen zwische-r-em, naawe-r-em, waage-r-cm. Ähnlich wird die
Präposition »mit« im Fränkischen, z. B. in Handschuhsheim behandelt. Diese
hat vor unbetontem Pronomen die Form mi-r , z. B. mi-r-ich , mit euch,
mi-r-cm , mit ihm, mi-r-er , mit ihr, mi-r-cn , mit ihnen (vgl. Ph. Lenz,
Konstanzer Programm von 1887(8) S. 31), die sich durch dieselbe Un¬
sicherheit des Sprachgefühls und den Einfluß der Analogie erklärt
In Schönwald bei Gleiwitz, einer deutschen Sprachinsel Oberschle¬
siens, findet sich ein hiatushinderndes r beim unbestimmten Artikel. Man
sagt z. B. dort zeram Fände , zu einem Felde, arar Facht, in einer Nacht,
horam Boome , bei einem Baume, \cra booeba , zu einer Frau (Babe),
noochcram Juiirc , nach einem Jahre, emeran Floschc Hai//, um eine
Flasche Wein, mederam Biuwa , um einen Buben.- Ein Seitenstück
dazu ist der Gebrauch des Heanzischen im westlichen Ungarn, wo cs
heißt aufaram Baam, auf den Baum, owaram Laam, auf den Lehm
(Frommanns Deutsche Mundarten VII, S. 225), ferner des Niederöster¬
reichischen {in vre Wirtshaus, in einem Wirtshaus, ebenda V, S. 110)
und des Hennebergischen (bai cra Stun, bei einer Stunde (ebenda III,
S. 128). Dagegen ist vier is, man ist, das Gerbet, Mundart des Vogt-
landes S. 102, hierher zieht, wohl anders aufzufassen. Es findet sich in
vielen Gegenden Mittel- und Niederdeutschlands, die hiatustilgendes r
gar nicht kennen, und erklärt sich wohl durch den Einfluß der ersten
Person des Plurals wer = wir, z. B. altenburgisch vier sin, wir sind,
darnach vier bann, man kann *= wir können.
Von den Mundarten Ungarns zeigen außer der heanzischen ein
/■ in der Hiatuslücke, z. B. die von Metzenseifen im Zipser Lande, dio
nach Al. Gedeon, Die Metzenseifener Mundart, Budapest 1905, S. 07 unter
anderen folgende Beispiele bietet: ich hoo-r-cn gesecn, ich hab ihn ge¬
sehen, ich hoo-r-om gcem, ich hab ihm gegeben, ebenso die von lßtimcr,
aus der M. Haynal, Die Ißtimerer Mundart, Budapest 1900, S. 40 ver¬
zeichnet: schau-r-i , schaue ich, kee-r-i, gehe ich, traa-r-i, drehe ich,
re-r-uns , von uns, i hre-r-et, ich hätte, pi-r-i girecst, bin ich gewesen,
/ zaa-r-ct, ich möchte ziehen.
Weit seltener als n und r tritt als hiatustilgender Laut tr auf. Es
hat sich natürlich nach Analogie von Wörtern herausgebildet, bei denen
cs von Haus aus vorhanden ist, z. B. ostfränkisch des /hier
is tröi, das
Bier ist trübe, aber c troinc Tag, ein trüber Tag. Die Beispiele sind
1 Vgl. Alemannia XXIII, S. L>13.
J Vgl. K. liusimle, Eine vergossene deutsdn* Sprachinsel im polnischen Oher-
schlesieu, llreslau 1911, S. 120f.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Der Hiatus in den deutsche» Mundarten.
107
nicht zahlreich. Ich nenne cgerlündisch gti-w-i , gehe ich, vogtländisch
c-w-estc , ehe du, bayrisch xue-w-cr , zuher = herzu, xue-w-c , zuhiu =
hinzu (häufiger xue-r-e). 1
Das Ar, das in mecklenburgischen und vorpommerschen Koseformen
vor der Endung - ing erscheint, sobald diese an einen Stamm tritt, dessen
Endvokal sich nicht elidiren läßt, ist wahrscheinlich ein Rest des Ver¬
kleinerungssuffixes Ar, so daß hing entstanden wäre aus he -+- ing. Doch
ist immerhin beachtenswert, daß man neben Jding (aus Ida-ing), Anning
(aus Anna-ing), Lcning (aus (Leno-ing), Otting (Otto-ing) sagt Schäuhings ,
Sehnlichen, Pöting (kleiner Pomuchelskopp), jehing (Verkleinerung von
je) , ncching (Verkleinerung von nein), Dnhing (Verkleinerung von I)u).-
IV. Der Hiatus bei den Präpositionen xu und bei.
Bei A. Gebhardt, Grammatik der Nürnberger Mundart § 203 lesen
wir: »Formen wie tso-n-in , zu ihm sind wohl nicht aus Sandhigesotzen
zu erklären, sondern als Analogie zu potenzierten Flexionsformen wio in
fisnn , den Fischen, daer hund left af drai bar nennt, dieser Hund läuft
auf drei Beinen. Wenn gelegentlich vorkommt tso-n-cra statt tsou cra,
zu ihr, so fasse ich dies als weitere Analogie zu tso-n-in auf«. Doch
ist dies ein Irrtum. Daß wir es tatsächlich mit Sandhierschcinungen zu
tun haben, dafür spricht 1. die Beschränkung des Gebrauchs auf dieselben
Mundarten, wo sonst Hiatus gewöhnlich beseitigt wird; 2. das Auftreten
des n gerade in den beiden Präpositionen, die auf einen Vokal ausgehen
(am und bei) ; 3. der Umstand, daß die drei am meisten zur Tilgung des
Hiatus verwandten Laute n, r und w auch hier erscheinen. Ein Über¬
blick über die hier in Betracht kommenden Formen mag dies erläutern.
In den oberdeutschen Mundarten verlieren, wie bereits angegeben,
die Präpositionen, die auf n ausgehen, wie gegen, uegen, neben, \wischcn,
ron, in, an, diesen Schlußlaut gewöhnlich vor Konsonanten, erhalten ihn
aber zur Verhütung des Hiatus vor Vokalen. In gleicher Weise werden
auch vielfach Wörter, die auf -er endigen, behandelt, z. B. unter, über,
außer, oder, aber. Infolge davon ist Unsicherheit des Sprachgefühls eiu-
getreten und r tritt auch an Stellen auf, wo man n erwartet, so daß
sich oftmals Formen finden wie geger, weger, xWischer u. a. Ebenso
werden n und r häufig verwendet, um die klaffende Lücke zu füllen,
die dann entsteht, wenn die Präpositionen bei und xu vor Vokale treten.
Dafür gebe ich folgende Belege:
1 Über weitere Fälle von Einschub eines r vgl. Wiener Sitzungsberichte XLV,
S. 215 (Zips); J. Stuhrmann, Das Mitteldeutsche in Ostpreußen, Progr. v. Deutsch-Krone
1890, S. 31a (Ermland); II. Tschinkel, Grammatik der Gottsched - Mundart, Hallo 1908,
S. 32; Schmeller, Bayerns Mundarten ijGSG; Schwäbl, Bayrische Grammatik S. 44; Wein¬
hold, Bayrische Grammatik 5; 137; Gerbet, Vogtlandischo Grammatik S. 159; für die
Mundart von Ottenheim K. Heimburger in Pauls und Braunes Beitragen XIII, t}82A.;
D. W. Xlil, S. 3; ferner für das Bayrisch - Österreichische Frommanns Mundarteu I, S. 290;
111, 8.44, 173. 392.
* Vgl. Fr. Müller, Zur Sprache Fritz Deuters, Leipzig 1902, S. 47.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
108
Oskar Weise.
1. für n:
alemannisch: zuu-n-er, zu ihr, bii-n-er, hei ihr, bii-n-is, bei uns,
bii-n-cch, bei euch, hii-n-in, bei ihnen, znue-n-is, zu uns,
xnuc-n-ich, zu euch 1 * ;
schwäbisch: bei-n-em, bei ihm, bei-n-er, bei ihr, xttuc-n-cr, zu ihr,
xnue-n-im, zu ihm*;
bayrisch: bei-n-im, bei ihm, bei-n-uns, bei uns, bci-n-ml l - , bei euch,
xum-n-uns, zu uns, bei-n-in, bei ihnen; xun-n-crcn, Haus, zu
ihrem Haus 3 ;
schlesisch: bei-n-er, bei ihr, zuu-n-cr, zu ihr, zuu-n-um, zu ihm,
zuu-n-a (den) Snldatcn, bei-n-a Taxen, bei den Taxon 4 ;
erzgebirgisch: bc-n-um, bei uns, be-u eich, bei euch. 5
2. für r:
alcmanuisch: be-r-hn, bei ihm, be-r-in (cn), bei ihnen;
bayrisch: xe-r-enk, zu euch, *./ i-r-cr, zu ihr;
fränkisch: zu-r-em, zu ihm, zti-r-cr, zu ihr, \u-r-cu, zu ihnen,
zu-r-ich, zu euch, bc-r-uns, bei uns 6 ;
westböhmisch, vogtländisch, egerländisch: be-r-cn, bei einem, be-r-rr,
bei ihr, bc-r-uns, bei uns. 7
3. für ic:
bayrisch: zuc-tc-cr, zu ihr.
4. für d:
erzgebirgisch: bei-d-uns, bei uns, bei-d-ich, bei euch. 8 9
Es handelt sich also in allen Fällen um die Verbindung der Prä¬
position bei und zu mit Pronominalformen, meist einsilbigem Kasus des
persönlichen Fürworts wie uns, euch, ihm, ihr.' J
V. Die Verwandlung von i und u in j und ic.
• •
Ein viertes Mittel zur Beseitigung des Hiatus ist der Übergang eines
i oder u in die entsprechenden Halbvokale j oder ic, wie wir es z. B.
im Vogtländischen finden bei Wortverbindungen wie urjnujcl für zwei
1 Vgl. z. B. Elsäss. Wörtorb. 8. 743; .1. Wintelcr, Die Kcrenzer Mundart S. 140 f.
' Vgl. Wagner, Progr. von Reutlingen 1801, S. 104.
3 Schwab], Altbayrische Gramm. S. 30, 100; Loxer, Karntu. Wörtorb. XIII.
4 Weinhold, Dialcktforsch. S. 70.
6 K. Müller-Fraurcuth, Obersächs. Wörterb. S. 80.
Z. B. in Bayreuth, Rappenau und Ilandschuhshcim (vgl. Rh. Lenz, Konslanzer
Programm von 1887(S), 8.39.
7 Vgl. Gradl, Bayerns Mundarten I, 107; Gerbet, Gramm, d. Vogtland. Mundart
8.102; K. Müller-Fraureuth, Obersächs. Wörterb. 8.183.
* K. Müller-Fraureuth, Obersächs. Wörterb. S. SO.
9 Die Präpositionen xu und bei werden auch je nach der Verbindung vielfach
selbst in ihrer Form verändert. So sagt man in Aargau (vgl. A. Frey, Analecta Ger¬
manica, Amberg 1900, S. 40) und in Glarus (J. Wintcler, Die Kerenzcr Mundart 8.140)
xue wer, hii wer (vor unbetontem pcrsöul. Fürwort), xk dir, bi dir (vor betontem
persünl. Fürwort), Aarau, x r innerst, x'yross , x'ini.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Der Hiatus in den deutschen Mundarten.
100
Engel oder traairich für trau ich (vgl. Gerbot S. 285. -). So erklärt sich
wohl, daß im Niederfränkischen und Ripuarischen, im Thüringischen,
Nordhessischen und Teilen des Alemannischen (besonders in der nord¬
westlichen Schweiz), die sonst die einfachen langen Vokale ii, uu und
y (langes ü) festzuhalten pflegen, Diphthongierung in ei, au und eu
eintritt, wenn darauf ein Vokal folgt, also Hiatus vorliegt, daß man also
sagt piin, hu ns, hyscr, aber ich freie (mhd. friic ), ich baue (mhd. buuive ),
ich bereue (mhd. rinicc). Offenbar empfindet man hier in dem Doppel¬
laute das * und u als Halbvokale oder Spiranten und fühlt sich dadurch
weniger gestört als durch den einfachen Laut. In ähnlicher Weise verhält
es sich mit i- und w-Lauten, die im Wortinnern vor Vokalen stehen.
Aus ihnen entwickelt sich häufig ein j und w, allerdings fast nur in
Fremdwörtern und hauptsächlich in den Gegenden, die sonst gar nicht
empfindlich gegen den Hiatus sind, in Mittel- und Niederdeutschland.
Dabei bleiben die Vokale selbst oft noch bestehen, wenn auch vielfach
in etwas veränderter Gestalt, z. B. u als e. Hierher gehören Fälle wie
1 Ali je für Lilie, Vijolen für Violen, Vijcline für Violine, rejalsch oder
rajalsch für royal; ferner Fernjen (Ferien), runjeniere (ruinieren), Mai je
(Marie), Nataljc (Natalie), Iudevidjen (Individium = Individuum), Kemedje
(Komödie); ferner Aktewar (Aktuar), Edeward (Eduard), Jesuwite (Jesuit),
Janeuar (Januar), Febreuar (Februar), Trotteivar (Trottuar :"Trottoir),
Alewee (Alue : Aloe), Krauate (Kruate : Kroate, allerdings mit unter Ein¬
wirkung von Krabbe), Lowise (Luise), Pawel (daneben Pagel : Paul),
Rtncine (Ruine, vogtländisch). 1
Mit diesem Streben nach Beseitigung des Hiatus steht in Einklang
die Unterdrückung des ersten oder seltener zweiten der beiden zusammen¬
stoßenden Vokale in Namen wie Ja las (Julius), Melcher (Melchior), Michel
(Michael), Andrees (Andreas), Male (Amalie), Emile (Emilie), Rosale (Ro-
salie), Reffe (Sophie), aber auch in anderen Wörtern wie Petistc. (Pietist),
Karmesin (karmoisin), Pharo (Pharaospiel), Holdste (Hoboist), die sämtlich
7. B. im Altenburgischen in dieser Form üblich sind.
Dieselben Laute j und w spielen samt h eine wichtige Rolle als
»Übergangslaute« bei Verben wie säen, bähen, blühen, mühen u. n. Über
sic äußert sich Wilmanns, Deutsche Grammatik I, § 154f.: »Vokalisch aus-
lautende Stammsilben sind nicht eben häufig, und oft hat die Sprache
darnach gestrebt, sie durch Einschiebung konsonantischer Zwischenlaute
zu beseitigen. Im Gotischen ist von dieser Neigung erst wenig wahr*
zunehmen. Weitere Verbreitung gewinnen die Übergangslaute im Hoch¬
deutschen, und zwar sind es die Konsonanten j, ir und h, die so ge¬
braucht werden, also dieselben Laute, die, wo sie etymologisch begründet
1 Über mhd. Formen wie meije oder inciyc, reijc oder rcige, rrhjc, frein vgl.
Kräuter, Zeitschr. f. d. Altert. 21, S. 2üG; Veinhold, Mhd. (»ramm, 221, 224. Hierher
gehören auch Wasunger Formen wie summ-, sucr, sauer, muntrer, Mauer, liatnre,
haue, in denen nach Koch, Storch und Jteichardt, Die Wasunger Muudart S. 32 zur
Silbentrennung gebraucht wird bei zusainmenstoüenden Selbstlauten'.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
11Ö
Oskar Weise.
sind, schwach artikuliert werden und allmählich verklingen. Schwach
artikuliert waren sie auch als Übergangslaute, daher werden sie in der
Schrift bald bezeichnet, bald nicht, wechseln auch untereinander«. So
findet mau, um nur einige Beispiele zu nennen, holländisch maajen,
mähen, draajcn, drehen, ripuarisch biije , bähen, siijc, säen, hessisch
mecje und meeue , mähen, dreejr und dreetre, drehen, altenburgisch siiur,
säen, biime (aus biilre .), biihen. 1
Anhang.
VI. Über auslautendes n vor Dentalen.
0. Behaghel sagt in seiner Geschichte der deutschen Sprache, 3. Aufl.,
Straßburg 1911, S. 210: »Das n ist abgofallen im Mittelfränkischen größten¬
teils, im Rheinfrünkischen, im westlichen Teile des Ostfränkischen, im
größten Teile des Hessischen, im südlichen Thüringen, im südöstlichen
Schlesien, im Schwäbischen und Alemannischen«. — »Der Abfall des n
hat lautgesetzlich nirgends stattgefunden, wenn das nachfolgende Wort
mit Vokal begann«. — »Vielleicht blieb auch vor Dentalen das n rein
lautgesetzlich erhalten: im Mediascher Dialekt schwinden die auslautenden
n der Flexionssilben außer vor Vokal, li, d, t, fs«.
Was in den ersten Sätzen berichtet wird, ist bekannt und braucht
nicht weiter erörtert zu werden; wohl aber bedarf die im letzten Satze
ausgesprochene Erscheinung, die vom Verfasser bezeichnenderweise mit
einem »vielleicht« eingeführt wird, noch einer näheren Untersuchung.
Sehen wir genauer zu, so finden wir die Beobachtung Behaghels be¬
stätigt, aber nicht bloß durch Formen des Mediascher Dialekts und nicht
bloß durch Flexionssilben. Der Grund, weshalb n , das vor anderen
Lauten abzufallen pflegt, vor Dentalen vielfach erhalten geblieben ist,
dürfte darin zu suchen sein, daß es in der Zahngegeud des Mundraums
erzeugt wird, also einen leichten Übergang zu dem folgenden Zahn¬
laute bildet.
Die meisten Belege liefern die fränkischen Mundarten. Mosel¬
fränkisch und südsiebenbürgisch heißt es undreitreu , antreiben, aber
‘ Anders aufzufassen sind altcnburgi.sch Jfarpinr (Harpyie), Schahisinr (Jalousie),
leipzigisch rosnne, lilane Kleider, egcrlündisch Sa wiener, Einwohner von Sandau in
Bühnten, Schambencr, Einwohner von Sdiönbach (Schiepek, Satzbau der Egerl. Mundart
S. 341 A.), Lindener (Lindauer), Ifaslanrr (Haslauer), Miilirancr (Mülbacher, vgl. Gradl
in Bayerns Mundarten 11, S. 3ü2). Hier liegen wohl Analogiebildungen vor ohne die Ab¬
sicht, den Hiatus zu vermeiden. Die beiden erstgenannten Formen sind Ifückbildungen
aus den Pluralen Harpyien und Schalnsirn . deren //. da die Wörter fast nur im Plural
gebraucht wurden, mit dem Stamme verwuchs, rosanc und lilane sind nach Adjektiven
mit n wie kattunen, leinen gebildet, die Namen der Ortsbewohner aber sind ebenso ana¬
logisch geformt wie in der Pfalz Sladlnnrr für Städter oder in Basel Äsehlemer für die
Bewohner der Aschenvorstadt nach dem Muster von Mannnner (Mannheimer), Dossnner
(Dossenheimer); vgl. 0. Behaghel, Die deutsche Sprache, fi. Aufl., S. 272. Ebenso sind
schlesische Adverbien wie flerlninc, derxnne für daboi, dazu nach dem Verbilde von
schlesisch hiihenr . il rahme, nhcnr, nah ne (tingene) u. a. gestaltet worden.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
t)er Hiatus in den deutschen Mundarten.
111
ugedriwen, undoon, antun, aber ugedoon (G.Kisch, Vergleichendes Wörter¬
buch der Nösner und moselfränkischen Mundart S. 229); südsiebenbürgisch
miduecht, Andacht, undannem, andonnern, aber nösnisch uduecht, udan-
nem (Schullerus, Siebenbürgisch-säcbsisches Wörterbuch I, S. 103); süd¬
siebenbürgisch ändreen, eindrehn, ändräcken , eindrücken, aber äfläcken
(ebenda II, S. 137); niederfränkisch (in Mülheim a. d. Ruhr) aantrecke , an-
zichen, aber aaknoire, anknurren (vgl. E. Maurmann, Mülheimer Mundart
S. 60, §198). Ebenso wird dort das n von den Wörtern in, fan (von),
legen (gegen), wen (wer), den (der), dan (dann), hin vor Vokalen, sowie
vor h- und t- Lauten erhalten, während es vor anderen Konsonanten*
gewöhnlich wegfällt, z. B . fa mi fnader , von meinem Vater. Dasselbe
gilt von den Verbalformen hm, kann und sin , bin, sowie von südsieben-
bürgisclien Personen des Präsens wie ich goon dner , ich gehe dorthin
(neben ich goo wekter , ich gehe weiter; vgl. Schullerus, Siebenbürg. -
süehs. Wörterb. S. XXXIV). Auch das Ripuarische zeigt ähnliche Er¬
scheinungen, nur handelt es sich hier hauptsächlich um die Possessivs
und den unbestimmten Artikel. So sagt man dort bei Neutris- iniin,
diin, siin düng (Ding), aber mii, dii , sii kalef (Kalb); desgleichen heißt es
im Norden Ripuariens und an der mittleren Erft en diir, ein Tier, cn
deel, ein Teil, en dorep , ein Dorf, aber e mnul , ein Maul, e booch , ein
Huch u. a. (vgl. F. Münch, Gramm, d. ripuarischen Mundart S. 162). In
gleicher Weise verfährt das Südsiebenbürgische; denn dort heißt es im
Nom. und Akkus, des Neutrums vor Vokalen, sowie vor h- und ^-Lauten
meng , mein, deng , dein, seng, sein, z. B. deng däsch, dein Tisch, aber
de r{)()tcr, dein Vater, de kängd, dein Kind; dagegen lautet es im Nös-
nischen vor Vokalen und Konsonanten durchweg dai, z. B. dni eegen känt,
dein eigen Kind (vgl. Schullerus, Siebenbürg.-sächs. Wörterbuch II, S. 28).
Ferner sagt man im Südsiebenbürgischen iin appel, ein Apfel, iin däsch,
ein Tisch, aber ii gnerlrn, ein Garten, ii kängd, ein Kind (vgl. ebenda
II, S. 133 und A. Scheiner, Die Mundart der Siebenbürger Sachsen, For¬
schungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, herausgeg. v. A. Kirch-
hoff, Bd. IX, S. 161).
Doch auch außerhalb des Fränkischen lassen sich Spuren dieses
Lautgesetzes nachweisen, so in der Kerenzer Mundart des Kantons Glarus.
Wie in allen oberdeutschen und einigen mitteldeutschen Dialekten findet
sich dort besonders vor einsilbigen Formen des persönlichen Fürworts
(ihm, ihr, uns, euch) bei den Präpositionen bei und xu häufig ein hiatus¬
tilgendes n, das nach Analogie von anderen auf n ausgehenden Prä¬
positionen wie in,' von, wegen , neben, gegen eingefügt sein dürfte,
z. B. bi-n-em, xu-n-ew, bi-n-cr, xu-n-er, bi-n-is, xu-n-is, bi-n-ech,
\u-n-ech. Dieses selbe n tritt aber auch vor Dentalen auf, z. B. bi-n-der,
1 Nur vor ;>-Lauteu geht cs in in über.
s Bei Maskulinis stehen die aus dem Akkusativ iniinen, di inen, siinrn hervor-
gegangenen Formen iniilie, di ine, siinr.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
112
ftthmar Meisingcr.
bei dir, xu-n-dcr , zu dir, aber bi-mer , bei mir, xu-nier , zu mir 1 (vgl.
J. Winteler, Die Kerenzer Mundart S. 140).
Ähnlich liegen die Verhältnisse in Schlesien; denn dort sind vor
der dentalen Spirans die Formen bei-n und xu-n weit verbreitet:
bei-n-sich, xu-n-sich. Die oberschlesische Mundart der Gegend von
Meißen bis Leobschiitz dehnt den Gebrauch des n auch auf die Für¬
wörter sie, dir, dich aus, z. 13 bei - n der, bei dir (Philo v. Walde, Sonntags¬
kinder S. 201), ebenso ain se (sonst ai, in, ebenda S. 138).
Aus alledem ergibt sich, daß die Erhaltung bzw. Einfügung eines n
vor Dentalen in der Hauptsache bei einsilbigen Wörtern (Fürwörteni,
Präpositionen, Adverbien, Verbalformen) zu finden ist.
Lexikalische Beitrage ans Unter- und Oberbaden.
Von Othmar Mclslnger.
%
I. aa n s9 kants.
In meinem Wörterbuch der Rappenauer Mundart, 5b habe ich den
Ausdruck aa n s9, durch den Nasal verführt, vermutungsweise zu eittsi
gestellt Dies ist nicht möglich, es gehört, wie schon verschiedentlich
festgestellt wurde, zu also; vgl. Fischer, Schwäbisches Wörterbuch I, 151;
Schmellor I, 68; Martin-Lienhart I, 77. In Rappenau wird aa n s3 nur in
Verbindung mit Adjektiven verwendet, wie aa n so kants, v hot dn aa n s.t
kants nuutvkMtikt er hat ihn vollständig hinuntergeschluckt; aa n so uarsm
hot u to khuuxd kqso er aß den Kuchen warm, wie er war; ebenso aa n so
Inrtntic. Das für sich stehende aa n so, das sich im Elsaß als aasj findet
(er hot aaso fleisch ff esse) , kommt in Rappenau nicht vor, ebenso fehlt
der Ausdruck fun aaso von selbst, ohne weiteres, den aber unsere Ale¬
mannen in Baden kennen (Freiburg). Wenn der Elsässer sagt: d bloter
isrh von aase vfgange, so sagt man in Rappenau t plooiun is fun ola<ii n
ufkatjo die Blase ist von selbst aufgegangen.
Daß älteres also unserem aa n s9 zugrunde liegt, zeigen deutlich viele
Stellen althochdeutscher und mittelhochdeutscher Texte, auf die Schmeller
schon hingewiesen hat, so wenn Notker sagt: also leitende fcrslindct er
sie, es entspricht vollständig unserem aa n so Inretttic. Fischer weist noch
auf eine Stelle im Nibelungenliede hin (Aventiure XVII):
dö hiez Hagene tragen
Sifriden also töten von Nibelunge lant
für eine kemenaten, da man Kriemhilde vant.
1 Im lionailiLaiteri Togireiilmr^ gilt dies Gesetz jedoch nicht; denn dort sagt inan
bi der, 'n der.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lexikalische Beiträge aus Unter- und Oberbaden.
113
Die Mundarten des Böhmerwaldes kennen zu unserem Worte noch
die Weiterbildung ansert; vgl. Schwänke und Sagen aus dem mittleren
Böhmerwalde, gesammelt von Josef Blau (in Blümmls Beiträgen zur
deutschen Volksdichtung VI, S. 148): Er rührte sich dabei ansert gan~.e.
II. Mhd. lä$en.
Das mittelhochdeutsche lä$en hat in Rappenau wie in Handschuhs¬
heim eine eigenartige Spaltung erlebt, vgl. Lenz, Vergleichendes Wörter¬
buch der neuhochdeutschen Sprache und des Handschuhsheimer Dialekts,
S. 42. Es bleibt einerseits starkes Verbum mit langem Vokal, looss,
klooss in der Bedeutung Flüssigkeit aus einem Fasse abzapfen (ftt aus-
loosd, Part, anskloosd ), anderseits wird es schwaches Hilfsverb mit kurzem
Vokal, i los, tu les, v lest, tnv loso, iv lost, si losa, Part klost, Imp. los,
Konj. leest. Es ging hier jedenfalls das Sprachgefühl dafür verloren, daß
die beiden zusammengehören.
III. mit und miit.
Die Wirkung des Akzents zeigt sich in den dialektischen Formen
mit und miit. Die Präposition hat durchweg kurzes t, mit mv mit mir,
mit tv kawl mit der Gabel, mim m^sv mit dem Messer, minanin mit¬
einander. Wird mit in der Verbalkomposition verwendet, so hat es
langes i. Dann trägt es starken Akzent, also zeit miitfaars willst du
mitfahren? faa miit fahre mit, miitlafd raitlaufen.
IV. dr stefi.
In dieser Zeitschrift 1910, S. 128 geben Keiper-Zink die Redensart
aus den Pfälzer Orten Duchroth und Würzweiler: der gibt wie der Stoffe
(Sdoffe) seim Hinkelche (oder seiner Gluck), d. h. mit der einen Hand gibt
er’s, mit der andern nimmt er’s wieder. Keiper-Zink führen dies Stoffe
auf Christophorus zurück. Daneben findet sich auch die Form Sleffe,
die auf Stefan zurückgeht In Rappenau kennt man obige Redensart
auch, doch anders ausgosponnen. Man sagt: der hots ere gStekt, wi dsr
steft seinoro glulc; der hot erd tswaai khevnlin zu fiil gqws, no is si fdickt.
Es scheint hier eine alte schwankartige Erzählung zugrunde zu
liegen, die weit verbreitet war.
V. School.
sool ist ein altes Aleraannenwort für Schlachthaus, D. W. IX, 1448.
Maaler, 289b. metxg oder school laniena, caraarium, macellum. Weitere
Belege geben Hunziker, 229 und Seiler, 262b. Das Wiosental kennt
es heute nicht mehr; daß es früher vorhanden war, habe ich in dieser
Zeitschrift 1907, S. 222 nachgewiesen. In Müllheim dagegen gibt es heute
noch eine School; auch der Eigenname Schooler ist hierher zu stellen.
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. y
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
114
E. Kövi.
VI. Beuggen.
Von Säckingen rheinabwärts liegt der alte Sitz der Deutschordens¬
meister, Beuggen. Im Yolksmunde heißt der Ort heute Bügd; es ist hier
die Lautform festgehalten, die im 16. Jahrhundert vorlag. Der Ort wird
nach Kriegers topographischem Wörterbuch (unter Beuggen) in Urkunden
1504 Bücken, 1521 Bückhen, 1543 Bügkeu genannt (zu ahd. biugo die
Biegung). Dieses Bücken findet sich nun bei Fischart an einer Stelle
des glückhaften Schiffes. Es heißt dort:
Folgends auff Seckingen sie schifften,
Die das volck der Segwonen stifften,
Da des Reins achtest Brück angeht
Und inn Sant Fridlins Insul geht.
Noch musten sie sich weiter schicken
Zu einem Strudel under Bücken,
Welcher der dritt ist inn dem Rein.
Hier ist zweifellos mit Bücken der Ort Beuggen gemeint Soweit
ich sehe, hat dies noch keiner der Herausgeber Fischarts entdeckt
Einige Pflanzennamen in Zipser Mundart.
Eine botanisch-philologische Studie von E. Kövi.
Yorbemerkung. Den Rat des Botanikers Dr. H. Marzell in Augs¬
burg befolgend, will ich im folgenden von den etwa 500 mir bekannten
Zipser Pflanzennamen nur einige ganz volkstümliche mitteilen und
habe auch sogenannte Übersetzungen aus dem Lat oder Oriech. weg¬
gelassen.
Die botanischen Namen sind nach der ABC-Folge geordnet Dann
folgen die nhd. Namen nach dem botanischen Exkursionsbuch von
Dr. G. Lorinser 1 und zuletzt die Zipser Volksnamen.
Aconitum napellus L. Ächter Eisenhut. juutsa haobn.
Adenophora lilifolia Bess. Becherglocke, driixrjgskraaedic.
Adenostyles albifrons Rb. Drüsengriffel, alpwiriixngre.sl.' 2
Aegopodium podagraria L. Gern. Geisfuß. kooztjfis% p. s
Ajuga reptans L. Kriechender Günsel, krictidf ginx{.
Alchemilla arvensis Scop. Feldfrauenmantel, faldvaacbfmanIJctj.
1 Zweite Aufl. Wien. Verlag von Tendier & Comp. 1860.
* Wahrscheinlich = grefl.
' Kein echter Volksn., da slavisches koza (Geis) bedeutet.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Einige Pflanzennamen in Zipser Mundart.
115
Alliaria off. Anderz. Knoblauchkraut. kn$ubloxhedjric.
Alyssum alyssoides L. Kelchfrüchtiges Steinkraut, ätpnkrfs.
Amarantus viridis L. Gera. Tausendschön, reldj- Spdnoot.
Androsaceus. Mannsschild, veldh him\sslcscn.
Arabis-Arten. Gänsekresse, gcmsgzkraaedic; Nbf. tuurmkraot.
Arrhenatherum elatius L. Glatthafer, gdbiirgshgbj-; Nbf. raaegroos.
Artemisia vulgaris L. Gera. Beifuß. paaeps.
Asperugo procumbens L. Niederliegendes Scharfkraut raokraot.
Asperula odorata L. Wohlriechender Waldmeister, väldm^istf.
Aster scepusiensis Kit. Virgils Sternblume, kvtraaena reisen.
Astragullus- Arten. Wirbelkraut, xisf kl^i.
Atropa belladonna. Gera. Tollkirsche, kr^unfeugy,; Nbf. nvdragula . 1
Barbara vulgaris. Gern. Barbenhedrich. goltgdkraaedxc; Nbf. ventpkr^.
Berteroa incana DC. s. Farsetia.
Beta vulgaris L. Feldrübe. Jcarpfl. 2
Betonica officinalis L. Bathengel. bothayl. Vgl. Stachys officinalis Tr.
Bidens tripartita L. Dreiteiliger Zweizahn, läsftscent; Nbf. ts&ntblunm.
Blechnum spicant Rth. Rippenfam. brvxiliaaniSj- raaebj-kriig.
Botrychium raatricarius Schrk. Mutterkraut — Mondraute, fuutyblaatfcy.
Calamagrostis-Arten. Reitgras. väldSmiih; Nbf. Spetsiigroos.
Calluna vulgaris Hüll. Gern. Besenhalde, kr&ntsmqus . 8
Caltha palustris L. Sumpfdotterblume, kuubluum.
Cardamine pratensis L. Wiesenschaumkraut, gretsbliimcy.
Carlina acaulis L. Stengellose Ebenwurz, melicvurts; Nbf. Smuntvurts.
Chaerophyllum-Arten. Kälberkropf. k^rb[kraot; Nbf. tolkrrbl
Cheiranthus cheiri L. Goldlack, lasfrak; Nbf. fraklas.
Cichorium Intybus L. Gern. Wegwart tswängar^uxii.
Colchicum autumnale L. Herbstzeitlose. tSwtdlqiixi}; Nbf. tSatMquxn.
Corydalis cava Schweig. Großer Hohlwurz, vaaebpSuu.
Crocus vernus Wulf. Wilder Safran, matohpixn; Nbf. t&ptslquxn.
Cuscuta- Arten. Kleeseide, krats; Nbf. taaebls-tsvim.
Cytisus-Arten. Geisklee, svorts huntsgeft; Nbf. faldgoldr^ign.
Daphne mezereum L. Kellerhals, fafnhitcn (Pfaffenhütchen); Nbf. tsiigleyk.
Datura stramonium L. Gern. Stechapfel, tsigoongeft (Zigeunergift).
(Deschampsia) Avena subspicata. Schmielenart. Hafer, ripczißmnh;
Nbf. fuurngroos, troozngroos.
Drosera rotundifolia L. Rundblättr. Sonnentau, fliignfal; Nbf. fliigyfrasp.
Dryas octopetala L. Silberwurz, räldgetinbluum.
Echium vulgare L. Gern. Natterkopf, tsvängsgjkraaedic.
Equisetum-Arten. Schachtelhalm. kanveS; Nbff. kvekn, tsinkraot.
Farsetia incana Br. Gern. Graukresse, slrinkrrs; Nbf. vegkrrs. Vgl.
Alyssum.
1 Ung. Lehnwort. * Poln. karpiel
' Weil man davon unvcrwelkbare Kränze windet
S*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
116
E. Kövi. Einige Pflanzennamen in Zipser Mundart.
Fumaria off. L. Erdrauch, fanorryix.
Galium Aparine L. Klimmendes Labkraut kl^inp klebon.
Galium mollugo L. Weißes Labkraut, vaaesf klebon; Nbf. rqmkluum.
Gentiana lutea. Enzian, antscn; Nbff. $t$inkl$i, tsitsbliimcn.
Geranium-Arten. Storchschnabel, xamxfcn; Nbf. uurri. 1
Geura- Arten. Nelkenwurz, friileyksgleklcn; Nbf. naaglcnvurts.
Glechoma hederacea L. Efeuart Gundelrebe, indf-raamcrf.
Helianthus tuberosus L. Kult Erdbirne (Kartoffel), grul; Nbf. grol.
Heracleum sphondylium L. Gern. Bärenklau, hqilgdkraaedic.
Hippuris vulgaris L. Gern. Tannenwedel, lictfcy.
Hypericum-Arten. Johanniskraut blutgdlcraaedic.
Iris germanica L. Deutsche Schwertlilie, mest-talip; Nbf. saabln.
Juniperus communis L. Wacholder, kreeumfbeer.
Knautia arvensis L. Ackerwitwenblume. S^in» katfcy,.
Lapsana communis L. Gern. Rainkohl. hooxijXootcrj..
Lathraea squamarea L. Gern. Schuppenwurz, reich flqisvurls.
Lathyrus tuberosus L. Knollige Platterbse, gutd dsukp*; Nbf. aartnes.
Lilium martagon L. Goldwurz, väldtolipcn.
Linum catharticum L. Purpurlein, knojf; Nbf. knujf.
Listera ovata R. Br. Eirundbl. Zweiblattorche. levy£naotsn ; Nbf. listj-n.
Listera cordata R. Br. Herzbl. Zweiblattorche. rotsvurts.
Lolium temulentum L. Trespe, iSip.
Lonicera xylosteum L. Heckenkirsche, hinrcmgy.
Lotus corniculatus L. Gern. Schotenklee. Slqinxaaed.
Lunaria rediviva L. Spitzfr. Mondviole, loxmijon . 8
Lycopodium clavatum L. Bärlapp. h^ks?,im^us.
Lysimachia Nummularia L. Pfennigkraut, goldgdkraaedic.
Malva silvestris L. Waldkäspappel, gosvolstgakraaedic; Nbf. vdldkolsykcs.
Muscari racemosum L. Traubbisamhyacinthe. tsiyklcn.
Myosotis scorpioides Hill. Vergißmeiunicht, kr^utiyeiglcn.
Myrrhis odorata (L.) Scop. Wohlriechende Süßdolde, kalbfkrop.
Nardus stricta L. Steifes Nardgras. ftorslngroos.
Nigella sativa L. Echter Schwarzkümmel. s\ind halfen. S. knautia.
Oenothera biennis L. Zweijährige Nachtkerze, goortnmvkaabfbliimcii.
Paeonia-Arten. Kult. Gichtrosc. aabsj (, erbsg ) r^us; Nbf. duubdryis.
Paris quadrifolia L. Vierblättrige Einbeere. vnlfsbeer?reij.
Pirola-Arten. Wintergrün, väldfaaelcn .
Poa-Arten. Rispengras, kalbssmdcn,
Prenanthes purpurea L. Purpurner Hasenlattich, hoo'.nsvloota.
Prunus padus L. Traubenkirsche. Schieders Himbeere, kontrah. tSid-
rempiy, Nbf. tmdreykn.
1 Wenn man ein Samenkorn der Pflanze mit dem kürzeren Endo irgendwohin
steckt, es der Sonne aassetzend, so dreht sieh das längere Ende (der Schnabel) wie der
Zeiger einer Uhr; daher der Name.
* Slaw. Lehnwort. * Lache mich an.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Wilhelm Schoof. Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 117
Rhamnus cathartica L. Kreuzdorn, moogyholts; Nbf. hundsbqum.
Rosa canina L. Hundsrose. kipn£traox; Nbf. kkitSr^uxy.
Rubus Idaeus L. Himbeere, hempf.
Sagina nodosa Fenzl. Knotiges Mastkraut meslkraot. 1
Sanguisorba off. L. Wiesenknopf, braona kelbcn; Nbff. ktiepcri, rquda
beerarcn.
Satureja alpina L. Scheele. Pfefferkraut reendf virbldost.
Sedum album L. et carpaticum R. Fetthenne, donj-gakraaedic.
Sesleria uliginosa Opix. Elfengras, trooxygroos (Rasengras).
Sileae acaulis L. Stengelloses Leimkraut velda noaglcy.
Solanum dulcamare L. Bittersüß, veldf grolnStraox.
Stachys recta L. Ziest, fuspfkraot. Vgl. Flußgesparkraut, Salzburg.
Tragopogon pratensis L. Wiesenbocksbart kooxaboort . 2
Trollius europaeus L. Dotterblume. kofos-t$it$cy ; Nbf. gafelta kuubluum.
Tussilago farfara L. Huflattich, lootcn (Blätter); xumftercn (Sommer-
törchen, Blüte).
Yaccinium myrtillus L. Heidelbeere, vceulbfn; Nbf. volpfcn. S. Wal¬
beere bei Schmeller.
Vaccinium vitis idaea L. Preißelbeere. Spraaesppi.
Viola tricolor L. Veilchen, reisen, pl. vqixfcy.
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.
Von Wilhelm Schoof.
Der Kreis Fulda.
Die hier gebotenen mundartlichen Formen verdanke ich sämtlich
der Liebenswürdigkeit des Herrn cand. phil. Glöckner aus Fulda, der,
mit einer Dissertation über die Mundartenverhältnisse der Rhön beschäf¬
tigt, sie von Ort zu Ort persönlich erfragt hat Sie konnten von mir
nur zu einem geringen Teil auf ihre Richtigkeit hin nachgeprüft werden.
Die urkundlichen Belege der Namensformen verdanke ich der vortreff¬
lichen, auf einer reichen Quellenliteratur fußenden Abhandlung über die
Ortsnamen des Kreises Fulda von Prof. Dr. Haas in den Fuldaer Ge¬
schichtsblättern VII, Nr. 10/11 und VIII, Nr. 1/2 (Fulda 1908/09). Die
hier folgenden Namensformen ergänzen diese Arbeit nach der mundart¬
lichen Seite hin.
All mus, ma. Mehnas, < xum Almundes 1354 u. ö., xum Almuds 1413,
Allmuss 1683, Almos ca. 1720, Malmus 1727.
‘ Auffallend, da tncst eigentlich »Mist« bedoutet.
* Nbf. taiigyboort, koza slaw. Ziege.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
118
Wilhelm Schoof.
Almendorf, ma. MQlmdduuxrf, < Adelberendorf 12. Jh., Alberdorff 1662,
xum Alberdorff 1662, xum Malmendorf 1653, Albendorf 1782.
*
Armenhof, ma. Oarmahoof < Armenhoff 1662, Armhof 1727.
Bachrain, ma. BQxräC, ein Dorf neueren Ursprungs.
*
Bernhards, ma. Bänsds, < das Bernharts 1432, xum Mittlerni und
Nideren Beniharts 1527.
/ *
Besges, ma. Bääsjds, Bääs(s, < Besewines, Besiges 1570, Bessigcs,
Bessges 1605, 1628, Baesges 1796.
*
Bieberstein, ma. BuwarSdäi ", < BUterstein 1363, Bibrastein ca. 1720.
Blankenau, ma. Blatjgdndu, < Blankenowe 1268, Blangkenauivc 1345,
Blankenaiv 1582.
Böckels, ma. Bggals, < Bukelines 12. Jh., xum Bocldes 1507, Böckles
1662.
Brandles, ma. Bräanäfs, < Brandolues.
* *
Bronnzell, ma .Bromdsäl, jünger: Brondsäl, c Prcmestcscclln 852, l*rom-
cella 12. Jh., Bromecelle 1212, Promtxell 1458, Brännxel 1545, Brom -
xell 1492, Brunxel 1574, Brumxell 1620, Bronnxcll 1796.
Buchenrod, ma. Buxoröod, ein Dorf neueren Ursprungs.
*
Büchenberg, ma. Böcdbäärg, < Byochinebcrge 1012, Büchenltcrg 1574.
Dassen, ma. D(ids9, < in dem Tassen 1490, xum Dachsen 1676.
Dietershan, ma. Dedo7-$h(>Qa~, < Diclricheshagcn 1250, Dilcrshan 1540,
Diedershahn 1796.
Dietershausen, ma. DedjrShüiso, < Thcotricheshus 810, Dieterichcs-
husun 816, Diodericheshuscn 966, Dictiichshuscn 1336, Dijtterickcshusen
1405, Ditrichshusen 1413, Dittrrshusen 1455, Dittershausen 1751.
Dipperz, ma. Dcbd[r]ds, < Dicprechtcs 1261, Dytprechtes 1329, Dgp-
prechts, Dypprechtis, Dipprcchts 1329, 1383, 1399, xum Dipprechts
1421, xum Dipjierts 1489, Diepcrls 1574, Dipperx 1796.
Dirles, ma. D4Ads , < Tyerolfcs 1332, Tierolfs 1337, Thyrolffs 1367,
Tirolfis 1413, Derolffs 1465, xum Dirolffs 1649, xum Dirloss, Dicrloss
1662, Dirles 1796.
Döllbach, ma. Dchcic, < DcU/ach 12. Jh., Dellbach 1461, Dehlbach 1674.
Dorfborn, ma. DgdfbQjn, < Dorfborn 1450 (eig. dorf am born).
Dörmbach, ma. Döarmic, < Dörrenbach.
Edelzell, ma. Eedoldsü!, < Edelxcl 1545, Edclxell 1796.
Egelmes, ma. Mälnos, < Egihnares 826, Engclmcss 1662, xum Mel nies
1603.
• •
Eichenau, ma. Aiconän , < Eichenowe 1240.
• •
Eichenried, ma. Aicoriid, < Eicherit 1574, Eichcrod ca. 1720.
• • *
Eichenzell, ma. Aicjdsäl, < Eichcncclla ca. 950, Eychenxclle 1340,
Eichen xell 1558.
*
Elbrichshof, ma. Mälmorhoof. < hof xum Elberichs, xum Elbrich, xum
Elbers 1493, xum Elbcrhof > Mclmerliof 1829.
Vigitized by GO glC
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt..
119
Ellers, ma. MälafrjS, < in Elderiches 1165, xum Elderichs 1486, xum
Ellers 1496.
Elters, ma. MääldafrjS, < Elderiches 1170, Elderichs , Eldrichs 1273,
das Eldrich 1558 ,Elthers (Elters) 1468, 1527.
• •
Engelhelms, ma. Ayalhäms , = Hof des Angilhelm.
Federwisch, ma. FääsrwöS, = Flader - oder Fluder wiese = sumpfige
Wiese.
Finkenhain, ma. F6ygahäi~, — das dem Finco gehörige eingefriedigte
Grundstück.
Flieden, ma. Fliird, < Fliedina 806, Fliedena ca. 1000, in villa Flie-
dinu 806, in Fliedinero marcu 806, Flidena 12. Jh., Fliden 12. Jh.,
Flieden 13. Jh., Flyden 1389.
Florenberg, ma. FlQanbäärg , < iuxta inontem Sanctae Florae 1249, uf
Sente Florinberge 1395.
Friesenhausen, ma. Freesahülsa, < Frisenhusun 816, Frisenhus 824,
Frisenhusen 12. Jh., Frysinhusin 1353, Friesenhansen 1648, 1662.
Fulda, ma. Fgl, < Fnldaha, Vulda, Fulda , Fulta 753 — 841, Vultaha,
Voldaha 12. Jh.
Gersrod, ma. Gaä&röod, entweder < Geroldesrod oder < Gerosrod.
Giesel, ma. Giis{, Döbaglis\, < Gysilaha ca. 820, Gisala, Gisela, Gysela
1266, 1320, 1434, Gisel 1401.
Gläserzell, ma. Gläsardsäl, < Glesercella 12. Jh., Gleserxell 1381, Glesir-
xelle 1427, Glesserzeil, Klesscrzell 1626, Gläserzell 1796.
Götzenhof, ma. Gidsahoof, < Goizendorf 12. Jh., Qötxendorff 14. Jh.,
Qötzedorfshoff 1727.
Großenlüder, ma. Liidar, < Luodera ca. 820, Lutra 816, Lutraha 826,
Luttura 856, Luothera 1057, Lutera 1137, Liutra 12. Jh., Lutere
1300, 1376, Lüdter 1372, Lüdder 1443.
*
Haimbach, ma. Häätnic, < Hagenbach 12. Jh., Hegenebach 1116, Henge-
bach 1116, Henebach 1306, Heynebach 1368, Hembach 1457, Heym-
bach 1457, Heimbach 1796.
_ *
Hainzell, ma. Hiändsäl (e sehr schwach und eng), < Heinzelle 1288,
Hehencelle 1308, Heenxell 1493.
Harmerz, ma. H0jrme[r]ds, < Harmundes 1184, 1187, 1194, 1208, 1333,
Hammundis 1284, 1288, xum Harmess 1662.
Hattenhof, ma. Hadshöof, < Hattenhof 1457, Hadehof 1574.
Hattenroth, ma. Hadaröod, < in curia Hattinrot 1332, Hüttenrode 1340.
Hauswurz, ma. Hpusbsds, < Huswartes 12. Jh., das Huswarts, Hus-
wirts 1534, Hauswortz 1574, Hauswarts 1582, Hauswurtx ca. 1720.
*
Höf und Haid, ma. Hööfarhiiid, oft auch einzeln: guf dar häid, guf dar
hööf, < Heidehoff ca. 1720, Heidehof 1782.
Hofbieber, ma. Hoofbtiwar, < villa Bibraha 826, Hofbibraha 1303,
1395, der hoff ixu Bibra under Bibersteyn gelegen 1388, Hofbibra
1413, 1415, 1525, zu Hooebibra 1523, Hoffbiber 1662.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
120
Wilhelm Schoof.
Horas, ma. Huurs, < Horaha 12. Jh., Hora 1293, Horaw (Ilorau) 1649,
1651, 1657, Hoias 1724, 1782.
Horwieden, ma. Hurwtüh, < Horwida 12. Jh., Horcwc 12. Jh.
Hosenfeld, ma. Ilosafääld, < Hosen feit 1333, 1365.
Istergiesel, ma. Esdargiisdl, < Ussrgeiscl 1574, xue Eustcrgicscll 1662,
von Eustern Giesel 1688, Istergisel 1727.
Johannesborg, ma. Gdhdnsbäärg, daneben auch Gohansbaarg, < Sankt
Johannesberglc aufm Johannisbergk 1540, 1570.
Jossa, ma. JQs, < Jaxaha 826, 997, Jaxa 1172, Jaxza 1320, uf der Josx
1529, Ludwig von Jossa 1662.
Kämmerzell, ma. Kri/nardsäl, < Kamercella, Kcmercellu 1158, Kämmer¬
zell 1158, Kemmcrtxelle 1224, Kcmerxelle 1481, Kcmmerxett 1796.
Kauppen, ma. de koub, < ufr Kauppcn, auf der Kauppen 1662.
Kautz, ma. Kguds, exum Kilts, cxinn Kutx, exum Kütx 1359, xum Kaufs
1506, Kautshof ca. 1720.
*
Kerzell, ma. Kjädsäl [mhd. *er vor Dental = jä\, < <'helnercsxcllc 1165,
Kelnerxell 1215, Kellerxell 1303, Kcrcxel 1499, Kvrxcl 1574, zur Kcer-
xell 1702.
Keulos, ma. Kgühs, < Chugels, Kitgels 1212, Kheids 1413, Kitts 1413,
1468, das Keioles 1451, xum Keulos 1662, Keileshof 1727, Keulos 1796.
Keuzelbuch, ma. Kgüdsarbüux, < Kixelbeg ca. 1720.
Kleinlüder, ma. Gläi~lii(hr, auch QUiinidsr, < Cloin Lgdcr 1574, Klein
Liidcr ca. 1720.
Kohl gründ, ma. Köolgroind, neuere Benennung.
Kohlhaus, ma. Köohs, < Colhus 1250, 1302, Colhusen 1205, 1404.
Künzell, ma. Kindsät, < Kindecella 12. Jh., Kindccelle 1250, Kinnxcll
1410, Kindxello 1481, Kintxel 1497, Kienzell 1603, Künzell 1796.
Langenbieber, ma. Laijdbiiwor, < Obirenbiberaha 13. Jh., Langcnbibra
1320, 1339, 1415, Langenbieber 1662.
*
Lebnerz, ma. Läänofrjds, < Lendershöfe 1796, Lenlrrls- oder Lehnerls¬
höfe 1829.
Löschenrod, ma. Lnsjröod, < Leissen rode 1395, Leiserrot 1494, Lcschon-
rodt 1632, Leseherode 1727, Löschenroth 1796.
*
Lüdermünd, ma. Lidjrmnj , < Lüttermnndc 149S, Liidenniiudt 1550,
Lüdermunde 1727, Lüdermünd 1796.
Lütterz, ma. Lidsfrjds, < Lugthardes 1058, Lnetharts 1353, Lutharts,
Liitharts 1456, 1459, 14S7.
Maberzell, ma. Mgirsrdsät. Mggr.idsäl, < Magebruhcetlc 12. Jh., Mabra-
celle 1268, Maberezel , Mabirc'.cttc 1404, Mabrcxellr 1727, Maberzell
1796.
Magdlos, ma. Mgädfs, < *Mahtolfeshus wie Machtlos bei Oberaula,
< Machtulfis 1372, Machlol/fs 1467.
Malkes, ma. Mdalgjs, < Malkozis 1268, Malhosis 1288, Ma/loz 1235,
Malkos 1376.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessischo Ortsnamen iu mundartlicher Gestalt.
121
Marbach, ma. M{rirbic, < Marcbach S24, Martbach 12. Jh., Marpach
1250, 1435, Mar pich 1540, Marhig neben Marckbach 1622, Marbach
1662.
Margarethenhaun, ma. Hüi~, > Huna, Margaretenhun 1648.
*
Melters, ma. Määldsfrjs, < * Madalriches, * Medilrichcs, * Melde ichs,
* Meldres.
*
Melzdorf, ma. MäälsdsfrjS, < villa Elbwincs 1124, Elbewinesdorf 12. Jh.,
Melbeivinesdorf 1270, Melbinsdorf 1314, Meisdorff 1662.
Mittelkalbach, ma. Mcd[kdlwic, < Mittelkalba, tzu Mittclnkalba 1359,
Mittelkalbe 1509.
Mittelrode, ma. Mcdlröod, < in villa Rotahc 1241, in Rotha 1248,
Mittelroda 1796.
Müs, ma. 31 äs, < Mues 1574, Miles 1582, Müs ca. 1720.
*
Neuenberg, ma. Nriolxiiiog, < Xuenberc 1162, zum Nücnbergc 1355,
Ncwenbcrc 1489.
Neuhof, ma. Ngühöof oder Ngihöof < Nuwchof 1330, czum Nuwinhofc
1359, Newenhoff 1528, zum Neuwenhoffe 1442.
Niederbieber, ma. Nickrbiiivor, < Nidiren Biberaha 13. Jh., Nidern-
bybra 1382, Niderbibra 1662.
Niederkalbach, ma. Öysrkälwic, < Xiderkalbe 1487, Xgdderkalbe 1442.
Niederroda, ma. Xidorröod, < Rotaha 1212, Xiedcr-Roda 1662.
Niesig, ma. Xiisic , < Nusazi, Nusczi 12. Jh., Xuseze 1250, Nüscsse
1410, Xüsses 1583, Xüssig 1631, Nissig 1613, Niesig 1796.
Oberbimbach, ma. Eeuorbbnic, < Birnbach.
Oberkalbach, ma. ÖÖwsrkälwie, < Obernkalba 1429, Oberkalbe 1468.
Oberrode, ma. Ecwarröod, < Rotaha 1212, Obcrnrudu 1337, Ohcrroda
1796.
Opperz, ma. Mobs/rjs, < zu tu Opprrts 1330, zum Opprcchts 1480,
Operts ca. 1780.
Petersberg, ma. P(dd[rJsbääog, < Uccsberg oder Ugcsbcrg, in christ¬
licher Zeit umgeändert.
Pfaffenrod, ma. Pafjröod, neuere Gründung.
Pilgerzell, ma. Bflconlstil, < Biligrimecella 1166, BilgcrimcsccUc 1333,
Bilgrczdle 1409, Bilgcrzcll 1574.
Poppenrod, ma. Rgbjrüod, < lloppinrode 1273.
*
Reinhards, ma. RiiujfrJds, < Rcginhcres 1116.
Rex, ma. Rügs, < Riggoxcs 1158, Riggeses 14. Jh., Rer 1662, Rcks 1796.
Rodges, ma. Rüdiss , < Rodrqustes 1116, zum Rodines 1467, Rodtines,
Rottigcs 1662, Rodges 1796.
*
Rödergrund, ma. Rüüdjrgroind, s. v. a. sumpfiger Grund.
Rönshausen, ma. Rönshüisj, < Rohingcshüs 866, Rohingeshuson ca. 950,
Roningshusen 1350, Rönshausen 1496, Rönshausen 1796.
Rommerz, ma. Romsfr/ds, < zum Romundcs 1330, Rommolts 1450.
Romerts 1526, Rainers 1574.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
122
Wilhelm Schoof. Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt
Rothemann, ma. Roodamdn, <. Rodenmannun 1012, txu Rotenmannen
1381, Rodenmann 1560.
*
Rückers, ma. RogafrfS, < Rutchares 1160, zum Rückars 1355, xum
Rüdigers 1410, xum Rückers 1474, Rückers 1506.
Salzschlirf, ma. Slqafrjf, < Slierofa 812, Slierapha 1067, Slirphe 1220,
Schlierf 1506, zu Schlierfs 1506, Schlirff 1627, Salxlirf 1401, Salx-
schlierjf, Salxchlirf 1506.
Schletzenhausen, ma. Slädsahüuss , < Slecxinhusen 1270, Stetzehausen
1782.
Schweben, ma. Swfäwar, < Suuabreod 806, Suaberode 12. Jh., Swebirde
1330, Sicebert 1468, zu Sicebem 1359, Schweben 1727.
Sickels, ma. Slgäls, < Sibigeltes 12. Jh., Siebgelts 1545, xum Sickels 1702.
Sieberts, ma. Siiwafrjds.
Steens, ma. Sdfäjis, < Stens 1540, Stehns 1683, Stains 1720.
Steinau, ma. Sdaind, < Steinoice 1333, Sleyna 1373, Steinauwe 1396,
Steina 1399, Steinawe 1441, Steynaw 1536.
Steinhaus, ma. Sdai'hüis, < vorne steinen hüs 1300, Steinhüs 1300,
1306, Stcinhauss 1570.
Stillerz, ma. Sdehfrfds, < xum Stillerx 1512, die Styllers leyden 1576.
>• / %
Stöckels, ma. Sdygdls oder Sd^gols, < Stockelches 14. Jh., xum Stockes
1666.
Storck, ma. Sdgafrjg, < Orunstorc 1574.
Tiefengruben, ma. Vefagröewa, < Tifengruba 12. Jh., Diffengruben 1562.
Traisbach, ma. Draisbic , < Treisbach 816, 821, Treyssbach 1273.
Uffhausen, ma. Ufhüusa, < Ufhusen 12. Jh., Ufhusin 1429, Uff¬
hausen 1490.
Unterbimbach, ma. Eyarbimic , < Nidcrenbienbach 1329, Xidcrenbictn-
bach 1339, Nydern Byenbach 1353.
Veitsteinbach, ma. Sdda'mic, < Vitsteinbach 1350, Veitsteinbach 1556.
Weidenau, ma. W^iddnda, < Widenaha 1012, Weidenaw 1512, Weidena
1574.
Weihershof, ma. W<‘io[r]shof, < exu Weyers 1347, das Weyhers 1451,
exu Wierss 1487, xcu Wyers 1458, xcu Weyers 1461.
Welkers, ma. Wälgafrjs, < Wclgeres 1166, xum Welkers 1333, 1345,
1410, exum Welgkers (Wrlgkirs) 1395, 1450, Welkers 1796.
Wiesen, ma. Wiiso, < xu TUiVm by dem Petersberge 1379, zu den Wyscn
1376, zu der Wyscn 1376, Wiessen 1662.
Wissels, ma. Wisdls, < Vuixilahes 980, Wixelohes 1235, Witzlos 1343,
UV.vs/o.s- 1648, xum Wicsloss 1662, zu dem Wisseles 1494, Wissels 1796.
Wisselsrod, ma. Wpitesröod, < Wexclcsrot 12. Jh., Wetxelrode 1588,
Wisset sroth 1662, 1796.
Wittges, ma. Widjas, Widjj, < Witigis 1432, Wittges 1683.
Wolferts, ma. Wglfafrjds, < in Wolfeshart 824, in Wolffharts 14. Jh.,
Wulfharts 1415, das Wülfhcrts 1451, Wolfferts 16. Jh.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Wilhelm Schoof. Hesaische Volksrätsel.
123
Zell, raa. Dsäl, < Celle 1282.
Ziegel, ma. Dseejal, < Zigel 1418, Zicgcll 1485, Ziegel 1796.
Ziehers, ma. Dsdeafrjs, < zu dem Czigers 1382, zum Zigers 1547, 1629,
zum Ziegers 1545, 1597.
Zillbach, ma. Dsilwic, < Cilbach 852, Czilbach 1376, Teilbach , Zeilbach,
Zilbach 1454.
Zirkenbach, ma. Dsqargamic, < Circumbach 12. Jh., Circenbach 1208,
1492.
Hessische Volksrätsel.
Im Schwalmtal gesammelt und herausgegeben
von Wilhelm Schoof.
(Vgl. auch diese Ztschr. 1907, 343 und ebd. 1908, 243.)
Die nachfolgenden Rätsel sind von mir in den Jahren 1903—1908
bei der Aufnahme und Feststellung von Mundartgrenzen im Kreise Ziegen¬
hain gelegentlich gesammelt worden und zwar vornehmlich zu sprach¬
lichen Zwecken. Sie bilden gewissermaßen eine Ergänzung zu den von mir
befeits veröffentlichten Sprachproben in Schwälmer Mundart (Ztsch. f. d.
Ma. 1906, 364 ff., 1907, 339ff., 1908, 233ff.). Zugleich ergänzen sie die
Sammlung von Schwälmer Volksrätseln in Heßlers Hessischer Volkskunde,
Bd. II, S. 274 — 276, herausgeg. von J. H. Schwalm, die zum größten
Teil in der Schriftsprache wiedergegeben sind, und die Sammlung von
Volksrätseln aus dem Vogelsberg in den Hessischen Blättern für Volks¬
kunde (II, 222ff.), mitgeteilt von Dr. Otto Böckel, die gleichfalls mit
geringen Ausnahmen hochdeutsch wiedergegeben sind.
I. Rätsel aus Schönborn.
1 .
hegar insam hgns
kled a debca ful brgus 1 ,
sce segsa - neu on sceca neu
oii vieg älarfador dugd :i das brood
dren. [Bienenkorb.]
o
%
he gar insam hous
Wfsd a beemca rous ,
es fon ktnam ccca*,
on fon kinam sbecca 5
on fon kinarlni holds.
[Eiszapfen.]
2a. Variation aus Rörshain.
hegar insam hpus
icqsd a beemca rgus,
cs kee bica,
es kee dana
cs fon kinar soda kccns.
1 Gebraus. * cacare. 3 tunken, tauchen. * Eiche. 6 Span.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
124
Wilhelm Scboof.
2 b. Variation aus Obergrenzebach.
heyar insdm hgus
ursd a beemca rgus,
es kee icas (Eichenes),
es kee bicas (Buchenes),
es fon kindrlai holds.
3.
hob di bob
hod Iggb gadrääy,
hob di bob
dreed keen’s ned mii,
hob di bob
dreed l{ib on secl. [Wiege.]
4.
ds laid eyant balka,
js wegs (weiß) gawalka.
[Ei.]
5.
bas heyd oo dar waand on sid gas
wi dooramanshaäud?
[Handschuh.]
6 .
bas heyd oo dar waand,
on hod da kgb eyargasdobd?
[Gebinde Garn.]
II. Rätsel aus
1 .
heyar insam ha ns
agard mcy fedar Klaus,
oona pluk on oona siinar
wed’s kee mens em dgrf gau uuar.
[Maulwurf.]
la. Variation aus dem Vogelsberg.
es ins e nuinnche hie aus
das fährt des morgens früh aus,
ohne blnkk cn ohne, schar
es u irds kä man im dorf gewahr.
was wird das sein?
1 Haken. 3 Glieder.
7.
bas heyd oo dar waand,
on brux kin kraba ? 1
[Spinngewebe.]
8 . >
bas laid eyam bädyk
on hod niyaniydsic galeydar ? -
[Kette.]
9.
bas laid em kälar
on densd kee hunad pär rgus?
[Knäuel Garn.]
0
10 .
bas laid itnar cn seyam bed
on Sdgid nii ned of? [Fluß.]
11 .
bas hod fiiar ooan
on hqd ned? [Backtrog.]
12 .
bds hod drai bee on ee dabfus?
[Spinnrad.]
13.
Ixis hod fiiar bee on ee doltfus ?
[Schnitzbank.]
Obergrenzebach.
2 .
\c gay amool ins gäsca
doo bagäänd mar a swads päfca,
doo säär ic gx
doo wääar as Sond am Igx.
[Maulwurf.]
2 a. Variation aus Rörshain.
(c goy amool dgre a gäsca
doo bagäand mar a rooras päfca,
her [c dam päfca ned dsuugasbrgxa .
hed m\t?s bä dl dood gaSdgxa.
[Hagebutte.]
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Volksrätsel.
125
3. 1
doo eyo em groyd
sidsd an boydar hoyd,
höd d grii rekca oo
on 9 bluu kiibcd. [Flachs.]
3 a. Variation aus Obergrenzebach.
doo eya em groyd
doo sidsd d boydar hoyd
so (!) höd siiva hfid 2
on begsd 3 ah l$id.
[Zwiebel.]
4.
finf Studända
bamvo 9 hgüs,
ban S9 fddic sey,
mus9 so wer9 ngüs.
[Strickstock.]
5.
os lufo fiior huäso
of glicom rääso
kon Jcinor dd aanor krtpjo.
[Wagenräder.]
6 .
oo wo linn 4
cy9 Swinn
niedo 9 hölds9n hiids drin.
[Bürste.]
7.
bas häyd oo dor wäänd
on had dswää aior in dar Mund?
[2 Griffe am Schnitzmesser mit
eiförmiger Gestalt.]
8 .
bi komo di äruos 5 of da booro?
[rund.]
9.
büs sded em holds on regfd 6 Igud ?
[Der Pfarrer.]
10 .
bas ged of~om kob en di kärc?
[Der Schuhnagel.]
11 .
bas ged em holds en di hü?
[Backteig.]
12 .
bäs ged dorcs wasor
on mecd gtpn driyk
on driygd dox ned?
[Schiff.]
13.
em kanedco 7 gee ic,
em kanedco Sdee ic,
em kanedco sey ic hebs on sii,
nu rod mey hör: bas däs wed sey?
[Leute hatten einen Hund ge¬
schlachtet, von dem Fell des
Hundes hat ein Mädchen ein
Paar Schuhe bekommen.]
14.
os kam on man fon Faxonax 8
os kam 9n man fon Aisonax,
da had on hündcsn (sic!) 9 an (sie!) 10
dor ha and
deson (sic!) 11 noomd hon icdraimool (!)
gonaänd.
bii hiis (sic!) 12 das heygolco?
[Von.]
‘ Findet sich bei Schwalm, a. a. 0. S. 275, hochdeutsch.
* Häute. * beißt 4 Leinen. 5 Erbsen. 6 ruft.
T Wortspiel zwischen Nqds, Nqdco = Hundename und di karn^lo, Dim. das kar -
nylc» = Kopfbedeckung der Frauen.
8 Vacha, weimarisches, ehemals hessisches Landstädtchen an der thüringisch¬
hessischen Grenze.
9 Statt dial. heygslcs. 10 Statt dial. oo.
11 Statt dial. sey. 11 Statt dial. hus.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
126
Wilhelm Schoof. Hessische Volksrätsel.
15.
hoox heldsca
heyk hoox
hoox heldsca
fal diif
do kam das dulo laadsabee
on druuks dm bux näx heem.
[Eichel.]
15 a. Variation aus der Nähe von
Gießen.
vom bäm do feil der Huckepack
doch harr 8 uf dem kobb di kabb,
do kom e deank med v'tier bäü
canu druck den Huckepack noch hum.
(Crecelius, Oberh. Wtb. 327.)
16.
lindsa boo sin’sa,
sd hebd em debd,
sd koxo fiidr woxo
oii sey nox so had Itii lcnoxd.
[Linsen.]
17.
cc ruud 1 hon ic,
feer meyam bux 2 dräük ie’s,
eer hpan ;l , fUcd* ux ned
meyd rund begsd 5 ux ned.
[Muff, erst in neuerer Zeit im
Schwalmgebiet eingewandert.]
18.
ban’s dox dääk wed,
ban’s dox nädxd wed,
das ic ruu hed.
ox bas hod eer sd klääy,
ic mus ja dank on nädxd driiüy.
[1. Ofen, 2. Stubentür, 3. Balken
am Haus.]
19.
ds gay d mäned iwdS bregea,
had d säged of dm reged ß ,
had dren säe säe 7 ,
had dren Sdäc Mäc 8 ,
had dren wigs 9 gdwäiid
iiund seef on uund wasar.
[Ei.]
20 .
bii \c wäkgäy,
bii \c werd kdm,
drai lawendica \c pus^am doora^ninn,
di sägs määxdd da siwanda frai,
nu rod meyd li^dn
bäs das wed sey?
[Ein Mann sollte zum Tode ver¬
urteilt werden. Er sollte den
Herren ein Rätsel aufgeben.
Wenn sie das Rätsel lösen
könnten, sollte er frei bleiben.
Er nahm drei auf dem Hinweg,
drei auf dem Heimweg aus dem
Nest Diese 6 machten ihn frei.]
1 rauh. * Bauch. 8 Herren. 4 fürchtet. ‘ beißt.
0 Rücken. 7 etwa = Faden. H etwa = Nadel. 9 weiß.
10 Eig. Gerippe vom Hirsch, hier = Vogelnest, Wortspiel mit dooro = Tote.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Friedrich Graebisch. Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
127
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
Von Friedrich Graebisch.
I. Qnerseiffen, Kreis Hirschberg (Biesengebirge).
Querseiffen liegt im südöstlichen Teil des preußischen Riesengebirges,
wo der bei von Unwerth (Wort und Brauch III: Die schlesische Mundart)
dargestellte Vokalismus der schlesischen Gebirgsmundart bereits einige
Abweichungen zeigt, die sich zum Teil aus böhmischen und glätzischen
Gebieten bis dahin erstrecken. Betroffen sind davon hauptsächlich mhd. i
und ü , u und o , iu, ei und öm, worauf auch von Unwerth in den §§ 10
Anm. 1, 18 Anm. 1, 33 Anm. 1, 35 Anm. 1 hinweist Mhd. i und ü,
u und o vor r haben geschlossenen Lautwert Die Aussprache von m/o
kommt hierbei geschlossenem o nahe, während i/ü + r als sonantisches r
mit «-Färbung (vgl. v. Unwerth § 11) erscheinen, wofür ich die Schrei¬
bung tr gewählt habe. Obgleich r im Schlesischen je nach den um¬
gebenden Lauten verschieden zu bewerten ist und oft bis zu fast völligem
Schwund reduziert erscheint, habe ich mit Rücksicht auf die für diese
Zeitschrift geltende Lautschrift keine unterscheidenden Zeichen gewählt;
ich habe für die hier besprochenen Ortsmundarten keine irgendwie er¬
heblichen Abweichungen von den bei v. Unwerth §§ 45/46 angeführten
Gesetzen festgestellt, so daß ich mich auf diesen Hinweis beschränken
darf; nur ergänzend sei bemerkt, daß geminiertes r zwar meist vor
n, nicht aber vor dentalen Geräuschlauten reduziert wird: wp(r]n,
fd[r]ngrt, narS (Narren, vernarrt, närrisch). 1 Mhd. w wird nach anlau¬
tenden Konsonanten in dieser wie auch in den übrigen bisher von mir
beobachteten schlesischen Mundarten zwar schwächer als im Anlaut arti¬
kuliert, jedoch findet noch eine flüchtige Berührung der Oberzähne mit
der Unterlippe statt, wobei allerdings die Oberlippe etwas herabgezogen
wird. Ich habe daher an dem Zeichen für das labiodentale w (v) fest¬
gehalten. Die Auffassung ist in der einschlägigen schlesischen Literatur
verschieden: von Unwerth, a. a. 0. § 69 (bilabial); Pautsch, Gram, der Ma.
von Kieslingswalde (nach der Schreibung der Beispiele bilabial); Gößgen,
Ma. von Dubraucke, S. 22 (vielfach bilabial); Hugo Hoffmann, Schlesische
Ma. (nach S. 23 und den Beispielen labiodental); derselbe, Ma. von Lehra-
wasser, Z. f. d. Ma. 1906 (nach S. 334 und den Beispielen labiodental);
Gusinde, Eine vergessene deutsche Sprachinsel, Wort und Brauch VH
(nach der Erläuterung S. 2 und § 166 labiodental); auch Herr Taubsturamen-
lehrer Karl Rother in Breslau bestätigte mir für die Mundart seiner
Heimat Grunau bei Camenz in Schl, die labiodentale Aussprache, die
1 Deutliches r bleibt auch nach kurzem a, q in intervokalischem rd: glätz.
mardvr n. (Marder), bresl. rqrdw m. n. (Flußinsel), glätz. b$rds (Bürde), glätz. rrrdo
(Würde), m$rdor (Mörder) — aber mq(r)t —, qrdn — aber q(r)ntl\c.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
128
Friedrich Graebisch.
auch aus den Beispielen in seinem Aufsatze "Die Zusammensetzungen
mit ,voll‘« (Mitt d. Schles. Ges. f. Volkskunde, 1910, S. 218 ff.) hervorgeht.
1. Zwei Schilderungen des Hochwassers der Lomnitz von 1897.
a) Es war im Jahre 1897. Da
regnete es fast ununterbrochen vier¬
zehn Tage lang. Und dann war noch
dazu ein Wolkenbruch oben im Ge¬
birge niedergegangen. Nun war das
Unheil fertig. Es war am 27. Juli
abends gegen neun Uhr, da kam
das Wasser mit aller Wucht vom
Gebirge gestürzt. Da liefen die
Nachbarn, die am Wasser wohnten,
zusammen und sahen machtlos (und
staunend), was nur in dieser Nacht
geschehen würde. Die ganz nahe
am Wasser Wohnenden räumten
schon das Vieh und alles fort, was
nur möglich war. Als wir das Vieh
fortgeschafft hatten und von Krumm¬
hübel zurückkamen, da stand das
Haus bis an die Dachrinne in der
Wasserflut. Die Lomnitz war mit
Stämmen und Felsblöcken versetzt,
und die ganze Flut kam auf mein
Haus zu. Da haben wir unter
Lebensgefahr mein Weib mit der
langen Leiter über die Flut weg
aus dem Hause gerettet. Nun wurde
es stockfinstre Nacht, und es regnete
in Strömen. Es blieb uns jetzt
nichts übrig, als in ein andres Haus
zu gehn, und dort haben wir die
wenigen Nachtstunden verlebt. Wie
es dann so gegen zwei Uhr graute,
sind wir gegangen und haben
gesehen, ob das Haus noch steht,
und wirklich, es stand noch in der-
a) doo voor £ pn juura axtsa-
}u{ndortxiibfiaents{c, doo raunt o s
firts taaga laijk baenpp ac qeiw
tunr fort, an nooxheer 1 voor ofn
gabirja a volkabruux gafpla dartsuu.
nun voor s 2 3 nnhqql fqrlpc. doo voor
s nooxheer a ziibntsvanx(csta jüulii
oobns geejn a naend rem , doo kppm
s vpsar inet glar vigxt fom gabtrj 9
gastirtst. an doo liifa da nopav,
diida pn vpsar voonta, tsiqzpma an
zppga met i{nbqfta, wpz pk dt naxt
vaa(r)n veer. dii gants noonda qn
vpsar voonta, dii raemta Sont s fiij
an pls fort, vps miijl\c voor. vii
mar s fiic fortgaSpft hpta an kppma
tsi{reka fom kroma hiibl, doo stgni
s haos biiz pp da daaxrcna ae dar
vpsarflt{t. da looms voor met stama
an stqn farpmt an da gantsa fU[t
kppm of mae haos tsuu. doo hpihar
bae laabasgofoor mae vaep mehr laya
Iqtar iibar da fli{t vqk aozn haoxo
garqt. nuu rort s Stookfenstra na.rt.
an dar raan kppm ae Slreema. nun
blüh (ns n(§t iibric, mar mi{sta ac
a andar haos giin, an doo hppn
mar da poor nuxtstunda farlaapt.
an vii s nooxheer em a tsveea rem
groota, doo xaen mar gaija an hpon
gazaan, pp s haos noox stiit, an
rect(c, s stpnt 11003 ae darxqlua 1
1 Das ec deutet auf Entlehnung des Wortes aus der Schriftsprache, dafür muud-
artlich d»rnoox(l).
* Der Artikel s (<las) wird in Teilen der schles. Gebirgsmundart nach r nicht zum
Zischlaut S, wohl aber das Fürwort s (es).
3 Das bilabiale w wird in dieser Mundart mit sehr schwacher Reibung gesprochen,
so daß es dem Verschlußlaut sehr nahe kommt.
^gitized by GO gI.C
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
129
selben Flut Als später, gegen Morgen,
mehr Leute zusammenkamen und
sich das Wasser etwas gesetzt hatte,
da haben wir mit der langen Leiter
einen Steg über die Flut hergerichtet'
Und wie wir (nun) ins Haus kamen,
wie sah es da aus! Da war der
Hausflur voller Sand, so daß man
auf dem Bauche kriechen mußte, um
über die Treppe hinaufzugelangen.
Die Dielen in der Stube waren in
die Höhe gesprengt, in den Fenstern
hingen Wurzelstümpfe und allerlei
Äste. Die Hausmauer war unter¬
spült, so daß das Haus dem Einsturz
nahe war. Der Keller war voll
Schlamm bis ans Gewölbe, und der
Brunnen war auch bis an den Rand
voll Sand. Der Haushund war in
der Stube zurückgeblieben, und als
das Wasser das Bett emporgehoben
hatte, da war der Hund hinein¬
gesprungen und hatte die Nacht in
dem schwimmenden Bette zuge¬
bracht. Das Wasser hatte natürlich
mit sich fortgerissen, was nur mög¬
lich war. Das größte Wunder war,
daß die drei Schweine im massiven
Stalle noch lebten. Diese müssen
die Nacht im Wasser schwimmend
verbracht haben. Als sich das Wasser
verlaufen hatte, da war alles zer¬
rissen und mit Steinen und Holz-
stämmen versperrt. Die alte Mühle
war zur Hälfte und das Stallgebäude
ganz weggerisseu, alle Backgeräte
waren fortgeschwemmt, zwei neue
Backkübel und die Bretterwagen,
dreißig Hühner und vieles andere.
b) Das Hochwasser kam halt so
in der Nacht Da mußten wir auf¬
stehen und konnten schon nicht
mehr fort, soviel Wasser war da.
1 Wohl hd. beeinflußt.
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII.
Digitized by Google
fh(l. vii s noOxheer geejn n morja
g(yk an meear laetd tsgma kggma,
an vii xic s vgsar a besla gaxgtst
hgta, duo hgihar metar laya Igtar
an .s7(W>- tsip\cta gabaot iibar da
fli{t. an vii mar aes haos naekggma,
vii xggk s doo aos! doo voor ehr
haosfluur fi(lar xant, dgs ma an
m i{st ofn baoxa kr(ca, dgs ma iibar
da tr^pa ni{f h{nda. da diila ae dar
stuuwa vg(r)n ae da hii gaSpr^yt,
ae a fanstan h\ya slookvortsaln an
glarhand gsta. da haosmaoar voor
ondarSpiitt, dgs dgs haox n aeStxrtsa
noonda voor. dar kolar voor fiflar
Slggm bi ix gg s gavqlwa , ansplompa-
loox voor ao gastreca fi{lar xant. dar
haoshiyit voor ae ar Stuuwa tsi{reka
gabliiba, an vii s vgsar hgta s bgta
ae da hii gahoowa, doo voor dar
hipit naegaSproya an hgta da naxt
ae dan sr(manda bgta tsuugabrooxt.
doo hgta s rgsar natiirl\c fortgaresa,
rgs miijl\c voor. s gr(sta vondar
voor, dgs di drae svaena \n masiifa
slgla noox laapta. dii m{sa \n vgsar
gasvonm liggn da tiaxt iibar. an
vii x(c s vgsar gaxgtst hgta, doo voor
gls tsarcsa an met Stgn an hoolts-
Stama fargmt. an di aala miila, dii
voor hglp vgkaresa an s Stgglgabaeda
gants, an doo hoot s di gantsa
bakar^rla 1 melfortganuma, tsvce naec
bakiibl an di braatvaana, drncs(c
h(ndar an fiil andar tsaek.
b) dgs hnurvgsar, dgs kggm holt
xuu ae dar naxt. doo mysta mar
unfstiin, an doo kunda mar sont
n(ma fort far fiiln vosar. dgs kggm
9
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
130
Friedrich Graebisch.
Das kam schon oben im Wege
herum und (dann) herunter bis hier
in unser Haus hinein. Der Keller
war schon übervoll, so daß es oben
wieder hinauslief. Da riß die Brücke
drüben weg und kam das ganze
Wasser hier in den Garten herein
und riß die Mauern und alles weg
und hat auch alle Häuser zur Hälfte
weggerissen, und alles war wie ein
einziger See. Wir konnten nicht
mehr hinüber, wir mußten alle
hüben bleiben, und die drüben
wohnten, konnten nicht herüber.
Das Wasser machte Wellen wie ein
Haus so hoch. Da kamen Fichten
und Klafterholz. Es dauerte etwa
zwei Tage lang, bis sich das Wasser
etwas verlief. Da war halt alles so
versetzt, daß das Wasser seinen
Weg auf die Felder nehmen mußte.
Tote und alles mögliche kam mit
(-geschwommen). In Krummhübel
wurde eine Frau aus der Stube mit
fortgerissen; man hat sie erst ein
Jahr darauf im Gerolle gefunden,
als man die Steine (aus dem Flu߬
bett) weggeräumt hatte.
Sond iiutva aen vggja (vaaaja l ) rem
an kggm Sani rondar bes hii ae \nxa
haos naegalofa. dar kalar voor Sond
iibarfuul, dgs viidar uuwa naos liif.
an doo riis da breka diiba vqk an
kggm dgs gantsa vgsar hii ae a
gooa(r)ta rae an riis da maoan an
gls i’f k an hood ao da gantsa haexar
da hqlfta vgkaresa, an voor gls ggna
xee. mar ki{nda n\ma niibar, mar
nngsta gla hiiba blaewa, an da dii-
b\cta h{nda nee nibar. s vgsar
maxta vgla axuu huux vii a haos.
doo kggma f\cta an kloflarhoolts.
dgs taoarta a tsvee taaga layk, eep
x\c s a besla xglsta. doo hoot s hald
gls axuu farxgtst, dgs dgs vgsar an
imgsta viidar aosraesa of da fgldar.
doo hgt s tuuta an gls, vgs m\ta
kggm. aen kroma hiibl hoot s a vaep
m\tgani{ma aos dar Stuuioa, dH hggn
xa ir§t a juur domoox gafonda aen
garela 2 , vael xa an hgta da Sterna
garoemt.
2. Eine Hochzeit.
Am Freitag vor der Hochzeit
wird das Brautfuder bei der Braut
geholt und zum Bräutigam gefahren;
das nennt man »das Fuderführen«.
Die Braut ist nicht dabei, sie bleibt
zu Hause. Da geht es laut und lustig
zu. Da werden sämtliche Schränke
und alles, was die Braut mitbringt,
auf einen großen Leiterwagen auf¬
geladen. Drei, vier Männer sind
dabei und einige Bettfrauen und
auch ein Hochzeitbitter (Festordner).
1 Veraltende Form.
* Mit geschlossenem e.
Digitized by Google
a fraet(c für dar hi{xtsat, doo
hi{la xa s braotfuudar bae dar bi aot
an foorn s tsion Irraetcn; dgs hg^sa
xa s fundarfiim. da braod iis nee
darbacna, dii blaept~~(d)arhggma. an
doo virt a gruusar tolmolt gamaxt.
doo vaa(r)n da gantsa srgyka
an gls, vgs da braod axuu brgyt, of
an gruusa lelarvooan nufgalgt. doo
hoot s drne, für ingnsfglkar darbacna
an a poor brtfraon an ao an huxtsat-
biilar. doo r/rt a grau \ asa gamaxt
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
131
Da wird ein großes Essen gegeben
und tüchtig getrunken, Bier und
Branntwein. Und es kommen junge
Mädchen und sagen Gedichte her,
eins für die Braut und eins für den
Bräutigam. Und Scherben, die man
für den Polterabend in einen Sack
gesteckt hat, werden ein paar Mal
(auf den Boden) aufgeschlagen, da
wird ein rechtes Krachen und Lachen.
Da geht es lebhaft zu, und es wird
dort gesungen und getanzt bis zum
- frühen Morgen.
Am Hochzeittage kommt der
Bräutigam zu Wagen bis vor das
Brauthaus. Da muß die Braut den
Bräutigam hereinholen. Dann kom¬
men die Hochzeitgäste allezusammen,
und es wird bei der Braut ein Essen
gegeben. Darauf wird zur Kirche
gefahren. Dort hält der Pastor eine
Ansprache, und die Braut und der
Bräutigam sitzen vor dem Altar und
•
die Hochzeitgäste um sie herum.
Dann hält der Pastor noch eine
Ansprache, da muß das Brautpaar
einander die Hand geben, und er
spricht seine Worte dazu, und Braut
und Bräutigam müssen jeder »ja«
sagen. Darauf wird gesungen, und'
dann geht’s wieder zum Bräutigam
ins Hochzeithaus zurück. Dort wird
ein großes Essen veranstaltet. Da
wird tüchtig gegessen und getrunken,
Bier und Wein und Branntwein und
zuletzt Kaffee und Kuchen und
danach Butterbrot und Käse, das
nennt man immer »den Magen-
scblüssel«. Und der Hochzeitbitter
trägt das Essen auf und sagt dabei
immer wieder etwas her, damit
(tüchtig) gelacht werde. Und wenn
die Braut eine Jungfrau ist, wird
1 Hochdeutsch.
an tect(c gatroyka bür an brantvacn.
an doo koma joya maadl an xooan
gatecta, dar braod qqs an qcx n
brartcn. an doo hggn xa aalt~ (t)oop-
tsaek tsiqm poltaroobnda ae an xaak
gaxakt an smaesa s a poor mool
uuf doo virt a rqct gakraxa an a
galaxa. doo giit s Idaphyftifi tsuu,
an doo virt gaxoya an gatanst of
dann mir Io bes tsum friia morja.
on hi{ksiaa%d kemt~(d)dr braelcn
mit an vooana gafoom bcs für s
haos, vnu da braot voont. an doo
niutts da braod a braetcn raehi{la.
doo koma darnoo%art’~'(d)a hiqxtsat-
gqsta yta tsyma, an doo virt hae dar
braod a asa gamaxt. darnoogart
foorn xa ae da kirca. doo maxt~(d)ar
pastar a Zteka, an da braod an dar
braetcn xelsa für n dltoora, an da
huxtsatgqsta drem rem. darnooxt
maxt~ (djar pastar noo% a Steka, doo
m(sa xa anandar da haut gaan, an
doo xooad a xaena veertar dartsuuna.
an doo m(sa xa »ja«« 1 Sprqca jeedas.
an darnooxt virt gaxoya, an doo
giit s viidar hqqm aes hi^xtsathaos
tsi{m braetcn. doo virt a gruux asa
gamaxt. an doo virC (t)ecl\c gasa
an gatroyka biir an vaen an brant-
vaeu an tsi[lqtsta kqfq an ki{xa an
darnoo^art pi{tarbruud an kaa:a,
dys hqqsa xa emar a maa%a-
slesl. an dar hi(kslbiitar treet s asa
uuf an maxi emar viidar a steka
dartsuuna, dys tsi{ laxa virt. an
rqn da braod an jompfar iis, doo
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
132
Friedrich Graebisch.
ihr um zwölf der Kranz genommen
und eine Haube aufgesetzt, da sie
nun eine junge Frau ist Und sie
bekommt ein Püppchen und ein
Hemdchen und ein paar Windeln
und ein Jäckchen, und es entsteht
dann ein großes Gelächter.
Und wer des Treibens über¬
drüssig ist, geht alsdann heim, die
aber weit zu Hause sind, bleiben da
und legen sich schlafen, und die
Braut und der Bräutigam gehen
auch zu Bett. Den nächsten Tag
sind noch manchmal Hochzeitgäste
da. Da gehen sie einmal spazieren,
und es wird noch einmal gefeiert
3. Von d
Da kaufen wir Mehl, und es
werden Kuchen gebacken, und wer
die Mittel hat, bereitet vielleicht
auch ein Essen mit Fleischgerichten.
Dann zum Abende gehen wir halt
ins Wirtshaus. Da wird getanzt und
getrunken, und wer will, bestellt
sich auch zu essen. Und da gibt
es halt Leute darunter, die trinken,
bis sie bezecht sind. Und erst gegen
Morgen wird heimgegangen.
virt ar em tsvqlva dar krants gdni{ma ,
an doo virt dr an hauwd uufgaxgtsl
of a koop, dgsa nun an joya frao
iis. an doo kriict so a pi{pla an
a hgmdla an a poor vendaln 1 an
a jakla, an doo virt a gruus gelaxa
damoo^art.
an vaar ia xggt hoot daan toi-
molt, daar güt" (d)arnoo%art h^gm,
an diido vaet haar xaen, dii blaeiva
doo an leen x\c Slofa, m n dd braod
an dar braetcn giin ao Slofa. a andan
tank hoots noox mgnemool hyxtsat-
ggsta doo. doo giin za amool $pgt-
siim an doo virt halt noo% amool
a trggtS gama.rt.
Kirmeß.
doo kggfa mar moal, an doo
vaa(r)n ki{xa gabaka, an vaar s
hoot, maxi bald ao a flggiasa. doo
giin mar halt darnooxt oobns aes
vrrtshaos. doo virt gatanst an ga-
iroyka, an vaarda riil, daar kggft
n ao tsi{ asa. an doo gept s ar
halt, diida xaofa, besä baxofa xaen.
an doo giin za irst tsi{in'~' (m)orja
hggm.
II. Markt Weckelsdorf, Bezirk Braunau in Böhmen.
Die Weckelsdorfer Mundart unterscheidet sich in wesentlichen
Punkten von der östlich (Wernersdorf) angrenzenden der Braunauer Ober¬
dörfer. Während in diesen und mehr noch im eigentlichen Braunauer
Kessel (den Braunauer Niederdörfern mit der Stadt Braunau) Mundarten
von durchaus glätzischem Charakter 2 gesprochen werden, weist die
Mundart von Weckelsdorf und den westlich angrenzenden Ortschaften
(Adersbach, Hottendorf) bereits entschieden nach dem Waldenburger und
Riesengebirge hin. Mit dem Braunauisch-Glätzischen stimmen noch
1 Einige ältere Leute sprechen silbisches l statt aln, also z. B. vorlsl, kltgl anstatt
vortsaln, kltyaln.
* Die kurzen Angaben bei von Unwerth, a. a. 0. § 134, geben kein zutreffendes
Bild der Braunauer Mundart.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
133
überein: mhd. o und u vor r =-p (gebschl. meist tf): kstgrwa, dgrc —
die Wörter, welche im Glätzischen a zeigen, bewahren o: mgrna; ge¬
dehntes mhd. a vor r = pp (gebschl. oo): fogrn, vor allem mhd. e und u&
vor r = pp (gebschl. und auch in den Braunauer Oberdörfern ii): xqqr,
hqqrn. Mit dem Gebirgsschlesischen stimmen überein: gedehntes
mhd. e vor Velaren -= aa (braun, aaa): vaak; gedehntes mhd. o vor r
und mhd. d vor r = mm (braun.-glätz. pp, doch in den Br. Oberdörfern mm):
niurt, juur; gekürztes mhd. ü = p und a (braun, nur a): dqsa, Saft;
mhd. iii = pe (braun.-glätz. meist oe, Stadt Braunau auch ae ): tigern;
mhd. ei = ee (braun, aaa und aa): fleeS; mhd. öu =■ ce (braun, pe, Stadt
Braunau auch aa 1 ): betma, auch hee; mhd. ou meist oo (braun.-glätz. aa):
ao%a. Nach dem angrenzenden WaldenburgerGebiet weisen insbesondere:
mhd. i und ü vor r — a (gebschl. i , braun.-glätz. q, te): karca , gabarja,
8 ta(r)na, fo(r)tl, ba(r)äia, dara; kontr. mhd. age =• pp (Riesengeb. ooa, Brau¬
nauer Oberdörfer pe, Braunauer Niederdörfer und Stadt pp): *ppn. Kontr.
mhd. oge =* oo (Riesengeb. uua, Waldenburger Geb. meist pe, doch sonst
gebschl. auch oo, braun, pe): kfloori; mhd. dge ist dagegen unkontrahiert
erhalten in /rooga (Riesengeb. fruiian, Waldenbg. frpen, braun.-glätz.
freejd). Eine besondere Entwicklung zeigen im Vokalismus: 1. ge¬
dehntes mhd. a, das sich bis zu einem sehr geschlossenen oo verschoben
hat, dessen Lautwert nicht mehr von dem aus mhd. d entstandenen oo
verschieden ist: moon, toom (Damm), Sooda, nooxa, groop (Grab), nur
vor r und in kontrah. age erscheint offenes pp; 2. kontr. mhd. dge und
ige = pp (gebschl. und braun, aa): bagqqnt, garqqnt, dagegen zeigen vieeda,
eeda (pl. Egge) Primärumlaut. Von Einzelheiten seien noch erwähnt:
nee (nicht), übereinstimmend mit den angrenzenden Gebieten, pn (und),
wie im Glätz., (ns (uns), glätz.-braun. ons. Vom Konsonantismus
stimmt zum Braun.-Glätz., daß inlautendes b stets spirantisch ist, zum
Riesengebirgischen und Glätz., daß inlautendes g spirantisch und an¬
lautendes pf als Affrikata erhalten ist Die inlautende germanische Spi¬
rans f (schles. v) und die inlautenden spirantischen g- Laute (schles. j, g)
werden stark den Fortes f, c, x genähert gesprochen; dieselbe Artikulation
findet sich im böhmischen Adlergebirge südlich von Gießhübel und wurde
für f von mir auch im Riesengebirge und in der westlichen Grafschaft
Glatz beobachtet, doch überwiegt in diesen Gebieten deutlich Lenis.
Sonantisches m ist wie im Braun.-Glätz. erhalten. Sonantisches n wird
nach l und geminiertera n zu a: fgla, flqna. Bemerkenswert ist endlich
die Verkürzung der Vorsilbe ge zu k vor f 8, x, die mir vereinzelt auch
im Glätz. aufgefallen ist: kfrooct, ksriim (geschrien), ksaan (gesehen).
Von mir gesammelte Textproben in der Mundart von Weckelsdorf
bietet die »Deutsche Volkskunde aus dem östlichen Böhmene, XI, S. 46
bis 50.
1 Hier fiel ebenso wie mhd. in mit i, auch mhd. öu mit ei derart zusammen,
daß eine gleichartige Entwicklung eintrat.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
134
Friedrich Graebisch.
III. Dittersbach bei Waldenburg.
Im Waldenburger Gebirge verlaufen mehrere Grenzen wichtiger
mundartlicher Laut- und Sprachformen, deren Hauptsitz in den lausitzisch-
schlesischen (im Sinne von Unwerths) oder glätzischen Gebieten liegt, so
daß die Ortsdialekte auch hier voneinander abweichen. Der Dittersbacher
zeigt im Vokalismus mehr Anklänge an diese Gebiete als an das eigent¬
liche Gebirgsschlesische. So haben sich vom Lausitzisch-Schlesischen
— aus dem östlichen Gebiet über Reichenbach, Schweidnitz, Freiburg —
her ausgebreitet: gedehntes mhd. e und c/', inhd. //*, kontr. mhd. ege = ec
(gebschl. er): fgggl, drgrn, Igen; kontr. mhd. ogc und dge = ge. (gebschl.
oo, uua): balgen, frgen. Aus dem Glätzischen reichen herüber: ge¬
dehntes mhd. a vor r und mhd. d vor r = gg: gggr, jggr; gedehntes
mhd. e vor Velaren = rr: reck; mhd. o und u vor r = g: dgrf, rgrst;
mhd. e und cc vor r -= re: zerr, hggrn. Gebirgsschlesisch (im Sinne
von Unwerths) sind: mhd. ou ~ ao: boom; kontr. mhd. ogc = gg: xgon;
kontr. mhd. dge, ege an: innadl, galnan; ferner (gleichzeitig auch laus.-
schles.) mhd. ei und öu -= ce: mecstar, beema ( oc in hoc). Mhd. iu = ge:
Igeta. Eine besondere Entwicklung, die im Waldenburger Gebirge ihren
Mittelpunkt hat, aber auch über die Landesgrenze reicht (Weckelsdorf,
s. o.), ist die Verschiebung von mhd. i/m vor r bis zu n: fn(r)tl, so(r)tsa.
Die Verneinung »nicht« lautet nee, »unsere.. = (nza, »und. wie in der
Schriftsprache. Inlautende b und g sind Verschlußlaute, anlautendes / >f
ist zu f sonantisches m zu n geworden (bnrr.u), sonantisches u ist nach l
erhalten: fgln (wie im Riesengeb.), nach gemin. n = o: rgnn (wie im
Glätz.), die Diminutivendung ln bleibt in der Mehrzahl unverändert (-lau
nur riesengeb., böhm.-schles. und glätz).
1. Stübchen (oder Kämmer¬
chen) vermieten.
Wenn wir mehrere Kinder bei¬
einander waren, da hatte sich jedes
von uns an einen Raum oder in
eine Ecke gestellt, und eine mußte
in die Mitte gehen und dann zu
jedem hingehen und fragen, ob ein
Stübchen zu vermieten sei. Und
da sagte die eine: Es sind Wanzen
und Schaben drin«. Und da geht
sie wieder zur andern und fragt
diese, und die spricht: >Es sind
Mäuse und Ratten (drin)... Und da
geht sie so von einem zum andern,
und wenn sie den Rücken gekehrt
hat, wechseln die anderen (Kinder)
1. sfiiblu farm(ta.
reu mar n pggr k{mhr bnr-
\gmn vorn, i{nt~(djoo hgtu war
x(c~(jicedas gg an boom oodar oe
na ela gastrlt mit ec na wtisia oc da
mi/a giin unt~'(IJsu jeedn hiigiin
unt frgen, rp rt stiibla tst{ fannija
reer. nnt~(d)uo xggta dt eena: .«■
boot runtsn unt svggbn drina:.
unt~' (d) oo giit sa ciidar tsar and am
unt frget~(d)ii, unl~id)ii sprfet:
s boot mnc'.a tttit rg/n~ unt ~ (d)oo
giit sa u'.uu fuo gm tsi(tn andarn,
unt reu za n rila gadrrrt lioot, doo
reis In dt andarn snrl da plrtsa. unt
Digitized by
Soogle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
135
schnell die Plätze. Und wenn die
(welche fragt, dabei) eine Stube er-
••
hascht hat, so muß dann die Ubrig-
gebliebene in die Mitte gehen und
die anderen wieder fragen.
2. Der Meister hat eiu Schwein
geschlachtet.
Da sitzen mehrere Mädchen bei¬
sammen, und eine fängt bei (irgend)
einer an und fragt: »Der Meister
hat ein Schwein geschlachtet; was
willst du davon haben?« Da spricht
dieses Mädchen: »Kopf«. Und da
fragt die (andere sie), ob sie nicht
lieber den Schinken haben wolle,
denn der sei doch viel besser als
der Kopf. Da sagt das Mädchen
wieder »Kopf«. Und die andere
fragt noch mehrere Male, und jene
antwortet immer wieder: »Kopf«.
Und wenn sie sich einmal verspricht,
so muß sie ein Pfand geben. Da¬
nach fragt sie das folgende Mädchen:
»Der Meister usw.«, und dieses sagt:
»Bauch«, und das dritte Mädchen
sagt wieder etwas anderes. Und
wenn sie bei allen gewesen ist,
werden die Pfänder ausgelost.
vqn dii eena Stuuba darvt{St hoot, doo
muus dan di andra, diida iibr\c
gdbliiba iis, ae da m\ta giin i{nt
muus da andam viidar frgen.
2. dar meestar hood a Svaen
gaSlaxt.
doo x\tsa qtl\ja maadl baexgma,
i{nt eena fq.yt bae eenar pp i\nt frget:
»dar meestar hood o Svaen gaSlaxt ;
vgs v\lsta darfoo hgn?« doo Sprgct'' (d)i
eena: »koop «. i{nt~'(d)oo frget~(d)ii,
qp sa nee vqlda liibarSt ~ (d)a fyjka
hgn, dqn daar iis dgx fiil bqsar vii
dar koop. i{nt~(d)oo 8pr\ct~'(d)ii
viidar: »koop«. (d)i andra frget
ngx a pggrmool, nni~'(d)oog\pt~(d)ii
\mar tsar antvgrt: »koop«. i{,nt vqn
xa x\c amool farSprfct, doo mtfia a
fant gaan. unt'~'(d)arnoox frget sa
dgs nqqksta maadl: »dar meestar hood
a Svaen gaSlaxt; vgs v\lsta darfoo
hgn ?« uni*(d)ii xggt: » baox «
i{nf~(d)gs dr(ta maadl xggt viidar
vggs andarS. i{nt vqn xa bae gln
g avaast iis, doo van da fqndar dan
farluust.
IV. Hausdorf bei Charlottenbroxw (Er. Waldenburg).
Diese Mundart stimmt mit der Dittersbacher noch in den Haupt¬
zügen überein bis auf folgende bemerkenswertere Abweichungen, durch
die sich ihr Vokalismus noch weiter von dem Gebirgsschlesischen ent¬
fernt: mhd. ou = oo wie im Laus.-Schles. und von dessen östlichem
Gebiete aus in den unweit angrenzenden Kreisen Reichenbach (nördL
Teil) und Schweidnitz; mhd. ei und öu = qq wie im Glätzischen (Kreis
Neurode). Die Verneinung lautet nii.
Klage eines verschmähten Mädchens. 1
Ich bin beinahe des Lebens müde, \c hgg s laoba baala d(ka,
Es ist mir zuwider bis zum Hals, \c hgg s ni{ d\ka b\s uuv a hgls,
1 Sprachproben io gebundener Form verraten allerdings meist Einflüsse der Schrift¬
sprache oder anderer Ortsmundarten, doch zeigen sie, wenn sie unmittelbar aus dem
Volksmunde entnommen sind, wenigstens die getreuen Laute der betreffenden Mundart.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
136
Friedrich Graebisch.
Ich habe halt auf der Welt kein Glück,
Mich ärgert und verdrießt halt alles.
Und wißt ihr denn »warum«, ihr
Leute?
Gleich werde ich euch meinen
Kummer klagen:
Ich bin gerade dreißig Jahr heute
Und habe halt immer noch keinen
Mann!
Geschick besitze ich doch die Fülle, —
Du lieber Gott, was nützt mir das!
Und um mich her ist alles stumm
und stille,
Mir fehlt halt einmal (noch) sonst
etwas.
Allein bin ich in meinem Schmerze,
Wie die Zeit so schnell verfliegt!
Ich habe mir wohl mit meiner Schürze
Schon manche Zähre abgetrocknet.
Zwei Schwestern habe ich, beide
sind jünger
Und noch grasegrüne Dinger,
Die machten schon zeitig Hochzeit
Die eine namens Karoline
Heiratete einen Klempner aus Lan-
genbielau,
Die hat es wunderschön getroffen,
Der kann es gar nicht besser gehn.
Die andere mit Kamen Auguste
Heiratete, weil sie mußte,
Sonst hätte es ihr ebenso übel er-
gehen können wie mir.
Da kam einmal zu mir ein Brauer,
Mit Namen hieß er Emil Baehnsch (?),
Ich trug ihn förmlich auf den Händen,
Ich bemühtemichum(ihnauf) alle Art.
Er liebte gern Geschichte,
Besonders (schwärmte er) für Natur¬
geschichte,
Und weil er gern las,
Nahm er sich das (Zeitungs-) Blatt
zur Hand
Und las mir daraus etwas vor.
Da sagte er: »In Breslau ist ein Zirkus,
Dort gibt es einen Elefanten,
\c hpp hald uf dar vqlt k%p gl da,
ni{c ergart y,nt fardrfst hald pls.
nn1 v\st nr den, varum , iir Ipeta?
glac vaar \c (c da l n mar l ipon:
\c bi in dr grppda draes(c hoch
nnt hpp hald inur npx len mppn!
gaS(ka hpp (c dpx di f(h, —
dun liibar goot, vpps nntst mic dops!
i{nt \m m\c r(m iix plas Stqin nnt
St\la,
miir faalt hald amool xinistj rpps.
alenid biin (r ae inen sinerlsa,
vii nnu do tsaed axun fjrflpekl!
{c hpp nur vi{l in\t inaeiur Sartsi
Sun mpnea treeiu ppgatrpekt.
tu ree Suastarn hpp(c, beedo jigar,
dps~ (xjaen noox grpp'.agriina di gar,
doo maxta xa Sipi baala hi{kst.
di fc na, di kaliina,
dii haerpt x{c an kletnpnar nos dar
biila,
/ •
dii hoot s gatrpfa vnndarSiin,
dnar kppn s gppr nii besar giin,
di andra, di aogi{sta,
dii haerpta, vael xa rnnsta,
\i(nst kt(iit s ar grpnda a:.nu drrniic
giin vii miir.
doo kgpm amool tsi{ miir a brpear,
m(t nppma hii\ a eemiil peens,
(c trung a ferml(c unv a hpnda,
(c tont mic (m ph pprt banriin.
u liipla garn gas\da,
baxnndars für natuurgaS{cta,
nnt~'(d)oo a gar na Ipos,
iippm ti \ic s blgpt fiir da hnnf
nnt Ipos mar draos rpps fiir.
doo \opl a: ; ae brasl hoot s an tsrrki{s,
doo hoot s an celafant,
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gobirgsmumlartcn.
137
Der ist geschickter mit seinem Rüssel,
Als mancher Mensch mitseinerHand«.
Darauf fragte ich ihn so verlegen:
»Was für Vögel sind denn das?
Hält man diese Tiere der Federn wegen,
Oder legen sie bloß Eier?«
Darauf nahm mein Geliebter Stock
und Hut
Und sagte: »Mir ist nicht gut,
Ich gehe heim, ich habe Magenübel«
Und soll heute noch wiederkommen.
Nein, gebt mir — (wenigstens) ein
einziger Mensch — eine Auskunft,
Ob er mir das hat übel genommen,
Daß ich ihn nach etwas habe fragen
wollen?
Ich hätte Geld, ich kaufte, alles
Vom Geldschrank bis zum Schlempe¬
kübel
Und auch die Wiege allenfalls.
Und wenn Eheleute so schön (mit¬
einander) spazieren gehen,
Da rührt es mich ordentlich im Herzen;
Und wenn sie schlafen gehen, so
heißt es:
Komm, mein liobes ,Docht 41 !«
Und ich habe halt nichts zu erhoffen
Als ein verlassenes Bett!
Und wenn mein Geschick sich wendete,
Das wäre für mich ein Freudentag!
Deshalb denkt in eurem Ehestands¬
glück
An die alte »Rosalie« zurück!
daar iis gaS{ktar nnf xen r(sl,
vii mgnear mqns uuf xaena haut«,
vuf dggs frget ic a axun farlqqgy:
>vggs~ (x)aen du dggs far fr vgl,
heit ma x(c dii tiird dar faadarn vqqyy,
oodar Iqqn xa eear bluus ?«
vuf dggs nggm x\c mac liipstar stouy
ipnt hat
i(nt xggta: »tniir iis nii gi{t,
iic gii hqqm, iic hgg maagaplooga ■
uni xul nt{ hget noox viidarkuma.
nqq, gat mar a f qntscar mqns an
root,
qp a mar dggs hood iibl ganumu,
dgs \c a hgg (in vggs vult frgen?
(C heta gqlt, \c krrfta gls
ft(tn yqltsrayk b(s tsum slrmpakiibl
und oo da viiya glnfgls.
uni vqn ccalgeta axvu situ giin
spgtsiim,
doo tut ni{csgrntl(cae men hartsariirn;
mit rrn xa sloofa giin, doo hrqst s:
kt(>n, mac liibas tooxt!
und iic hgg hold uuf n(sl Istt hufu,
gls vii uuv er farlusnas booxt!
uni rrn x(c tqrta s gas(ka rrnda,
dggs fast vrqr tniir a frrrdataak!
unt \uu godryt gk ac dam ccastants-
glika
gg dt uula ruuxln tsur(ka!
V. Gierichswalde, Kreis Frankenstein.
Die Gierichswalder bezeichnen ihren Dialekt selbst als »schlesisch«
im Gegensatz zu dem bereits im benachbarten Königshain gesprochenen
»glätzischen«. Tatsächlich aber liegt der Ort in einem Übergaugsgebiet,
das, besonders im Vokalismus, noch stark die glützische Nachbarschaft
verrät. Wie im Glätzischen sind rnlid. i/ii und oju zumeist durch c
und o (kent, joya ), vor r durch q und g (krrca , dgrst) , gedehntes mhd. a
vor r durch gg (fggrn ), mhd. ci und öu durch qc (stqqn, bqqma), mhd. ou
1 Schics, tooxt u. = 1. Lampeudocht; 2. einfältiger Mensch. An dieser Stolle Kosewort.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
138
Friedrich Graebisoh.
(meist) durch aa (baam), mhd. tu durch oc (noe ) vertreten. Dagegen
stimmen zum Gebirgsschlesischen: mhd. d, ö und gedehntes mhd. o
vor r «= nu (glätz. pp): jttur, uur, ivuurt; mhd. e, oe vor r = ii (glätz. ff):
hiirn; mhd. aye bei Zusammenziehung — pp (glätz. ff): xggn, kontra!),
mhd. iige und eye = aa (glätz. ff): golaan , goraant. Als besondere Eigen¬
tümlichkeiten seien angeführt: gekürztes mhd. i *= a in man (pron. poss.)
u. a., sonst f: ,v»f/ (schneidet), kontr. mhd. äge und ege bei Kürzung a:
ran (regnen), kontr. mhd. ogc und dge = uu: golsutin, fruun, in mhd. hs
ist h nicht Verschlußlaut: rqcsan (wechseln), figxs (Fuchs). Anlautendes
pf wird f, inlautende b und g sind noch Spiranten, sonantisches tn ist
als tn erhalten. Die Diminutivendung la nimmt wie im ganzen nord¬
östlichen Gebiet des Gebirgsschlesischen im Plural kein n an, hochd. »und*
= un, »uns« = cus, »nicht« = nii, n\c, »wollen« = rf la. Schließlich
möchte ich auf das Präteritum luus (ließ) hinweisen mit Bezug auf von
Unwerths Aufsatz in den »Mitt. d. Schles. Ges. f. Volksk.«, 1908, S. 41.
Auch im nördlichen Böhmen findet sich Inns nach Knothe, Markersdorfcr
Ma., S. 9 (unter u ), ferner neben liis im Adlergebirge und bei Mittelwalde.
1. Bäurische Derbheit
Den Dörfern Hannsdorf, Droschkau und Heinzendorf in der Graf¬
schaft Glatz weiden von den Nachbarn die Beinamen » klepl-hansdrof^ *,
olsa -droosko « und >groop - htfiilsrfrof« gegeben, weil ihren Bewohnern
eine ganz besondere Derbheit anhaften soll. Als Beweis wird u. a. fol¬
gendes Vorkommnis erzählt.
Es war einmal ein Bauer aus
Hannsdorf, der fuhr mit seinem
Sohne nach Glatz zum Wochenmarkt,
dem »Bauernsonntage«, und weil
sio gute Geschäfte gemacht hatten,
so hatten sie beide über den Durst
getrunken. Auf dem Heimwege
kehrten sie in Xeulaud ein, wo sie
noch einen Trunk cinnahmeu. Plötz¬
lich sagte der Sohn zum Vater:
»Weißt du, Alter, wir sind (nun
schon) so oft zusammen nach Glatz
gefahren, und immer ist alles gut
gegangen; ich dächte, wir machten
doch als alte gute Bekannte Brüder¬
schaft (miteinander).« Da meinte
der Vater: "Na, weißt du, Junge,
1 klrpl in. bezeichnet im Glätzischcn einen ungeschlachten, groben Menschen,
vgl. inlul. kliipfcl.
* AVio im Glätz. mit geschlossenem o und dentalem r, glätz. auch vuur.
os rppr amool a pauor aos hans-
drof, daar fitur met xam xuuiu
noox gloots tsom pnoorxont(jo, un
hgta x(c beedo, vael xo hgta guudo
gosrfio gomaxt, on gfa gokaaft. of
hqem tsuu rp rn xo aem noelando
acyokogrt. doo vord- aa noog ff nor
ondor do hendo gont{ma. of £e.mool
mrrnto dor xuun iiicor a fggtor:
»vesto nähr, mor xaen axau oft.>
metnandor noox gloots gofggrn igi
(mor siin gofggrn; iic deecto, als
nah gundo bokanto, miir maxta gk
briidorsgft .« doo mgento dor fpglor:
»na, rrsto jogo, dggx iix a bcsla
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gcbirgsmuudaiten.
139
das ist (doch) ein bischen stark!
Wenn ich das zu meinem Vater
gesagt hätte, der hätte mir’s aber
ordentlich angestrichen!« Da sagte
der Sohn: »Du hast wohl einen
schönen Vater gehabt!« »Klüger
als der deinige war er (schon)!«
meinte der Vater, »jetzt marsch
nach Hause!«
Als sie heimkamen, meinte die
Mutter: »Schämt ihr euch denn
nicht, so zu zechen und wie die
Schweine heimzukommen!« Da sagte
der Sohn: »Na, weißt du, Vater,
wenn ich einmal heirate, — einen
solchen Teufel, wio du hast, werde
ich mir gewiß nicht nehmen!'- und
ging in die Stube. Mehr hat man
( = haben wir) hierüber nicht gehört
2. Ein schla
In dem Dorfe Gicrichswalde
lebte ein Pferdehändler (namens
Krischer). Er hatte einen Sohn, und
dieser war ein etwas leichter und
lustiger Geselle. Einmal hatte der
Vater ein Pferd verkauft nach Pohl¬
dorf ’ an einen Bauer, und es war
vereinbart worden, daß dieser sich
am folgenden Tage das Pferd hole.
Als er nun danach kam, mußte er
dort über Nacht bleiben; am folgen¬
den Tage wollte er frühzeitig auf¬
brechen. Da sagte der Sohn des
Pferdehändlers zu ihm: •»Wir werden
uns in die Scheune legen, da können
Sie morgen früh jederzeit Weggehen.--
Nun war aber der Sohn des Pferde¬
händlers auf den Bauer nicht gut
zu sprechen, denn dieser hatte (ihm
nur) eine Mark Zaumgeld gegeben,
und drei Mark waren vereinbart.
1 Kreis Habelsehwerdt.
} Glätz. tsaamgqlt.
Digitized by Google
stgrk! ven iic iitror man fggtar
dggs (z)ggta, daar hrt m(c gguar
rondargafelts /« doo mernta dar zuun:
•duu wankst n sin fggtar gahggt
hggn!« »kliijar vii daenar rggr a«,
megnta dar fggtar, »jets mgrs hrem!«
gts (i)o hrnnkggma, doo mgrnta
da mi{tar: »säumt iir occ ggu-ar n(r,
azuu tso zaofa un vii da svaena
hrgmtsokomn !« doo megnta dar zuun:
»na, i-gsta fggtar, rgn (j amool haergt,
krn zica taevl, vii duu host, naam
(e. mar nie!« un g{ij ae da stumva
nac. ttu miir hg mar nii gahgrt.
er Streich.
ae dam dgrfa ggrsvunla hgts n
fuardahrndlar. daar hgl an zuun,
dgs rggr n besln a Irelar, lostijar
bruudar. dos rma mool hob zue
\ fc . *
fggtar u faurt farkaaft nooj m pool-
dgrfa gg n paoar, un s rggr aosga-
maxt, dgs (z)ic daar a andan tank
dgs faart rrkhujta. vii a nun dgs
faart hula rulda, must a doo iiivar
naxt blaen i{ii rtflda a andan tuak
friitsaetlic fgrt. doo mrenta dar
zuun foo dam faardahgndlar: »miir
van cns ae da soena lecn, un doo
7 %
kenn za mgrna frii tso jeedar isaet
?•(■/,•.« daar zuun gguar foo dam
faardahrndlar, daar hgl n hooka of
da paoar , neeml(r a fugt rma mark
fsggmgrlt 2 gogaan, un drac mark
vorn aosgamaxt. doo dooxta dar
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
140
Friedrich Graebiscb.
Da dachte der Sohn: »warte nur,
du wirst mir sie schon (noch) geben!«
Sie legten sich (also) in die Scheune,
der Sohn aber hatte vorher das Ge¬
rippe eines Füllens in die Decken¬
bänder an einer Leine aufgehängt,
so daß er diese an einem Kloben
herauf- und herunterlassen konnte,
gerade über der Stelle, wo der Bauer
lag. Als dieser nun schlief, nahm
das liebe Bürschchen die Leine und
ließ das Füllen herunter und auf
dem Bauer herumhüpfen. Der Bauer
schreckto empor und schrie: »oh,
Jesus, Maria und Josef, oh je, oh
je, ein Geist, ein Geist, ach, steht
mir (doch) bei!« Flink zog das liebe
Bürschchen das Gerippe wieder
empor. Der Bauer schüttelte den
Burschen: »Krischer, Krischer, haben
Sie nichts gesehen?« Der Bursche
schlief aber, ohne sich zu rühren;
endlich erwachte er aus seinem ge¬
schickt vorgetäuschten Schlummer
und meinte: »Was gibt es denn?«
»Nun, einen Geist, einen Geist!«
Du meinte der Bursche: »Es träumt
Ihnen wohl (etwas), Vater Karger?«
Nein, nein, es war ganz natürlich;
die Augen glühten (ihm), mit den
Armen griff er nach mir, und als
ich den lieben Gott anrief, war er
plötzlich weg.« Der Bursche er¬
widerte (darauf nur): »Vater, schla¬
fen Sie nur ruhig weiter!«, drehte
sich auf die andere Seite und
schnarchte kurz darauf, als läge er
im gesündesten Schlafe. Nach einer
Weile dachte er, der Bauer schlafe
wieder, und 1 ieß(= - läßt) den (ieis't noch
einmal herunter. Nun sprang aber
der Bauer auf, schrie um Hilfe und
znun: »vgrt gk, dun ea(r)St mar xa
Son gaan.'* dt leeta x(c ae da Soena,
daar zuun ggivar, daor hgta tsofuur
a yarepa foo am fela ae da hggn-
bgndar 1 uufgatmya gg ana laena, dgs
a xa lci{nda gg am kloowa n{f un
rondarloon, grggda vuu daa paoar
Iggx uuiva drüuf. vii nun dar paoar
Sliif nggm dgs guuda pgrSla da laena
un luus dgs fela rondar of dam paoar
drofaremhgpsa. da paoar fuur ae da
hii un srii: »gg j^sas, mariia ?(/i
jooxaf, ggjee, ggjee, a gaest, a gaest,
oo Stiit mar bae /« Svupdjc, tsuux
dgs guuda pqrsla dgs garepa viidar
ae da hii. dar paoar nix ae da
jotja nae: » kr\Sa 2 , kr (Sa, hggn xa
n(St gaxoan ?« daar jotja Sliiv ggwar
fgsta rrk; gntl(c darvaxt a aos ( z)am
Slaoa tuuxl i{n mqgnta: »rgs hoot s
dn?* »nuu, n gaest, n gaest!*
doo m^enta dar jotja: »Uri traamt
rol, fggtar kaarjar? « »nqq, ngq, dgs
rggr gants natiirl(c; da ao%a gliitu,
med a grttia griiv a noox mar, i{n
vii (c tso goota Srii, vupd(c , vggr
a rgk.« daar jotja mggnta: »fggtar,
sloofa xa gk ruu(c vuetar /«, dreet x(c
of da andra xaeta tf-n Sngrcta ae am
beslu, gls vii m gaxonda sloofa. noo%
ar vuela, doo dooxt a, dar paoar
slceft viidar i{ti let (d)a gaest nooj
amonl rondar. da paoar Sprggtj
ggicar uuf srii etti Itclfa i^n vi(lda
1 Glätz. Itcqiilionljr, Hängebänder (im Deckengicspärrc).
* Unliebe Ausspracho des Familiennamens Krischer.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gcbirgsmundarten.
141
wollte zum Tore hinaus: »Macht auf,
macht auf!« Der Bursche sprang
auf und sagte: »Vater, Sie sind wohl
nicht recht gescheit?« »Nein, wirk¬
lich, ich will fort, ich will fort,
geben Sie mir das Pferd, und hin¬
aus, hinaus!« Der andere gab ihm
das Pferd und sagte (dabei): »ich
bekomme aber noch zwei Mark
Zaumgeld!« Der Bauer griff in die
Tasche, gab dem Burscheu einen
Taler und eilte die Gasse hinunter
mit dem Pferde und auf heim zu.
Acht Tage danach kommt der
Pferdehändler nach Glatz. Da ist
der Nachbar des Bauern, der ihm
das Pferd abgekauft hat, auch in
Glatz und sagte: »Du, Krischer,
was habt ihr denn mit Karger ge¬
macht? Der kam nach Hause und
war krank und meinte: ,Von Krischer
kaufe ich in meinem ganzen Leben
kein Pferd mehr, dort ist (ja) alles
verwünscht und verhext, da leiden
gewiß viele Seelen; das habe ich
am besten (selbst) erfahren! 4 « Der
Pferdehändler wußte nichts davon:
»Da hat wohl mein Paul («= Paul-
eben) (wieder) etwas angestellt!«,
damit meinte er seinen Sohn, das
liebe Bürschchen. Als er nach Hause
kam, ging er in die Scheune und
stieg auf die Balken. Richtig, dort
lag die Bescherung! Das Füllen¬
gerippe lag noch oben mitsamt der
Leine und dem Kloben. Da stieg
er herunter, nahm sich seinen Sohn
vor und »zitierte die Geister« selbst
Aber es tat doch nicht seine
Wirkung; war es hiermit nichts
mehr, so verübte auf einem anderen
Gebiete das Bürschchen immer wieder
seine Streiche.
tsom tnura naos: »maxt uuf maxt
uuf!* daar joya Sprggy uuf un
mrqnta: » fggtar, xii hggn toi an
foo%l?* »nqqnSc, iic riil fgrt, iic
inil fgrt; gaan za miir s faart, i{n
naos, naos!« daar gggh ni s faart
i{n mqqnta: »iic kriij ggwar noox
tsvee mark tsggmgqlt /« a griiv ae
da tg§o, gggp dam joya n tgglor,
maxt ae dar ggsa nondar met m
faarda t{n of hqrm tsitu.
axt taaga druuf kernt ( d)ar fuarda-
hqndlar of gloots. doo \s dar nokwar
foo daani paoar, daar m hoot s faard
gpgakaaft aa ae gloots ifn mqqnta:
» duu , kfjSa, vgs hgt ar dan met
kam ja n gamaxt? daar kggrn hrqm
Un rggr krayk un mcqnta: ,foo
kr\San maag iic aem laaua nimec
kqq faart, dgrt iix gls farijnil un
farhqkst, doo miijn fiih xtela laeda;
dggs hg(c m bqsta darfggrn /*« da
faardahendlar hgta kqcna ggnuyk dar-
foona: »doo hoot rol paola vgs ga¬
maxt!«, neeml(c xae xuun, dgsguuda
pgrSla. vii a hqcmkggm, g\y a ae
da Sorna ?{n stiig of da bglka 1 : rect(c,
dgrt Iggx da baSrqrn(ja! dgs fela-
garepa Iggx noox drtiuwa metsgmt
dar laena ipn in kloowa. doo Stiig
a rondar, tsuu g iitcar a joya haar
un hoot da gaestar xnlwar tsitiirt.
gguar as hood m n(St ganotst:
vggr s nii of dii xaxa, doo maxta
of da nndra xaxa dgs prrsla \mar
noox xaena strqqcla.
1 Der 1. Stock der Scheune.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
142
Heinrich Deiter.
Ordinanzen über die von Lebensmitteln und Gebrauchs¬
gegenständen in Emden entrichteten Abgaben aus dem
Jahre 1628.
Von Heinrich Deiter.
Die folgenden Ordinanzen sind eine genaue Wiedergabe des Einzeldrucks in
Nr. 5339 der Bibliothek des hist. Vereins für Niedersachsen in Hannover und haben
nicht nur einen besonderen Wert in wirtschaftlicher, sondern auch in sprachlicher Be¬
ziehung, da sie uns die Emder Mundart der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts deut¬
lich erkennen lassen.
Ordinantz / Warup die gemeine Importen vp die Consumptien
in der Stadt Embden / vnd den Vorsteden / verpachtet vnde ent-
fangen werden.
Van nycs overgesien / verbetert / vnd in eilige Posten verböget.
Avermahls gedruckt /
Dorcli Helwigen Kallenbach / verordneten Boeckdrucker dersülven Stadt /
Anno 1628.
General Ordinantz vnd Conditiones, warup die gemeine Imposten
vp de Consumptien in dieser Stadt vnd den Vorsteden / so tho behoeff
dieser Stadt van Bürgermeister vnd Rath / Veertzigern / Kriegs-Rath /
Vthschott der Burgerschafft vnd Olderlüden der Gilden / ingewilliget /
vnd deels vor ein heel Jahr / deels vor sess Maenden / an den jenigen /
so dar högest vor bieden wert, sollen verpachtet vnd entfangen werden.
I. ERstlick / sollen vorgeschr. Middelen verpachtet werden / dorch
eines Erb. Rhades dartho sonderlick verordnete.
II. Imfall ydt sick thodragen wurde / dat in ydt vpbieden oder
affslaen / tweo / drie oder mehr Mynden oder spreken, so sollen die Ge-
deputeerde die Vthsprake doen / welckerer van ebnen erst gesproken
hefft / deme ock die Impost folgen sal.
Woferne sie averst nicht vnderscheiden können / welcker van enen
erst gesproken / so sal men den Impost weder vpsetton / vnd den jennigen
die erstlick bescheidentlick Mynet oder spreket / densölven folgen laten.
III. Ein jeder Pachter / so verböget / sal geholden wesen / syn Bott
der verhöginge tho staen / so lange de Verordnete eines Erb. Rhades /
densülven Impost an einem anderen gantzlicken verhueret / vnde van
deme nha eren gefallen genochsamc Borgen genomen hebben / vnan-
gosehen / offte schon ein ander quemc / so densiilven verböget / offte dar
vor mehr geboden hadde. Welckes alles tho discretion eines Erb.
Rhades Verordneten / welcken sie nehmen wollen oder nicht / staen sali.
IV. Do Pachter sal schuldich syn / van jeder Gulden / so he tho
Impost belovet hefft / tho syner Pacht einen Stiiver gerede tho bethalen.
Darvan ein Ortken tho profyt der Armen / vnd die reste tho die Kosten /
so vp de Vcrpachtinge gabt / angewendet werden / Jedoch dat solches
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 143
der Pachter in syner beloveden Pacht nicht weder inkorten solle. Vnd
sollen die Pachtere alle thosamen vnd niemand vthgesloten / darbeneffens
verbunden syn / daetlick vor ere Pacht genochsame Borgen tho stellen /
allsolcke Persohnen in deser Stadt residerende / so die Verordnete / vnd
der Rentmeister General / dar vor gudt kennen werden. Van welcken
gemelter Rentmeister einen vor all synes gefallens tho exercuteron sali
vornehmen mögen.
V. Den Pachteren wert hiermede by eren Eede vperlecht / den
gerechten Impost tho vermahnen / vnd darboven ock niemand tho mo-
lesteren / noch tho beswaren / alles nha inholdt der Ordinantz vp öre
Pacht gemaket.
Sollen ock mit niemand conniveren oder accorderen / oder ock je¬
mand jchtes minder / als die geheele gerechticheit / in einiger mattieren /
so wohl wegen des Impostes / als der Bröken lathen: Welckes sie ock
gerichtlick sollen mögen laten executeren / dorch den Officier dartho
gestellet / de ehnen dartho also fort die hülpliche hand leisten sal. Woo-
ferne averst de Pachter giene Borgen in continenti stellen wurde / vnde
datsülve so in dese Ordinantz begrepen / nicht nhaquemen / so sollen
desülve alßbalde gefenglich ingetogen vnd de Impost nyes verpachtet
werden / vnd wat diesölve alßdann geringer gelt / sal vth des ersten
Pachters geriedeste Gueder verhalet: Vnd imfall he solcke Pacht nicht
bethalen konde / sali he darover am Lyve gestraffet vnd corrigiret wer¬
den / nha erkentnisse eines Erb. Raedes / so sie daraver nha der sakeu
gelegenheit dohn vnde befinden werden. Woferne ock dersülve Impost
thom andern mahl / mehrder vnde hoger alse dat erste mahl / verpachtet
wurde / darvan sal der Erste Pachter nichtes genieten / Sondern solckes
tho deser Stadts beste körnen.
VI. Die Pachter sollen geholden wesen / dat recht des Impostes /
so sie gepachtet / binnen deser Stadt vp bequaraen plaetzen tho ent-
fangon / vp de maniere / alß die Ordinantz vp jeder species gesettet /
mitbringet. Vnde sollen die Pachtere van die species, dar die Peyl
over gebrucket wort / stracks thom inganck erer Pacht / den Peyl doen /
vnde verrichten / dersülve geschehn sal dorch twee Raedsheren / oder
den Secretarium, oder synen geswornen Diener / vnd twee Stadtdienere.
VII. Wol 1 Pachtere van einigen Impost blyfft / dersülve sal schul-
dich syn /die bethalinge vp die Terminen vndo dagen als in die Ordi¬
nantz van denselven Impost gemeldet / tho leisten / vnd vnvertochlick tho
doen / sollen ock vmb gienerley orsaecke willen / einige Penningen binnen
beholden mögen. Vnd so ferne die Pachter in der bethalinge suem-
hafftig / vnd vp de bedungene Termynen / die thogesechte Penningen
nicht bethalen wurde / sal der Rentmeister General / mit daetlicker Exe-
cution vnersochtes Rechtens / vp den Pachter oder synen Borgen / oder
eren Guederen / welcke Em best gefellich / verfahren / vnd daruth die
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
144
Heinrich Heiter.
bethalinge mit allen kosten vnde schaden / erholen mögen. Welche elec-
tion dieser Stadt im geringsten nicht praejudiciren / ock darjegens den
Pachter oder synen Borgen giene appellationes, provocationes, oder einige
Rechten / Statuten / beneficia excussionis oder divisiouis, woe sie ock
genömet werden mögen / beförderlich syn / Sondern velemehr vth der-
sfilven Guederen / executions kosten vnd alle vngelder bethalet werden
sollen.
VIII. Die Pachter sollen tegens die jennige / so sich an die be-
thalinge weigerlich stellen / woe dann ock an die jennige / die mit eine
part vnde deel in die Pacht hebben / gelycke Recht genieten / vnd tegens
diesülve / wo der achte Articul mitbrenget / evener gestalt procederen
mögen. Jedoch dat die Consorten / vor die Verordneten des Rades / alß-
bald nha die Pachtiuge verklären sollen / dat sie part vnd deel mede in
die Pachtinge hebben / dartho enen die Stadtdienere / tho allen tyden /
wann sie dartho versocht / die hölplycbe haud lienen / vnd in krafft
dieses / bemechtiget werden / die Execution vp densülven tho verhengen.
IX. Die Pachtere sollen verbunden syn / alle Bedrogen / de sie be¬
finden / int sammelen vnd vpboeren erer gepachteden Imposten einem
Erb. Raedt binnen achte dagen ] na deme sie datsülve erfahren / antho-
roelden / vp dat darinne der geboer versehen werde. Vnd imfall int
vndersöken solcker bedrogen enich Water manck die Wynen offte Bieren
befunden werden muchten / solckes sal tho der Rekenmeistern discretion
vnd decision gestehet / ock nha befindunge der saken / van densülven
arbitralichen gestraffet werden. Vnd sollen die Pachtere tho allen tyden
geholden syn / wann enen van einem Erb. Rhade solckes angedienet
wert / die Registeren eres entfanges tho eröpenen / vmb in ere gegen-
wart dorch tho sehen / jedoch dat nochtans van einem Erb. Rhade / oder
dersülver Verordneten / de Summa des Enfangs nicht gemaket werde.
X. Die Pachter sali schuldich syn / alle Contraventien / Bröken vnd
Bedroegen / so he ervaren wert / dem Rhade oder dem Officier / welcken
ein Erb. Rhadt elirn nömen wert / anthodienen / vnde alle bewyß dartho
dienende / aver tho geven / vmb die gerechticheit in die Boeten vnde
Bröken tho verfolgen / vnde tho exercuteren / darinne der Pachter poena
50. Rycksdahlers / mit wat ehme davvor thogesecht / nicht sal mögen ahne
consent eines Erb. Rhades / mit dem Bröckfelligen verdragen.
XI. Woferne ock einige differenten wegen dese verpachteden
Middelen / tüsschen den Enfangers / Pachters oder einige particuliere
Persohnen / vp die Boete / Bröke oder andere mißverstanden / herkomende
van die bethalinge der beloveden Penningen / in - oder vorfallen wurden /
diesülve sullen vor einem Erb. Rhade / oder dersülven Deputeerde deci-
diert / tho welcken ende dann sekere dagen angestellet worden / vnde
sollen den Parthyen nicht langer / als van acht dage tho acht dagen /
oder sunsten andere vthstall gegeben / also dat binnen ein Maent na der
ersten verdaginge de vthsprake gesellien / darvan ock giene appellationes
thogelaten werden sollen / ycht sy dann de Oecondemneerde de Bröke
Di^itized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
OrdinaDzon über die in Kmden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1G28. 145
thovören in der Rekenkamer deponeert hebbe / vnde sali de Parthye /
so succumberen wert / boven dat jenne / so ehme afferkandt / van einem
Erb. Rhadt arbitralick gestrafft werden.
XII. Imfall der gestellede Officier die Boeten vnde Broecken in-
wendich veertein dagen / nha der tydt dat ehme solcke tho executeren
angedienet / nicht executeren oder inforderen wurde / so sal de Pachter
allsulcke execution dorch de Stadtdienere vor de hand nehmen mögen /
die dann des Officiers andeel darvor genieten sollen / welcke dem Officier /
wenn he de execution gedahn hadde / darvan competeret / vnde solckes
an statt eres salarii.
Wolverstaende / imfall die Officiers oder Pachters / die vorgesc.
Bröken etc. nicht executeren / dat in sodanem fall van wegen doser
Stadt / diesölve Bröken int geheel ingefordert oder vpgehaven werden
sollen.
XIII. De Pachter sali geholden wesen / de Ordinantz vp de Im¬
posten / so he gepachtet / in alle Öhre Puncten vnd Articulen / tho achter¬
folgen / vnde dat recht nha inholdt der Ordinantz tho entfangen / sonder
einige conniventie, simulatie, directelick oder indirectelick / in eniger
manieren darinne tho gebrucken / also dat de Pachter mit niemand / Adel
oder Vnadel /Tapper oder Borger sal mögen composeren /poena 50. Rvcks-
daler / boven dat jennige / so ehme darvor thogesecht is.
XIV. De Pachtere van de vorgeschrevene Imposten sollen gienen
affslach mögen maken van ere belavede Pacht / vmb gienderley orsake
willen / sie syn ock woe se jümmer in einigerley wyse oder wege / ge-
nömt werden können.
XV. Ein jeder Pachter sal den Impost vor syne belovede Pacht /
van dem jennigen so in dieser Stadt vnd den Vorsteden / vnd wyder
nicht cunsuraeret vnd verbrucket wert / entfangen vnd vpheven mögen.
Also tho verstahnde / dat alle die Gueder / so vth disser Stadt tho Water
oder Lande vervöret werden / vnd thovören nit vpgesteken syn / sollen
den Impost an die Pachteren tho bethalen nicht geholden / sondern dar¬
van gantzlick gefreyet syn / Jedoch dat de jennige / so die Gueder be¬
gehret vth tho führen / darvan ein billeth / darvor he ein Seßling tho
schryffgeld vnde nicht mehr bethalen sal / van dem Pachter / eher he
sie vthföhret / halen vnde nehmen / vnde solckes by dem Pachter ante-
kenen lateu soll / darinit deßhalven tusschen Eme vnd dem Pachter gien
mißverstand kome.
XVI. Van diesem Impost sollen vrv vnde vthgesloten syn / de
Heren Graven tho Ostfrießlandt / vnde alles wat vp S. G. Graflicke Hueß /
wann diesölve alliier jegcnwerdich Hoff holden / wert consumeret. Wann
averst gien Grafflicke Hoffholdinge / sali dem Borchgraven deß Maents
ein Tuune Bier / vnde nicht mehr vrygelaten werden / doch dat he den
olden Accyß betalen / vnd ein Billet sunder jetzt darvor tho geven / tho-
forderst van dem Pachter sal entfangen. Imgelycken alle frembde vth-
landische Potentaten / vnd ere Gesandten: Woe dann ock alle Bieren vnd
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. ](j
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
148
Heinrich Heiter.
Wynen / by vierendehlen / halve vnd heele Ahme / darunder vnd darover /
so ein Erb. Raedt wegen disser Stadt frembden Heren oder Gesandten /
oder sunsten jemanden verehren / oder ock van wegen der Stadt in by-
kumpsten inleggen / oder by hael kroesen vp dem Raethuse vnde vp der
Schipper Gilde consumeret wert: Dat Gasthueß / vnd andere dergelyckeu
van den Almosen Levende.
XVII. Ein jeder Pachter sal geholden wesen / syne Pacht tho be-
thalen in gudem gangbaren gelde / gudt van gewichte vnd payemente.
XVIII. Die Pachter sal geholden wesen / den Impost in tydt syner
Pacht gefallen / tho mahnen vnde tho executeren / thom längsten binnen
vier Maenden nha vthganck syner Pacht. Vnd imfall he solckes nicht
dohn wurde / sal he noch syne Borgen oder consorten, nha der Tydt
paratam executionem nicht hebben / sondern darnha de schuldt mit ordent-
licken Rechten inforderen / vnd tegens öhnen procederen mohten.
XIX. Dese vorgeschrevene Puncten vnd Articulen sollen so wol
van dem Pachter / als alle andere vollenkomelick achterfolget worden /
by einer arbitrarie poena, so ein Erb. Rhadt nha der saken beschapen-
heit / darup kumpstichlick setten vnd befinden werden.
XX. Wolverstaende / dat de Pachteren geholden syn sollen / 6hre
Boecken van den inslach 1 der Tapperen / so wol Wynen als Bieren /
dem Accyßraeister vp syn versoeck / so dickwyls ydt ehm gelieven sali /
tho thönen vnde sehen tho laten / poena 5. Goltgulden. Jedoch mit diesem
vthdrucklicken Vorbehalt / dat ydt einem Erb. Hochwysen Rhadt / ahne
vorweten vnde willen der Pachteren / so vnd tho allen tyden / wann ydt
öhnen gelievet/ vry vnde bevorstaen sali / die Krögeren vp-vnde affthosetten.
XXI. Imgefalle ock ein Erb. Rhadt vnde die Pachteren in einige
irrung / geschill vnd mißverstand / mit malcanderen geräken wurden /
solckes sali van den Rentmeistern erörtert vnde bygelecht worden.
XXII. Den Pachteren / behalven de mit Brandewynen handelen /
wert hiermit emstlick vperlecht / vnde anbefohlen / dat desülve mit denen
Wahren / darvan sie gepachtet / sülvest oder dorch jemand anders / keine
Koepmanschafft / handel oder wandel dryven non gebracken sollen / ydt
were hun dann specialicken thogelaten: Mit dem anhangk / imfall dar-
jegens gehandelt / oder dissem Articul tho wedder etwas gedahn werden
muchte / dat alßdann gedachte Wahren verlustich / vnd de Pachtere noch
darenboven arbitralicken gestrafft werden sollen.
XXIII. Idt sali ock niemand van deser Stadt Pachteren mit In-
oder Vthlandischen Persohnen syne Boecker vnd Registeren communi-
ceren / veel weiniger Copyen daruth mitdehlen / poena so offtermahls sie
dartegens dohn werden 20. Goltgulden.
XXIV. De Meisteren soelen in allem gefalle vor Öhre Knechten
vnd Familien geholden syn / vnde de Bröken vor desülvigen bethalen
mothen / nha discretie des Erb. Rhades offte dersfilver Deputierden.
1 Druck: inflach.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 147
XXV. Alle Bröken / so vth deser vorgeschrevener General, woe ock
vth de nhafolgende speciale Ordinantien verfallen / sollen gedeelt werden /
vfi darvan genieten ein Erb. Rliadt ‘/ 4 deel / de verordnete Reken meisteren
*/, deel / de Pachter */ 4 deel / vnd de Armen mit dem Anbreuger tho-
samen 1 / i deel.
XXVI. In Pachtsaken sali wyder nicht als an Bürgermeister vnde
Rhat appeliret / vnd keine Appellation angenomen werden / ydt syn dann
de decidirte vnd vtb erkante summen vnd Bröcken / vermöge II. art. der
Pachtordnung / tho forderst deponiret / vnd deßwegen ein Vrkund by ge¬
bracht vnd vorgezeiget worden.
XXVII. So sollen ock die Appellationes in Pacht saken / intra de-
cendium beides interponiret / vnd introduciret / vnd hemacher innerhalff
Seß Weken vthgevöret vnd geendiget werden.
Ordinantz Van de Wynen.
I. ERstlick / men sal vor den vorgemelten Impost bethalen / van
jedem Aem Spaenschen Wyn / tho rekenen nha de Cölnische Ritzinge /
min oder mehr nha advenant / die werde vor schlyt oder drinck-wyn
ingelecht 22 1 /* gl. vnd van ein Ahm Rhynsche Wyn 16 fl. boven den
olden Accyß / so die Stadt affsonderlick entfangt. Doch soelen de Borgere
van dem olden Accyß fry syn.
II. Van Jeder Pointson Fransche Wyn / offte Tossanisch Oxhofft /
he sy Rodt oder Witt / 20. fl. boven den olden Accyß.
III. Van jeder Oxhöfft Fransche Wyn / Wit oder Rodt / boven den
olden Accyß 15. fl. Vnde de Borgeren 10. fl.
IV. Van grothere offte geringere Vaten oder Tunnekens nha ad¬
venant / mit dem bescheide / dat de vorgemelte Pachter oder Collectoer
gelycken Impost sal entfangen van alle gude Wynen / die van de Brande-
wynmakers oder Wynbranders ingelecht / oder vpgedahn sollen werden /
folgende ydt'Seste Artikel 1 vp den Impost van de Brandewyn gemaket.
V. De Pachter sali an handen des Rhades / oder dersölven Depu-
teerden / den behörlicken Eedt dohn / dat he / noch niemand van synent
wegen anders / dann die volle gerechticheit / van desen Impost genieten /
vnde mit niemanden in eiliger manieren conniveren / oder sich verdragen
wolle / poena in dem 13. Artikel van de General Ordinantz geroert: Welcke
so wol tegens den Pachter / als den jennen / die mit ehme / oder jemand
van synent wegen affkoep maket / tho executeren. Vnde darrait alle be-
droch vermeeden vnde vorgebowet werde / so sali niemand / van wat
qualiteit oder conditie he sy / eilige Wvnen vth Schepen / Schöten /
Wagen / Karren / Sieden / Packhuesen / Kellere oder andere plaetzen dar
die syn / mögen breugen / vthdohn / oversetten / vpslaen / oder enichsins
transporteren / wercken / oder laten wercken / indohn / oder indohn laten /
als dorcli de gesworne Röyers / Wynverlatere / oder andere gesworne
* Druck: Arrikel.
10 *
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
148
Heinrich Deiter.
Wynwerckers / die desülve nicht sollen mögen wercken / eher vnde bevor
eme gelevert sal syn ein Billet van dem Collectoer / Pachter / oder ere
Gecommitteerde vndertekent / poena 100. gülden / jedes mahl vp jedes
stficke Wyns / ydt sy groth oder klein: Wolthoverstaende / dat de Wynen /
de vp dem Embsstroem / van dat eine Schip in dat ander overgesettet /
vmme stracks over See / oder sonsten buten oder binnen Landes tho ver-
föhren / dat Boetßvolck nha older gewoente / sal mögen oversetten / vnd
solcke van dissem Impost fry syn sollen.
VI. Welcke Billetten inholden sollen die qualiteit vnde quantiteit
van die Wynen / die de jenigen / so jdt Billet halet / geholden sal wesen
tho verklären / vnd deß versoeht synde / by synem Eede datsölvige tho
beduiren vnd solckes den Wynwerckers overleveren / vmme dem Collectoer
oder Pachter tho restitueren vnde darby vermelden / offte datsülve stücke
Wyns conform gewest is den Billet / darrait he datsölve vp syn Register
antekenen möge.
VII. Niemand sal mögen enigen Wyn brengen oder wercken / binnen
jemands Hueß / Grund / Schip / Schfite / vp Wagens / Karrens / Schieden /
noch ock giene Schippers / Scbuetvörers / Schledendryvers / oder Voer-
lüde / sollen diesülve mögen in Öhren Schepen / Schöten / vp Wagens oder
Karren entfangen / oder ock die angebrachte Wynen reppen / rören vnde
vpdoen / laten rören / reppen vnde vpdoen / he hebbe dann thovören ein
Billet van den Collectoer oder Pachter entfangen / poena 50 fl. So de
Schipper / Schötvörer / Schledryver / Voerman / oder andere / so darjegen
gedaen / oder gehandelt / vp jeder stück Wyns verbreken ock nach ge-
legenheit arbitralick sali gestraffet werden.
VIII. Tho welckem ende / sal ein jeder de einige Wynen begehrt
tho vervören / diesülve nicht mögen reppen / oder laten reppen oder
rören / vth enige Huesen / Kelders / Packhuesen / offte andere plaetzen /
noch ock vth einige Schepen / Schöten / Schieden / van Wagens oder
Karren / eher vnd bevor he ein Billet van dem Pachter entfangen / vnd
sali dameffens geholden syn / verklaringe tho doen / wanneer he enige
Wynen van meininge is tho Schepe tho brengen / by vorgemelter poena
der 50. fL ock nach gelegenheit einer arbitralen straffe.
IX. Alle Wynkopers / Grossierers / oder andere by kleine mate
oder Kannen vthtappende / offte die Tafel holden / sollen giene Wynen
mögen indoen / binnen öhrem Huese / oder darbuten / sie hebben dann
thovoren dem Pachter / oder Öhren Committeerden diesülve angegeven /
vnd ein Billet ontfangen / inholdende datsölve / wat boven verhaelt is /
darmit solckes van öhnen opgetekent / vnd die Impost ingefordert werde
nha advenant / wat daruth getappet is / vnd de Peylinge mitbrenget /
by verhörte der Wynen / vnd 50. fl. brÖke.
X. De Pachter sal geholden syn / int ankomen syner Pacht vp tho
schryven vnd an tho tekenen alle de Wynen / die bevunden werden /
so wol by Koeplöden sich mit Wynen ernehrende / alß Factoren / vnd
den jenigen die vor Grossieriers gerekent werden / vnde sollen de Koep-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1G28. 149
lüde / Factoers vnd Grossiers schuldich syn / den Impost van de Wynen /
so in disser Stadt vnd Yorsteden consumeret worden / tho bethalen na
de quantiteit / die vp den vthganck van den Pacht sal befunden werden /
minder alß die Billetten offte affschryvinge van den Pachter bewyßlick
is / darvan vthgedaen tho syn / Jedoch daraff treckende voer Leckagie
thoer Maent vp jeder Vat / holdende seß Ahm Rhynsche Wyn 3. Kroeß /
vnd van Kleinere vnd Grotere Vaten nha advenant. Alß ock ein Pype
Fransche Wyn Leckagie drie Kroeß des Maents / vnde de Oxhöveden
nha advenant. Wolverstaende / dat van denen Yaten / darinnen die Krane
gesteken is / die Leckagie niet sal afgetrocken worden / vnd sal die
Pachter / gedörende den tydt syner Pacht / mögen gaen Peylen by alle
Koeplöden vnd Grossierers öbnen mit Wynen entehrende / drie mahlen
in die seß Maenden / darinnen nicht gerekent die Peyl oder visitatie vpt
ingaen oder vthgaen van syne Pacht. Woferne averst Jemands / eme
die besichtigung oder Peylinge tho doen / verweygeren wurde / diesölve
sal Jeder reyse boven den Wyn verbreken 50. fl. Vnd sali der Pachter /
oder syne Committierde / wanneer ydt ehme believet / de Wynen die
vthgeschepet werden / versoecken oder pröven mögen / offte die also syn /
alß eme darvan angegeven / vnd in die Billet / so he gegeven hefft /
vervatet is / by verhörte / ingefall anders angegeven tho syn / befunden
wert / so vele Wyns / alß in dat Vat geföllet is / vnd darboven vp jeder
Vatt / idt sy groth oder klein 40. fl.
XI. Die Grossiers / Tappers oder Slyters / sollen nicht geholden
syn / van de Wynen / de versueren / tho Etick gemaket / oder sunsten
dorch vnglöcke tho nichte komen / oder verepildet werden / einigen Im¬
post tho bethalen / Jedoch dat van solchen vngelucke / dorch de Wyn-
werckere / Wynverlatere / oder andere guet bewyß gefordert werde / wo
gelyckfals van die Moeren / van die verlaten Wynen.
XII. Van Grossierern vnd Tapperen sali / idt syn Rvnsche / Spaensche /
offte Fransche Wynen / nicht minder offte vnter ein Ancker affgekerfft /
vnd keine kleinere Vaten vthgedaen werden / poena 30. gülden. Ock
soelen alle de Oxhöffden gerekent werden vp 27. Verendeei / vnde die
Libornische / woe ock de Hochlandschen vp 24. Verendeei.
XIII. Intgelycken sollen giene Grossiers/Tappers oder Borgers einige
Wynen affsteken / vthsteken / oder vtbleveren / ydt sy dann dat eme ge-
thönet werde ein Billet van dent Pachter / vnd sollen giene Wynen binnen
einige schepen offte Schöten van Orloge / oder andere ingelecht / oder ge-
druncken worden / ydt sy dann thovorn ein Billet van dem Pachter darvan
gehaelet / sullen överst giene Imposten tho bethalen schuldich syn / jedoch
dat se giene gelagen setten / oder diesulve by Kroesen nicht verköpen sollen.
XIV. Die Wyntappers vnd Tafelholdere / oder die jenig9 / so by
kleine maten den Wyn vthtappen / sollen alle maent dem Collectoer oder
Pachter bethalen den Impost van do Wynen / de sie den maent over
gesleten oder vthgetappet hebben / ydt were dann / dat sie densölven
mit weten deß Pachters oder Collectoers affgesteken hadden.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
150
Heinrich Deiter.
XV. Alle Wynkopers / ydt syn Grossierers / Tafel - oder Gastholders /
Herbergierers / oder woe de oeck moegen genömt werden / die einige
Wynen verkopen / sollen giene Wynen mögen afsteken oder vthwercken /
in Tappers oder Borgers Huesen / alss nha den vpganck / vnd voer den
vnderganck der Sannen / ahne vorweten des Pachters / vnd sal solckes
geschehen dorch einen geschwornen Wynverlater / die thovor ein Billet
van dem Pachter oder Collectoer sal hebben / poena 50. fl. so offtmahls
he darjegens dohn wert
XVI. Vnd darmit alle bedroch / so vele jftmmer mögelyck / ver-
meden vnd vorgebowet werde / so wert allen den jenigen / die Nehringe
mit Wyn begehren tho doen / ydt syn Grossierers / Trappers / Herber¬
gierers / Tafelholders / oder woe se mögen genümet werden / hyrmit by
öhrem Borger Eede vperlecht vnde bevolen / datse dese Ordinantz so
vele jnmrner mögelyck is / vnderholden vnd nhakomen: Ock giene Wynen
in andere Tünnen / Vaten j Kisten / Korven / Manden oder Packen / alss
in de behörlicke Vaten inslaen / oder inleggen sollen / sonder darjegen
ichtes mit vpsaten moede oder willen / directelick oder indirectelick tho
doen / oder dorch andere doen tho laten / dartho ock ein jeder die synen
ernstlick ermahnen vnd holden sal / darmit disse guede Stadt darinne
nicht defrauderet oder vervordelt werde / poena 100. fl. so offtmahls dar¬
jegens jemandes dohn wert.
XVII. Dewyle ock van den Wynverlaters vnder dat decksei van
die Handelinge / so sie mit die Moeren / Leckwynen vnd dergelycken
dryven / einich bedroch geschehen kan / so wert densölven alsulcke Neh¬
ringe vnde Handelinge tho dohn / gantzlyck verboden / vnd sollen ock
by öhrem Eede diesülve sick verbinden / donsülven handel nicht tho
doen / poena 100. gülden.
XVIII. Idt sollen ock alle Schippere / Schuetvörer / Schledryvcr
oder Voerluedo / so enige Wynen geladen / diesülve nha der Tydt sie
mit Öhren Schepen binnen Boems oder Porten ankomen / binnen 24. vhren
dem Pachter / oder synem Collectoer angeven / vnde daorvan nichtes
lossen / reppen oder roeren / eher unde bevor sie dem Pachter oder
Collectoer / de Wynen / die sie geladen hebben / augedienet / vnde ein
Billeth darvan entfangen hebben / poena 100. gülden. Wolthoverstaende /
Imgefalle ein frembd Mann vnwetcntlyck sich hierinne verloepen wurde /
solckes schal tho eines Erbarn Kaedes discrotion vnd decision gestellot
werden.
XIX. Van desen Impost. sali niemand frv noch vthgesloten syn /
alss alleino die so in der General Ordinantz begrepen syn.
XX. Die Collectoer oder Pachter sali geholden wesen j alle Maenten
tho bethalen an den Rentmeister General / den gerechten sesten dcel van
syner beloveden Pacht /oder in mangcl dessen/sal de Rentmeister sfilvest /
oder dorch syne geordnete mögen executoren / vnd snlcke infordern van
dem Pachter oder Collectoer oder synen Borgen / welches ehme lievest
gefellich / nha luedt der Generalen Ordinantz.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 151
XXI. Dese Impost sal ingaen vp den 16. Februarii und Augusti
mit der Sunnen vpganck / vnd sullen vp diesölve tydt die Collectoer offte
Pachter mit twee Raedsheeren / vnde den gewoenlicben Collectoer van
deser Stadt / (woferne desölve van den Pachter dartho versocht wert)
nicht alleine tho alle de Huesen / die sich mit Wynen ernehren / die-
sülve Tappen vnd Vthslyten / sondern ock tho alle Grossierers Huesen
sich verfögen / vnde de Wynen / die sie aldar finden / dorch die ge-
sworne Wynschroyers / denwelcken die Pachteren salarisiren / vnd deß-
halven Jahrlicks pro salario 100 fl. entrichten sollen / Peylen vnd ante-
kenen mögen / vmme nha vthganck der Maent darvan tho entfangen /
den gebörlyben Impost / darnha alß man befinden wert daruth alßdann
getappet tho wesen. Vnde imfall die Raedßheren sich weigeren wurden
öhnen hierinnen tho assisteren / so sali datsölvige geschehen von einem
Secretario oder synem geschwornen Diener / vnd twe Stadtdiener: Vnd
so ferne jemand Adel oder Vnadel / die peylinge nicht consenteren noch
tholaten wolte / oder ock die Wynen versteken oder verswygen / so sie
in ander Packhuesen oder anders war liggen hebben / diesölvige sollen
boven den Wyn verbreken 100 fl.
XXII. De Collectoers oder Pachters sollen thom minsten alle Maent
einmahl gähn tho der Tapper huesen / vnde vort darnha so menichmahl
als öhnen gudt döncken wert / Jedoch mit dem bedinge / dat sie darinne
alle bescheidenheit gebrucken / vnde niemand mit fuelen oder vnnötten
peylen quellen / oder overfallen / darby se ock vndersöken sollen / offte
ock enige Stöcken mit water geföllet / oder andere vnbequemicheyt vnde
vngebörlicheit gepleget wesen mochte.
XXIII. Die Pachter oder Collectoer sali tho inganck van syner
Pacht by einem Erb. Raede mögen versöken / dat publicatie gedahn
werde / dat alle Wyntappers sich by Hueß holden / oder jemanden öhrent-
halven befehl geven / vmme de peylinge tho sien vpnehmen. Imfall he
solckes nicht dede / sal de Pachter dessen vngeachtet / mit der peylinge
verfahren mögen / welckes oeck gudt vnde bestendich geholden werden sali.
XXIV. Alle Wynen / so vth deser Stadt tho Water oder Lande
verfoeret werden / sollen van dissem Impost vry / vnde densölven tho
bethalen nicht schuldich syn / jedoch mit dem anhanck / dat de jennige /
so den Wyn vthdohn oder vthschicken wert / thovoer ein Billet van dem
Collectoer oder Pachter gehalet vnde entfangen / welckes de Pachter ock
eme vor ein Seßling tho Schryffgelt geven sal / sal ock dem Wynhandler /
so densölven / volgends deß 12. Articuls / vthgedaen / in syn quantiteit
der angetekenden vnde gepeylten Wynen weder affgerekent werden /
vnde voer bethalinge volstahn körnen / etc.
Ordinantz van de Brandewynen.
I. De vorgeschrevene Impost sali entfangen werden / van alle Ge¬
brande Wynen / vnd Wateren / so in deser Stadt vnd den Vorsteden con-
suraeret vnd vertehret werden / sie syn van Wynen / Bieren / Weyte /
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
152
Heinrich Deiter.
Rogge / oder andere Granen / Annys / Venckel / Wachandelbeeren / oder
van einige Moeren / oder andere specien vnd materien / alhier in deser
Stadt gebrandt / oder van buten ingebracht.
II. Ynde sal ein jeder / so die Krane in ein Vatt offte Oxhöfft
steken will / vrarae datsfilve by kleiner maeten offte Vaetjes tho ver-
koepen / eher vnde bevoer he die Krane daer in steckt / vnde daruth
tappet / dem Pachter van ein jeder Oxhöfft erleggen 20 fl. De Köper
averst / he nehme darvan so vele alse he will / sal nichtes darvan tho
geven / noch einich Billeth darvan tho haelen schuldich syn.
III. Imgelycken sollen alle gebrande Wateren / ydt sy Wachandel
Water / Annys / Angelica, Canneel / Orangien / Naegelen / Borst-Water /
vnde sonsten / wat nahmen die hebben mögen / die werden hier gemaeckt /
offte van buten ingebracht / eher die Krahne darin mach gesteken / vnde
daruth getappet werden / van jeder Oxhöfft dem Pachter erleggen vnd
bethalen 20 fl. Grother vnd kleiner Vaten nha advenandt.
IV. Die Oxhöfften soelen ahne peylunge gaen / Oxhöfft vor Ox¬
höfft / wat averst grother Vathen sind / soelen gepeylet / vnde ein jeder
Oxhövet tho söven vnde twintich Verendeei Cölnischer Ritzinge gerekent
werden.
V. Alle Gebrande Wynen / offte obgedachte Wateren / so by Ox-
höffden offte grother Vaten / vth der Stadt gevöret werden /dat geschehe
van Borgern offte buetenlfiden / soelen vry syn / allein ein Billet haelende /
darvor allemahl / wann idt ock mehr dann ein Vatt offte Oxhövet were /
de / so idt vthvören will / einen Seßling entrichten soll.
VI. Ein jeder Oxhövet van vorgedachten Brandewynen offte Wa¬
teren / so nicht vpgesteken syn / sollen alle Maent tho Leckagie hebben
ein Kroeß.
VII. Darmit alle bedroch / so vele mögelyck / by tvden vocrgebouwet
werde / so sali niemand in deser Stadt / noch in den Vorstedeu einige
Brandewynen mögen branden / van Wynen / noch van wat Moeren offte
Materie dat datsülve sy / eher vnd bevoer he kome by den Collectoer /
synen nähme antekenen late / vnde ein Eedt doe / dat he alle weken by
den Collectoer offte Pachter körnen / vnde by dem geleisteden Eede ver-
claren wolle / woe vele Brandewvns he van dersülvcn weken gebrandt. /
darvan verkofft vnde gesleton liefft / so wol by kleine alß by grothe
maten / darmit die Impost van de Consumptien / folgende de Ordinantz /
darvan bethalet vnd entfangen werde / poena 50 gülden.
VIII. Niemandt sali einigen ßrandewyn / so van buten ingebracht
wert / indohn mögen / vmb int groß oder by kleine matlien tho verkopen /
offte sölvest tho gcbruken / eher vnd bevoer he datsfilve dem Collectoer
oder Pachter angegeven / vnde darvan ein Billet entfangen / woe vele ho
inleggen wert / gestalt den Impost van den jennigen / so in deser Stadt
angesteken werden / an den Pachter tho bethalen / by vorß. poena.
IX. Dio Schippere / Schuctfoerer vnde Voerluode / sollen vth öliro
Schcpcn / Schueten / oder van de Wagen / giene Brandewynen laden /
Digitized by Google
Original from
UNIVER-SITY OF MICHIGAN
Ordinanzeu über dio in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 153
noch diesülve reppen oder roeren / oder iD jemandes Hueß brengen / oder
brengen lathen / eher vnde bevoer he solches dem Pachter verwittiget
vnde angemeldet / poena 20 gülden / so der Brenger vnde Entfanger sollen
verbreken / so offtmahls he befunden wert solckes gedahn tho hebben.
Item / sollen ock giene verlegen offte verdorven Bieren / Wynen / oder
Wynmoeren moegen indohn vrab Brandewyn daraff tho maken / ydt sy
dann mit voerwethen deß Pachters oder Collectoers / poena van gelycke
50. Guldens / vnde Verlust der Wynen / Bieren vnde Moeren.
X. Die Brandewynmakers oder Brandewynbranders sollen giene
Wynen noch Bieren moegen inleggen / eher vnde bevoer se darvan den
behoerlicken Irapost van die Wynen / an den Pachter van do Wynen:
Van de Bieren an den Pachter van die Bieren bethalet / vnde darvan
ein Billet entfangen / poena, alß in die Ordinantz dersülver respective
is begrepen. Deß sollen die verdorvene vnde verlegene Wynen vnde
Bieren / woe dann ock die Wynmoeren van dem vorgeschreven Impost
vry syn. Jedoch sali gelyckewohl do condition, darvan int negende
Articul gesettet, nhagelevet werden.
XI. Der Pachter van desen Impost blyfft / sali geholden wesen /
Maentlyck an den Rentemeister Generaei / den gerechten twaelfften deel
van syner belovedon Pacht tho bethalen / in entstehung dessen / sali de
Entfanger die Executie sülvest docn moegen / entweder an den Pachter
oder synen Borgen / na inhold der Generalen Ordinantz.
XII. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Februarii jahrlycks / vnde
endigen vp den 16. Februarii, beyde mit der Sunnen vpganck / vp welcker
tydt die Pachter sali mögen gaen mit den geswornen Wynschr6yers oder
Wynverlaters / tho alle die Huesen / die sich mit Brandewyn tho tappon
oder tho slyten ernehren / vnd die de Brandewynen / die sie aldar vinden /
Peylen vnde antekenen / vmb dem gebörliken Impost darvan / folgende
deso Ordinantz / tbo forderen vnde entfangen.
XIII. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn /
alß alleine die / so in der General Ordinantz begrepen syn.
Ordinantz van de Bieren.
I. Alle Bieren / so in dieser Stadt vnde den Voersteden cunsumiret
werden / se weiden vthgesleten / vthgetappet / oder van den ßörgeren in
Öhren Huesen / tho öhrer eigen vnderholdinge gedroncken / se werden
van den Brouweren / oder den Bürgeren sölvest gebrouwen / sollen nha-
folgenden Impost tho bethalen schuldich syn.
9
II. Alle in dieser Stadt vnde den Voersteden gebrouwen Bieren /
sollen tho Impost goven van ein jeder Tunne 16. stuvers / vorbeholtlick
dat van alle Tünnen ein Daelder weerdich synde / nichts sal genomen
worden / imgelycke Halve vnd Veerndeels nha advenandt. Deßhalven de
Tappers vnde Herbergierers boven den Impost den Olden Accyß tho be¬
thalen schuldich vnd geholden syn. Anmeldende dat gien Borger / Tapper
noch Brower ock verluvet syn solle / by poena van 50. Goltgulden / vnde
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
154
Heinrich Deiter.
eine arbitrarie Straffe / in oder buten synem Huese / de Daler Bieren
mit andere Bieren tho vermengen / woe dann ock den jenigen / by Ver¬
lust des Tappens hiermit verbaden wert / so drie Witten Bier tappen /
geen ander Bier van hoegern pryse vththoschencken / noch die so betör
Bier in tho leggen vnde vth tho tappen gedencken / giene drie Witten
Bier schencken sollen. Item / ydt sali den Pachteren ock thogelaten
werden / imgefalle sie vernehmen / dat einich drie Witten Bier mit ander
Bier vermenget werden muchte / tho allen tyden / wann ydt öhnen ge-
fellich / so wol der Tapper / Brower als Borgeren Kelleren tho visiteren.
m. De Brouweren sollen schuldich vnde geholden syn / by dem
Pachter / allemahlen alß se gebrouwen / vnde die Bieren in Tünnen ge-
föllet / tho verklären / woe vele Bieren sie van twe gülden / oder van
25. Schaep / oder darboven gebrouwet / vnde nicht bemechtiget syn enige
Bieren vth Öhre Huesen / an der Borger Huesen tho vören / oder voren tho
laten / eher vnd bevoer he de quantiteit vnd qualiteit / woe boven ver-
halet / öhrer Bieren / dem Pachter oder synen Collectoren angegeven / vnd
öhnen ein Billet van dem Pachter oder Collectoer getoenet werde / welcke
sio-in bewaringe holden / vnde darnha dem Pachter oder Collectoer /alß sie
deßhalven ersocht werden / overleveren sollen. Woe dann ock de Bron-
were giene Bieren sollen mögen vthtappen / oder by kleine Mathe oder
Emmers vercopen / oder vthleveren / noch nye Bier in dat olde ver¬
mengen / poena 100. Gulden. Mit dem fernem anhang / dat sie Bieren
an Tapperen vnde anderen in Oxhöfften vnde Tünnen / doch mit Öhren
eigenen respective Marcken getekent synde / Tünnen vnde füllen mögen.
Wolverstaende / dat geen Brouwers noch Schippers / so wol binnen
als buten deser Stadt geseten / verorloevet sy / enige Bieren den Tapperen
oder Borgeren tho leveren / sie hebben dann thovoeren van dem Pachter
ein Billet entfangen / dat alles betaelt sy / poena van 300. gülden /
welcke de Brouwer geven sali / dartho die Bieren pryß / vnd de Tapper
150. Gulden / darboven ein arbitrale straffe nha discretie eines Erb.
Rhades / so dickwyls hiertegens gedaen wert.
IV. Ein Vatt Jopen Bier 28. Gulden.
Halve Vathen vnd Veereudehlen nha advenant. Ein Oxhövet Engels
Bier / vnde dat Vatt Mumme / Paderborns / Servester vnd Plinbeker Bier /
de olde Accys mit in gerekent / van dem Tapper 9. gülden. De Borgeren
5. Gulden 10. str.
Ein Tunne Engels / vnd audere halve oder kleinere Vaten nha ad¬
venant. Alle andere inländische vnde frömbde Bieren / vor jeder Tunne
de olde Accyß ingerekent: Van den Tapperen 6. Gulden 4. str. Die Bürgere
3. Gulden. Die Tappere vor jeder Tunne ingebrouwen Bier / 3. Gulden /
10. stftver. Die Bürgeren 16. stiiver.
V. Niemand sal einigerhande Bieren / sie syn binnen gebrouwen /
oder andere / in synem Huese moegen inleggen / oder inleggen lathen /
vmb aldar gedruncken / oder by Kroesen vthgetappet vnd consumiert tho
werden / eher vnd bevor he ein Billet van dem Collectoer oder Pachter
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 155
gehalet/vnde den gebörlicken Impost darvan bethalet/poena 150. Gulden/
vp jeder Vat Bier / idt sy grotli oder klein. Ynd sollen die Vtheimischen
Bieren / dorch die gesworne Bierdrägers: Die in deser Stadt vnde den
Vorsteden gebrouwene Bieren averst / dorch den Brouweren vnd Öhren
Knechten moeten gewerckt / vnd in der Borger / Herbergierer oder Tappers
Huesen gebracht worden.
VI. Idt sal ock niemand einigerhande Bieren moegeu brengen oder
wercken binnen jemands Hueß / eher vnd bevor he darvan ein Billet
entfangen / by verlust deß Biers / vnde sollen de Schippers vnd andere /
so van buten mit Bieren geladen ankomen / in gienderley manieren die-
sülve lossen / reppen oder rören / eher vnde bevor sie die quantiteit vnde
quaiiteit der Bieren / den Pachter oder Collectoer vprichtich angeven /
welckes inwendich vier vnd twintich vhren na ehrer ankompst geschehen
sal / poena 50. Gulden. Vnde sollen alle die jenige / so van buten mit
Bieren inkomen / als Engelisch / Lübisch / Rostocker / Haraborger / Bremer /
Delffs / Wesuper / Mumme vnd dergelycken Bieren / so die Biersteker oder
Grossierer / inslaen / dertein Tünnen duemsteke / voer oin Last geffllt
synde / geraeten werden.
VII. Woeferne jemandt / ydt sy Schipper / Borger / Koepman oder
Brouwer / enige Bieren vth deser Stadt oder den Vorsteden / binnen oder
buten Landes verföhren / oder verschicken wurde / dersülve sal geholden
syn / solckes dem Pachter an tho geven / darvan ein Billet tho halen /
vnde den Committeerden des Pachters tho overleveren / jedoch dat he
van dem Billet einen Seßling tbo schryffgeld / vnd nicht mehr tho be-
thalen schuldich / by verlust der Bieren / vnde 20. gülden bröke.
VIII. De Schippers sollen van de Bieren / die sie in Öhren Schepen
vp de Reyse inleggen / vnd binnen vnde buten Boems verbrucken / den
Impost tho bethalen nicht schuldich syn / alleine dat se vor ein Oxhövet
Engels bier / so sie vor de Cajute inleggen willen / au den Pachter be¬
thalen sollen 18. Stüvers. Vor ein Tunne Engels / Hamborger / Bremer
bier 12. Stüvers. Oldersummer / Soltborger / vnd andere inländische Bieren
10. stüver. Jedoch also tho verstaende / dat se binnen Öhren Schepen
giene gelagen setton / oder ock vth Öhre Schepen in enige Huesen / Bier
by Kannen / Vaten / oder anders / bringen oder halen laten sollen / eher
unde bevor datsülve verimpostet is / nha de Ordinantz boven verhalet /
poena 50. goltguldeu / so offtmahls darjegen gedaen wert. Boven dien dat
gien Schledendryver offte andere Arbeitslueden einige Bieren den Tapperen
oder Borgeren sollen inbrengen / sie hebben dann thovören ein Zedel van
dem Pachter verkregen / alles by poena van 15. goltgulden / so dickvvils
hiertegens gedahn wort / vnd ein arbitrarie Straffe.
IX. Darmit averst de Schippers gelyckewol gien Bedroch darinn
gebrucken können / sullen diesülvige in Öhre Schepen giene Bieren mögen
inleggen / eher vnde bevor sie ein Billet van dem Pachter oder Collectoer
entfangen / vmb tho vernehmen / offt dat alleine tho behoeff des Schippers
vnd synes Boetsvolckes ingelecht wort / by poena 15. Goltgulden.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
156
Heinrich Deiter.
X. Allen den jenigen / so sich mit Jopenbier ernehren / wert hier¬
mit vperlecht vnde befohlen / giene minder affschryvinge tho laten dolrn /
oder den Pachter in rekeninge tho brengen / als tein Kroesen. Vnde
wat hernacher by vthganck dieses Pachtes averigk tho syn / befanden
wort / darvan sali der affgahnde Pachter de qualiteit vnd quantiteit an
den ankomenden tho bethalen schuldich syn.
XI. Vnde darmit alle Bedroch / so vele mögelick / vermeden vnde
vorgebowet werde / sali der Pachter im anfang syner Pacht / neffens den
affgaenden Pachter / mit Notarien vnd Getögen / oder den Gerichts diener
mögen gähn Peylen / so wol in die Tappers huesen / als der jennen / so
sich mit Bier ernehren / oder Öhren handel dryven / alle de vorgesc.
Bieren / ydt syn heele oder hnlve Vaten / so vull befunden worden /
also tho verstahnde: Dat alle de jenne / so drie Vierendeel vnde dar-
boven vull befunden / vor vull gerekent werden sali. Vnde sali niemand
mehr Kranen vnd Sterten als van jederen sorte oder pryse einen / ge-
nieten / den rest averst / so mehr befunden mögen werden / sali der voer-
gaonde Pachter dem ankomenden / nha advenant der quantiteit der Bieren /
in der Pegelinge vorhanden / voldoen vnde bethalen: Jedoch / dat he dem
vorgahnden Pachter anmelden soll / wanneer he de Peylinge doen wolle /
darmit he entweder sölvest / oder dorch synen Committeerden by de Pey¬
linge sich verfögen / vnde desölve mit bywohnen möge.
XII. De Pachteren sollen allemahlen / so offtmahlen ydt öhnen
gudt döncket / oder tho öhrer gerechticheit believet / in der Tapper oder
Herbergierer Huesen mögen gähn Peylen / vnde die Tünnen besöken /
effto sie vprichtich befunden worden oder nicht / vnde so darinnen einich
Bedroch befunden / der geböhr remedieren. Sollen ock an die Porten
vnde Boemen der Stadt moegen stellen alsolcke Wachten vnd correspon-
dentien, alß sie tho verhödinge des Bedrochs nödig sollen achten / aldar
sie ock alle die Bieren so ter contrarie deser Ordiuantz verföhret worden /
anholden mögen.
XIII. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn /
alß alleine die / so in der General Ordinantz begrepen syn.
XIV. Wol Pachter van desen Impost blyfft / dersülve sal schuldich
syn / alle achte dagen / an den Rentemeister Generaei / den vier vnde
twintichsten dehl syner beloveden Pacht tho bethalen / oder in mangel
dessen / sali der Rentemeister General macht hebben / sölvest / oder dorch
syne Verordnete an den Pachter oder Collectoren / oder synen Borgen /
so ehme best gefellich / tho executeren, vnde de bethalinge darvan tho
söken / na inhold der General Ordinantz.
XV. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Febrarii offte Augusti, vnde
endigen vp den 16. Augusti offte Eebruarii, beyde mit der Sunnen vp-
gauck.
XVI. Alle die Bieren / so in deser Stadt vnde den Vörsteden vnd
wvder niet consumiret / verdruncken oder vertehret / darvan sal dese
Impost gefordert vnde bethalet worden / welcke Bieren överst / so wol
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinaozen über die io Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 157
inheimische als frembdo / so vth deser Stadt vnde den Vorsteden / tho
Water oder Lande verföret werden / sollen hyrvan fry / vnd den Impost
tho bethalen nicht schuldich syn / Jedoch dat ein Billeth darvan ge-
halet / vnde dorvor ein Seßling / vnde nicht mehr / tho Schryffgeld be-
thalet werde / etc.
Endlick sali gien Brouwer noch arbeits Man / sich voer vp- oder
nha vnderganck der Sonnen deß Sommers / deß Winters averst / van
Martini tho Vastelavendt / niet deß morgens voer / offte des avends nha
6. vhren vnderstahn einig Bier / an Borgeren / Herbergeren oder Tapperen
tho brengen / vnde sal vp dat gehalede Zedel des Mans oder Frouwen
Nähme in specie gesettet werden / by poena 20. goltgulden / vnde verlust
deß Biers. Vnd soelen de Brouweren an niemands Bieren inbrongen /
offte folgen laten / vp Zedulen die older vnd vor dem dach der leverung
des Biers / datieret sind: Wann averst solcke Verhinderungen infallen
muchten / dat de Brouweren die Bieren an demsülven dage niet leveren
konden / so sölen sy geholden syn / densülven avend / dat Zedul oder
billet / entweder sülvest / oder dorch de jennige / so dat Bier begehret /
ad renovandum dem Pachter by dem Comptoir intholeveren / doch sal
der Pachter pro renovatione deß Zeduls nicht genieten moegen / vnde
sali der Pachter solcken mißbruck / so voele mehr helpen affkehren /
mit der affrage / off der Brouwer ock Bier hebbe / vnde gelegen sy tho
leveren / by voerschreven poena so offtmahls dartegens gehandelt wert.
Ordinantz vant Gemahl.
I. Dese Impost sal entfangen werden van dem Pachter / van jeder
Last Weyten oder Masteleyn / so in deser Stadt vnde den Vorsteden /
gemahlen / oder gebacken / vnde consumeret wert mit Möhlens / Querens /
oder andere Instrumenten vmme tho verbacken / 38 Dahier.
Van jeder Last Roggen tho verbacken / 20 Dahier. Bonen vnd
Garste / die Last 15 Dahier. Minder oder mehr nha advenant. 1 Wolver-
staende / dat alle Gorthe vry / vnd diesen Impost tho bethalen nicht
schuldich syn sal.
II. De Granen / so gemahlen werden / vmme tho verbrowen / darvan
sal bethalet werden:
Van jeder Last Rogge / Moldt / Garste / Bonen / 30. Dahier.
De Haver / Boeckweite / de Last 20 Dahier.
Van jeder Last Weyte 38 Dahier.
Minder oder mehr nha advenant. Vnde sal deser Irapost/eher vnde
bevoer dat Koren thor Möhlen gebracht / bethalet werden.
Beschüt oder Twyback / Brodt vnde Melil so van buten inkompt /
vnde hier consumeret w r ordt / sal den vierten Penning bethalen. Wat
averst weder vth dese Stadt geföhret wert / sal desen Impost nicht tho
bethalen geholden / sondern darvan fry syn / Jedoch dat se darvan tho-
1 Druck: advenenant
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
158
Heinrich Deiter.
forderst ein Billet van dem Pachter entfangen / so der Pachter ehme vor
ein Seßling Schryffgeld geven sal / poena 20 Gulden.
III. Niemand sali einich der bovengeschrevenen Granen thor Möhlen
brengen oder senden / eher vnde bevoer de Impost darvan bethalet / vnde
dat darvan thovören ein Billet van dem Pachter oder Collectoer / daerinne
de quantiteit vnde qualiteit van dem Koren / als ock der Möhlen nähme
geschreven / mit ydt Billet tho gelyck gehalet / vnde sal dat Koren tho
einmahl / welckes vp ein Billet staet / mit dat Billet tho gelyck thor
Möhlen gebracht werden: Ock eher se vnder de Möhlen fahren / den
inspectoren dat billet overantworden / poena 10 goltgulden. Jedoch sollen
de Brouwers oder Bäckers gien Koren thor Möhlen brengen / ydt sy dann
dat die Sacken (darinn in jeder ein halve Tunne / vnde nicht mehr / syn
sal / nochtans dat de Overmathe in einen Sacke gedahn / vnd nicht alle
Sacken verdehlet werden sollen) mit eines jederen Marek getekent syn.
Sal ock niemand voer den vpganck odeT nha nederganck der Sonnen /
einich Koren / langes der Straten / nha oder van der Möhlen dragen oder
föhren laten / als alleine mit consent des Pachters / by Verlust des gantzen
Körens / so vp ydt Billet vertekent staet / vnd darboven 50 Goltgulden bröke.
IV. De Möhleners vnd Öhre Knechten sollen einen Eed dohn / dat
sie gien Koren thor Möhlen entfangen / sonder Zedel oder Billetten van
dem Collectoer oder Pachter / inholdende de quantiteit vnde qualiteit van
ydt Koren / imfall diesfilve / des Eedes tho leisten/sich weigeren wurden/
so sollen sie alle dage nha der tydt öhnen solckes affgefordert / sie Mahlen
oder nicht / verbreken 20 Gulden / vnde darboven arbitralick gestrafft
werden.
V. Diese Zedel sal der Möller schuldich syn / nha vthganck der
Weken / dem Collectoer oder Pachter weder tho leveren vnde tho over¬
antworden / darmit dersfilvige vp syn Register möge sien / offte sie dar-
mit overeinkomen / dat dardorch de bedroch vermeden / vnde .desölve
nicht nhageconterfeitet werden: De Pachter sal ock macht hebben die
Billetten weder tho fordern / so offtmahls he ydt gudt befinden wert.
Alle die jennigen / so Mehl gemahlen hebben / vnde van buten in-
komen / sollen datsölve nicht lossen / reppen 1 oder roeren / eher vnd
bevoer dem Pachter oder Collectoer datsölve angegeven / ein Billet darvan
entfangen / vnde wat alhier consumeret wert / darvan sal de Impost be¬
thalet werden / by verlust des Mehls vnd tein guld. bröke. Wat averst
weder vth deser Stadt geföhret wert / sal van dissem Impost gantz ge-
fryet syn / alleine dat der Vthfuhrer van dem Pachter / eher he ydt vth-
föret / ein Billeth vor einen Seßling tho Schryffgeld halen solle / poena
50 Gulden.
VI. So jemand einich Tunnenmehl indoth / vmme tho verbacken /
oder mit kleine Mathen vth tho slyten - / dersfilve sali idt dein Collectoer
andienen / vnde darvan bethalen den Impost / eher vnde bevoer he dat-
1 rasch bewogen. * verkaufen.
^Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 159
sülve sal mögen eröpenen / by verlust des Mehls / vnde 20 Gülden bröke /
so offtmahlen darjegen gedahn wert.
VII. De Mölner oder jemand anders sal dem Collectoer oder Pachter/
oder syne Coramitteerde giene indracht oder besperringe dohn / int vnder-
söken des Bedrochs / so darinnen mach vorgenomen werden / oder ock
densölven nicht qualick 1 bejegenen / offte thospreken / poena 50 Gulden /
vnde darboven ein arbitrale Straffe / nha gelegenheit der saken.
VIII. Niemand sal in syne Huesen einige Mölens / oder Querens
hebben mögen / klein oder groth / darmit man einich Koren hardt oder
weeck / mahlen oder breken kan / he hebbe dann solckes dem Collectoer
oder Pachter angedienet / vnde ydt vertekenen laten / poena 50 Gulden.
IX. De Pachter deses Impostes offte Pachts deneren sollen densölven
noch geheel / noch ein dehl darvan / directelick noch indirectelick dem
Mölner nicht mögen overdohn / noch darinn part noch dehl hebben laten /
poena 100 Rycksdahler / so de Mölner so wol als de Pachters offte hoere
Dieneren soelen bethalen.
X. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn / alß
alleine die / so in der General Ordinantz begrepon syn.
XI. Wol Pachter van dissen Impost blyfft / dersölve sal schuldich
syn alle achte dagen / an den Rentemeister General / den vier vnde
twintichsten dehl syner beloveden Pacht tho bethalen / oder in mangel
dessen / sali der Rentemeister General macht hebben / sölvest / oder dorch
syne Verordnete an den Pachter oder Collectoren / oder synen Borgen /
so ehme best gefellich / tho executeren, vnde de bethalinge darvan tho
söken / na inhold der General Ordinantz.
XII. De Pachter sal vp den inganck / woe dann ock vp den vth-
ganck syner beloveden Pacht / vp de Möhlen mögen gähn / vmme ydt
gemahlen Koren tho peylen / darmit he darvan syne gerechticheit bekome.
XIII. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Februarii oder Augusti,
vnde endigen vp den 16. Augusti oder Februarii beyde mit der Sunnen
vpganck.
XIV. De Pachter sal vp den anfanck syner Pacht tho alle Bäckers
vnde Brouwers huesen mögen gaen / vnde all dat gemahlen Mehl peylen /
vmb darvan den Impost na luedt deser Ordinantz van dem vorigen
Pachter / so den Impost darvor entfangen / tho fordern vnd to vermahnen /
tho weten mehr nicht / als in dese veffloeten seß Maenden verpachtet is.
Vnd sollen de Brouwers vnd Bäckers by Öhren Börger Eede verklären/
offte sie ock mehr gemahlen Mehl vp andere plaetzen liggen hebben /
by verlust des verswegenen Mehls / vnde 50 Goltgulden bröke.
XV. De Pachter sal ock in der Bäcker oder Schlyter huesen mögen
Peylen dat Tunnenmehl / so darinn vorhanden syn mach / vnde wat also
in deser Stadt vnde Voersteden consumeret / verbacken vnde vertehret
1 schlecht.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
160
Heinrich Heiter.
wert / darvan sollen sie den Impost allergestalt / als van dem Roggen tho
entfangen gemechtiget / wat averst weder vthgeschicket / sal fry syn.
XVI. Endlick sal van alle Koecken / so van buten inkomen / van
jeder Gülden 12‘/ 2 Witten bethalet werden.
Ordinantz vant Bestiael offte Schlachten.
I. De Collectoer oder Pachter sal entfangen van alle Ossen / Köeyen /
Kalveren / Lammeren / Schapen / Verckenen / jongen vnd olden / de ge-
slagen / gesteken / oder geslachtet werden van den Borgeren vnd In-
wohneren den 12. penning, ist vor jedem Dahier 2 */ 2 str.
Van den Schiachteren vnde Slyteren averst / Vor jeder Osse / so
vyfftich Daler vnd darunder werdich is / 3 */ 2 1 Dahier. So överst ein
Osse boven 50 Dahier weerdich / sal de twaelffte Penningk bethalet
werden. Vor jeder Kohe 27* Dahier.
Is de Kohe boven 30 Dahier weerdt / sal de twaelffde Penning er¬
lecht werden / ist van jedem Daler 2 7* Stüver. Vor ein Lam klein oder
groth 5 stüver. Ein Schaep klein oder grotli 10 stüver. Ein Kalff van
8 Daler vnde darunder 127* stüver. Wat boven achte Daler weerdich
is / den twaelffden Penningk / is van jedem Daler 2 7* stüver. Ein Schwyn
van vier tho achte Dahier weerdich / 18 Stflwer. Wat vnder vier
vnde boven achte Dahier is / den 12. Penningk / is van jedem Dahier
2 7* Stüver. Item / ydt sollen alle Borgeren vnde Inwohneren geholden
syn / den Pachteren den gerechten Koepschatt vnd weerdye öhrer gekofften
Lammeren / Schapen / Kalveren / Ossen / Köeyen vnde Swynen / by Ver¬
lust van 5 Goltgulden anthogeven. Imfall jemand allsolcke Beesten / die
he sülvest angefoedet / Slachten wurde / ydt syn Schlachters oder andere/
sal de Pachter desülve aestimeren mögen / vndo nha der taxation den
Impost / als den 12. Penningk darvan entfangen / mit dem anhangk / wo¬
ferne de Eygener die Beesten vor sodanen pryß / darup se de Pachter
gesettet / verkoepen wolde / dat de Pachter geholden syn sali diesülve
darvoer anthonehmen / vnde binnen einer vhre voer ydt affleiden / in
guedem ganckbarem gelde tho bethalen / by Verlust des Impostes: So ferne
averst einige Schlachter by Eede verklären wollen / dat die Beesten / so
sie Weiden oder Schlachten / van öhnen nicht düerder gekofft / als sic
seggen werden / sollen sie darmit genoech dohn können / jedoch dat die¬
sülve in veertein dagen oder drie Weken darnha geschlachtet werden.
Doch sollen alle Pockerige vnde Finnige Beesten vnde Schwynen / in
dese Lyste nicht mit worden begrepen / sondern vth dieser Stadt geföhret
werden / poena 20 Goltgulden.
II. De Pachter sal geholden syn / in drie stunden nha der tydt ydt
eme van dem Eygener angemeldet / de prvseringe tho dohn / vnde so he
alßdann nicht erschynen wurde / sali dersülve twee Nabüren nehmen /
1 3 • 1 ' 4 ist mit Tinte verbessert.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 161
vode darvan de t&xation dohn lathen mögen / vnde darnha den Impost
betbalen / poena 10 Goltgulden.
III. Alle Fleisch / ydt sy Tunnenfleisch / oder geschlachtet Speck /
vthgesecht Denisch / Swedisch / Kolsenisch / Nordisch / Holsteinisch Speck /
so van dem Lande / oder sunsten van buten / in deser Stadt vnde den
Voersteden geschlachtet / gebracht vnde consumeret wort / sal gelyckfals
den twaelffden Penning tho Impost bethalen. Wat averst als Koepmans
gudt / van buten ingebracht / vnd nicht consumeret / sondern weder vth-
geföhret wert / solches sal fry / vnd den Impost tho bethalen nicht schul-
dich syn. Wat averst tho Schepe gebracht wert / tho vthredinge / so ydt
nicht betbalet / sal het noch den gewoenlycken Impost geven. Vnd sollen
ock giene Borgers einige Beesten / buten deser Stadt vnde den Vorsteden
slachten / vnd dat Fleisch darin brengen laten moegen / eher vnde bevoer
sie den gebörlicken Impost van den jennigen / so alhier consumeret wordt /
bethalet / by Verlust des Beestes / so geslachtet worden / vnde 50 gülden bröke.
IV. Die Slachters vnd diejenige / so sich darmit ordinary alß extra-
ordinary ernehren / sollen ein Eedt dohn / dat sie giene Beesten slachten
wollen / eher vnd bevoer die Impost darvan bethalet / vnde sie ein Billeth
van dem Pachter deßhalven entfangen hebben / poena 50 Gulden. Welck
Billet der Eygener beholden sali / so lange dat dat Beest affgehouwen:
Idt sali ock de Pachter allemahlen der Schlachter Huesen visiteren mögen /
vnde so sie alßdann einich bedroch befinden / nha inholdt deser Ordi-
nantz / jegends diesfllve procedieren.
V. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn / alß
alleine die / so in der General Ordinantz begrepen syn.
VI. De Pachter dieses Impostes / schal alle Maenden den gerechten
twaelfften dehl syner Pacht / an den Rentemeister General / tho bethalen
geholden syn / vnde imfall he daran suemich syn wurde / sal der Rent¬
meister General an dem Pachter oder synem Borgen / welcke eme best
gefellich / nha vermeldinge der Generalen Ordinantz / de Exercutie süllvest
dohn mögen.
VII. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Februarii, vnde endigen vp
den 16. Februarii jahrlicks / beyde mit der Sunnen vpganck.
Ordinantz van Etick.
I. Im ersten sal thom Impost bethalet werden / van elcken smal
Tonnen Etick / de in dieser Stadt vnde den Voersteden sal worden ge-
consumeret / he sy binnen oder buten gemaket / 2 fl. 16 stüv.
Vnde van gröter vnd geringer Vaten nha advenant Welcken Im¬
post dersölve / so sie vthtappen / oder sölvest in synem Huese verbrucken
wolle / all eher he densülven sal mögen vpsteken / bethalen / vnde dem
Pachter darvan volldohn sal.
II. Gien Etickmaker sal by kleiner mathen / als by Tünnen ver-
koepen vnde vthleveren / poena 50 Gulden / so offtmahlen he darjegens
dohn wert / vnde by verlust der Nehrunge. Sollen ock so balde se ge-
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VJI.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
162
Heinrich Deiter.
brouwen den Etick by den Pachter angeven / woe voele sie gebrouwen /
vnde wanneer sie gestovet oder gesueret is / dem Pachter laten pegelen /
woe voele gebleven is / poena 12 Gulden.
III. Niemand sal einigen Etick by Tünnen / halve Vaten / Vieren¬
dehlen oder Achtendehlen / oder sunsten anderen mehrderer oder minder
Vaten mögen halen / reppen oder vthdragen / vth die Etickplaetzen /
Kellers oder Packhusen / Schepen / Schöten /Wagens / oder war se sonsten
mögen wesen / eher vnd bevoer die Imposten an den Pachter / /an den
jenigen so hier consumeret wert / bethalet syn / vnde dersölve ein Billet
darvan entfangen / poena 20 fl. so offtmahlen darjegens gedahn wert.
Jedoch dat de vthfahrende Etick / tho weten by Tonnen oder grother
Vaten / van diesem Impost gantz gefryet syn sali / alleine dat der Pachter
darvan ein Billet vthgeven / so der Verköper van ehme vor einen Seßling
Schryffgeld / halen vnde geven sal / eher vnde bevoer die Tünnen oder
Etickvaten angesteken worden / de Impost nha luedt deser Ordinantz
bethalet werden.
IV. Damit averst alle bedroch / so vele mögelyck vorgebouwet
worde / so sal gien Etickmaker / oder jemand synes Hußgesindes / Pachter
mögen wesen. Sollen ock giene Etickmaker einigen Etick mögen vth-
leveren / vnder eine Tonne. Vnde sollen giene Schippers oder Schuet-
förers / Voerlueden oder Schledryvers enigen Etick mögen lossen / eher
vnd bevoer sie ein Billet van dem Pachter oder Collectoer entfangen /
poena 20 Gulden.
Ordinantz van Soldt.
I. Idt sali voer jeder Veerdup 1 Soldt ahne vnderscheid / so in disser
Stadt vnd den Vorsteden consumeret vnde verbrucket wert / tho Impost
bethalet vnde entfangen werden 7 */, stöver / oder vor ein Tunne 30 stöver.
Van minder oder mehrder Vaten nha advenant. Vnd sali de Pachter
sitten vp sodane plaetze / dat die Borger altoos geryvet werden können.
Wolverstaende dennoch / dat all dat Soldt / so vp de Heringbössen * woe
imgelycken vp de Dockboeten / vnde wat an Soldt sonsten tho dem
Heringk in dieser Stadt verbrucket wert / hiervan gantzlick gefryet / vnd
den Irapost tho bethalen nicht schuldich syn sali. Wat averst tho Hueden
verbnicket wert/ sali de helffte /als vor jedes Veerdup 3 1 /, stöver be¬
thalen.
II. Die jenige / so dat Soldt eröpent / vmme sülvest tho consumeren /
oder by kleine Mathen vth tho slyten / sali diesen Impost tho bethalen
schuldich syn / eher vnde bevor idt eröpent wert.
III. Niemand sali enich Soldt in menichte van Vaten / oder smalle
Tünnen / oder sunsten in andere Vaten / binnen jemandes Hueß / Wagen /
Schip / oder Schfite mögen brengen / noch ock die Schippers / Schfitförers /
Sledryvers oder Voerluede / sollen datsölve in öhre Schepen / Schöten /
1 '/« Tonne. 5 Schiffe zum Heringsfange.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 163
vp Wagens offte Karren entfangen / oder dat angebrachte Soldt reppen /
roeren oder vpdohn mögen / eher vnde bevoer sie darvan ein Billet van
dem Pachter entfangen hebben / poena 20 Gulden / so der jennige / so
hierjegens doth / sal verbreken.
IV. Die jennige / so begehren Soldt tho water oder tho lande tho
verföhren / sollen datsölvige vth giene huesen / soldtboeten / Packhusen
oder andere plaetzen / oder ock vth schepen / schöten / wagen oder Karren
verföhren / oder verdragen mögen eher vnd bevör he darvan ein Billet
van dem Pachter oder Collectör entfangen / ock sonder voerweten des
Pachters geen Soldt in Sacken offte andere Vaten vmmepacken / poena
50 Gulden. Jedoch sal he vor dat Billet van dem Solte / so verföhret
wert / ein Seßling / vnd nicht mehr / tho Schryffgeldt bethalen.
V. De Schippers / Schütförers oder Foerlöde / so Soldt geladen
hebben / sollen binnen 24 vhren / nha der tydt sie binnen Boems oder
Porten ankomen / dat geladene Solt dem Pachter oder Coliectoer angeven /
vnde darvan nichtes lossen / reppen oder roeren / ock de Meters nicht
vthmeten mögen / eher vnde bevör sie ein Billet van dem Pachter ent¬
fangen hebben / sollen ock den Pachteren vp Öhr begehren de Billetten
sehen laten / poena 50 Gulden.
Ordinantz van Sepe.
I. Van jeder Yaetken Sepe / so in dieser Stadt vnde den Voereteden
geconsumeret / vnde by Punden vthgesleten wert / sal tho Impost bethalet
worden 1 Gulden. Geringere oder grothere Vaten nha advenant Welcke
dersftlvige / so se by Punden vthslytet / all eher vnde bevoer he desülve
eröpenen wert / tho bethalen schuldich syn sali.
II. Niemand sal einige gesoden Sepe by Tünnen / halve Vaten /
Vierendehls oder Achtendehls mögen halen / oder vth enige Schepen /
Schueten / Wagens halen / lossen vnde dragen laten / woe dann ock de
Schippers / Schuetförers / Foerlöde diesölve vth Öhre Schepen / vnd die
jenige/so sie vth tho schicken begehren / diesölvige vth Öhre Huesen
oder Packhuesen nicht sollen mögen lossen / vthföhren oder vthdragen /
eher vnde bevoer sie solckes dem Pachter oder Coliectoer angedienet /
vnd darvan ein Billet van dem Pachter oder Coliectoer entfangen / dar¬
van se gelyckewol nichtes als einen Seßling tho bethalen schuldich syn /
by Verlust der Sepen.
III. De Pachter van dissem Impost / als Edck / Soldt vnd Sepe
blyfft / sal Maentlick den gerechten vier vnde twintichsten dehl syner
Pacht / an den Rentmeister General tho bethalen geholden syn / vnd im¬
fall he daran sömich syn wurde / sal der Rentmeister General an dem
Pachter oder synen Borgen / welcke ehme best gefellich / mit der Exe-
cution mögen procediren / vermöge der vpgerichteden General Ordinantz.
IV. De Pachter vnd syne Committeerde sollen tho anfang öhrer
Pacht mögen tho alle Etick / Soldt vnd Sepe Vthschlyters huesen gähn
vnde Peylen / woe vele dessölven by öhnen voerhanden / darmit de Im-
11 *
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
164
Heinrich Deiter.
post van den jennigen / so in deser Stadt vnde den Voersteden geconsu-
meret wert / behörlick bethalet werde / Jedoch dat tho vthganck syner
Pacht / ock de Peylinge geschehen / vnde wat alßdann nicht geconsu-
meret / ehrae gekortet werden sali. Imfall averst jemand sich darjegen
opponeren / de Peylinge tho geschehen nicht gestaden / oder einigen
Etick / Soldt oder Sepe versteken wurde / derselve sali noch boven den
Etick / Soldt oder Sepe 50 Gulden verbreken.
V. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn / als
alleine die / so in der General Ordinantz begrepen syn.
VI. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Februarii, vnde endigen vp
den 16. Februarii Jahrlicks / beyde mit der Sunnen vpganck.
Ordinantz van Torff vnde Holdt.
I. Erstlich sal van ein jeder Last Torffs / de sy witt oder swart /
oder woe de ock genömt werden möchte / entrichtet werden 2 gülden
5 stöver. De halve Lasten vnd Quartieren nha advenant
II. De Schipperen / so Torff tho Schepe inbrengen / vnd dies&Ive
by halve Quartieren oder Korven voll verköpen / sollen gelyckfals 2 fl.
5 stfivers vor jeder Last entrichten. Vnde sal de nye angahnde Pachter
mögen de Schepen / so Torff by Korven vthslyten / peylen vnd besöken /
wat darinn vnverkofft sal befunden worden.
III. Alle Torff / so mit Wagen vnd Kreiten 1 in dese Stadt vnde
Voersteden gebracht vnd verkofft wert / sal nha advenant / als die so tho
Schepe inkompt / Licent geven.
IV. Deßgelycken sal van jeder Vaem s Barnholt / ydt sy Eken /
Böken / Elderen / oder wat nahmen idt hebben mach / 13 stüver entrichtet
werden. So dann ock voer ein Wagen voll Westphälisch Eken Spaenen /
13 stfiv. vnde voer ein Siede voll 7 stüver.
V. Idt sal geen Schipper oder Voerman syn Last breken / noch
einich Torff oder Holt lossen / oder folgen laten / eher vnde bevoer sie
ein Zedel van dem Pachter bekoraen / poena einem jederen / so vaken he
overtreden wert / 10 Goltgulden.
VI. Imgelycken sal gien Holt- oder Torffmeter einich Holt oder
Torff tho meten sich vnderstahn / eher vnd bevor eme ein Billet getonet
wert / by verlust synes denstes.
VII. Idt sal ock gien Borger einich Torff oder Holt vpslaen / he
hebbe dann den genanten Pacht darvan bethalet / vnd ein Billet gehaelt /
poena 10 Goltgulden.
VIH. Van diesem Impost sal fry syn alle Torff vnd Holt / so vp
des Wolgebomen vnsers Gnedigen Heeren Hueß Embden / vnd vp dem
Raedt- vnd Tollhuese / wie dann ock de Turff / so ein Erb. Raedt tho
1 Leichte, aus Latten gezimmerte Kasten zum Torftragen.
* Holländisch vaam, vadem — Klafter, Faden.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 162S. 165
des Stads behoeff / tho Schill- oder Kalckvüren van dohnde / consumeret
wordt
IX. Item alle Torff vnde Holt / so van den Hoplüden in de Corde¬
garden / so wol van Soldaten alß Borgeren verbrucket wort / alß ock dat
Gasthueß 1 vnde alle andere / so van Almosen Leven / vnde vmb Godes
willen fry tho syn begehren.
X. De jennige / so de Pacht trecken wert / sal geholden syn alle
vierendeel Jahrs / den gerechten vierdendeel deß beloffden Pachtes an den
Rentemeister General tho bethalen / in vorblyvinge dessen / sal der Ent-
fanger General die Executie sülvest dohn mögen / entweder an den Pachter
oder dessen Borgen / nha inholdt der Generalen Ordinantz / vnd sollen
de jennige / so disse Pacht tho sick Pachten werden / Borge tho stellen
geholden syn.
Olde Accysen/Ordinantz
over die Pachters der Olden Accysen van Bieren vnde Wynen / so in
deser Stadt vnd Yoersteden van den Tapperen vthgesleten werden.
I. Dese Accyß sal entfangen werden van dem Pachter van jeder
Ahm Rhynsche Wyn / tho rekenen nha die Cölnische Ritzinge 3 gülden.
Hin oder mehr nha advenant
Ein Boete Spaensche Wyn.5 gülden.
Ein Ochßhövet Fransche Wyn.2 gülden.
Ein Vat Jopenbier.4 gülden.
Ein Ahm Brandewyn.3 gülden.
Paderborns Bier vnd Mumme / dat Vat . . 2 gülden.
Ein Ochshövet Engelsbier.1 fl. 5 sch.
Ein Tunne Engels Bier.1 gülden.
Hamborger / Lübsch / Bremer bier / de Tunne 9 schaep.
Jemmiger / Liehrer / Wiener / Norder / Marienhover / Hasellünnisch /
Soltborger / Oldersumer / Aper / Ewechter vnd Gröninger Bieren / de Tunne
7 schaep / 10 witt Embder Bieren / van wat qualiteit idt sy / doch dat
de Dahlers Bieren hiermit nicht gemeinet / dan fry syn / 9 stüver be¬
thalen sollen.
II. De Pachter sal im anfanck syner Pacht / in alle Herbergen vnd
Kroegen gähn mögen tho pegelen / vnd sollen van allen vullen Yaten de
Pachters den Accyß tho forderen hebben / averst war de Kranen insteken /
sollen eme nichtes geven / doch dat van jeder Sorte nicht mehr alß ein
Krane sal ingesteken werden / deßgelycken sal he van allen Vaten / de
tho ende synes Pachtes vull gefunden werden / dem folgenden Pachter
de vpgehavene Accysen folgen lathen.
in. Die Tappers / so einige Bieren offte Wynen inleggen willen /
sullen sülvest ein Zedel offte Billet van dem Pachter halen.
1 Armenhaus.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
166
Agathe Lasch.
IV. Alle Brouwers / Schippers / Schöteförers / Schledry vers / Wynver-
laters oder Arbeitslflden / sollen giene Bieren oder Wynen lossen / reppen /
roeren noch verfören / in enige Huesen / eher vnd bevor dem Accyßmeister
angegeven / woe vele Bieren vnde Wynen sie geladen / vnd de Brouwere
den Schippers oder Voerlftden ein Billet van dem Pachter gethönet vnd
gewesen hebben / by poena 10 Goltgulden.
V. Ock sollen de Brouwers / Schippers vnd Voerluede / wann de
Bieren gelosset / vnde den Borgeren oder Tappers gelevert / nicht vth der
Stadt verreysen / eher sie dem Pachter oder Accyßmeister / oder deren
Dienere angegeven / an wiene sie diesülve Bieren gelevert
VI. Alle vnd jeder de mit Wynen handelen / sollen mit dem Accy߬
meister / nha oldem herkommen / einen Kerffstock maken / vnde darup sali
affgekervet werden / alles wat sie by Vaten / Ochxhöveden / Ahmen vnd
halve Athmen / vnd darunder vthgaen lathen / vnde buten der Stadt vnd
den Voerateden consumeret wert
VII. Deßgelycken sollen die Brouwers oder nieraandt / wol die ock
sy / enige Bieren wercken laten / noch giene Schledry vers / Voorlüden /
sollen diesülve arbeiden offte verfören noch verdragen mögen / vor der
Sunnen vpganck / ahne consent deß Pachters.
VIII. So jemand dieser Lysten tho weder handlen wurde / ydt sy
wol die wolle / sali so vaken dartegens gehandelt wert / tho bröke geven
tein gülden / vnde Verlust der Bieren vnde Wynen.
IX. De Pachter sal geholden syn alle Maenden einen sestendehl
der Pachtsummen van de Wynen / vnd alle Weken ein vier vnde twin-
tichste dehl van de Bieren / tho erleggen / vnd an des Raedes Rentemeister
tho bethalen.
X. Wat mehr dese sake betreffet / wert gelaten by de Generale
vnde speciale Ordinantz van Consumptien / de Wynen betreffende.
ENDE.
Zur Chronologie von -ih->-tft)- in der mecklen
burgisch-vorpommerschen Mundart.
Von Agathe Lasch.
Nd. Jb. 32 hat Mackel 1 § 286, S. 40 die Entwicklung der I 4 autgruppe
-tk- > -tt-(-t-) in der Prignitz und im Mecklenburgischen besprochen.
Die Anfänge dieser Erscheinung gehen jedoch, wenigstens in Mecklen¬
burg, in viel ältere Zeit zurück, als Mackel a. a. 0. fragend angesetzt hat.
1 Die Mundart der Prignitz.
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Zur Chronologie von -tk~>-t(t)- in der mecklenb.-vorpomm. Mundart 167
Im Jb. d. Vereins f. mecklenb. Geschichte 60, S. 184 ff. sind eine
Anzahl Briefe der jungen Wismarerin Agnes Dürjahr an ihren Bräutigam
aus den Jahren 1584ff. veröffentlicht. Sie redet den Verlobten an:
hertealderleteste harten, herxealderleveste harten und levecken , alder-
lereste harten, myn harten usw. harten muß, wie das schließende -n
zeigt, Deminutivform sein und für hartken stehen, und diese Annahme
wird bestätigt durch den Gebrauch neben und im Wechsel mit Formen
wie lereken und herxeken (alderlevest leve herxeken). Die Schreiberin
dieser von innigem Gefühl getragenen Briefe, die impulsiv schreibt, wie
ihr die liebkosenden Ausdrücke in den Sinn kommen — auch hoch¬
deutsche Wörter laufen ihr mit unter —, stand zweifellos weniger unter
dem Banne der Tradition als die zünftigen Schreiber und Drucker. Wir
dürfen jedenfalls annehmen, daß die immer wiederkehrende Koseform
harten die Aussprache der Schreiberin wiedergibt gegen traditionelles
hartken. Das genannte Beispiel steht nun auch nicht allein. Freilich,
das kurz vorher, im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts, abgefaßte Tage¬
buch des StraUunder Bürgermeisters Gentzkow zeigt assimilierte Formen 1
ebensowenig wie Chyträus’ Nomenclator latinosaxonicus mit seinen schrift¬
sprachlichen -tk -: Palpamentum Leckerbetken. Oupediae Leckerbetkens.
Ollula ein Pötken. Dentitio wenn de jungen Kinder bytkens krigen- usw.,
aber bald darauf, im 17. Jahrhundert, begegnen genügend weitere Belege:
Ein klein beten witt Papier heißt es in Laurembergs zur Kopenhagener
Fürstenhochzeit 1634 gedichteten Bauernszenen (Nd. Jb. III 98), — das
einzige mir bekannte Beispiel für den Gebrauch des jungen 8 »bißchen«
1 G. hat Pötken, Diitken, liitke usw. Das Tagebuch ist abgedruckt in Balt. Studien
19. 20 upd Stralsunder Chroniken, herausg. v. Ernst Zober 1870. Bruchstücke in den
Poinmerschen Jb. III.
? Zitiert nach der editio secunda (Berlin, Kgl. Bibi.).
8 Dies Wort, das heute zur Angabe eines Teilbegriffs wie zur Verstärkung der
Verneinung dient, ist ebenso wie hd. auch ndd. jung. Im Mndd. wird der Teilbegriff
»ein bißchen« durch ein luttik ( luttil ), ein cleine, ein tccinich (A. Duijahr schreibt z. B.
tcinnieh ), trat, ein stucke usw. gegeben. Die Verneinung wird verstärkt am häufigsten
durch nicht ein har, daneben nicht eine mugge (Theophilus S. V. 419 in l’etschs Aus¬
gabe) — einen dreck — eine eierschelle (R. de Vos Ad. Textbibi. V. 6474) — einen
kattensterd (ibid. V. 2978) u. dgl. Für — nicht verkleinertes — bet in diesem Sinne ist
mir kein früherer Beleg bekannt (denn R. de Vos von 1498, Ad. Textbibi., V. 1557: Hyr
ryndc ik ran honren nicht eynen bytten ist nicht im übertragenen Sinne aufzufassen),
als die schon bei Schiller-Lübben, Mnd. Wb. I 296 angoführte Stelle aus der 1519 bei
I.. Dietz in Rostock gedruckten ndd. Narrenschiffausgabe (wieder herausgegeben durch
Schröder, Schwerin 1895) Fol. 4b, V. 75 f.: Nu yk ran den tcysen sodan kuntschop weih,
So ghcue yk vmmc narren nycht en beth, die für das Ndd. um so wichtiger ist, als die
Ausdrucksweise von der hd. Fassung abweicht (So geb ich rmb narren eyn schiceyß
V. 70). Vgl. ibid. (gesellcnschip): I 'eie sint dede lange in deme arbeyde sytxen, Maken
yd ta betcr nicht eynen bytxen. Aber sie stehen, soviel ich sehe, vereinzelt. Auch für
den Teilbegriff beginnt betken oder die entsprechende dialektische Form erst seit dem
17. Jahrh. um sich zu greifen. Gleichzeitig mit Lauremberg braucht z. B. Rist (Nd. Jb. 7.
S. 144, 150, 151 usw.) 1634 en betien. Seitdem ist es nicht mehr selten, und es er¬
übrigt sich, spätere Belege anzuführen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
168
Agathe Lasch.
bei diesem Schriftsteller. In einem Rostocker ndd.-lat Scherzgedicht von
1650 (Nd. Korr. XI 49) findet sich: Dit bäten gakren tu suscipe fronte
serena — schäl ji verwahren. — Mit een kleen bäten körtwils begegnet
in der Überschrift eines Rostocker Hochzeitsgedichtes 1676 (Kohfeldt,
Plattd. mecklenb. Hochzeitsgedichte a. d. 17. und 18. Jhd., Rostock 1908 ! ,
Nr. 2). Ein Lied aus dem Jahre 1711 (ibid. Nr. 8) enthält die Worte
Sett die beten bie mie nedder. Auch Nr. 9 aus dem gleichen Jahre gibt
einen Beleg für beten. — Dat beten Volck, sett die en betten nedder steht
in einem mecklenburgischen Bauerngespräch, das der Herausgeber Koh¬
feldt aus sachlichen Gründen 1728/30 ansetzt (Nd. Jb. 33, S. 163).
Gleichzeitige Beispiele für das Wirken dieses Lautvorgangs in
anderen Wörtern bietet Lauremberg in den genannten Bauernszenen,
Nd. Jb. 3, S. 100: so wille wi ein Pötten affsteken up Annemäten ehre
Gesundheit. — Annemeien noch einmal ebenda S. 94. Kohfeldt Nr. 8
(1711) enthält die Namensform Greifen, Nr. 11 (1712) Trienck un Greiten,
ebenso Nr. 25 (1739) heßt du dien Greten sehen < Gretken; Nr. 18 (ca.
1720) Mädten < Mädken; Nr. 22 (1739) gibt die Zusammenstellung een
kleen lütt beten, in der lütt (s. weiter unten) sogar schon analogische
Neubildung nach lütten < lüiken sein muß.
Beiläufig sei darauf hingewiesen, daß auch aus anderen Gegenden
frühe Belege nicht fehlen. In Hamburg beispielsweise ist neben betgen .
betjen, betken (s. S. 173) auch bäten 1708 zu verzeichnen: töft en bäten
(: vergüten ) im Munde eines Osdorfer Bauern in der hamburgischen Oper
»Die lustige Hochzeit« (Gädertz, Das niederd. Schauspiel, S. 112, auch
S. 119; Nd. Jb. 8, S. 133, 137). Der Holsteiner Elmshorn braucht 1725
im »Hamburger Jahrmarkt« und der »Hamburger Schlachtzeit« en beiten
(ebenda S. 135, 147, 149; Nd. Jb. 8, S. 146, 154, 156). Nd. Jb. 35, S. 72
sind Beispiele aus Hannover 1708 ( een betten betei •, Hört meck een beten
tau) abgedruckt
Es ergibt sich also aus dem obigen, daß dieser Lautübergangschon
zu Ausgang des 16. Jahrhunderts in Mecklenburg eingesetzt hat, und daß
seine Spuren seitdem neben der traditionellen Form in der mecklen¬
burgischen Dialektdichtung stets bemerkbar sind. Es handelt sich um
eine Palatalisierung des zweiten Lautes der Gruppe -tk- durch die Be¬
rührung mit dem dentalen Nachbarlaut. Mit der Verschiebung der Artiku¬
lationsstelle war in einer Anzahl von Dialekten der Übergang des Ver¬
schlußlauts in den Reibelaut verbunden, und zwar in den stimmhaften
Reibelaut in sch wachtoniger Silbe. Im Mecklenburgischen und dessen
Nachbarschaft entstand dagegen durch volle Angleichung t. Die Schrei¬
bung ist tt nach kurzem Vokal: liitke > lütte, t nach Konsonant, langem
oder durch die mndd. Dehnung gelängtem Vokal: Gretken > Greten,
Tantken > Tanten, Mätken > Mäten, betken > beten. Die Namen Luten,
Ete (Mi, Wb. d. mecklenb.-vorpomm. Mundart, neben Eting) mit t können
1 Diese Sammlung ist gemeint, wo nur Kohfeldt zitiert ist.
Digitized by
inmVf
Original from
UNIfCRSITYOF MICHIGAN
Zur Chronologie von -tk-> -t(t)- in der mecklenb.-vorpomm. Mundart. 169
nur aui dem Wege über Lutken, Etke entstanden sein. Formen wie
dreien, Tanten, Luten zeigen zugleich, daß dieses Gesetz, nachdem es
in Mecklenburg spätestens Ende des 16. Jahrhunderts in Wirksamkeit
getreten war, nicht schnell erlahmte. Denn die erwähnten Bildungen
konnten erst entstehen, als die alte Deminutivendling -ke in Personen¬
namen und sonstigen persönlichen Bezeichnungen z. T. durch -ken ersetzt
war, was freilich bis in die Gegenwart nicht konsequent durchgeführt ist
Die mir aus Mecklenburg 1 * 3 bekannten Belege weisen für diese Analogie¬
bildung kaum über die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts zurück:
In einem Rostocker Hochzeitsgedicht von 1711 (Kohfeldt Nr. 8) kommt
mien Usselcken vor, auch Qreiten, 1712 (Nr. 14) Christincken hadd en
Brädgam nahmen und weiter dann Stincken. Auch außerhalb der Poesie
fehlen die Belege nicht Ein Rechnungsbuch des Dobbertiner Klosters
(Jb. d. Ver. f. mecklenb. Geschichte 59, S. 177ff.) nennt 1733 Frl. Oligart
Anna liechen v. Krusen *. Die Beispiele nehmen je länger je mehr zu,
doch ist, wie erwähnt, die Form -ken noch heute nicht überall durch¬
gedrungen.
Die Angleichung -tk > -t(t) findet übrigens, worauf Mackel a. a. 0.
hingewiesen hat, nur im Inlaut statt Zwischen t oder d und k , das
entweder schon seit alter Zeit im Auslaut stand oder nach der mecklen¬
burgischen Apokopierung des e in den Auslaut kam, zeigen die Beispiele
stets den Zwischenvokal ».* Vgl. gegen Ank, Trink, wo kein t, d vor¬
ausgeht, Düriik (aber Dürten < Dürtken), Hedik (Hedik Lisken Schütten,
Kohfeldt Nr. 16, Rostock 1715). lüttik ist durch Einfluß der flektierten
Form durch lütt ersetzt —
Wenn nun die älteren Denkmäler, die überdies unter dem nach¬
haltigen Einfluß der überlieferten Schriftsprache stehen 4 , die Assimilation
noch im 17. und 18. Jahrhundert nicht häufig zeigen, am häufigsten aber
in dem der mnd. Schriftsprache und damit der Tradition noch
fehlenden betken > beten, und wenn bis in die Neuzeit hinein Neben-
1 Diese Angabe ist nur so zn verstehen, daß die Endung -ken in Personennamen
jetzt häufiger begegnet als vor dieser Zeit. Denn gelegentlicher Ausgleich kam stets vor.
Vgl. z. B. Lüb. Totentanz (Druck von 1520), ed. Seelmann, Nd. Jb. 21, S. 297: cfl du
betest Wobbeke efte Kristinken (: bagynken). Auch bieten wohl alte Urkundenbücher
Belege für gelegentlichen Ausgleich.
* 1757: ich Ilsabe v. Krusen. Daneben noch jetzt Hache, das sich wohl, indem
es als einfache Nebenform aufgefaßt wird, hält.
3 Vgl. auch Höltendrütik (Nd. Korr. 31, S. 46). Man vgl. ferner die alten Bil¬
dungen Woddik, Kcddik, Maddik mit Iiöhlk. — Zu Dürtik ist vielleicht zu fragen, ob
dies aus einem Dürt(i)kc entstanden oder Koseform zu Dorthie ist. Gentzkow nennt seine
Tochter Dorthie, Thiekcn, Dorthieken (letztere sind oblique Kasus).
* Man beachte z. B. das Verhalten I-aurembergs, der die der lebenden Volkssprache
entnommene Assimilation wohl in den starken ßauernszenen, seinen frühesten Dialekt¬
dichtungen, an wendet, nicht aber in den Scherzgedichten. Diese haben Medken (II 209),
Megdken (II 671), Annemeken (III 206) (Neudrucke). Auch fehlt hier das aus jenen be¬
legte beten, für das vorzugsweise tceinich gebraucht wird, z. B. Beschluht V. 22, 30.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
170
Agathe Lasch.
formen mit k (j, g) begegnen, so ist das durchaus verständlich. 1 Aber
auch die Gelegenheitsgedichte, in denen die Tradition weniger stark wirken
dürfte, sprechen mit dem oftmals nicht assimilierten k durchaus nicht
gegen die hier herangezogenen Belege, aus denen sich zeigte, daß der
Lautvorgang zur selben Zeit in der gesprochenen Sprache doch schon
bemerkbar war. Denn gerade diese tragen absichtlich stark auf und
gehen im Streben nach Komik zuweilen über die Grenzen der eigenen
Mundart hinaus.* Wenn wir z. B. in mecklenburgischen Gedichten dieser
Gattung den -/-Plural des Verbs finden (teilt se, schnacket se, se holt,
se führt enen grölen Schnack u. dgl., Nd. Jb. 33. S. 1621, oder mit Rück¬
sicht auf das Reimbedürfnis xoie schalt, wie teilt Kohfeldt Nr. 28, 1742)
oder usc Ficke (in der zuletzt erwähnten Dichtung neben unse ), so be¬
greifen wir auch, wie in den Hochzeitsgedichten unseres Gebietes z. B.
een bätjen Tied, töft een bätjen oder, charakteristischer noch als dieses
Wort aus dem oben erwähnten Grunde, Leedgen (Kohfeldt Nr. 27, 1741)
auftauchen kann, wie betken und bitsken (ibid. Nr. 13, 1712) im gleichen
Liede nebeneinander stehen können. Es ist auch begreiflich, daß sich
neben beten, wo das Deminutivsuffix undeutlich war, entlehnte oder
immer wieder neugebildete Formen einstellen mußten, in denen die Ver¬
kleinerungssilbe schärfer hervortrat. So steht z. B. 1676 (Kohfeldt Nr. 2)
een bätken im Text neben een kleen bäten in der Überschrift Nd. Jb. 33,
S. 160 findet sich neben bäten im Reim auf äten im Versinnern betcken.
Es ist das gleiche Bestreben, das heute beiing neben beten, Oreting neben
Oreten , Fiking, Mriking neben Fik, Mrik usw. hervorbringt, das Formen
wie Gretken, Gnstken u. dgl. in Dähnerts Wörterbuch ermöglicht oder
in Wossidlos Volksüberlieferungen neben seltenem lautgesetzlichem pierten
(so Bd. III, Nr. 363, 502), hünnten (I, Nr. 107al), foten (III, Nr. 281a)
#
häufiger jnertken, hünntken, fotken bildet. Es ist anderseits wohl kein
Zufall, wenn, wie mir scheint, gerade bei lütt(e) die Assimilation auch
in der Schreibung früher allgemein durchgedrungen zu sein scheint als
bei den Deminutivformen. Wohl begegnen in der ganzen ersten Hälfte
des 18. Jahrhunderts noch die Nebenformen liitke, lütje nicht allzu selten.
Aber in den verschiedenen mecklenburgischen Idiotikensammlungen, die
die ersten Jahrgänge der »Bützowschen Ruhestunden« 1761 — 63 ent¬
halten, steht neben Fütken moneta trium assium oder een Pötken vull
Müsc, so gut wie een bäten auch lütt (Bd. II), das sogar schon (s. o.)
Analogiebildung ist, und (Bd. VII 34) den groten nn lütten* —
1 Wie sich anderseits aus genau dein gleichen Grunde ergeben muß, daß die
Buntheit der Formen bei diesem Worte überall groß ist. Es ist ein junges Wort, nicht
aus alter Zeit überliefertes Sprachgut, und daher den Einflüssen von außen leicht unter¬
worfen. Vgl. S. 173.
* Auch in den erwähnten Bauernszenen Laurembergs sind mancherlei fremde Be¬
standteile mit dem heimischen Sprachgut vermischt.
* Freilich auch Bd. IV. S. 56 (1762): Poctn noster itn: Lüning is een liitke Ding .
Even aß een Hempcrling. Doch ist hier auch das auslautende c auffallend.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Zur Chronologie von -t(t)- in der mecklenb.-vorpomm. Mundart. 1T1
••
Die Überlieferung unseres Materials, das zum großen Teil in Ge¬
legenheitsgedichten auf uns gekommen ist, macht es, wie oben erwähnt,
bei deren meist scherzhafter Haltung erklärlich, daß uns während des
17. und 18. Jahrhunderts ein buntes Durcheinander von Formen entgegen¬
tritt, wie die gesprochene Sprache es zweifellos nicht kannte. Mehr Ein¬
heit kommt erst in die Schreibung, als die Anwendung der Dialekte nicht
mehr nur zu gelegentlicher Scherzwirkung geschah und gleichzeitig bei
bedeutendem zeitlichen Abstand die mndd. schriftsprachlichen Traditionen
nicht mehr nachwirken konnten. Babst 1 braucht in seiner beliebten und
verbreiteten Gedichtsammlung Greten, Jetten, bäten, Fentens < Fentkens,
daneben in Neuzusammensetzung betken , wo die heutige Sprache bcting
bilden würde.
Im Anschluß an das im Vorstehenden oft erwähnte Beispiel beten
< betken möchte ich noch kurz zu einer anderen Auffassung Stellung
nehmen, die Wrede (Die Diminutiva im Deutschen. Deutsche Dialekt¬
geographie I, S. 91, § 23, auch S. 93, § 26) ausgesprochen hat, nach der
das Wort diminutionslos, also wohl hd. »Bissen« gleichstehend, sein soll.
Da bete im Mndd. auch als schwaches Maskulinum gebraucht werden
kann, so hätte sich prinzipiell ndd. (wie hd. bixxe: bissen) ein im An¬
schluß an die obliquen Kasus neugebildeter Nominativ beten wohl ein¬
stellen können. Dieses beten braucht aber die lebende Sprache nicht,
die entweder bit (Ostfriesland), beet oder in weitem Umfange happen -
statt dessen verwendet Für Mecklenburg gibt Mis Wörterbuch unter
dem Stichwort beten nur die Bedeutung »bißchen« an, vor en beten »vor
kurzem«. Dagegen führt Mi hd. »Bissen« als Entsprechung von meckl.
happen unter diesem Worte an. 1763 erklären ganz entsprechend die
»Bützowscben Ruhestunden« VIII 37 Een Hapken diciiur bolus camis
vel panis. Belege für den volkstümlichen Gebrauch von happen = »Bissen«
s. z. B. in Wossidlos »Mecklenb. Volksüberlieferungen« III, Nr. 101 V.,
1841, 1872, 1973, 2003 usw. In diesem Werke finden wir auch neben
dem üblichen »Happen« einmal einen Beleg für das Fortleben von bete
und zwar in der lautgesetzlichen Form bät, nicht der analogischen bäten:
siiöt bät an wann schät (Bd. I, Nr. 993, 1).
S. dann auch Macke!, a. a. 0., der bei Bratring und Iliudenberg — außerhalb des
hier besprochenen Gebietes — Doppelformen liit und lütke anführt. Es wäre zu unter¬
suchen, wio weit andere sich durch überlieferte Formen in der Schreibung beeinflussen
lassen und ob die Form lütke neben liit, lütte so zu erklären ist
Dähnert hat neben dem zu erwartenden Diitten die aus Entlehnung im Handels¬
verkehr leicht zu erklärende Form lUitgen gebucht.
1 Dietrich Georg Babst, Allerhant schnaakscho Saken tum Tietverdriew. Rostock
17 SS ff. Eine Auswahl aus diesen drei Bänden gab 1812 B.s Sohn heraus: Utherlosene
Pladdütscho Gedichte. Die 3. Auflage erschien 1843.
? Z. B. Eilsdorf b. Halberstadt (Xd. Jb. 34), Quedlinburg (Nd. Jb. 29), Lübeck
(C. Schumann, Wortschatz v. Lübeck, S. 73), Elberfeld (Wb. d. Elberfelder Mundart) usw.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
172
Agathe Lasch.
Auch sonst ist das Wort beten in Idiotiken und Wörterbüchern
nicht in der Bedeutung »Bissen« verzeichnet Nur im Göttingisch-
Grubenhagenschenim Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuch*, sowie
in Dähnerts vorpomraerschem 8 , das allerdings gerade unserem Gebiet
angehört, ist beten angeführt Auf diese komme ich noch zurück.
Es ist schon an und für sich unwahrscheinlich, daß ein Gebiet,
das so stark zur Anwendung von Deminutivbildungen neigte und neigt,
wie das mecklenburgisch-vorporamersche Dialektgebiet, gerade dieses Wort
ohne -km bilden soll, das so sehr zur Verkleinerungsendung drängt und
sie selbst in deminutivarmen Bezirken aufweist. Nun beweist überdies
die aus Wossidlo zitierte Form bat, wie das Wort »Bissen« hier ent¬
wickelt ist, und es läßt sich ferner zeigen, daß schon die ältesten mecklen¬
burgischen Bdlege beten nicht als Maskulinum, sondern als Neutrum
behandeln. Ich muß hierzu auf die oben angeführten Beispiele zurück¬
verweisen, das Rostocker ndd.-lat Scherzgedicht von 1650 (Nd. Korr. XI,
S. 49): Bit bäten gahrm und das Nd. Jb. 83, S. 163 gedruckte Bauern¬
gespräch (1728/30): dat beten Volck. Freilich heißt es hier auch weiterhin
das Hand voll Volk , aber da in diesem Gedichte der Unterschied zwischen
maskulinem und neutralem unbestimmtem Artikel im Akk. noch gewahrt
ist (se führt enen grotm Schnack, kenen Sack), so beweist die Überein¬
stimmung von sett die en betten tiedder und dat beten Volck, die beide
in dieser Dichtung stehen, für die Ansetzung von beim als Neutrum.
Auch die oben aus Lauremberg zitierte Stelle zeugt für das Neutrum,
da der Dichter ebenfalls Maskulinum und Neutrum nicht zusammenfallen
läßt. Vgl. ebenda: neenm Beskeet, eenm kahlen Kohlhoff, dinen jseni
Lajypen, vor eenen Sckilling: nich en Wort.
Das Wort wird natürlich gewöhnlich mit dem unbestimmten Artikel
gebraucht. Doch will ich solche Beispiele nicht weiter anführen, da ein
und einen später nicht mehr genau geschieden werden und daher die
eine oder andere Form ohne Beweiskraft ist 1 * 3 4
Aber schon aus den erwähnten Beispielen geht deutlich hervor,
daß betm nicht etwa eine hd. »Bissen« vergleichbare analogische Neben¬
form zu dem oben erwähnten, hier seltenen bät sein kann, da diese Mas¬
kulinum sein müßte, während wir mit einem Neutrum seit den frühesten
Belegen zu rechnen haben, das nur nach dem oben angeführten Laut¬
gesetz aus betken entstanden sein, mithin nicht als deminutionslose Form
1 beten, m. (ags. bita, holl, beet) »der Bissen«. Aber auch happe »der Bissen«,
ist hier angeführt.
* Beten »ein Bissen, ein Bischen«. Der Rest des Artikels bezieht sich auf diese
letztere Bedeutung. Nig enen Beten »nichts«.
3 Bäten, Bätken für »Bissen«, Dar getrt ct smalle Bäten, »Da ist nicht viel zu
essen«. — Man beachte, daß das einzige Beispiel ein Plural ist, nicht der allein beweisende
Nom. Sing. — Die Angaben bei Berghaus, Sprachschatz der Sassen, beruhen auf dem
Brem.-nds. und Dähnerts Wörterbuch.
* S. etwa de uortelen bindet in enen dokelin Nd. Jb. 27, S. 140. Charakteristisch
ist »Bützowsche Ruhestunden« 9, S. 30 (1763): eenen Diitken sive rectus ein Dülken.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Zur Chronologie von -tk->-t(t)- in der mecklenb.-vorpomm. Mundart. 173
betrachtet werden kann, wie etwa en beet in Schleswig zwischen Schlei
und Flensburg 1 * * oder en bete in Holstein*.
Jene drei Wörterbuchbelege aber wird man in Anbetracht der Tat¬
sache, daß das Wort beten »Bissen« der lebenden Mundart nicht angehört,
für Grammatikererzeugnisse halten müssen, die einmal durch Anlehnung
an hd. »Bissen« hervorgerufen sind unter Mitwirkung der obliquen Kasus¬
formen, dann aber auch durch den Einfluß gerade unseres Wortes
beten < betkcn. Die Beispiele des Brem.-Nds. Wb. zeigen, charakteristisch
genug, nur die übertragene Bedeutung. Auch widerlegt I 244 Ik moot
mi wol mit dat Beten to dreien Heymanns Annahme (Das brera. Plattd.
S. 110), daß beten mask. sei, die auch durch III, 122 man een lütjen
Beten (mit leicht erklärlichem lütjen ) nicht gestützt wird. Auf I 91 nig
enen Beten ist kein Gewicht zu legen, wie eine andere Akkusativform
II 711 Nimm een beten Iverkötel in zeigt. —
Mit dieser Erklärung der mecklenburgisch-vorpommerscheu Ver¬
hältnisse sind nun freilich die in anderen Sprachgebieten vorkommenden
beten 3 noch nicht erläutert. Z. T. wird man auch hier die lautlichen
Verhältnisse untersuchen müssen, zum größeren Teil jedoch (es ist zu
beachten, daß für dieses Wort in weitem Umfange Doppelformen ver¬
zeichnet sind!) hat man es fraglos mit Entlehnungen zutun, die für eine
nicht aus einem älteren Sprachzustand ererbte Form nicht wunderbar
erscheinen. Werden doch z. B. für Mecklenburg-Vorpommern neben
beten und beting auch betjen, bitsken, bitschen, bischen, betsching ange¬
führt, für Hamburg nennt Mielk (Nd. Korr. 4, S. 63) bitschen, betken,
beten und Firmenich (I 57) überliefert dazu en Bitjen. Die Sprachatlas¬
karten 4 zeigen im hannoversch-westfälischen bieten- Bezirk auch zahlreiche
bitken, im 0. und S. des östlich anstoßenden hannoverschen betten- Bezirks
auch viele betjen und, besonders im S., betchen. Vgl. Wrede, a.a.O. § 26, S. 93.
Jedenfalls liegt aber für das mecklenburgische Neutrum beten die
Entwicklung < betken klar, die in völliger Übereinstimmung mit den
mecklenburgischen Lautgesetzen vor sich gegangen ist.
1 S. Firmenich I 35 (Aussprachebemerkungen) und I 38: en kleene Beet Gewalt y
auch 39 usw.
* Ibid. S. 65: Sünd se en bete tobraken .
8 S. einige Beispiele aus der Reihe der bei Firmenich vorkommenden Fälle: Um¬
gegend von Ovelgönne im Stadland (Oldenburg): n bäten , aber litj Deern y Hartken (HI 24);
Thedinghausen: fonn lütjen Bäten , aber Gretschen (III 35); Sittensen: n beten , auch
lütte (I 213ff.); Norderdithmarschen: beten, aber liitje neben lütten , Gardrutje (III 49).
Aus Eilsdorf b. Halberstadt wird (Nd. Jb. 34, S. 51) betten und betjen (liitje ) verzeichnet.
Hannover 1708 (Nd. Jb. 35, S. 72): een beten (s. o.), aber liitck , dagegen in anderen Ge¬
dichten ibid. z. B. en betjen S. 118 (1726), en bettgen 8. 121 (1726), und in Limmer
b. Hannover: beetchen 9 betschken (Firm. I 195), betsehen (197) usw.
4 Die Möglichkeit, diese einzusehen, verdanke ich der Liebenswürdigkeit der
Herren Professoren Seelmaun und Meisner in Berlin.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
174
Emil Maurmann. Zur niederdeutschen Sprachgrenze im Rheinlande.
Zur niederdeutschen Sprachgrenze i
Von Emil Maurmann.
ßheinlande.
Im vorigen Hefte dieser Ztschr. weist Bremer darauf hin, daß die von
mir 1911, 289 beschriebene Sprachgrenze zum Teil sich nicht mit seinen
Aufzeichnungen decke. Wie verhält es sich mit diesen Abweichungen?
Zunächst sollen nach Bremers Gewährsmann Würden und Elbach
und somit, wie Bremer hinzufügt, nach Maßgabe der Karte auch Hagen
und Flaberg fränkisch sein, während ich sie als sächsisch bezeichnet hatte.
Herr Lehrer Lenz aus Berghausen (so heißt der Ort, nicht Bergneuhausen!)
teilt mir mit, er habe auf meine Bitte hin erneut festgestellt, daß mau
in allen vier genannten Orten ek mähe spreche. Lope hätte ich auch als
niederdeutsch angeben können. Friedrichsthal habe ich mit Absicht nicht
genannt. »Dort befindet sich«, wie mir aus Vollmerhausen geschrieben
wurde, »von den früheren Bewohnern keiner mehr. Es sind alles fremde
Fabrikarbeiter aus München-Gladbach, von der Sieg, vom Rhein usw.
Da findet man ganz verschiedene Dialekte. Die früheren Bewohner von
Friedrichsthal sollen wie Niederseßmar gesprochen haben.«
Weiter östlich, hatte ich angegeben, fällt die Sprachgrenze genau
mit der Grenze zwischen den Kreisen Waldbröl und Gummersbach zu¬
sammen. Das soll nach Bremers Gewährsmann nicht zutreffen für die
fränkischen Orte Baldenberg, Neuenothe und Belmicke, die noch zum
Kreise Gummersbach gehören. Dazu ist zunächst zu bemerken, daß
Baldenberg nicht zum Kreise Gummersbach, sondern zum Kreise Wald¬
bröl gehört, und zwar zur Landgemeinde Denklingen, zum katholischen
und evangelischen Kirchspiel Eckenhagen. Neuenothe und Belmicke aber
sind tatsächlich niederdeutsch. Herr Lehrer Walter aus Wiedenest schrieb
mir seinerzeit: »Brelöh, Immicke, Wolfschlade und Altenothe spricht
Wiedenester Dialekt, Neuenothe mit einigen besonderen Ausdrücken,
aber nicht Eckenhagener Mundart. Baldenberg und Hüngringhausen
spricht genau nach Eckenhagen. Wie Sie ganz richtig annehmen, ist
die südliche gerade Linie genaue Sprachgrenze«. Gemeint ist hiermit die
Kreisgrenze. Aus Neuenothe besitzt ferner der Sprachatlas ein ganz
einwandfreies Formular, das der aus Eckenhagen gebürtige Lehrer durch
die Schulkinder hat übersetzen lassen, und das ist rein niederdeutsch.
In Belmicke schließlich bin ich selbst gewesen. Es bestand 1895 aus
6 Wohnhäusern, von denen 4 zum Rheinland, 2 zu Westfalen gehörten.
Der Dialekt neigt dem Drolshagener zu.
Die ferneren Angaben von Bremers Gewährsmann sind ebenfalls nicht
richtig. Die Sprachgrenze verläuft weiter auf der Grenze zwischen den
Kreisen Waldbröl und Olpe, von letzterem ist mitteldeutsch nur Römershagen
mit Dörnscheid und Döingen. Die Karte von Schmelzer stimmt also bis
auf Heid, das zwar eine Anzahl von mitteldeutschen Formen aufweist, in
der Hauptsache aber niederdeutsch ist. Dasselbe gilt von Rothemühle.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Sprechsaal. — Aufruf zur Errichtung einer Deutschen Nationalbücherei in Gotha. 175
Sprechsaal.
Einen Sebnaps kriegen.
In Oberbayern (südwärts von München im Isargebiet) kann man zu gelegener Zeit
da und dort eine Dirn (d. h. Magd) oder erwachsene Haustochter beim Kramer oder Wirt
antreffen, wie sie sich einen Schoppen Schnaps in ein Glas füllen läßt und dieses dann mit
nach Hause nimmt. Es wäre nun aber ein großer Irrtum, anzunehmen, diesen Branntwein
tränken die Jungfrauen selber. Er wird vielmehr im Schlafkämmerlein an verschwiegener
Stätte auf bewahrt. Wenn dann am Samstag nachts »jemand« an das Fenster der Schlaf¬
kammer pocht und die Dirn beim Nachschauen den rechten Burschen erblickt, dem sio
im stillen längst zugetan ist, so wird ihm ein Gläschen voll Feuerwassers zur freudigen
Begrüßung und als Zeichen der Zuneigung verehrt. Er weiß dann, wie er daran
ist. Erhält ein Bursche aber keinen Schnaps, sondern wird er mit leeren Redensarten
abgespeist, so bedeutet das, daß er dem Mädchen mißliebig oder zum mindesten gleich¬
gültig ist.
Nun wird auch die in Altbayern nicht selten gehörte Redensart 1 verständlich, die
man Kindern und Erwachsenen gegenüber an wendet: »Wart nur, du kriegst heut schon
noch deinen Schnaps!« Es ist dies eine ironische Liebeserklärung, worin eine Drohung
steckt. —
So erklärt sich aber auch folgender Vorfall aus einem Hochlanddorfe:
Peter und Stani, ein junger und ein alter Loder, saßen beim obero Wirt. Die
beiden waren etwas eifersüchtig aufeinander und da sie heute schon tief in den Maßkrug
geschaut hatten, häkelten und räkelten sie mit »Schleuderwörtlein« (spitzigen Reden)
hinum und herum. Das Gespräch drehte sich, wie auch Uneingeweihte bald beraus-
finden konnten, um die gunstwillige, saubere Mitterdirn beim Kugelbauern. Poter, ein
hübscher, lebfrischer Bursch, wähnte, er wäre der llerzenserkorene Burgis. Stani aber,
obwohl schon ein angejahrter Knecht, dem die Schönheit nimmer wehtat, behauptete mit
boshaftem Augenblinzeln: »0 mein, o mein, an Schnaps hob i holt allemal kriegt vom
Burgei!« Da fuhr es dem Poter siedheiß durchs Blut bis zu den Fingerspitzen und ehe
sich’s Stani versah, flog ihm Peters Maßkrug an den Kopf. Nun gab es ein ländliches
Krugduell; denn nur so glaubte der gereizte Peter seine und seiner Herzensdame Ehre
am schnellsten und treffendsten verteidigen zu können. Das Gericht hatte freilich für
diese Art Ehrenrettung kein Verständnis und ließ den Peter 1 Woche brummen.
(Nach einer Begebenheit.)
München. F. J. Bronner.
Aufruf zur Errichtung einer Deutschen Nationalbücherei in Gotha.
Die Deutschbewegung der letzten Jahrzehnte hat zu neuem Leben auf allen
Wissensgebieten geführt, die sich mit dem deutschen Volkstum und seinen Beziehungen
zu anderen Volkskulturen befassen. Aber es fehlt bis heute eine Sammolstelle, die den
Arbeitern auf dem Gebiete der Erforschung des Deutschtums die einschlägige Literatur
lückenlos zur Verfügung stellt. Sie soll erstehen in der Gestalt einer »Deutschen
Nationalbücherei« im Herzen des deutschen Sprachgebietes, in Gotha. Diese soll
enthalten alle Arbeiten zur germanischen Stammesforschung, zur deutschen Landes- und
Volkskunde, zur Geschichte der Deutschen aller Zeiten und Stämme, zur deutschen
Sprach- und Mundartenforschung, zur deutschen Kulturarbeit auf der ganzen Erde. Ein¬
gehend zu berücksichtigen wäre das Kirchen-, Rechts-, Gesellschafts-, Wirtschafts-und
das allgemeine Sittenleben der Deutschen; auch die vielgestaltigen Äußerungen deutscher
Kunst dürfen der neuen Bücherei nicht fremd bleiben. Eine weitere Abteilung hätte das
1 Dieselbe findet sich auch in nichtbayrischer Mundart, z. B. in Ettlingen in Baden.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
176
Bücherbesprechungen.
deutsche schöngeistige Schrifttum aller Zeiten zu bilden, soweit es nur immer beiträgt
zur klaren Erfassung deutscher Eigenart und Geistesblüte.
Den großen Plan verwirklichen zu helfen, rufen wir das ganze deutsche Volk ohne
Unterschied des Bekenntnisses oder der Staatsangehörigkeit auf, zu spenden für die Be¬
schaffung der einschlägigen Literatur und zur Erstellung eines würdigen Heims. Jede
nähere Auskunft erteilt Prof. Paul Langhaus, Herausgeber der »Deutschen Erde«, in
Gotha. — Geldspenden werden erbeten an die Herzog!. Landeskreditanstalt in
Gotha (für Rechnung der »Deutschen Nationalbücherei«), Bücherspenden an die
»Deutsche Nationalbücherei« in Gotha.
Felix Dahn +. Ferdinand Avenarius. Houston Stewart Chamberlain. Heinrich
Claß. Adolf Damaschke. Gustav Groß. Ernst Haeckel. Al brecht Haupt.
Gerhart Hauptmann. Theodor v. Heigel. Wilhelm Kienzl. Emil Kirdorf. Hans
v. Köster. Karl Lamprecht. Joseph Lauff. Friedrich Lienhard. Friedrich
v. Lindequist. Hans Meyor. Eugen Mogk. Artur Moeller van den Bruck.
Adam Müller Guttenbrunn. Anton Ohorn. Wilhelm Rein. Bernhard Rogge.
Peter Rosegger. Otto Sarrazin. Dietrich Schäfer. Emil v. Schenkendorff.
Bruno Schmitz. Gustav Schreiner. Paul Schultze-Naumburg. Heinrich Sohnrey.
Martin Spahn. August Sperl. Karl Freiherr v. Stengel. Friedrich Teutsch.
Henry Thode. Hans Thoma. Siegfried Wagner. Heinrich Wastian. Hans
Freiherr v. Wolzogen. Ernst Zahn. Philipp Zorn.
Bücherbesprechungen.
MagyarorozAgi Nlmet Xyelvj&rAsob. A. M. Tud. Akademia Nyelvtudominyi Bizott-
sägänak megbizäsübol szerkeszti Petz Gedeon. [Deutsche Mundarten Ungarns.
Im Aufträge der sprachwissenschaftlichen Kommission der ungarischen Akademie der
Wissenschaften herausgegeben von Gideon Petz.] Budapest 1905— 1909. Heft 2.
Lindenschmidt, M.: A verbuszi nemet nyelvjäras alakt&na. [Flexionslehre der Ver-
büszer deutschen Mundart]. Heft 5. Kräuter, F.: A. niczkyfalvai nemet nyelvjäräs
hangtana [Lautlehre der Niczkyfalvaer deutschen Mundart]. Heft 6: Schäfer, J.: A.
kalaznöi nemet nyelvjaras hangtana [Lautlehre der Kalaznöer deutschen Mundart).
Die deutsche Philologie in Ungarn stellt sich nicht nur die Aufgabe, die literarischen
und kulturellen Einflüsse des deutschen Geisteslebens auf das ungarische zu erkennen
und in ihren tiefgehenden Wirkungen allseitig zu würdigen, und andererseits zu verfolgen,
was Ungarns Land und Söhne zur Bereicherung der deutschen Dichtung an Motiven,
Stoffen und Stimmungen beitragen konnten, sondern betrachtet es auch als ihre besondere
Pflicht, da8 Deutschtum Ungarns aus allen wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu er¬
forschen. Als Vorarbeit zu einer solchen geschichtlichen und ethnologischen Forschung
erscheint die sprachliche Darstellung der deutschen Kolonien Ungarns besonders zweck¬
mäßig, weil dadurch für jede weitere Tätigkeit eine sichere Grundlage geschaffen wird.
Herkunft und Entstehung einer Kolonie kann oft bei dem Fohlen jedes anderen Anhalts¬
punktes nur durch die Mundart erschlossen werden. Dabei knüpfen sich an diese Kolonial¬
mundarten dio merkwürdigsten Probleme: denn gewiß sind dies Mischdialekte, weil ja
die Kolonisten verschiedenster Herkunft da so zusammengemischt wurden, wie vor dem
Karteuspiel die Karton. Wie geschieht es aber, daß sich die Sprache der so verschiedenen
Bevölkerung dennoch irgendwie eiuigt. und einigt sie sich wirklich? Was wird dabei
unterdrückt, was gewinnt die Oberhand? Und wie können diese Kolonialmundarten für
die Geschichte der deutschen Sprache verwertet werden? Auf alle diese, und viele
andere Fragen erhoffen wir eine Antwort von diesen sorgfältig geleiteten Abhandlungen,
für deren Herausgabe die ungarischo Akademie die Opfer hoffentlich auch ferner nicht
scheuen wird.
Bisher sind sieben Hefte der »deutschen Maa. in Ungarn« erschienen. Heft 1, 3
und 7 behandeln deutsche Mundarten Nordungarns, Heft 4 einen bayrisch-österreichischen
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungen.
177
Dialekt rechts der Donau, die übrigen deutsche Sprachinseln Südungarns. Wir wollen
die Reihe unserer Besprechungen, wobei wir auch die übrigen Dissertationen und Mund¬
artenbeschreibungen, die nicht in dieser Sammlung erschienen sind, berücksichtigen
werden, mit den Dialektarbeiten aus 8üdungam beginnen.
Heft 2 behandelt die Flexionslehre der Verbdsxer Ma. Diese Arbeit kann somit
als Ergänzung zu meiner Lautlehre (s. diese Zeitschrift Jahrgang 1911, S. 97 ff.) be¬
trachtet werden.
Bei der Behandlung des Geschlechts der Hauptwörter sehen wir die merkwürdige
Erscheinung, daß nach Lindenschmidts Sprachgefühl viele Hauptwörter zu einem anderen
Geschlecht gehören, als dies mir und vielen meiner Bekannten geläufig ist. So fühleich
urlaap (Erlaub), Snavl (Schnabel), Straajc als Masc., während L. ersteres als Neutr., die
beiden letzteren als Fern, bezeichnet Es wurde mir nahegelegt, solche, dem Sprach¬
gefühl Einzelner widersprechende Gescblechtsbestimmungen als »Fehler« zurückzuweisen.
Dies wäre jedoch ungerecht; denn wir müssen diese Abweichungen daraus erklären, daß
L. aus der südwestlichsten Gasse des Ortes stammt, und haben hier einen Beweis dafür,
wie der Sprachgemeinschaft unbewußt alte Verschiedenheiten weiter leben. Da es uns
hier in diesen Besprechungen nicht um eine eingehende Beurteilung, sondern um die
kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse zu tun ist, will ich nur auf folgende
Beobachtungen L.’s hinweisen:
Die mit dem Suffix -ca (-chen) gebildeten Kosenamen der Knaben sind nicht säch¬
lichen, sondern männlichen Geschlechts. Es heißt also td (der) jaakopcd, td khaarlcd, td
hendrco, td kriSancd der kleine Jakob, Karl, Heinrich, Christian. Dagegen sind alle
Frauennamen nach der Analogie der mit -cd gebildeten sächlich, s (das) maari, s tarte,
s kru<tm, s sns die Marie, Dorothea, Christine, Susanna.
Zur Biegung der Hauptwörter: mbd. auslaut. e schwindet in der Ma., -en wird
zu d. Im Sing, der schwachen Deklination geht jedoch auch -en gänzlich verloren, und
auch der Dativ der Mehrzahl hat nur dann d (<en), wenn auch der Nom. Plur. d be¬
wahrt. Z. B. Sg. Nom. tsuy sun af Zunge Sonne Affe bleiben im Dat. und Akk. der
Einzahl unverändert, Nom. Dat. und Akk. der Mehrzahl bilden sie mit d\ isur/d sund afd.
Dagegen lautet der Dat. Plur. von poom hoof apl kaSt pluk sayk varm Baum Hof Apfel
Gast Pflug Schrank Wurm gleich dem Nom. PI. peem htef epl keit plik Seyk verm . Ein
Genitiv kommt nur noch in spärlichen Resten vor (in kotds noomd in Gottes Namen,
unxr eenr unser einer, und in Zusammensetzungen).
Die Mehrzahl bleibt bei einigen Neutra und bei allen mit d auslautenden Masc.
unbezeichnet (1.), sonst ist das Zeichen der Mehrzahl der Umlaut (2.), Suffix -ar, -r,
und, wenn möglich, Umlaut (3.), das Suffix d (4.). Während jedoch -ar, -r in allon
möglichen Fällen Umlaut bedingt (ausgenommen einige mit -ca gebildete Dim.: huntcd
(Hündchen) PI. huntcdr, puucd (Bübchen) PI. puucr), tritt in den Fällen der mit d ge¬
bildeten Mehrzahl Umlaut niemals ein. Z. B. 1. Masc.: pakd taumd fetsd fvrjkd knoxd
Zuf)k9 Backen Daumen Fetzen Funke Knochen Schinken, Neutra: Soof ros Schaf Pferd.
2. Masc.: faaßm — ftefhn, naagl — neegl, khop — khep, $op — Sep, maa — mes, poo — pee,
fu£ — /W Faden Nagel Kopf Schoppen Magen Bogen Fisch. Fern.: khuu — khii, maus —
meis, sau — sei, maat — meet, hant — hen, vant — r en Kuh Maus Sau Magd Hand
Wand. 3. Masc.: kaartd — ktfrtr, harn — h$mr, kraavd — kreerr, prund — prinr
Garten Horn Graben Brunnen. Neutra: lant — lenr, plaat —pleßr, Icleet — kleeßr , haus —
heixr, khalp — khelcr Land Blatt Kleid Haus Kalb. 4. Masc.: fetr — fetrd, haas — haasd,
späte — Spatsd, jut — juße Onkel Hase Sperling Jude. Fern.: Jr alp — Svalvd , Suul —
stiuld, stroos — stroosd, feßr — feßrd, kaarp — kaarvd Schwalbe Schule Straße Feder
Garbe. Neutra: au — aud, joor — joord, fenstr — fenstrd Auge Jahr Fenster.
Die jüngsten Lehnwörter bilden die Mehrzahl gewöhnlich mit d , ohne Umlaut. Nur
das Wort salas (Landgut, Weiler) zeigt Umlaut: PI. sales (ung. szalläs).
Die Fürwörter und Eigenschaftswörter haben im Nom. Akk. Sg. Fern, der starken
Deklination mhd. in entsprechend i# bewahrt: d tinii kqrt eine dünne Rute.
Viel Merkwürdiges bietet die Abwandlung der Zeitwörter. Reste des einfachen
Präteritums bewahrt die Mundart bei den Verba sein saan han vold sein sagen haben
Zeitschrift für Deutsche Mundarton. VII. 12
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
178
Bücherbesprechungen.
wollen: ie vaar saat haat volt war sagte hatte wollte. Öfter ist das Prät. des Konj.
erhalten, so bei allen Prät.-präsentien, mi- Verben und bei den Zeitwörtern khumo
preiea kriin kommen brauchen kriegen (Icheemt preict kreect usw.). Einsilbige haben im
Inf. mehrsilbige -a im Auslaut, -en des Part. perf. schwindet gänzlich: han fitu
kfun haben finden gefunden.
Die zweitgenannte Arbeit beschreibt eine Mundart, die links der Theiß, im
Temeser Komitat gesprochen wird. Nicxkyfalva (Niczkydorf) wurde, ebenso wie Verbäsz,
unter Joseph II. angesiodelt (1784 — 87). Den Grundstock des kleinen Ortes (2200 Einw.)
bilden Deutsche aus dem heutigen Lothringen, Elsaß und der Pfalz, gegen 1820 kamen
Nachzügler aus Mähren (Wesely, Schönau, Dubitska, Ratibor, Ostrau) hinzu. In dem
Nachbarort Bakövar, das ähnlich entstanden ist, zeigt die Mundart nur geringe Ab¬
weichungen.
Für die Mundart charakteristisch sind die folgenden Lauterscheinungen: t wird vor
r zu offenem $, u zu o: hqm kh^rS rert Hirn Kirsche Wirt, torc khorts timork durch
kurz Gurke. Mhd. ei entspricht regelmäßig ee, vor c jedoch aaj: reet heela preet Steen
Weide heilen breit Stein, aber aajcl klaajc plaajc vaaje tsaajca Eichel gleich bleich
weich Zeichen. Mhd. ou wird zu aa (auch vor w): paam tsaam laafa taafa Slaap klaan
Baum Zaum laufen taufen Staub glauben, vor Gutturalen, vor u> und im Auslaut zu au:
lau frau kanau tau Lauge Frau genau Tau.
Bezeichnend ist der häufige Wechsel in der Quantität der betonten und minder¬
betonten Silben: p$qr — p^ratsukr (Bär — Bärenzucker), naama — namastax (Name —
Namenstag), raax — rafag (Rauch — Rauchfang), ploosa —- plosbalc (blasen — Blasebalg).
roos — rosakrants (Rose — Rosenkranz), seen — Scnetseef (schön — Schönheits-, d. h.
Toiletteseife) usw.
Vor l wird mhd. Kürze bewahrt: Spila hola fil vol spielen holen viel wohl. Vor
-er der Komp, erscheint kurzer Vokal, während die Grundform langen zeigt in den
Eigenschaftswörtern: krooa — kresr (groß), kleen — klenr (klein), aaric — $rcr (arg).
vaarm — v$rmr (warm). Auslautendes unbetontes e wird oft zu i: sivani sieben, res
leeni Tante (Base) Helene, und stets im schwach flektierten Eigenschaftswort: tr ienMi
der schönste, ti kroosi velt die große Welt, tes kleeni khint dieses kleine Kind.
Im einsilbigen Infinitiv bleibt ausl. -n erhalten: han tuun jaan traan Haan keen
Steen kin haben tun jagen tragen schlagen gehen stehen geben, n schwindet aber bei
einigen kontrahierten Verben: frooa plooa fragen plagen.
Germ, p ist nur im Anlaut (vor Vokal) zu gehauchtem ph verschoben, sonst
ist es erhalten (nur — pp — > p): phan phena khop knop itanipa Slop klopa opl Pfanne
pfänden Kopf Knopf stampfen Schlopf klopfen Apfel. Germ, b und d p entsprechen im
Inlaut zwischen sonoren Lauten (ausgenommen vor l) die stimmhaften Spiranten r und
Ö: leeva arveiüa kavl SaaSa vefir entveSr — oör leben arbeiten Gabel schaden Wetter
entweder — oder, g wird im In - und Auslaut zu z c (nur vor l bleibt g erhalten): taar
Tag, kantix genug, eec Egge, loajc Teig, ercra ärgern.
Alle Explosivlaute sind stimmlos, nur vor l verzeichnet der Verf. »stimmhafte* <1 und
g: meedl Mädchen, praadl Braten, faadla den Zwirn einfädeln, foogl Vogel, khugl Kugel.
pigla bügeln. Es muß dahingestellt bleiben, ob diese als stimmhaft bezeichneten Laute
nicht vielmehr Lenes sind.
Unzweifelhaft haben wir es mit einem rheinpfälzisohen Mischdialekt zu tun; vieles,
besonders aber die Umstandswörter juna jova jaus jin hier unten, hier oben, hier außen,
hier innen, verweisen in das Gebiet der Glan und Nahe, als in die Heimat der herrschend
gewordenen Urmundart.
Eine rechts der Donau, im Tolnaer Komitat, d. h. also in der Ecke zwischen der
Donau und Drau gesprochene Mundart lernen wir aus der Arbeit Schäfers über die
Mundart von Kalnxnö kennen. Die kleine Ortschaft (1000 Einwohner) wurde um 1720
von Gr. Florimund Claudius Mercv gegründet. Die Kolonisten sollen aus Württemberg,
Hessen, Nassau und der Rheinpfalz stammen. Alle näheren Angaben fehlen jedoch. Eine
der Kalaznöer ähnlicho Mundart wird gesprochen in den Orten Yarsäd, Kistormäs.
Felsönäna, Kety, Murga, Gyönk. Szärazd, Hidegküt, Udvari. Sämtliche Ortschaften sind
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungen.
179
vorwiegend evangelischen Bekenntnisses. Hinsichtlich des Lautbestands ist zu erwähnen,
daß a und na sehr offen ausgesprochen werden; die langen Vokale und Diphthonge werden
vor n genäselt: -aon>-oo'» usw. Die Explosivlaute sind stimmlos, anlautendes t wird
niemals aspiriert, inl. 8 ist, ebenso wie in Verbäsz und Niczkyfalva, erhalten, und geht
nicht in r über, wie in dem größten Gebiete der heutigen Rheinpfalz.
Die Mundart unterscheidet zwischen offenem a aa, geschlossenen o-Lauten (mit
q qq bezeichnet) und o oo. Gedehntes offenes aa entwickelt sich aus a nur vor r l (sonst
entspricht es mhd. ei oder ou s. unten): Saar Pflugschar, r aarts "Warze, maart Markt,
fanl Falte, haal» halten. Sonst wird a in der Dehnimg zu qq: plqqt Blatt, sqqt satt,
fo'tfo Faden. Dieses qq ist aber wieder gekürzt vor Kons.-}--«/, -er vor xt, ks: fqtr Vater,
/iqrr Hafer, Slqxto schlachten, rqks a wachsen. Vor m tritt in der Dehnung geschl. oo
ein: nooms Name, looin lahm, -an wird zu oo" gedehnt: hoo n Hahn, tsoo n Zahn.
Die e -laute sind ihrer Qualität nach dreierlei: geschlossenes e, offenes e, weit
offenes ö. Ersteres entwickelt sich nur aus Umlauts-e (meistens vor ursprünglich ge¬
decktem oder gedehntem Nasal, seltener vor l t 8 k): eyl Engel, ley Länge, pren9
brennen, relr reit cel welcher welche welches, khet Kette, red a reden, tekst wächst.
Regelmäßig werden e und e zu q, vor gedecktem r zu ä: Iqfl Löffel, kestr gestern, khel
Kälte; Iqrr Leber, Sefo schelten, tq8r Wetter, ärjr ärger (Komparativ), r ärmo wärmen,
khärts Kerze, härpärk Herberge.
Mhd. e bleibt, nur in einigen Wörtern wird es zu **: s nii Schnee, Slii Schlehe,
tsiip Zehe.
Mhd. i und tu werden zu ai: Snat'8» schneiden, taitS deutsch. Mhd. ü entspricht
an: kaul Pferd, plaums Pflaumen.
Mhd. ei und ou nehmen dieselbe Entwicklung und werden zu aa: ic raas ich
weiß, Staan Stein, flaaS Fleisch, taa Tau, aak Auge, laa& Lauge, khaarlo Wiederkäuen.
ei wird jedoch zu aaj im Auslaut und vor,;' x k: aajk (PI. aapr) Ei, saaje» harnen,
tanjk Teig.
Germ, p ist nur im Anlaut vor Vokal zu asp. ph verschoben, sonst bleibt es
unverändert: phan pluk Snups Pfanne Pflog Schnupfen.
Die germ. b p g entsprechenden Explosivlaute sind stimmlos, inlautend zwischen,
Sonoren gehen sie aber in die stimmhaften Spiranten r#j (oder j) über: päärk Staap
Berg Staub, aber härmt beherbergen, traivn treibe ihn, kqrl Gabel; tarn liit Dorn Lied,
aber pood? kraiSj fe6r Boden Kreide Feder, kaul freekst freekt kruk Pferd fragst gefragt
Krug, aber mqq^j Magen, free ga fragen, free^n frage ihn, ee& eggen. Nach r l steht
j: marjjt Morgen, ärjrn ärgern, folja folgen. Zwischen i und / und auslautend in dor
Endung -ig wird g zu e: Spiel tsicl ceenic Spiegel Ziegel wenig. Auch mhd. t entspricht
zwischen sonoren Lauten 8: rai8e veör ho(>r reiten Wetter hat er. In - und auslautendes
s wird nur nach r zn 5: fäärSt Ferse, rar St Wurst, vaarS war es, solmrS soll man es,
hotrS habt ihr es, aber haspl plastr host ämst Sentst krest Haspel Pflaster hast Ernst
schönste größte.
Welcher deutschen Mundart dieser Dialekt am nächsten steht, kann nur mit
Hilfe des Sprachatlas entschieden werden. Inlautendes -st (siehe unter anderem die
/»»«/-Karte des SA) verweist uns in ein Gebiet nördlich der Pfalz und nach Rheinhessen,
der Lautwandel mhd. iu > ma. ai gibt eine zerfressene, aber sichere Nordgrenze, von
welcher nördlich kaum viele Kalaznöer herstammen dürften. Es läßt sich also im Großen
und Ganzen sagen, daß wir die Urmundart dieser Sprachinsel in der Main- und Rhein¬
gegend zwischen Frankfurt und Bingen zu suchen haben.
Debreczen. H. F. Schmidt.
l*aul Geiger, Volkslledinteresse und Volkslledforschung in der Schweiz vom An¬
fang des 18. Jahrhunderts bis zum Jahre 1830. Bern, Verlag von A. Francke,
1912. Brosch. 2,80 Mk.
Mit vorbildlicher Gründlichkeit betreibt die Schweiz die Volkskunde im weitesten
Sinne. Das große Idiotikon ist bei den letzten Bänden angelangt, mit Macht setzt die
12 '
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
180
Bücherbesprechungen.
grammatische Darstellung der Mundarten ein. Einheitliche Erforschung des Volksliedes
hat begonnen. Die Volksliedschätze werden in Archiven geborgen, nebenher gehen Unter¬
suchungen wie die Arbeit Geigers über die Geschichte des Volksliedes in der Schweiz.
Geiger erhielt die Anregung von John Meier, dem großen Kenner des Volksliedes und
seiner Literatur.
Geiger geht von den Bestrebungen Bodmers aus. Er steht dem Liede noch nicht
mit richtigem Verständnis gegenüber. Dies zeigt sich vor allem darin, daß er im Gegen¬
sätze zu Herder die Bedeutung der Melodie nicht erkennt. Nach ihm bemüht sich vor
allem Lavater um das Schweizer Lied. Er sucht durch eigne Lieder das Vaterlandsgefühl
seines Volkes zu heben, dieses Volkes, auf das man bisher hinabgeschaut hatte. Nun
will man es zu sich heraufziehn. Lavater bemüht sich vor allem um eine volkstümliche
Sprache, er nimmt hie und da oinen mundartlichen Ausdruck, auf. Einfache Weisen
werden den Dichtungen untergelegt. Lavater findet reiche Nachahmer, die außerdem
an Gleim, Bürger (Lenore) und die Haindichter sich anlehnen. Auch sie verfolgen das
Ziel, das Volk zu sich heraufzuziehn und sehen in der Dichtung nur ein Mittel zu diesem
Zwecke.
Nach diesen Anfängen volkstümlicher Dichtung setzt die eigentliche Dialektdich¬
tung ein. Mit trefflicher Literaturkenntnis zeigt Geiger, wie durch Urteile ausländischer
Reisender, durch genaueren Verkehr der Schweizer mit den Älplern Charakter und Sitten
des Volkes eingehender studiert werden. Diese gesunde Bewegung geht vor allem von
Bern und Luzern aus. Mit dem XIX. Jahrhundert kommen neue große Anregungen vom
Ausland. Die Romantik beginnt auch in der Schweiz Anregung zu geben. Arnim kommt
1802 in die Schweiz, doch hat er keine allzu große Ausbeute. Auch Fr. von der Hagen
läßt sich zu seinen Sammlungen Schweizer Kuhreihen vcm Prof. Studer in Bern sohicken.
Das reine Interesse für das Volkslied finden wir nun bei Männern wie dem Berner
Professor Studer. Er suchte Lieder und Gesänge der Hirten. Er sammelte schon in
einer Zeit, wo Herders Einfluß auf ihn noch ausgeschlossen war.
Ihm schließen sich G. J. Kuhn, J. M. Usteri und J. R. Wyss an. Ihre Lieder
sind zum Teile heute noch lebendig. Auch der Markgräfler singt sie heute noch, wie
ich in meiner oberbadischon Volksliedersammlung zeigen werde.
Zuletzt weist Geiger nach, wie das Volkslied in der Schweiz die Kunstdichtung
beeinflußt.
Die ganze Arbeit bietet uns eine gründliche Studie über einen Lebensausschnitt
unseres Volksliedes. Literaturgeschichte und Volkskunde werden durch sie gefördert.
Lörrach. Othmar Meisinger.
Paul Alpers, Untersuchungen Uber das alte niederdeutsche Volkslied. Göttinger
Dissertation. Göttingen, Soltau, 1911.
Alpers untersucht das alte niederdeutsche Volkslied. Sein Hauptziel ist nachzu¬
weisen, welche Lieder sind auf niederdeutschem Boden vorhanden, welche sind einge¬
wandert, welche sind dort bodenständig, ein Problem, auf das schon Ludwig Uhland
hingewiesen hat.
Alpers geht von der Überlieferung des alten niederdeutschen Volksliedes aus. Er
zeigt, daß die Zeit, aus der die wichtigsten Texte der ndd. Volkslieder stammen, die Zeit
des Absterbens der mod. Literatur, des Verschwindens der ndd. Sprache aus dem amt¬
lichen Verkehr ist. Schon hier ergibt sich die Unselbständigkeit der ndd. Literatur. Im
weiteren geht Alpers auf die germanische Liedergemeinschaft ein, auf Kommen und Gehen
der Lieder von Volk zu Volk, bei Holländern, Schweden, Engländern und Niederdeutschen.
Es werden hier sehr verdienstvolle Zusammenstellungen gegeben. Doch hätte es sich
hier empfohlen, die Lieder nach Anfängen aufzuführen und nicht bloß zu schreiben »Ver¬
giftung und Testament«, »Vergeltung«. Es ist überhaupt heute eine bedauernswerte Un¬
sitte, daß Volksliedsammler den einzelnen gesammelten Liedern aus der Tiefe ihres Ge¬
mütes Überschriften geben, so daß ein und dasselbe Lied bei jedem neuen Sammler seine
Überschrift wechselt.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Rücherbesprechungen.
181
Genauer wird dann untersucht, wie die Übertragung eines Volksliedes in eine
andere Mundart erfolgen kann. Hier schneidet Alpers eine wichtige, aber auch sehr
schwierige Frage an. Man kann nicht vorsichtig genug sein bei der Frage, wo liegt das
Ursprünglichere vor, wo ist das Abgeleitete. Nur sehr selten wird der Reim eine feste
Stütze sein. Es müßte hier die Frage entschieden werden, wie weit hat das Volkslied
reinen Reim gehabt. Hier fehlen uns noch wichtige Vorarbeiten.
Der zweite Teil der Arbeit von Alpers erforscht nun die Herkunft einzelner Lieder,
so des Liedes Der Herr von Falkenstein, Der Mädchenmörder (Blaabartsage), Der Schreiber
(Zimmergesell), Frau zur Weißenburg, Brennenberg, Schloß in Österreich, Hildebrand,
ik ret einmal to baschwert an, Totenamt, Fünf Söhne, Frau Nachtigall und einige weitere.
Das Ergebnis ist nicht überraschend. Die bedeutenderen bailaden- und romanzenartigen 1
ndd. Lieder sind aus fremder Mundart übertragen, dagegen eine Zahl kleinerer, meist
neckischer Liedchen scheinen auf ndd. Boden entstanden zu sein. Noch weitere 162 Lieder
hat Alpers untersucht und gefunden, daß für sie das gleiche gilt. Es bliebe nur die
Aufgabe, die ganze niederdeutsche Literatur des Volkslieds zu durchforschen.
Von Einzelheiten will ich hervorhebon, daß Alpers wahrscheinlich macht, daß der
Herr von Falkenstein nach der Burg im Schwarzwald genannt ist, bei der ja auch Ernst
und Wetzel fielen.
Es wäre sehr zu begrüßen, wenn wie in Göttingen auch an anderen Universitäten
Doktorarbeiten aus dem weitesten Gebiete der Volkskunde, vor allem auch der Mythologie,
gestellt würden und nicht bloß aus dem Gebiete der Grammatik und Literatur.
Lörrach. Othmar Mcisinger.
Harder, Werden und Wandern unserer Wörter. Etymologische Plaudereien. Vierte
wesentl. vermehrte u. verbesserte Auflage. Berlin, Weidmannsche Buchhandlung, 1911.
Harders Buch hat in seiner neuen Auflage ziemlich au Umfang zugenommen.
Überall sieht man die weiterarbeitende Hand des Verfassers, der die neuesten Ergebnisse
der Forschung uns bietet. Er konnte von Kluges Etymologischem Wörterbuch die 7. Auf¬
lage, Weigands Wörterbuch und Hirts Etymologie der neuhochdeutschen Sprache benutzen.
Auch die Zeitschriften »Wörter und Sachen« und die Germanisch-romanische Monats¬
schrift boten eine Reihe von neuen Anlegungen. So zeigt sich uns das Buch Harders
als ein treffliches Mittel, Einkehr zu halten bei unserer Muttersprache. Wie Wülfing
in seinem Büchlein »Was mancher nicht weiß«, gibt uns Harder in anregendem Plauder¬
tone die Ergebnisse der deutschen Sprachwissenschaft. Auch wer lange Jahre sich mit
den in dem Buche vorliegenden Fragen beschäftigt hat, wird eine große Fülle von Be¬
lehrung daraus schöpfen können. So dürfte manchem neu sein, daß Schikane auf das
persische tschungän, d. h. Lochballspiel zu Pferde zurückgeht (S. 79), daß in Mayonnaise
der Name des Karthagers Mago, des Gründers von Mahon auf Menorka, des jüngsten
Bruders Hannibals, vorliegt. Die Tunke hieß ursprünglich Mahonnaise (S. 21). Neu ist
die Ableitung von Cancan aus lateinisch quamquam, Körting kennt sie noch nicht, er
leitet Cancan von can(ard) ab. Erfreulich an Harders Buch ist, daß os gegenüber
schwach erwiesenen Aufstellungen vorsichtig ist, in andern Fällen aber auch wieder fester
zufaßt als manche unserer Worterklärer. So stellt er kaufen ruhig zu cauponari, Flöten
gehn zu hebr. Pleite, pclctäh das Entkommen. In Ostern findet er die angelsächsische
Göttin Ostara trotz der Einwendungen neuerer Forscher wie Lexer und Golther. In
manchen Fällen hätte er unzweifelhaft Verfehltes weglasson können, so hat Kanapc (S. 44)
sicher nichts mit lat. canapis zu tun, wenn schon Varro, de re rustica 11,8 ein eono -
pittm = Iagei kennt; vgl. Horaz. Epoden 9, 15.
Auch daß das griechische iiyytlog persischen Ursprungs ist, scheint mir erwiesen
zu sein (S. 157). Die Ableitung des Wortes Apfel von der kampanischen Stadt Abella f
die durch Obstreichtum und gerade durch ihre Äpfel berühmt war. lehnt neuerdings auch
Schräder in seinem Buche »Die Indogermanen«, Quollo und Meyer, S. 29 ab.
1 romanzenbaft. wie Alpers schreibt, ist kein deutscher Ausdruck.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
182
Bücherbesprechungen.
An einzelnen Stellen, wo auf Mundarten verwiesen wird, wäre etwas genauere
Angabe am Platze gewesen, so S. 53: in Dialekten auch Baude (neben Bude); warum
wird keine genauere ■ Angabe gemacht? Ebenso wird S. 142 nur gesagt: in manchen
Dialekten noch jetzt Zistag. Hier ließen sich Grenzen geben. Bühne = Heuboden ist
nicht bloß schweizerisch, sondern überhaupt alemannisch.
In einigem läßt sich vielleicht Harders Buch noch ergänzen. Bei Aufzählung der
Nahrungsmittel hätte der alte wertvolle Besitz der Alemannen Anke (zu lat. unguentum)
verdient erwähnt zu werden. Bei Besprechung von Laterne wäre hinzuweisen auf fran¬
zösisch lanterne mit seiner Erhaltung des ursprünglichen Nasals (griech. XapniriQ , S. 52).
Bei Besprechung von Palast und seiner Verwandten (S. 53) ließ sich auf demselben Raume
ein abgerundetes übersichtliches Kulturbild goben. Die Karolingerzeit mit ihrer Renais¬
sance holt zum ersten Male aus Italien Palatium, es wird zu gut deutschem Besitz, zu
Pfalz. In der Folgezeit kommt es noch zweimal aus Frankreich herüber als palas und
palais. Es sind zwei Zeiten mächtigen Überragens französischer Kultur. Hier erhält
der Leser durch Harders Darstellung keinen klaren Einblick in die drei Entwicklungs¬
stufen. S. 54 konnten unter Reise = Kriegszug füglich die Reisläufer erwähnt werden.
Unter Braut durfte erwähnt werden, was Braune in den Beiträgen XXXII, S. 30 — 59 zu
diesem Worte vorgebracht hat. Die Sitte, den Sohn nach dem Großvater zu nennen,
kennen auch deutsche Stämme. Ein Friese Clas Petersen (Sohn des Peter) nennt seinen
Sohn Peter Clasen. Als Badener hätte ich es angenehm empfunden, wenn unter den
Spielen auch unser altbadisches Zego aufgeführt worden wäre. Es gehört wohl zu lat.
caeeusy ältere Schreibung Caeco. Lord , angelsächsische hldford wird sonst von got. hlaifs
und wart abgeleitet, nicht, wie der Verfasser tut, von ort Anfang, Haupt, Herr (S. 76).
Bei Schächer, mhd. schdch Raub wäre auf das französische echec hinzuweisen. Die ur¬
sprüngliche Bedeutung von Leutenant wird klar durch den Hinweis auf Oberstleutenant
= Stellvertreter des Obersts (S. ÖO). Der Zapfenstreich hat zweifellos nichts mit dem
Tannenzapfen zu tun, der früher ein Wahrzeichen der Gastwirtschaften war und abends
abgenommen, d. h. gestrichen wurde. Streichen heißt schlagen, den Zapfen streichen
heißt den Zapfen einschlagen. Dies beweist die ältere Soldatensprache, auf die Sohns
in seinem soeben erschienenen Büchlein »Wort und Sinn«, Teubner, 1911, S. 44 hin¬
weist; vgl. Picander II, 102: Wenn man den Zapfen schlägt, soll der Soldat nach Hause
gehn; Simplizissimus I, 233: Es wird der Zapfe geschlagen, der Zapfenstreich getan. Noch
heute gibt die Mutter den Kindern im Wiesentale nicht Schläge, sondern Streich . S. 107
wäre bei schenken zu trinken geben auf Schenkamme hinzuweisen. S. 119 lesen = sammeln
liegt noch vor in »Ähren lesen«; S. 121 müßte es richtiger heißen: Journal geht auf
diurfialiSy eine Weiterbildung von diurnus zurück; S. 124: in trauter steckt das griechische
t oonog. Jambus hat man ^chon zum griechischen Verbum lunua gestellt. Neben Nixe
S. 163 durfte auch Neck , Nöck erwähnt werden. Adelar, die Urform von Adler, liegt
heute noch in dem Namen Adolar vor (S. 181). Bei dem Namen Neunauge mag wie
bei Neuntöter die alte indogermanische Rundzahl neun mitgesprochen haben. Bei Be¬
sprechung der Farben vermisse ich braun , das wir endlich einmal mutig zu brennen
stellen sollten.
Wenn Harder einige vou diesen Bemerkungen verwerten kann, so soll es mich
freuen. Ich wünsche seiner neuesten Auflage guten Erfolg.
Lörrach. Otlnnar Mcisinger.
Hans Schulz, Deutsches Fremdwörterbneh. 3. Lieferung: Dynamit bis Gendarm.
Straßburg, K. Trübner 1911, S. 161 — 240, 1,50 M.
Das dritte Heft des vortrefflichen Schulzschen Fremdwörterbuchs unterscheidet sich
nach Anlage und Ausführung nicht von seinen beiden Vorgängern. Hier wie dort werdeu
die Wörter von ihrem ersten Auftreten an verfolgt, hier wie dort finden sich kultur¬
geschichtlich bedeutsame Bemerkungen eingestreut, z. B. S. 227 unter frisieren: urspr.
kräuseln, vermutlich aufgekommen mit den französischen Perücken, oder S. 213 unter
Filigran: Hauptsitze der Filigranindustrie waren Rom und Florenz. .So erfahren wir, daß
Digitized by Google
\
ImHVERSITY OF MICHIGAN
BücherbesprechungeD.
183
Gala und vermutlich auch Etikette (Ordnung gesellschaftlicher Formen) am Hofe Kaiser
Leopolds (1658 —1705) als Worte des Hofzeremoniells aufgenommen worden sind, daß
Furore machen durch die Wiener Journalistik verbreitet und Droschke an Stelle des
süddeutschen Fiaker von Berlin aus in Umlauf gesetzt wurde; daß sich Experiment mit
dem Aufkommen der Experimentalphysik seit Baco von Vernlam und Expropriation mit
der Enteignung von Grund und Boden zur Anlage von Kunststraßen und Eisenbahnen
eingebürgeit hat Ferner werden wir darüber unterrichtet, daß eo ipso, exorbitant, Exe¬
kution u. a. aus der Kanzleisprache, famos, fidel, Fiduz u. a. aus der Studentensprache
stammen.
Auch die Mundarten sind berücksichtigt, so die Verbreitung von Eau de Cologne,
Force, Gendarm, fix, echauffieren, extra. Wir hören ferner, daß fesch in Wien aus
engl, fashionable gekürzt, egal in der Bedeutung immer auf Ostmitteldeutschland beschränkt
ist und daß Flötuse (flute douce) in den ostmitteld. und den ndd. Mundarten als Ersatz¬
wort für Flöte erscheint
Mitunter wünschte man, daß noch etwas mehr auf die Dialekte Rücksicht genommen
würde, z. B. bei Galeere. Da heißt es: »Ruderschiff, stets nur als Name ausländischer
Schiffe im Bereiche des Mittelmeeres gebraucht«. Doch eröffnet uns der in Oberdeutsch¬
land übliche Ausruf ei Galee oder Mordsgalee, Heidengalee, Höllengalee einen Ausblick
in die Zeit, wo deutsche Verbrecher nach Genua und Venedig auf die Galeeron gebracht
wurden (vgl. BagDo — lat. balneum, schwimmendes Zuchthaus, Galeere). 1 Im Elsässischen
bezeichnet Galee noch Zuchthaus (Weiteres im Elsäss. Wörterb. I, 309 f. Schweizerisch.
Idiotik. II, 202, Schwäbisch. Wörterb. 1,2, 899, Keiper in Lyons Zeitschr. f. d. d. Unterr.
1909, 253).
Zweifelhaft erscheint mir, ob flaokieren, umherschlendern wirklich von Österreich.
Flank, Lump, schweizer. Flangge, liederliche Weibsperson herkommt. Nach meiner
Ansicht ist es dasselbe Wort wie flanieren (frz. flauer) mit volksetymologischer Anlehnung
an die Wörter Flanke und flankieren (frz. flanquer), ebenso wie Futterasche nichts weiter
ist als das volksetymologisch zurechtgemachte, d. h. an Futter angelehnte fourrage.
Schon die weite Verbreitung von herumtlankieren und die geringo von Flank, Flangge
sprechen gegen eine Herleitung aus diesen Wörtern, ganz abgesehen von der fremden
Endung -ieren. Der Brüsseler Alchimist und Schöpfer des Wortes Gas wird irrtümlich
vom Helmont statt van Helmont genannt (S. 238).
Hier und da konnte auch ein früherer Beleg gegeben werden, so bei Fixigkeit,
das nicht erst in einer Schrift Fontanes von 1891 vorkommt, sondern schon in Fr. Reuters
Stromtid (1864) und zwar in der bekannten Äußerung Bräsigs, daß er dem Inspektor
Havermanu in der Fixigkeit über sei. während dieser ihn in der Richtigkeit übertreffe.
Eisenberg, S.-A. • 0. Weise.
J. Weinberg, Zu Notkers Aulautgesetz (= Sprache und Dichtung. Forschungen zur
Linguistik und Literaturwissenschaft Herausgegeben von Harry Maync und S. Singer).
Tübingen, Mohr, 1911. 40 S. 2 Mk.
Die Verbindung, dio die Mundartenforschung stets mit der deutschen Philologie
unterhalten muß, um nicht auf unfruchtbare und kleinliche Arbeit zu verfallen, kann
gelegentlich auch dieser von Nutzen sein. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Frage des
Notkerschen Anlautgesetzes. Schon von J. Grimm beobachtet, wird es von Männern wie
Höfer, Steinmeyer, Weinhold und Holzmann gedeutet, ohne daß es eigentlich zu der
Fragestellung kommt, die uns von dem Standpunkte des geschulten Mundartenforschers nahe
liegt. Was für einen Lautwert will Notker mit der wechselnden Schreibung bdg(v):
ptk(f) bezeichnen? Die Tatsache, daß die heutigen alemannischen Maa. keine stimm¬
haften Verschlußlaute mehr besitzen, bekam seit der genaueren Erforschung des Laut-
1 Noch im 16. Jahrh. (1572) sind 56 schlesische Verbrecher über Zittau nach Venedig
gebracht worden. Vgl. Lausitzer Magazin 1888, S. 317 und meine Schrift »Unsere Mund¬
arten, ihr Werden und ihr Wesen«, S. 169.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
184
Bücher Besprechungen.
Standes oberdeutscher Maa. mehr Bedeutung, und die Feststellung Heuslers, daß in
Baselstadt stimmlose Lenes einen Unterschied in ihrer Artikulationsstärke zeigen, je nach¬
dem sie in stimmhafter odor stimmloser Umgebung stehen, brachte einen Lautwechsel
ähnlich dem von Notker mit feinem lautlichem Gehör festgehaltenen ans Tageslicht Aber
im Satzanfange hat Baselstadt Lenis, Notker dagegen wechselt zwischen Fortis und Lenis
(wenigstens in seinen ältesten Werken). W. führt nun hier zur Lösung des Problems
einige in Maa. beobachtete Tatsachen an, die mir einen Fortschritt über die früheren
Behandlungen der Frage zu bedeuten scheinen. Durch isolierte Aussprache, syntaktische
Betonung u. ä. kann die Lenis so verstärkt werden, daß sie entweder zur Fortis wird
oder ihr nahe kommt. Eine Mittelstellung zwischen Lenis und Fortis aber ist uns jetzt
nichts Unbekanntes mehr, seitdem P. Lessiak für Pernegg vier Stärkegrade in der Artiku¬
lation der Verschlußlaute festgestellt hat Das Schwanken bei Notker im Satzanfange
deutet jetzt W. recht überzeugend als den Versuch, einen solchen Mittellaut darzustellen,
und er sieht — m. E. wieder sehr einleuchtend — in dem späteren völligen Verzicht des
ahd. Übersetzers auf wechselnde Lautbezeichnung eine Bestätigung seiner Vermutung;
denn es sei im einzelnen Falle schwierig gewesen, sich für Lenis oder Fortis zu ent¬
scheiden. 'Die Verfechter der älteren Ansicht eines Wechsels zwischen stimmhaftem und
stimmlosem Verschlußlaut (Wilkens und Wümanns) werden am treffendsten wohl durch
den Hinweis auf den Wechsel zwischen f und r widerlegt. Denn gerade dieser macht
auch für bdg den Ausschluß der Medianatur wahrscheinlich.
So ist das Notkerproblem durch moderne mundartliche Beobachtungen gelöst oder
mindestens seiner Lösung nahe gebracht. •
Der erste Teil des Werkchens bringt statistische Angaben über die dem Anlaut¬
gesetz zugrunde liegende Lauterscheinung.
Steglitz. H. Teuchert.
J. L. Oemarker, Stadtossen (= Bergiscbe Erzähler. 4. Bd.). Elberfeld, Martini u.
Grüttefien, 1912. 8 # . 134 S. Geb. 1,80 Mk.
Das Buch ist eine Fortsetzung des »Wicbelkus’ Käpp«, worüber ich im Jg. 1911.
178 berichtet habe. Der kleine Held Fritz ist der Bruder jenes Kaspar. Was dort gelobt
wurde, kann im ganzen hier wiederholt werden. Die Frische und Unmittelbarkeit der
Darstellung zeigt sich auch hier an den meisten Stellen, der Gebrauch der Muttersprache
ist auf einer sonst selten erreichten Höhe; hochdeutsche Wendungen findet man fast
nicht Und doch hat mich der Gesamteindruck nicht so befriedigt wie das vorige Mal.
Das mag wohl am Stoff liegen. Die Schulerlebnisse des Realschülers, vulgo »Stadtossen«,
werden mit vielen entbehrlichen und zum Teil recht weit hergeholten Dingen verquickt.
Für den Liebhaber der Mundart findet sich manch seltenes Wort, noch mehr Aus¬
beute aber wird den Freund der Volkskunde locken. Kinderspiele und -lieder, die jetzt
schon ausge8torbon sind, werden mit treuer Hand bewahrt.
Steglitz. H. Teuchert.
Th. Rabeler, Niederdeutscher Lautstand im Kreise Bleckede. 2. Teil (Sonderabdruck
aus der Z. f. d. Ph. 1911, 320—377).
Die vorliegende Arbeit ist der Schluß der von mir im Jg. 1911, 376 — 380 be¬
sprochenen Doktordissertation des Verfassers.
Auf zwei Punkte im Konsonantismus möchte ich noch zurüokkommen. Der erste
ist die Feststellung, daß es im Kreise Bleckede stimmlose Lenes bei Verschluß- und
Reibelauten gibt, der zweite betrifft die Verwandlung von Tenues in intersonantischer
Stellung zu Medien. In beiden Fällen bin ich inzwischen nach Rücksprache mit Prof.
W. Seelmann anderer Meinung geworden. Da Rabeler bei seiner lautphysiologischen
Untersuchung keinen Apparat benutzt hat, der die stimmlosen von den stimmhaften
Konsonanten unterscheidet — dies tut z. B. der Kehltonschreiber von Krueger und Wirt —,
so darf man seinen Angaben Zweifel entgegenbringen. Im zweiten Falle bin ich auf die
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungen.
185
Nahe dänischer Spracbgewohnheit aufmerksam gemacht worden, und in der Tat erklären
sich die intersonantischen b, g, d aus früheren Tenues durch Eiyfluß dänischer Sprechweise.
Für die auslautende Lenis nach stimmlosem Reibelaut ( naxd, fasd) finde ich auch
in dem vorliegenden Teil keine Erklärung.
Sonst bliebe nur wenig zu bemerken. R. setzt § 66 brqgy Flachs brechen mit
etymologisch langem ä an; westf. ä beweist dagegen altes a. Auch bei mnd. pateren
schwatzen liegt kein altes ä vor. Mit einem mnd. teil weiß sollte man sich doch endlich
nicht mehr abquälen. Die Annahme einer Ablautsabstufung, die Job. Franck seit langen
Jahren vertritt, bietet ja nicht die geringste Schwierigkeit.
Zum Schluß möchte ich noch auf die Form zira oder ziara für Euter hinweisen;
sie stellt neben manchen andern aus dem westlichen Niederdeutschland die Angabe des
Mnd. Handwörterbuchs jeder, jüdder neben iider in das rechte Licht. Schon im As. findet
sich der dat.pl. gederun (s. Wadstein S. 109, 9). Hier liegt eine interessante Parallele
zur altnordischen Akzentversetzung vor.
Steglitz. H. Teuehert.
Beiträge zur Schweizerdeutschen Grammatik. Im Auftrag des Leitenden Ausschusses
für das Schweizerdeutsche Idiotikon herausgegeben von Albert Bachmann. Frauenfeld,
Huber & Co. 8°. — IV. Die Mundart von Urseren. Von Dr. Emil Abegg. 1911.
vni u. 115 S. — V. Die Mundart von Keßwil im Oberthurgau. Mit einem Beitrage
zur Frage des Sprachlebens von Dr. Fritz Enderlin. 1911. X u. 204 S.
Seit ich in Jahrg. 1910, Heft 4 dieser Zeitschrift über die zwei ersten Hefte der
>Beiträge« berichtet habe, ist zwar nicht das dritte, damals angekündigte Heft, wohl
aber ein viertes und fünftes erschienen. Ausstattung und Anlage ist überall dieselbe;
man darf wohl fragen, warum die Hefte nirgends, auch nicht unter der Vorrede eine
Jahreszahl tragen, die doch nicht nur überhaupt bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich
ist, sondern ganz unentbehrlich bei mundartliohen, in denen noch dazu angegeben wird,
wie rasch die Mundart sich verändere. Möge das künftig geändert werden! Beiden Ar¬
beiten sind mundartliche Texte und, was man besonders schätzen wird, Wörterverzeich¬
nisse beigegeben. — Dos vierte Heft gibt nur eine Laut- und Flexionslehre der Mundart
des Urserentales; diese wird als einheitliche behandelt mit dem Zusatz, daß die drei
Gemeinden sich nur in ganz unbedeutenden, ausdrücklich angegebenen Punkten der Laut¬
lehre unterscheiden. Übler ist, daß nach des Verfassers Angabe die Mundart zurzeit
eine gewisse Sprachmischung aufweist und daß die Aufnahmen im Sommer gemacht
wurden, einer dafür ungünstigen Jahreszeit. Die Grundsätze, die der sehr bescheiden
auftretende Verfasser für sein methodisches Vorgohen auf 8. 4 entwickelt, sind zu loben.
— Das fünfte Heft behandelt nur die eine Gemeinde Keßwil. Aber der Darstellung
ihrer Lautlehre folgen zwei weitere Abschnitte von allgemeinerer Bedeutung. Zuerst
redet der Verf. über sein Aufnahmeverfahren und verbreitet sich dann in sehr lehrreicher
Weise über die mannigfachen Schwankungen, denen man nach Personen und Gelegen¬
heiten bei der Beobachtung der Mundart begegnet. Diesen Abschnitt sollten alle die
lesen und beherzigen, welche die Aufnahme und Wiedergabe einer Mundart für so etwas
ganz leichtes halten. Ein Anhang handelt sodann über das >Oberthurgauische«; den Ein¬
wand, den der Forscher gegen solche unbestimmte Bezeichnungen machen möchte, ent¬
kräftet der Verf. sofort, indem er die Gegend von Ort zu Ort abgrenzt (leider ist nicht
bestimmt genug gesagt, daß, wie es scheint, die Grenzorte noch dem Gebiet selbst an¬
gehören) und indem er innerhalb des Gebiets wieder Verschiedenheiten angibt. Er nennt
oberthurgaui8ch das am Bodensee von Steinenloh im Osten bis Landschlacht im Westen
sich hinziehende, nicht weit ins Land hineinreichende Gebiet, das vor Nasallenis für
altes -et- und -ä- den Laut q (3) hat: bq Bein, dihqm daheim, fqna Fahne. Hierzu
bemerke ich: wenn Verf. meint, das Gebiet sei nach Norden durch den Bodensee be¬
grenzt und sein Charakteristikum komme sonst nirgends in der Schweiz vor, so dürfte
dies in bezug auf -ä- richtig sein. Für -et- gesagt ist es unrichtig. Auch wenn wir
es nur mit Beziehung auf die Verwandlung von -ei- in langes -q- fassen. Nördlich
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
186
Bücherbesprech ODgen.
von Schaff hausen zieht sich bis an das Westende des Untersees und nach Westen bis
Füetzen ein schmales Gebiet, in dem jedes ei, auch das sekundäre in seil, treit , zu q
geworden ist. Dieses Gebiet umfaßt zumeist badische Ortschaften, daneben aber von
schweizerischem Land mindestens die Ortschaft Buch, für die neben sqt, trqt auch itq
»Stein« bezeugt ist. In jenen Gegenden nördlich von Bodensee und Rhein kommt auch
gekürztes q < ei vor in khqnn »keinen«, woraus auch khqnr »keiner« (vgl. Enderlin S. 84
u. später) und zwar bis an den oberen Neckar und bis ins württ. Oberamt Saulgau, neben
qd y nasal ö«?, üd für lang gebliebenes; allgemein schwäbisch ql < eil: qlf »eilf«, hqlg
»Heiliger«, dqlfhjz »Thailfingen« (Ortsname). Ob diese andern auch die nordrheini-
schen q, desselben oder eher andern Ursprungs sind als die oberthurgauischen, kann
hier ununtersucht bleiben; im letzteren Fall wäre doch von Interesse, daß das oberthurg.
Gebiet von q und q dem nördlicheren benachbart ist, wie wir dann und wann bei gleich¬
artigen Ergebnissen aus verschiedenartigem Ursprung beobachten können. Vgl. zu der
Sache Stickelberger, Lautlehre der Stadt Schaffhausen, S. 2, 36 ff., 54; Haag, Die Mund¬
arten des oberen Neckar- und Donaulandes, 8. 73, 76 f. und Karte; Veit, Ostdorfer Studien,
S. 3, 72 f.; meine Geographie der schwäbischen Mundart, Karte 15.
Tübingen. Hermann Fischer.
Martin Lang , Schbatzaweisheit. Gedichte in der Mundart der Rauhen Alb. Stuttgart.
Verlag von Julius Hoffmann, 1911. Pappeband (71 S) 1,30 Mk.
Der Dichter faßt die schwäbische Art zunächst nach ihrer inneren Seite auf und
sucht im erzählten Volkswitz die schwäbische Stammesseele nach ihren landläufigen Offen¬
barungen zu kennzeichnen. Doch zeigt er auch ein feines Gehör für die Laute der
Mundart des Gebiets der mittleren Alb und deren Übergang zur Ulmer Landschaft. Er
bedient sich derselben auch dann, wenn er Tübinger »Gögen« oder Bewohner der Filder
(über dem Plochinger Neckarwinkel) zum Worte kommen läßt; doch ist seine Aussprache¬
bezeichnung nicht ausreichend für Angehörige mitteldeutscher Volksstämme, während für
eigene Stammesgenossen eine einfachere Mundartschreibung auch genügt hätte. Sein
Wortschatz bietet nicht selten eine »Rettung«, und sein Satzbau hält sich mit Glück an
volkstümliche Vorbilder, aus welchen sich zum Teil Regeln ableiten ließen. Das Büchlein
kann den Bearbeitern von Fischers »Schwäbischem Wörterbuch« als Fundgrube dienen,
namentlich für Volksetymologien, die hier mitunter in wahrhaft köstlicher Einkleidung
wiedergegeben sind.
Erligheim (Württemberg). A. Holder.
V. Isidor Hopfner S. J. 9 Die Namen Vorarlbergs auf der neuen Landeskarte.
Bregenz bei J. N. Teutsch. 8°. 130 S. 1,20 Kr.
Ich habe mich offen gestanden gefreut über die Auküudigung dieses Buches und
bin mit den besten Hoffnungen an dessen Studium gegangen, weil ich daraus manches
zu gewinnen glaubte über ein Namengebiet, das mir sehr nahe liegt. Allein ich bin, um
es gleich zu sagen, bitter enttäuscht worden. Der Verfasser ist trotz aller Liebe zur
Sache und trotzdom er viele, wenn auch nicht genügend, einschlägige Schriften kennt,
auch nicht entfernt in der Lage, in die — allerdings oft recht seltsamen — Ortsnamen
Vorarlbergs einige Klarheit zu bringen.
Wenn wir heute hören, daß humanistische Gelehrsamkeit des IG. Jahrh. den Namen
des vorarlbergischen Hauptorts Feldkirch als Velcuria erklärt habe, so lächeln wir
höchstens. Wenn nun aber heutzutage einer ihn etwa als aus ft (= bi) alta curia unter
Aufgebot von allerlei gelehrtem Beiwerk deutete, was dann? Hopfner tut das nicht,
aber ich wundere mich, daß er es nicht tut. Ich habe gerade seinen Aufenthaltsort ge¬
wählt, um zu zeigen, welcher Art die meisten seiner Erklärungsversuche sind.
Das Buch ist eine Sammlung von 24 Einzelartikeln, die nach und nach im Vor-
iriborger Volksblatt erschienen und von denen jeder mit einer Einleitung über des Ver-
a^rs uameukundliche Anschauungen versehen war, die, wie er selbst sagt, meist nur
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungen.
187
sehr locker mit den nachfolgenden alphabetisch geordneten Namendeutungen zusammen¬
hing. Es wäre in erster Linie wünschenswert gewesen — und die Umbrechung des
Satzes hätte auch keine nennenswerte Arbeit verursacht —, wenn diese »Einführung«
bei der Herausgabe in Buchform zusammengezogen worden wäre; so aber muß man sie
in 24 Teile zerrissen genießen.
In H. ist ein neuer Keltomane erstanden, dem es freilich an dem nötigen Rüst¬
zeug fehlt, um seine Sache erfolgreich durchzufechten. Zunächst sind ihm die alten Räter
Kelten, was allen bisher geltenden Ansichten widerspricht; dann läßt er das »Keltische«
erst zu Anfang des zweiten Jahrtausends etwa verschwinden, trotzdem in den Urkunden
selbst der frühesten Zeit neben germanischen nur romanische Personennamen erscheinen,
trotzdem um 900 die Bewohner des »WaUgaus« lediglich als Romani et Alamanni unter¬
schieden werden, trotzdem es ihm selbst nicht gelingt, Namen von unzweifelhaft kelti¬
schem Klang vorzulegen. Ja, es möchte fast scheinen, als setze er einen gewissen Stolz
darein, sich selbst zu seinen Rätokelten zu zählen, wenn er S. 51 von den Kelten spricht,
»zu denen unsere Ahnen gehörten«.
Die ganze keltische Hypothese dünkt mich auf zwei wackeligen Pfeilern aufgebaut
zu sein. Die Teile des ersten müssen aus dem ganzen Buch zusammengesucht werden,
einzeln sind sie nicht verständlich. Wie aus S. 6, 34 und 51 hervorgeht, nimmt H. den
Namen der Römerstation Clunia auf der Peutinger - Tafel als verschrieben an und setzt
dafür Dunia (erg. arx). Und dieser Name soll in dem 10 km in gerader Linie von
Dunia = Altenstadt entfernten Düns erhalten sein, »wo,,da eine Römerstation nicht
dort sein konnte, eine Villa oder ein Wald gewesen sein muß, der zu Dunia gehörte«.
Nun hat ja die Peutinger-Tafel sehr viele Schreibfehler und es haben wenige wohl deren
mehr nachgewiesen als ich, allein eine Verwechslung von anlautendem CI mit D ist mir
nicht begegnet. Wozu auch Clunia , das auf keltischem Boden auch sonst als Oitsname
vorkommt, vertauschen mit Dunia , das erst geschaffen werden muß? Wohl um daraus
die >campi Duni « — im Anklang an Cambodunum? — bilden zu können? Es ist eitel
Phantasie*, was dort auf S. 6 von dem »Taufregister« Altenstädts zu leseu. Wenn, worauf
ja vieles verweist, dieses das einstige Clunia ist, so bedarf es keines Zwischenglieds:
Die Römerstätte verfiel zur Ruioe, der alte Name starb und die dort ansässigen Neu¬
siedler benannten ihren Wohnort »bei der alten Statt«.
Die andere Stütze bildet die Annahme der »keltischen« Wortstämme ana und ara
(= Dorf und Bach), die sich noben etlichen anderen angeblich in einer großen Anzahl
von Namen wiederholen. Woher sind diese »Stämme« geschöpft? Aus Holders Alt¬
keltischem Sprachschatz kaum; denn dort findet sich beides nur als Suffix aufgeführt.
Um aber die Stämme als in möglichst vielen Ortsnamen steckend erweisen zu können,
bedurfte es noch eines Hauptschlüssels: dazu dient die Präposition 6i, die bald ihren
Vokal verliert, bald behält und in allerlei Wandlungen als 6t, pi, wi, fi und vi er¬
scheinen kann. Beispiele: Brande bi aratia (Bachdorf); Valbona <W alpana ; Fallüla
< fi allüla ; Faschina < ci escana\ Widderstein < wi dura stein = beim Steinbachstein;
Watzmann < wi atxmann ; Ochsenberg und Bocksberg < (bi) ugs (= iug Joch) berg ;
Bitschweil < bi gweil (= gabalu die Gabel). Will’g gar nicht recht stimmen, so wird
noch allerlei anderes zu Hilfe gerufen, ob’s paßt oder nicht, z. B. Bezau<6t atana =
am Moor »durch Umlaut, Lautverschiebung und volksetymologische Anlehnung an Au«.
Ja, dieser 6-Vorschlag hat überaus weite Verbreitung: sogar Belgien, Britaunien, Pavia,
Besangon (< bi Set/uana) und Paris haben ihn trotz Vesontio und obwohl Parisii ur¬
sprünglich Völkername ist. Auf S. 80 wird’s dem Verf. endlich selbst etwas schwül über
diese Art Sprachwissenschaft und er bekennt: »Auch meine besten Freunde schütteln
manchmal den Kopf über die vielon 6t«.
Auch noch andere unbequeme Anlaute erfahren eine überraschende Deutung.
Samara = amara , »weil keltisch s gern verhaucht wird«. Ein anderes s ist der Rest
des deutschen Artikels: Simligschwend = ’s Imligschwend von kelt. amlicon = Bächlein,
Sibratsgfäll und Sippersegg = 's Ifrats (vom Berg Ifer, der noch dazu 12 km entfernt
ist). Der Trittkopf = dr Ittkopf, Tanzkopf = d’Anzkopf (Geschlecht und Kasus sind
hier leider nicht angegeben). Der Artikel kann überhaupt merkwürdige Formen an-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
188 Bücherbesprechungen.
nehmen, so in Osang d. i. »Sang mit Artikel« (portugiesisch?). Was das g in Gatterbach
= g-atar-bfich bedeutet, wird nicht verraten. Wo aber einmal nach urkundlichen Aus¬
weisen wirklich ein Artikelrest hängen geblieben ist, wie in Möggere < alt xem Otgers,
da wird’8 zum Namen genommen; darum »k. moccos (Eber) > moccara (Eberbach) >
Möggers«.
Selbst Namen, die jedermann ohne weiteres als klar deutsch erkennt, werden oft
in keltische Zwangsjacke gesteckt. Das Mädele (von Mahd), das man jederzeit noch
von den Bauern hören kann, gehört zu mata = Berg; die schöne Lindau zu lindos =
See; am H&derich (Name für Gundelrebengebüsch) zu ataricon = Moosbachberg; Reute
zu riton = Furt, darum Riezlern < rit-l-ara = Kleinfortenbach, obwohl es nachweisbar
nach den im 14. Jabrh. dort ansässigen Mitgliedern der Familie Rüetzner benannt ist;
desgleichen Breitach < bi-rit-ach d. i. bei der Furt-ach, obwohl es schon 1059 eine
klar deutsche Breilahe ist. Der Arlberg kommt natürlich auch nicht von der dort Arle
genannten Legföhre, ja er ist überhaupt »kein Berg, sondern ein Paß« trotz S. 18, wo
es beißt: »Zum Namen Berg genügt schon eine kleine Erhebung des Bodens«. Urkund¬
liche und mundartliche Formen sind für den Verf. fast durchweg entbehrlich; sie würden
auch meist seine sprachlichen Kreise stören.
Der Fachwelt kann die Abhandlung nichts schaden; denn die ist gegen solche In¬
fektion gefeit Allein dem Volke — noch dazu in einzelnen Dosen — dargereicht, hat
sie wohl schon Wirrwarr und Unheil gestiftet und wird leider vermutlich noch mehr stiften.
Memmingen. Julius Miedet.
Krelzschwerneng, Spaß muß seng! Gedichte in Schwälmer Mundart von J. H. Kranz
und J. H. Sohwalm. Erster Band. Zweite Auflage. 3. u. 4. Tausend. — Zweiter
Band. 1. u. 2. Tausend. Ziegenhain 1911. Verlag von Wilhelm Korell.
Dem von mir in Ztschr. f. hochd. Ma. 1905, S. 296/97 besprochenen ersten Bande von
Gedichten in Schwälmer Mundart (Ziegenhain 1904) ist heuer eine neue Auflage beschieden
worden, die von der großen Beliebtheit der Dichtungen Zeugnis ablegt Diese neue
Auflage unterscheidet sich von der ereten lediglich durch eine Änderung in der Schreib¬
weise, jedoch nicht immer zugunsten einer wissenschaftlichen Schreibart. Statt b&schl
(Bursche) lautet es jetzt buscht, statt Chresdäuk jetzt Chresdäg, statt jäng jetzt jüng,
statt erlööbnis jetzt erlöbnis usw. Auch die Schreibung xoh (Zahn), xeh (Zähne) statt
xoo, xee, ferner dier (Tier), brieb (Brief) statt diir, briib ist beibehalten worden ebenso
wie die Schreibung drei, freie, Zeiehääng (Ziegenhain) usw. für drai, frais, Zaühääg
geblieben ist. Eine Besserung ist auch nicht zu ersehen, wenn statt höus, möul jetzt
häus, maus, statt krik, schlädk, Wäsebärk jetzt krigg, schlag, Wäsebärg usw. ge¬
schrieben wird. Auch das Prinzip, die Länge nur da anzudeuten, wo im Hochdeutschen
die Silbe kurz gesprochen wird (z. B. haand = Hand, braand = brannte), im übrigen
gesprochene Länge nicht zu schreiben (z. B. schläg = Schlag, Laue = Leben) ist aus
wissenschaftlichen Gründon anfechtbar.
Der zweite Band dieser Gedichte ist inhaltlich nicht ganz auf der Höhe des ereten
geblieben. Einige wie dä Alkehol (die bekannte Anekdote, daß die Bauern dem »Alkohol«
abhold sind, weil sie ja noch den Schnaps haben), dä Deiuel in dä Kärch sind nicht
spezifisch schwälmerischen Inhalts, andere wie Ossedööf, Flejelsbossc, Bie die Walt enger
güng sind zu weitschweifig und ohne Pointe, während andere wieder wie das folgsame
Jengelclie, dos Kuchebläch, dä Dellcgraf, dä Geissehannel mit troffendom Witz und
beißendem Spott die Schwächen des infolge seiner jahrhundertelangen Abgeschlossenheit
und Weltfrcmdheit eigenartigen Schwälmer Volkes geißeln und brandmarken. Auch hier
ist die Schreibweise nach den Prinzipien der Neuauflage des oreten Bandes durchgeführt.
Infolgedessen ergeben sich für die Benutzung zu mundartlichen Forschungen mancherlei
Schwierigkeiten und Inkonsequenzen, wenn z. B. geschrieben wird S. 30 hecher (höher)
statt heecher, S. 27 dä döue (taube) Jerj statt dä dööire Jerj, S. 26 stross (Straße) statt
slroos, S. 63 bled statt bleed (blöde), S. 29 knorc statt knourc (Knoten), S. 107 schuanx
statt schuaands, S. 106 Ilossbach statt Boosbach (Ransbach), S. 61 häng statt hängk
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücher besprechun gen.
189
(Honig) oder wenn sich Reime finden wie gemis (Gemüse) — paradies (S. 110), begänt
(begegnete) — äänt (Ente) (S. 117), schicees — /des (8.66) usw. Auf einen Druckfehler
läßt sich wohl die doppelte Schreibung Härme (S. 27) neben Härme (S. 28) zuriickfvihren.
Sprachliche Erklärungen fehlen S. 55 zu Bräeh, S. 48 zu Xeifraank, S 111 zu om ge -
räehtige Seel , S. 112 zu schro , S. 81 zu Druss, 8. 66, 73 zu tcahnt-see, S. 112 zu genest,
8.162 zu bäscht.
Trotz dieser Ausstellungen bleibt das Verdienst für die Herausgeber bestehen, in
»Kreizschwerneng« ein mundartliches Gedichtbuch geschaffen zu haben, das, abgesehen
von seinem künstlerischen Werte, eine solche Fülle von sprachlichen interessanten Einzel¬
heiten enthält, daß der Mundartenforscher nicht gleichgültig an dieser Fundgrube vorüber¬
gehen kann. Es ist bis jetzt die einzige mundartliche Sammlung aus hessischem Sprach¬
gebiet von einigem zuverlässigen Wert.
Hersfeld (Fulda). Wilhelm Schoof.
Joh. BapU Hartmann , Dr. phil., Kurat an der Königl. Uni versitäts - Frauenklinik
München, Die Terenz-Übersetzung des Valentin Boltz and Ihre Beziehungen za
den filteren Terenz-Übersetzungen. Kommissionsverlag der Jos. Köselschen Buch¬
handlung in Kempten und München. VIII-f-80 Seiten. 8°.
Bekanntlich erfreuten sich die Lustspiele des Terenz im Mittelalter und darüber
hinaus einer großen Beliebtheit, so daß gleich nach Erfindung der Buchdruckerkunst
eine gewaltige Anzahl von Ausgaben erschien. Aber auch dem des Lateinischen nicht
kundigen Leserkreise wurden sie bald zugänglich gemacht. Zuerst übersetzte 1486 der
Ulmer Bürger Hanns Nythart den Eunuch, sodann erschien 1499 bei Ghininger in Stra߬
burg ein vollständiger deutscher Terenz, auf den 1540 bei Morbart in Tübingen die 1539
abgeschlossene Verdeutschung von Valentin Boltz folgte, der in unbekanntem Jahr zu
Ruffach im Elsaß geboren nach mancherlei Lebensschicksalen im Dienste der Kirche und
Schule 1560 zu Binzheim in Baden gestorben ist. Hartmann stellt nun in seiner gründ¬
lichen besonnenen und wohlgeordneten Arbeit fest, daß Boltz als Vorlagen eine der ver¬
schiedenen Kölner und die Grüningersche Ausgabe des lateinischen Textes von 1496 und
dessen deutschen Text vor sich gehabt haben muß, nicht aber den Eunuch von Nythart,
und daß er auch die beiden Übersetzungen von Plautus-Lustspielen durch Albrecht von Eyb
als Vorbilder auf sich hat wirken lassen. Vielfach sieht man ihm an, daß er mit Ab¬
sicht von dem Grüningerschen deutschen Texte abzuweichen suchte. Im allgemeinen
übertrifft sein Text jenen bei weitem: anstatt wie jener sich sklavisch ans Lateinische
zu halten, kommt es ihm vielmehr darauf an, den Sinn der Vorlage dem deutschen Leser
näher zu bringen, wobei er sich als Leser vor allem Schüler denkt. Für die Zwecke
dieser Zeitschrift ist wichtig, daß nach der Untersuchung Hartmanns Boltz uuter dem
Einflüsse der elsässischen Mundart stand, aber doch vielfach und zwar bewußt und ge¬
wollt auch schwäbische Formen gebraucht. Hartmanns Ausführungen sind durchaus
überzeugend begründet und vorgetragen, womit es nicht im Widerspruch steht, daß ich
an ein paar Stellen Kleinigkeiten beanstanden möchte. So, wenn er S. 51 sagt: »Aus
der B.-Übersetzung darf ein Wort nicht unerwähnt bleiben, nämlich die Interjektion
l blan'* für tcolan , so stoße ich mich an der Bezeichnung ‘Wort’. Denn da Hartmann,
wie sich aus seinen folgenden Ausführungen ergibt, sich im Grimmschen Wörterbuch
Rats über dieses mit tcolan gleichbedeutende blan erholt hat, so hätte ihm nicht ent¬
gehen sollen, daß es sich durchaus nicht um ein besonderes ‘Wort’, sondern nur um
eine abweichende Wort form von tcolan handelt, wie dort II, 62 ausdrücklich gesagt
und mit dem Hinweis auf die bei Keisersberg übliche Zwischenform belan erhärtet ist.
Ebenso halte ich es für einen Irrtum, wenn H. S. 65 sagt: »Wörtlicher Anschluß an
Grd. (d. i. Grüningers deutsche Ausgabe 1499) ist zu finden in Andria 25/V 4 Ein knopff
du in der binzen suchst (nodum in scirpo quaeris)< , denn da bekanntlich die alemanni¬
schen Mundarten biopf für knoten sagen, so hätte Boltz ja gar nicht anders sagen
können, ohne dem lateinischen Text Gewalt anzutun. So haben wir es mit einem recht
lehrreichen Schriftchen über einen Ausschnitt aus der reichhaltigen Literaturgeschichte
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
190
Neue Bücher. — Zeitschriftenschau.
des 16. Jh. zu tun, das in gründlicher Beweisführung und mit strengster Sachlichkeit —
es handelt sich um die Arbeit eines katholischen Geistlichen über einen eifrigen Förderer
der Reformation — die Verdienste ins richtige Licht setzt, die Boltz sowohl als Über¬
setzer wie als Pädagogeu von seinen Vorgängern abheben.
Erlangen. August Gebhardt .
Neue Bücher.
Beck, Elise, Niederbayrische Gedichte. Mit dem Bildnis der Verfasserin. 2., be¬
deutend vermehrte Auflage. Walhalla-Verlag, München (1912). 168 S. Preis geb. 3 Mk.
Ehret, Karl, Lautlehre der Mundart von St. Georgen im Breisgau. Freiburg
i. Br., C. A. Wagners Hofbuchdruckerei, 1911. 62 S.
Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 37. Lieferung. Kälbleinsfleisch—
Keller). Tübingen, H. Lauppsche Buchhandlung, 1912. Preis 3 Mk.
Grimm, Jacob und Wilhelm, Deutsches Wörtorbuch. IV. Band. 1. Abteil., 3. Teil,
12. Lief, (gewitzigt — gewöhniglich) und XII. Band, 8. Lief, (versitzen — versprühen).
Leipzig, S. Hirzel, 1911, 1912. Preis je 2 Mk.
Holztrttger, Fritz, Syntaktische Funktion der Wortformen im Nösnischen.
1912. In Kommission bei W. Kloores, Tübingen. 209 S. (= Sonderdruck aus dem
Archiv des Vereins für sieben bürgische Landeskunde, 37. und 38. Band).
Matzke, Josef, Dr., wirkl. Lehrer am Staats-Realgymnasium Wien. XVII. Die Mundart
von Rathsdorf im Schönhengstgau. I. Vokalismus haupttoniger Silben (= Pro¬
grammarbeit der Landes-Oberrealschule in Znaim 1910—11). Znaim 1911. 32 S.
Meynen, Paul, Dr. pbil., Melodisches der Mundart von Homberg am Nieder¬
rhein. Mörs, Verlag von A. Steiger, 1911. 22 S.
Müller, Theodor, Lautlehre der Mundart von Mühlingen. Freiburg i. Br.,
C. A. Wagners Universitätsbuchdruckerei, 1911. 66 S.
Rößler, Albert, Nationale Sprachen und Weltsprachen. Sonderdruck aus dem
Badeblatt. Baden-Baden, Januar 1912. 25 S.
Rädert, Willy, Happesen und Huzele. Erzählungen und Gedichte in vogtländischer
Mundart. Selbstverlag des Verfassers. 1911. 59 S.
RUthlein, Heinrich, Die Maibowle. Posse in Darmstädter Mundart in 1 Akt. 56 S.
Die Brieftasche. Posse in Darmstädter Mundart in 1 Akt. 40 S. Beide im Verlag
von H. L. Schlapp, Darmstadt 1912.
Seemann, August, As dat Leben schoelt. Plattdütsche Vertellsels. Berlin,
Verlag von W. Röwer, 1911. 179 S.
Staub, Friedrich, und Tobler, Ludwig, Wörterbuch der schweizerdeutsohen
Sprache (Schweizerisches Idiotikon). 70. Heft (Salz — sinnen). Frauenfeld, Huber
& Co., 1911. Preis 2 Mk.
Zeitschriftenschau.
(Wir suchen aus dein Inhalt aller Zeitschriften hier die für dio deutsche Mundartenforschung wichtigen Auf-
sätzo anzuzeigen und bitton um Einsendung aller einschlägigen Arheiton, damit unsere Zusammenstellung eine
möglichst vollstllndige wird.)
Das deutsche Volkslied. 13. Jahrgang. Dezember. 10. Heft.
J. Pommer, Weyhnaehtslied (S. 190 —193).
— 14. Jahrgang. Jauuar. 1. Heft.
Enthält verschiedene Volkslieder, teilweise mundartlich.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Zeitschriftenschau.
191
Der Sehwabenspiegel. Wochenschrift der Württemberger Zeitung. 5. Jahrgang. 1911.
Nr. 6 u. 8.
August Holder, Die schwäbische Volksbühne in Vergangenheit und Gegenwart.
Deutsche Erde. Zeitschrift für Deutschkunde. 10. Jahrgang. 1911.
Rieh. Pfaundler, Das deutsohe Sprachgebiet in Südungarn (mit 2 Sprachenkarten, 1
(S. 148 ff.).
Otto Bremer, Sprachgrenzen in der nördlichen Rheinprovinz (S. 211 f.).
Deutsche Volkskunde Im östlichen Böhmen. 1911. XI. Band. 1. und 2. Heft.
Friedrich Oraebisch, Volkskundliches von der Glatzer Grenze. II. (S. 41 —45).
Derselbe, Volkskundliches aus Weckelsdorf (S. 46 — 51).
German American Annals. New Series. Vol. 9. 1911. Old Series, Vol. 13.
Germanisch'Romanische Monatsschrift. 3. Jahrg. Heft 12. 1911. 4. Jahrg. Heft 1
und 2. 1912.
Hessische Blätter für Volkskunde. Bd. X.
Albert Becker, Frauenrecht in Brauch und Sitte. Zur Geschichte des Weiberbratens
von Berghausen bei Speyer (S. 145—156).
Heinr. Krauß, Volkstümliche Personenbezeichnungen in Semd (S. 156 — 205).
Edtcard Schröder, Die Hölle der Schneider und der Himmel der Müller (S. 205—207).
Otto Kunkel, Aufzeichnungen aus dem Tagebuch eines Handwerkers über die in
Grüoberg anläßlich des Regierungsjubiläums des Landgrafen Ernst Ludwig ver¬
anstaltete Feier (S. 207—209).
O. v. Greyerz, Besprach, von Emmanuel Friedli, Bärndütsch als Spiegel bernischen
Volkstums. 3. Band: Guggisberg (S. 217 f.).
Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Literatur Elsaß-Lothringens. 27. Jahrg. 1911.
Andreas Hund, Das Zunftbuch der Reichenweirer Rebleute (S. 196 — 254).
Adolf .Jacobij, Sagen und Volkstümliches aus Weitersweiler und Umgegeud (S. 255
bis 261).
Aufruf zur Sammlung des elsässischen Volksliedes (S. 274 f.).
Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbllrglsche Landeskunde. 34. Jahrg.
G. Kisch, Zur Wortforschung (S. 137—140).
B. C., Besprechungen von Schäfer llles, Lautlehre der deutschen Mundart von Ka-
lazuö, von Mräz Gusztav, Die deutsche Mundart von Dobschau (S. 142 — 146).
Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. 1911.
Heft XXXII. Nr. 4.
Enthält zahlreiche kleinere Beiträge.
Mitteilungen und Umfragen zur Bayerischen Volkskunde. 1911. Neue Folge.
Nr. 28.
Modern Philology. Vol. IX. January 1912. Nr. 3.
NärodoplsnV Vestnik cesfeoslornnskY. Jahrg. VI. Nr. 10.
Joza Ccmik, Lieder von den Gebirgslehnen von Alt-Hrosinkau (S. 193 — 206).
- Jahrg. VII. Nr. 1.
Revue Germanique. 7. Jahrg. 1911.
F. Piquct, Besprechung von H. Klenz, Scheltenwörterbuch, und von R. Eilenberger,
Pennäiersprache (S. 357), von H. Schulz, Deutsches Fremdwörterbuch (S. 493 f.).
The Journal of English and Germanic Philology. Vol. XI.
E. Prokosch, Forchhammers Akzenttheorie und die germanische Lautverschiebung
(S. 1—9).
Unser Egerland. XVI. Jahrg. 1912. Heft 1.
Beiträge zur Geschichte des Egerländer Dorfes Oberlohma. 4. Flurnamen (S. 7—11).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
192
Zeitechriftenschau.
Volkskunst und Volkskunde. Monatsschrift des Vereins für Volkskunst und Volkskunde
in München. Jahrg. 9. Heft 10. 11. 12. 1911.
Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprach¬
vereins. Herausgeg. von Paul Pietsch. 5. Reihe. Heft 34.
Bernhard Maydom, Neue Untersuchungen über das Dativ-e (ß. 109—132).
Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 26. Jahrg. 1911.
Reinhold Hofmann, Justus Möser, ein Vorkämpfer des Deutschen Sprachvereins
(S. 365 — 373).
— 27. Jahrg. 1912.
W. Becher, Weihnachtsdeutsch (S. 1—7).
T. Friedemann, Besprach, von 0. Behaghels Geschichte der deutschen Sprache (in
Pauls Grundriß der germanischen Philologie, 3. Aufl.) (S. 17 f.).
0. Streicher, Besprach, von A. Ganthere Dannezapfe us ’em Schwarzwald (S. 18).
W. Feldmann, Das geschichtliche Fremdwörterbuch (Deutsches Fremdwörterbuch
von Hans Schulz; S. 33 — 37).
K. Scheffler, Ausführliche Besprach, von F. Seiler, Die Entwicklung der deutschen
Kultur im Spiegel des deutschen Lehnworts. III. Teil (S. 80 — 83).
R., Stammbaum der westfälischen Familie Sarrazin (S. 83).
Zeitschrift des Vereins fllr rheinische und westfüllsehe Volkskunde. 9. Jahrg. 1912.
1. Heft.
M. con den Hoff, Kinderlieder aus Warden bei Höngen (Kreis Aachen) [in Lautschrift]
(S. 26 — 43).
Dr. Esser, »Dio Schüppe geben« (S. 46 — 50).
K. Hein, Flurbezeichnungen von Meurich (S. 50—54).
Max Höfler, Aus dem Cleveschen (Mundartliche Bannsprüche, Sprichwörter, Jahr¬
zeitsprüche u. ä.) (S. 61—64).
Dr. Essei-, Teilen »wie einen Schweinsfuß« (S. 64 — 65).
Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. Begründet von Karl Weinhold. Unter Mit¬
wirkung von Joh. Bolte herausg. von H. Michel, jetzt von Fritz Boehm. 21. Jahrg.
Heft 4. 1911.
J. Gengier, Wie man in Erlangen spricht (S. 392 — 399).
— 22. Jahrg. Heft 1. 1912.
A. Patin, Alte Heilgebete und Zaubersprücho (S. 55 — 68).
G. Schläger, Zur Entwicklungsgeschichte des Volks- und Kinderliedes. 1. Schlaf,
Kindchen, schlaf! (S. 79 — 89).
Zeitschrift fllr österreichische Volkskunde. XVII. Jahrgang. 1911. 6. (Schluß-)Heft.
E. Hoff mann- Krayer, Einige Marterlsprüche aus dem Montafon (S. 218).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
Von Hans Batz.
(Fortsetzung.)
UI. Teil.
Znsammenfassende Darstellung der wichtigsten Lantwandlnngen
der Mundart.
A. Vokale.
I. Dehnung.
1. Dehnung in offener Silbe.
§ 131. Die Dehnung ehemals kurzer Vokale in betonter rahd. offener
Silbe, eines der Hauptcharakteristika des Nhd., hat auch in der Bamberger
Ma. stattgefunden, und zwar wurde gedehnt: mhd. a zu oo und an ; mhd.
e zu ee\ mhd. e zu ec und ee; mhd. o zu oo (in der G-Ma. zu uu) und
Öö (G-Ma.: iiü) ; mhd. Ö zu Öö; mhd. u zu mm; mhd. ü zu üü. Beispiele
s. in den §§ 43 — 64.
§ 132. 1. Vor mhd. sch wurde nicht gedehnt, weil sch auf einer
Konsonantenverbindung, ahd. sk, beruht; daher z. B.: flaSn (mhd. vlasche)
Flasche; daSn (mhd. tasche) Tasche.
Ebensowenig wurde gedehnt in Fällen, wo mhd. Geminata vorlag,
z. B. laxy (mhd. lachen) lachen; icase (mhd. ivaz^er) Wasser; pfefe (mhd.
Pfeffer ) Pfeffer; khabvi (mhd. kappe ) Kappe).
2. Vor mhd. (t)x und tsch ist meist nicht gedehnt, z. B. khads
(mhd. katxe) Katze; gradsn (mhd. kratxen) kratzen; nuten (mhd. rutschen)
rutschen.
Dehnung ist nur eingetreten in khiids (mhd. kitxe) Kitze (s. § 140, 1)
und pflöödsn (mhd. fletschen) in der Bedeutung weinen.
§ 133. Die Dehnung ist regelmäßig auch in zweisilbigen Wörtern
bei Apokope eines auslautenden mhd. e eingetreten, z. B. boos (mhd. base)
Base; hoos (mhd. hase) Hase; gloox (mhd. klage) Klage); groot (mhd. gerade)
gerade; Soot (mhd. schade) schade; ad (mhd. ane) an; bau (mhd. baue)
Bahn; r&äp (mhd. rabe) Rabe; seec (mhd. sege) Säge; dsee (mhd. xene)
Zähne; riis (mhd. rise) Riese; teilt (mhd. leide) Weidenstrang; doot (G-Ma.
duut) (mhd. tote) Pate; ööl (mhd. öl(e)) öl; müül (mhd. müle) Mühle;
dsüüc (mhd. xüge) Züge; ic soox (mhd. ich sage) ich sage; ic droox (mhd.
Zeitschrift för Deutsche Mundarton. VII. 13
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
194
Hans Batz.
ich trage) ich trage; ic lees, ic liis (mhd. ich lise) ich lese; ic siic (rahd.
ich sihe) ich sehe.
An in. op (mhd. obe) ob ist nicht gedehnt, da es stets unbetont ist.
Verbalformen wie ic hop ich habe, vielleicht auch ic gip (mhd. ich gibe)
ich gebe wohl mit Rückverkürzung in unbetonter Silbe (§ 155), andere
wie ic khum (mhd. ich kumc ) ich komme; ic Sei (mhd. ich schele) ich
schäle; ic dsel (mhd. ich xele) ich zähle; ic Sbil (mhd. ich spile) ich spiele;
ic Sdil (mhd. ich slile) ich stehle; ic hol (mhd. ich hole) ich hole (G-Ma.
ic hui mit Rückverkürzung!) haben ihre Kürzen wohl nach der 2. 3. Sing.
khumst, khumt\ Seist, Seit ; dsetst, dselt ; Sbilst, Sbilt ; Sdilst, Sdilt ; holst,
holt (G-Ma. ludst, hult).
§ 134. Vor mhd. -er, -el , -en ist zwar gewöhnlich gedehnt, jedoch
vor Nasal und vor t ist die Kürze sehr häufig erhalten, und zwar scheint
hier meist Beeinflussung der Ma. durch die nhd. Schriftsprache vorzu¬
liegen.
So ist 1. vor Nasal Kürze erhalten z. B. in hdme (mhd. Immer)
Hammer; khamm (mhd. kamer) Kammer; khume (mhd. kumer ) Kummer;
su me (mhd. sumer) Sommer; — ha ml (mhd. hamei) Hammel; himl (mhd.
himel ) Himmel; khiiml (mhd. kütnel ) Kümmel; Siml (mhd. schimel) Schimmel;
Senil (mhd. schemel) Schemel; — khuma (mhd. körnen) kommen und ge¬
kommen; gemima (mhd. genomen ) genommen;
ebenso vor mhd. -ere, -eie, -ene, z. B. heme (mhd. hcmere) Hämmer;
dsam (mhd. xcsamene) zusammen.
Gedehnt ist meist vor -en, z. B. brcema (mhd. breme-n) Bremse,
Stechfliege; deena (mhd. denen) dehnen; fad na (mhd. rane-n ) Fahne; ge-
* *
uööna (mhd gewenen) gewöhnen; nadma (mhd. name-n) Name; neema
(mhd. ncrnen) nehmen; Suva na f. (mhd. suanc-n) Schwan); uoona (und
uduna) (mhd. tconen) wohnen (aber s. oben khuma . gemima!).
2. Vor mhd. -ter ist Kürze erhalten, z. B. fade (mhd. rater) Vater;
bide (mhd. bitter) bitter; ivede (mhd. wider) Wetter, daneben auch ueede,
besonders im Dimin. a fains weedela ein schönes Wetter!;
ebenso vor mhd. -tere, z. B. baden (mhd. Inder, ahd butera) Butter;
fede Vetter (in der Ma. dafür stets gSiäsdesk/dnt Geschwisterkind).
Vor mhd. -tel ist Kürze erhalten in khudl (mhd. Intel, kotel ), z. B.
khtidlflek Kaldaunen; khidl (mhd. kitet) (daneben auch, besonders in der
G-Ma. khiidl );
gedehnt ist dagegen mhd. bete! in Zusammensetzungen wie bSedlfraa,
btcdlicaip, biedlfbhk Bettelfrau, Bettelweib, Bettelvolk.
Vor mhd. -tcn ist Kürze erhalten in khcdn (mhd. kctcnfe)) Kette;
Sadn (mhd. schale- n) Schatten;
gedehnt sind dagegen z. B. ggoodn (mhd. knote) Knoten; gröödn
(mhd. krötc) Kröte; Sliidn. (mhd. slile) Schlitten.
Stets gedehnt sind ferner die Infin. und, Partiz. auf -ten, z. B. bcedn
(mhd. beten) beten; drcedn (mhd. treten) treten; süüdn (mhd. schulen)
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
195
schütten; gSniidn (nihd. gesniten) geschnitten; gSdriidn (mhd. gestriten)
gestritten; geliidn gelitten.
Die Kürze in bidn (mhd. bitten) bitten; ledn (mhd. leite) Lette; medn
(mhd. metten) Mette; wedn (mhd. wetten) ist durch die Geminata erhalten.
3. Vor mhd. d ist mit der einzigen Ausnahme von lede (mhd. leder)
Leder stets gedehnt, z. B. feeden (mhd. voder) Feder; reedn (mhd. reden) reden.
4 Vor allen anderen Konsonanten ist immer Dehnung eingetreten,
z. B. gääwl (mhd. gäbet) Gabel; giiwl (mhd. gibel) Giebel; hooicl (mhd.
höbet) Hobel; khiiüwl (mhd. hübet) Kübel; nooivl (mhd. nabet) Nabel;
snoowt (mhd. snabcl) Schnabel: üiiwl (mhd. übel) übel; — geem (mhd.
geben) geben; groom (mhd. graben) graben. Graben; gloom (mhd. hlobe)
Kloben; leem (mhd. leben) leben; soom (mhd. schabe) Schabe; weem (mhd.
neben) weben; üüwe (mhd. über) über; — boodn (mhd. baden) baden;
foodn (mhd. radein(e)) Faden; soodn (mhd. .schaden) schaden; woodn (mhd.
irade) Wade; dadl (mhd. adel) Adel (s. oben unter 3); — oofm (mhd.
ovcn) Ofen; hööfl (mhd. höret) Hobel; d.siviifl (mhd. zicirel) Zwiebel; häägl
(mhd. hagel) Hagel; Hgl (mhd. igel) Igel; brüügl (mhd. briigel) Prügel;
foogl (mhd. rogel) Vogel; — fenj (mhd. regen) fegen; gelöeg (mhd. gelegen)
gelegen; gloog (mhd. klagen) klagen; tceg (mhd. legen) legen; lüg (mhd.
ligen) liegen; liiiig (mhd. liigc-n) Lüge; moog (mhd. mage) Magen; reeg
(mhd. regen) Regen; soog (mhd. sagen) sagen; seeg (mhd. segen) Segen;
droog (mhd. tragen) tragen; iviig (mhd. wigen) wiegen; — g-Mg (mhd.
geschehen) geschehen: sloog (mhd. slahcn) schlagen; seeg (mhd. sehen)
sehen; — mooln (mhd. wal(e)n) mahleu; dsooln (mhd. xal(e)n) zahlen;
— foom (mhd. var(e)n) fahren; sboosn (mhd spar(e)n) sparen; süihn
(mhd. schür(c)n) schüren; Sbiiüsn (mhd. spür(e)n) spüren; wenn (mhd.
wer(e)n) wehren. — eesl (mhd. escl) Esel; dswüsl (mhd. xwisel) Zwiesel, gabel¬
förmiger Ast; honsn (mhd. hose) Hose: noosn (mhd. nase) Nase: wiisn (mhd.
iri.se) Wiese; — lob in (mhd. lewen) Löwen; — breedsn (mhd. brcxe) Brezel.
Ebenso ist gedehnt bei mhd. -etc. z. B. sneewl (mhd. snebele) Schnäbel;
föögl Vögel: — bei mhd. -erc, z. B. hadiren (mhd. habere) Haber; leeiven
(mhd. lebere) Leber: üöwe (mhd. obere) obere; boode (mhd. badd-re) Bader;
— bei mhd. -eine, z. B. boodn (mhd. bodein(e)) Boden; beesn (mhd. be-
seme) Besen; foodn (mhd. vademe) Faden; — bei mhd. -rnc, z. B. ööfm
Öfen; feedn Fäden.
Anm. 1. owe (ode, ore) (mhd. aber) aber; ode ( otce,ore ) (mhd. oder)
oder sind wegen Unbetontheit nicht gedehnt, ebenso iride (mhd. tvider)
wieder (aber betont: dsewfide zuwider!).
Anm. 2. Die Kürze in nett erklärt sich aus den schon mhd.
weilt, wett.
Anm. 3. Wegen der Kürze in Verbalformen wie Mn (mhd. sehet(e)n)
schälen: sbiln (mhd. spil(e)n) spielen usw. vgl. §133 Anm.
Anm. 4. Die Kürze in jubm (mhd. joppe. jnppc) Joppe, Rock wegen
der Geminata (oder Rückverkürzung?).
13*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
196
Hans Batz.
Anm. 5. Die Kürze in Sdum (mhd. stube) Stube wohl nach den
verkürzten: grum (mhd. gruobe) Grube; bum Buben usw., s. §148, lc.
5. Wahrscheinlich sind alle diese Ausnahmen, in denen nicht ge¬
dehnt ist, darauf zurückzuführen, daß für die Nasale, zum Teil auch für
t vor -el, -er, -em, -en eine längere, geminatenähnliche Aussprache
anzunehmen ist, bzw. daß die erste Silbe zu einer geschlossenen geworden
ist, indem die Silbengrenze, die vor dem Nasal bzw. t lag, in diese Laute
verlegt wurde. Diese Erklärung, die 0. Bremer bei Gebhardt a. a. 0.
§126,6 gibt, erscheint mir richtiger als die andere, die diese Fälle
durch Ausgleich zwischen synkopierten und nichtsynkopierten Formen
erklären will.
§ 135. Auch vor mhd. -ec (-ic) ist in offener Silbe gedehnt worden,
z. B. leedi(c) (mhd. ledec) ledig; ebenso vor mhd. -ige in brcedi(c) (mhd.
bredige) Predigt
In mance (zu mhd. mauec) mancher (s. §129 Aum. 6) ist die Kürze
durch Synkope erhalten.
§ 136. Die Dehnung ist unterblieben in allen anderen Wörtern,
die zwar zweisilbig gewesen waren, bei denen aber zu der Zeit, als die
Dehnung eintrat, die Endsilbe bereits synkopiert war, z. B. miltc (mhd.
milch (milich), ahd. miluh) Milch; khälic (mhd. kalch, ahd. kalah) Kalk;
säaric (mhd. sarc, ahd. saruh) Sarg; mönic (mhd. miineck) Mönch; solic
(mhd. solich) solch; ha mp ft (mhd. hanef) Hanf; sempft (mhd. sencf) Senf:
obst (mhd. obe$) Obst; grtbs (mhd. krcbe$) Krebs; Söbs (mhd. schijpez )
Schöps, Hammel. Dazu gehören auch alle Verbalformen wie nimst, nimt
(mhd. nimest, nimet) nimmst, nimmt; khumst, khumt (mhd. kämest, Icumet)
kommst, kommt; gibst, gibt (mhd. gibcst, gibct) gibst, gibt; gebt (mhd.
gebet) gebt; lebst, lebt (mhd. lebest, li'bet) lebst, lebt; bedst, bet, gebät
(mhd. badest, badet, gebadet) badest, badet, gebadet; bedst, bet, gebet (mhd.
betest, betet, gebetet) betest, betet, gebetet; segst, sect (mhd. sagest, saget )
sagst, sagt; lobst, lobt (mhd. lobest, lobet) lobst, lobt; gelobt (mhd. gelobet)
gelobt; ligst, lict (mhd. ligest, liget) liegst, liegt; dregst, drect (mhd. tragest )
traget) trägst, trägt;
daneben aber gedehnt: gloogst, glooxt, geglöoxt (mhd. klagest, klaget,
geklaget) klagst, klagt; geklagt; joogst, jooxt, gejöoxt (mhd. jagest, jaget,
gejaget) jagst, jagt, gejagt; leegst, leect (mhd. legest, leget) legst, legt;
seemst, Seemt, gseemt schämst, schämt, geschämt; Hist (mhd. lisest, liset)
liesest, liest; feeast, feeat fährst, fährt.
Diese Fälle lassen sich in keine Regel bringen, nur vor mhd. d, t
und h kommt in der 2. 3. Sing, stets Kürze, vor r und s stets Länge
vor; vor allen andern Lauten zeigt sich Schwanken, vgl. z. B. nimst und
seemst; ligst und leegst; mogst und gloogst; lebst und u-cebst.
Ebensowenig läßt sich eine Regel aufstellen dafür, daß einzelne
Verba nach den kurzen 2. 3. Sing, auch die 1. Sing, dehnen, andere da¬
gegen nicht, vgl. z. B. du lebst : ic leep und du gibst: ic gip.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
197
§ 137. In mhd. drei- und mehrsilbigen Wörtern, deren Mittelsilbe
synkopiert wurde, ist meist Kürze erhalten, sowohl in denen mit syn-
oder apokopierter Endsilbe als auch in den Kompositis mit Nebenton auf
der dritten Silbe; in den meisten Fällen war die Synkope bereits in mhd.
Zeit, sicher zur Zeit des Eintritts der Dehnung, vollzogen, z. B. edesn
(mhd. egedehse ) Eidechse; f sruet (mhd. erebeit) Arbeit; qarwe&n (mhd. er-
uei$) Erbse; buden (mhd. buter) Butter; hemtt (mhd. hemede ) Hemd; Swalm
(mhd. swaleice) Schwalbe; dsam (mhd. zcsamene) zusammen; — dmbös
(mhd. anebÖ$ ) Amboß; khudle (mhd. kutehere) Kuttler; khudlfltk Kaldaunen;
Ukhuuy (mhd. lebekuoche) Lebkuchen; röbhn (mhd. radebare) Radkarre;
\ _ _
siikhän Schiebkarre; ividmuä (mhd. iviteman) Witwer; uidfräa Witwe.
In einzelnen Fällen ist Dehnung eingetreten, z. B. beesn (mhd. bc-
serne) Besen; boode (mhd. badcere) Bader; bood/i (mhd. bodem(e)) Boden;
foodn (mhd. vademe) Faden; hat)wen (mhd. habere) Haber; letwen (mhd.
lebere) Leber; breedi (mhd. bredige) Predigt; ebenso in den Pluralen,
deren Singulare gedehnt sind, z. B. fobglVöge 1; feedn Fäden; ööfm Öfen
(vgl. oben § 134, 4).
2. Dehnung in geschlossener Silbe iu mhd. einsilbigen Wörtern.
§ 138. Auch in geschlossener Silbe wird in einer großen Anzahl
von Fällen der kurze Vokal gedehnt, nämlich in einsilbigen Wörtern.
Qualitativ sind die hier gedehuten Vokale gleich den in offener Silbe
gedehnten (§ 131), jedoch überlang (§ 14).
Meist (aber nicht immer) ist gedehnt, wenn nur ein Konsonant die
Silbe schließt; mehrfache Konsonauz verhindert in den meisten Fällen
die Dehnung.
Doch besteht hierbei ein starkes Schwanken, das vielleicht so zu
erklären ist, daß die Ma., die wahrscheinlich gedehnt hat, sich großen¬
teils durch die nhd. Schriftsprache hat'beeinflussen lassen. In einzelnen
Fällen liegt diese Annahme auch deswegen sehr nahe, weil die G-Ma.,
die im allgemeinen von der Schriftsprache weniger beeinflußt ist, in
Fällen Dehnung aufweist, wo das Gemeinbambcrgische in Übereinstimmung
mit der Schriftsprache Kürze zeigt; z. B.
mhd. bnch
Bach ist
gemeinbambergisch
bä.r ,
•
G - Ma.
boox,
,, sac
Sack .,
M
sak,
sook ,
v /«•?
Faß „
M
fas ,
foos.
., tuet
Brett .,
M
brtt.
11
brcct.
In anderen Füllen hat sicli die Ma. diesem Einfluß entzogen, wie
z. B. doox (mhd. tac) Tag; ,s boods (mhd. sjtax) Spatz.
§ 139. Gedehnt ist z. B. in bool (mhd. bat) Bad; gtoos (mhd. glas)
Glas; groos (mhd. gras) Gras; root (mhd. rat) Rad: s/oor (mhd. slar) Schlag;
srtiool (mhd. stnal) schmal; — hm nt (mhd. tarn) lahm: mää (mhd. man)
Mann; säul (mhd. sal) Saal; däal (mhd. tal) Tal; dsnäl (mhd. zal) Zahl;
dsäätti (mhd. xam) zahm; dsää (mhd. xan) Zahn; — reef (mhd. ref) Trag¬
gestell; reect (mhd. riht) recht, Recht: dreef (mhd. frc'f) Treff; wcec (mhd.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
198
Hans Batz.
wec) Weg (aber wek weg!); — gwiis (mhd. geivis) gewiß; miist (mhd.
mist) Mist; pfiif Pfiff; Siis Bauchwind; Sniit (mhd. mit) Schnitt; dsii
(mhd. xin) Zinn; den betonten miic, diic, imit (mhd. mich, dich, mit )
mich, dich, mit; suu (mhd. sun) Sohn; dsuux (mhd. xuc) Zug;
dazu kommen noch in der G-Ma. boox Bach; doox Dach; noos
(mhd. naz,) naß; foos Faß; sook Sack; Sdoot Stadt; mit oo statt des ge-
meinbambergischen ää: sool Saal; dool Tal; dsool Zahl; sowie die nach
Ausfall des n gedehnten gääs Gans; haa n ds Hans; §icüä n ds Schwanz;
ferner dreck Dreck; fleek Fleck; mit ee statt ee: reect recht, Recht;
weiterhin luux Loch; khtuipf Kopf; Sbuut Spott; dsuupf Zopf.
§ 140. 1. Mhd. zweisilbige Wörter, die durch Apokope des -e ein¬
silbig geworden sind, sind nicht gedehnt, z. B. heft (mhd. hefte) Heft;
khads (mhd. katxe) Katze; tuend's (mhd. mensche ) Mensch; 8d$srk (mhd.
sterke) Stärke; wet (mhd. wette) Wette; ogs (mhd. ohse) Ochse; dün (mhd.
dünne) dünn; glük (mhd. gelücke) Glück; sdük (mhd. stücke) Stück.
Ausgenommen sind die Plurale von Wörtern, die bereits im Sing,
gedehnt sind, z. B. doox (deec) (mhd. tage) Tage; dsee (mhd. xene) Zähne;
dsüüc (mhd. xüge) Züge.
Auffallend ist die Dehnung in khiids (mhd. kitxe) Kitze und khiin
(mhd. kinne) Kinn; doch hat es von beiden Wörtern mhd. Nebenformen
gegeben, kix und lein, aus denen wohl die mundartliche Form sich ent¬
wickelt hat. Zu khii (aus mhd. kin) vgl. snu aus mhd. sun; dsii aus
mhd. xin; zu khiids (aus mhd. kix) vgl. das besonders in der G-Ma.
neben slids vorkommende Sliids (aus mhd. sli(l)x). Ferner vgl. § 143, 2.
2. Bei mehrfacher Konsonanz ist meist Kürze erhalten, z. B. gänds
(mhd. gans) Gans; gsdält (mhd. gestalt) Gestalt; hdlds (mhd. hals) Hals;
khältc (mhd. kalch) Kalk; mixt (mhd. naht) Nacht; säds (mhd. schatx)
Schatz, Liebchen; sdlds (mhd. salx) Salz; Sdäsrk (mhd. starc) stark; wält
(mhd. walt) Wald; — gelt (mhd. gelt) Geld; — fiS (mhd. risch) Fisch;
gift (mhd. gift) Gift; khint (mhd. kint) Kind; teilt (mhd. will) wild; miltc
(mhd. milch) Milch; snids (mhd. snitx) Schnitz; dis (mhd. tisch) Tisch;
— golt (mhd. golt) Gold; holds (mhd. holt) Holz; sdolds (mhd. stolx) stolz
(hulds und sdulds der G-Ma mit Rückverkürzung!); rods (mhd. rotx) Rotz;
— brüst (mhd. brüst) Brust; ln ft (mhd. Infi) Luft; tust (mhd. lust) Lust
In bqsrc (rahd. bere) Berg; biorc Burg; dtnre durch; diost Durst;
khnsds kurz; wttsrm Wurm; trussl Willst liegt Rück Verkürzung vor
(s. § 59, 1 und § 150).
Von Verbalformen kommen hier nur die Singulare der Präterito-
präsentia in Betracht; diese sind (außer moox [mhd. mac] mag) alle kurz:
khä, khäst (mhd. kan, kaust) kann, kannst; desf desfst (mhd. darf, darft)
darf, darfst; solst, sol und sölst, söl (mhd. solt . sol) sollst, soll; mogst
(mhd. mäht) magst (aber moox mag!): teil, teilst und trist (mhd. teil,
teilt) will, willst.
Die schwachen Partiz. Prater, stimmen in der Quantität stets mit
*
der 2. Plur. überein, z. B. gsä.rt gesagt; gemalt gemacht; gemö.rt gemocht;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Muudart.
199
gerät geredet; aber geglöoxt geklagt; gejöoxt gejagt; gSecmt geschämt; ge-
läect gelegt
§ 141. Im allgemeinen läßt sich aber hierüber eine feste Regel
nicht aufstellen; denn es ist sowohl bei einfachem Konsonanten teils ge¬
dehnt, z. B. Smool (mhd. smal) schmal; doox (mhd. tac) Tag, teils Kürze
erhalten; z. B. $ddl (mhd. steil) Stall; Sdät (mhd. stat) Stadt; sdk (mhd. sac)
Sack, als auch bei mehrfacher Konsonanz teils Kürze erhalten, z. B. lust
(mhd. lust) Lust; teils gedehnt: miist (mhd. mist) Mist.
Daß Adjektive im allgemeinen nicht so häufig gedehnt sind wie
Substantiva, kommt wohl daher, daß von den Adj. häufiger die flektierten,
also mehrsilbigen Formen Vorkommen als die unfloktierten, einsilbigen.
§ 142. Dehnung ist immer eingetreten, wenn ein auslautendes n
in einem betonten einsilbigen Worte abgefallen ist, z. B. suu (mhd. sun)
Sohn; dsii (mhd. xin) Zinn; mää (mhd. man) Mann; nur in khä (mhd. kan)
kann ist Kürze erhalten (wohl wegen Unbetontheit oder wegen khdst?).
§ 143. 1. Stets wird auch gedehnt, wenn der die Silbe schließende
Konsonant ein r ist, z. B. booa (mhd. bar, pur) bar und paar, Paar; good
(mhd. gar) gar; wooa (mhd. war) Ware; beea (mhd. her) Beere; beea (mhd.
ber) Bär; weea (mhd. wer) wer; gsweca (mhd. gesiver) Geschwür; min,
diia (mhd. mir, dir ) (betontes) mir, dir; fürn (mhd. vür) für, vor.
2. Auffallend erscheint (vgl. § 140, 1) die Dehnung in rra-a (mhd.
irre) irre (danach wann [mhd. irren ] irren, stören); gSwoea (mhd. geschirre)
Geschirr; dööi (mhd. dürre) dürr.
3. Anders ist es, wenn r -f Dental ein einsilbiges Wort schließt;
wie sich da in der nhd. Schriftsprache ein Schwanken zeigt, das noch
keine befriedigende Erklärung gefunden hat, so stehen auch in der Ma.
Beispiele mit Dehnung anderen ohne dieselbe gegenüber, z. B. ooat (mhd.
art) Art; booat (mhd. hart) Bart; dsooat (mhd. xart) zart; heeat (mhd. hert)
Herd; weeat (mhd. wert ) wert, gegenüber hat (mhd. horte, hart) hart;
dpat (mhd. dort ) dort; wpat (mhd. wort) Wort; weeat (mhd. wirf) Wirt.
Vor r + anderen Konsonanten als Dental wird meist nicht gedehnt,
z. B. dpaf (mhd. dorf) Dorf; harte (mhd. arc) arg; Sdnark (mhd. starc)
stark; mhd. bars Barsch lautet bas, gewöhnlich bpasdn oder Dimin. bpaSla.
Anm. ooaS (mhd. ars) ist wohl nach Analogie von ooat Art u. ä.
gedehnt
§ 144. Länge und Kürze wechseln zwischen den betonten und un¬
betonten Formen der persönlichen Fürwörter und des bestimmten Ar¬
tikels, der betont die Bedeutung des Demonstrativpronomens hat. So
stehen nebeneinander:
unbetont:
betont:
i ich
iic
me mir
min
mi(c) mich
miic
me wir
min
Digitized by
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
200
Hans Batz.
unbetont:
betont:
(uns uns
uns ) 1
-t (d), du du
duu
de dir
diü
di (c) dich
diic
e ihr (2. Plur.)
U3
(äic euch
die) 1
e, p er
ec3 (dees ) 2 3 *
-n, na ihm, ihn
iin
[si sie
sii J 8
e, ra, era ihr (Dat. Sing.
iis (dcc3ra) 2
3. Fern.)
s, es, as es
(des) 8
na, ena, inena ihnen
inena (denena) 2
ina Ihnen, Sie
ina, inena
si(c) sich
Stic
de (dp) der (Nom.)
(decs) 8
-n, en, an dem, den
(den) 2
[di die
dH ] 8
de der (Dat. Sing. Fern.)
(deesra) 2
s, es, as das
des.
§ 145. Der gleiche Wechsel zwischen Kürze und Länge findet sich
auch bei den Präpositionen, die gewöhnlich unbetont und dann kurz
sind und nur dann betont und lang sind, wenn sie als Adverbien ge¬
braucht werden oder wenn (etwa im Gegensatz) ein besonderer Nach¬
druck auf ihnen liegt, z. B. mldmli ? mit mir; geesdmiit? gehst du mit?
noc bdmbqaric nach Bamberg; khumt noox er kommt nach; de gadn
is foosn haus der Garten ist vor dem Haus (nicht hinter demselben).
§ 146. Niemals gedehnt werden natürlich Wörter, die, wie Kon¬
junktionen und Partikeln, nie betont sind, z. B. des (das) (mhd. daz) daß;
op (mhd. ob(ej) ob; oft (mhd. oft(e)) oft.
II. Kürzung, Schwächung und Schwund.
1. Kürzung betonter Vokale,
a) Kürzung betonter mhd. Längen und Diphthonge.
§ 147. In den Fällen, in denen mhd. Längen und Diphthonge ge¬
kürzt sind, erscheint mhd. ä als a und mhd. d- als e und (■; mhd. e
als e, e und ö; mhd. ö als o, ä und p; mhd. üi als ö und p; mhd. il als
d\ mhd. ie als i und ce\ mhd. ao als u : mhd. üe als ü und Ö; mhd. ei
als «; mhd. ou als a; mhd. öu als ö. Beispiele s. in den §§ 65 — 85.
Nicht verkürzt ist in diesem Fall (s. dagegen §152) mhd. i.
1 Betont und unbetont gleich und nur der Vollständigkeit halber genannt.
* Demonstrativformen, die in betonter Stellung für die Personalia eintreten.
3 Gehören eigentlich zur Kürzung und siud ebenfalls nur wegen der Vollständig¬
keit angeführt.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
201
§ 148. Verkürzung ist eingetreten, großenteils in Übereinstimmung
mit der nhd. Schriftsprache:
a) vor Kons. + mhd. -er, z. B. bladen (mhd. bldtere) Blattern, Pocken¬
krankheit; jamt (mhd. jämer) Jammer; bedela (mhd. peterlin ) Petersilie;
leden (mhd. leiter) Leiter; glene (mhd. kleiner) kleiner (Umlautbildung zu
glaa klein); gröse (mhd. groe$er) größer; Säue (mhd. schöner) schöner;
mude (mhd. muoter) Mutter; fude (mhd. fnoter) Futter; büce (mhd. büecher)
Bücher; hüne (mhd. hiiener) Hühner.
Nicht gekürzt sind dagegen wie in der Schriftsprache z. B. ääden
(mhd. dder) Ader; givaäden (mhd. qudder) Quader; moole (mhd. mäler )
Maler; greeme (mhd. kreemer) Krämer; seefe (mhd. scharfer) Schäfer; Sweesrs
schwerer: beide (mhd. Peter) Peter (aber oben bedela/); fiiwe (mhd. vieber)
Fieber; liiive lieber; bruude (mhd. bruoder) Bruder; guude (mhd. guoter)
guter; luude (mhd. Inoder) Luder; siiüse süßer; braade (mhd. breiter)
breiter (daneben mit Umlaut breede): gaafe (mhd. geifer) Goifer; aide
(mhd. iuter) Euter.
b) Vor Kons. + mhd. -el, z. B. blümla (mhd. blüemelin) Blümlein;
rüsl (mhd. rücket) Rüssel.
Nicht gekürzt sind dagegen z. B. aagl (mhd. eichet ) Eichel; maasl
(mhd. meidet) Meißel; raadl (mhd. reitet) Reitel; saadl (mhd. scheitet)
Scheitel; sbaigl (mhd. speichet) Speichel; Umaigln (mhd. smeicheln) schmei¬
cheln; sbiigl (mhd. Spiegel) Spiegel; dsiigl (mhd. lieget) Ziegel; sauft (mhd.
schauet ) Schaufel; bäidl (mhd. bildet) Beutel; hierher gehören auch gaasla
(mhd. geizlin) Geißlein; maadla (mhd. mcitlin) Mädchen; nangla Neige
von Flüssigkeiten.
c) Vor Kons. + mhd. -c(a), z. B. losn (mhd. ldz,en) lassen; gelosn
gelassen; sota (mhd. schäle) Schale, Tasse; sdräfm (mhd. strafen) strafen;
räbhn (mhd. radebiere) Radkarre; bann (mhd. baue) Bohne; dibna (mhd.
däme) Daumen; hifdn (mhd. /liefe) Hagebutte; blinna (mhd. blaonic) Blume;
gram (mhd. graobe) Grube; rum (mhd. rnobe) Rübe; bum Buben, Jungen;
hadsn (mhd. hei'.en) heizen; hitfdn (mhd. houfe) Haufen; brüln (mhd.
briielen) brüllen; miisn (mhd. miie^cn) müssen.
Nicht gekürzt sind dagegen (fast durchgehends wie in der Schrift¬
sprache) z. B. laatn (mhd. ätem, dien) Atem; bloosn (mhd. blasen) blasen;
broodn (mhd. braten) braten; frooij (mhd. rragen) fragen; mooln (mhd.
*
malen) malen; dugaudn (mhd. dardte) Dukaten; roodn (mhd. raten) raten;
saäma (mhd. sä me.) Same; sloofm (mhd. stufen) schlafen; feeln (mhd.
vielen) fehlen; dreca (mhd. drtejen) drehen; mcea (mhd. mdjen) mähen;
seca (mhd siejen) säen; slcea (mhd. stehe) Schlehe; dseea (mhd. xehe) Zehe;
broosn (mhd. bri)s(e)m(e)) Brosame: roosn (mhd. rose) Rose: sdoosn (mhd.
slözen) stoßen: löödn (mhd. täten) löten; braap (mhd. brächen) brauchen;
sraum (mhd. sein übe) Schraube; sdaudn (mhd. stade) Staude; draum (mhd.
trabe) Traube; da am (mhd. labe) Taube: dsausn (mhd. xäsen) zausen;
bailn (mhd. bilde ) Beule: däidii (mhd. diäten) deuten; täidn (mhd. Unten)
läuten; sbraidsn (mhd. sprinten) spreizen; biiy (mhd. biegen) biegen; diina
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
202
Hans Batz.
(mhd. dienen) dienen; giisn (mhd. giezen) gießen; miidn (mhd. mietm)
mieten; niisii (mhd. niesen) niesen: riiy (mhd. riechen) riechen; sinn
(mhd. schieben) schieben; Siisn (mhd. schienen) schießen; siidn (mhd.
sieden) sieden; sdiig (mhd. stiege) Stiege; dsiiy (mhd. xiehen) ziehen; Hi Hy
(mhd. liegen) lügen; blüiia (mhd. blüejen) blühen; brüiidn (mhd. brüetcn)
brüten; fiiüm (mhd. vüeren) führen; grüüsn (mhd. grüez,en) grüßen; hiiiidn
(mhd. hüeten) hüten; wüüln (mhd. wüelen) wühlen; aag (mhd. cich(en))
Eiche; baadsn (mhd. beixen) beizen; haaln (mhd. heilen) heilen; hnnsn
(mhd. heilen) heißen; lanma (mhd. leime) Lehm; laana (rnh'd. leinen) lehnen:
saadn (mhd. seife) Saite; Saadn (mhd. scheide) Scheide; Slaafm (mhd.
sleifen) schleifen; Sdraafm (mhd. streife) Streifen; khaafm (mhd. koufen)
kaufen; laafin (mhd. loufcn) laufen; raafrn (mhd. roufen) raufen: ramj
(mhd. rouchen) rauchen: dranma (mhd. troumen) träumen; fluug (mhd.
vlnochen) fluchen; khuuy (mhd. kuochc) Kuchen; suug (mhd. suochcn )
suchen.
Anm. Für die Häufigkeit der Längen ist zu bedenken, daß die
Ma. ziemlich langsam und sehr breit gesprochen wird, daß sie also
keine große Neigung hat, lange Silben zu verkürzen.
2. Vor Doppelkonsonanz, meist in Übereinstimmung mit der nhd.
Schriftsprache, und zwar:
a) vor alter Doppelkonsonanz
a) vor Liquida oder Nasal -f Konsonant, z. B. fest vierte; fäidscea 14;
fwsdsifc) 40; h^li(c) (mhd . hcrlich) herrlich; neesreeds (mhd. niergen) nir¬
gends; I(i3bie3 (mhd. lurber) Lorbeere): bnimbee3 (mhd. brämber) Brom¬
beere; grumet (mhd. gruonmät) Grummet; mändöx (mhd. mäniac) Montag:
dswandsi(c) (mhd. xiueinxcc) 20; dfnsdöx (mhd. dienstac) Dienstag; elf
(mhd. einlif) elf; Sülbün Schulbub.
Nicht gekürzt sind dagegen z. B. aame (mhd. eimber) Eimer; haamli
(mhd. heimliche) heimlich.
ß) vor stimmlosem Reibelaut -f t, z. B däxt (mhd. tähl) Docht; glnfle
* *
(mhd. kläfter) Klafter; gedäxt (mhd. geddht) gedacht; gebiaxt (mhd. ge¬
bläht) gebracht; fedicdi(c) (mhd. verdecktic) verdächtig; lict (mhd. lieht)
Licht; fiedn (mhd. vielitc) Fichte; rösdn (mhd. ru;sten) rösten; masde (mhd.
meistcr) Meister; hnsdn (mhd. hnosten) Husten; nilcden (mhd. nüehtem)
nüchtern; in Verbalformen wie: host (mhd. häst) hast; wast (mhd. weist)
weißt; must (mhd. muost) mußt; dmt (mhd. tuost ) tust (dazu dann auch
ic mus [mhd. ich muo$\ ich muß; ic du, f? dut [mhd. ichtuon, er tuot)
ich tue, er tut);
vor stimmlosem Reibelaut -f b in nuxbe (mhd. nuchgebure) Nachbar;
vor ahd. Geminata, z. B. sdrus (mhd. strafe) Straße.
Nicht gekürzt siud dagegen z. B. gloosde (mhd. klöster) Kloster:
lanst (mhd. leist) Leisten; oosden (mhd. Ostern) Ostern; droost (mhd. tröst)
Trost; dröösdn (mhd. treesten) trösten; druüsde Tröster.
b) vor einer durch Synkope entstandenen Doppelkonsonanz und zwar;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
203
a) vor Liquida oder Nasal 4- Konson., z. B. hei (mhd. herre ) Herr:
giSt (mhd. erste < ahd. einst) erste; Ipriy (mhd. lerche < ahd. lerahha)
Lerche; wey (mhd. wenec) wenig; dinst (mhd. dienest ) Dienst (aber: diinst,
dirnt (mhd. dienest, dienet) dienst, dient); hgiriy (mhd. horchen) horchen;
hgist (mhd. hwrest ) hörst; khgist, khgit (mhd. gehörest, gehdret ) gehörst,
gehört; Sonst (und Söst) (mhd. schdneste) schönste; glcnst kleinste.
Nicht gekürzt sind dagegen z. B. höbst (mhd. hterct) hört; füüst
(mhd. füeret) führt; gfüüst (mhd. gefücret) geführt.
ß) vor stimmlosem Reibelaut -f t, z. B. liegst (mhd. ndhcste) nächste;
gröst (mhd. grdz,eslc) größte; högst (mhd. hCeheste) höchste; lest (mhd. liest
< ahd. lä$ist) lassest; khafst, khaft (mhd. koufest, lujufet) kaufst, kauft;
löfst, löft läufst, läuft; Slöfst, Slöft (mhd. sUefest, slcefet) schläfst, schläft.
Nicht gekürzt sind dagegen z. B. giist (mhd. gingest, ginget) gießest,
gießt; grüüst (mhd. grüez,cst, grücz,et) grüßest, grüßt; griigst, griict (mhd.
kriuchest, kriuchet) kriechst, kriecht; lüiigst, liiüct (mhd. liugcst, liuget)
lügst, lügt; Siist (mhd. schindest, schiuzet) schießest, schießt; dsiigst,
dsiict (mhd. xiugest, xiuget) ziehest, zieht.
y) vor d(t) + t, z. B es let (mhd. ez, Hütet) es läutet; sidst, sif
(mhd. siudest, siudet) siedest, siedet; redst, ret (mhd. rietest, rietet) rätst,
rät; khüt (mhd. gehüetet ) gehütet; gebrüt (mhd. gebrüetet) gebrütet; ge-
uüt (mhd. geiviietet) gewütet
vor b + t, z. B. in glabst, glabt (mhd. geloubcst . geloubct) glaubst,
glaubt;
3. Vor x in genux (mhd. genuoc) genug; neben buux (mhd. buoch)
Buch und duux (mhd. tuoch) Tuch kommt auch sehr häufig bux und
dux vor (wohl aus dem Plur. biice, diice ), aber immer büiigla , diiiigla
Büchlein, Tüchlein.
#
b) Kürzung betonter gedehnter mhd. kurzer Vokale (RückVerkürzung).
§ 149. Nur in sehr seltenen Fällen läßt es sich entscheiden, ob
in einem Wort alte Kürze oder Rückverkürzung vorliegt. Mhd. kurze
Vokale behalten nämlich durchweg ihre Qualität, und' nur wenn sie ge¬
dehnt werden, verändern einige dieselbe (§ 131). Wenn also ein kurzer
Vokal nicht die Qualität aufweist, die dem mhd. kurzen entspricht, son¬
dern eine dem gedehnten entsprechende, so beweist das, daß der ge¬
dehnte Vokal gekürzt worden ist. Natürlich trifft dies nur bei den Vo¬
kalen zu, die bei der Dehnung ihre Qualität ändern. Wird dagegen bei
der Dehnung ein Vokal qualitativ nicht verändert, so fehlt auch ein
lautliches Kennzeichen, ob alte Kürze oder Rückverkürzung vorliegt.
§ 150. Sicher läßt sich aus diesem Grunde Rückverkürzung nur
feststellen in:
suln (mhd. so/) Sohle; in der G-Ma. in huln holen; hult holt; khult
geholt; hulds Holz; Sdulds stolz. Mhd. o wird nämlich in der G-Ma.
gedehnt oft zu uu (§ 55 Anm. 1); also deutet das u für mhd. o auf Deh¬
nung hin;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
204
Hans Batz.
G-Ma. gilt Geld; in der G-Ma. wird ee auch zu ii (§ 68 Anm. 1),
so scheint mhd. gelt gedehnt zu giilt und dann gekürzt zu sein; denn
nur auf diese Weise ist das i statt des mhd. e zu erklären (s. § 52, 1);
busric Burg, duaric durch usw., s. § 59, 1.
§ 151. Diese wenigen sicher feststellbaren Fälle zeigen also für die
Kürzung dieselben Bedingungen, wie die bei mhd. Längen (§ 148), doch
ist Rückverkürzung bloß vor Liquida und Nasal eingetreten:
1. vor Liquida oder Nasal -f mhd. -en: suln, huln\
2. vor v Doppelkonsonanz;
a) vor alter und zwar vor Liquida oder Nasal + Konson.: hulds,
Mulds, gilt, biisric usw;
b) vor einer durch Synkope entstandenen Doppelkonsonanz: halt,
khult usw.
2. Kürzung, Schwächung und Schwund unbetonter Vokale
und Diphthonge.
a) Kürzung unbetonter Längen und Diphthonge.
§ 152. Lange Vokale und Diphthonge erleiden Verkürzung, wenn
sie in unbetonter oder nebenbetonter Silbe Vorkommen. Ihrer Qualität
nach sind die so gekürzten Vokale gleich denen, die in betonter Silbe
gekürzt sind (§ 147). An dieser Kürzung in unbetonter Silbe nimmt
auch mhd. i teil (im Gegensatz zu § 147).
§ 153. 1. Solche Kürzungen treten besonders beim Verbum auf,
z. B. gest, get, Mest, Mel gehst, geht, stehst, steht neben betontem geest,
\ \ \
geet, Meest, Sdeet ; griisgöt, grüsdigöt, griisinagöt grüß (Dich, Sie) Gott
neben grüiisn, grüiist ; was (mhd. weiz,) weiß; z. B. wösiväsiic? was weiß
ich? neben betontem ic uaas net ich weiß nicht; krebst, $rebt; hiebst,
blebt ; drehst, dreht schreibst, schreibt; bleibst, bleibt; treibst, treibt neben
betontem sraibst, Sraibt ; blaibst, blaibt ; draibst, draibt.
2. Sie finden sich weiterhin in zweiten Gliedern von Zusammen¬
setzungen, z. B. dmbös (mhd. aneböz,) Amboß; robpn (mhd. radebäre)
Radkarre; gijöobUix (mhd. knobelouch) Knoblauch.
Doch tritt in diesem Fall oft Schwächung zu e ein (s. § 158).
Hierzu gehören wohl auch die mhd. Adj. und Adv. auf -lieh und
-liehe, z. B. bili(c) (mhd. billich) billig; frciili(c) (mhd. ertliche) freilich;
haamlifc) (mhd. heimliche) heimlich.
3. Wird im Satz eine Silbe stark betont, so leidet darunter häufig
die unmittelbar vorhergehende Silbe und erfährt Kürzung:
*
a) beim Verbum, z. B. genau geh hin! griisgöt, grüsdigöt grüß
(dich) Gott;
*
b) beim Nomen, z. B. aglös ha isla ein kleines Häuschen (aber a
%
gläans hdisla ein kleines Häuschen): di frä sum Frau Schümm; frä
böos Frau Base (aber di frda die Frau);
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart
205
c) bei Partikeln, z. B. n$3 (mhd. ne wäre) nur: n$3 sfys nur sechs;
khüm n%3 häam komm nur heim!; wigröos wie groß (aber wiigröos wie
* *
groß); wunää wohin?; soSöö so schön (aber f? hödsöogemäxt er hat es
so gemacht).
Hierher gehören auch die vortonigen Pronomina und Präpositionen,
§ 144. 145.
§ 154. Eine jüngere Kürzung ist anzunehmen für eds (mhd. iexe)
jetzt; denn hier zeigt die gekürzte Form schon den nhd. Vokal e, während
sonst mhd. ie zu i wird (§ 77, 3). Ebenso ist dies der Fall bei dem mhd.
Verkleinerungssuffix - lin und in der Konjunktion wal (neben dem ge¬
schwächten wd) (aus mhd. wile) weil, deren Kürzung schon die modernen
Diphthonge voraussetzt, während das i z. B. in - lieh , - liehe (§ 153, 2) zu
« wird.
§ 155. Mhd. Kürzen, die gedehnt worden sind, erleiden bei Un-
betontheit ebenfalls Kürzung (RückVerkürzung); und auch hierbei läßt
sich nur in ähnlichen wie in den in § 149 und 150 geschilderten Fällen
entscheiden, ob Rückverkürzung oder alte Kürze vorhanden ist; hierher
gehört vielleicht ie hop ich habe; ic gip ich gebe.
Eine solche Rückverkürzung liegt auch vor in wos (mhd. wa$) was
neben betontem woos ; nux (nu) (mhd. noch ) noch.
Anm. fä (mhd. xon) von; op (mhd. ob(e) ) ob; dox (mhd. doch) doch;
bis (mhd. biz) bis u. ä. sind wegen ihrer Unbetontheit nie gedehnt worden
(§ 146); es ist also hier keine Rückverkürzung zu suchen. — Ebenso ist
mit (mhd. mit) mit u. a. nicht rückverkürzt, sondern hier ist die alte
Kürze erhalten (als vortonige Präposition § 153, 3 c letzter Absatz und
§ 144. 145) und nur in gewissen Fällen ist es unter dem Einfluß des
Tones gedehnt (§ 145).
b) Schwächung und Schwund unbetonter Vokale und Diphthonge.
§ 156. In ganz unbetonten Silben wird nicht wie in nebenbetonten
Silben der Vokal nur verkürzt, qualitativ aber unverändert gelassen oder
doch nur sehr wenig verändert, sondern es werden alle Vokale, kurze
und lange, und Diphthonge zu einem kurzen e bzw. zu einem halb¬
kurzen a, in einzelnen Fällen zu o, geschwächt, oder sie werden ganz
synkopiert.
Im allgemeinen hat die Ma., die alle Vokale ziemlich breit aus¬
spricht, die Neigung, auch dies e nicht zu flüchtig zu sprechen; doch
lassen sich über die Quantität desselben keine festen Regeln geben; es
kommt wohl in der Hauptsache auf die Persönlichkeit des Sprechenden,
auf die langsamere oder raschere Art zu sprechen, auf das Tempo der
Rede an.
Diese Schwächung oder Synkope trifft enklitische und proklitische
Wörter, die zweiten Glieder nominaler Komposita, Präfixe, Suffixe und
Flexionssilben.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
206
Hans Batz.
u) Yokalschwächung und -Schwund in selbständigen, im Satze unbetonten Wörtern.
§ 157. Diese tritt meist vor betonter Silbe ein und zwar in folgen¬
den Wörtern:
1. Mhd. inule und, das gewöhnlich unt lautet, wird häufig, be¬
sonders in stehenden Redewendungen, zu einem halbkurzen «geschwächt,
*
z. B. hhieufde hin und wieder; döoxendxt Tag und Nacht; hindefan
hinten und vorne; khindseglda kurz und klein, sowie bei den Zahlen:
danedsu'ändsi (c) 21; druaiedsicändsi(c) 23. Völlig geschwunden ist es
nach dsivaa, z. B. dsudadsicändsi(c) 22; dsivdadräisi(c) 32.
2. Der Vokal der persönl. Pron. und des (bestimmten und unbe¬
stimmten) Artikels ist in unbetonter Stellung
a) teils geschwächt:
1) vor s zu c in es es, z. B. es reegt es regnet; husdesgelecsn hast
du es gelesen?
zu e oder a in es, as das. z. B. es broot, ns broot das Brot;
* 0
2) vor n zu a in a ein, eine, z. B. a man ein Mann; a frdä eine Frau;
in an einen, einem, z. B . an dis einen Tisch; ic höbs a(n)inää geem
ich habe es einem Manne gegeben;
zu e oder a in en, an den dem, z. B. ein fade, am fade dem Vater,
den Vater;
3) vor r zu t in me mir und wir, z. B. gime! gib mir! eds sdeme
ddo! jetzt stehen wir da!
in de dir, z. B. ic soox des ich sage es dir;
in e ihr (2. Plur.), z. B. gide fyit? geht ihr fort?
in e er, z. B. isde? ißt er?
in de der, z. B de fade der Vater; de khöxa der Köchin (Dat.);
in e, era ihr (Fern. Sing.), z. B. gibsera! gib es ihr!
Intcrvokalisch lautet das r. z. B. ic glbderabäx ich gebe dir ein
Buch; isderay khics? ißt er einen Käse?
b) teils geschwunden:
1) in s es (s. o ), z. B. snaäids? schneit cs? gimes! gib mir es! ic
hobs geldesn ich habe es gelesen;
in s das (s. o.), z. B. gimesmese! gib mir das Messer! ic höbs brau-
gesn ich habe das Brot gegessen;
2) in d(t) du, z. B. uinsd magst wenn du magst;
3) in n dem, den, z. B. ic häbsnfadegeem ich habe es dem Vater
%
gegeben; ic stieg fade ich sehe den Vater;
in n, na Ihn, ihm, z. B. säo.njdis! sag ihm das! ic söogsnd ich
sage es ihm;
in na, ena ihnen, z. B. ic sdogsnd, ic sbogsend ich saue es ihnen.
In den unbetonten i ich, mi mich, di dich, si sich ist das i er¬
halten, z. B. ic höbdiysiiy ich hab dich gesehen; cs hbdsigsdöosn er hat
sich gestoßen.
Hierher gehört auch me (mhd. man) man.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
207
3. Mhd. dar-, her- und hin- werden geschwächt zu de-, vor Vo¬
kalen zu dr-, r-, h-, n-, z. B. debdai (mhd. darbt) dabei; defüih (mhd.
dar vür) dafür; degtey dagegen; denöox (mhd. dar nach) darnach; dedsii
dazu; drüä (mhd. dar ane) daran: roo (mhd. her abe) herab; noo (mhd.
hin abe) hinab; runde (mhd. her unter ) herunter; rum, rüm (mhd. her
umbe) herum; nunde hinunter; driiüm drüben; hiiiim herüben; driliiue
drüber; niiüive hinüber;
ebenso wird mhd. dd zu de, z. B. dehäm (mhd. dä heimc) daheim;
demlt damit (mhd. dd mite), mit dem, mit diesem (niemals finale Kon-
junktion!); defüti davon.
Anm. Mhd. darinne drinnen und durften draußen werden sowohl
drin (drina) und draus (drausn) als auch mit Ausfall des n: din und daun.
4. Mhd. xuo wird geschwächt zu dse in der Bedeutung nimis, z. B.
dsegröos zu groß; dseglda zu klein; auch sonst, z. B. dseriik (mhd. xerilcke)
zurück; zu ds- in dsam (mhd. xesamene) zusammen und in eds (mhd.
iexc, iexno) jetzt.
f) Vokalschwächung und -Schwund in zweiten Kompositionsgliedern.
§ 158. Infolge der ziemlich langsamen, breiten Sprechweise kommen
derartige Schwächungen wie Kürzungen (§ 153, 2) in der Ma. nicht be¬
sonders häufig vor und sind in der Hauptsache auf solche Fälle be¬
schränkt, die auch in die Schriftsprache eingedrungen sind, z. B. dridl
(mhd. dritteil) Drittel; fi?dl und fmdl (mhd. virteit) Viertel; — arfl (mhd.
armvol) Armvoll; hampfl (mhd. hanteol) Handvoll, Dimin. hempfala; —
nadle (mhd. adelar, adlcr) Adler; ohve (mhd. alurerc) albern; bdyget (mhd.
%
bauchart) Bankert; barfes (neben bdr/üüset) (mhd. barvuoz,) barfuß; baltrts
(mhd. biruoz,) Beifuß; edesn (mhd. egedehse) Eidechse; frerdse (mhd. rier-
\ehen) 14 (so meist nur in freidsr doox 14 Tage, sonst gewöhnlich fchdseea);
-- grämet (mhd. grnonmät) Grummet; höxdset (mhd. höch(ge)xit) Hochzeit;
jit rupfe (rnlid. junevromee) Jungfer, Jungfrau; khpruä (mhd. kirchtcihe)
Kirchweihe; ndxbe (mhd. ndchgebüre) Nachbar; ui me (mhd. niemer(e))
nicht mehr, nimmer; Sttsde (mhd. schuochsittrere) Schuster; uimbe (mhd.
uintbrd) Wimper; dsuiifl (mhd. urirolle, xtcirel) Zwiebel.
Anm. 1. Hierher ist wohl auch zu rechnen: draaia, elfa 3 Uhr,
11 Uhr (§ 73 Anm.).
Anm. 2. Über zweite Glieder in Kompositen, wo der Vokal nur
gekürzt, nicht geschwächt ist, vgl. § 153, 2.
Anm. 3. Auffallend ist die Schwächung zu i in hendtife) (mhd.
hantsrhuoch) Handschuh; auch Hochzeit (mhd. huch (ge) xit) lautet häufig
hoxdsi(c).
y) Vokal Schwächung uiul -Schwund in Präfixen.
§ 159. 1. Mhd. ver- und er- erscheinen als fe- und de-, auch mhd.
er- wird de- (§ 119, 1), z. B. fegesn (mhd. vergezzen) vergessen; feldafm
(mhd. verloufcn) verlaufen; felihn (mhd. Verliesen) verlieren: feregy (ge-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
208
Hans Batz.
wohnlich fregy) (mhd. verrecken) verrecken; feriedn (rahd. rerreden ) ver-
reden; dewäl (mhd. der wile) unterdessen; deklöoy (mhd. erslahen) er¬
schlagen; dekhdna (mhd. erkennen) erkennen; dtsäufm (mhd. ersüfen »sich
volltrinken«) ersaufen.
Anm. 1. Intervokalisch lautet das r (§ 91, 6), z. B. ferdnden verändern;
derlnen erinnern.
2. Mhd. xe- (das schriftsprachliche zer-) wird dse (vgl. § 147, 4),
z. B. dseldey (mhd. xe(r)legen) zerlegen; dselösn (mhd. ze(r)län) zerlassen,
schmelzen (trans.); dserdisn (mhd. xe(r)riz,en) zerreißen.
3. Mhd. be- hat nur in blaim (mhd. beliben) wie in der Schrift¬
sprache sein e verloren; sonst lautet es be , z. B. begdeya (mhd. begegenen)
begegnen; begröom (mhd. begraben) begraben; begruifm (mhd. legrifen)
begreifen; berüdia (mhd. beriuiccn) bereuen.
4. Mhd. ge- verliert teils seinen Vokal, teils lautet es ge, s. darüber
§ 124 , 2 .
Anm. 2. Weggefallen wie in der Schriftsprache ist ge- in höxdset
(mhd. höeh(ge)xit) Hochzeit; baue (mhd. gebier, aber auch schon bür)
Bauer; naxbe (rahd. nächgebür) Nachbar.
S) Vokalschwächung und -schwuud in Endsilben (Suffixen und Flexionssilben).
aa) Zweisilbige Suffixe.
§ 160. Außer mhd. -nnge, das durch - ing (-iy) ersetzt ist (z. ß.
maaniy (mhd. meinunge] Meinung; dsaidiy [mhd. xitunge) Zeitung) und
-lieh, -liehe (s. § 153, 2) (z. B. fraili(c) [mhd. vriliche] freilich; bili(c)
[mhd. billieh] billig) sind alle Suffixe geschwächt:
1. Mhd. -intie zu a, z. B. baiera (mhd. gehn rinne) Bäuerin; masdira
(mhd. meisterinne) Meisterin; bega Bäckerin; hierher auch -in als o, das
an die Familiennamen angehängt wird, z. B. di Snma die Frau Schumm(in);
di bgsdfilda die Frau Porzelt(in).
2. Mhd. -tere, das schon mhd. zu -er wird, zu «, z. B. lüiiye (mhd.
liigentere, lügener) Lügner; susde (mhd. schuochsütcere) Schuster; kn aide
(mhd. snilfcre) Schneider. Vgl. ne3 (mhd. ne wäre) nur.
3. Mhd. -wäre zu we in olwe (mhd. alwrere) albern.
4. Das Konditionalsuffix ahd. -eti, -öti zu et, *z. B. mööcet möchte;
weilet wollte; frooxet fragte; nennet nähme; leeset läse.
5. Mhd. -uotc zu et in haamet (mhd. heimuote, heimöt) Heimat.
Anm. Für Armut (mhd. armuote) sagt die Ma. gern ärmeddai.
6. Mhd. ämei$(e) Ameise wird eemidsn (temidsn).
7. Ahd. hemidi (mhd. hemede) Hemd wird hemet oder hem.
§ 161. Ebenso werden geschwächt oder synkopiert die zweisilbigen
Suffixe mit e in der Stammsilbe:
1. mhd. -eien zu -ln, z. B. bedln (mhd. betelen) betteln;
mhd. -eie zu -l, z. B. khaxl (mhd. kachel(e)) Kachel, und die Plurale
wie iieegl Nägel; snecwl Schnäbel; foügl Vögel;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
200
2. mhd. -eren zu en, z. B. hemm (mhd. kenteren) hämmern; leeiven
(mhd. lebere) Leber; ledm (mhd. leitere) Leiter;
mhd. -ere zu e, z. B. kerne (mhd. kentere) Hämmer; de gröse der
größere;
3. mhd. -eme zu n , z. B. beesn (mhd. beseme) Besen; broosn (mhd.
brösme ) Brosame; foodn (mhd. vademe) Faden;
4. mhd. -enen zu -na, z. B. recya (mhd. rechenen) rechnen;
mhd. -ene zu -n, z. B. feedn Fäden; ööfm Öfen;
mhd. -mene zu -m in dsam (mhd. xesamene) zusammen;
5. mhd. -ende zu -et, z. B. brenet (mhd. brinnende ) brennend;
6. mhd. -este zu -st, z. B. högst (mhd. hteheste) höchste; negst (mhd.
nceheste) nächste;
7. mhd. -ecken, -ichen zu -ty, z. B. hgsriy (mhd. hör(e)chen) horchen;
an soliy (mhd. sol(i)chm) einen solchen; l&rxy (mhd. lSr(e)che ) Lerche;
8. mhd. -ede zu -t, z. B. fruit (mhd. vröuwede) Freude; hemet Hemd
ist bereits zu § 160, 7 genommen.
Anm. Mhd. -ige in breedi(c) (mhd. bredige ) Predigt erfährt keine
Schwächung.
bb) Einsilbig« Suffixe und Endungen«
§ 162. Fast alle einsilbigen Suffixe — außer -lick (unten 6); -ine
(unten 8); -ich (unten 11); -ec, -ic (unten 23) — sind geschwächt oder
synkopiert worden:
1. mhd. -dt zu et, z. B. hairet (mhd. hirät) Heirat; dazu auch haien
oder hairedn (mhd. hirdten) heiraten;
2. mhd. -öt zu et, z. B. määnet (mhd. mänöt) Monat; (haamet [mhd.
heimöt, keimuote ] ist schon § 160, 5 behandelt);
3. mhd. -eit, -heit (heit) zu et, z. B. uoosret (mhd. wdrheit) Wahr¬
heit: qarwet (mhd. er(e)beit) Arbeit; falget (mhd. vülkeit) Faulheit; gräyget
(mhd. krankeit) Krankheit;
dazu auch qenoedn (mhd. erebeiten) arbeiten; gfoncet (mhd. geere-
beitei) gearbeitet;
Anm. 1. Viele andere Wörter auf -heit (-keit) stammen aus der
Schriftsprache, weshalb sie halbmundartlich -hait (-khait) ausgesprochen
werden, z. B.
fräindlickhäit Freundlichkeit; nääickhäit Neuigkeit
*
Anm. 2. Neben gränget und gräykhäit kommt auch noch greyk
(mhd. krenke ) vor, aber nur in dem Ausdruck digrtygrUy die Kränke
kriegen.
4. mhd. -in als stoffangebendes Suffix bei Adjektiven zu e, z. B.
ccsde (mhd. irdin) irden; aaxe (mhd. eichin) eichen; buxe und büüce (mhd.
buochin, büechin) buchen; gülde (mhd. guldin) golden; Wille (mhd. ivülltn)
wollen;
Anm. 3. Dies e bleibt auch in der Flexion dieser Adjektiva, z. B.
(n den es gSees irdenes Geschirr; a tvülme rok ein wollener Rock.
Zeitschrift für Deutsche Mundarton. VII. 14
frechäit Frechheit; nädihäit Neuheit; sööhait Schönheit;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
210
Hans Batz.
5. mhd. - lin bei Diminutiven zu -la, z. B. grüügla Krüglein; bqsdla
(mhd. bertelin ) kleines Beil; biiügla (mhd. büechelin) Büchlein; neecala
(mhd. negellin) Nägelchen; a bisla ein bischen; hanla, hanesla Hänschen;
hainela Heinerchen;
6. mhd. -lieh zu - li(c), z. B. bili(c) (mhd. billich) billig; leyli(c)
länglich; ^
Anm. 4. In der Flexion lautet das ch immer, z. B. a bilice wai ein
billiger Wein; a biligs gensla ein billiges Gänschen.
7. mhd. -tu (im Fern. Sing, und Neutr. Plur. der Adj.) zu -a, z. B.
a Sööna fraa eine schöne Frau; groosa häise große Häuser;
8. mhd. -ine zu -iy, z. B. heesriy (mhd. kenne) Hering; pfeniy (mhd.
pfenninc) Pfennig;
Anm. 5. Das daneben vorkommende pfeni(c) ist von pfennic , wie
khüüni von künec, nicht von küninc.
Anm. 6. Andere Wörter auf -ing kommen wohl aus der Schrift¬
sprache, z. B. faSiy Fasching (dafür viel häufiger und echt mundartlich:
föosmuxt Fastnacht); Smtdeliy Schmetterling.
9. mhd. hornig, hornuz, Hornisse lautet hgmesl (vgl. die bei Weigand,
Dtsch. Wb. s. v. angeführten Formen hornessel, hornissel usw.);
10. a) die lateinische Endung -us zu -es, z. B. fögedlifes Vokativus,
Schalk; ridselesööl Rizinusöl; mayes Magnus;
b) die latein. Endungen -um, -a, -ue sind nach i weggefallen,
z. B. ginäasi (neben gindasium) Gymnasium; gaudi Gaudium; khumöödi
Komödie; dooni (dääni) Antonius;
11. mhd. -ich zu - i(c), z. B. essi(c) (mhd. ez,z,ieh) Essig; redi(c)
(mhd. retich) Rettich; debi(c) (mhd. teppich) Teppich;
12. mhd. -eht zu -et, z. B. Seget (mhd. scheckeht) scheckig; eget (mhd.
eckeht) eckig; dreget dreckig, schmutzig;
Anm. 7. Vielleicht ist auch zu naget eine solche Form *nackeht
anzunehmen (vgl. frühnhd. nackicht), doch kann es immerhin von mhd.
nackent kommen (vgl. edset < mhd. icxent)\ mhd. nacket würde wohl sicher
*nagt ergeben haben.
Anm. 8. Mit Synkope wie in der Schriftsprache: amt (mhd. atnbet
< ambeht) Amt.
13. mhd. -el zu nach Vokal zu l, z. B. haml (mhd. hamei) Hammel;
khidl (mhd. kitel) Kittel; siisl (mhd. schüfet) Schüssel; bail (mhd. bil <
bthel) Beil;
mhd. -eit zu -It in teilt (mhd. tcerelt, tverlt, weit) Welt
14. mhd. -er zu -e, z. B. winde (mhd. winter) Winter; khine Kinder;
bruude Bruder; gröse größer; nüüwe hinüber;
15. mhd. -em zu -n, z. B. boodn (mhd. bodem) Boden; foodn (mhd.
vadem(e) Faden;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
211
16. mhd, -en zu -n nach Alveolaren (außer n); zu m nach b(p),
f, io; zu y nach g, h, ch (c, x); zu a nach langem Vokal, Diphthong
und Nasal. Beispiele 8. § 97, 2;
17. mhd. -ef zu -f, z. B. häm(p)ft (mhd. hanef) Hanf; sem(p)ft
(mhd. sdnef) Senf; dswölf (mhd. xtcel(e)f) 12;
18. mhd. -e$ zu -s, z. B. grebs (mhd. krebez) Krebs; Söbs (mhd.
schöpet;) Schöps, Hammel; obst (mhd. obe$) Obst; läys langes;
dies s verschmilzt mit vorausgehendem s ($), z. B. haas heißes; früS
frisches;
19. mhd. -es zu -s, z. B. bääbst (mhd. bäbes) Papst; nigs (mhd.
nihtes) nichts: auch vom Genitiv (der sonst geschwunden ist) in Zu¬
sammensetzungen, wie z. B. khindskhöpf Kindskopf;
mhd. -est zu -st, z. B. pnst (mhd. ern(e)st) Ernst; herbst (daneben
auch hqirbest) (mhd. herb(e)st) Herbst; negst (mhd. nähest) nächst; glenst
kleinst; lüügst (mhd. liegest) lügst; redst (mhd. redest) redest; nimst (mhd.
nimest) nimmst;
20. mhd. -isch zu -§, z. B. däidS (mhd. diut(i)sch) deutsch; G-Ma.
*
frandsüüS französisch; sonst stets -ü, z. B. bdaierU (mhd. beierisch) bay¬
risch; frtggU (mhd. vrenkisch) fränkisch; bräislS preußisch; iyliM (mhd.
englisch) englisch, z. B. di 6yl\Sn die »englischen« (seil. »Fräulein«);
21. mhd. -ech zu -x bzw. -c, haxt (mhd. habech(t)) Habicht; nach
Liquida und Nasal hat sich vor c ein Svarabhakti -i entwickelt, z. B.
miltc (mhd. milch < milech, ahd. miluh) Milch; möme (mhd. münich <
münech < ahd. munih) Mönch; Sdgsrtc (mhd. storch < storech, ahd. storah)
Storch;
22. mhd. -et zu -t, z. B. abt (mhd. abbet) Abt; löft (mhd. loufet)
läuft; ret (mhd. redet) redet; gerü (mhd. geredet) geredet;
(Entstehende Geminata wird vereinfacht, § 181, 182.)
23. mhd. -ec, -ic zu -i(c), z. B. draisi(c) (mhd. drixec) 30; näindsi(c)
(mhd. niunxec) 90; khüüni (khööni(c)) (mhd. künec) König; hoonifc) (mhd.
honec) Honig; pfeni (mhd. pfennic) Pfennig (vgl. oben 8 Anm. 1); leedifc)
(mhd. ledec) ledig; fpdi(c) (mhd. vertic) fertig; huyri(c) hungrig; ruui(c)
(mhd. ruowic) ruhig;
Anm. 9. In der Flexion dieser Wörter lautet das c immer, z. B.
a ruuice mud ein ruhiger Mann; an ruuicy (neben ruuiy und ruuiya)
mää einen ruhigen Mann; a leedigs khint e in lediges (= uneheliches) Kind.
Anm. 10. Mhd. manec manch kommt nur flektiert vor (§129 Anm. 6).
Anm. 11. Mhd. uenec wenig ist synkopiert: u'ey.
24. im Inlaut ist mhd. e auch sonst verschiedentlich synkopiert
worden, z. B. Swalm (mhd. sival(e)we) Schwalbe; qenoet (mhd erebeit)
Arbeit; bilt (mhd. bil(e)de) Bild; grüügla (mhd. krüegelin) Krüglein; haadla
(mhd. houbetlin) Häuptchen (Kraut);
über das e in xe-, be-, ge- s. § 157, 4; § 159, 2, 3, 4;
14*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
212
Hans Batz.
25. auslautendes mhd. e ist überall (doch s. unten Anra.12) apokopiert
worden:
im starken Plural: doox Tage; neegl Nägel;
in den st und schw. Mask. und Neutr.: khees Käse; hoos Hase; weh
(mhd. wecke) Weck; bet (mhd. bette) Bett; Sdük (mhd. stücke) Stück; oo?
(mhd. Öre) Ohr;
in den mhd. Mask. auf -eere: boode Bader; Snaide Schneider;
in den st. und schw. Femin.: sax Sache; Saut Schande; bää (mhd.
batie) Bahn; gas Gasse;
in den Fern, auf - inne: bdiera Bäuerin;
in den Fern, auf - unge: dsaidiy Zeitung;
in den Adjektiven: glaa (mhd .kleine) klein; dün (mhd .dünne) dünn;
grüü (mhd. grüe?ie) grün; nädi (mhd. niuice ) neu;
in den Adverbien und Partikeln: bat (mhd. balde) bald; dsam (mhd.
xesamene) zusammen; Sä (mhd. schöne) schon; oo (mhd. abe) ab; oft (mhd.
ofte) oft; in den Adverbien auf -liehe: fraili (mhd. vrilichc) freilich;
in der 1. Sing.: ic droox ich trage; ic nim (mhd. ich nime) ich
nehme; Sboos spare;
im Konditional auf -te: mööxet möchte; neemet nähme;
im Partizip auf - ende: brenet (mhd. brinnende) brennend.
Anm. 12. In einer großen Anzahl von mhd. Substantiven auf -e ist
in der nhd. Schriftsprache das -n in den Nominativ eingedrungen, vgl.
Paul, Mhd. Gr. 6 § 130 Anm. 2. Dies ist in Ma. auch noch in vielen an¬
deren geschehen, die das -n in der Schriftsprache nicht angenommen
haben, s. § 98, 2; Beispiele finden sich fast überall, besonders in
§ 97, 2.
Anm. 13. Die Apokope des -e muß zu einer Zeit eingetreten sein,
wo die Dehnung kurzer Vokale in offener Silbe bereits geschehen war;
das ergibt sich aus Beispielen wie hoos (mhd. hase) Hase u. ä., deren
Dehnung sonst nicht erklärt wäre; denn als Dehnung einsilbiger Wörter
kann diese nicht angesehen werden, da sie nur mhd. einsilbige Wörter trifft
- 1. Veränderung der Vokale vor r.
§ 163. Über quantitative Änderung vor r in einsilbigen Wörtern
s. § 143.
Auch sonst erleiden die Vokale vor r noch verschiedene Ände¬
rungen: teils hat sich vor r ein halb- oder überkurzes a entwickelt,
wobei dann das r häufig gar nicht lautet (s. § 91, 8, 4 u. 5), teils werden
die kurzen oder gekürzten Vokale zu weiten oder überweiten Vokalen
gebrochen.
a) Entwicklung eines a.
§ 164. 1. Nach langem Vokal und Diphthong hat sich vor r ein a
entwickelt (wobei das r häufig gar nicht artikuliert wird, vgl. § 91, 3, 4),
und zwar
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart
213
a) nach mhd. langem Vokal und Diphthong, z. B. gfooa (mhd. gevär)
Gefahr; gloos (mhd. klär) klar; hoos (mhd. här) Haar; jooa (mhd. jär) Jahr;
woos (mhd. wär) wahr; eea (mhd. ere) Ehre; heeala (mhd. hcerltri) Härchen;
jeeala (mhd. jerliri) Jährchen; lees (mhd. leere) leer; meea (mhd. mer ) mehr;
Sees (mhd. schare) Scheere; Sweea (mhd. stetere) schwer; 003 (mhd. öre) Ohr;
roos (mhd. rar) Rohr; höösn (mhd. fuhren) hören; röösn (mhd. rare) Röhre;
faaia (mhd. rtre) Feier; Säian (mhd. schiure) Scheuer; biia (mhd. hier) Bier;
hiia (mhd. hier) hier; niian (mhd. niere ) Niere; fiis (mhd. vier) vier; huus
(mhd. huore) Hure; fluua (mhd. vluor) Flur; Snuua (mhd. snuor) Schnur;
füiian (mhd. vüeren) führen; ic füüa (mhd. ich vüere) ich führe; uus (mhd.
üre) Uhr;
b) nach mhd. kurzem, gedehntem Vokal, z. B. oo3§ (mhd. ars) Arsch;
003t (mhd. art) Art; boost (mhd. hart) Bart; boos (mhd. bar und pär) bar
und paar, Paar; foo3n (mhd. vam) fahren; goo3 (mhd. gar) gar; Sboosn
(mhd. spam) sparen; icoo3 (mhd. war(e)) Ware; dsoo3t (mhd. zart) zart;
bees (mhd ber) Beere; heesriy. (mhd. herinc) Hering; weean (mhd. wern)
wehren; beea (mhd. ber) Bär; heeal (mhd. hert) Herd; weea (mhd. wer)
wer; weeat (mhd. wert) wert; gSweea (mhd. geswer) Geschwür; feeaSdn
(mhd. versen) Ferse; miis, düs (mhd. mir, dir) mir, dir; boosn (mhd. born)
bohren; füiia (mhd. vür) für, vor; eeces (mhd. .vre) irre; gSeecea (mhd. ge-
schirre) Geschirr; döös (mhd. dürre) dürr.
Anm. 1. Kommt nach dem r ein Vokal, so lautet es; das s ist
dann ganz schwach und verschwindet wohl auch ganz, z. B. düüa Tür,
aber di düü(3)risdsü die Tür ist zu; a döösre khpl ein dürrer Kerl.
Anm. 2. Nach u hat sich das 3 entwickelt in den Wörtern, in
denen es durch Rückverkürzung erhalten (nicht zu p gebrochen) ist:
buar(i)c Burg, duar(i)c durch usw., s. § 59, 1; § 150 letzter Abs.
2. Auch nach kurzen, gebrochenen Vokalen (außer dem nicht ge¬
brochenen a) hat sich dies 9 entwickelt; Beispiele s. § 165.
b) Brechung kurzer Vokale.
§ 165. Alle kurzen Vokale — sowohl mhd. Kürzen (außer dem
durch Rückverkürzung erhaltenen u § 59, 1) als verkürzte alte Längen
— erleiden vor r (doch vgl. unten Anm. 1) eine Brechung.
1. Mhd. a erscheint als ä in mhd. einsilbigen Wörtern, z. B. äarm
(mhd. arm) arm; Sasrf (mhd. scharpf) scharf; sdsrw (mhd. sarc) Sarg;
Sd&arik (mhd. stark) stark; wä 9, wässt war, warst
Anm. 1. In mhd. mehrsilbigen Wörtern dagegen erscheint mhd. a
auch vor r als a, s. § 43, 1.
Anm. 2. Dasselbe ä erscheint aber auch vor anderen Konsonanten,
Beispiele s. § 43, 2.
2. Mhd. e wird zu p, Beispiele s. § 47, 5 und § 49, 3.
3. Mdh. e erscheint als p, Beispiele s. § 50, 3 und Anm. 4.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
214
Hans Batz.
4. Mhd. i a) bleibt vor r-f-n, Beisp. s. § 53, 3a;
b) wird zu cb und Beisp. s. § 53, 3 b und c.
Anm. 3. Über das gedehnte de vgl. § 143, 2.
5. Mhd. o wird zu p, Beisp. s. § 55, 4.
6. Mhd. Ö wird zu p, Beisp. s. § 58, 3.
7. Mhd. u wird zu p, Beisp. s. § 59, 4 und § 59, 1, 3. Abs.
Anm. 4. Über die rückverkürzten busric usw. s. § 59, 1, 2. Abs.
8. Mbd. ü wird zu p, Beisp. s. § 62, 3.
Anm. 5. Über dööi dürr s. § 143, 2.
9. Mhd. de wird zu p, Beisp. s. § 66, 3.
10. Mhd. e wird a) zu p, Beisp. 8. § 68, 2ba;
b) zu p, Beisp. s. § 68, 2 b ß.
11. Mhd. 6 wird zu p, Beisp. s. § 71, 4b.
12. Mhd. ck wird zu p, Beisp. s. § 72, 3, 2. Abs.
13. Mhd. ie wird zu <c, Beisp. s. § 77, 3 letzter Abs.
14. Mhd. ile wird zu p, Beisp. s. § 80, 2b.
2. Veränderungen der Vokale vor Nasalen.
§ 166. 1. Quantitativ wirken Nasale und Vokale nur insofern, als
in dem Fall, wo ein Nasal am Ende eines einsilbigen Wortes vorkommt,
der in der Aussprache ganz verschwindet (teilweise mit leichterer oder
stärkerer Näselung), der vorhergehende kurze Vokal stets gelängt wird,
z. B. suu (mhd. sun) Sohn; dsii (mhd. xin) Zinn (s. § 97, 1; § 142).
2. Qualitative Änderung eines Vokals bringt ein Nasal im all¬
gemeinen nicht hervor; nur zeigen a) verschiedene Vokale vor Nasal eine
Vorliebe für ä, ää\ so wird vor einem Nasal
1) mhd. a gedehnt stets zu dd, Beispiele s. § 43, 3b;
2) mhd. o zu ä in fä (mhd. von) von; ddneddox (mhd. donerstac)
Donnerstag; wädna (mhd. uoneri) wohnen (neben uoona); häänifc) (neben
hooni(c)) (mhd. honec) Honig;
Anm. In brdidicam wird o vor m zu a wie in der Schriftsprache.
3) mhd. ä zu da (nicht oo), z. B. sädima (mhd. säme) Samen; Sbdä
(mhd. spän) Span; mää (mhd. man ) Mohn; rndänt (mhd. mäne) Mond;
* r
mdänet (mhd. mänöt) Monat; aldnäna Altane; verkürzt zu ä, z. B. mändöx
*
Montag; brämbdes (mhd. brämber) Brombeere;
4) mhd. 6 zu da (nicht oo), Beisp. s. § 71, 3;
verkürzt zu d, Beisp. s. § 71, 4;
5) mhd. uo zu ää in dää (mhd. tuon) tun;
verkürzt zu ä in dam (mhd. tnom) Dom.
b) Mhd. e wird vor Nasal zu e, Beisp. s. § 50, 4.
c) Mhd. u ist vor Nasalen erhalten, auch wo es in der Schrift¬
sprache zu o geworden ist; Beisp. s. § 60.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
216
§ 167. 1. Die vor den Nasalen eintretende Näselung der Vokale ist
in der Ma. so schwach, daß sie im allgemeinen unbezeichnet gelassen
werden kann (s. § 26).
2. a) Eine (je nach der Persönlichkeit des Sprechenden) etwas stärkere
Näselung tritt gelegentlich ein, wo bei einsilbigen Wörtern (unter Deh¬
nung eines kurzen Vokals) ein schließendes n weggefallen ist, so daß
man verschiedentlich hören kann, z. B. naa n nein; maa n Main; dsäd n Zahn;
mää n Mann;
b) dies ist gelegentlich auch der Fall, wo das n durch Wegfall des
-e in den Auslaut getreten und dann ebenso wie schließendes n (s. bei
a) behandelt ist; z. B. glact* klein; Söö n schön; dsee? Zähne.
Im allgemeinen ist diese Näselung, da sie nicht immer eintritt,
nicht bezeichnet
Anm. Daß die G-Ma. gelegentlich etwas mehr zur Näselung neigt,
ist ebenfalls schou § 26 erwähnt; vgl. dazu auch haa n ds Hans; Swää n ds
Schwanz, auch gäa n s Gans.
IV. Kontraktion.
§ 168. Zwei Silben sind zusammengezogen, wo j, w, h oder (einmal)
d zwischen Vokalen geschwunden oder im vorhergehenden Vokal auf¬
gegangen ist Ein g ist in diesem Falle zu i geworden, so daß aus ege
mhd. ei entstand, z. B. gedrdat (mhd. getregcde > getreide) Getreide. Inter-
vokalisches to ist entweder zu u geworden, z. B. grau grau oder ganz
geschwunden, z. B. gyiia (mhd. knieiven) knieen.
§ 169. Kontraktion ist eingetreten von:
1. a) mhd. ade zu aa> oo > o in röbfcn (mhd. radebcere) Radkarre;
b) mhd. abe zu mhd. ä > ö > o in host, hot (mhd. habest, habet >
häst , hdt) hast, hat;
Anm. 1. Ohne Dehnung > a (ä): haxt (häxt) (mhd. habech) Habicht.
2. mhd. ähe (ehe) zu ee in eei (mhd. äher, eher) Ähre;
3. mhd. ehe zu ee in dseea (mhd. xehen) 10;
Anm. 2. In seey und gSesy ist nicht kontrahiert, sondern das h mit
n verschmolzen zu y.
4. a) mhd. ije > mhd. t zu ai in baict (mhd. btht < bijiht) Beichte;
faicala (mhd. vijeltn) Veilchen;
b) mhd. ihe > mhd. ie zu ii: fite (mhd. vi(h)e, vich) Vieh;
5. mhd. dhe > mhd. d zu da: näät (mhd. ndhe) nahe; mCui (mhd.
mähen, mdn) Mohn;
Anm. 3. Mhd. dwe zu au in blau, blaua (mhd. bldicen) blau, blauen;
brauna (mhd. brdive) Braue.
6. mhd. eeje zu ee: dreea (mhd. drdjcn) drehen;
Anm. 4. Mhd. -ewee- zu f in nqs (ne webe) nur.
7. mhd. Swe > mhd. e zu ee: see (mhd.se, sewes) See; dseea (mhd.
xewe, xehe) Zehe;
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
216
Han s Bäte.
8. mhd. ehe > mhd. e zu ee: ree (mhd. re) Reh; Sleea (mhd. siehe)
Schlehe;
9. mhd. Sehe zu öö: flöö (mhd. fleehe) Flöhe;
10. mhd. ije > mhd. i zu aai: Sraaia (mhd. schri(j)en) schreien;
mhd. iwe > mhd. i zu aai: glaaia (mhd. kliive, klie) Kleie; Sbaaia
(mhd. sptwen) speien;
mhd. ihe > mhd. i zu. ä: laaia (mhd. Ithen ) leihen; bail (mhd. bihel,
btl) Beil;
11. mhd. üwe zu au: baua (mhd. büwen) bauen;
12. mhd. iuwe (mit umgelautetem und nicht umgelautetem iu) zu
äi: brääia (mhd. briuwen) brauen; khääia (mhd. kiuwen) kauen; äie (mhd.
imver) euer; naäi (mhd. niuwe) neu; sai (mhd. siuwe) Säue;
13. mhd. iewe > mhd. ie zu ii: gijiia (mhd. kniewen) knieen;
Anm. 5. dsiiy (mhd. ziehen) nicht kontrahiert (2/!).
14. mhd. uoive
15. mhd. uohe
16. mhd. üeje:
• mhd. uo zu uu: ruu (mhd. ruowe) Ruhe;
mhd. uo zu uu: Suu (mhd. schuoch, schuohes) Schuh;
mhd. üe zu üü: brüü (mhd. brüeje) Brühe; blüüa
(mhd. blüejen) blühen; früii (mhd. vrüeje) früh; khüü (mhd. kiiej
Y «t • \ TT •« 1
17. mhd. eije zu aai: inaai (mhd. meijc) Mai; aaie (mhd. ei(g)er) Eier;
18. mhd. ouive zu au: haua (mhd. houiven) hauen;
zu aa: fraa (mhd. vrouwe) Frau; genäa (mhd. ge-
nouwe) genau;
19. mhd. öuive zu aai: SdrSiäia (mhd. ströuwen) streuen; frääia (mhd.
vröuwen ) freuen; häSii (mhd. höuive) Heu.
V. Diphthongierung alter Längen.
§ 170. 1. Von mhd. Längen sind in der Ma. nur wenige diphthon¬
giert, nämlich: mhd. ? zu ai und äi; mhd. ü zu au; umgelautetes ü und
iu zu dt, z. B. graina (mhd. grinen) weinen; pfäifm (mhd. pfifen) pfeifen;
haut (mhd. hüt) Haut; läidn (mhd. liuten) läuten; läit (mhd. liute ) Leute.
Weitere Beispiele siehe in den §§ 69, 73, 74, 75.
Nicht diphthongiert sind von diesen nur:
a) die Adj. und Adv.-Endung -lieh und -liehe, die zur Zeit der
Diphthongierung schon unbetont waren und mit kurzem i gesprochen
wurden;
b) die Endungen -iu und -in, die zu a bzw. e geschwächt sind;
c) die unbetonten zweiten Glieder der Komposita: naxbe (mhd. näch-
gebur) Nachbar; Susde (mhd. schuochsüUere) Schuster;
d) mhd. diune Daumen, wo das ü gelegentlich zu ä: däma (aber
daneben clauma!), und mhd. rülkeit Faulheit, wo es zu a: folget ge¬
kürzt ist;
e) mhd. natiire Natur > naduus; mhd. iire Uhr > um (vgl. dazu
§ 73, 4).
Anm. Über das Dimin.-Suffix mhd. -lin, das zu -la, und mhd.
uile, das zu ual (tvel) in der Konjunktion weil« gekürzt wird, vgl. §154.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSTTY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
217
VI. Verengung der Artikulation der gedehnten Vokale.
§ 171. Kurze Vokale erleiden bei der Dehnung, falls nicht andere
Umstände dies hindern (Brechung, Labiierung, Einfluß von Nasalen), meist
eine Verengung der Schallöffnung im Ansatzrohr: mhd. a>oo : boodn
(mhd. baden) baden (§43, 3a); mhd. ä und e>ee: iceey Wägen; leem
(mhd. leben) leben (§ 49, 2 Abs. 2 und § 50, 2, doch vgl. § 50 Anm. 1);
mhd. o in der G-Ma. zu mm: khuupf (mhd. köpf) Kopf (§ 55 Anm. 1);
mhd. ö in der G-Ma. zu mm: khüüpf Köpfe (§ 58 Anm. 1).
Anm. Ebenso werden die mhd. langen Vokale oft so verengt:
mhd. &> oo: Soof (mhd. schdf) Schaf (§ 65, 1); mhd. re > ee: khees (mhd.
keese) Käse (§ 67, 2); mhd. 6 in der G-Ma. > uu: grtius (mhd. grötf) groß
(§71 Anm.).
VII Monophthongieren g alter Diphthonge.
§ 172. Die mhd. Diphthonge sind in der Ma. monophthongiert
worden:
mhd. ie zu ii (üü): briif ( mhd. brief) Brief; lüily (mhd. liegen) lügen;
verkürzt zu i: lict (mhd. lieht) Licht;
mhd. mo zu mm: huut (mhd. huot) Hut;
verkürzt zu m: müde (mhd. muoter) Mutter;
Anm. 1. Über dää (mhd. tuon) tun usw. s. § 166, 2a 5.
mhd. üe zu üü: gemüüs (mhd. gemüese) Gemüse;
verkürzt zu ü : büce (mhd. büecher) Bücher;
mhd. ei zu aa: baadsn (mhd. beizen) beizen;
verkürzt zu a: masde (mhd. meister) Meister;
mhd. om zu aa: aax (mhd. ouge) Auge; draama träumen;
verkürzt zu a: glabst (mhd . geloübest) glaubst.
Anm. 2. Vgl. dazu sowie über die einzelnen geringfügigen Aus¬
nahmen die betreffenden Beispiele in den §§ 77—85.
VIII. Labiierung.
§ 173. Labiierung ist unter dem Einfluß vorhergehender oder nach¬
folgender Labiale und Velare eingetreten bei mhd. e und e, das zu ö (<j)
wurde; z. B. Öpfl (mhd. epfel) Äpfel; gewööna (mhd. gewenen) gewöhnen;
Swööm (mhd. siceren) schwören; wfifm (mhd. werfen) werfen; wöln (mhd.
wellen) wollen (§ 47, 4 und Anm. 2; § 50 Anm. 4).
IX. Svarabhakti.
§ 174. 1. Die Entwicklung eines a vor r ist bereits in § 164 be¬
handelt.
2. a) Außerdem hat sich ein (meist) überkurzes i entwickelt zwischen
r, l, n einerseits und c (< mhd. ch, j, g), sowie dem aus -cen entstan¬
denen -y andererseits. Es wird verschieden lang gesprochen, und je
langsamer und je prononcierter jemand die Ma. spricht, desto deutlicher
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
218
Hans Batz.
und länger ist bei ihm dies i zu hören; wer sich mehr der schriftdeutschea
Aussprache nähern will, unterdrückt es wohl meist ganz.
175 aufgeführten Fällen ist überall
zunehmen, selbst wenn ahd. oder mhd. Formen mit e oder i vorliegen;
denn wenn diese Vokale vorlägen, dann müßte das ch am Ende auch
wegfallen können, wie in der Ma. in allen ähnlichen Fällen, z. B. beim
Suffix - lieh, bei -ic usw. Nur bei einem Svarahakti-t fällt das c nie
weg. So geht z. B. das mili der G-Ma. sicher auch auf mhd. milich
zurück, während das gewöhnliche milxc unbedingt auf die synkopierte
Form mhd. milch weist
b) In den im §
Synkope an-
§ 175. 1. a) Mhd. rch und rech > r(t)c, z. B. duar(i)c (mhd. durch)
durch; §dgar(i)c (mhd. storch < storech) Storch; säarft) c (mhd. sarc(h)) Sarg;
sparte Särge; hgartc horch; hgariy (mhd. hör(e)chen) horchen; Igariy (mhd.
ISrche, ISreche) Lerche; kheearxy (mhd. ldrche, ahd. kirihha) Kirche; fgarip
(mhd. viirhten, ahd. furihtan) fürchten;
b) mhd. rj > ric, z. B. lädwcearty (mhd. laticerje) Latwerge;
c) mhd. rg > ric, z. B. äartc (mhd. arge) arg; bgaric (mhd. berc) Berg;
buaric (mhd. burc) Burg; mgarty (mhd. morgen ) morgen.
Anm. 1. Dabei wird häufig das r gar nicht gehört, z. B. bdmbgic
Bamberg; güdmQiy guten Morgen; düicgle durchgehen.
2. a) Mhd. Ich (lech, lieh) > lic, z. B. khälic (mhd. kalc(h)) Kalk;
kheltc (mhd. kel(i)ch) Kelch; milic (mhd. milch) Milch; Seite Scheich, Kahn;
dswiltc (mhd. zivil(i)ch) Zwillich.
Anm. 2. Zu mili der G-Ma. vgl. §174, 2b.
Anm. 3. Mbd. -lieh, -liehe > li, Beispiele s. § 162, 6; 160; 153, 2.
b) Mhd. lg > lic, z. B. bälic (mhd. bald) Balg; galiy (mhd. galge)
Galgen; ohne Svarabhakti: belce »Bälger«, ungezogene Kinder.
3. a) Mhd. nech (nich) > nie, z. B. möme (mhd. mün(e)ch) Mönch;
dümya (mhd. iün(i)chen) tünchen; düntene, düniye Tüncher, Zimmermaler;
b) mhd. neg > nie, z. B. hoonic (mhd. honec) Honig;
> ni(c), z. B. khüüni(c) (mhd. künec) König;
> y in wey (mhd. tvenec) wenig.
§ 176. Auch sonst entwickelt sich gelegentlich, allerdings nur selten,
ein überkurzes a vor oder nach r, z. B. fÜivarik Fabrik; fAivarige Fabrik¬
arbeiter; khgarap Korb.
B. Konsonanten.
L Assimilation.
1. Progressive Assimilation.
§ 177. 1. a) Mhd. b und g sind an vorhergehendes m bzw. n assi¬
miliert, und die entstehende Geminata ist dann wie alle Geminaten
(§§ 181, 182) vereinfacht worden: mb > mm > m; ng > yy > y, z. B.
khema (mhd. kemben) kämmen; siya (mhd. singen) singen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart
219
b) Bei mhd. d tritt diese Assimilation an vorhergehendes n teils ein,
teils bleibt aber d auch erhalten, und es ist mir nicht gelungen, dafür
eine feste Regel ausfindig zu machen. Beispiele s. § 117, 2 und § 118.
An m wird mhd. d assimiliert, z. B. frem fremd; hem Hemd (§ 117, 3
und § 118).
Teils assimiliert, teils nicht wird d nach l und r. Beispiele s.
§ 117, 45 und § 118.
2. a) n nach Velar > y, z. B. gyoxy (mhd. knocke) Knochen; Swaygy
(mhd. swanken) ausspülen durch Schwenken im Wasser.
Mhd. -gen und -hen in unbetonter Silbe werden stets zu y, z. B.
seey (mhd. se'gen) Segen; seey (mhd. sehen) sehen; mhd. -chen dagegen nur
nach heute langem Vokal oder Diphthong und nach Liquida, z. B. raay
(mhd. rouchen) rauchen; aber khoxy (mhd. kochen) kochen.
b) Ebenso wird n nach Labial zu m, z. B. dsam (mhd. xesamene ) zu¬
sammen; leern (mhd. leben) leben; ribm (mhd. rippe-n) Rippe.
3. An vorhergehendes ^ wird s nur in Flexionsendungen assimiliert,
z. B. a hübS maadla ein hübsches Mädchen; du ivüät du wischest (§101
Anm. 1, § 104).
2. Regressive Assimilation.
§ 178. 1. Ein Alveolarlaut wird sowohl im Wortinnern als auch
bei Komposition und im Satzsandhi an folgenden Velar oder Labial assi¬
miliert:
a) n wird a) vor Labial zu m, z. B. dmbös (mhd. anebög) Amboß;
sem(p)ft (mhd. senef) Senf; entstehende Geminata wird vereinfacht: nm >
mm >7n f z. B. imäin hdus in meinem Haus; weme wenn man; grumzt
(mhd. gruon- mdt) Grummet;
Anm. 1. Ebenso wird y vor Labial zum, z. B. jumpfe (mhd. ju?ic-
vrouwe) Jungfer.
ß) vor Velar zu y, z. B. ic b\y khüma ich bin gekommen; wey
gtsn w&t wenn gegessen wird.
b) d und t werden, unter Vereinfachung entstehender Geminata:
a) vor Labial zu b (p), z. B. äpfegdat Advokat; bibrundse Bett-
pisser; bröobäidl Brotbeutel; röb^m (mhd. radebdre) Radkarre; glespfüüa
gehst du vor!
ß) vor Velar zu g (k), z. B. nigeniix nicht genug; ?iäisbdgäya ins
*
Bett gegangen; naisröokhüma ins Rad gekommen; Sdäkhpr(i)ye Stadt¬
kirchner.
Steht vor einem solchen d oder t, das assimiliert wird, ein n , so
wird es m bzw. iy , z. B. wimbm (mhd. wintbrä) Wimper; khimbet Kind¬
bett; rimpßic Rindvieh; hampfl Hand voll; n& di udykhdyt an die Wand
gehängt; läykhadn Landkarte.
Anm. 2. In Fällen wie beyk (mhd. bmke) Bank; fiye (mhd. ringer)
Finger u. ä. war schon mhd. das n nichts als der orthographische Aus¬
druck des y - Lautes.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
220
Hans Batz.
Anra. 3. Durch solche Assimilation ist, wie Gebhardt a. a. 0. §188
Anm. 2 ausführt, das Pron. der 1. Pers. Plur. wir zu me geworden: es
verschmolz nämlich mit dem vorhergehenden n des Verbums zu m in
Fällen wie gerne gehen wir; käme haben wir; aus diesem enklitischen
Gebrauch losgelöst blieb auch proklitisch das m in me, betont miia.
Dies me = wir lautet genau gleich dem me = man.
c) s + S > SS > S, z. B. (G-Ma.) frandsüüS französisch; icu'äaSa ich
weiß schon; glöoSfarm Glasscherbe.
2. a) b wird vor k diesem assimiliert, Geminata vereinfacht; z. B.
lekhüuy Lebkuchen; Sukhän Schubkarre;
b) kt wird zu t schon im mhd. in blidsn (mhd. blitzen < blickexen)
blitzen; Smadsn (mhd . smatxen < smackexen) schmatzen.
§ 179. Eine andere Art regressiver Assimilation, Assimilation der
Art nach, liegt vor, wenn in Fremdwörtern gn zu yn wird, wobei dann
häufig yn zu y wird ( yn > yy > #), z. B. aynes und ayes Agnes; maynus
und mayes Magnus; mäynSet Magnet; s\ynüäl Signal.
Anm. Den Namen des Flusses Regnitz spricht die Halbmundart
rSeyrilds (rSynXds) und rSecnlds. In der echten Ma., z. B. der Bam-
berger Fischer und Schiffleute, heißt der Fluß nur rSeyids (rtyids),
nicht, wie August Gebhardt (in einer brieflichen Mitteilung an den Ver¬
fasser) als sicher annehmen zu können meint, » reneds mit dentalem n«.
In den weiter flußaufwärts gelegenen Dörfern, z. B. Sassanfahrt, Pautz-
feld, Seußling, Hallerndorf sagt man allerdings rends, das zweifellos aus
Rednitz entstanden ist, und in Forchheim schon heißt der Fluß wie in
0
Erlangen und Nürnberg remds (reeneds). Für die Stadt Bamberg da¬
gegen und die nächste Umgebung steht die Form reeyeds mit gutturalem
Nasal unzweifelhaft fest. Nach diesem Sprachgebrauch der wichtigsten
Stadt am Unterlaufe des Flusses, der durch Bamberger Urkunden bereits
seit dem 16. Jahrhundert gestützt wird (vgl. dazu Peter Schneider im
Programm des Alten Gymnasiums von Bamberg 1911, Volks-Etymologie
in Bamberger Namen usw., S. 18 f.) ist die Berechtigung der Namensform
Regnitz für diesen Unterlauf nicht zu bestreiten.
3. Doppelte Assimilation.
§ 180. Doppelte Assimilation: progressiv in bezug auf die Artiku¬
lationsstelle, regressiv in bezug auf die Artikulationsart liegt vor, wenn
in unbetonter Silbe gen, eben, hen zu y und ben, wen zu m wird, z. B.
biiy (mhd. bigen) biegen; reeya (mhd. regenen) regnen; brauy (mhd.
brücken) brauchen; gSeey {mhd. geschehen) geschehen; geem (mhd. geben)
geben; Swalm (mhd. swalwe) Schwalbe.
II. Vereinfachung: von Geminaten.
§ 181. In der Bamberger Ma. kommen wie in den meisten Mund¬
arten keine Geminaten vor, sondern sie sind durchweg vereinfacht. Diese
V
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Baiuberger Mundart.
221
Vereinfachung ist erst eingetreten, als betonte Kürze in mhd. offener
Silbe bereits gedehnt war; denn vor mhd. Geminata ist der kurze Vokal
stets erhalten, z. B. bidn (mhd. bitten) bitten; ivase (mhd. loa&er) Wasser.
Dieselbe hat auch erst stattgefunden, nachdem das auslautende n in ein¬
silbigen Wörtern abgefallen war; denn mhd. -nn-, das nach Apokope
des e in den Auslaut getreten ist, ist nicht abgefallen, sondern als n er¬
halten, z. B. dün (mhd. dünne) dünn; wen (mhd. wenne) wenn; dän (mhd.
danne) dann.
§ 182. Auch alle Geminaten, die erst durch Assimilation später
entstanden sind, sind vereinfacht, ebenso die bei Komposition und im
Satzsandhi entstandenen; Beispiele s. §§ 177 und 178.
in. Dissimilation.
§ 183. Diese kommt in der Ma. nur sehr vereinzelt vor, z. B. in:
a d&mblm'prgs ein »Tölpel merk’s!«; ds&ndla Zeltchen, Zuckerplätzchen
(zu mhd. xülte ); außerdem in fremden Wörtern, z. B. Sdädstndes (Scor-
zonera hispan) Schwarzwurz; fädstnödla (ital. faxzolelto ra.) Taschentuch,
besonders auch ein Tüchlein aus Seide usw., das nur zum Schmuck aus
der oberen äußeren Brusttasche etwas herausscbauend getragen wird.
IV. Hetathesis.
§ 184. Diese findet sich eigentlich nur:
1. in Sigln (mhd. schilhen) schielen;
2. gelegentlich in ä&mst statt ädmds Abends;
nicht aber in wöbs Wespe, das ajif oberd. wefse zurückgeht
Anm. Schwierige Lautgruppen in Fremdwörtern oder fremden
Namen werden natürlich hier wie überall gerne umgestellt, z. B. inolgte
für Moltke; gSlaaf für Sklave; doch ist dies eben keine besondere Eigen¬
tümlichkeit der Baraberger Ma.
V. Ab- und Ausfall von Konsonanten.
§ 185. 1. Fortgefallen ist h
a) im Inlaut, z. B. bail (mhd. bihel) Beil;
b) im Auslaut, z. B. ree Reh;
c) im Anlaut in unbetonter Vorsilbe; z. B. roo (mhd. her abe) herab;
nauf (mhd. hin üf) hinauf;
d) nach r vor mhd. Vokal, z. B. fgsri (mhd. viir hin) vorwärts.
Mit folgendem -en ist es zu y (§ 110, 3), vor s und t zu g bzw.
c geworden (§ 110, 2).
Anm. 1. Doch ist der Fortfall des h nicht ganz regelmäßig, z. B.
ic siic (mhd. ich sihe) ich sehe nach p siet er sieht u. ä. Fällen.
2. Fortgefallen ist weiter mhd. ch (h) in unbetonter Silbe, z. B. seget
(mhd. scheckeht) scheckig.
3. Mhd. ch ist fortgefallen in khceirica (mhd. kirchtcihc) Kirchweihe.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
222
Hans Batz.
Anm. 2. In buSd&m (neben buxSdäm) (mhd. buochstap(b)) Buchstabe
liegt ■wohl Assimilation vor.
4. Stimmlose Reibelaute fallen fort nach Vokal im unbetonten
Auslaut:
a) mhd. ch in dem mhd. Suffix -lieh und - liehe ; in Enklitiken wie
nu noch; nüntt noch nicht; glai gleich, sogleich; i, mi, di ich, mich,
dich usw.;
b) mhd. y (d. i. x, c) in mailidi mein Lebtag, sowie immer in der
G-Ma., z. B. in khüüni König; breedi Predigt; esi Essig u. &. und in den
Adj. auf mhd. -ig (-ic), z. B. fpdi fertig.
In diesen Fällen wird es gemeinbambergisch oft gehört: breedic,
ftadic, frailic u. ä.
Fiir die anderen stimmlosen Reibelaute gibt es keine entsprechenden
Beispiele.
5. Mhd. b ist fortgefallen a) im Auslaut, z. B. buu (mhd. buobe)
Bube, Junge; oo ab, roo herab, noo hinab;
bl durch Assimilation vor k in likhüuy Lebkuchen; Sükhän Schub¬
karre (§ 178, 2 a).
6. Mhd. d schwindet
a) im Auslaut in bal (mhd. balde) bald;
b) durch Assimilation
a) nach n, m, l, r (s. § 117, 2 — 5 und § 177, lb);
ß) vor Explosiven (s. § 117, S).
Mhd. t ist fortgefallen:
a) in mhd. -htes in niys' (vegs) (mhd. nihtes) nichts, sowie beim
Verbum, z. B. läigst (mhd. liuhtest) leuchtest; wögst (mhd. mähtest) möch¬
test, und im Superlativ, z. B. Siegst (mhd. slehteste) schlechteste;
b) in mhd. -htm, z. B. fysriy (mhd. vürhten) fürchten;
c) durch Assimilation vor Explosiven (§ 121, 2b und § 178, lb);
d) in der Verbalendung tet > tt > t, z. B. bet betet, und ttet >
tt > t, z. B. gerSt gerettet;
e) in gel (mhd. gelte) gelt (Adv.); wank (mhd. market) Markt; is
(mhd. ist) ist; sen (mhd. sint) sind;
%
f) in hdubmää Hauptmann.
7. k ist geschwunden durch Assimilation vor k bzw. g, •/.. B. sdgäs
Sackgasse; drlyglöos Trinkglas.
8. n ist geschwunden
a) im Auslaut (teils mit Näselung und Dehnung) (§ 97), z. B. naa
nein; khä kann;
b) vor apokopiertera e, z. B. glaa (mhd. kleine) klein; Söö (mhd.
schtbne (§ 96ea und Anm. 1);
c) vor Reibelauten, s. § 96 e/?.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
223
Lautlehre der Bamberger Mundart.
VL Anfügung und Einschub you Konsonanten.
§ 186. 1. d ist
a) angefügt vor die Vorsilbe er-, Beispiele 8. § 119, 1;
b) eingeschoben (s. § 119, 2 — 6)
a) zwischen n (y) und l, z. B. mendla Männlein; aiydli eigentlich;
ß) zwischen n, i und s ($), z. B. hälds Hals; f&ldS falsch;
y) zwischen f und n, z. B. häfdn Haufen;
d) zwischen S und n, z. B. feesSdn Ferse;
e) zwischen 8 und l, z. B. khesdl Kessel;
t) nach wen, op usw., s. § 119, 6.
2. t ist angefügt
a) in n&ät nahe (s. § 122, 1);
b) wie in der Schriftsprache:
a) in määnt Mond;
ß) in obst Obst; bädbst Papst; sundst sonst;
außerdem in aneSt anders;
y) in dnethälp anderthalb:
c) nach f in sempft Senf; hätnpft Hanf;
d) nach c (x) in laict Leiche; haxt Habicht; nuxet nachher;
e) in gemtsnt gemessen.
Vgl. dazu § 122.
3. s ist eingeschoben
a) in wildst willst (§ 102 Anm. 3);
b) nach wen, wal, op usw. vor der 2. Sing., s. § 1U4, 2.
c) in dugsn ducken und samst samt, s. § 104, 3.
• 4. I ist eingeschoben in miiaäliy Wirsing; baalwis Beifuß; dabledsihn
tapezieren usw., s. § 90 Anm.
5. n ist a) angefügt in näst Ast, s. § 95 Anm. 1; vielfach am Ende,
8. § 98, 2;
b) gerne eingeschoben in Fremdwörtern, z. B. brisndtnt Präsident
usw., § 96 Anm. 6.
6. p ist angefügt bei anlautendem vl, s. § 100 Anm. 1.
7. h ist angefügt in huldane Ulan, § 109 Anm. 3,
eingeschoben in frändshöos Franzose, § 110 Anm. 1.
8. Wie in verschiedenen süddeutschen Maa. wird auch in der Bam¬
berger Ma. ein s in Volksliedern, besonders Soldatenliedern eingefügt,
hauptsächlich nach den persönl. Pron. ic, duu usw., sowie nach den dazu
gehörigen Verbalformen, soweit sie nicht selbst auf s odersf endigen, z. B.
ai du bluudjüye, Sööne wildäüds,
ai was wildst duus den älhlh?
* *
daine ivundprSoöne bügse,
ai di neemens wms diis;
oder wens wihrs bai den meedcen $ laufen
sains w>3s unsen Ihöönic glaic;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
224
Hans Batz.
oder slicräic wolns imiss frdygräic Slaaxen,
Mürben als am dapfr^r heit.
9. Zum Einschub eines hiatustilgenden r und n vgl. § 187, 2.
VH. Sandhi.
§ 187. 1. Die Regeln, die über Assimilation, Vereinfachung von
Geminaten und Ausfall von Konsonanten gelten (§§ 177—182, 185), treten
auch im Sandhi in Wirksamkeit, z. B. $s hödagldakhäft er hat ein Kleid
*
gekauft: si sinedöo sie sind nicht da; qibna a Sdükhüun gib ihm ein
Stück Kuchen!
Die Sandhiregeln gelten auch für die Zusammensetzung der Wörter,
z. B. läykhädn Landkarte; lämpfäre Landpfarrer; bdbrundse Bettpisser.
2. r und n, die im Auslaut usw. öfters abfallen, lauten meist (doch
vgl. § 96 Anm. 1) wieder, wenn sie im Sandhi intervokalisch werden,
z. B. gerne gehen wir, aber: eds gdmeröwe jetzt gehen wir aber; ic wqs
*
ich war, aber: do wgsri da war ich; fädtis von dir, aber: fänera von ihr,
wie ja auch das r der Vorsilbe rer- und er- vor Vokalen lautet, s. §91, 6.
Sekundär, als hiatustilgend eingeschoben, ist das n in duni tue ich;
geni gehe ich (§ 97 Anm. 2 und § 98).
So wird auch gelegentlich (nicht immer!) ein hiatustilgendes r ein¬
geschoben, besonders dort, wo die Endung -en nach Vokal oder Nasal
\ /
als -a erscheint, z. B. dii khünaröice Soö siya! die(se) können aber schön
singen! dli styaröivs Söö! die(se) singen aber schön! iis müsdn brünaröws
dsüdegy! ihr müßt den Brunnen aber zudecken! miis bduara nääis hdus
wir bauen ein neues Haus.
§ 188. Im Satzsandhi wird r-ez, zu rs (nicht r.?), z. B. do hämes
da haben wir es (§ 101 Anm. 3), ebenso bleibt r-s und wir nicht r-S ,
z. B. des u't’s sduwe das wäre sauber (§ 103 b am Ende).
Literatur.
1. Bahder, K.v., Die Grundlagen des nhd. Lautsystems, Straßburg 1890.
2. Böhme, 0., Zur Kenntnis des Oberfränkischen im 13., 14. u. 15. Jahr¬
hundert. Dissert Leipzig 1893.
3. Böhme, 0., Beiträge zu einem vogtländischen Wörterbuch, Progr.
Reichenbach i. V. 1888.
4. Braune, W., Althochdeutsche Grammatik 2 , Halle 1891.
5. Bremer, 0., Deutsche Phonetik (Sammlung kurzer Grammatiken
deutscher Mundarten, Bd. I), Leipzig 1893.
6. Bremer, 0., Zur Lautschrift (Anhang zum vorigen), Leipzig 1898.
7. Brenner-Hartmann, Bayerns Mundarten, 1892 ff.
8. Frommann, J. K., Die deutschen Mundarten, Nürnberg 1853 ff.
(N. F. 1877).
9. Gebhardt, A., Grammatik der Nürnberger Mundart (Sammlung kurzer
Grammatiken deutscher Mundarten, Bd. VII), Leipzig 1907.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Lautlehre der Bamberger Mundart.
225
10. Gerbet, E., Grammatik der Mundart des Vogtlandes (derselben Samm¬
lung Bd. VIII), Leipzig 1908.
11. Haupt, A., Die Mundart der drei Franken (Bavaria III), München 1865.
12. Heilig, 0., Grammatik der ostfränk. Mundart des Taubergrundes usw.
(Samml. kurzer Gramm, deutscher Mundarten, Bd. V), Leipzig 1898.
13. Hertel, L., Die Salzunger Mundart, Dissert. Jena, Meiningen 1888.
14. Kauffmann, Fr., Dialektforschung (Anleitung zur deutschen Landes¬
und Volksforschung, herausgeg. von A. Kirchhoff), Stuttgart 1889.
15. Kluge, Fr., Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache 6 ,
Straßburg 1905.
16. Lexer, M., Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Leipzig 1872 — 78.
17. Nicolai, Fr., Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die
Schweiz i. J. 1781, Berlin u. Stettin 1783.
18. Paul, H., Prinzipien der Sprachgeschichte 8 , Halle 1898.
19. Paul, H., Mittelhochdeutsche Grammatik 6 , Halle 1900.
20. Paul, H., Grundriß der germanischen Philologie 2 , Straßburg 1896ff.
21. Paul u. Braune, Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache
und Litteratur, Halle 1874 ff.
22. Philipp, O., Die Zwickauer Mundart, Dissert. Leipzig, 1897.
23. Rapp, F. K., Versuch einer Physiologie der Sprache IV, Stuttgart u.
Tübingen 1841.
24. Salzmann, J., Die Hersfelder Mundart, Dissert. Marburg 1888.
25. Schmeller, J. A., Die Mundarten Bayerns grammatisch dargestellt,
München 1821.
26. Schmeller, J. A., Bayrisches Wörterbuch*, bearb. von Frommanu,
München 1869 —78.
27. Sievers, E., Grundzüge der Phonetik 4 , Leipzig 1893.
28. Socin, A., Schriftsprache u. Dialekte im Deutschen usw, Heibronn 1888.
29. Spieß, B., Die fränkisch-hennebergische Mundart, Wien 1873.
30. Techmer, J., Phonetik, Leipzig 1880.
31. Trautmann, M., Die Sprachlaute, Leipzig 1884 — 86.
32. Vietor, W., Elemente der Phonetik usw. 8 , Heilbronn 1894.
33. Wegener, Pli., Über deutsche Dialektforschung (Zeitschr. f. deutsche
Philol. XI), 1880.
34. Weigand, Fr. L. K., Deutsches Wörterbuch 6 , Gießen 1909/10.
35. Wörterbuch, Deutsches, der Brüder Grimm.
36. Wein hold, K., Bayrische Grammatik, Berlin 1867.
37. Weinhold, K., Mittelhochdeutsche Grammatik*, Paderborn 1883.
38. Wein hold, K., Über deutsche Dialektforschung, Wien 1853.
39. Winteler, J., Die Kerenzer Mundart des Kantons Glarus usw.,
Leipzig 1876.
40. Zeitschrift für deutsche Mundarten.
41. Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten.
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII.
Digitized by
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
226
Oskar Philipp.
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens
nach den deutschen Flnrnamen.
Von Oskar Philipp.
Seit W. Arnolds »Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme,
1875 (1881 *)« wissen wir, wie man aus bestimmten Ortsnamen — bei
zusammengesetzten aus ihren Grundwörtern oder Bestimmungswörtern —
auf den Volksstamm schließen kann, dem der Gründer des Ortes angehörte.
Diesen Zusammenhang zwischen Ortsnamen und Besiedlung verfolgen im
Königreich Sachsen u. a. 1 namentlich zwei Arbeiten: E. Gerbets Disser¬
tation «Die Mundart des Vogtlandes, 1896« (S. 59 — 64) und A. Meiches
Aufsatz »Die Herkunft der deutschen Siedler im Königreich Sachsen
nach den Ortsnamen und Mundarten«, Deutsche Erde 1905, S. 81 ff.
Letzterer bedauert, daß er sich vorläufig noch mit den Ortsnamen be¬
gnügen müsse, also die Flurnamen noch nicht heranziehen könne. Diese
Lücke wenigstens zum Teil, d. h. für den Südwesten Sachsens, auszu¬
füllen und damit zugleich einen Beitrag zur Mundartengeographie
zu liefern, sei der Zweck dieser Untersuchung. Unsere Hauptquellen
hierfür — sämtlich im Hauptstaatsarchiv Dresden, das, wie ich dankbar
anerkenne, vorliegende Arbeit erst ermöglicht hat — sind:
1. Die Erbbücher der alten sächsischen Ämter, zumeist aus der
Mitte oder der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, und zwar die der drei
vogtländischen Ämter Voigtsberg (1542), Plauen (1506) und Pausa 2 (1506),
ferner Planitz b. Zwickau (1662), Stollberg (1591) und Grünhain (1546,
1548, 1593). Schmerzlich empfunden habe ich es hierbei, daß die Erb¬
bücher der Ämter Wiesenburg (südlich von Zwickau) und Werdau ver¬
schollen sind. Für letzteres boten einigermaßen Ersatz eine größere
Anzahl Aktenstücke 8 aus dem Archiv des Schlosses Schweinsburg zwischen
Werdau und Crimmitschau.
2. Berainungsakten, zumeist über strittige Forstgrenzen des west¬
lichen Erzgebirges, von 1560 bis an den Anfang des 18. Jahrhunderts.
3. Die Steuerkataster des Amtes Zwickau, fast ausnahmslos aus
der Zeit zwischen 1661 und 1705. Die außerordentlich geringe Ausbeute
an Flurnamen aus diesen rund 250, z. T. recht umfangreichen Akten¬
stücken hat mich veranlaßt, mich vorläufig auf dieses eine Amt zu be¬
schränken, das mir als sprachliches Grenzgebiet überhaupt das wichtigste
1 M. Schmidt, Zur Gesch. der Besiedelung des sächs. Vogtlandes, Progr., Dresden
1897 (mit weitem Literaturangaben auf S. 41), und A. Laug, Grenzen, Unterschiede und
Herkunft des Westerzgebirgischen, in dieser Ztschr. 1907/08.
* Plauen und Pausa nach der Bearbeitung von C. von Raab in den MitteiL des
Altertumsvereins Plauen XV (Beilage v. J. 1902; und XVI (Beilage v. J. 1903).
* Seit etlichen Jahren im Besitz des Gewerbevereins zu Crimmitschau, dem ich
für die freundliche Erlaubnis zur Durchsicht auch hier aufrichtig danken möchte.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 227
zu sein schien. Eine Durchsicht der Steuerlisten der übrigen Ämter
hätte den Abschluß der vorliegenden Arbeit um mehrere Jahre hinaus¬
geschoben.
4. Flurbücher, leider verhältnismäßig wenig, aus den Jahren
1757 — 1826.
5. Die Flurverzeichnisse, die das Kgl. Finanzministerium im
Jahre 1835 von sämtlichen Gemeinden — von vielen leider erfolglos —
eingefordert hat.
6. Die 1902 von der Kgl. Sächs. Kommission für Gesch. an die
Gemeindevorstände zur Ermittlung der älteren Flurverhältnisse ausge¬
sandten Fragebogen. Meine Belege mit der Jahreszahl 1902 oder 1903
stammen aus diesen, Angaben ohne Jahr oder mit der Jahreszahl 1835
(1836) aus der Quelle unter Nr. 5.
Abkürzungen und sonstige Quellen.
A. = Amtshauptmannschaft
Erbb. = Erbbuch.
Flurb. — Flurbuch.
Flurv. = Flurverzeichnis.
Göpf. — Gottlieb Göpfert, Gesch. des Pleißengrundes (1794).
H.St.A. — Hauptstaatsarchiv (Dresden).
Lehm. — Christian Lehmann, Schauplatz der natürlichen Merk¬
würdigkeiten im Meißnischen Obererzgebirge, 1699.
Meitzer (1684) = Christian Meitzer, ... Beschreibung der .. . Bergk-Stadt
Schneeberg, 1684.
Meitzer (1716) = Historia Schneebergensis renovata, 1716.
Ob. = Oberreits Landesatlas von Sachsen, nach der 1781 be¬
gonnenen Landesaufnahme 1821 —1860 in Kupfer ge¬
stochen.
Oesf. = G. Fr. Oesfeld, Hist. Beschr. einiger merkwürdiger Städte
im Erzgebirge, 2 Teile, 1776 und 1777.
Oettel = Joh. Paul Oettel, . .. Historie der .. . Berg-Stadt Eyben-
stock, 1748.
QuatStK. = Quatembersteuer-Kataster.
St. Sch. K. = Steuerschock-Kataster.
Top. K. = Topographische Karte vom Königr. Sachsen (1:25000).
Z. f. (h)d. Maa. = Zeitschrift für (hoch)deutsche Mundarten, herausg. von
Heilig und Lenz, 1900 ff.
Wenn ich gerade den Südwesten Sachsens ausgewählt habe, so
leitete mich dabei eine aus vieljähriger Beschäftigung mit dem Gegenstand
gewonnene Erkenntnis: die Zwickauer Gegend — um diese wird sich’s
vorzugsweise handeln —, in der sich Yogtländisch, Erzgebirgisch, Ober¬
sächsisch und Altenburgisch berühren, bietet ein Bild der Besiedlung,
wie es sich bunter in so engem Rahmen in Sachsen kaum wieder findet.
15*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
228
Oskar Philipp.
Daß mir als geborenem Zwickauer diese Gegend von Jugend auf lieb
und vertraut ist, mußte mich zur Untersuchung nur noch mehr anreizen.
Ehe wir an unsere eigentliche Aufgabe gehen, empfiehlt es sich,
die für die Mundartengeographie bedeutungsvollen Ortsnamenfamilien
kurz zu erwähnen, die der Gegend um Zwickau ihr Gepräge aufdrücken.
Die echt mitteldeutschen Ortsnamen mit NauNieder-, -bom,
-rode, -hain finden wir nördlich der Linie Werdau — Zwickau; südlich
davon — abgesehen von ganz vereinzelten Ausnahmen — statt dessen
nur die auf Oberfranken und Oberpfälzer deutenden Neu-, Unter-,
-brunn, -reut, -grün. Sehen wir nun zu, ob die Flurnamen dieses
Ergebnis bestätigen:
1. Nau-, Neu-.
Das in mitteldeutschen, besonders rheinfränkischen, hessischen und
thüringischen Ortsnamen so häufige Nau- hat sich in den Flurnamen des
untersuchten Gebiets, des Vogtlands und westlichen Erzgebirges, über¬
haupt nicht gefunden.
2. Nieder-, Unter-.
Will man diese Grenze mit Hilfe der Flurnamen abstecken, so
stößt man auf ungleich größere Hindernisse als bei den Ortsnamen (für
die ich die Grenze früher einmal gezogen habe, Z. f. hd. Maa. 1902, S. 85 f.).
Bei den Ortsnamen handelt es sich um Bezeichnungen, die, früher nicht
selten schwankend, endlich fest geworden sind, so daß es heute niemand
mehr wagt, einen Ort AYederzwönitz gelegentlich auch einmal Unter-
zwönitz zu schreiben, wie es vor Zeiten öfters geschieht: 1548 aus der
nider(n) cxwenitx (Erbb. Grünhain 2a, Bl. 29b u. 47); Vnter Zwenitx
1548 (ebenda 2b, BL 1); Nider Zwenitx 1548 (2b, Bl. 348); Mit dem
Dorff vntter Zwenitx. 1593 (3a, Bl. 88). Dies nur ein Beispiel für viele.
Höchstens am grünen Tisch entstehen heuto noch für Gegenden, wo das
Volk nur Nieder- kennt, Neuschöpfungen wie £7w/erherold (Haltestelle,
zur Gemeinde Herold bei Annaberg) und Lößnitz (Erzgebirge) unterer
Bahnhof, trotzdem die Eingeborenen nur ein Niederlößnitz, einen Nieder¬
graben, ein Niederes Thor kennen, trotzdem dicht bei dem Städtchen ein
Niederaffalter liegt.
Dort, bei den Quellen der Flurnamen, ist in jedem einzelnen Falle
erst zu untersuchen, ob die Namen auch wirklich ein Einheimischer
niedergeschrieben hat Leider sind unsere Quellen nicht immer derart,
daß man’s unbedenklich wagen dürfte, mit ihrer Hilfe die Grenzlinie
zwischen Nieder- und Unter- zu ziehen. Nur soviel ergibt sich mit
Sicherheit: das Vogtland weist eine Unzahl echter Unter-, aber kein
einziges zweifelloses Nieder- in den Flurnamen auf. Ihr Gebiet deckt
sich also mit dem der Ortsnamen (Unmenge Unter-, ein AYccferauerbach).
3. -bom, -brunn.
Die drei vogtländischen Amtshauptmannschaften Ölsnitz, Plauen and
Auerbach kennen nur -brunn, bis auf zwei Ausnahmen: in den Flurv.
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Dio Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 229
von Christgrün und Pansdorf bei Elsterberg findet sich Born, im ersteren
ein Bornuneschen und Bornackerchen, in letzterem Bornfeld, -wiese, -holx,
Bom(s)acker. Das Pansdorfer Verzeichnis scheidet aber als verdächtig
aus, da es nicht von der Hand des Ortsrichters herrührt Das Christ¬
grüner ist zwar vom »Oberrichter« geschrieben, die Handschrift ist jedoch
für die damalige Zeit (1835) so schön, daß man es schon danach eher
einem Schreiber von Beruf zuweisen möchte. Zudem bietet es außer
Born noch andere nichtvogtländische Formen (die Bach, die Schu;?/>en-
wies« statt der echt vogtländischen der Bach und Schu/j/enwies), so daß
mir’s jetzt, nach einem Briefwechsel mit Herrn Prof. Dr. E. Gerbet,
mindestens zweifelhaft erscheint, ob das Christgrüner Flurv. wirklich vom
Ortsrichter stammt.
Vom Vogtland greifen die Flurnamen mit Brunn auch nach Norden
und Osten über, zunächst ins Gebiet der A. Zwickau. Belege haben
sich gefunden aus den Fluren Cainsdorf (Erbb. Planitz, 1662), Ebersbrunn,
Giegengriin 1 , Jahnsgrün sö. Hartmannsdorf s. Kirchberg (Bei/ Besichtigung
der Jahnsgrün ... Ist der Anfang gemacht worden am Heiligbrun 1679,
Die Bereinung des Wiesenburg. Oberforstes, de ao: 1664 . . . betr., H.St.A.
Dresden, Rep. VII, Loc. 34212, No. 3, Teil 4, Bl. 39); am heiligen Brun
1704 (ebenda Loc. 34211, Schwarzenberg No. 5, Bl. 32), Lichtenau,
Lichtentanne, Lindenau (1688 und 1712, St.Sch.K. Amt Wiesenburg),
Zwickau-Marienthal (der »Böse Brunnen «, schon 1656 in der Zwickauer
Chronik von Tobias Schmidt, II, 57 erwähnt, liegt zwischen dem Dorfe
Weißenöorn und dem Rittergute Weißen^r?/»«), Niederplanitz (Frauen
Brunwiese, Erbb. 1662, Brujnciese, An Schaafbrunnen 1835) und Ober¬
planitz, Ruppertsgrün, Stangengrün, Voigtsgrün (1662), Wildbach und
Wilkau ( Brunne Wies 1835), sämtliche Orte südlich der wichtigen
Linie Werdau-Zwickau und links der Mulde, während nur wenige den
Fluß überschreiten: Grünau bei Wildenfels (das Brun Wieslein 1835),
Wildenfels selber und Thierfeld; aus dem nahen Beutha ist mir Brunn
als Gattungsname bekannt. Zu beachten ist noch, daß von diesen
16 (17) Orten nicht weniger als 6 schon im Namen oberdeutsches Ge¬
präge tragen: Ebers6r?rnn; Giegem/rü«, Rupports^n'm, Stangen^rön,
Voigtsr/rtm und Grü?i&u, mundartlich »td Klud(ckrii « (wegen seiner
Kalkbrüche).
Im nördlichen Teile der A. Zwickau aber gilt ausschließlich Born,
und zwar — ich gehe von Westen nach Osten — in Zwirtzschen, Stöcken,
Rußdorf, Thonhausen, in und bei Crimmitschau, Königswalde (»Unten
am Dorfe . . . liegt ein Brunn, der der heilige Born heißt « 1794, Göpf.
S. 308), Mosel (an dem sog. Frlsborn), Oberrothenbach (der sog. Leiten-
bom). Bei Crimmitschau möchte ich hervorheben, daß die alten Quellen
nur Born kennen: so heißt es 1502 » begm Stockborn, wenn man in die
Carthausen (Rittergut Carthause) gehet . . . unter dem Stockborn, Göpf.
1 Aus dem benachbarten Saupersdorf s. Kirchberg kenne ich prini = Brunnenwasser.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
230
Oskar Philipp.
S. 106/107; in den Schweinsburger Akten wird 1626 auf Leitelshainer
Flur ein Born Steig erwähnt und 1755 der Creux Born im Sahnwald,
der heute noch bei allen älteren Crimmitschauern nicht anders heißt
Seitdem aber die Wasserleitung in der Stadt besteht, seitdem man also kein
Bomivasscr oder kurz Born mehr auf der Straße zu holen braucht, so daß
auch der Bornetänder im Hause überflüssig geworden ist, seitdem drängt
sich, wenigstens beim jüngsten Geschlecht, das nicht bodenständige Brunn
ein, auch in den alten Namen Kreuzbom. Ähnlich in Zwickau, nur
daß man da vielleicht von jeher zwischen Born und Brunn geschwankt
hat, vgl. Z. f. hd. Maa. 1905, S. 43.
Nach Südosten zu schließt sich die A. Schwarzenberg an. Leider
sind hier die allermeisten Flurv. von berufsmäßigen Schreibern angelegt
worden. Nur das von Hundshübel stammt vom Richter, obwohl es sehr
flotte Schriftzüge aufweist Hier steht einmal » bis an (den) Brunnen*.
Vielleicht ist das der > prunskhastn« im südlichen Teil des Dorfes, den
Gerbet (in der Z. f. hd. Maa. 1900, 129/30) erwähnt, während eine Quelle
im Norden nach ihm der Porn heißt, wie es in Hnndshübel auch pom-
kras, einen tsiiporn und pornStanlr gibt. Ob. (Bl. XIX, 1828/31) ver¬
zeichnet in der Nähe des Dorfes einen Gold Brunn, Gnind Brunn und Stein
Brunn neben einem Pferde Born, dieser aber heißt in Schreyers Chronik
des Kirchdorfes Hundshübel, 1899, S. 4, Pferde Brunnen. Mir scheint
dies als Angabe des Ortsgeistlichen glaubwürdiger als die Oberreitsche
Karte, die zwar, was den Stich betrifft, geradezu musterhaft, in ihren An¬
gaben aber nicht immer zuverlässig ist. Soviel steht jedenfalls für Hunds¬
hübel fest, daß dort Brunn neben Born vorkommt. Einen Porn besitzt
(nach Gerbet, a. a. O.) auch noch Sachsenfeld sö. von Aue, und in Aue
selbst kommt, anscheinend aber ganz vereinzelt, porniop = Wassertopf vor.
Im übrigen herrscht Brunn in der ganzen A. Belege aus etwa
20 Fluren, z. B. wird bei Lößnitz 1410 ein Wald erwähnt (Oesf. I, S. 208),
»genannt der Hochbrunn* ; in Lößnitz selbst heißt die Vorstadt nach
Aue zu das » Brunnstädtcl «, so schon bei Oesf. I (1776), z. B. 98; das
Erbb. von Grünhain Nr. 2b vom Jahre 1548, Bl. 352, kennt den Mittags¬
brun, ein Waldrevier, dessen Lage 1593 (Nr. 3a T Bl. 12) so bestimmt
wird: leit xurischen dem Spiegelualdt vnnd dem Viehknochen hintter dem
Closter, also südlich von Grünhain nach Beierfeld zu, dessen Flurbuch
(1813) ihn auch erwähnt: am sogenannten Mittags-Brunn. Dasselbe
Erbb. (1593) nennt kurz dahinter auch den Fuchsbrunnen nw. des Städt¬
chens; Eibenstock (in dem sog. Gold-Brunnen 1748, Oettel, S. 204;
Wiese, der Goldbrunnen genannt, Flurb. 1806; am Sauerbrunnen, Be¬
obachter an der Mulde, Eibenstock 1851, S. 199).
In der im Nordosten an Zwickau angrenzenden A. Glauchau
herrscht fast ausnahmslos Born, für Brunn habe ich nur ein sicheres
Beispiel gefunden: in Callenberg (Stadt) gibt es 1836 ein e Brunnemciese
und einen Brunnenteich. Bei der Menge der Belege für Born beschränke
ich mich auf zwei, dafür aber sehr bezeichnende, beide aus den Flurb.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 231
von 1768: in Remse besteht damals ein Gemeinde Brunn, Richter Michels
Born genannt, und in Kleinchursdorf ein eingemäuerter Brunn, vulgo
Schwarxhannßens-Born genannt. Es ist sehr lehrreich, an solchen Stellen
zu sehen, wie sich der Schreiber des Unterschieds zwischen Schriftsprache
und volkstümlicher Redeweise deutlich bewußt ist.
Wie in Glauchau, so gilt Born auch östlich davon in der A. Chem¬
nitz. Ich greife nur ein paar Beispiele heraus: Stadt Chemnitz (Bom-
teich 1836), Euba (die Börner Wiese 1835), Seifersdorf (bis an Lindenbom
1835), Wittgensdorf (beym Hasenbom 1835). Dagegen tritt weiter süd¬
lich, in der 1910 von Chemnitz abgezweigten A. Stollberg, wieder
Brunn auf. Südwestlich von Brünlos liegt ein Waldstück » der Bären¬
brunn* 1903 (der Bärenbrunnenwald 1835, der bereits 1591 im Stoll-
berger Erbb. Bl. 25 erwähnt wird: Das Stoibergische Wasser Entspringt
aus dem Streithwald aus dem Beerenbrun genandt)\ 1835 weist Nieder¬
würschnitz eine Brunwiese auf, und Ölsnitz ein Brunwiesefleckchen;
Angaben über Oberdorf aus der heutigen Mundart s. diese Ztschr. 1911,
S. 362. Sicher gilt Brunn auch in der anstoßenden A. Annaberg:
Geyer (der Haderbrunn. Lehm. 253); Schlettau (den süßen Kühl- und
Löschbrunn in der Schlettau, ebenda S. 252); Steinbach (Feld, Gänse¬
brunn 1836), wohl auch noch in der Marienberger Gegend.
Vergleicht man die beiden Bruim-Born-Linien, so ergibt sich zwar
eine allgemeine Übereinstimmung des Gebiets der Ortsnamen mit dem
der Flurnamen, im einzelnen wird aber die Ortsnamenlinie durch
unsere Ergebnisse bedeutend ergänzt: jenseits der Verbindungslinie
Weißenbrunn bei Zwickau und Breitenbrunn südlich Schwarzenberg liegen
nur ganz vereinzelte Orto auf -brunn, wie Schönbrunn westlich Wolken¬
stein; die entsprechenden Flurnamen aber greifen viel weiter und in
dichterer Masse nach Osten über die Zwickauer Mulde hinüber: wir
treffen sie in Callenberg, in und bei Wildenfels, Thierfeld, Niederwürsch¬
nitz, Ölsnitz, Brünlos, Lößnitz, Dittersdorf, Niederpfannenstiel, Grünhain,
Kühnheide, Mittweida b. Schwarzenberg usw.
Anderseits schiebt sich Born in Flurnamen, allerdings ganz ver¬
einzelt, nach Süden in das Gebiet der Brunn- Orte: Gerbet hat das fest¬
gestellt für Hundshübel und Sachsenfeld im westlichen Erzgebirge.
4. -reut, -rode.
Es sei zunächst daran erinnert, daß die Hauptmasse der Orts¬
namen auf -reut dicht gedrängt an der sächsisch-bayrischen Grenze
sitzt, daß sie nach Nordosten zu immer spärlicher werden und ihren
nördlichsten Vertreter in dem reußischen Orte Fraureuth sw. Werdau
haben, urkundlich zuerst 1349. 1
Wesentlich anders wird das Bild, wenn man die Flurnamen heran¬
zieht, zunächst im Vogtland: da stellt sich heraus, daß sie gl eich-
1 villarn Froucnrfd, Lehnbuch Friedrichs des Strengen, 1349/50, herausg. von
‘W. Lippert und H. Beschorner, Leipzig 1903, S. 3. Z. 1/2.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
232
Oskar Philipp.
mäßiger auf die drei A. verteilt sind: in Ölsnitz habe ich nahe an 60,
in Plauen gegen 55 und in Auerbach an die 40 ermittelt.
Die A. Zwickau, die nur einen einzigen Ort Reuth besitzt — es
ist der südwestlichste Punkt der A. überhaupt —, weist doch eine Anzahl
Flurnamen dieser Art auf, zum Teil ziemlich weit im Norden:
Wiesenburg sö. Zwickau, jenes alte Rittergut am linken Muldenufer,
das bis in die neuere Zeit herein Sitz des gleichnamigen Amtes gewesen
ist, besitzt 1619* Das Brachfeldt vf der hohen reid genand. Weist schon
diese Reut wie überhaupt die Sprache der ganzen Gegend zweifellos nach
Oberdeutschland als der Heimat der Mehrzahl der Siedler, so ist es höchst
bemerkenswert, daß ganz wenig weiter nördlich, ebenfalls am linken Ufer
der Mulde, ein adliges Geschlecht saß, das nur aus Süddeutschland
stammen kann: auf der »Armen Ruhe«, einem Rittergute, das samt dem
Dorfe seit 1476 Silberstraße heißt, finden wir nach Bönhoff die von Utten-
hofen, die mit Heinricus de Uthenhoven 1234 zum ersten Mal in der
Mark Meißen auftauchen*, »bereits vor 1251« 1 * 3 . Zwar brauchen sie sich
nicht gerade nach »dem mittelfränkischen Pfarrdorfe Uttenhofen (Amts¬
gericht Uffenheim)« zu nennen, wie Bönhoff 4 mit ziemlicher Bestimmtheit
annimmt, gibt es doch allein im heutigen Bayern nicht weniger als sechs
Dörfer und Weiler dieses Namens, vier andere (Baden, Unterelsaß,
Württemberg) gar nicht gerechnet; allein soviel steht fest: der Ortsname
Uttenhofen kommt nur in Süddeutschland vor, und von all diesen Utten¬
hofen hat das mittelfränkische Pfarrdorf allerdings die meiste Wahrschein¬
lichkeit für sich. Waren aber die ersten Besitzer der Armen Ruhe
wirklich aus Franken, so dürfen wir mit Bönhoff wohl auch »weiter
schließen, daß die Kolonisten, welche die Dörfer w. und s. von Wiesen¬
burg anlegten, ebenfalls aus dem — Frankeulande stammten«.
Die Stadt Kirchberg besitzt 1832 (Flur-Register S. 209) eine Ge¬
meinereuth, die noch 1908 auf der Top. K. als Gemcindereuthsberg er¬
scheint; Ebersbrunn südwestlich Zwickau hat 1835 eine Dornrcith neben
anderen gut oberdeutschen Merkmalen (-.das Lehla «, die Brunnwieße,
mehrere Beunten, Kleinod, Unter-, Bach männlich); das Flurv. von
Trünzig westlich Werdau kennt 1835 eine Beiden Wiese, wozu die alte
Reuth auf Oberreits Karte (Bl. XIII) vom Jahre 1850/52 wunderschön stimmt;
etwas weiter östlich verzeichnet Ob. noch zwei Reuten , die Sand Reith
südlich von Langenbernsdorf und die Fichtsreuth östlich vom Forsthaus
Neudeck, gerade auf der Landesgrenze, nordwestlich vom Dorfe Reuth.
Zwei wertvolle Belege dafür, wie mit der Umwandlung einer Rodung
in Ackerland das Wort Reut verseil winden kann, bietet Werdau. 1663 5
1 AViesenburgischer Gütere Auümessung lf>19, II.St. A. Dresden, Rep. VII, Loc.
34212, AViesenburg No. 1, Bl. 1.
3 Clera. Freiherr v. Hausen, Vasallengcsclileclitcr der Markgrafen von Meißen
(1892), S. 543.
8 Alt-Kirchberg. Mitteilungen des Altertunisvcr. f. Kirchberg, II (1909/10), S. 14.
* Ebenda S. 15. 6 Stewer Register Anno 16G3, Bl. 18.
Digitized by Google
Original from
UNIVtRSITYOF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 233
versteuert eine dortige Witwe Die Reut he am Walde und Das Feld am
Mühlwege, zusammen mit 10 vollen Schock, wovon 8 gangbar und 2 »caduc«.
Vier Jahre später, 1667 *, versteuert sie dieselben Schocke vom Feld am
Walde und Mühlwege. Ebenso bei einem anderen Werdauer: 1663* wird er
für Das Outh mit der Reuth herangezogen, 1667 1 * 3 aber heißt es einfach
Vom Outh, obwohl beide Male der Steuersatz derselbe ist (89 volle
Schock, davon 75 gangbar und 14 caduc).
In der Flur der Stadt Zwickau kommt keine Reut vor, das Wort
läßt sich aber nachweisen aus einer Rats Verschreibung von 1361, worin
es heißt: dax dritte hus , dax der stat waz kegin den cxawen ohir an
dem hoch, da bramrute nume ix VII. Schillinge, E. Herzog, Chronik, II
(1845), 888. Dieses »bramrute « läßt sich nur deuten als »Reut, Rodung,
auf der Brombeergestrüpp wächst«, und findet sein Gegenstück in der
Flurbezeichnung »die Bramreuth « zwischen Burkhardsgrün und Posseck
im oberen Vogtland,.Ob. Blatt XVIII (1647/50). Ein gut Stück nw. von
Zwickau endlich, beim Rittergut Bosenhof in der Flur von Kleinhessen,
erscheint im Flurv. (undatiert, aber sicher 1835) ein Rund mit Holtx . . .
die Reit genand. Diese Reut, etwa halbwegs zwischen Werdau und
Crimmitschau, ist die nördlichste 4 * 6 , die ich bisher habe finden können,
und darum besonders wertvoll.
Sämtliche bisher genannten Reuten liegen westlich der Mulde. Aber
auch auf dem rechten Ufer begegnen noch ein paar: in Vielau sö.
Zwickau ein Reit- Graben, erwähnt im Schneeberger »Berg-Buch de An.
1555« (Meitzer, 1716, S. 442), und im Nachbardorfe Oberhaßlau ein
»Holtxgi'undstück welches früher die Reithe genant [icurdc]« 1835, wohl
der »Grund früher die Raithe genant « 1844, und bei Hartenstein
1836 der Reithübel, ein Waldgrundstück, das auch Ob. noch angibt, dicht
dabei 1787 eine Schlucht der Reitgruben, Schumann, Lexikon von Sachsen,
III (1816), 686.
Aus der A. Schwarzenberg sind mir nur drei Reuten bekannt:
Schusters Reuth wsw. bei Oberstützengrün, also an der Grenze zwischen
Vogtland und Erzgebirge, Ob. Blatt XIX (1828/31); zweitens die »huuxd
Ra\t « bei Bockau, so nach A. Lang in dieser Ztschr. 1908, S. 17, schon
1585 6 daß gehöltxe so der (!) Hohe Reutten genandt, Vnnd mit der hohe[n\
reutten reinen . . die hohe Reidt 1621®, auch bei Lehm. 1699 (Hohereut)
1 Stouer Register Anno 1667, Bl. 59.
f St R. 1663, Bl. 22. 3 St. R. 1667, Bl. 63.
4 Südlicher, und zwar jenseits der Grenze, liegt Hohenölsen (sö. Weida) mit seiner
»Ijcedc ... welche (1841) die Reuth heißt*, Vogtl. altertumsforsch. Ver. zu Hohenleuben
16, S. 71. Hohenölsen wieder ist nördlicher als Reichenfels (Acker , die Reuthe genandt
1577, a. a. 0.76,77, S. 18), das auf gleicher Breite mit dem Dorfe Nitschareuth und dem
weiter östlich gelegenen Fraureuth liegt Schon bedeutend südlicher ist Greiz mit seiner
»hohen Rcid« 1672, a. a. 0. 54,55, S. 80.
b Reynung der Weide vnd Gehöltze im Ampt Schwartzenbergk . . . 1585 (II.St. A.
Dresden, Loc. 34211, Schwarzenberg No. 2), Bl. 9.
6 Ambts Schwartzenberg . . . Reinung 1621 (ebenda No. 3), Bl. 11.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
231
Oskar Philipp.
erwähnt, dann öfter in Körners >Bockauischer Chronik« (z. B. 1761 *auf
der hohen Reit«.) und im Bockauer Flurb. von 1826 (z. B. am Krieniiz-
bächcl bey der Hohen Reith), sowie im FJnrv. (an der sog. Hohenreuth),
und drittens kommt 1559 eine Reude bei Lößnitz vor, und zwar zwischen
dem Rumpelts-, dem Lößnitz- und dem Loßnitz- oder Alberoder Bach
(N. Arch. f. säcbs. Gesch. 1906, S. 250), auf neueren Karten jedoch ist sie
nicht mehr zu finden.
Auch die A. Stollberg, Chemnitz und Annaberg bieten ein
paar Beispiele: von Ölsnitz heißt es 1835 ». . . Holz, von der Loh bis
an die Reit; von der Schaaf-Trebe bis zur Reit« u. dergl.; zwischen
Altenhain und Dittersdorf liegt das Reutenholz (1835), bei Ob. das
Raith Holz, schon 1758 im Atlas Saxonicus Novus von Peter Schenk
'*Raithen Holz «. Endlich hat sich noch südlich von Annaberg in der
Gemeinde Stahlberg an der böhmischen Grenze eine Reut gefunden,
die Brandreuth (1835).
Wie aus dem Bisherigen hervorgeht, werden die Reuten von West
nach Ost immer spärlicher: in der A. Zwickau haben sich 11 nachweisen
lassen, in Schwarzenberg 3, Stollberg, Chemnitz und Annaberg je eine.
Höchst beachtenswert ist aber das Ergebnis, daß wir in einem Gebiet,
worin nur ein einziger Ort Reuth vorkommt, noch dazu unmittelbar
an der Grenze des Vogtlands, nicht weniger als 17 Renten als Flur¬
namen ermittelt haben.
Noch größere Überraschung bringen uns unsere Quellen, wenn wir
sie auf das Wort Rode hin prüfen: in demselben Gebiete, in dem Orts¬
namen auf -rode fast ganz fehlen (dem Vogtland), erscheinen die Flur¬
namen wider Erwarten häufig, allerdings fast immer verkappt unter der
mundartlichen Form Runs 1 * * * * * 7 , die von den Schreibern gewöhnlich mit
Ruhe, Roh u. ähnlich wiedergegeben wird. Bei etlichen dieser Flur¬
namen läßt sich freilich nicht entscheiden, ob Rode ■= Rodung oder die
Ruhe zugrunde liegt, in manchen steckt sicher das Eigenschaftswort rot
oder der Familienname Roth(e). So könnte die Bezeichnung Ruhplatz
im Flurv. von Wiedersberg im Vogtland an sich einen Platz zum Aus¬
ruhen bedeuten, wenn es auch als Rodeplatz wahrscheinlicher ist; eine
Rödeluiese braucht nicht aus einem Rödel, d. h. einer kleinen Rodung,
entstanden zu sein, sondern kann ihren Namen ebensogut nach dem
Besitzer Rödel bekommen haben usw. Aber trotz dieses Zugeständnisses
bleibt doch noch eine Menge Flurnamen übrig, die unzweifelhaft auf
Rode = Rodung zurückgehen. Dahin gehören zunächst Bezeichnungen
1 So, oder mit Artikel to lluua, lautet aucli Rodau b. Plauen im Volksmund (1224
1lode), neben Foschenroda b. Netzschkau (1140 Faschenrod, ma. Forsjruuj) der einzige
Ortsname dieser Art im Vogtland. Gerbet, S. 59. Der Ausfall des inlautenden d , der
mir u. a. auch aus dem 1835 (Flurv.) häufig vorkommenden vogtl. Flurnamen Zeidcltceik
< Zcid"liccide bekannt ist, findet sich genau so auf niederdeutschem Hoden: aus dem
alten Harzgau verzeichnet R. Block (Z f. d. Maa. 1911, S. 23 —25. nicht weniger als
7 Ortsnamen auf - roo9, darunter z. B. xnuiron3 < Suthrrrode 1018, Suderode.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 235
wie das Roth (Wildbach bei Stein, 1835) und die obere, die niedere Rod
(Stangengrün, 1835), wobei das verschiedene Geschlecht nicht überraschen
darf: schon in der alten Sprache stehen nebeneinander das Rod und die
Rod(e ), das letztere begegnet z. B. auch in dem erzgebirgischen Dorfnamen
Alberoda (bei Lößnitz), im Volksmunde 1 *td Olvnruut «. Ferner rechne
ich zu diesen echten Bezeichnungen Flurnamen wie Ruhacker, Roh- oder
Ruhfeld, die Roef)äume, Rohholx und Rohelzel, Roh-, Ruliland, Rohleite
(nicht zu verwechseln mit Rohlehde ), Ruhteich, Rohe- oder Ruhwies(e),
Ruhe- oder Rohweg , die Schafruh u. dergl. Danach ergeben sich:
in der A. Ölsnitz mindestens 10 Fluren, worin Rode vorkommt,
bei den meisten neben Reut,
in Plauen über 30 Fluren, darunter die Hälfte zugleich mit
Reuten , und
Auerbach mit mindestens 6 Fluren, überall neben Reut.
Ich beschränke mich auf einige Beispiele, die, wo nicht anders
angegeben, aus den 1835er Flurv. stammen.
Ölsnitz: Bergen (die rohe Wiese) ; Elster (Holz, die Ruhäeker)]
Eubabrunn (Wald, über der Schaafruh; vgl. aus dem Nachbardorf Wohl¬
hausen » Wald, der Sehaafruhhau « 1902): Planschwitz ( Wald, Rohleite
1902); Ramoldsreuth (Feld heist Ruland; Ruhwies)] Voigtsberg (Wald am
Ruheweg in Potland).
Plauen: Cunsdorf (Holz, Roh Lehde 1839); Elsterberg (Wald, das
Rödel 1902, nach Gerbet, S. 60, Riodl — Reedl, wohl das Röthel bei Ob.,
Bl. XIII v. 1850/2); Jösnitz (Holz, das Roh) und Kauschwitz (das ob. Roh),
zwischen beiden Orten bei Ob., Bl. XVIII v. 1847/50, das Roh; Langen¬
buch (die Roebäume); Mühltroff (Wälder 1903: Rödel; auf der Reuth)]
Reinsdorf (z. B. Rohteich 1835, auch bei Ob., Bl. XVIII); Reuth b. Guten¬
fürst (Wald, das Rodel)] Trieb (z. B. Roh-, Rohcholz 1835, bei Gerbet,
S. 60, s Raus, s Ruuohglls: dem Dorfe »fehlt die Ra(t ‘Reut*, die nur
selten, wie etwa in ti ältd Ra(t Ort, wo nichts wächst als ‘Staudenzeug’,
gebraucht wird«); Zschockau (Holz, das Rustädtel).
Auerbach: Herlasgrün (der Rohacker)] Schnarrtanne (Fussteig Ruhe
genannt)] Waldkirchen (die Rohwiese).
Ein Umstand fällt hierbei auf: während der Süden des Vogtlands,
die A. Ölsnitz, die meisten Reuten enthält, sowohl in Orts-,- als auch
in Flurnamen, weist er verhältnismäßig wenig Rode auf. Umgekehrt
bietet die A. Plauen weniger Belege für -reut, dafür aber fast dreimal
so viel -rode als Ölsnitz in den Flurnamen, wie es ja auch die beiden
einzigen Orte dieser Art — Rodau und Foschenroda — besitzt. Ich
erkläre mir das so, daß der Süden schon seiner Lage nach dem Einfluß
der aus Bayern kommenden Siedler am meisten ausgesetzt gewesen ist,
1 Z. f. d. Maa. 1 DOS, S. 17. Es hat sein Gegenstück in dem hessischen Olberode
(Kreis Ziegenhain), das (ebenda 1909, S. 370) 1353 Odolferode und jetzt im Volksmund
Olicarood lautet.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
236
Oskar Philipp.
der Westen aber einen stärkeren Strom Thüringer aufgenommen hat, der
sich nach Osten zu — Auerbach — allmählich verläuft Auch weiter
nördlich liegt es ähnlich:
Zwickau im Westen hat 5 — 6 Fluren mit -rode, darunter Stangen¬
grün (Feld, die neue Rod, die obere Rod, die niedere Rod) zugleich mit
-reut, Schwarzenberg aber nur 3 (z. B. Neidhardsthal-Unterblauenthal
eine neue Rode, 1835), während ich für Chemnitz und Annaberg kein
einziges Beispiel ermittelt habe.
Außer Rod(e) erscheint im östlichen Vogtland und westlichen Erz¬
gebirge hier und da auch die Rott, sö in Wernesgrün (z. B. Feld, die
neue Rott beym Wald); Wiedenberg (Fehl, die neue Rott an Wiedenberg);
Lichtenau (Feld, die Rotte, neben die Roth(e) und die Rodha ); bei Schnee¬
berg 1547, 1573 und 1682 eine Zeche in der Nassen Rott (Meitzer, 1716,
S. 680, 740 und 828).
Als bemerkenswert möchte ich endlich noch die Tatsache hervor¬
heben, daß die A. Glauchau bereits einen Beleg für die niederdeutsch
anmutende Form Rade- aufweist: die Gemeinde Cauritz besitzt einen
»Wald, das sog. Radeland l , jetzt (1903) urbar gemacht«. Die wenigen
anderen Beispiele weisen jedoch auf die Form -rode zurück: nordöstl.
von Rothenbach liegt nach Schenks Atlas von 1757 ein Roh Teich, und
1844 gehört zu derselben Flur ein Wald, das Rohland; der gleiche Flur¬
name begegnet 1836 in Wernsdorf und dem angrenzenden Schlunzig; in
letzterem heißt es einmal am Ruhland, woraus der Berufsscbreiber an
anderer Stelle eine Flurbezeichnung »der kleine, der grose RuhlmuU
macht, während eino Beilage von 1844, von der eckigen Hand des Ge¬
meindevorstands, wieder richtig daß Rohlandt bietet.
Werfen wir noch einmal einen Blick zurück, so glaube ich folgendes
behaupten zu dürfen: Auch wenn wir manchen mit Roh-, Ruh zusammen¬
gesetzten Flurnamen als zweifelhaft ausschalten, so bleiben doch noch
soviel echte Rode im Vogtland übrig, daß wir dort, zumal im Westen,
eine viel stärkere Einwanderung aus Thüringen annehmen müssen, als
es nach der Mundart und den Ortsnamen bisher möglich schien.
5. Grün und Hain.
Die Nordostgrenze des Verbreitungsgebietes der Ortsnamen auf -grün
wird gebildet durch die Dörfer Ruppertsgriin s. Werdau, Friedrichsgrün
sö. Zwickau (»id Friitr{cskrii «, jedoch erst 1755 gegründet), Griinau bei
Wildenfels (1401 das gantsc Dorff die Grün unter Wildenfelß, Schöttgen
u. Kreysig, Diplomatar. II, 546, mundartlich »fc Am* oder seiner Kalk¬
brüche halber »/a Khäl{ckrii«, wie schon 1710 Kalchgrün, Meitzer, 1716,
S. 443, und 1776 bei Oesf. I, 110 die Kalchgrün ), Qriina nördlich Lö߬
nitz (1532 die Gruna, Oesf. I, 236, im Volksmunde »/a Wcccetskrii*, also
1 So (d. linde Land sö. Gößnitz) schon 1813, Glasewald, Chron. der Stadt Gößnitz,
S. 205,1519 aber erscheint das Gehölz noch als das Radiant, 1520 als liodelant, ebendaS. 11-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 237
ein Gegenstück zu dem Dorfe Waitxengrün, 1408 Weixengrun, im nord¬
westlichen Böhmen), Orüna, 1442 cxu der Qrune, Cod. dipl. Sax. II, 6,
S. 359, westlich Chemnitz, und Grünau, zur Gemeinde Hopfgarten nördl.
Wolkenstein (beide »to Krii « wenigstens im Munde alter Einheimischer),
Bermsgrün und Rittersgrün südlich Schwarzenberg (mundartlich in der
Riltersgrü, z. B. 0. Dähnhardt, Volkstümliches aus dem Königreich Sachsen,
2. Heft, 1898, S. 30) und endlich die Wüstung Kämpfersgrün (Oesf. I, 111)
zwischen Beutha, Grüna und Gablenz bei Stollberg. Sämtliche Orte außer
Ruppertsgrün liegen schon östlich der Zwickauer Mulde.
Während nun südwestlich dieser Linie die Ortsnamen auf -grün
ungemein häufig sind und dem Vogtlande geradezu sein Gepräge auf¬
drücken, finden wir die Flurnamen hier verhältnismäßig selten, ganz im
Gegensatz zu -reut, bei dem es gerade umgekehrt ist
In der A. Ölsnitz begegnet uns die Grün in folgenden Fluren:
Blosenberg, Bobenneukirchen, Brambach, Elster (ein Stück Wald genannt
»die alte Grün« 1903, auch bei Ob., Bl. XVIII, 1847/50, und Peter
Schenk 1758 » Altegrün*), im Erlbacher Staatsforstrevier auf Zwotaer Flur,
in Eschenbach (1533 1 den Wald, Streitgrün genannt; 1542 im Erbb.
von Voigtsberg, BL 396 holtxs die Streitsgruehnn genant; bei Peter Schenk
1758 Streugrün, so auch 1903, 1835 aber die Streitgrün wie bei Ob.,
Bl. XIX, 1828/31), Eubabrunn, Gunzen, Hartmannsgrün {Feld, die Ganß-
grünn) , Landwüst (die hintere, die fodere Grün), Ober- und Untertriebei,
Wernitzgrün und Adorf: 1542 erscheint im Erbb. Voigtsberg, Bl. 76 unter
*Der von Adorf wueftung « ein Gruenn und ein Zins von eim halbem
hoff vff der grün, womit vielleicht das von E. Herzog (Arch. f. sächs.
Gesch. II, 77) aufgeführte ehemalige Dorf Grün gemeint ist.
Plauen besitzt nur 2 Fluren, worin Grün vorkoramt, Thossen und
Ebersgrün bei Pausa: in letzterem findet sich 1835 ein Holz die Reibolls-
grü, das bereits 1451* erwähnt wird als Reibesgrune, 1506 8 Die Reyberß -
grün, 1593 4 vff der Reiberfgrun und noch bei P. Schenk 1758 als Rei¬
bersgrün Bereits jenseits der sächsisch-reußischen Grenze, in der Ge¬
meinde Triebes n. Zeulenroda, findet sich 1522 1 * * 4 5 die Flurbezeichnung
»auf der grün«..
Nicht viel häufiger, 4 mal, begegnet Grün in der A. Auerbach:
so wird in der Flur Bergen 1836 ein Feld erwähnt »in der Gansgrün
gelegen «; diese Flurbezeichnung kennt auch Ob.,. Bl. XVIII (1847/50)
zwischen Zschockau und Unterbergen, während die Top. K. Bl. 143 (1877,
1890, 1904) an der Stelle etliche Güter namens Jahnsgrün angibt. Sodann
verzeichnet Ob., Bl. XIX (1828/31) dicht bei Gottesberg »die Grüne«,
einen Wald. Unterlimbach kennt eine Pfarrgrün 1835, die auch bei
1 Mitteil, des Altertumsver. zu Plauen 13, Beii. S 1H5.
* Mitteil. Plauou 1903, Beil. S. 14.
* Ebenda S. 106.
4 Erbb. Voigtsberg, Append. IV, Bl. 37.
* Variscia (Mittbeil, aus dem Arch. des Voigtl. altertumsf. Ver) 5, 8. 139 u. 150.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
238
Oskar Philipp.
Ob. XIII (1850/52) vorkommt, und endlich erscheint Grün 1835 sehr oft
in Schreiersgrün, z. B. die untere Wiese in der Grün, die Härte in der
Grün.
Aus der A. Zwickau ist mir nur eine Grün bekannt geworden,
die Jahnsgrün im Wiesenburger Forst, jetzt eine Häusergruppe sö. Hart¬
mannsdorf (bei Kirchberg) und zu dieser Gemeinde gehörig. Sehr an¬
ziehend ist es hier zu beobachten, wie aus dem ursprünglichen Flurnamen
allmählich ein Ortsname wird: noch lange nach der ersten Erwähnung
(1524 die Janßgrün bei Meitzer, 1716, S. 219, wo am Rande »Kauff der
Ganßgrün « mit mundartlichem g- für j- steht) wird sie nur ein Raum
im Walde gewesen sein, dessen Grasnutzung dem Amte Wiesenburg zu-
stand: 1619 1 * 3 * umfaßt » der wisenwachs vf der Jansgrün . . . sambt der
wenigen doran gelegenen hutweide « 11 Acker 24 Ruten, es ist aber auch
noch »viel an gehölx daroffen vorhanden «, denn der Flächeninhalt ins¬
gesamt beträgt 50 Acker 135 Ruten*. Der Wiesenwachs *uf der Gahns-
grühn « wird auch später noch oft erwähnt, so z. B. 1664*. 1817* stand
auf der Jahnsgrün ein einzelnes Gut, der Sitz eines Oberförsters, mit
6 Einwohnern. Heute 5 6 besteht die kleine Ansiedlung aus 3 Gütern. Sie
liegt dicht an der Grenze zwischen den beiden A. Zwickau und Sch warzen-
berg. Aus letzterer kenne ich drei Grün:
S. Eibenstock, auf der Grenze der Forstreviere Eibenstock und
Auersberg, erhebt sich eine waldige Bergkuppe (927 m) genannt die
Wintergrün, so bei Ob. XIX (1828/31) und auf der Top. K. Bl. 145 (1875
und 1897), während P. Schenk einmal Wintergrün und 1761 gar Wuntcr-
grtin druckt. Eine zweite Grün, die Grün schlechtweg genannt, liegt
dicht nördlich von Eibenstock, Ob. XIX (1828/31), vielleicht dieselbe, die
Oettel in seiner Eibenstocker Chronik (1748) unter den Jahren 1546 bis
1659 häufig erwähnt. Die dritte Grün endlich muß — genauer läßt sie
sich vorläufig nicht bestimmen — südöstlich von Lößnitz gelegen haben:
1522 leiht die Lößnitzer Johanniskirche dem Nicol Rau zu Dittersdorf
ein Stück Waldes u. einen Wiesenraum die Grün genannt, bey des
Michel Zechendorfs Grün, Oesf. II (1777), S. 5; 1559 übergibt Michael
Zochendörffer den Fischbach in der Grün der Gemeinde [Lößnitz], Oesf. I
(1776), S. 224; 1561 wird ein Wald genannt, der mit der Grün, auch
etlichen Ditlersdörfern, Kühnheidern u. mit den Schmieden xu Geyer
reinet, ebenda S. 54.
Den östlichsten Vertreter der Familie Grün stellt die A. Freiberg:
es ist die Grüne, eine Waldung n. von Dorfchemnitz w. der Freiberger
1 Wiesonburgischcr Gütcro Außmessung 1619 (H.St. A. Dresden, Rep. VII, Loc.
34212, Wiesenburg Nr. 1), Bl. 4.
? Ebenda Bl. 5.
3 Bereinung zwischen dom Ambte Schwarzenberg u. Wiosenburg . . 1704, ebenda
Loc. 34211. Schwarzenberg Nr. 5, Beil v. 1696, Bl. 54.
* Schumann, Lex. von Sachsen, IV, 264.
6 Neue Siichs. Kirchengalerie, Ephorie Zwickau, Sp. 590 (v. J. 1901).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 239
Mulde. Sie erscheint bereits 1349/50 1 : villam diclam Mulda . . ., item
villam desolatam dictam xcu der Grüne, dann kurz vor 1600 auf Matthias
Oders Karte (Ausgabe von Sophus Rüge, 1889), Tafel VI als » Die Gruna «,
ferner bei P. Schenk 1760 als Grüne, bei Ob. XVI (1821) als die Grüne,
so auch auf der Top. K. 117 (1880, 1895, 1906).
Überblicken wir das Gebiet der Grün rasch noch einmal, so stellt
sich heraus, daß die Flurnamen dieser Art von Südwesten nach Nord¬
osten immer seltener werden, genau wie bei den Reut. Zugleich drängt
sich aber die Beobachtung auf, daß im Vogtland die Flurnamen auf
-grün am häufigsten da auftreten, wo die Ortsnamen auf -grün ver¬
hältnismäßig selten sind: der Süden (A. Ölsnitz) besitzt doppelt soviel
Fluren mit Grün, als der Norden (Plauen und Auerbach zusammen),
wofür der Norden, besonders Auerbach, wieder mehr Ortsnamen mit
Grün aufweist Alles in allem sind aber die Flurnamen auf -grün
bedeutend seltener als die Ortsnamen, während bei den Reut das Um¬
gekehrte gilt. Mit anderen Worten: von den Örtlichkeiten, denen die
von Süd westen kommenden Siedler den Namen Grün gaben, haben sich
die allermeisten zu menschlichen Wohnplätzen, Dörfern, ausgewachsen,
die meisten Reuten sind aber unbewohnt geblieben.
Untersuchen wir nunmehr die Verbreitung des Wortes Hain, so
sei daran erinnert, daß die am weitesten nach Südwesten vorgeschobenen
Posteu die Orte Blankenhain, Leiteishain (1301 Lutoldishayn) und Lauen¬
hain (1278 larvenhain) bei Crimmitschau. Nichxenhain bei Werdau (an¬
gelegt um 1609, mundartlich N\lcsnhce(e neben N(kstitggrf) und Jüdenhain
(Kiitnhää) bei Zwickau sind.* Auf den höchst lehrreichen Übergang in
der Aussprache des Wortes -hagen > -hain, von -heen, -h$$n im Westen
über -htece zu -hää im Osten will ich hier, wo es sich um das Vor¬
kommen des Wortes handelt, nicht eingehen.
Südlich dieser Linie Blankenhain-Jüdenhain treffen wir nur einen
einzigen Ort auf -hain, Hinterhain bei Auerbach im Vogtland, der noch
dazu nicht einmal alt zu sein scheint, die Flurnamen aber ungleich
häufiger, selbst in der Amtshauptmannschaft
Ölsnitz 7 mal, z. B. in Markneukirchen (1542 Einn Pechla das
Ilaxjnn Pechla, Erbb. Voigtsberg, Bl. 82), Ölsnitz (die Wiesen unter dem
Hain 1544 1 * 3 u. dergl.) und Voigtsberg (den Hain 1405 4 , im Hain 1542 5 ,
beym Haynbach 1693®, Hain-Wiesen 1902).
Fast noch einmal so viel Haine, nämlich 13, habe ich ermittelt in
Plauen, z. B., um nur ein paar ältere Belege anzuführen, in Geilsdorf
1 Li p pert-Besch orn’er, Lehnbuch Friedrichs des Strengen (1903), S. 61.
* Bei Lauenhain scheint ein Dorf Lenkershain gelegen zu haben, das noch 1553
(Erbb. Zwickau, Bl. 65) im Zusammenhang mit Harthau genannt wird: mit den dorffem
harte vnnd lenkershain. Leiteishain ist seit kurzem der Stadt Crimmitschau einverleibt
* Mitteil. Plauen 13. Beil. S. 245.
4 Ebenda 10, S. 17.
4 Erbb., Bl 98b.
4 Erbb., Append. IV, Bl. 69.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
240
Oskar Philipp.
(die Hainu'iesen, das Hamholx 1537 1 ), Elsterberg ( Hain 1533 2 3 , auch 1902)
und Leubnitz (1576 3 an der Hainleiten ), während sich in
Auerbach wieder weniger finden, nämlich 8, so in Auerbach selbst
(das Stück vom Hayn, der zum Hofe gehört 1534 4 , der Hain heim
Schlosse 1580 5 ).
Wieder gewinnt man, wie bei Rode, den Eindruck, daß der Westen
des Vogtlands, die A. Plauen, dem thüringischen Einfluß am stärksten
ausgesetzt gewesen ist, einem Einfluß, den die Ortsnamenforschung
nimmermehr hätte nachweisen können.
Wenden wir uns nun aus dem Vogtland nach Nordosten, so stoßen
wir, wie nicht anders zu erwarten, dort erst recht auf solche Spuren
thüringischer Einwanderung, zunächst in der Amtshauptmannschaft.
Zwickau in 8 Fluren (die Exklave Liebschwitz eingerechnet), z. B.
in Lauterbach sö. Crimmitschau (die Haynuriese 1805, Flurb., desgl. 1902)
in Niederplanitz (1662 der Haynteich, Erbb. Planitz, Bl. 240) und in
Thierfeld b. Hartenstein (das Pfärhcectnl, Wäldchen.dicht an der Kirche)
und ebensoviel in
Schwarzenberg, beispielsweise in Beierfeld (1813 Gemeinde-Hayn,
Flurb.; das Hühnel, Ob. XIV), Bockau (vom Haynberg herab 1751, Bockau-
ische Chronik, Cap. II, 71 u. ö., im Gemeinde-Hayn 1799, Flurb.),
Breitenbrunn (Hain, ein Forstort, 1835) und Lauter (Ortsteil der Gemeinde¬
hain, 1752 in der Bock. Chr. HI, 81 Gemein-Hah, und der hohe Hahn,
Ob. XIX, 1828/31, schon bei Lehmann, 1699, den Hohenhayn).
6. Beunt.
Der Ausdruck bezeichnet »ein vom Flurzwang und gemeiner Nut¬
zung losgelöstes, daher meist eingezäuntes Grundstück« und ist nur den
oberdeutschen Mundarten eigen. Auf alemannischem Boden finden wir
ihn in Baden, z. B. 1381 in Weinheim (vf der beunden, Z. f. hd. Maa.
1903, 185), 1303 in Nußbach (Oberkirch) eine lutoltxbunde, Z. f. d. Maa.
1908, 229, sogar als Bestandteil von Ortsnamen (0. Heilig, Die Ortsnamen
des Großherzogtums Baden [1906], S. 63), und im Allgäu (Julius Miedel,
Oberschwäbische Orts- und Flurnamen, 1906, S. 43); in Bayern, wofür
Schmeller in seinem Bayrischen Wörterbuch (I*, Sp. 395) reichliche Be¬
lege bringt, z. B. in Nürnberg (f di baynd, f der Peunthof = Bauhof,
die Peuntgasse, s. August Gebhardt, Gramm, der Nürnberger Ma., 1907,
§ 107, Anm. 1). Aus Bayern ist das Wort mit dem fränkischen und ober¬
pfälzischen Siedlerstrom auch nach Sachsen eingedrungen, hier aber auf
den Südwesten beschränkt geblieben, d. h. außerhalb des Vogtlands treffen
wir es nur in 6 Fluren der A. Zwickau und einmal in Eibenstock.
1 Mitteil. Plauen 13, Beil. S. 208.
* Ebenda S. Iü8.
3 Ebenda 1904, S. 81.
4 Ebenda 13, Beil. S 178.
6 Ebenda 12, S. 30.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 241
Bei der Unmenge der Belege — im Vogtland habe ich nicht weniger
als 160 Fluren mit Beunien ermittelt — kann ich nur ein paar, haupt¬
sächlich ältere Beispiele anführen.
Ölsnitz: Ebmath ( Dorfpeintlein, Qemeindepeinte 1835, jetzt noch 1
ma. Kmaapaintn ), Markneukirchen (ronn einer wiesen vnnd Peuntt 1542,
Erbb. Voigtsberg, z. B. Bl. 84; 1835 viele Peinten ), Rebersreuth (1542
vonn einem Beunttlein, Erbb. Voigtsberg, Bl. 319), Voigtsberg ( der Schloß -
beinthe halber 1696, ebenda App. IV, z. B. BL 107).
Plauen: Leubnitz (Peunte, eine der Pfarrwiesen, 1582 2 , und 1835
die Peinte, Pfarrwiese), Plauen ( ein garten vnd scheun an der spitel -
bewnten 8 1506), Straßberg (1539 Peuntlein 4 ; 1835 Wiese , das Beundel).
Auerbach: Treuen (auf des [ Rittergutes] obem Theils Ober-Peinte
1691 6 ; 1835 die Sch[(]oßbeinde).
Aus der A. Zwickau muß ich die Belege vollständig geben. Beunt
findet sich 1902 in Altschönfels ( die Peint ), Schönfels ( Peinte) und Beiers¬
dorf (Painte, Wiese, gehört zum Schullehn); 1835 in Ebersbrunn ( Schul -
peinde, Pfarrpeinde, 6 Gemeinde Peinden) , Stangengrün (Peinte sehr oft,
Pfarrpeinte) und Stenn (Pfarrpeind), wie man sieht in Orten, die alle
im Süd westen, nach dem Vogtlande zu, liegen. Nur ein Ort liegt ab¬
seits, weiter nach Norden: Culten südlich von Crimmitschau. Hier er¬
scheint 1835 eine Wiese, die Peinte genannt, und eine andere Wiese,
die Peindte ebenfalls genannt, sowie ein Laubholz, der Peindtenbusch.
Diese Cultener Beunten erscheinen mir besonders wertvoll, haben wir
doch in allernächster Nähe, im Nachbardorfe Kleinhessen, die nördlichste
Reut nachgewiesen. Dazu kommt noch eins: gerade in dem Strich, in
dem Culten mit der nördlichsten Beunt und Kleinhessen mit der nörd¬
lichsten Reut liegen, geht die dem. Vogtländischen nahe verwandte
Mundart der Werdauer Gegend allmählich in das von Norden herauf¬
dringende Obersächsisch über: noch in Langenbernsdorf und Stöcken bei
Werdau spricht man, um nur das Wichtigste herauszugreifen, das vogt¬
ländische pf (die Schupf, der Erdäpfel usw.), weiter nördlich aber, um
Crimmitschau, das obersächsische pp (der Schuppen , Erdäppel). So sehen
wir, wie sich hier die Ergebnisse der Flurnamenforschung mit denen
der Mundartenforschung decken.
Noch viel weiter abseits von der Hauptmasse der Beunten liegt
endlich die sogenannte Peinte in Eibenstock, die einzige der A. Schwarzen¬
berg. Sie kommt bereits 1748 in der Ortschronik vor (S. 154), dann
1806 im Flurb., 1835 im Flurv., und 1850 im »Beobachter an der Mulde«,
S. 135 (Grasflecke auf unserer Peinte). Wohl kein Zufall ist es, daß
dicht in der Nähe die beiden Grün liegen und nicht allzuweit davon die
1 Nach einer freundl. Mitteilung des Herrn Prof. Dr. R. Hofmann in Zwickau.
* Mitt. Plauen 1904, S. 94.
* Ebenda 15, Beil. S. 227.
* Ebenda 13, Beil. S. 213.
* Klingner, Samml. zum Dorf- u. Bauren Rechte II, 916.
Zeitschrift für Deutsche Man (Urten. VII. lg
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
242
Oskar Philipp.
>huux9 Rait « bei Bückau. Dazu gesellt sich nun viertens noch der
*wiiit$9 tnok « bei Eibenstock als weiterer Beweis dafür, daß diese Gegend
auch von Einwanderern aus dem nordöstlichen Bayern, etwa dem Fichtel¬
gebirge, besiedelt worden ist, was bereits Körner in seiner Bockauischen
Chronik richtig erkannt hat. Das Wort
7. Knock 1 , Hügel,
dasselbe wie Knoch(en) — man vergleiche mhd. bloch und nhd. Block,
letzteres »schon vereinzelt mhd. und bei Hans Sachs« (Weigand 8 , Sp. 255)—,
ist bei Schmeller (I 8 , 1347) und danach im D. Wb. ausdrücklich — das
ist bemerkenswert — als oberpfälzisch bezeichnet Dies könnte ein
Fingerzeig dafür sein, daß da, wo bei uns Knock vorkommt, oberpfälzische
Siedler — natürlich nicht ausschließlich - sitzen. Zum mindesten wissen
wir seit Gerbet, daß die vogtländische Mundart an der bayrisch-säch¬
sischen Grenze deutliche oberpfälzische Merkmale aufweist Dazu stimmt
nun auffällig die neue Tatsache, daß gerade in diesem Strich das Wort
Knock als Flurname auftritt, in der
A. Ölsnitz in Görnitz ( das Knockäckerlein 1835); Gunzen ( Huth, der
Knock genannt; Huth, Knockfiichtxet 1835; Knock, Wald, 1903); Land¬
wüst {der Schiefer Knock, Ob. XIX, 1828/31; Feld, der Steinknock 1835;
Knock, Top. K. Bl. 154 [1877, 1887, 1903]); Markneukirchen {ein öder
Felsenknock; Feld, aufn Knock 1835; Feld, auf dem Steinknock 1902);
Schönlind (Nr. 91: Feld, Knockacker 1835, dazu Anmerkung: Nr. 87—91
liegt größtenteils in [Mark]Neukirchner Flur); Oberbrambach {Feld, der
1 Nachdem vorliegende Arbeit bereits abgeschlossen war, teilte mir Herr Dr.
H. Heerwagen, Konservator und Bibliothekar am Gorm. Museum in Nürnberg, dem
ich für seine liebenswürdige Bereitwilligkeit auch hier aufrichtig danken möchte,
folgendes mit:
»Das mir bekannt gewordene Gebiet der knock beginnt im Westen schon links
der Regnitz: vereinzelt ein Dachs-Knock südl. von Weisendorf (A. G. Herzogen¬
aurach). Dann folgt nö. die Fränk. Schweiz: n. Lohndorf und s. vom Schloß Giech ein
Satz-Knock (Bez.-A. und A. G. Bamberg); ein Oeis-Knock zw. Oberfellendorf und Göß-
mannsberg (Ebermannstadt); zw. Oberfelleudorf und Neudorf bei Müggendorf ein Gack-
(? Guck-)Knock ; zw. 0. uud Störnhof ein IVcspen - Knock, w. Ebermannstadt ein Wacht-
Knock. Die vier letzten Namen finden sich nahe beisammen. Ferner Kutscher - Knock
sw. Schcufeld, n. Plankenfels (A. G. Ilollfeld, Bez.-A. Ebermannstadt); Knock nw. Obern-
secs, halbwegs Dach Schönfeld zu; Knock und Pöppcl-Ktiock ö. Leutenbach (Forchheim);
Webers Knock , nw. Egloffstein (A. G. Gräfenberg, Bez.-A. Forchheim); aus dem Fichtel¬
gebirge: Moosknock, kleine bewaldete Erhöhung nächst Fichtelberg gegen Oberwarmen-
steinach zu [also zw. Wunsiedel und Bayreuth], nicht auf den gewöhnlichen und General¬
stabskarten; Stcin-Knoch (so!), n. Fuchsmühl (Oberpfalz, A. G. Waldsassen, Bez.-A.
Tirschenreuth. Große Karte des Ficbtelgebirgs-Ver., Ausg. 1898); Hau-Knock, auf der¬
selben Karte bei Kirchenlamitz gegen Martinlamitz zu, an der Grenze der Bez.-Amter
Wunsiedel und Rehau. — Die Blätter Pegnitz-West, Pegnitz-Ost und Amberg-Ost der
bayr. Generalstabsk. enthalten, soviel ich sehe, keinen einzigen Namen auf -knock. In
der Windsheimer und Scheinfelder Gegend (westl. Mittelfr.) ist mir knock nicht vor-
gekommon«. — Sämtliche von Herrn Dr. H. genannte Knöcke bis auf den vorletzten
liegen in Oberfranken.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 243
Knock 1835); Zettlarsgrün ( Feld und Holz, Knuk; weiter unten 4 mal
Knock 1835). In Raun erscheint 1835 der Familienname Knöchel.
Plauen bietet nur 2 Beispiele: Pöhl (Holz, der Hammer Knock
genannt 1835) und Thoßfell (Feld der Knock 1835), desto mehr aber
Auerbach: Abhorn ( Steinknöcke 1835); Falkenstein (Wiese, der
Schmiedeknock 1835); Grünbach (Feld, Knock 1835); Herrlagrün (4 mal,
1835, z. B. Nr. 40: Steinknock mit Laubholz bewachsen im Felde Nr. 39)-,
Kottengrün (der Steinknock, Feld, 4 mal; Holz, 2 mal, 1835); Neustadt
(sehr oft, z. B. Knockacker; Hut, d. Knöchel genannt; Feld, der Scheiben¬
knock; außerdem gibt es einen 1838 einverleibten Ortsteil Scheibenknock
und sö. Neustadt einen Winner Knock [Ob. Bl. XIX, 1828/31; Top. K.
Bl. 144, 1888, als » Winn Knock «, nach dem 1838 einverleibten sog.
Winn ])\i Oberlauterbach (z. B. Lehden, Knochreuthel gen. 1835); Pech-
telsgrün (häufig 1835 die Mehrzahl Steinknöck, z. B. Feld mit anliegenden
Steinknöcken, wofür seltener das gleichbedeutende Steinfelsen)-, Plohn
(1835 häufig Steinknock und -knocke)', Röthenbach (1835 z. B. Lehde, der
kleine Knock; drcy Steinknöck) ; Rothenkirchen (1835, Nr. 330: ein Knock
Wald ist in der Wiese Nr. 327; der Knock nw. R., Ob. XIX, 1828/31);
Schreiersgrün (Holz, der Knock 1835, Ob. XIX; Top. K. 134 [1877, 1892]);
Wildenau (1835 häufig, z. B. ein Stautenknock). Es fällt auf, daß im
Vogtland das Wort Knock auf den Süden und Nordosten beschränkt ist,
während die Mitte und der Westen fast leer ausgehen. Fast ebenso reich
an Knocken wie der Nordosten des Vogtlands ist aber der Süden der
angrenzenden
A. Zwickau: Bärenwalde (im Flurb. von 1791 viermal, z. B. S. 95
ein ivüster Berg, der Knock genannt); Giegengrün (der so genande
Wacholder Knock; ein Stein u. Stauden Knock der Baumes Knock genant,
und ähnlich. 1835); Haara (wüster Holzknock, Fuchshübel gen. 1835);
Hartmannsdorf s. Kirchberg (1688 holtzgepüschc undt Steinknöcker,
Quat. St K. des Amts Wiesenburg; 1835 z. B. Birckcnknoc, in der Wiese
gelegen; fünf Steinknöc 1835); Hirschfeld (Steinknöcke 1835); Leuters¬
bach (Holzknock 1835); Saupersdorf (1796 im Quat. St K. sehr häufig,
z. B. Steinknöck mit Wacholder, dreg Steinknöcke; Steinknöck oft 1835);
Stangengrün (1835 oft, z. B. Steinknöcke; das untere Knockäckerlcin);
Voigtsgrüu (Steinknock 1835); Wiesen (Holzknock 1835); Wolfersgrün
(Feit, worinnen 2 Steinknot, sonst immer Steinhaufen 1835).
Schwarzenberg: Dorf studier Knock auf Breitenbrunner Befer
1699, Lehmann 115; Eibenstock (Windisch-Knock, beg Egbenstock wie
noch iezt im Fichtelbcrg, d. h. -gebirge, 1751, Bock. Chron. II, S. 60;
dem Windischen Knock , Oettel, 2. Fortsetzung 1750, S. 13, des Wendischen
Knocks, 5. Forts. 1753, S. 38; Wendischbiock beg Eibenstock, Chr. H. Hecht,
Gesch. v. Sosa, 1778, S. 16; 1835 jedoch Feld der Windischknoch gen.,
während die heutige Mundart »tor w-intsa tnok « sagt, A. Lang in der Z.
f. d. Maa. 1908, S. 16); Grünstiidtel (unterm Knock 1835); Lindenau
(ungemein häufig, 1835, z. B. in diesem Felde liegt ein Steinknock, der
16 *
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
244
Oakar Philipp.
Ochsenknock genannt ); bei Neidhardtsthal ( Daniel auf dem Knöchel 1632,
Eisensteinzeche, Helbig, Gesch. der Kirchfahrt Zschorlau, 1896, S. 56);
Schönheide ( der Knock , Ob. XIX, 1828/31, und Top. K. 136, 1891 bzw.
1894, aber 1876 noch nicht; Schumann, Lex. v. Sachsen, XVIII [1833],
726 f.: am Niederdorf ist südlich der Knock oder Knochen; E. Flath,
Heimatk. v. Schönheide [1910?], z. B. S. 6 » Oberförsterknock «); Sosa (der
EirschJcnock 1778, Hecht S. 16, aber Top. K. 145 [1875, 1897] Hirsch¬
knochen). Dasselbe Schwanken herrscht weiter östlich bei Rasebau: 1546
heißt es im Erbb. Grünhain Nr. 1, Bl. 83: Gehen auf die WiU Jagt Wan
man bey Jnen, An dem Raschawer knock (der Knochen zwischen Wildenau
und Raschau, Ob. XIX, 1828/31, und Top. K. 137 [1876, 1893, 1908])
Ader vmb dy Scheybe Jagt , zwei Jahre später aber, 1548 (Erbb. Gr. 2a,
Bl. 283), steht ... an dem Raschawer Knochen . . ., desgl. 1593 (Erbb.
Gr. 3a, Bl. 244) . . an den Raschauer Knochen . . ., ein Beweis dafür,
daß man schon damals das Wort Knock richtig als Knochen deutete.
1835 heißt der Berg Knoch: aufn Knoch (Markersbach mit Unterscheibe),
über den Knochwald (Mittweida), über der Wildenauer Straße bis an den
Knoch (Raschau). Bei Meitzer, 1716, S. 863, begegnet wieder die Schrei¬
bung xur Raschau am Knock (1713) neben Knoch , S. 21.
Auch jenseits des Gebirgskamms, in dem nachweislich von der
Oberpfalz aus besiedelten Egerland, haben sich Knocke gefunden, ein
weiterer Beweis dafür, daß unser Knock nordgauischen, oberpfälzischen
Ursprungs ist Bei Neudeck wird 1581 ein Ziegenknock erwähnt (Mitteil,
des Ver. f. Gesch. der Deutschen in Böhmen 8, S. 265), auf neueren
Karten findet sich sö. Falkenau ein Knock (856 m) und bei Schönficht
ö. Eger ein Steinknock (737 m), in Halmgrün n. Karlsbad erscheinen
* Schafknöck, ein [!] ziemlich unfruchtbarer Hügel «, Unser Egerland, hg.
v. Alois John, 10 (1906), S. 201, in Gfell b. Schlaggenwald ein Haideknock
(S. 202), in Wasserhäuseln und Petschau (beide im Bez. Tepl) ein Berg
Holxerknock bzw. da Knock (S. 203). Sonst tritt das Wort nur in der Form
Knoch
auf, vereinzelt schon im Vogtland: Engelhardsgrün (A. Ölsnitz) hat 1835
einen Knochhübel und Mißlareuth (Plauen) einen Knoch, während in
der A. Auerbach nur Knock gilt Lauterhofen bei Kirchberg (A. Zwickau)
verzeichnet 1835 viele SteinknÖche , und nw. von Zwickau, dicht vor
Weißenborn, erscheint Ende des 18. Jahrhunderts ein Schusterknöchel
(E. Herzog, Chronik II, 1845, auf dem Plan). Je weiter wir nach Osten
im Gebirge vorrücken, desto häufiger stoßen wir auf solche Knoch(en).
Ich greife nur ein paar Beispiele heraus: zwischen dem Spiegelivaldt vnnd
Viehknochen hintter dem Closter [Grünhain] 1593, Erbb. Gr. 3a, Bl. 12;
Zwischen dem Sachssennstein vnnd Laugkners knoch . . . kegen dem
Lauckners knocken 1585 \ der Laukners- oder Meisters Knochen 1799,
1 Reynuog im Ampt Schwartzenbergk . . . lf>85 (H.St.A. Rep. VII, Loc. 34211,
Schwartzenbergk No. 2), Bl. 7; ebenda Bl. 11 der Hirschknochenn.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 245
Flurb. von Lauter b. Aue; in die Soßa . . vber den Hirschknochen 1621 *;
Lehmann (1699) S. 115 und Hecht (1778) S. 16 und 25 bieten aber
Hirschknock, wobei letzterer (S. 16) ausdrücklich sagt: »Er hat den Namen
von den ficbtelbergischen Bergleuten, indem man auch auf dem Fichtel-
berg [d. h. -gebirge!] einen Knock antrifft«. Meitzer (1684, S. 22) spricht
von dem Auer Knöchel als einem Ausläufer des »Klößbergks« bei Schnee¬
berg, der sich in »unterschiedliche KnöcheU teile; nw. Clausnitz (A. Freiberg)
verzeichnet Ob. 1821 (Bl. XVI) einen Rupprichts Knochen, sö. von Pötzscha
in der Sächs Schweiz erhebt sich ein Knöchel, und weit im Osten, schon
in Böhmen, liegt nach der Top. K. 109 (1883) etwa 6 km südlich Raspenau
der » Abschknochen «.
Ich komme nun zu einem Flurnamen, den zu deuten mir noch
nicht recht gelungen ist, dem Worte
8. Härte.
Es erscheint meist als Bezeichnung für eine Wiese, was für eine
jedoch damit gemeint ist, darüber klären uns die Flurv. nicht auf. Am
ehesten möchte man die Härte der außerordentlich häufigen Säure gegen¬
überstellen, worunter zweifellos eine nasse Wiese zu verstehen ist, auf
der nur saures Gras wächst. Dann würde wohl Härte ein Flurstück mit
besonders festem, hartem Boden sein. In dieser Auffassung bestärkt
mich die Tatsache, daß in Oberdorf bei Stollberg im Erzgebirge »die
H$rt* wirklich den oberen, natürlich härteren Teil einer bestimmten
feuchten Wiese bezeichnet. Vgl. Z. f. d. Maa. 1911, S. 364.
Erschwert wird die Deutung noch dadurch, daß aus der Schreibung
fast nie hervorgeht, ob Hce<erte oder Heerte zu sprechen ist Die Schreiber
der Flurv., seien es nun die Ortsrichter oder Vermessungsbeamte, haben
offenbar mit dem seltsamen Worte auch nichts anzufangen gewußt: so
findet sich neben der gewöhnlichen Schreibung Hürt(e) oder Hert{e)
auch Hirt und Hört, was allerdings für die Aussprache ohne großen
Belang ist, denn -ir und -ör klingen ja in der Mimdart fast überall
wie -eer.
Was die landschaftliche Verbreitung 2 des Wortes bei uns betrifft,
so finden wir es fast ausschließlich im Vogtland, und zwar auf die drei
A. ziemlich gleichmäßig verteilt, im ganzen (1835) in etwa 30 Fluren,
überall für Wiesen, wo nicht anders angegeben:
Ölsnitz: Bergen bei Adorf (die Harte genormt ); Dechengrün (Hirt)’,
Eschenbach (Wiesfleck, die Härte beim Hause)-, Freiberg (die alte Hört
genannt; die Hört über den Hauß); Lauterbach (die Härte; Huth, die
alte Härte)-, Marieney (Huth und Feld, die alte Herth ); Oberhermsgrün
(Nr. 171 und 215: Wiese, die Säure; 173 und 216: Wiese die Härte!)-,
1 Ebenda No. 3, Bl. 5.
* Einen alten Beleg aus Baden bringt die Z. f. hd. Maa. 1903, S. 188: (Weinwachs)
vf der hert(e) 1381, Weinheim.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
246
Oskar Philipp.
Untergettengrün (Feld, der Hertacker); Untertriebei: die Hirt(e)\ Wohl-
bach (die Härte genannt).
Plauen: Cunsdorf bei Elsterberg (Harte)-, Ebersgrün (die Herten
Wiese; die [!] Herden acker Feld; die Herden Wießc usw.); Foschenroda
(eine Wies die hert; ein Stück Feld desgl.); Gut Heydenreich zu Plauen
(die Härth genannt ); Pöhl (die Härte genannt ); Rodersdorf (die Härte):
Schneidenbach (die Hart genannt ); Stoekigt (Mühlhärte); Zwoschwitz
(Altehärt Wies; härt äckerlein).
Auerbach: Bergen bei Falkenstein (Peintenhärte, Wiese, . . . am
Bach)-, Grünbach (Feld, Herte; außerdem u. a. Wiesen, Altcsäuer );
Kottengrün (die Hürde)-, Neustadt (die Härte gen.)-, Obergöltzsch (die
Härte-Wiese, der Härte-Acker) und Rittergut Untergöltzsch (Herten-Wiese):
Oberlauterbach ( die Härte geyi); Poppengrün (Harrt genannt ); Rützengiün
(Heerd gen.); Schreiersgrün (die Härte); Waldkirchen (die Härdwiese; das
härten Hoh, die härten Wiese); Wernesgrün (die Hert an Wald Teich
liegent ); Wildenau ( Wiese und etwas Lehde, die Härte genannt).
Außerhalb des Vogtlands ist mir das Wort nur 3 mal begegnet, näm¬
lich in Oberdorf, A. Stollberg (s. o.), in Neukirchen 1 , A. Chemnitz (Fehl
die Härte und der Hülldamm genannt 1835), und im Dorfe Thum,
A. Annaberg (Feld, die Härt genant; Wiese, Hert, 1835).
9. Der Lust.
Noch beschränkter als bei Härte ist das Verbreitungsgebiet des
Wortes Lust. Schmeller (I 1 , 1519) erklärt es als »Portion, die bei der
Verteilung von unkultivierten Gründen auf einen der Teilnehmer gefallen
ist«, bringt es also zusammen mit Los und belegt es schon aus dem
9. Jahrhundert (vgl. auch Weigand 2 , H, Sp. 83: ahd. hluz,, lu$ m. »durchs
Los zugefallener Anteil, Landanteil«). Bei uns tritt es nur im Süden
des Vogtlandes auf, wo ja der Einfluß aus dem benachbarten Bayern
am stärksten ist. Das älteste Beispiel aber, das ich habe ermitteln können,
stammt erst aus dem Jahre 1542, und zwar aus dem Erbb. Voigtsberg.
Hier heißt es (Bl. 401) unter der Überschrift »Vom Ackergebewde«: Eynn
Last feldes xivischen dem schloß [Voigtsberg] vnnd der Stadt' Olßnicxs
gelegenn gehett vonn der hoeff wiesenn ann . . . Docxiv einn stuck fehles
Neben [dem] Jatmspergkh gelegenn der stmnckende Acker genant. Dicxs
jst ein Zeih Tunge feldes. Eynn Annder Lust feldes Leit Nebenn dem
1 Es ist merkwürdig, wenn auch vielleicht nur ein Spiel des Zufalls, daß zwei
von diesen Dörfern (Oberdorf und Neukirchen) bei einer Gruppe von Orten liegen, deren
Namen auch im oberen Vogtland nebeneinander wiederkehren: die niedererzgebirgiscüe
Gruppe Ölsnitz, Nieder- und Oberwürschnitz, Lugau (ma. Lnux), Kirchberg, Erlbach,
Ursprung; Neukirchen und Adorf entspricht der vogtländischen Ölsnitz, Unter-und Ober¬
würschnitz, fLoch (jetzt Unteroichigt), Erlbach, Markneukirchen, Adorf, Kirchberg und
Ursprung (letztere beiden böhmisch). Eduard Trauer vermutet deshalb (Chronik des
Dorfes Marieney i. V.. Plauen 1903, S. 67) »es könne die Besiedelung des Landes zwischen
den Gauen Zwickau und Chemnitz vom Vogtlande aus . . . erfolgt sein«.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 247
Schloß Auß do mann Nach Plauenn Zeucht xur Reckten hanndt . . .
.Ferner Bl. 402: Nebenn diesenn dreyenn Lust feldes die getungett vnnd
xu hertlenn geiraidt gebraucht werdenn ...
Jetzt scheint das uralte AVort nicht mehr lebendig zu sein; 1835
aber tritt es noch in 12 Fluren auf: Altmannsgrün (Feld, das Schmalüstel,
also ■= das schmale Liistel) ; Arnoldsgrün (Feld, der Hauslust; Holx, der (!)
Listei, dei- Holxlust, der mittlere Lust; Feld, der Anger peintlust );
Bergen (Wiese, das Liistel)-, Droßdorf ( Wiese, der Hoflust, auch Feld;
Wiese, Schmaliist, also Mehrzahl? Feld, 2 te * Schmallüstel u. ö); Görnitz
(Feld, das Liistel)-, Oberwürschnitz (Feld, der Haußtust)-, Raschau (Feld
das Liistel)-, Schloditz (Feld, der Hoflust ); Tirpersdorf (Wiese, das Liistel );
Untereichigt (Feld, der Boilust [?]); Untermarxgrün (der Lehde Lustberg );
Zaulsdorf (Feld, der Hoflust).
Im Erzgebirge erscheint es nur einmal (Lehmann, 1699, S. 111): auf
Lauterer Revier im Ober-Amt Schwarzenberg erstreckt sich der » Heun -
wald Henneberg und Halßbach vom Lauterer Lust- Raum, Kittelkappe
genandt, bis an 3 Tannen «.
Anmerkungsweise möchte ich erwähnen, daß Lus auch im (stark
oberpfälzischen!) Egerland vorkoramt, z. B. in Wickwitz, Bez. Joachims¬
thal, Liß (kleinere Grundstücke, durch Losaufteilung entstanden), Unser
Egerland 10 (1906), S. 204.
10. Die Egert.
Das Wort, mhd. egerde f., ist nach Weigand* I, 404 »in Ober¬
deutschland noch volkstümlich«. Für das Allgäu bringt Miedel (S. 42)
viele Belege, bayrische s. bei Schmeller I. 941/42, wo die Egärl(in),
Egert(en) erklärt wird als »ehemals gepflügte, Acker gewesene Feldfläche,
die später zu Graswuchs, in der Folge wohl gar zu Holz oder ganz öde
liegen geblieben ist«. Mit den nordbayrischen Siedlern ist das Wort nach
dem sächsischen Vogtland eingewandert, aber nicht weit vorgedrungen.
Seine Häufigkeit nimmt nach Nordosten zu allmählich ab.
A. Ölsnitz: Brambach (das Aegeten Äckerlein; der Eggenden Acker)-,
Eubabrunn (Feld, die Egert genannt)-, Gopplasgrün (Holx, die Kalte Egert)-,
Gürth (1 Stück alt Egerten)-, Hermsgrün (die Eggert wiese)-, Landwüst
(Feld, die hintere Egert; Holx, die alte Egert)-, Marieney (Holzboden, die
Egerth; E. Trauere Chron. des Dorfes M., 1903, S. 5 kennt Egerth für
Feld); Tirechendorf ( die Egert, Feld und Holz). Zweifelhaft, ob hierher
gehörig, erscheint ein Feld (auch Wald) *heist Agenda in Raminoldsreuth.
A. Plauen: Großzöbern (Feit, die Aehget 1835; 1903 Eget, Egget)-,
Steins ( Egetsiciese ); Ruderitz (Aeget, Feld und Lehde); Thiergarten (Kalligs-
äget, Feld, Wiese). Unsicher: Rödersdorf (Achet, Feld, Lehde).
A. Auerbach: Kottengrün, halbwegs zwischen Falkenstein und
Ölsnitz (Feld die Ehget).
Auch bei diesem Worte zeigt sich die enge Verwandtschaft der
südvogtländischen Mundart mit der des Egerlandes. Es findet sich z. B.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
248
Oskar Philipp. Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens usw.
in Pobitz (Bez. Tepl) als d’Eghatn (Mitteil, des Ver. f. Gesch. der Deutschen
in Böhmen 36, S. 473); n. Karlsbad: in Roßnitz (Egefn, Schwarxeget -
Paint, Unser Egerland 10, 201) sowie in Drahowitz {mit . . . Gerten
wiesen Eckeren Eegerthen . . . 1493, ebenda S. 193), und in Oberlohma
bei Franzensbad ( Schorl- und Schmelleregeten, ebenda 2, 57).
Noch schwächere Spuren als Lust und Egert haben zwei andere
echt oberdeutsche Wörter zurückgelassen, Schachen und Wasen.
11. Der Schache(n)
bezeichnet nach dem Grimmschen Wb. ein Vorgebirge, eine Landzunge,
auch eine Waldparzelle, nach Julius Miedel (Oberschwäb. Orts- und Flur¬
namen, 1906, S. 55) ein kleines, schmales Holz, und ist uns allen aus
Wilhelm Teil, IV, 3 bekannt: »Der Klostermeier vom Mörlischachen . .«
Bei uns haben sich 2 Vertreter dieses süddeutschen Wortes gefunden:
der Heidschachen 8. Vogelsgrün, A. Auerbach (Flurv. von Tannenbergs¬
thal, ohne Jahr, aber sicher 1835: Feld, der Haidschachen genannt ),
und der Milchschachen am Milchbach sw. Erlabrunn (Schwarzenberg),
beide auf Oberreits Karte Bl. XIX (1828/31), der letztere nach Oettel,
S. 220, schon 1562 erwähnt und später (1778) bei Hecht (Gesch. von
Sosa, S. 25).
Auch die Nebenform - schacht findet sich, im Vogtland und im
vogtländisch-erzgebirgischen Grenzgebiet, allerdings nicht so früh wie in
Bayern (1418 ainen schachten an dem Aichach, Mon. boica 13, 432).
Im Flurv. von Gunzen (A. Ölsnitz) erscheint 1835 ein Holz, Schachten -
hau genannt, und ein anderes, [die] Schachtenbüsch genannt. Unter den
ostvogtländischen Gütern, die Kurfürst August den Edlen von der Planitz
1563 abkauft, ist auch » ein schöner, frischer Schacht, Von Buchen,
Ahornen, Tannen vnd Fichte Hohe «, Archiv der Sächs. Gesch. v. G. A. Arndt,
n (1785), S. 384, und ebenda haben wir 1563 » den Weiß-Schachten* zu
suchen (a. a. 0., S. 386: Die Kohlung bis an die Schnarrdanne l , den
Kuhebergk, das Gelach, dm Weiß-Schachten, bis auffs Keilh-Holx, vom
Keilholz bis an den Geittcnbach). Noch weiter südöstlich erscheint ein
Ziegenschacht bei Johanngeorgenstadt, aber schon auf der böhmischen
Seite, doppelt lehrreich, weil sich in dem Ziegen- das obd. Zichm,
Zigm = Kiefer verbirgt (Schmeller, II* Sp. 1105, mit Belegen auch aus
der Oberpfalz; Miedel, S. 57).
12. Der Wasen,
d. h. Rasen, der z. B. in der Zusammensetzung zpfingstwasm « 1579 aus
Stupferich in Baden (Kirchspiel Palmbach, Bezirksamt Durlach) belegt
wird (Z. f. d. Maa. 1906, S. 28), begegnet nur einmal, und zwar in Drös-
wein (A. Plauen) 1835: der obere, der untere Wasen. Südwestlich von
Dröswein verzeichnet Ob. Bl. XIII (1850/52) das Wasen Holz.
1 Dorf Schnarrtanne, A. Auerbach.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Edmund Protsch. Beiträge rar Mundart von Laubach (Hunsrück).
249
Wenn ich zum Schlüsse die Hauptergebnisse unserer Unter¬
suchung hervorheben darf, so ergeben sich — nach meiner Ansicht mit
zwingender Notwendigkeit — folgende Schlüsse:
1. Die häufigen Flurnamen auf -rode und -hain im Vogtland be¬
weisen, daß hier bedeutend mehr thüringische Siedler eingewandert
sind, als die Ortsnamenforschung bisher annahm.
2. Der von Südwesten kommende Strom oberfränkisch-ober¬
pfälzischer Siedler ist — das bezeugen die Flurnamen auf -reut und
-brunn — weiter nach Norden und Osten vorgedrungen, als die Orts¬
namenforschung vermuten ließ.
3. Der auch in der A. Schwarzenberg und im Süden der A. Zwickau
auftretende Flurname Knock bestärkt uns in der Annahme, daß im
westlichen Erzgebirge auch ein ziemlicher Bruchteil Oberpfälzer
und Oberfranken sitzen (vgl. die Korrekturnote zu Knock).
Beitrüge zur Mundart von Laubach (Hunsrück).
Von Edmund Protsch.
Die Steigerung der Eigenschafts- und Umstandswörter.
Wie die Schriftsprache, so verwendet auch die Mundart zur Be¬
zeichnung der verschiedenen Grade einer Eigenschaft die Steigerung.
Zur Erreichung ihres Zwecks bedient sie sich mehrerer Mittel. Sie ver¬
fährt dabei nicht immer streng logisch, ja scheint manchmal den Gesetzen
der Logik ein Schnippchen zu schlagen. Die Mundart fragt eben nicht
oder doch nicht in erster Linie nach Gesetzmäßigkeit; sie prüft uicht,
ob das von ihr angewendete Mittel gesetzmäßig ist oder nicht, sondern
handelt lediglich nach dem praktischen Bedürfnis. Darum benutzt sie
alles Sinnenfällige; gerade hierauf beruht aber zum großen Teil, wenn
nicht ausschließlich, ihre Treffsicherheit im Ausdruck, worin aber zu¬
gleich das Geheimnis der Urwüchsigkeit besteht, die die Mundart vor
der Schriftsprache auszeichnet.
Fragen wir nun, welches die Mittel sind, die von der Mundart zur
Bezeichnung der verschiedenen Grade angewendet werden, so finden wir
folgende 3 Arten: 1. die Steigerung im engsten Sinne des Worts durch
Anfügung von Steigerungssilben; 2. die Steigerung durch % (Vorgesetzte)
Beiwörter und 3. durch Umschreibung. Dabei muß aber von vornherein
betont werden, daß die Mundart diese drei Möglichkeiten der Steigerung
nicht streng voneinander scheidet, sondern sie bunt durcheinander an¬
wendet, je nachdem es der Zweck, d. h. das praktische Bedürfnis, er¬
fordert. Auch hierin ist eine gewisse Bestätigung dafür zu finden, daß
sich die Mundart wenig um Logik kümmert
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
250
Edmund Protsch.
L Die Steigerung durch AnfUgting von Steigerungssilben.
Die Mundart unterscheidet wie die Schriftsprache drei Steigerungs¬
grade: die Grundform oder den Positiv, die höhere Stufe oder den
Komparativ und die höchste Stufe oder den Superlativ. Zur Bildung
dieser beiden letzteren Stufen fügt die Schriftsprache bekanntlich die
Silben er und est (st) dem Positiv an; außerdem wird beim Superlativ
entweder der Artikel »der, die, das« oder das Wort »am« vor das Ad-
jektivum gesetzt. Die Mundart bildet die höhere und höchste Stufe eben¬
falls durch Anfügung der Endungen »er« und »s/«, setzt aber beim
Superlativ stets und ständig nur das Wörtchen »da« (= der) vor. Wie
im Hochdeutschen, so muß auch hier zwischen einer regelmäßigen und
unregelmäßigen Steigerung unterschieden werden.
a) Die regelmäßige Steigerung.
Bei ihr bleibt das Stammwort, wie es den Positiv bildet, an sich
unverändert. Es werden lediglich die Steigerungs-Endungen angefügt.
Hierher zählt die große Mehrzahl der Eigenschaftswörter. Als Beispiele
seien folgende angeführt:
1. dum — dumm, dumar, da dumst;
2. faul *= faul, fäular, da faulst;
3. friS = frisch, friSar, da friSst;
4. Icubaaical = gewandt, stark, koboaivalar , da kvbaaicalst;
5. Sdufal = häßlich, widerwärtig, Säufalar, da sdufalst;
6. sdumb — stumpf, Sdumbar, da Sdumbst;
7. smaal — schmal, Smaalar, da Smaalst;
8. tsaam = zahm, tsaamar, da tsaamst;
9. wil wild, wilar, da teilst;
10. frii = frühe, friiar, da friist (Adverbium).
Ferner gehören hierher alle Adjektive auf ic , wie:
1. bundic — bunt, bundicar, da bündlest;
2. bandtc = geschmeidig, bandicar, da handlest;
3. cerjarlie — ärgerlich;
4. wglic = eklig, abscheulich;
5. xeiic = sch weinig;
6. dregte = schmutzig usw.,
sowie die Adverbien: frarxarhe = freislich, schrecklich; megarlic — gruselig
und andere.
Eine besondere Gruppe bilden die Adjektive auf ar, die zwar auch
der regelmäßigen Steigerung unterliegen, aber insofern eine kleine Ab¬
weichung zeigen, als sie den Superlativ nicht mit st , sondern mit St bilden:
1. xäuar — sauer, xäuarar, da xüuarst;
2. bidar = bitter, bidarar, da bidarst;
3. deiar = teuer, deiarar, da deiarSt;
ebenso: geiar «= wählerisch, raar = selten, klgor <= fehlerlos, dabar = wacker.
niaar = mager, dor = dürr usw.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück).
251
Nebenbei sei hier bemerkt, daß die Hunsrücker Mundart überhaupt
das Bestreben zeigt, das auf r folgende s in g umzuwandeln; so werden
viele Namen für weibliche Berufe (die im Hochdeutschen auf »in* ge¬
bildet werden) mit der Endung g bei vorhergehendem r gebildet: di
wegarg — Wäscherin, dt biiahrS = Büglerin, di butsmoxarg — Putzmacherin.
b) Die unregelmäßige Steigerung.
Bei dieser werden nicht nur die Endungen ar und st angefügt,
sondern das Grundwort selbst erleidet eine Veränderung. Man kann
dabei mehrere Untergruppen unterscheiden. Die Veränderung der Grund¬
form erfolgt:
1. Durch Ablaut des Stammvokals.
1. kgprts = kurz, keertsar, da keertst;
2. hpprdic = hurtig, flink, heerdicar , da heerdicst;
3. groos = groß, grecsar, da greest.
2. Durch Konsonantenverschiebung.
Die Verschiebung des Konsonanten tritt nur im Komparativ ein,
während im Superlativ wieder der Stammkonsonant erscheint.
1. brcet ■= breit, brtcterar, da brceretst;
2. Sb^t = spät, sbqqrar, da gb^qtst;
3. gruub = grob, gmuivar, da gruubst ;
4. daab =■ taub, daaivar, da daabst.
Weitere Beispiele: driib =* trübe, liib = lieb, bleed — blöde, fr red
= hart, abgehärtet.
3. Ablautung und Lautverschiebung.
1. alt = alt, ehr, da eist;
2. kalt = kalt, kelar, da kelst;
3. hoox = hoch, heecar, da heegst.
4. Aus- oder Abstoßung eines Lautes (mit oder ohne Ablautung
dos Stammvokals).
1. gdaang = stark, gdcecergar, da sdeerrrigst;
2. gaarab =* scharf, scecerbar, da swcerabst;
3. layg — lang, legar, da legst.
Weitere Beispiele: waaram =» warm, aarain = arm, juyg = jung,
krumb — krumm.
5. Ganz unregelmäßig.
1. niira = niedrig, niirarar, da niiricst;
2. guud ■=» gut, besar, da best;
3. fiil = viel, mee , da meergt und da intest.
Bei letzterem Wort war tda meergt « die ältere, ursprüngliche Super¬
lativform; erst in neuerer Zeit ist daneben, wohl unter dem Einfluß des
hochdeutschen »meist«, die Form *de meest » in Aufnahme gekommen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
252
Edmund Protsch.
n. Die Steigerung durch Torsetzung eines Wortes oder einer Silbe.
Die oben erwähnte Tatsache, daß die Mundart oft nicht nach Logik
fragt, tritt besonders scharf bei dem Adjektivum fol ( = voll) hervor.
Während im Hochdeutschen logischerweise eine Steigerung unmöglich ist
(was voll ist, kann nicht voller werden), bildet die Mundart ganz unbe¬
denklich die Formen folar, da folst und wendet sie auch an. Erklärlich
wird die Sache am praktischen Beispiel. Es handelt sich dabei um den
Gebrauch von Maßen und Gefäßen. Zum Messen des Getreides dienen
Hohlmaße; als solche verwendet der Bauer noch immer seine alten Maße,
besonders das ximar — Simmer. Nun kann ein solches Gefäß genau bis
zum Rande gefüllt, also »richtig fol* sein. Es kann aber auch »schlecht«
und anderseits »gut« oder »stark« gemessen werden. Im ersteren Fall
fehlt noch etwas Getreide, um das Maß richtig fol zu haben; im anderen
Fall sind die Körner mehr oder weniger über das Maß hinaus aufgehäuft
Dann eben sagt der Bauer: dad ximar is folar os dad anar, dad is da
folst. Er unterscheidet aber oft noch mehr Grade des Vollseins und
verwendet zur Bezeichnung dieser Grade die Grundform des Adjektivs
in Verbindung mit Adverbien des Grades: dad is aaric fol, arbcecermlic
fol , unnadeerlic fol usw. Außerdem bildet er Zusammensetzungen der
Eigenschaftswörter, wobei die Bestimmungswörter den Grad der Eigen¬
schaft angeben und so die Stelle des Adverbiums einnehmen. Diese
Zusammensetzungen gehen stets auf bestimmte Einzelfälle zurück und
bezeichnen dadurch den Grad der Eigenschaft in besonders anschaulicher
Weise. So bildet, um auf obiges Beispiel zurückzukommen, der Land¬
mann von dem im Maß voll aufgehäuften Getreide den stehenden Aus¬
druck gahäufda-fol. Im einzelnen ist noch folgendes zu bemerken:
a) Bei der Steigerung durch Vorsetzung von Adverbien.
Von allen Adverbien des Grades wird am meisten das Wort »aar/c«
•
= arg verwendet. Es sind nur wenige Eigenschaftswörter, bei denen
dieses Wort nicht in Wirksamkeit tritt Selbst da wird es benutzt, wo
es die Logik eigentlich verbieten müßte. So ist nicht nur ein Ding
*aartc $ lim, aaric groos, aaric lagg , aaric krayk « und dergl., sondern
es finden sich ebenso häufig Ausdrücke wie: aaric klcen, aaric Seen
(schön), aaric guud, aaric xiis, aaric gqqra (gern) und ähnliche. Das
Wort aaric nimmt in der Mundart ganz die Stelle des hochdeutschen
»sehr« ein. Letzteres Wort kennt die Mundart auch; sie verwendet » xeer «
aber nicht zur Steigerung von Adjektiven, sondern gebraucht es, soweit
ich die Sache übersehe, einzig und allein in dem Ausdruck: ad rqqnt xeer
= es regnet sehr. Nebenbei sei hier bemerkt, daß das Wort, um einen
stärkeren Grad des Regnens zu bezeichnen, auch noch gesteigert wird:
ad rqqnt xccrar.
Außer aaric werden am häufigsten noch die Adverbien arbcecermlic
und unnadeerlic, sowie ätts da’rei gebraucht; letzteres bedeutet soviel
wie »über Erwarten, ungewöhnlich«. So ist ein kräftiger Mann arbcecermlic
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Beiträge zur Mundart von Laubaoh (Hunsrück).
253
Sdaartg, ein Baum arbcecermlic hoox; Früchte sind unnadeerlic dig. Ein
Kind ist äus dar rei kluux, ein Stück Vieh äus dar rei Seen und dergl.
Außer diesen vier finden dann noch vereinzelt einige andere Adverbien
Verwendung zur Steigerung, wie gund und uygaheiar : Ein Topf ist guud
fol; ein Strick kann uygaheiar dig oder uygaheiar Sdaartg sein. Im
ganzen ist aber die Anzahl der zu diesem Zweck benutzten Adverbien
beschränkt Das Gleiche gilt
b) von den zusammengesetzten Eigenschaftswörtern,
deren Bestimmungswort den höheren Grad kennzeichnet, wenn auch hier
etwas mehr Mannigfaltigkeit besteht Hierbei sind zwei Gruppen zu
unterscheiden, nämlich solche mit 2 und solche mit 3 Stufen; die 3. Stufe
wird durch mehrfache Zusammensetzung gebildet.
1. Untergruppe: mit 2 Stufen.
Bei manchen Adjektiven bildet die Mundart zur Bezeichnung der
höheren Stufe nicht nur ein einziges zusammengesetztes Wort, sondern
deren mehrere, die gleichwertig nebeneinander stehen und für Sonderfälle
nötig wurden. Auffällig ist in dieser Hinsicht gerade das Wort fol, weil
es die meisten dieser Bildungen aufweist Es ist dies ein Beweis dafür,
welche Bedeutung die Maße im Leben des Landwirts spielen, aber auch
für die Bildungs- und Ausdrucksfähigkeit der Mundart Wo das Be¬
dürfnis besteht, ist sie um die Bildung eines entsprechenden Ausdrucks
nie verlegen. Beispiele:
1. fol — voll: gahäufda-fol bei Fruchtmaßen; gaSdrica-fol bei Flüssig-
keits- und Fruchtmaßen (erstere, weil sie voll bis zum Aichstrich
sind, letztere, weil die Frucht, die zu viel ist, abgestrichen wird);
Slabar-fol bei Flüssigkeiten, d. h. das Gefäß ist so voll, daß man
den Inhalt farSldbart = verschüttet; gaSliiwart-fol = so voll, daß
kein sliiwar, d. h. Splitter, mehr darauf liegen bleibt; garatsda-fol
von Obstbäumen gesagt; ga.sdobda-fol, gaSdumbda-fol = so voll, als
ob der Inhalt hineingestopft wäre (Sdobe und Sdumbe =- stopfen,
stoßen, drücken); Sdeif-fol ein Raum ist steif-voll Menschen, so
voll, daß sie sich nicht rühren können, sondern steif stehen müssen.
Vieh ist steif-voll Ungeziefer.
2. oaram = arm: b^ral-aaram «= bettelarm.
3. bay = bang: tsiira-bay = so bang, daß man zittert
4. bees = böse: Sbina-bees — so bös wie eine Spinne.
5. bidar = bitter: gala-bidar = so bitter wie Galle.
6. blayg — blank: blitsa-blayg =* blitzblank.
7. brcccet = breit: fiyar-brcecet => fingerbreit, handa-brcecet = so breit
wie eine Hand.
8. bugalic = bucklig: krum-bugalic = krummbucklig.
9. dig = dick: däumas-dig = daumendick, fäusda-dig «= faustdick,
fiyar-dig = fingerdick.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
254
Edmund Protsch.
10. druga = trocken: &daab-druga — staubtrocken.
11. duygal = dunkel: sdica-duygal — stockdunkel.
12. faul = faul: braU-fäul meist von Obst gebraucht: so faul, daß es
zu bratS , d. h. steifem Brei, wird; Sdiyg-f&ul meist von Personen
gebraucht: so faul wie Käse sein, der stinkend wird, weil er still
liegt und sich nicht rührt.
13. fed =*= fett: dqic-fed -=■ teigfett; Slabar-fed «= so fett wie ein Schwein,
dessen Speck slabart, d. h. sich hin und her bewegt
14. fest = fest: bmnba-fest = bombenfest.
15. gaxund = gesund: qical-gazund = gesund wie eine Eichel; k^ra-
gaxund = kerngesund.
16. glat = glatt: sbiial-glat = spiegelglatt
17. graad = gerade: keertsa-graad = kerzengerade.
18. kalt -=» kalt: eisa-kalt = eiskalt.
19. klcecen = klein: hppr un Idcecen =■ haarklein (vermutlich ist hier die
2. Stufe dem Ausdruck kggrts un klcecen = kurz und klein nach¬
gebildet, wodurch das unberechtigte un = und eingeschoben wurde).
20. layg = lang: funs-layg = fußlang; aarmas-layg = armlang; handa -
layg = handlang; vh-layg — ellenlang; jggra-layg =■ jahrelang;
ggm-layg = so lang wie ein Atemzug; sduna-layg = stundenlang.
21. zäuar a) -= sauer: estc-xduar = essigsauer; gifdtc-xäuar ■= so scharf
sauer, wie ein Gift; b) = mühsam: bluud-zäuar = blutsauer.
22. xiis -= süß: tsugar-xiis = zuckersüß; iviiralic-xiis «= widerlichsüß.
23. Sdeif = steif: sdega-sdeif «= stocksteif.
24. wanram = warm: brii-waaram = brühwarm.
25. waic = weich: brei-waic — breiweich; budar-uaic = butterweich.
26. weenic = wenig: bluud-iceenic = blutwenig.
Die beiden folgenden Wörter kann man als Üborgang zu der Gruppe
mit 3 Stufen betrachten. Sie haben zwar nur 2 Stufen; aber die Bildung
der höheren Stufe entspricht der 3. Stufe bei der nächsten Gruppe:
1. alceccn = allein: muura-enda-xeelic-alcecen =» rautterendeseligallein.
2. klaren = klein: knortsan-hiiniala-hailica-klrecen — kurz- und himmel-
* •
heiligenklein.
2. Untergruppe: mit 3 Stufen.
1. dood = tot: müusa-dood, muusa-ragar-dood.
2. dor = dürr: mbal-dor, knoxa-mbal-dgr.
3. ful = besoffen: gmnaada-fol, Sdcra-granaada-fol (= sterngranaten-
voll). '
4. hart = hart: knibal-hart, knoxa-hart, knibal-knoxa-hart.
• #
5. krayk =* krank: dood-krayk, dood-sderncas-lcrayk.
6. nagic — nackt: puural-nagic, puural-graas-nagic.
7. nas =* naß: blets-nns, I dribsa-rina-nas,
dggric-nas, f dognc-ilribsa-rina-nas.
8. waic = weich: Irrra-icaic, dogric-lerra - waic.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Beiträge zur Mundart von Laubaoh (Hunsrück).
255
Ähnliche Bildungen finden sich auch bei den Farben; doch handelt
es sich dabei nicht mehr um wirkliche Steigerungen, sondern nur noch
um solche der Form nach. Yon ihnen soll im nächsten Aufsatz die
Rede sein.
IIL Die Steigerung durch Umschreibang.
Die Erklärung der in der Abteilung II angeführten Steigerungs¬
formen hat gezeigt, daß diese Wortbildungen eigentlich nur die kurze
Zusammenfassung eines Vergleichsatzes sind. Was so sauer wie Essig
ist, ist eben esjc-xäior. Auf deu ersten Blick scheint allerdings der
Satz » dad ts xoo xüudr uni estc « gar nicht eine Steigerung auszudrücken.
Es scheint jedoch nur so, nämlich wegen der äußeren Form. Geht man
aber auf den Inhalt oder richtiger auf die Entstehung des in dem Satz
ausgedrückten Urteils ein, so sieht sich die Sache anders an. Die Steige¬
rung eines Eigenschaftsworts ist das Ergebnis eines Vergleichs, wobei
festgestellt wird, daß dieselbe Eigenschaft bei zwei Dingen vorkommt,
aber in verschiedenem Grade. Nun muß zwar nicht jeder Vergleich mit
dem Urteil der Verschiedenheit oder Ungleichheit endigen; sehr oft kann
sich auch eine Gleichheit ergeben. Drückt denn der oben genannte Satz
nicht gerade eine Gleichheit aus? Gewiß — aber nicht allein; denn
wenn ich von einem Ding urteile, daß es » xoo xäusr uni estc* ist, be¬
zeichne ich einen bestimmten Grad der Säure und hebe also das damit
bezeichnete Ding gegenüber den anders sauren, seien sie mehr oder
weniger sauer, heraus. Daß diese Art der Vergleichssätze tatsächlich
eine Steigerung, d. h. einen höheren Grad eiuer Eigenschaft bezeichnen
und bezeichnen wollen, zeigt sich am schärfsten bei der Anwendung im
praktischen Leben. Wenn eine Mutter ihrem Kinde sagt: » di kwctsd
(Zwetschen) xin noox xoo xüudr wii esic*, so will sie das Kind damit
vor den unreifen Zwetschen warnen. Sie weiß, daß die reifen Zwetschen
auch noch Säure enthalten, noch sauer sind; aber dieses Sauersein ist
durch die Reife viel gemildert Sind aber die Zwetschen *nox xoo xäudr
wii esic«, so kommt ihnen die Eigenschaft des Sauerseins noch in höherem
Grade zu, ja in einem so hohen, daß dieses Sauersein für die Gesundheit
schädlich ist. Mit großem Geschick wählt denn auch die Mundart —
und das ist ein zweiter Beweis dafür, daß es ihr um die Bezeichnung
eines höheren Grades zu tun ist — recht auffällige Vergleiche aus, die
keinen Zweifel lassen, ja sie scheut dabei selbst nicht vor Übertreibungen
zurück. Die Mundart verfügt über einen großen Reichtum an solchen
Vergleichssätzen, die zu stehenden Redensarten wurden. Hier kann nur
eine beschränkte Anzahl aufgeführt werden. Nach der äußeren Form
der Satzbildung lassen sich dabei auch mehrere Untergruppen bilden:
a) Die einfachen Vergleiche (xoo — wii).
1. xoo alt wii uidtiutxalcin.
2. xoo aardtn wii job.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
256
Edmund Protsch.
3. xoo bidar toii elts, d. h. Wermut, bezeichnet also einen hohen Grad
des Bitterseins.
4. xoo dggrtc wii an laabtc reis >= so närrisch, wie ein belaubtes Reis.
5. xoo dum wii layg.
6. xoo fol wii 3 kvnggn = schwer besoffen.
7. xoo free wii gasadreg.
8. xoo gaxund wii a fiS im wasar.
9. xoo gaxund wii a gical.
10. xoo gruub wii xeiboona-Sdroo.
11. xoo hart wii an holtsabal.
12. xoo klggr wii kleesbrii = so klar wie Brühe, in der Klöße gekocht
wurden (ist spöttisch gemeint).
13. xoo krayk wii an alt bayk.
14. xoo layg wii an deiar jggr — Jahr mit einer Teuerung.
15. xoo neiSeeric wii an alt fraa = so neugierig wie eine alte Frau.
16. xoo Sdeif tvii an bug (Bock).
17. an naas xoo Sbits wii an x&ul (die Saul ist ein Schustergerät, um
ins Leder Löcher vorzustechen).
18. xoo Sbrug tvii glaas — so spröde wie Glas.
19. xoo Sleect wii dt naaxt (Nacht), d. h. sehr schlecht.
20. xoo tscece wii juxda-lggra — so zäh wie Juchtenleder.
b) Der höhere Grad wird durch einen daraus folgenden
Zustand gekennzeichnet (xoo — dad).
1. xoo dgr, dar ar brent (so dürr, daß er brennt).
2. xoo cecemfelic, dar an dt gens beisa.
3. xoo dum, dad mar wen mir am kan inrena.
4. xoo faul , dar ar Sdiykt.
5. xoo feerdtc, dar ar nid mee k^s kan xaan.
c) Der Vergleich erfolgt nicht mit einem Ding, sondern
mit einem Zustand oder einer Tätigkeit.
1. dad kind is nox nid xoo lay ruutc, as mar da fiyar im fäuar kan
leira oder:
2. as mar an fadar-unxar bggt.
3. dad nurcedca is xoo Seen, as wii gamgglt.
4. dgg gugt xoo hailtc, as hin ar ka?<c wesarca driiwa.
5. dg$ Sdelt xic xoo imgawand, as kin ar krece drei tsiila.
6. ar mict an gaxiiet xoo xduar, as herr a uuxam h^rgod dad esic-
kriicalca farSud.
d) Sonstige Vergleiche.
1. dq$ is tsu dum fggr in dt hei (Hölle), er drqgt di klcecena deiwalear dood.
2. dumor, as dt bolatsei arlcerebt.
3. (Ewmfehcar, als an klcece kind.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Beiträge zur Mundart von Laabach (Hunsrück).
257
Überblicken wir nun noch einmal alle diese Formen, so ist unschwer
zu erkennen, daß die letzte Hauptgruppe, die der Vergleiche, wohl die
ursprünglichste und älteste Form der Steigerung darstellt oder doch
wenigstens die Veranlassung zur Bildung der Steigerungsformen gab, daß
sich dann aus ihr die zweite Hauptgruppe bildete und sich aus dieser
schließlich die Formen mit den Steigerungssilben herausschälten, die wir
jetzt nur noch als Steigerung im eigentlichen Sinn empfinden und ansehen.
Die F&rbenbezeichntmgen in der Mundart
Unser deutsches Volk hat von jeher ein lebhaftes Empfinden für
Farben und farbige Dinge gehabt, wenn auch in seiner Geschichte Zeit¬
abschnitte Vorkommen, in denen die Freude an der Farbe mehr oder
weniger in den Hintergrund trat Dafür zeichnen sich andere Zeiten
um so schärfer durch Farbensinn und Farbenfreudigkeit aus. Diese
Charaktereigenschaft des Deutschen beruht im Grunde genommen auf
seiner Vorliebe für und Freude an der Natur, zu der er sich so über
alles hingezogen fühlt Bietet doch die Natur einen schier unermeßlichen
Reichtum an allen nur denkbaren Farbenschattierungen. Wir dürfen uns
daher nicht wundern, wenn wir auch in der Sprache, in der Mundart
reiche Spuren von dem Farbensinn des Volkes finden. Gehen wir einmal
diesen Spuren nach! Zunächst wollen wir uns mit der Wortgruppe be¬
fassen, die sich an das Wort »Färbet selbst anschließt
I. Das Wort »Farbe* in der Mundart.
Das Wort »Farbe* erscheint in der Hunsrücker Mundart in der
Form: faarab, M. faanca. Es wird in seinem eigentlichen Sinne ge¬
braucht: dggric dad ftila r^na (Regnen) hgdad häu gants di faarab far-
loor, als auch im Sinne von Farbstoff: di faarab is neist mee nuts, ic
muus mar näu kaafa. Je nachdem die eine oder andere Bedeutung ge¬
meint ist, spricht man davon, dad di faarab alt oder näu, Seen oder
tfgltc (unschön), guad oder Sleect oder fardoorab, friS oder farSos (ver¬
schossen), grel oder duus (= düster und matt) oder Jeei (matt) is. Dinge
von bestimmter Farbe sind faarivic (farbig); dieses Eigenschaftswort wird
nicht gesteigert. Hat der Gegenstand nur eine Farbe, so is ar eecenfaarwic.
Die Ausdrücke mehrfarbig und vielfarbig finden sich nicht in der Mund¬
art; sie werden umschrieben mit fiila faarwa oder ersetzt durch bundtc
= bunt, das steigerungsfähig ist: bundwar, da bundtest. Will man einer
Sache eine bestimmte Farbe verleihen, so muß sie gafcvwrabt werden; Grund¬
form: fceceriva = färben, dad fcecenoa (das Färben) geschieht nur noch
wenig von den Leuten selbst; die immer weiterschreitende Arbeitsteilung hat
diese Arbeit der häuslichen Verrichtung fast ganz entzogen. Am häufigsten
kommt noch das Färben der Ostereier vor (s. meinen Aufsatz über die
Tiere, Jahrgang 1911 dieser Zeitschrift S. 220). Recht selten geworden
ist schon das Färben der Schafwolle, Strickwolle mit indtc = Indigo
(s. Jahrgang 1911 S. 154). Diese Arbeit ist den Landleuten abgenommen
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 17
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
258
Edmund Protsch.
von dem fatcerwar = Färber, oft blgg-feerer war genannt, weil er die Stoffe
meist blau zu färben hat. Trägt doch der Landmann, im Sommer wenig¬
stens, vorwiegend Kleider aus blau gefärbtem Leinen. Ist die Farbe ect.
so geet xd beim weSa nid äus; duiid xa awar abfceeerwa, so war sie nid
ect. Aber nicht nur Sachen, sondern auch Personen können ihre Farbe
verlieren, durch Erregung oder durch Krankheit: xa farfeecerwa xic. Noch
ein zweiter Handwerker hat viel mit Farben zu tun; das ist da oan-
Sdreicar oder weisbinar (Weißbinder, Maler). Je nach der Art und Be¬
schaffenheit der von ihm verwendeten Farben unterscheidet man holts-
faarab, eelfaarab und wasarfaarab , Holz-, öl- und Wasserfarbe. Der
Topf, in welchem eine Farbe angerührt wird, is dad faarabdiba. Wird
ein Gegenstand nicht angestrichen, bleibt er uygafcecerabt, so bahUt ar xei
nodgprfaarab. Der Hunsrücker kennt aber aus der Natur noch eine be¬
sondere Art Farben, das sind di rqqnbggafaarwa = Regenbogeufarben.
II. Die einzelnen Farben.
Bei ihnen sind drei Untergruppen zu unterscheiden: Unbestimmte
Farben, bestimmte Farben und Mischfarben.
a) Unbestimmte Farben.
1. duygal — dunkel: ad ivcerd aicdi (= jetzt) Sun xoo frii duygal. Wer
sich jemand ins Licht stellt und ihm dadurch Schatten macht, hod
duygal glaas aan xic. Von duygal sind als Ableitungen gebildet.
duygaltc =■ dunklig: eie grduala (fürchte mich), ad is dräus Sun ganU
duygälte; sowie duygalhcccct =■ Dunkelheit: bei dqq duygalheeeet kn’mar xic
leict qr geen (irre gehn). Verdunkeln wird umschrieben mit duygil
maxa. Das Dingwort »das Dunkel« kennt die Mundart nicht Neben
der eigentlichen Steigerung duygal, duygalar , da duygalst findet sich
die besondere Steigerungsform Sdica-duygal =■ stockdunkel und hiervon
die Zusammensetzung Sdica-duygal-noaxt (Nacht). Kleine Kinder werden
mit dem duygalman fürchten gemacht; ob dieser duygalman der letzte
Rest einer mythologischen Vorstellung oder eine freie Erfindung der
Volksphantasie ist, vermag ich nicht zu entscheiden.
2. hei = hell: xoo an heia Sduft (Stoff) hqr tc mar nid kaaft. Sagt man
von jemand, daß er nid ganls hei im kob ist, so will man ihn als
nicht ganz zurechnungsfähig bezeichnen. Von hcl sind abgeleitet:
helfe = heilig: haut mogrja hgd’s Sun im finaf duar (5 Uhr) aygafoy
un is heltc wggr; ferner rqqnhel = regenhell: damit bezeichnet man
das hinter den ersten schwarzen Haufenwolken kommende Gewölk,
das viel heller als jene ist und den Regen, oft auch Hagel bringt
Statt »erhellen« sagt der Hunsrücker hei maxa; anderseits kennt er
das Wort tifhela = aufhellen: ded icqqra (Wetter) duud xic ufhela. Die
Zusammensetzung aam hel-licdica daax entspricht dem hochdeutschen
Ausdruck »am hellen, lichten Tage«.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück).
259
3. blas «=» blaß: dad Jcind xiit xoo blas Aus. Ableitung: farblasa = ver¬
blassen: dabSeda (Tapeten), faarwa farblasa usw. Mit bles wird ein
Tier bezeichnet, das auf der Stirn einen hellen Fleck hat Im weiteren
Sinn bezeichnet bles überhaupt jedes auffallende Zeichen, besonders
auch das durch einen Schlag verursachte; daher jemand blesa — jemand
schlagen, daß er ein Zeichen davonträgt
4. Das Wort »bleich« kommt selbst in der Mundart nicht vor und wird
durch das sinnverwandte *blas « ersetzt. Dafür sind einige Ableitungen
von »bleich« gang und gäbe, in erster Linie das Verbum blqica = Wäsche
und Leinen bleichen; weiterhin: dt blqic = die Stelle, auf der man
bleicht, wofür oft noch deutlicher blqic-blats gesagt wird; blqic-boora,
der Brunnen, dessen Wasser vorwiegend oder ausschließlich zum
Bleichen dient
5. driib = trübe. Dieses Wort kommt hier nur so weit in Betracht, als
es auf eine Farbe Bezug hat: dad wasar ü fum rqqna aaric driib wpgr.
Hierher gehört auch das abgeleitete Verbum driiwa = trüben, trüb
machen sowohl im eigentlichen, als auoh im übertragenen Sinn: dqq
xiit Aus, as kint ar keeee wesarca driiicd.
6. faal — fahl: dt unisa un dad laab wqqra im heenbst faal. Das Wort
dient auch als Name für ein Stück Rindvieh mit fahler Farbe.
7. klQ<?r bedeutet in der Mundart einmal »fehlerlos«, dann aber auch
»rein«. Nur im letzteren Sinne ist es hier anzuführen: wad hgd dad
kind a klggr häat! — dd hiimal is xoo klppr, dd is kcrce welikca xd xiin.
Daher die Ableitung vfklqqra : dd hiimdl klqqrt xic uf; aber auch eine
Person kann aufgeklärt werden: ic veerd dqcn omool ufklqera, irii xic
di xax fdrhal hod.
b) Bestimmte Farben.
Vorbemerkung: Wie bei vielen Eigenschaftswörtern, so findet auch
bei den bestimmten Farben eine Steigerung durch Vorgesetzte Silben,
also durch Bildung zusammengesetzter Wörter, statt, zum Teil mit zwei,
zum Teil mit drei Stufen. Die Formen mit drei Stufen zeigen nun meist
eine merkwürdige Ähnlichkeit, die noch dadurch verstärkt wird, daß
dabei der Stabreim verwendet wird. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß
die Entstehung dieser Formen auf einen bloßen Zufall zurückzuführen ist.
1. schwarz: Swarts.
Steigerung: 2.Stufe: kuald-Sicarts (kohlschwarz); | 3. Stufe: kuüls-
raaivd-Sicarts (rabenschwarz);) raawd-Sivarts.
bec-Sicarts (pechschwarz).
Vergleiche: xoo Stvarls icii an raob; xoo Suarts wii linds (Tinte); xoo
sivarts wii garqict (geräuchert); xoo Swarts icii di haarSt oder in
dar haarSt (Schornstein); xoo Sivarts wii an haarSda-rceceral (Schorn¬
steinquerstab, an den das Fleisch zum Räuchern aufgehängt wird);
xoo Sivarts wii an SoorSda-fqera (Schornsteinfeger).
17*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
260
Edmund Protsch.
Ableitungen: su^rtslic = schwärzlich; dH §w%$rts, uua-Sw^rts — Ofen¬
schwärze.
Zusammensetzungen und stehende Ausdrücke: Swarts-bol = die ge¬
ringste (dritte) Sorte Mehl, die sich bei der Gewinnung von WeiÄ-
mehl ergibt; bol ist entstanden aus pollis = Mehl; Swartsa b&uiux:
Bezeichnung für Zigeuner.
2. weiß: weis.
Steigerung: 2. Stufe: Snee-weis ~ schneeweiß; 3. Stufe:
bliia-weis = blütenweiß; Snitsa-Sneeweis.
kreira-weis — kreideweiß;
Sl^iar-weis = schleierweiß;
Slgg-weis = schlohweiß.
Vergleiche: xoo weis icii di wand; zoo weis wii d lein-duux (Leintuch).
Ableitungen und Zusammensetzungen: weislic — weißlich; weisbinar
=- Weißbinder, Maler; weis-cecerS = eine Hummelart, deren Hinter¬
leib hell gefärbt ist; weis-kob =• ein Mensch mit hellblonden Haaren;
weis-mtfl — Weißmehl, Kuchenmehl; weis gas^r *=> Weißwäsche.
3. blau: blgg.
Steigerung: 2. Stufe: blitsa-blgg;
fplcas-blgg — veilchenblau;
hiimal-blgg — himmelblau;
indic-blpg = indigoblau;
Sdaal-blgg = stahlblau.
Vergleich: xoo blgg wii an wq%l (= Heidelbeere).
Ableitungen und Zusammensetzungen: bfäsltc = bläulich; dt bl&
— Bläue, Ultramarin; bl&a = Wäsche bläuen, Part gablet; duygalr
blgg «= dunkelblau; hel-blgg = hellblau; blgg-holts = Blauholz; blgg-
kob = Schimpfname für Evangelische; bl{>g-wes — Buntwäsche;
blimarand-blgg = Bezeichnung für eine üble, ungemütliche Stimmung
und den Zustand des Unbehagens infolge eines Leidens oder Be¬
trunkenheit (Katzenjammer); blppa moondaax = blauer Montag.
Das Wort fiioUd (= violett) kommt nur in der Redensart vor: ad is
mar xoo fiiolcd iiwdr di kaduuna xeit (über die kattunene Seite),
womit ebenfalls die Katzenjammerstimmung bezeichnet wird.
4. braun: bräun.
Steigerung: 2. Stufe: bräun-brintsahc (= brenzlich);
kafi-bräun = kaffeebraun;
knsdonje-bräun = kastanienbraun;
Irnvar-bräun = leberbraun;
rre-bräun = rehbraun;
rost-bräun *= rostbraun;
sogf-bräun = schafbraun;
tuuaks-bräun = tabaksbraun.
Vergleich: bräun-brintsahc uii an ogsa-foorts.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück).
261
Ableitungen und Zusammensetzungen: breinlic = bräunlich; duygal-
bräun = dunkelbraun; hel-bräun — hellbraun; unbräun — eine
Anstrichfarbe; roosd-brein — Rosenbräune, eine Schweinekranbheit;
hals-brein = Halsbräune. -
5. gelb: g^l.
Steigerung: 2. Stufe: golda-g^l; 3. Stufe: golda-kwida-g^l
griin-gtfl = grüngelb; =* golden * quitten - gelb.
tsidroona-gqql = zitronengelb.
Vergleiche: xoo gggl uni an gi-dggra (Eidotter); xoo g&l uni xdfrggn
(Safran).
Ableitungen und Zusammensetzungen: g^ltc — gelblich; duygal-g^gl
— dunkelgelb; hel-gftl — hellgelb; gfeledarcar, gölemarcar — Gold¬
ammern; gtfla oogar — Ocker; g$$la fajöola — Goldlack; ggqla Sneira
= Salamander; g$qla §n$gla — gelbe Schnecken; da gqqla neid = der
gelbe Neid.
Als Besonderheit ist hier noch das Wort goldtc = goldig zu erwähnen,
das zur Bezeichnung einer goldähnlichen Farbe dient
6. grün: grün.
Steigerung: 2. Stufe: graasa-griin (grasgrün); 3. Stufe:
muus-griin ■= moosgrün. graasa -gritsa -griin.
Vergleich: xoo griin uni graas.
Ableitungen und Zusammensetzungen: griinlic =»grünlich; duygel-griin
= dunkelgrün; hel-griin — hellgrün; griins = (eigentlich Grünes),
Küchenkräuter); griin-ebdl = grüne Reinette; griin fl$iS = frisches
Fleisch; griin gamiis — frisches Gemüse; griin kraut = Muß (in
Kirchberg); griinar buu, griinSnaawal = Schimpfwörter für vorlaute
junge Leute.
7. grau: grgg.
Steigerung: 2. Stufe: gritsa-grgg;
katsa-grgg = katzengrau (damit wird eine hinter¬
listige Person bezeichnet, der man nicht
recht trauen kann).
s Wf-g r W — schafgrau.
Vergleich: xoo grgg wii an iixal.
Ableitungen und Zusammensetzungen: grölte = gräulich; duygel-grgg
= dunkelgrau; hel-grgg = hellgrau; grgg-ceterS = Hummeln mit grauem
Hinterleib; grgg-Simal = Grauschimmel.
8. rot: rood.
Steigerung: 2. Stufe: ritsa-rood;
fäuar-rood; 3. Stufe: fduar-fagal-rood
bluud-rood = blutrot; (feuer-fackel-rot).
brand-rood und knal-rood = brennendrot;
fugs-rood = fuchsrot;
kamasiin-rood =• karraoisinrot;
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
262
Edmund Protsch. Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück).
mt
Steigerang: 2. Stufe: roosa, roosa-rood = rosa, rosenrot;
Mrlax-rood = scharlachrot;
rost-rood = rostrot.
Vergleiche: baga xoo rood vni gamgglt; xoo rood wii an klabar-roos.
Ableitungen und Zusammensetzungen: reeraltc = rötlich; duygel-n
= dunkelrot; hel-rood = hellrot; roos, M. dt roosa = Rose; reeral
= Rötel; roora mente = Mennige; reerala = Röteln; rood-laaf = Rot¬
lauf; di rood rggr = die rote Ruhr; rood-ebdl = Rotäpfel; rood-
bristca = Rotkehlchen; rood-Swentsjd = Rotschwänzchen; rood-eecpr$
= Hummeln mit rotem Hinterleib; da rood, an roorar, da rood-hggrtc
= rothaariger Mensch; xa hod da roora (oder dt frantsoosa ): Um¬
schreibung für Menstruation.
c) Mischfarben.
Zu dieser Gruppe sind folgende Ausdrücke zu rechnen:
1. an farmegt faarab = eine unbestimmbare, undefinierbare Farbe.
2. an dreg-faarab = eine Schmutzfarbe.
3. blegalic — fleckig: an blegalicar hund, an blegalic kats.
4. $breegalic = gesprenkelt: an Abreegalic higgal.
5. Sqggtc = scheckig: an Sgggtc kuu; hiervon ist der Name Sggg (für Kühe)
abgeleitet.
6. wette = wie die Weihe gefärbt: an iveiic higgal.
Zum Schluß möge noch ein »Farbenlied« angeführt sein:
1. sicarts, Swarts , Swarts sind alle meine Farben,
Swarts, sicarts, Quarts liebt jedermann;
Drum lieb’ ich, was schwarz ist, dieweil mein Schatz ein Schornstein¬
feger ist
2. Blau, blau, blau sind alle meine Farben,
Blau, blau, blau liebt jedermann,
Drum lieb’ ich, was blau ist, dieweil mein Schatz ein Blaufärber ist
3. Grün, grün, grün sind alle meine Farben usw.,
dieweil mein Schatz ein Jäger ist
So werden alle Farben angeführt, und bei jeder wird ein anderer
Beruf besungen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Friedrich Graebisch. Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
263
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
Von Friedrich Graebisch.
(Fortsetzung.)
VI. Alt-Waltersdorf bei Habelschwerdt (Grafschaft Glatz).
Die Mundart von Alt-Waltersdorf stimmt im Vokalismus im wesent¬
lichen mit der des benachbarten Kieslingswalde überein, welche Pautsch
grammatisch dargestellt hat (1901). Besonders auffällig ist in diesem
Mundartgebiet die Vertretung von schles. ii (aus mhd. i, ii, e, ce) und uu
(aus mhd. u, ö) durch ee und oo, sowie von mhd. tu durch ae. Vor r
bleibt gedehntes mhd. i/ü als ii erhalten, also miir, tiira, ebenso gilt
ii in nii (nicht), wohl durch Einfluß östlicher Nachbarmimdarten. Man
sagt also in dieser Mundart »s geet nii* (es geht nicht), dagegen in der
nördlichen, westlichen und südlichen (Mittelwalde) Grafschaft »s giit nee*.
1. Die Tuslamutter. 1
Da setzen sich die Mädchen
(hintereinander) in eine Reihe, und
eine geht im Kreise herum und
spricht dabei:
Hink, hink,
Tuslamutter stink!
Bin in des Schulzen Schoten gewesen,
Habe gerupft und habe gerauft.
Dann fragt sie die erste: »Wo
wohnt die alte Tuslamutter?« Und
jene spricht: »Ein Häuschen hinter
mir.« Da spricht das hinter ihr
sitzende Mädchen: »Nein, ich bin
es nicht« Und da sagt das Mäd¬
chen, das herumgeht, zu dem ersten
Kinde: »Du hast mich belogen; komm
mit! Ich führe dich dreimal um
dies Häuschen.« Darauf hält es ihm
ein Stöckchen vor und spricht:
»Hüpfe dreimal darüber und lache
nicht! Wenn du lachst, bist du ein
Teufelchen, und wenn du nicht
doo x^tsa x\c dd median ae a
raeo, gn ggn» geet arggt rem, gn
doo Sprect so dorbae:
>hiyk, h\yk,
tuuxlamtftor $t{yk*!
been ae sooltsa üoota govaast,
hgg gjropt gn hgg goraaft .«
dan freet so dd tersto: »t oo
voont~~ (d)i cialo tunxlami{tor?* gn
doo sprect'' (d/ii: »a fiacxla hencter
miir.* gn doo Sprect~'(d)ii hendor
daar: »wff, eec been s nii.* gn doo
sprect dgs tntfdla, diidd remgeet,
ts\{m (erSta kendo: *duu host m\c
bolooja; kom~'(m)eet! \c ftir d\c
draemool em dgs haexla.* domoox
leet s m a St^kla fiir gn Sprect: y>hop
draemool dreetvor gn lax nii! vgn
do laxst, heslo a taevala, gn vgn dd
1 Das Spiel ist unter demselben Namen auch in der nordwestlichen Grafschaft
Glatz (z. B. Sackisch) bekannt. In Brzesowie heißt es *(ls kuuxla-baabo «, was man zu
tschech. k/lzlc, Zicklein, stellen könnte, doch ist älteren Personen noch die Form tuuxla-
baabd geläufig, weshalb nur eine Umbildung anzunehmen ist; baabi von tschech. baba.
Großmutter.
* Sonst steyk mit e.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
264
Friedrich Graebisch.
lachst, bist du ein Engelchen.« Das nii laxst, besta a ggala.* gn doo
Mädchen macht es (so) bei allen maxi sd s bae gla kendan b\s tsum
Kindern bis zum vorletzten, und fiirlgtsta, gn dH nii laxa, koma ae
wer nicht lacht, kommt in den a h\ml gn dt andan koma ae da
Himmel, und die andern kommen hgh. gn vgn xa bae dar tuuxlamigtar
in die Hölle. Wenn es sodann bei darnoo g ees, gn doo freet sa: »xaed
der Tuslamutter ist, fragt es: »Seid iirS ?« gndiixggt: » joo, eec beens.i
ihr es?« Und diese sagt: »Ja, ich gn doo fglt'" (d)ii em gn es toot. gn
bin es.« Und dann fällt sie um doo ht{lt sd da ggalan gn Sprect:
und ist tot. Da holt das Mädchen » komt gx, di tuuxlamigtar es ga-
die Engelchen und spricht: »Kommt Stärwa /« gn doo Stgla z\c gh em
nur, die Tuslamutter ist gestorben!« xd rem gn flgna gn tuun aoslgta:
Nun stellen sich alle um sie herum *b\m — boom, b\m — baom /« dan
und weinen und läuten aus: »Bim freeja xa anandar, vgsa ggtsiin, ren
— bäum, bim — bäum!« Dann xa xa van tst{ grggtva trggn. doo
fragen sie einander, was sie anziehen Sprect'" (d)o cerSto: »da vgsarkgna « gn
(werden), wenn sie sie zu Grabe da tsveta 1 : »a oovatoop* gn da dreta:
tragen werden. Da spricht die erste: »a kdfeetoop « gn ggna: »s bgta « gn
»die Wasserkanne« und die zweite: jeeda xgqt vgs andarS. gn dan tr^n
»den Ofentopf« und die dritte: »den xa xa a Steka fat ov a kcerchoof gn
Kaffeetopf« und eine: »das Bett«, dgka xa met rps tsuu. gn vii xa
und jede sagt etwas anderes. Dar- fom grggua vgk(g)een , Steet'"(d)a
auf tragen sie sie ein Stück fort iuuxlam\{tar hendan oof gn Itfft
auf den Kirchhof und decken sie a anoox. gn dggs kent, vgsd tsu-
mit etwas zu. Und sobald sie vom cerSt fegt *, dggx ees damoox di
Grabe weggehn, steht die Tuslamutter tnuxlami(tar.
hinter ihnen auf und läuft ihnen
nach. Und das Kind, das sie zuerst
fängt, ist darauf die Tuslamutter.
2. Ringlein einstreichen. 2. regia aeStraeca, 3
Da setzen sich die Kinder in doo xgtsa x\c da kendar ae a
eine Reihe, und eins nimmt ein raea, gn ggs nemd a regia ggdar a
Ringlein oder ein Steinchen oder Stggnla ggdar a andar degk, gn ggs
etwas anderes, und eins muß raten muns roota geen. gn dgs cerSia kent
gehen. Und das erste Kind nimmt nemt~(d)gs degk , rgs (s) hoot,
das, was es hat, zwischen die Hände, tsveSar da hgnda, gn dt andan kendar
und die anderen Kinder müssen m(sa aa gh da hgnda tsi{zgma tuun.
auch alle die Hände zusammen- gn ets geei"(d)ii , diida dgs regia
klappen. Jetzt geht die, welche das hoot, gn Straect gla ae da hgnda .
Ringlein hat, (herum) und streicht
1 Mit geschlossenem e.
* Mit geschlossenem r, in der nordwestl. Grafschaft
* Dasselbe Spiel beschreibt von Unwerth aus Mittelsteine (Mitt d. Schles. Ges. f.
Volksk., Heft XVII), auch in der nordwestl. Grafschaft Glatz ist es bekannt
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesisoher Gebirgsmundarten.
265
alle in die Hände, und bei einem
(Kinde) läßt sie es fallen. Jetzt
mnß das andere Mädchen raten,
welches Kind jetzt das Ringlein hat,
and wenn sie es erraten hat, muß
das Mädchen (raten) gehen, das zuerst
das Ringlein hatte, und die (welche
geraten hat) setzt sich an den Platz,
wo die andere (die nun das Ring¬
lein hat) weggeht
3. Von einem
Es ist einmal ein Kutscher ohne
Laterne gefahren. Da ist es dann
schon Nacht geworden, und er hat
noch ein Stück (Wegs bis) heim
gehabt Da hat er ein Licht ge¬
sehen und gesagt: »Feuermännchen,
komm, leuchte mir!« Da hat sich
dieses vorn auf die Deichsel gesetzt
und hatihm bisnachHausegeleuchtet
Darauf hat er »Gott bezahl’s!« ge¬
sagt, und da ist das Licht weg
gewesen.
4. Bruchstück
Im Himmel ist gut leben,
Nichts als Pfefferkuchen, Baben 8 ,
Honigschnitten, die nur so klecken,
Daß man (sich) möchte die Finger
lecken.
gn bae qm let sa 8 fgla. ets muus
da andra roota, vqlca 1 jets dgs reyla
hoot, gn rqn xa s darooia hoot, gn
doo muus dii geen, dii tsiqcerSt dgs
reyla hgt, gn dii xqlst x\c gg da
plgts , voo di andra vqk(g)eet.
Feuermann.
doo eex amool a kotsar oona
Igtqma gafiiurn. gn doo es darnoox
Sont naxt gaväm, qn a hoot noo%
a Steka hqqm gahggt. gn doo hood
a a l\ct gaxaan gn hoot gaxqqt:
»faearmanla, kom gn Iqct mar/t gn
hood x\c s fa(r)na of da dqstl ga-
xgtst gn hood m galgxt b\s hqqm.
gn darnoox hood a »batsggl s gootU
gaxqqt, gn doo es dggs l\ct vgk'~' (g)a-
vaast.
eines Liedes.*
ae dam h\ml es gut laawa,
nfä rii pfafarki{xa, baawa,
hoonyc - Sneeta , dgsa klgka,
dgs ma m$ct~' (d)a feyar l{ka.
5. Ein Hochzeitgedicht.
Ach, Herr Je(sus)! Gibt’s da viele
Lichter!
Die funkeln ja wie helle Sterne;
Und solche große Fenster,
Man steht ja da wie in einer Laterne!
Guten Abend! Gott sei Dank,
Nun bin ich endlich da.
Man spürt wohl die siebzig Jahre
Ganz deutlich in den alten Knochen.
gx hqr jee! hoot s doo feel l[ctar!
dii fiykan joo rii hala stqma;
gn xela groosa fanstar,
ma Meet joo doo, vii ae ar Igtrma!
guuda oomt! goot xae dayk,
nu been \c qntl(c doo.
ma Spürt vol da x{pts(c jdfira
gants daetl(c ae da aala knoxa.
1 Interrogativ.
* »Der schlesische Bauemhimmel«, vgl. u. a. H. v. Fallersleben, Scliles Yolksl.
Nr. 269.
* Art Napfkuchen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
266
Friedrich Graebisch.
Doch als der Urgroßmutter
Stieftante Tochter Rechterge¬
schwisterkind
Dachte ich, mußt du gehen,
Und wenn du dich (auch) ein paar
Wochen schleppen mußt.
Ich habe mir es ja schon lange ge¬
wünscht,
Daß du möchtest in den Ehestand
treten,
Habe mich, bekümmert, gewundert
und befragt,
Und auch um einen Mann für dich
den himmlischen Vater gebeten.
Und als ich auf dem Dohlenberge
Die freudige Nachricht vernommen,
Du kannst mir es glauben,
Es war ein abscheulicher Kot,
Aber zu der Hochzeit mußt du
gehen (dachte ich),
Das nützt alles nichts!
Aber was nehme ich ihr nun mit?
Die Frage war nicht leicht. —
Da kam mir auf einmal ein kluger
Gedanke,
Während ich so nachdachte,
Ich dachte, ein tüchtiger Wisch¬
hader auf der Ofenbank
Ziert (doch) die ganze Stube.
Und so bringe ich dir (nun) einen mit
Es ist zwar nur ein Lappen,
Aber ein ganz unentbehrliches
Stück im menschlichen Leben.
Und wozu er nun zu gebrauchen ist,
Werde ich dir gleich erklären,
Du wirst’s ja selbst schon wissen,
Doch kannst du dir es von einer
alten erfahrenen Muhme noch
einmal anhören:
Wenn die Jungen zum Reden zu
flink
Und zum Arbeiten zu faul
1 Bei Rohndorf, Kreis Habelschwerdt.
* Oder aleena.
dgx doo gls dar uurgroosmt^tarS
Stiiftantas toxtar rgctgaSvestar kent
dooxt \c, mysta geen,
gn vgn da tggparSt a p&ar voxa.
\c hgg marS joo Son latja gavenät,
dgs da mgcst ae da eeaStanf' (t) raata,
hgg m\c gakemart, gavondart gn ba-
frcect,
gn aa em an mggn far deec tsi{m
h\mlfggtar gabaata.
gn vii \c of dam toolabarja 1
da frggd\ja nooxrect famoma ,
di{ kgnst mar S glggwa,
dgs v&är a gpSael{jar kvärk,
gguar tsi{ dar hokst mi^sia geen ,
dggs notst gls n\$t!
gguar vggs naam \c ar nuu meet?
dii frooga vMr farfl(M. —
doo kggmT (m)ar of fämool a klnu^ar
gadayka,
vael \c axoo tggt xemliim,
\c dooxt, a teclfjar veihggdar of dar
oouabayka,
daar U{C (dja gantsa stoowa tsiirn.
gn doo brqy \c dar gn meet.
x eex gx axoo a Igpa,
gguar a gants i{nampceccrl\e
steka aemT (m)gnSl{ja laaiva.
gn tsu vggx a nuu tsi{ gabraoxa ees,
vaar \c dar glae darklcecern,
duu vast s joo xahcar 2 Son vesa,
dgx kgnsC (d)arS foo ar aala dar-
fdüma tnuuma noo% amool gg-
hfPcern :
vrn da joija tsum rccda tsi{ fl{yk
gn tsujn arpta tsu faol
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
267
— Ich meine halt die Jungen zu
Hause —,
Da stopfst du ihnen das liederliche
Maul
Und gibst ihnen einen Schwapper
in die Beine. .
Die werden es sich merken,
Denn vor der Haderbekanntschaft
Hat ein jeder Furcht!
Und hat sich einmal der Mann barbiert
Und in der Rasierwut zuviel Seife
um den Mund geschmiert
— Das ist ja weiter kein Unglück,
Die Seife macht ja keine Flecke —,
Da läufst du schnell nach dem
Wischhader
Und wischst die Schmiere weg.
Und läuft dir einmal der Brei davon,
Da hilft dir der Wischhader allein
wieder heraus.
(Du) kannst dir auch die Spinnweben
von der Wand herunterschlagen
Und kannst die Stube damit kehren,
Schlägst den Schmutz von der Decke
in eine Ecke
Und schüttelst den Staub unter das
Bett,
Da ersparst du dir den Besen und
den Handfeger
Und hast es überall hübsch ordentlich.
Und ist er schmutzig und zerrissen
— Wie es schon nicht anders wird,
Wie wir alle wissen —,
Da bekommt ihn für schweres Geld
der Lumpenmann.
Da wird er in die Papiermühle ge¬
bracht
Und ein Bogen Papier daraus ge¬
macht
Und bekomme ich den Bogen (ein¬
mal) in die Hände,
Ihr könnt mir es glauben, den kaufe
ich gewiß
Und schreibe in fünfzig Jahren zur
goldnen Hochzeit
\c mqqn half' (d)d joya darh^gme —,
doo Stopst a dgs leedarl\ja maol
gn gest a n Svgpar ae da bqqna.
dii van x a meerka,
dqn fiir dar hggdarbalcantSgft
hood a jeedar Svoyk!
gn hoot x(c amool dar mggn pglwiirt
gn ae dar raxiirvuut lsi{ feel xggfa
em s maol gaSmiirt
— dggx ees joo vgtar ktf t^ngleka,
di xtffa maxt joo kqg flgka —, .
doo Itffsta Snql noo% m veShggdar
gn veSf' (d)a Smiira r(k!
gn l{$fC(d)ar amool dar papa darfoo,
doo helfC (d)ar dar veShggdar al$gna
veedar raos.
kgnsC(d)ar aa da Spenveeioa foo dar
vant rondarsloon
gn kgnsC(d)a Stoowa darmeet keerern ,
Sleest a drqk foo dar d$ka ae a $ka
gn pleedarSt a Staap ondar s btfa,
doo darSpuursC (d)ar o baaxm gn
a bdrStaveeS
gn host s eewarggl h\pS nqta.
gn eex a baSesa gn tsi{resa
— vii s Son~nii andarS veert,
vii mar gla vesa —,
doo kriiet a fiir a Svceceras gglC (d)ar
lompamggn.
dat veert a ae da pgpiirmeela trans-
purtiirt
gn a boo%a pgpiir draos faabralsiirt.
gn hriij \e da boo^a ae da h^nda,
iir kent mar S glqgica, daan keev (c
gavees
gn Sraep ae fufts{c juärn Isar goldna
hokst
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
268
Friedrich Graebisch.
Meinen Glückwunsch wieder darauf.
Und daß euch der Brief antreffe
So frisch und vergnügt und verliebt
wie heute,
Das wünsche ich euch recht herzlich,
Ihr lieben Brautleute!
di graatlatsjqon veecter droof.
qn dqs \c daar briif qqtreft
axoo freS qn fdrgniict qn fdrliipt gs
vii haetd,
dqqs venS \c aec rgct hcertsl\c,
iir liiwa braotlaetd!
6. Klage eines verschmähten Mädchens. 1 * * 4
qx goot, qx goot, eec hqq mae laaica
Ach Gott, ach Gott, ich bin des
Lebens müde,
Es ist mir zuwider bis zum Hals,
Ich habe wirklich auf der Welt kein
Glück,
Mich ärgert und verdrießt doch alles.
Ach, ihr lieben Leute,
Ich werde euch gleich meinen Kum¬
mer klagen,
Ich bin heute gerade dreißig Jahr
Und habe doch noch immer keinen
Mann.
Zwei Schwestern hatte ich, beide
jünger (als ich),
— Wie mich das noch manchmal
verdrießt —
Das waren noch grasgrüne Dinger,
Da machten sie schon beide Hochzeit
Mit achtzehn Jahren schon die
Karoline,
Die nahm sich einen Klempner aus
Berlin,
Sie hat es wunderschön getroffen,
Es kann ihr gar nicht besser gehen.
Die andere namens Auguste
Zählte fast einundzwanzig (Jahre),
Diese heiratete, weil sie mußte,
Sonst konnte es ihr gerade so er¬
gehen wie mir.
Allein bin ich in meinem Schmerze
— Wie doch die Zeit so (schnell)
verfliegt! —,
defo,
\c hqq s dekd b\s em a hqls ,
\c hqq halt of daar vglt kqq glekd,
meej cerjort qn fordr\st halt qls.
qx , iir liiwa laetd,
\c vaar \c glae mqn komdr klggn
ifi been dr grqqdd draes\c haetd
qn hqq halt emdr noox ken mqgn s .
tsvee Svastan hqt \c, beedd jegsr,
— vii meec dqqs noox mqncmool
fopt 4 —
dqs väm noox grqqxogriind deyvr ,
qn doo maxta xd Son beech höhst,
met axtsa jädrn Son dt kaliind,
dii nqqm x\c n klqmpnor aos hierhin,
dii hoot s gdtrofa vonckrSeend,
daar kqqn s joo gäär nii bgsdr geen.
di andrd, di aogifstd,
dt tsaalt dr qgnqntsvants\c Siir,
dii haerqtd, vael xd miqstd ,
xest tyn x dr grqqdd geen axoo vii
miir.
alqgnd been \c ae rnqm Smcertsd
— vii axoo do tsaet fdrflaect! —,
1 Vgl. oben S. 135 ff.
* und * Die Zeilenausgänge kl$en und mqqn verraten (wie auch andere Stellen)
die Herkunft des Gedichtes aus einer nördlichen Mundart.
4 Zu erwarten wäre » fokst « (fuchst). Dieser Ausdruck soll aber in Alt*Waltersdorf
nicht gebräuchlich sein.
k
i by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmnndarten.
269
Ich habe wohl mit meiner Schürze
Schon manche Zähre abgetrocknet
Ich denke wohl daran, jetzt und
immer wieder
— Ich zählte fast dreiundzwanzig
(Jahr)! —,
Da schien die Sonne mir ib hellem
Glanze,
Wie glücklich ich doch damals
war! —:
Da kam zu mir einmal ein Brauer,
Sein Name war Emil Bensch,
Den liebte ich doch mit wahrem Feuer,
Denn er war ein allerliebster Mensch!
Jedoch das Glück sollte sich wenden,
Es sollte mir wieder Schlimmes be¬
gegnen.
Da kam er (nämlich) einmal Sonntags
Wie gewöhnlich zu mir her,
Undweil er gern las,nahm ereinBuch
Zur Hand und las etwas vor.
Er liebte z. B. sehr Gedichte
Und Rätsel löste er,
Und für Naturgeschichte
War er ganz besonders begeistert
Da stand (in dem Buche): »Zu Brüssel
Gab es einmal einen Elefanten,
Der war geschickter mit seinem Rüssel
Als mancher Mensch mitseinerHand.«
Da fragte ich verlegen:
»Was für Vögel sind denn das?
Sind sie groß, hält man sie der
Federn wegen
Oder legen sie nur Eier?«
Auf diese Frage hin
Nahm mein Geliebter Stock und Hut
Und sagte, es sei ihm nicht gut,
Er habe Magenbeschwerden.
Er' soll aber bis heute noch wieder¬
kommen!
Ich weiß nicht, was ich ihm getan
habe;
Ob er mir es übel genommen hat,
1 Mit geschlossenem e.
Digitized by Google
\c hgg rol Son met maenar Scertsa
mgnca trqqna gggatraect.
yc dgyk vol drgg jets gn noo% emar
— ifi tsaaÜ ar draegntsvants\c
Siir! —,
doo Seen da xona miir am S\mar,
vii gleklyc, dgs \c data vä&r! —:
doo kggm tsy miir amool a braear,
met nggma hiix a eem\l bgnS,
daan liipt yT (j) oo met vä&r am faear,
dgn dgs vä&r a glarliipstar mqnS!
dgx dgs gleka myst x\c vqnda,
gn myst mar veedar drflyc geen.
doo kggm a amool (das) xont\cs
vii gaveenl\e haar tsy miir ,
gn vael a gana Iggs, nggm a a buuz
tsar haut gn Iggs vggs für.
a liipt axoo gadysta,
gn rqqtsIT (l)eest a oof
gn of natuurgaäecta
vä&r a gäär a gaear droof.
doo Stggn s: »amool tsy btysl,
doo hgt s n eelafant,
daar vaär gasektar of xqn resl ,
vii mgncar mgnS of xaena hant .«
doo freet \c farlqejn:
» vggs"'(z) aen dn dggs far feejl?
xaen za groos, heit 1 ma dii a
faadan vggjn
ggdar leen za q^ar bloos?«
of dii frooga
nggm z(c mae liipstar Stoog gn hyt
gn xqqta, s vcecer m nii gyt,
a hqta da mgg^aploo^a.
a zool ggicar haeta noox veedarkoma!
\c rqqs nii, vggz eej m hgg gatoon;
ob a miir § hood ceivlgonoma,
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
270
Friedrich Gräbisch.
Daß ich ihn nach etwas fragte?
Denn ich war doch keine schlechte
Partie,
Ich hatte Geld, ich hatte alles
Vom Glasschrank bis zum Schlempe¬
kübel
Und eine Wiege allenfalls.
Wenn Eheleute in Liebe
Des Sonntags miteinander spazieren
gehen,
Wenn sie einander so hübsch führen,
Das rührt mich ordentlich in der
Seele.
Und gehen sie abends miteinander
zu Bett,
Da heißt es: »Nun komm, mein
liebes Docht 1 !«
Ich aber habe nichts anderes zu
erhoffen
Als mein altes zerdrücktes Lager!
Ich denke, ich bekomme
Schließlich überhaupt keinen Mann
mehr,
Da muß ich auf die Dauer
Mein Leid allein tragen.
dgs eej a tggt cm vggs freen?
dgn pp miir tggt vgtar kotier eeicl,
eec hgt gglt, eec hgt gls
fom glggsSrayka b\s istfm Slgmpa -
keewl
gn a viija glvfgls.
rfn eealaeta gi{t metsgma
(das) zojitjcs geen azoo Spgtsiirn,
vqn za azoo h\pS fiim anandar,
dggs tut m(c antl(c ae dar zeela rin n.
gn geen za ootns metsgma Slofa,
doo fixest s: »doo komT (m)ae liitras
tooxt! «
dgx eec hgg v^tar n\St isy hofa
gls vii of mae aalt farfänas booxt!
\c dqnk vol gm qnda,
dgs eej gn kriij amool kqn mggn,
doo muttz \c of da Iqya
mae le%d altfna tr^n.
VII. Die Westhalfte des Kreises Glatz.
Der Glatzer West- oder Oberkreis ist das Gebiet um Lewin, Reinerz
und Rückers. Er grenzt im Westen und Süd westen an Böhmen, im
Norden und Südosten bilden das Heuscheuergebirge und die ausgedehnten
Nesselgrunder Forsten natürliche Grenzwälle gegen die Kreise Neurode
und Habelschwerdt. Im westlichsten Teil, dem Lewiner Gebiet (auch
der »böhmische Winkel« oder die »Glatzer Westecke«* genannt), über¬
schreitet die tschechische Sprachgrenze die politische Grenze mit den
Ortschaften Straußeney mit Bukowine, Preußisch-Tscherbeney mit Jako-
bowitz, Kudowa mit Blasewey, sowie Schlauey. Das südöstlich von Schlaney
gelegene preußische Grenzdorf Brzcsowie zeigt einen vielfach abweichenden
deutschen (glätz.) Dialekt, der getrennt zu behandeln ist, ebenso der süd¬
lich von Lewin grenzende deutsch-böhmische Markt Gießhübel an der
hohen Mense, dessen Mundart sich ehemals auch über das preußische
1 Vgl. oben S. 137.
* Diese Bezeichnung stammt von dem um die Glatzer Heimatkunde hochverdienten
Rektor Wilhelm Mader in Lewin. Einen auf dieses Gebiet bezüglichen Aufsatz hat er
in den »Bunten Bildern aus dem Schlesierlande«' 1, 2. Autl., S. 309 —31T veröffentlicht.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gobirgsmondarten.
271
Grenzdorf Tassau erstreckte, hier aber von der Lewiner nahezu verdrängt
ist Trotzdem nun das verbleibende Gebiet des Glatzer Oberkreises eine
natürliche nationale oder physikalische Abgeschlossenheit zeigt, trägt die
Mundart rein glätzischen Charakter. Zwar besteht keine völlige Über¬
einstimmung mit der von Klesse (Vierteljahrsschrift f. Gesch. u. Heimats¬
kunde d. Grafsch. Glatz, III u. IV) und v. Unwerth (Schles. Ma.) darge¬
stellten glätzischen Mundart, aber die Abweichungen reichen fast sämtlich
beträchtlich über die Grenzen dieses Teilgebietes hinaus. Nur eine be¬
merkenswerte Eigentümlichkeit scheint hier ihren Mittelpunkt zu haben,
und da sie meines Wissens einzig im Glätzischen 1 dasteht, so glaube ich
berechtigt zu sein, die Ma. des Glatzer Westkreises als besondere Teil-
raundart der niederglätzischen Gruppe anzusehen, und schlage für sie die
Bezeichnung westglätzisch vor. Die Besonderheit besteht in der Ver¬
schiebung des aus mhd. ä und e entwickelten schles. und glätz. a vor
r +Velar, Labial oder $ bis zu p ( ä ): xgijd (Särge), prpsj (Erbse), hprivd
(herb), ngrS (närrisch), bgrk (Berg), dgrics (derb), fgrS» (Ferse). Vor r + l,
n, ts bleibt a, teilweise auch p: ka(r)h (Kerl), pa(r)la (Perle, Dimin.),
ga(r)nd (gern), la(r)na (lernen), a{r)nst (ernst), Stgrnla (Sternlein), hgrtsd
(Herz). Gemeinsam mit der Verschiebung der aus mhd. ä/e entstandenen
a zu p ist diejenige der mhd. a und o entsprechenden glätzischen a vor r
(vgl. v. Unwerth, § 2 und § 13, S. 15) erfolgt: grm, mgrnd u. a. Dieser
Vorgang wäre an sich nicht bemerkenswert, da auch das Gesamtschle¬
sische (nur mit Ausnahme des Glätz.) hier p (und aus mhd. o meist if.)
zeigt. Da aber die angrenzenden Gebiete (Braunau, Neurode, Glatz,
Habelschwerdt, Adlergebirge) sämtlich a haben, ist eine Entwicklung aus
älterem p über a zu sekundärem p anzunehmen, die gleichzeitig mit der¬
jenigen von mhd. ä/e eintrat. Eine Ausnahme scheint da(r)t (dort), das
in Sackisch, Lewin üblich ist, zu bilden, doch dürfte dieses a, wie die
östlich von Lewin (z. B. Keilendorf), in Brzesowie und im nördlichen
Adlergebirge vorkommende Form dgrt, (Uert andeutet, erst in neuerer
Zeit (über tieftoniges drt, ddrt?) aus p entwickelt sein, ähnlich erscheint
fat in Sackisch (sonst meist fgrt , in Brzesowie fort). In einigen Dörfern
nordöstlich und östlich von Lewin (Keilendorf, Hallatsch, Tschischney,
Roms, Friedersdorf) nähert sich p vor r (auch bei Dehnung) stark dem
a, ohne dieses völlig zu erreichen.
Weitere Einzelheiten und Texte seien einer späteren eingehenderen
Darstellung dieser Mundart Vorbehalten.
1. Der Mann ohne Kopf (Großgeorgsdorf).
Im Hinterlisken sind einmal s (f)aen amool a paar holtssactd
einige Holzscheite über Nacht im iiuzr naxt hass gdbliin m berühr-
1 Einige Ortschaften im westlichen Kreise Frankenstein (z. B. Gierichswalde,
Hemmersdorf) zeigen allerdings die gleiche Entwicklung. Sollte ein Zusammenhang mit
diesem Gebiete bestehen, so könnte ihn nur der Südwesten des Neuroder und der nord¬
östliche Zipfel des Glatzer Kreises bilden, was noch der Feststellung bedarf.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
272
Friedrich Graebisch.
Freien liegen geblieben. Und jedes- l\ska l . gn doo väär £ emar ae dar
mal, wenn die zwölfte Stunde da tsvglfta Stignda, gn doo \s a mggn
war, kam ein Mann, der hatte den koma, daar hgta a Jcoop ondar m
Kopf unterm Arme. Das hat der ärrrna gahgqt. gn doo vä&r halt (d)ar-
Förster nicht glauben wollen. Da noogar dar jqgjar, daar hoot s nee
ist er einmal hingekommen und hat vgla glggiva. gn doo Hx a amool
es doch gesehen, als die Zeit da war. naoskoma, gn doo hood a s dgxga-
Danach ist er ganz still wieder fort- xaan, vH da tsaed \s ggkoma. gn
gegangen und fernerhin nicht mehr darnoo^ar, doo \x a gants Stela vüdar
hingekommen. färtgaya gn \s vgtar neme naoskoma.
2. Von einem Verstorbenen (Großgeorgsdorf.)
Als ich noch ein Junge war, gls \c noo% a joya b\n gavaast,
gingen wir einmal zu dreien von gn doo g\y mar amool foo jdkav\ts
Jakobowitz nach Lewin. Und wie ov a Ueviin onzar draea. gn vH mar
wir dort nach Großgeorgsdorf hin- data of gruus-jckrsdrof nt{fgiin, doo
aufgehen, kommt der . . . bauer dort kernt (d)ar .. . paoar dat naos. daar
hinaus. Er war gekleidet wie der vä&r gaklgt vH dar rect\ja, ggwar s
richtige, aber es war der verstorbene, väär dar farStärwna. vii mar ov a
Wie wir auf den Weg kamen, war vggk kvggma, doo vä&r \c nee v tf 9r
ich nicht weiter von ihm, als (von dar foo, gls vii b\s tso daam fanstar,
hier) bis zu diesem Fenster, und gn da hä&ra Stggnda miir keebärja, —
die Haare standen mir zu Berge, — gn doo väär a of dam heerta 1 wj)
und da war er auf dem festen ov amöol farSvonda.
(■= Fahr-) Wege plötzlich ver¬
schwunden.
3. Popinkel 8 , ein Spiel (Großgeorgsdorf).
Da werden einem (der Mitspieler) doo vaarn fm da aa%a tsuuga-
die Augen verbunden, und dieser bonda, gn daar ruft: »pgpiykl, kr{c
ruft: »Popinkel, kriech zu Winkel!« tso v\ykl! « gn a andrar freect, i'ifl
Und ein anderer fragt, wieviel Sriita, dgs a tso giin hoot. gn doo
Schritte er gehen solle. Da sagt Sprect daar: » femva « ggdar » xiimnat
jener: »fünf« oder »sieben« oder ggdar v\fl a ppws xggt, gn doo get
soviel er gerade will, und weist a jeedm da Sriita uuf vii vaet, dgs
jeden an, wieviel Schritte er machen a tso giin hoot. nooxhggr mtfs a
soll. Danach muß er (einen zu xigxa; doo grgtSt a, gn dam (ersta .
fangen) suchen; da tappt er umher, daan a fgyt, rarn vüdar da oa%a
und dem ersten, den er fängt, farbonda, gn daar kernt (d)rgg.
werden nun die Augen verbunden,
und dieser kommt an die Reihe.
1 Teil des Gelleoauer Forstes, Nom. -l\8ka.
* lm Lewiner Gebiet überwiegt die Form härta.
8 pqpiykala (n.) heißt auch die wilde Primel (Sackisch).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben sohleaiacher Gebirgsmund arten.
273
4. Glückheben 1 * * (Sackisch).
Auf den Tisch werden vier
Schalen (= Tassen) gestellt und
umgestürzt, nachdem unter je eine
Geld, Brot, Erde und ein Läuse-
kamm* gelegt worden ist. Nun muß
oiner (der Anwesenden) hinausgehen,
und inzwischen werden die Schalen
umgetauscht. Danach wird der (Be¬
treffende) hereingerufen, und nun
muß er raten, was unter einer jeden
Schale liegt Und das, was er auf¬
deckt, soll bedeuten, was ihm das
Jahr bringen wird. Deckt er Geld
auf, wird es ihm daran in diesem
Jahre nicht fehlen; deckt er Brot
auf, da wird er das ganze Jahr Brot
haben; deckt er den Läusekamm
auf, da werden ihn die Läuse fressen,
und trifft er auf die Erde, so wird
er dieses Jahr sterben.
doo vaarn ov a tiiä für Sppla
gaStplt, pn d\i vaarn emgaStcertst,
pn ondar ppna vcert emar gpld pgdar
bruud pgdar oada pn a loexakgmp
drondar gatoon. nuu muux pps naos
giin, pn doo vaarn dartsveSa da
Sppla emgalaoSt. darnooxta vcert (d)ps
raegarnfl, pn doo muux a roota,
vps ondar jeedar äggla iis. pn vps
a ppbm uuf dpkt, doo tippst s, dps
vcert a dpps jäär hppn. dpkt a gpld
uuf doo vcert s om om 8 gplda nee
faala dpps jäär; dpkt a bruud uuf\
doo vcert a bruut hppn s ganlsa
jäär; dpkt a a loexakpmb uuf, doo
vaarn a da locxa frasa, pn ircft a
da oada, doo vcert a Stcenva 4 * dpps
jäär.
5. Das Rülpenfangen 6 * (Sackisch).
Wenn ira Advent die Nächte
lang und sehr finster sind, wird oft
gesagt: »Heute wäre es gut, auf
den Rülp9nfang zu gehen«. Wer
das noch nicht kennt, will doch
auch sogleich auf den Rülpenfang
gehen. Da wird nun ein großer,
weiter Sack genommen, und der
andere nimmt einen großen, langen
Stecken, und (dann) gehen (sie) ein
Stück hinaus in den Garten oder
aufs Feld. Der eine muß sich (dort)
vpn om fpfpnda da npcta layk
pn xcecer fenslar xaen, doo vcert
ofta gazppt: »hoeta vcecer § gi{l tsom
rclpafatjagiin «. vaar dpps noox nee
kpnt, daar v\l dpx glae aa relpa
faya giin. doo vcert halt a gruusar
raetar xaak (g)am{ma, pn dps andra
nemd an gniusa laya stpka, pn giin
a Steka naos ae a gäärta pgdar ofs
fplt. pn dps ppna mifs (x)\c uuf-
1 Denselben Brauch aus Brzesowio babo ich mitgeteilt in der »Dt. Volksk. a. d.
östl. Böhmen«, XI, S. 44. Vgl. auch Paul Keller, Der Sohn der Ilagar, S. 100 f.
* Gemeint ist ein engsprossiger Kamm (Staubkamm).
* Mit geschlossenem o.
4 Seltener Stänca.
6 relpa (f.) bedeutet eigentlich einen Waldgeist (Buschweib), z. B. am Heideiberge
bei Habclschwcrdt, gewöhnlich aber werden ungezogene Kinder giätz. »relpa* genannt.
Derselbe Scherz heißt bei Strehlen trqpafaya (Tiappenfangeu), bei Weidenau, Ost.-Schl.,
wohl entstollt tqpafaya.
Zeitschrift für Deutsche) Mundarten VII. 18
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
274
Friedrich Graebisch.
mit dem Sacke aufstellen und (ihn)
recht weit aufhalten, und der andere
mit dem Stecken geht in einiger
Entfernung umher und spricht: »Ich
werde die Rülpen jetzt herbei treiben«
und begibt sich in einem großen
Bogen, wobei er »sch, sch« macht,
langsam nach Hause.
6. Von Feuermännern [a)
a) Wir waren (gerade) beim
Schuhmacher Knauer zu Besuch,
als ein Mann hereinkam und sagte,
vom ersten Schlaneyer Hause nach
dem Viehweg hinaus, wo man nach
Tscherbeney geht, dort treibe der
Lichtmann wieder sein Wesen. Wir
eilen aus der Stube heraus, um uns
zu dem Lichtmann zu begeben. Da
sind wir an tausend Meter auf ihn
zu gelaufen, und dann blieben schon
einige (von uns) zurück. Aber drei
(Mann) rannten auf den Lichtmann
zu. Als wir (an ihn) herankamen,
war er weg und stockfinstere Nacht
vor unseren Augen. Wir wußten
nicht, wo wir waren, und mußten,
um heimzukommen, gerade über die
Felder gehen.
b) Einst wollte mein Vater nach
Tscherbeney in die Roratemesse
gehen, und dabei verläuft er sich
auf den Luxschen Wiesen. Dort
sah er von weitem einen Feuermann
und glaubte, es sei ein Licht, denn
es war sehr finster. Und da ging
er darauf zu, konnte es aber niemals
erreichen. Wenn er wieder dachte:
»jetzt habe ich ihn (= den Feuer¬
mann)«, war er wieder weg. Da ist
er so eine Stunde (lang) auf den
Feldern umhergeirrt, bis es Tag war.
Und da fand er sich zurecht und
war nicht weit vom Hause weg.
stqla met dam xaka gn rqct vaet
uufhaala, gn dgs andrd met (d)am
laya stqJca giid a .steh darfoo rem
gn sprect: »\c vaar ia cts atsitu
iraewa, da relpa « gn maxi bald an
gruasa booga gn ti{t s" xrm gn
gilt xaxla viidar hqqm.
bis c) Sackisch, d) Tassau].
a) mar vurn bqm knooar-su-
stor of baxuux. gn doo kggm
qqnar rae, gn a xqqta, fom Slüanae
fom frr&ta haoxa ofs ftiw\c nnos,
ruu z ov a Ucernac tsuu gilt, doo
gilt (d)or l\ctmggn viidar. miir maxn
aos dar Sluuwd raos gn vi{lda bald
of da l{ctmggn giin. doo zae(n) mar
galofa a taoxnt meetar ov a tsuu,
gn dan blihva son a paard tsoreko.
ggtrar draca maxia of da Ifctmggn
tsuu. vii mar dartsuu kgoma, ranr
dar Ifctmggn vqlc gn stookfemtar far
a aa%a. mar vosta nee, ruu nur
vurn; miir migsta, cm dgs nur
viidar isorcka kggma, glaeca iitear
di fqldar giin.
b) doo viflda amool mae fggtar or
a iSternac aes rgrdat giin gn fori {{ft
x\c doo of lt{ksa (Gen.) viixa. dnt
xggg a foo dar vacta n focannggn ,
gn a dooxia, s vcecer a l\ct, vacl
s (t)cecer fenstar vuur. gn doo g\y
a druuf tsuu, h\nt s ggwar niimools
aelmla. von a viidar dooxta: *cls
hgg \j n<f, vuur a viidar vqk. nn
doo Hz a axuu n stund j rcwgjrrrt
of da frjdan, b(s(s) tuak vuur. gn
doo bakant a x\c, gn doo vuur o
vor varf fom hnoxa rrk.
V Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmnndarten.
275
c) Dort drüben auf derVeitschen
Wirtschaft stand einst eine alte
Weide. Bei dieser ließ sich in der
Adventszeit immer ein Lichtmann
sehen, der immer rief: »Übel, Übel,
Übel«. Da glaubte man, wenn je¬
mand »Amen« sage, könne der
Lichtmann erlöst werden. Da nahm
sich (nun) eine alte Frau, die »alte
Hauschken« genannt, vor, diese arme
Seele zu erlösen. Zuvor ging sie
zur Beichte und Kommunion, als¬
dann schritt sie einmal des Abends,
als der Feuermann wieder (an seinem
Platze) stand, auf ihn zu und wollte
»Amen, Amen« sagen. Sie hat es
aber nicht zustande gebracht und
(ist) vor Angst wieder umgekehrt
Und seit dieser Zeit ist der Feuer¬
mann verschwunden.
d) Es ging einmal ein Mann
über die Felder, als es schon sehr
finster war. Da sah er einen Licht¬
mann und sprach (zu ihm): »Licht-
niann, leuchte mir!« Da ist der
Lichtmann mit ihm gegangen bis
nach Hause. Daheim angelangt lehnte
er sich an der Tür hinauf und ging
nicht mehr fort und brannte (dabei)
wie eine Schütte Stroh. Da nahm
der Mann den Besen und schlug
ihn ein paarmal damit Und nun
sprach der Lichtmann: »Gott be¬
zahlt! Jetzt habt ihr mich erlöst
Wie ich noch auf dieser Welt war,
habe ich einmal einem Bettler ein
paar Schlüge mit dem Besen ge¬
geben, und (dafür) mußte ich nun
als Lichtmann umgehen.'
1 soft mit geschlossenem o.
c) doo diixca of faeta rrerUoft 1
hoot s n nah raeda Sliin gahppt, pn
bae daar l\s (x)\c ae dhr ppfqntsaet
ZfS (x)\c emar a l\ctmppn xaan,
daardh emar Sriir: » iiwl - iiwl - iiwl! «
doo mqqnta dt loeta, vqn qqnar Spreeca
*aavnan* f kqnd a dhrliist xaen. pn
doo hoot x\c a aalt vaep, da aala
haoSky, dii hoot x\c fiirganipma ,
dpsa vqlda dii ärma xeeh darlüxa.
pn doo \sa tsofdur tst{r baect9 pn tsip-
komjöon gaya, darnooxta {Sa amool
ooms, vii dar foearmppn viidar
Stppnda ov a tsuu gagaya pn viflda
xqq n: *aaman, aaman «. xa hoots
ppwar nee axuu vaet gabrooxt , pn
far aysl viidar emgadreet. pn foo
daar tsaed {s daar foearmppn vqk.
d) x \x amool a mppn iiwar da
fqldar gaya, pn s väür Xon xren-r
fcnstar. pn doo xpp% a an l(elmppn,
pn doo mqqnt a: »l\ctmppn Iqct mar!*
pn doo \s dar l(ctmppn m{lgaya b(s
hqqm. pn darhqqma laant a x\e pp
dar tiira ni{f pn g\ya ncme fat, pn
a branta vii n Siita strun. pn doo
npprn daar mppn a baaxm pn haot
(präter.) m a padra rondar. pn doo
mqpnia dar l\ctmppn: » batsppl s goot!
cts hpt ar m\r. darlccst. vii \c t{f
dar vqlt vu&r, hpp \c amool am batl-
mpna a pdnra m\d m baaxm iiwar-
gahaot pn musta rts far l\ctmppn
retngiin .«
(Fortsetzung folgt.)
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
276
R. Block.
Volksreime aus dem Harzgau.
Von R. Block.
1. Neckreime.
1 .
(n swanabek däu roond ek,
groina läudti hewa ek,
p p da eka t oona ek,
oola yasgf haita ek,
maumxaft fgrkggpa ek,
i(n vqgr rat v\l dee kooma ng tnck.
[Schwanebeck.]
2 .
{n swanabek ddd vooana ek
maumxaft fgrkggapa ek. 1
[Eilsdorf.J
3.
in fclln * xünt da tsuctZen viipa,
faftain 3 peuic kg st da kiipa. i
[Veltheim.]
4.
vii hggart nü& feltn,
ceanit figlt, hoi, strooa un vi(la
i(n driykat unlar f/(ln py,la.
[Veltheim.]
5.
In Dardesheim übertrug man das
Tuten des Kuhhirten:
in gstanviik deen ft (ln zaltfp,
da gantsa vgx karti(fallsi(p
i(ii dat xgitdud^s mau-rau, mau-rau.
6 .
In Dingelstedt singt man:
ki(kat uutar luuka
määkt na d\ka snuuta.
Die Eilsdorfer singen dasselbe
von den Dingelstedtern, die Schlan-
stedter von den Eilenstedtern und
diese von den Schlanstedtern.
7.
da ströoapSa man 8
hat hooaxan an
Un hatar Icaina kngpa dran,
dat is da strböapXa man.
[Eilsdorf.]
8 .
da Swetsanman
hat hooxan an,
hat h(n t(n fgrn twai kngpa dran ,
dää 3 u&t xa m\t na hen,
d&ä gadt xa m\t na hen.
[Hornhausen.]
9.
Zt(ndax, ZH”dax, hqr flecdarv\s,
hüiila galt da v\nt xau koolt i(n ftp;
rgrak v\c in diina sluuwa kooip,
rüra mek da itqexa fgn kgpa fgrfroorn.
[Silstedt.]
10 .
keearl
m\t n lenavansan kweearV
hqra n Iqdarn nie vecamqjan ,
hqra kaiij lenavansan krqjan.
[Eilsdoif.j
uilsdgrpsa irumaltasan , 6
Z<iut gp iiuxan fela nasan,
1 Iu Gr.-Alslebon mit dem Zusatz: \n da cko roond ck
bla na fenstar heica ek.
7 Veltheim. 3 fünfzehn. 4 Korb.
r ' 'gl Unseborschc Rumpeltaschen, Gcschichtsblätter f. Magdeburg 9.
b Mann aus Stiöbcck. ' ],cin\\andgürtel.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Volksreime aus dem Harzgan.
277
11 .
haindr\c paindr(c duubrpnest
\s \n uuxsn gääm vest,
hat uns epsl ipi beesrn dstoodln,
vcnsvsns 1 kriit, v\lavsns 2 n äärs fgr-
x ooo ln. [Eilsdorf]
12 .
haindr\c fgn Sain\c 8
hat sni^rtcsn* gn Imin,
hai kan xo n\c Hin , 5
hai mgt xo ääfsniin.
[ Bilsdorf.]
13 .
ans* klapdno
xct tgpksn gpt fiiür,
koosks boosn, koosko booori,
st broost \s xau diiür. [Bilsdorf.]
14.
ans 6 klapdno
slgpt jeesrn bii n mans,
slgpt jeesrn bii n xgldäätn
kant fartssn nie lä&tn. [Eilsdorf.]
15.,
katriins, katrääns,
vat mädkst diin häans ?
hai x\t gpm mess 7
i{n rgpt klgks xess. [Derenburg.] 8
16.
riiksllcsn, friidsriikslksn,
vat hast \n diiri biiükslksn?
xuurn kool i\n SivetSanklump ,
dääfgn \s ds buuk xau npit.
[Derenburg.]
17.
fetsr bl\k, feisr bl\k, fetsr blak!
hai stook xiins farksn iy xak.
i{n vii gwsrn hüiibarc 9 käätn,
dää väärn xs als kapi\ts Icapats gdän.
[Schwanebeck.]
18.
ax veens man nie,
ax veens man n\c,
\n da röösia 10 stait klif,mp,
duu xiiüst ns man n\c.
[Eilsdorf.]
19 .
ax veens man n\c,ax veens man n\c,
\n de röösrs stait ktymp,
dal vetsts man n\e ,
\n Smoorpgt is muxiiks,
dää danxt ds lääms haindsr\c
mH xiinsr fintln riike.
[Derenburg.] 11
20 .
biste böösxs,
krimp in keesxs;
bists vggr juut,
kruup vggr ruut. [Eilsdorf.] 12
21 .
bgdakar, bgdsksr, bi{>n bi{m bum,
slait xiins fruu ds ittfxs hri{in,
sm^rt xs mit pgm&äds
rart xs vedsr jrääds,
dickst xs int räätsr,
bremst xs vii xaun käätsr.
[Veckenstedt]
22 .
bijdaksr, biidskor, bt^m bi{m bipn,
slait xiins fruu in huuxs n{m,
jift xs n sti{ks kecsxsbroost,
slait xs m\t da küüls doost.
[Eilsdorf.] 13
1 wenn wir ihn. * wollen wir ihn. 1 SchöningeD. 4 buntes Band. 8 leiden.
8 Anna. ’ Mist.
8 Vgl. auch Böhme, Kinderlied und Kinderspiel, S. 279; desgl. Nd. Jb. 34, S. 1Ö0.
8 Huyberg. 18 Ofenröhre. 11 Ähnlich in Ascherslcben (Drosihn S. 131).
'* Ähnlich in Sorge i. Harz (Drosihn S. 133); vgl. auch Simrock.
18 Vgl. Böhme, Deutsches Kinderlied und Kinderspiel 1897, S. 280.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
278
R. Block.
23.
bgddkor, fjp/Iokdr, bum bum bum,
slait xiino fruu in huuxo rum,
smit xd pp dat vnntor,
bripmdt xd rii xaun käätor,
jift xe n sli{kd iilo broot,
slait xd m{t dd küüld doot.
[Derenburg.] 1 *
24.
seeornslUpdr naxlofii,
foird kam kraux fgrbii,
kipmdtd * hen np ts\l\c 3 *
xi\ntd A mcejdns b\l\c.
[Eilsdorf.]
25.
scernsliipor gporman
ki{mt m\t xiind kard an,
ki{mt hai hen na laijonstain,
xüntd A kliprp jroot i{n klain,
ki{int hai hen na dcembprc,
kan hai n\c fpr drekd dprc,
ki{mt hai hen na ts(/{c , 8
sliipt hai dd seern b{l\c,
ki{mt hai hen na hoiwor 5
hänlt nd* zliiks dd doiwdl.
[Derenburg.]
26.
3 i(ii(fax, zundax, fctdr pporman,
spano diiiid tsilco an,
foird hen na lsil(r.
m\do hen na amstordam,
fpn amstordam na knul(kam,
fgn kuul(kam na huus,
da spanstd diino ts\ko vcdor mit.
[Sargsted t.]
27.
mi[\or, mi{lor, muälor,
de srpol hpst n daälor.
[Homhausen.]
ini{ldor, muälor ,
matnstaulor, 1
kliinbiitor,
hoooxonSiitor.
[Eilsdorf.] 8
suuslor, suustor, 9 hop hpp hop,
xeld mek on /l{kon pp,
ii(c do groodt t{ii n\c dd klain,
den varst dun ds besto xain. 9
[Eilsdorf.]
* 30.
sniulor, sniidor, hpp hpp hpp,
xeld mek on fl{kdn pp,
h(n ai/ m i, fprrid ain,
ppip pukdl ook (oodk?) npx ain.
[Hornhausen.]
II. Tierstimnien.
1 .
Der Hahn ruft:
kükdri{küü
dd bgtdr (s düiir,
do kccoxd xünt vplfai/o,
miino ini(tor hat dgx kaino.
[Eilsdorf.]
9
Als Besucher auf den Hof kommen,
ruft der Hahn:
lautdr groooto lüü!
Darauf antwortet der Enterich:
pak, pak.
[Eilsdorf.]
1 Aus Hornhauson sind mir nur die Anfangszeilen berichtet.
* kommt or. 1 Zilly. Zu den Ortsnamen vgl. Zoitschr. f. d. Ma. 1911.
4 sind die. " Heudobcr. ü holt ihn. 7 Metzonstehler.
H Vgl. Uöhmo a. a. 0. S. 281. y hd. Formen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Volksreime aus dem Harzgau.
279
:i.
Erster Hahn: vai xünt 3 roota lüü!
Zweiter Hahn: vai 00 k!
Dritter Hahn: vai höört ääwdr 00 k
(hrtau !
Enterich: pak, pah, pak!
[Schwanebeck.] 1
4.
Das Huhn, das ein Ei gelegt hat, ruft:
mek smart , mek smart miin darslok!
Darauf tröstet der Hahn:
datjift zek, dal j\ft xek! [Eilsdorf.]
5.
Die Blaumeise ruft:
,s iykdnspek, syjkanspek,
und wird danach auch so genannt.
[Eilsdorf.J
6 .
Goldammer im Winter:
buur, buur, buur!
laut mek \n dum süüna!
im Sommer:
buur, buur , buur!
l{k mek \n stüüt! [Eilsdorf.J
7.
Die Lerche trillert den Mägden, wenn
sie aufs Feld kommen, zu:
vekd söön m^rkan!
Dio Schwalbe antwortet:
ven duu za zaist, ven ek za zai,
von xa mplää^s \n da kööka staut,
zaii xa uut vii da düüwal \n da h(ila.
[Ilsenburg.]
S.
Lerche:
veka söön meekan!
Schwalbe:
dduar ven ik xa zai,
mgrjans \n dreh rum klain ,
könak mik soon brcekan.
[Uhrsleben.]
9.
Täuberich:
kain ^latar frlk, kain jlatar fplk ,
als fruuansfylk, als fruuansf{)lk.
Taube:
duu xgst xa zain ven ik za zai,
ik xa zai,
dat mgijans ven da sucen 2 ruut-
dr ift,
den xnit xa uut vii da uuln, vii
da uuln. [Hödingen.]
10 .
Täuberich: n{kad(/cuu, tüiir \s ngx
tsuu! [Eilsdorf.J
11 .
Der Halm ruft am Weihnachts-
morgen:
knstus is jabooarn !
Darauf antwortet im Nachbarhofe
die Kuh:
vuu dena?
Darauf im andern Hofe die Ziege:
\n bctlahem , (n bülahem!
[Eilsdorf.]
1 Vgl. Rocbholz, Aloman. Kinderlied, S. 80; dosgl. Firmenich 3, 476.
2 Schweinehirt; mud. streu, ahd. stccin, ags. strän.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
280
Bücherbes prechungen.
Bücherbesprechnngen.
Fritz Holzträger, Syntaktische Funktion der Wertformen im Ntfsnisehen. Tübinger
Dissertation. Kommissionsverlag von W. Kloeres, Tübingen 1012. 208 S.
Während die ober- und niederdeutschen Mundarten syntaktisch noch sehr wenig
erforscht worden sind, hat das Mitteldeutsche auf diesem Gebiete eine größere Zahl vor¬
trefflicher Arbeiten zu verzeichnen. Zu der Syntax des Egerländischen von J. Schicpek,
des Erzgebirgischen von 0. Böttger, des Altenburgischen von mir, des Sonnebergischen
von K. Ehrlicher und des Mainzischen von H. Reis gesellt sich nun die vortreffliche
Abhandlung von Fr. Holztrfiger, die außer dom Gebrauche der Redoteile noch die Wort¬
stellung und die Eröffnungsformen des Gesprächs behandelt. Nach jahrelanger Samm¬
lung des einschlägigen Stoffes auf Wanderungen in der Umgegend von Bistritz io
Siebenbürgen (dem Nösnerlande) und ira verwandten moself'änkischen Gebiete hat er die
Arbeit in Angriff genommen, dabei aber die in Betracht kommende Literatur, dio mund¬
artliche wie die urkundliche, gewissonhaft herangezogen und überdies die Nachbarsprachcn,
von denen das Siebenbürgiscbe oder Luxemburgische beeinflußt worden ist (besonders
die rumänische, magyarische uod französische) möglichst berücksichtigt Da er dio
einzelnen Spracherecheinungen in ihrer geschichtlichen Entwicklung verfolgt und kritisch
zu Werke geht, daher alle unsicheren Vermutungen anderer vorurteilsfrei prüft, so bietet
er uns einen sehr brauchbaren Beitrag zu einer vergleichenden Satzfügung der deutschen
Mundarten, deren Bearbeitung der Zukunft Vorbehalten bleibt
Dem Forscher bringt das Buch manches Neue, da das Nösnische zahlreiche Eigen¬
tümlichkeiten aufweist. So finden wir, um nur einiges heranszugreifen, Eigenartiges in
der Wortstellung, z. B. in der Stellung des Infinitivs (der Trost wird sein zum annehmen,
aber unser Freund wird nicht mehr sein zum finden, S. 28), des Objekts (hast du ihm
gegebon sein Geld? S. 30f.), der Negation (mach hurtig, nicht daß wir zu spät kommen
= daß wir nicht zu spät kommen, 8.36), wo zum Teil rumänischer Einfluß im Spiele
ist, zum Teil Altertümliches sich erhalten hat 1 , ferner in dem Gebrauche des Teilungs-
genetivs bei esson, trinken u. a. (S. 73), den 0. Kisch in seinem vergleichenden Wörter-
buche der Nösner und der moselfränkischen Mundart S. 29 auch für die letztgenannte
bezeugt: eich ässn dier appel, he drenkt dies wei, ich esse von diesen Äpfoln, er trinkt
von diesem Wein, in der luxemburgischen Bildung des Passivs aus gin (geben) statt
werden S. 138 und der aktiven Präsensumschrcibung ich gi mich fröen , ich frage mich,
ich gi mer denken , ich denke mir, S. 147; ebenso beachtenswert ist die Verwendung
des Hilfszeitwortes sollen in Fügungen wie (S. 155): sie mußten ihm die Äxto hinlegen,
damit er sich die beste auswäblen könne: date sich de hast sei kän au Hierin (solle
können auswählen) oder die Verbindung von satt mit dem Dativ: ich bän em (ihm)
sat = ich habe es satt (S. 65).
Unter der Einwirkung des Auslandes sind Fügungen entstanden, wie luxeinburgis-h
ich hun kalt, warm == franz. j’ai froid, chaud (S. 68) oder nösnisch ich ha mich begent
mäd em (nach rumänischem Muster, 8. 60), ebenso, was Holzträger nicht anmeikt,
luxemburg. et äs fir (für) xe lachen (= franz. pour rire) oder e kam ale heilen(d), ale
lachen(d) (= franz. il vint tout en pleurant). Nach französischem Vorbilde steigert man
auch die Eigenschaftswörter, z. B. nösnisch mi beldift, mehr beliebt, beliebter, luxomburg.
e mei scheint haus , ein mehr schönes = schöneres Haus = une plus bolle maison (8. 102.)
Wie über die Steigerung, so eihält man gelegentlich auch über andore Erschei¬
nungen der Formenlehre Aufschluß: so wird der merkwürdige Imperativ seif = sei, den
Kisch für eine Verschmelzung von sei und wis hielt, wohl richtiger aufgefaßt als Analogie¬
bildung zum Konjunktiv-Optativ hief , habe (S. 164), ferner S. 76 ein Imperativ auf k
erwähnt (gik, gehe), S. 83 Komposita mit »s* in der Wortfuge wie Hundspoitsche an¬
geführt, S. 176 Doppelformcn, wie hausbaken und hausgebäken brüt , hausba» kencs Brot,
S. 196 das Partizip gefrändert = geverändert, d. h. vorheiratet, ein Seitenstück zu gefressen
= geveressen, S. 148 in der alter Zoit, also mit starker Biegung hinter dem bestimmten
1 Vgl. Grimm, Deutsche Gramm. III, 740 (Prohibitivnegation) und englisch no
more money mit nösnisch ich han kä meh broet, ich habe kein Brot mehr.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbefprechungen.
281
Artikel, was S. f>9 mit hätte berücksichtigt worden lönneD. Beachtung verdienen aucli
Wörter wie entworden = entkommen (S. 66), Hundsmücken (8. 43) = Mucken, Laten =
Schlamm (mhd. leite, Lehm), haperleken, Kleinigkeiten (ebenda).
An manchen Stellen hätte der Verfasser, wenn er meino Schrift »Unsere Mund¬
arten, ihr Werden und ihr Wesen« (Leipzig 1910) gekannt und benutzt hätte, oder die
Werke von Schiepek u. a. eingehender berücksichtigt oder die Zeitschrift für deutsche
Mundarten ausgiebiger verwertet hätte, mit Leichtigkeit mancho Parallelen zu dem von
ihm besprochenen nösnischen Sprachgebrauche finden können. Die S. 33 erwähnte Wort¬
stellung in dem Satze: ich werde an zu singen fangen ist auch im Alten burgischen üblich,
sogar im Nebensatze: ich denke, daß es bald an zu regnen fängt. Ferner konnte H.
aus meiner Syntax der Altenburgischen Mundart S. 154 und aus meiner einschlägigen
Abhandlung in der Zeitschr. f. deutsche Mundarten 1906, S. 193ff. ersehen, daß man
hierzulande (aber auch anderswo) zu sagen pflegt: er hat sollt in die Stadt gehn = nösnisch:
er huat sin [solln] än de achtat go (beides mit gleicher Stellung des Hilfsverbs, nur mit
dem Unterschiede, daß im Nösnischen das Partizip sollt = gesollt an den Infinitiv gehen
angeglichen worden ist). 8. 49 ff. war bei der Behandlung der erstarrten prädikativen
Adjektivs mit Nominativflexion, wie er kit gesunder, heilener , er kommt gesund, heulend
nicht auf Behaghels Deutsche Sprache hinzu weisen, wo bloß zwei bayerisch-österreichische
Beispiele stehen, sondern auf meine Schrift »Unsere Mundarten, ihr Werden und ihr
Wesen« S. 88f., wo die ganze mundartliche Literatur zusammengestellt ist und eine
größere Anzahl von Belegen geboten wird. In der ebengenannten Schrift 8. 80 f., sowie
in moiner Abhandlung in Lyons Zeitschr. f. d. doutschen Unterr., XII, 790ff. finden sich
eingohende Erörterungen überden Oenotivus possossivus mit begleitendem besitzanzeigendem
Fürwort, was S. 78 erwähnt werden konnte, zumal wegen meines ausführlichen Literatur¬
verzeichnisses. Zu 8. 88f. ist zu bemerken: Die Fügungen wegen oder trotx meiner,
deiner, seiner sind nicht bloß im Nösnischen und Luxemburgischen bezougt, sondern
auch im ganzen bayerisch - österreichischen Sprachgebiet, wo diese erstarrten Genetive mit
allen möglichen Präpositionen verbunden werden können (vgl. Schmeller, Die Mundarten
Bayerns, § 877, Schwfibl, Die altbayerische Mundart, § 111, Nagl, Roaoad S. 84 zu
Vers 93, Lessiak, Die Pemegger Mundart, § 193); im Ostfränkischen wird dafür die
kürzere Genetivform mein, dein, sein gebraucht, z. B. wegen mein, vor mein. S. 167:
Bei der Form dir = ihr war meine Abhandlung über die sogenannte Flexion der Kon¬
junktionen in der Zeitschrift für deutsche Mundarten 1907, S. 199ff. zu erwähnen; S. 123:
Für ein bei Zeitbestimmungen zur ungefähren Angabe ( äm än fdr, um ein vior, etwa
um vier) war auf meine Abhandlung in derselben Zeitschrift 1910, S. 262 A. zu ver¬
weisen. 8. 138: Die Luxemburgische Passivumschreibung mit geben (e get geluefi, er
wird gelobt) würde leichter verstanden werden, wonn dabei verwandter Erscheinungen
gedacht würde, wie hessisch wöttu en billhaucr gäwen, willst du ein Steinmetz worden?
oder triorisch morje göste brattd, morgen wirst du Braut (vgl. Orimms Gramm. IV. 230,
D. W. IV, 1, 1702 und nhd. jemand, z. B. einen Soldaten, abgeben, es gibt = rheinisch
es gebon viele Bäume). 8. 161: Zu luxemburgisch los mer go, laß wir gehn = laßt uns
gehn ist zu vergleichen ostpreußisch laß or kommen (nach Analogie von mag or kommen;
vgl. Zeitschr. f. d. deutschen Unterr. 1907, S. 337, und Frischbier, Ostpreußisches Wörter¬
buch unter lassen); dieselbe Fügung findet sich in Grevenbroich (Grevenbroicher Programm
1(KA), S. 13) und in Riga, hier schon für 1649 bezeugt (vgl. Guido Eckardt, Wie man
in Riga spricht, Riga 1911, S. 17). S. 171: Die Verwendung des bestimmten Artikels
beim Infinitiv mit zu (zum statt zu), z. B. in Sätzen wie: Die Leute waren angst, in
den Wald zum gehon (de leit wom angest än dn wält xem gö) ist in ausgedehntem
Maße auch im Egerländischen üblich (vgl. Schiepek, Satzbau der Egerländer Mundart,
S. 199, z. B. fimf gülden sann xen xöln, fünf Gulden sind zu zahlen, du haust x schweigen
oder xen schiceigen, du hast zu schweigen). Hin und wieder ist auch der Ausdruck zu
beanstanden; so findet sich wiederholt »scheinbar« im Sinne von »anscheinend« oder
»allem Anschein nach« oder »wie es scheint«, z. B. Seite 113 und 180 (»charakteristisch
für das Nösnische und scheinbar auch für das Nordwestlothringische ist die Behandlung
der Verbindung kein mehr«; das heißt: es scheint so, ist aber nicht so). S. 172 lesen
wir: »Der Infinitiv ohne zu (mit fehlendem zu) steht nach don Verben wollen, sollen,
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
282
Bücherb©8prechangen.
können, dürfen * usw. Hier fehlt aber kein »za«, weil von der ältesten Zeit an keios
da gestanden hat. S. 189 heißt es: Sonst hab ich’s unterlassen, mich eingehend über die
Verhältnisse beim Verbum zu informieren, da ich oft zwar die gewünschte Antwort bekam,
die sich dann aber als falsch horausstellte (= diese sich aber . . . herausstellte).
Doch will ich mit diesen Ausstellungen den Wert der hübschen Arbeit nicht
beeinträchtigen, empfehle sie vielmehr jedem angelegentlich, der sich mit dem Studium
des Satzbaues unserer Mundarten beschäftigt.
Eisonberg, 8.-A. O. Weise.
Karl Müller - Fraureuth , Wörterbnch der obersftehsischen and erzgebfrgiscben
Mundarten. Lieferung V, Bd. I, S. 529 — 575: Horizont bis Juwelier, Bd. II, S. 1—Dt):
K bis Krankheit. Dresden 1912, W. Bänsch.
Das fünfte Heft des oboisächsisohen Wörterbuchs bringt wieder eine große Menge
sprachlich und kulturgeschichtlich wichtigen Stoffes und bietet außer dem Wortschatz
noch syntaktische Erörterungen, z. B. über den Gebrauch von Fürwörtern wie ihr und
Fürwortformen wie ihrer, Zusammenstellungen aus dem Bereiohe der Wortbildung, z. B.
über Eigenschaftswörter auf -ig (S. 555) und weibliche Hauptwörter auf -in (S. 558),
vor allem aber läßt es uns vielfach interessante Einblicke in kulturgeschichtliche Ver¬
hältnisse früherer Zeit tun, z. B. bei Wörtern und Wendungen wie: bei der Kartause
kriegen, II, S. 19 = beim Genick packen, beim Kragen nehmen, ursprünglich an der
Kapuze fassen, wie sie von den Kartäusermönchen getragen wurdo; kalvinisch = albern,
II, S. 9, katholisch = unverständlich (katholisch herreden = allerlei schwatzen, was man
nicht versteht, II, S. 24), Kät (= Katharina), Volksfest in Annaberg, das mit Jahrmarkt
verbunden ist und ursprünglich zu Ehren der heiligen Katharina gefeiert wurde, II, S. 23.
Jesusblümcben, Sedumart, Jesusschweiß, Labkraut, I, S. 569, dir will ich schon einen
Kanker (= Spinne) kauen = dir will ich etwas antun, nach dem Glauben, daß die Spinn-.’
Unglück verkündigt, wenn man sie früh sieht, II, S. 12, schampetäschchen, lustig und
guter Dinge, Adverb zu Jean Potage, I, S. 568. Manche Artikel wie Hund, Huhn, Kite-
Junge sind besonders reich an Belehrung.
Auch der Humor kommt zum Wort, z. B. in Redensarten wie: die hat ein Huf¬
eisen verloren, d. h. sie hat als Unverheiratete ein Kind geboren, oder Traugott quirlt
ein bischen sohr mit der ZuDge, als hätte er ein Hühnerauge drauf.
Erfreulich ist es, daß die Buchhandlung ein schnelleres Erscheinen der einzelnen
Hefto des zweiten Bandes in Aussicht stellt, so daß fortan nicht mehr wie bisher jährlich
bloß eino Lieferung ausgegebon wird und demgemäß in kurzer Zeit das ganze Werk
abgeschlossen werden kann.
Eisenberg, S.-A. 0. Weise.
Julius Leithäuser, Berglsehe Pflanzennamen. Elberfold, A. Martini und Grüttefien,
1912. 61 S.
Gleich der 1907 veröffentlichten Abhandlung Leitbäusers über die bergischen Tier¬
namen beruht auch die vorliegende auf der gemeinsamen Sammelarbeit vieler Mitarbeiter
aus den verschiedensten Teilen des bergischen Landes. Wie dort sind auch hier Redens¬
arten, Sprichwörter, Kinderliedchen u. a. herangezogen worden; überdies hat die Ver¬
wendung als Nahrungs- oder Heilmittel und die Bedeutung im Volksglauben Berück¬
sichtigung gefunden. Wir erhalten somit nicht bloß Aufschluß über den Wortschatz
und die Sprachform, sondern auch vielfach über volkstümliche Anschauungen.
Mit großer Gewissenhaftigkeit sind die Ortschaften, aus denen die Belege stammen,
verzeichnet. Die Etymologie wird meist angegeben, ebenso der botanische lateinische
Name. Andere Mundarten, namentlich des westlichen Deutschlands, findet man oft zur
Vergloichung verwendet; ab und zu werden auch die entsprechenden französischen und
englischen Ausdrücke gebucht, z. B. bei der Herbstzeitlose, hessisch nackte Jungfer,
frz. damo nue oder daine sans chemiso, engl, naked boy oder naked virgin. .Ein aus¬
führlicher Index erleichtert das Auffinden aller Wortformon.
Natürlich sind, wie schon der Mangel des Artikels im Titel (nicht: die bergischen (
Pflanzennamen) erkennen läßt, nicht alle Pflanzen vertreten, z. B. vermißt man Spinat
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbe8preohungen.
283
und Spargel. Unter denen, die anfgenommen worden sind, zeigt die Mehrzahl zwei,
drei und mehr verschiedene Bezeichnungen, namentlich Löwenzahn, Wolfsmilch, Wegerich,
Hundsrose, Wucherblume weisen zahlreicho Benennungen auf. Dagegen gehen fremde
wie Myrto, Pfeffer, Ingwer, Estragon, Lupine, Sellerie, Levkoje u. a. in einer Namens-
form durch das ganze Land. Einblicke in das Spiel der Volksphantasie gewähren Be¬
zeichnungen wie kiik dörch den tuun (blick durch den Zaun) oder kruup dörch den (nun
(kriech durch den Zaun) für Gundermann, jümferken em grünen oder cm beltstrüa für
den Schwarzkümmel, düvken (Täubchen) cm kosten oder em wagen für den Sturmhut.
Voikswitz bekunden Ausdrücke wio jüddefleesch (Judenfleisch) für alle Pilzarten, Schawuu-
geseech (Savoyerkohlgesicht) für ein pockennarbiges Gesicht, Buschlercbe (Dirne). Roligiöso
Anschauungen treten uns entgegen in Wörtern wie Hexoumilch (Wolfsmilch), Hexen¬
mehl (Bärlapp), Teufelsauge (Adonisröschen), Teufelszwirn (Geißblatt), Teufelsbeere (Faul¬
baum), Teufelsblume (Storchschnabel), Teufelskirsche (Eberesche), Teufelsdraht (Kleb¬
kraut) u. a.
Aus der großen Zahl von Kedensarten greife ich als bezeichnend heraus: met de
wengen schloopen gönn, mit den (Aoker)winden (die sich früh abends schließen) schlafen
gehn, de säet ut wie suuermuues (Sauerampfer) = mürrisch, dal sind dinc buunen
nit, das sind deine Bohnen nicht, das geht dich nichts an, ct es schlemm , wenn de
gronert (das Grumt) durch et maiheu wässt (wächst), es ist schlimm, wenn die jüngere
Tochter vor der älteren heiratet.
Zu tadeln ist nur, daß die Worterklärung nicht überall mit der Forschung Schritt
hält. So wird Zwetsche S. 38 für stammverwandt mit Queck und Quecke angesehen,
während dies doch nur dann der Fall sein könnto, wenn dem anlautenden qu und zw
ein tw zugrunde läge, wie bei quer und zwerch, mhd. Urer, oder bei Quehle und Zwelile,
mhd. twehclc; fernor wird Melde von mahlon abgeleitet, was gar keinen Sinn hat, während
es nahe liegt, es mit grieoh. ßk(iov=pUjov, Melde zusammenzustellen. Auch olk , Zwiebel
kommt wohl nicht von allium her, sondern nach Viehhoff bei Kehrein, Volkssprache
in Nassau 8. 207, von önlook.
Doch sollen diese kleinen Ausstellungen don Wert des hübschen, sehr brauchbaren
Büchleins nicht beeinträchtigen. Jedenfalls werden alle die ihro Freude daran haben,
die sich mit volkstümlichen Pflanzennamen befassen.
Eisenberg, 8. A. 0. Weise.
Michel-Stephan, Methodisches Handbuch zu Sprachübungen. 5. Auflage. Verlag
von Quelle k Meyer, Leipzig, 1911. Geh. 2,40 Mk., gob. 2,80 Mk.
Das Handbuch will den Sprachunterricht der Schule mit den Einsichten der heutigen
Sprachwissenschaft in Einklang bringen. Es will sein Hauptaugenmerk richten auf sorg¬
fältige Schulung der Aussprache unter steter Berücksichtigung der Mundart, Behandlung
der Abstammung und des Bedeutungswandels, klaro Erkenntnis dessen, was im heutigon
Schriftdeutsch als fehlerhaft oder zopfig anzusehen ist. Klar wird erkannt, daß
unserm Unterricht Einfachheit, Frisoho und Volkstümlichkeit not tut. Es sind erfreu¬
liche Grundsätze, auf denen das Buch aufgebaut ist; es sind in letzter Linie die Lehren
Hildebrands, der uns im deutschen Unterrichte Evangelist sein und bleiben sollte. Nicht
leicht ist es vielfach, an die Mundarten anzuknüpfen, unsere Literatur ist noch lückenhaft.
Doch zeigt das Buch, daß überall das Wesentliche mit herangezogen ist.
Einige erweiternde oder berichtigende Zusätze möchte ich machen. Wenn zwischen
-Ich, -nch , -rch heute oft ein Vokal in don Mundarten steht, so ist er vielfach sekundärer
Sproßvokal, so im fränk. Marik = Mark (S. 20). nd wird ng vor allem auch im Thü¬
ringischen, dorther stammt unser schlingen neben Schlund (ahd. slintan). Im Badischen
hat den Wandel ndy>ng u. a. das Kandertal (S. 21). Der Bank ist alem.-schwäbisch.
In süddeutschen Mundarten tritt t an in Sen ft, Borscht — Bursche (S. 25). Die Ent¬
stehung von machst , fragst (S. 41) könnto genauer gegeben werden. S. 42 miech, Prät.
zu machen, ist auch im Alemannischen gebräuchlich (Wiesental). Im Südfriinkischen
tritt ge- auch auf in gebricht — berichtet, geprobiert = probiert. Dio Endung -ung wird
im Fränkischen zu -ing (S. 72). Nach Pfenning wird im Süd- und Rheinfränkischen
Pfersching, Persching gebildet, auch Händsching. Genauere Angaben ließen sich leicht
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
28t
Bücherbesprechungen.
in § 23, 2 (S. 77) über die Mundarton geben. Wo ist im Oberdeutschen Estrich — Dach¬
boden? Das Alemannische, Schwäbische nennt don Dachboden Bühne (Bühnt) (S. 79).
Die alemannische Namensform der Elster ist Egerste, Egerstenaug = Hühncraug, in der
Pfalz Alxelaag. Die Angabe »südd. hals de = sobald du« ist ungenau, bat gehört den
bayerischen Mundarten an (S. 101). Über -tng in Ortsnamen gibt Kluge neuen Aufschloß
in seinen Bunten Blättern, S. 120 (S. 110). Zu §46,4 ließo sich noch aufführen süd-
und rheinfränkisch Vortl =■ Vorteil, Hochxich = Hochzeit, schweizerisch, markgräflerisch
Bammert = Bann wart, Flurschütz. Das Partizip zu behalten lautet ira Südfränkischen
gebhalte (S. 152). S. 176 ist in dem Worte Prädikat das t weggefallen.
Vielleicht können einige meinor Nachträge in oinor weiteren Auflage des Buches
verwertet werden.
Lörrach i. Wiesontale. Olhmar Meisinger.
Ehret, Lautlehre der Mundart von St. Georgen Im Breisgau. Freiburg im Breisgau.
C. A. Wagner, 1911.
St. Georgen liegt nördlich der eA-Grenze, es ist der erste Ort des k- Gebietes bei
Freiburg (vgl. auch Bohnenberger, Die Grenze vom anlautenden k gegen anlautendes ch.
Alemannia 28, 124 ff.). Die Arbeit Ehrets ist somit für unsere badischen Mundarton sehr
wertvoll, da sie an einem Grenzgebiet don Lautstand schaif festlegt. Ähnliche Arbeiten
sollten uns nun auch einmal über die noch wichtigere alemann - fränkische Grenzo in
Baden gegeben werden.
Meist begnügt sich der Verfasser mit der Aufstellung der Lautgesetze, ich ver¬
misse bei Ausnahmserscheinungen den Versuch der Erklärung. Der in der Mnndart
Iloimische sollte diese geben, der Fernerstehende haut hier zu leicht daneben. Wenn
eurfy = eher kein offenes e zeigt, wie die übrigen Wörter mit e -)- Nasal, so liegt dies
daran wohl, daß cs früher ehender lautete. Das Wort bibili = junges Hühnchen ist »os
dem Lockrufo bi, bi entstanden (8. 11). Die geschlossene Qualität des e in dert = dort
orkläit sich wohl so, daß dort zunächst zu dört wurde, was noch in der Markgrafschtft
vorliegt (mit maikgrüfler Dehnung vor r -|- Konsonant döört).
Wie erklärt E. das g in bfulge = Kissen ? (S. 13). Daß Schönberg zu mhd.
gehört, sollte als nicht so durchaus sicher hingestellt werden. Die Angabe zu ßin
»ordnen, sondieren« ist ungenau, tiregt ist eine hyperhochdeutsche Form, wie im
Fränkischen Thirektor , Thialekt , Orenartier. Man weiß, daß man in der Mundart meist
d statt t spricht; so setzt man denn t dahin, wohin es nicht gehört (8. 37). Wie lautet
Fastnacht in der Mundart von St. Georgen? Dies wäre in § 40 erwähnenswert gewesen.
Eine Erklärung der Dialektforra Schicalm gibt Heilig in seiner Ostfräukischen Grammatik,
§106, 3. In §74 hätte es sich gelohnt anzugoben, wie die Bewohner der Orte aol
• heim genannt werden. Auch das Oberland kennt die Erscheinung, die sich im Fränki¬
schen findot, daß die Endung - emer (aus - heimer ) auf Ortsnamen übertragen wird, dio
nicht auf -heim ausgehen. In Markgräflerlande heißt Wein aus Weil , Weilemcr.
Entgleist ist Ehret, wenn er behauptet, in gebei Gebäude sei die Endung voll¬
ständig gefallen; gebei batte kein -rfe-8uffix, sondern geht auf mhd. gebiuwe zurück.
Wenn Ehret alles aufs Mhd. zurückführt, so duifte er nicht sagen, daß dem
schriftsprachlichen - lieh in Farbbezeichnungon - lext entspricht, sondern wir hier das
mhd. -Icht trümmerhaft erhalten haben. Die fränkischen Mundarten Badens kennen es
noch in weiterer Verwendung, wie kühllecht u. ähnl. Hoffentlich beschert uns Ehret bald
auch eine Flexionslohre seiner Mundart.
Lörrach. Othmar Meisinger.
Hebels Werke, herausgegeben von Adolf Sütterlin. Berlin, Deutsches Verlagshaus.
Bong & Co., 2 Bde., geb. 4 Mk.
Sütterlins Hebelausgabe besitzt eine große Reihe von Vorzügen, die sie über
frühere Ausgaben, auch über die Ausgabe Kellers (Verlag Hesse) stellen. Vor allem
ist sie vollständiger, sie enthält neben den alemannischen und hochdeutschen Gedichten
die lateinischen Kirchenlieder, die Rätsel, den Katechismus, dio biblischen Geschichten,
Aufsätze und einen Teil der Predigteu, das Schatzkästlein mit verschiedenen Nachträgen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Büoherbesprechongen.
285
Briefe sind nicht aufgenominen. Hätte es sich hier nicht gelohnt, wenigstens den Brief
Hebels za veröffentlichen, der im Gotte-Stiiebli mitgeteilt ist, da er interessanterweise
durchaus in der Mundart geschrieben ist?
Neben der Vollständigkeit hat die Ausgabe den Vorzug, daß sie durchaus die
orste Aasgabe der Gedichte zugrunde legt. Dem Nichtalemannen kommt sie durch die
Schreibung sehr entgegen, vor allem durch Scheidung offener und geschlossener e-Laute-
Ais Alemanne ist Sütterlin hier ein zuverlässiger Führer.
Die Oedichte und Erzählungen sind mit erklärenden Anmerkungen versehen. Zwar
sind hier nicht alle Rätsel gelöst, trotzdem wird reioho Förderung des Verständnisses
gobracht. Auch ein Wörterbuch ist beigegeben, das der Waschzettel des Verlegers stolz
die erste Sammlung alemannischen Wortschatzes überhaupt nennt Hoffentlich legt er
darauf keinen Eid ab.
Es soll hier nun vor allem das Philologisch-Germanistische der Arbeit gewürdigt
werden. Vielleicht lassen sich dabei auch einige Beiträge liefern. Die Einleitung über
dio alemannische Mundart und ihre Schreibung erhebt sich durch Gründlichkeit weit über
jenen Versuch, den Keller in seiner Ausgabe gomacht hat, der von Rechts wegen all¬
gemeine Ablehnung gefunden hat.
Doch läßt sich auch bei Sütterlin manches besser fassen. S. XLVI heißt es: wo
man sagt: er ging, er warf er lebte ist kein alemannisches Sprachgebiet mehr. Es könnte
hier scheinen, als sei der Verlust des Präteritums eine besondere Eigentümlichkeit des
Alemannischen. Die Grenze von anlaut. k und eh bat Bohnenberger gezogen, sie ver¬
läuft im Badischen über den Feldbcrg (S. XLV1I). Die Erhaltung von n in tueni muß
wohl auf ich tuon zuriickgefübrt werden (S. LVIII). Wenn der Alemanne sagt e ruuche
Maa (ohne r des Beiworts), so braucht hier kein r ausgefallen zu sein, es kann Kasus¬
übertragung sein (S. LVIII).
Warum ist k erhalten in Kaff, Kätterli , keie? Kaff ist Fremdwort, ebenso
Kätterli , keie geht nach dem Schweizer Idiotikon auf geheien zurück (S. LX). Als
umlauthindernd war 8. LX vor allem ck zu nenneu. 8. LXV1I redet Sütterlin »von den
erweiterten Formen vieri, xwölfi , '« het fünfi geschlage , die als Mehrzablsformen zu
gelten haben«. Es liegt hier mhd. tu zagrunde. Im Ost- und Südfränkischen sagt
man 's hot finf9 geschloag», Heilig, Gramm, der ostfräuk Ma , § 83, Meisinger, Die
Rappenauer Mo., Flexionslehre §30. Eine Erklärung des Konjunktivs haig (zu haben)
wird nicht gegeben (8. LXVIII). Hierüber gibt das Schweizer Idiotikon genaueren Aufschluß.
Über Chnab (Anm. S. 293) in seiner weiten Bedeutung belehrt auch das Schweizer
Idiotikon. Überhaupt hätte Sütterlin hier manche Frage, mit der er sich abgibt, gelöst
findon können. Auch das Elsässer Wörterbuch hätte horangezogen werden müssen. Anm.
S 296 ist doch wohl Ehnet -Fahrnau zu schreiben. Die Ableitung des Ortsnamens
iJörrach von Lerche wird S. 293 mit Recht bestritten. Ich stelle es zum Flurnamen
• An der Löhr «. So kann es dann auf ahd. lor — Tanno zurückgehen; eine Bildung wie
Weidach, Holxach.
Dio niiünte Nacht hat ihre Begründung in der großon Bedeutung der Neunzahl
im Volksaberglauben, worüber uns Weinhold foinsinnige Aufklärung gegeben hat in seiner
Schrift über die Mystische Neunzahl. (9 Kräuter, 99 Fieber usw.) Anm. S. 310. Batxe
ist nlte Bernermünze ursprünglich (=Betz, Bär, Anm. S. 320). Dio Aussprache Jeneral
wird Anm. S. 325 in Parallelo gestellt zu Jauner für Oauner. liier ist jedoch zu beachton,
daß Jauner neben Oauner das Ursprünglichere ist (vgl. Klugo, Et Wb. unter Gauner).
Anra. S. 322 nit der Zit ist zweifellos Genitiv, im Fränkischen * hab khai n to tsait.
Über Hornung (Anm. S. 354) vgl. Schweiz. Idiot. II, 1628. Kerns (Anm. S. 354)
ist als zweifellos keltisch nachgewiesen, gehört nicht zu lat. campus , sondern lautete
keltisch Cambete, wo es als Krümmung erklärt wird. Das Käsperlein (Münze) hat bis
heute keine Erklärung gefundou, ich stello es zu der Wiener Bezeichnung Kasperl, dio
Castelli erwähnt (Klugo, Rotwelsch I). Kasperl war eine Münze, die 34 Kreuzer galt,
weil man im I/jopoldstädter Kasperltheater auf dem Parterre 34 Kreuzer zahlte. Von
Wien mag das Wort in vorderösterreichische Lande gewandert sein. Anm. S. 359: Der
Rappe = Münze stammt aus Freiburg, dessen Stadtwappen dou Raben führt. Der Elias¬
wagen (Anm. S. 359) spiolt heute im Volksmunde noch eiue Rolle, im Volkslied ist
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
286
Büoherbesprechungen.
Elias der Begründer des Handwerks der Wagner. Stellasche hat mit etalage nichts zu
tun, sondern gehört zu stellen, Oesteil; die Endung -age an deutschen Stämmen kennt
besonders das Niederdeutsche (vgl. Kluge, Et. Wb. unter Stellage, Anm. S. 363). Joehem
ist volksetymologische Entstellung aus hobr. jajin = Wein, gefünkelter Joehem stammt
aus der Gaunersprache.
In der Gaunersprache heißt der Bettler nicht Roter , sondern Rot (Anm. S. 369).
Das Zeitwort bäckt (Wörterb. S. 6) gehört zu picken , da es in der Schweiz auch
»mit dem Schnabel picken* bedeutet. Schweiz. Idiot. IV, 1111; basehge (S. 7) hat mit
Hast — Saumsattel nichts zu tun, es ist eine Weiterbildung zu basten (bastegni), weiteres
s. Schweiz. Idiot. IV, 1781, D. Wb. unter basten; biete (S. 7) steht nach Schweiz. Idiot IV,
1881 im Ablautsverhältnis zu butel , elsäss. bütel Hosentasche, Eis. Wb. II, 121, im
Fränkischen housspaitl. Böbbi = Jakob (S. 8) ist durch Seiler, Baseler Wörterbuch S. 37a
gesichert: Böppi , Boppi, Beppi, Beppcli = Jakob, auch Spitzname der Baseler. Auch
daß Borxcr zu Bürzel gehört, ist zweifollos, im Fränkischen Borxer = Huhn ohne Schwanz¬
federn, vgl. mein Bappenauer Wörterbuch, S. 130a, Schweiz, borxhenna, bayer. burxel-
henn. S. 8 ist boxen zu schreiben statt boxen. Über Burble findet sich näherer Auf¬
schluß bei Grimm, D. Wb. II, 2002, Eis. Wb. II, 89b, Schweiz. Idiot IV, 1598. Chaib
dient auch zur Steigerung in gutem und bösem Sinne (chaibcschön) , S. 10. Chramanxlete
ist doch wohl zu mhd. gramaxie (aus grand merci) zu stellen. bei Hans Sachs kramanxen
höfliche Knixo, D. Wb. unter Kramanxen , Eis. Wb. I, 518, Schmeller I, 1368. Daß
Chunst früher Holxerspartingskunst hieß, zeigt uns das Schweizer Idiotikon III. 368;
so nannte der Erfinder die Einrichtung, vgl. auch meine Volkswörter und Volkslieder
a d. Wiesentale, S. 29. Daß eb , öb (bei Freiburg, Krotzingen ob) auf S ob zurüokgeht,
beweisen alte Urkunden, Eis. Wb. I, S. 6, Schweiz. Idiot. I, 10.
Egertc , das in alten Glossen schon bolegt ist (Steinmeyer III, 398), wird mit
griech. dürftig zusammengestellt. Muhni wird eher ein lautmalendes Wort sein,
als daß es zu mhd. munich gehört (S. 26 got. munan dumpf brüllen, Eis. Wb. I, 691.
Schweiz. Idiot. IV, 316). Ktiefcr ist nicht zu got. abrs zu stellen, sondern zu aisl. noefr
klug, gewandt, D. Wb. VII, 977/78; se ist = mhd. sc, got. sai (S. 34). Eine Zusammen¬
setzung zu iirtc kennt heute noch das Wiesental, ürtehoehxit , eine Hochzeit, bei der
joder seine Zecho zahlt.
Sütterlins Hebelausgabe verdient weiteste Verbreitung, verglichen, mit früheren
Ausgaben bodeutet sie einen mächtigen Fortschritt. Es bat hier ein Alemanne mit großer
Liebe und reichster Kenntnis dem Dichter einen trefflichen Dienst geleistet
Lörrach. Othmar Mcisinger.
Elise Beck , Baoernbluat. Niederbay'rischo Gedichte. Mit dem Bildnis der Verfasserin.
Zweito bedeutend vermehrte Auflage. Walhalla-Verlag München. Dr. Wildsclie
Buchdruckerei, Gebr. Parcus, München. Treis geh. 3 M.
Seitdem Karl Stielers »ü jour gefaßte Volksgedanken« (Kulturbilder aus Bayern,
die oberbayer. Mundart, S. 83 — 84) ihren Siegeszug durch die deutschen Gaue gemacht
haben, kann sich die bayer. Mundartdichtung, von wenigen selbständigen Ausnahmen
abgesehen, von Stielers Art nicht mehr frei machen. Ganz und gar vergessen sind des
tiefgründigen Altmeisters der bayer. Dialektdichtung, Franz Kobells, anmutige Lieder
und Erzählungen, mißverstanden aber ist Stieler selbst. Man sieht bei ihm nur die über¬
raschende, witzige, scharf zugospitzte Schluß Wendung und ahmt sio nach, nicht aber
auch die poetische und trotz gelegentlicher sprachlichen Verstöße volkstümliche Fassung
«les Ganzen. Das vorliegende, recht hübsch ausgestattete Bändchen macht keine Aus¬
nahme. Doch wir richten mit der liebenswürdigen Verfasserin nicht. Will sie doch
mit den in Verso gebrachten Anekdoten, bäuerlichen Verkehrtheiten und wunderlichen,
oft derbwitzigen Ansichten und Aussprüchen, wie sie der Strom des Lebens vor ihre
beobachtenden Augen gespült hat, nur »d’Leut zum lacha« bringen. Dies gelingt ihr umso¬
mehr, als ihr »Bauernbluat* redet, »wia nahm da Schnabl gewachsn is« und alles, was es
erlebt, »briiahwarm« erzählt. Sie will also nichts beschönigen, weder das derbe Milieu
vieler ihrer Gestalten noch die urwüchsige Kraft dps niederbayerischen Dialektes (oder
vielmehr richtiger: des Idioms ihrer engeren Heimat in Niederbayern). In letzterer Be-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungen. — Mitteilungen.
287
ziebung aber haben sich zahlreiche versfüllende Anlehnungen an das Schrift¬
deutsche eingeschlichen: a echtes, — weißes — ganzes — schönos; zu meines Schatzerls
Haus,. seine Dusn, der Größte, Liabesleut’, ihr erstes Kind usw. Umgekehrt finden sich
auch unstatthafte Kürzungen: ihr’ Tochta, dei' Kinda, Hos’, Nos’ (gelegentlich aber doch
wieder Nasn). Yaschmitzt — siegesfroh — aneifernd — bei sich — leise — schwanken
— Spender — rügt usw. sind der Volkssprache fremd, Verso wie: »Schwül da Tag
woar, hoaß dö Arbat, — do' da Abend mild und lind, — wirkt erfrischend af dö
Müadn, — macht fidel und froh sie g’stimmt« sind ganz Schriftdeutsch empfunden.
Auch das öfter vorkommende erzählende Imperfekt: war — wurd’ — muaßt’ i —
schenkte kennt die Volkssprache nicht, ebensowenig den Wegfall des Hilfszeitwortes in:
daß er z’letzt ganz vozwirt — wia sei’ Weh vertobt — wias mit Olim firti’ — der be¬
kannt als recht a großa Fraß. — Der Reim ist im ganzen gut gehandhabt Doch wird
um seinetwillen der Mundart öfter auch Gewalt angetan. Wegen Sinn — drin — Medizin
muß geschrieben werden: bin — hin — dahin für bi’ — hi’, wie der Bayer spricht;
wegen ro' — do (herab — da): o’ (an), welch letzteres aber immer gonäselt wird;
wegen Trab — ab (!); wegen Blick, geschickt: zurück, verrückt für z’ruck, verrückt;
wegen Ort — fort für furt. Der Fremde mag darüber hinwegleson, der Einheimische
dagegen findet solche Papierreime recht störend. Noch mehr aber mutet die Verfasserin
dem Leser durch die Schreibweise mancher Wörter zu, deren Aussprache sio dadurch
andeuten will. Wozu das? Der Bayer spricht doch viel — zielt — allweil — Miiul —
b’halt ers u. ä. ohnehin sofort richtig, dem Nichtbayern aber ist mit den Wortungebilden
vüi — züit — ohveil — Mai — pfolt ers u. ö. ganz und gar nichts gedient. Sie lehren
ihn die Mundart nicht sprechen, erschweren ihm aber unnötigerweise das Verständnis.
Dazu kommt noch, daß ihn auch das angefügte Wörterverzeichnis häufig im Stiebe
läßt. So erklärt dieses Mai — Mund, was zwar sachlich, aber nicht sprachlich richtig
ist; mit pfolt ers sucht man dort eine Menge anderer der Erklärung bedürftiger Wörter
vergebens, so: spota, wogt, firti’ — fürti’, wibrt, siri, Irml, ferd, schletze, zeahm,
letz, offat, Milli, emmerweis, zit, wegga usw. Vor allem hätte das für dio Sprache
des bayrischen Unterlandes so kennzeichnende »gen« wenigstens sinngemäß erklärt werden
sollen. — An offenbaren Druckfehlern sind uns aafgefallen: ermannt für ermahnt
(S. 18), den f. denn (S. 30), Thoil (S. 30; im W. V. Tail — Teil), war f. waren (S. 98),
auf seim f. sein’ Fleck (S. 111), denn s’ f. den s’ (S. 109), Fluhra f. Flurer (S. 90), in
seim f. sein’ Stuhl (S. 134).
Diese Aussetzungen boweisen unser großes Interesse für das Bändchen, das sich
neben vielen anderen dieser Art wohl sehen lassen kann. Der Verfasserin gebührt be¬
sonderer Dank dafür, daß sie auch niodcrbayrischos Volkstum zu Ehren bringen will.
J. N. Schtcübl.
Mitteilungen.
Der bekannte Dialektdicbtor Adolf Stoltzo, geb. in Frankfurt n. M. 1842, feierte
am 10. Juni d. Js. seinen 70. Geburtstag. In seiner Jugend übte er das Geschäft eines
Mechanikers aus, gab sich aber in seinen freien Stunden mit Leidenschaft der Rchrift-
stellerei hin. Mit seinem in Frankfurter Mundart geschriebenen Volksstück »Alt-Frankfurt«,
1887, eroberte sich Stoltze nach langen, schweren Kämpfen die Bühne in seiner Vater¬
stadt und auswärts. Die Gunst des Publikums begleitete fortan alle seine Werke, die
10 Bände umfassen und von denen 7 in Mundart geschrieben sind.
Möge dem um die Hebung mundartlicher Poosio so verdienten Manne, dessen
Schriften eine begeisterto Liehe für Vaterland und Vaterstadt atmen, ein ungetrübter
Lebensabend heschieden sein! O. TJtj.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
283
Mitteilungen.
Aufruf zur Begründung eines Deutschen Germanisten-Verbandes.
Mehr und mehr ist in allen Kreisen, denen es um die Zukunft unseres Volkstums
Ernst ist, die Überzeugung zum Durchbruch gekommen, daß unser deutsches Geistes¬
leben stärker als bisher auf völkische Grundlagen gestellt werden muß. Noch Endet dies
Bostreben keine freie Bahn. Ihm steht vor allem im Wege, daß der Unterricht im
Deutschen an unsern höheren Schulen nicht die Stellung einnimmt, dio ihm in Rück¬
sicht auf Volkstum und Erziehung zakonimt.
Zwar weist der Wortlaut der Lehrpläne nachdrücklich auf die hohe Bedeutung
dieses Unterrichts hin, aber die Erfahrung hat gezeigt, daß die dort ausgesprochene
Mahnung, es sollten alle Fächer zur Pflege des Deutschen Zusammenwirken, allein nicht
holfen kann.
Wollen die höheren Schulen ihre Pflicht wirklich erfüllen, die ihnen anvertrantc
Jugend zu fruchtbringender, auf gediegenem Verständnis begründeter Mitarbeit an dor
Ausgestaltung unseres Volkstums und unserer Kultur zu erziohen, so ist eine ent¬
schiedenere Betonung des Deutschen unbedingt erforderlich.
Eine Vertiefung des Unterrichts im Deutschen und eine zielbewußte Verknüpfung
mit den andern Schulfächern ist aber unter den heutigen Verhältnissen nicht möglich.
Sie zu erreichen, muß der Unterricht im Deutschen verstärkt und darf auf allen Stufen
nur von fach wissenschaftlich vorgebildeten Lehrern erteilt werden.
Diese müssen auf der Hochschule gründlich in alle Seiten ihrer Wissenschaft
ßingeführt werden Zugleich aber müssen an die Lohrer insgesamt bei der Staatsprüfung
höhere Anforderungen in Kenntnis und Verständnis des Deutschen gestellt werden.
Endlich ist durch Fortbildungskurse und durch Reiseunterstützungen dafür zu
sorgon, daß die Lehrer im Amte an ihrer Weiterbildung arbeiten können und die Fühlung
mit der stets fortschreitenden Wissenschaft nicht verlieren.
Um dies Ziel zu erreichen, halten cs die Unterzeichneten für geboten, nach dem
Beispiel der Religionslehrer, der Neuphilologen, der Mathematiker und Naturwissen¬
schaftler und anderer Fachgruppen einen Zusammenschluß dor Germanisten, insbesondere
der Vertreter des Deutschen an den Hochschulen und den Höheren Schulen, zur Förderung
dos deutschen Unterrichts herbeizuführen.
Der Aufruf ist unterzeichnet von ungefähr 150 Vertretern der germanistischen
Wissenschaften an den Universitäten und Höheren Schulen, in staatlichen und städtischen
Verwaltungen oder literarischen Berufen, darunter bekannte Namen wie Arnold (Wien),
Baesecke (Berlin), Beck (München), K. Berger (Daruistadt), Bernt (Gablonz), A. Biese
(Nouwied), G. Boetticher (Berlin), Braune (Heidelberg), Bremer (Halle), Brenner (Würz¬
burg), Breul (Cambridge), Elias (Berlin), P. Ernst (Weimar), Geyer (Brieg), Götze (Frei¬
burg), de Gruyter (Borlin), von der Hellen (Weimar), Helm (Gießen), Hirt (Leipzig).
Hofmiller (München), A. Horneffer (Solln bei München), Jostes (Münster), Kauffmann
(Kiel), Klee (Bautzen), Kluge (Froiburg), Koch (Breslau), Kosch (Czornowitz), Kossinna
(Borlin), Krauß (Stuttgart), II. A. Krügor (Hannover), LaufTer (Hamburg), Lcitzmann
(Jena), v. d. Leyen (München), Linienfein (Berlin), Litzmann (Bonn), Lyon (Dresden),
A. Matthias (Berlin), Th. Matthias (Plauen), Maydorn (Thorn), Maync (Bern), Meißnor
(Königsberg), Michels (Jena), Minde-Pouet (Bromberg), Mogk (Leipzig), Muncker (München),
von Oettingen (Weimar), Paul (Münchon), Petsch (Liverpool), Petzet (München), Borger
(Hannover), Sahr (Gohrisch), Saran (Halle), Sauer (Prag), Schlee (I^ndsborg), Sievers
(I/eipzig), Sulger-Gebing (München), Schüddekopf (Weimar), Schultz (Straßburg), Spiero
(Hamburg), Strauch (Halle), Sütterlin (Heidelberg), Waag (lloidelberg), Walzel (Dresden),
Wegener (Greifswald), Weise (Eisenberg), Witkowski (Leipzig), E. Wolff (Kiel), 0. Wolff
(München), Wolkan (Wien), Woerner (München), Wustmanu (Dresden), Wyohgmm (Lübeck).
\ by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Fritz Beuter und Anton Sommer.
Von Paul KannengieBer.
Die im Todesjahr des Dichters einsetzende und namentlich seit
Anfang der neunziger Jahre des verflossenen Jahrhunderts regsam sich
ausbreitende Reuterforschung ist mit erfolgreichem Eifer auch den Quellen
seiner Erzählungen nachgegangen. Bemühte man sich hier zunächst
hauptsächlich, die Urbilder zu der bunten Fülle Reuterscher Gestalten in
des Dichters näherer und weiterer Umgebung aufzuweisen, die von ihm
erzählten Geschichten, besonders seine Läuschen, auf wirkliche Begeben¬
heiten innerhalb seines mit Humor ja reich gesegneten Heimatlandes
zurückzuführen und auch da, wo Reuter älterer Überlieferung zu folgen
schien, wenigstens deren mecklenburgischen Ursprung und so überhaupt
die Bodenständigkeit von Reuters Schaffen möglichst zu betonen, so ver¬
folgt eine etwas jüngere, man möchte sagen modernere, aber auch wissen¬
schaftlich reicher ausgestattete Richtung, die sich vor allem im Jahrbuch
des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung betätigt, die streng literar-
geschichtliche Aufgabe, den Zusammenhängen Reuterscher Erzäblungs-
stoffe mit älteren und neueren Schriftwerken des In- und Auslandes
nachzuspüren; ihre Ergebnisse sind in der unter W. Seelmanns Leitung
vom Bibliographischen Institut (Leipzig und Wien) veranstalteten Gesamt¬
ausgabe von Reuters Werken umsichtig verwertet und harren wohl noch
mancher Bereicherung, wozu ja auch die Säkularfeier von des Dichters
Geburtstage erneute Anregung bot.
Die beiden Richtungen bilden, obwohl auch zwischen ihnen pein¬
liche Zusammenstöße nicht vermieden wurden, doch eigentlich keine
Gegensätze, sondern eine ergänzt die andere, wie ja gerade auch das
Niederdeutsche Jahrbuch anläßlich jener Säkularfeier die Urbilder ver¬
schiedener Gestalten Reuters, so von Pomuchelskopp und Onkel Bräsig,
in neues Licht gerückt hat Bleibt somit aber auch die Mecklenburger
Herkunft mancher Reuterscher Figuren und Geschichten unangefochten,
liegen sicherlich manchen Läuschen, wie z. B. »de Ihr un de Freude,
»de Pirdkur«, »de goldne Hiring«, »Wo is dat Fü’r?« Begebenheiten zu¬
grunde, die dem Dichter aus seiner eigensten Umgebung oder aus seinem
weiteren Bekanntenkreise berichtet worden, so steht doch ebenso sicher
fest, daß er in ausgiebiger Weise auch aus schriftlichen Quellen geschöpft
Zeitechrift für Deutsche Mundarten. VII. ]9
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
290
Paal Kannengießer.
hat, aus Erzählungsbüchern und Anekdotensammlungen mecklenburgischen
und außermecklenburgischen Ursprungs, aus den zur Zeit der Abfassung
von »Lauschen un Rimels« gerade in Aufnahme kommenden »Fliegenden
Blättern« und selbst aus humoristischen Schriften englischer Zunge, die
ja im Gesichtskreise des auch in sprachlichen Fächern bewanderten
Privatlehrers Reuter lagen. Einzelne Läuschen lassen sich sogar noch
über die Schwanksammlungen des Reformationszeitalters und der Renais¬
sance zurück bis in das klassische Altertum und den Orient verfolgen,
und wir sehen, wie der Strom der "Weltliteratur aus fernen Zeiten und
entlegenen Räumen seine Stoffe auch dem Mecklenburger Humoristen
zugetragen hat 1 Auf welchen vielfach verzweigten Wegen sie dorthin
gelangt sein mögen, entzieht sich unseren Blicken; greift ja doch in die
schriftliche Überlieferung immer wieder auch die mündliche ein und
trägt die ihr zugeflossenen Stoffe, je nach der Gestaltungskraft des Er¬
zählers und der Einwirkung landschaftlicher Umgebung mannigfach ver¬
ändert, in Nah und Ferne, um sie dann an irgend einer Stelle dem
Schrifttum wieder zu weiterer' Verbreitung und erneuter Umgestaltung
zuzuwerfen. Eben dieses Eingreifen mündlicher Überlieferung gemahnt
überall noch zu besonderer Vorsicht, wo die Ähnlichkeit zweier schrift¬
lich festgehaltener Erzählungen auf ein AbhängigkeitsVerhältnis zwischen
beiden hinzudeuten scheint Jedenfalls aber bedarf unsere Reuterforschung
gerade nach der literarhistorischen Seite hin noch der Ergänzung und
könnte eine solche u. a. auch wohl erfahren, wenn man in der zum Teil
schon einige Zeit vor Reuters Auftreten sich bekundenden Thüringer
Dialektdichtung genauer Umschau halten würde. Die Regenhardtsche
Sammlung deutscher Mundarten führt in ihrem zweiten Teile (mitteldeutsch)
eine stattliche Anzahl von Vertretern auf, und so gut, wie der west¬
fälische Erzähler Z umbroock (vergl. Niederdeutsches Jahrbuch, Bd. XXXII,
1906, S. 90ff.) verdienten auch die Thüringer Giebelhausen, Marbach,
Mylius, Ryemer, Ullrich, Wucke u. a. Beachtung. Reuters zwei¬
maliger Aufenthalt in Thüringen, seine Jenaer Studentenzeit und der
Ausgang seines Lebens am Fuße der Wartburg legen sie uns nahe, und
wird er jene Dichter auch zur Zeit, da er im Mecklenburger Lande seine
Läuschen schrieb, schwerlich aus eigener Lektüre gekannt und mag er
sie auch während seiner Eisenacher Periode niemals kennen gelernt
haben, warum sollten nicht einzelne der von ihnen erzählten Geschichten,
die sie doch selber wieder großenteils dem Volksmunde entnahmen, durch
mündliche Vermittelung schon dem Jenaer Studenten zugetragen sein
oder später in Eisenach mittelbar sein Schaffen irgendwie beeinflußt
haben? Hat ihm doch auch sonst sein Thüringer Aufenthalt mancherlei
Erzählungsstoffe zugeführt (s. A. Römer, Geschichten und Anekdoten aus
1 Das merkwürdigste Beispiel für diese Wanderung ist wohl die im ersten Bande
der »Läuschen un Rimels« erzählte Geschichte »Dp Gaus’handel« (Seelmannscbe Ausgabe
von Reuters Werken I, S. 96 ff. und S. 397).
Di^tized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Fritz Reuter und Anton Sommer.
291
Fr. Reuters Unterhaltungsblatt, Einleitung S. 41 f.; cf. S. 60ff. u. S. 143;
vergl. auch C. Walther im Korrespondenzblatt des Vereins für nieder¬
deutsche Sprachforschung, Jahrg. 1903, Heft XXIV, Nr. 5, S. 71 — 73).
Möglich doch auch wohl, daß ihrerseits die Thüringer Dialektdichtung
Reuters Einfluß allerlei verdankt Nur Forschung kann diese Fragen
entscheiden.
Mir drängten sie sich auf, als ich vor einiger Zeit zum ersten Male
die Sachen von Reuters Thüringer Zeitgenossen Anton Sommer las,
der 1816 zu Rudolstadt geboren, dort lange Jahre als Lehrer und Geist¬
licher wirkte und 1888 starb. Seine in heimatlicher Mundart, teils in
Versen teils in Prosa verfaßten Schilderungen und Erzählungen, Späße
und Schnurren (Schnärzchen und Raupen) spiegeln mit gemütvollem Ver¬
ständnis und köstlichem Humor das Thüringer Volksleben, hauptsächlich
das Kleinbürgertum der Vaterstadt wieder und erwarben dem liebens¬
würdigen Dichter allmählich eine weit über die Grenzen seines Heimat¬
landes sich ausbreitende Gemeinde von Verehrern. Sie erschienen, nach¬
dem einzelne von ihnen schon in Lokalblättern Beifall gewonnen, der
Reihe nach unter dem gemeinsamen Titel »Bilder und Klänge aus
Rudolstadt in Volksmundart« in neun kleinen, jetzt vergriffenen
Heften, das erste 1853, das letzte 1880; die Einzelhefte erlebten eine
Anzahl nicht unbeträchtlich vermehrter Auflagen und wurden später zu
einer Gesamtausgabe vereinigt, von der die Fürstlich priv. Hofbuch¬
druckerei zu Rudolstadt (F. Mitzlaff) 1910 bereits die 18. Auflage veran¬
stalten konnte.
Im ersten Bande dieser Sammlung findet sich nun eine Anzahl von
Geschichten, die mit gewissen Reuterschen Lauschen eine auffallende
Ähnlichkeit haben. Ich führe sie mit Nummer und Seitenzahl sowie
auch in der Schreibweise der Gesamtausgabe von 1910 an, während mir
für Reuters »Läuschen un Rimels« die Seelmannsche Ausgabe zugrunde
liegt; den Inhalt der betreffenden Geschichten bei Reuter setze ich als
bekannt voraus.
Da begegnet uns Nr. 73, S. 173f. unter der Überschrift »Was rächt
ös« die in »Läuschen un Rimels« Bd. I, Nr. 42 erzählte Geschichte »De
blinne Schausterjung«; nur führt uns Sommer in das Hauswesen von
»Leinwaber Gramersch« und gibt im Eingänge eine drollige Schilderung
des strengen Regimentes seiner geizigen Ehefrau. — Nr. 85, S. 191 f.
»Ä Tram« stimmt wenigstens in der Hauptsache mit Läuschen II, Nr. 47
»De Drora« überein: dem alten Schuster Silge in d’r Saalgasse erzählt
sein »Lehrjong Friede, ä Rackerjonge«, seinen Traum, wie er beim Über¬
gang über eine Brücke samt seinem Meister hinabplumpst, der Meister
auf der einen Seite in eine Honigflut, der Junge »in Schlamm on
Drack«; die Pointe ist dann dieselbe wie bei Reuter. — Nr. 97, S. 214ff.
bringt »Ä paar Schnärzchen«, unter ihnen S. 216f. eine Geschichte, in
der der »Gregorjus« (so heißt auch bei Sommer der Chirurg), »d’r alte
Schertlich« den geizigen »Hammörten von Ongerhasel« »om Gottswillen«
19*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
292
Paal Kanneogießer.
halbiert, und stimmt im wesentlichen überein mit Lauschen I, Nr. 23
»Dat Sößlingsmetz«, das »oll Dokter Metz« führt; Sommers Gregorjus
seift übrigens den Geizhals mit einem Seifensud ein, in den er »ä Uns¬
chön Sand« hineingetan, so daß er »erseht GesÖchter schnött, als wenn ’r
Feier in Leibe hätte, nacher brüllt ’r wie ä Zahnbracher on’s Wasser
schossen nur su aus’n Agen raus«. — Nr. 118, S. 263 »Offn Marke«
bringt in gleicher Gedrungenheit das Marktgespräch in Läuschen I, Nr. 17
»Wo büst du rinne kamen?« Bei Sommer hat »Möllersch Hantöffel«
»ä Kibichen reinjetrieben«, d. h. ein Kühlein, eine kleine Kuh. — End¬
lich vergleiche man Nr. 121, S. 265 »Änne narrsche Ansicht« mit Län-
schen I, Nr. 58 »Dat Tähnuttrecken«. Der von Reuter in wirksamster
Ausführlichkeit geschilderte Hergang wird von Sommer nur kurz be¬
richtet »D’r lange Hangärge aus Kolks«, den früher einmal bei glei¬
chem Leid ein Balbier » änne halbe Stonne lang off’n Dielen romgeschläft«
hat, ist hier mit der prompten Erledigung des Geschäftes durch den
alten SchärtUch (so wird der Name hier geschrieben) ebenso unzufrieden
wie oll Päsel mit der Geschicklichkeit von Dokter Metzen und mißt den
Lohn in ähnlicher Weise ab.
Wie lassen sich diese Übereinstimmungen erklären? Da ist nun
unsere Aufgabe durch den Umstand erschwert, daß die Gesamtausgabe
keinen Anhalt für irgend eine sichere Feststellung bietet Die alten
Einzelhefte sind ohne chronologische Angaben und ohne sichtliche Ab¬
grenzung gegeneinander in sie aufgenommen, allerdings, wie genauere
Nachforschung erkennen läßt, in ihrer ursprünglichen Reihenfolge, die
auch innerhalb hinsichtlich der einzelnen Stücke gewahrt worden ist;
jedem Hefte sind gleich auch die Erweiterungen der späteren Auflagen
hinzugefügt, und die einzelnen Stücke sind in fortlaufender Reihe durch
Nummern gekennzeichnet (Band I von 1 —137, Band II von 1—175).
Nun gibt freilich das von einem ungenannten Verfasser geschriebene
Vorwort (XVI Seiten) wenigstens für die ersten vier Hefte, mit denen
unsere Untersuchung es allein zu tun hat, das Druckjahr der ersten Auf¬
lage an; Heft 1: 1853; Heft 2 und 3: 1854; Heft 4: 1856. Aber diese
Zahlen sind ungenau. Sie scheinen wie auch sonstige Angaben des Vor¬
wortes einer der Volksausgabe der »Bilder und Klänge« (1897) als zehntes
Heft beigefügten Biographie des Dichters von Karl Höhn zu entstammen,
der selbst aus eigenhändigen, »Zur Geschichte der Bilder und Klänge«
überschriebenen Aufzeichnungen Sommers geschöpft hat, gehen vielleicht
auch unmittelbar auf dieselbe Quelle zurück; diese Aufzeichnungen jedoch,
die nach Sommers Tode in den Besitz eines Neffen gelangten und von
diesem auch mir zur Durchsicht freundlichst überlassen wurden, erweisen
sich als wenig zuverlässig. Das sehr bescheidene, meist auf knappe
äußere Angaben sich beschränkende und auch hier nicht lückenlose
Manuskript verdankt seine Entstehung einer Zeit, da der betagte und
erblindete Dichter größtenteils auf sein Gedächtnis angewiesen war, und
sein Gedächtnis hat ihm manchen Streich gespielt, wie ich an an-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Fritz Reater and Anton Sommer.
293
derer Stelle ausführlicher dargelegt habe. 1 Die Irrtümer dieses Manu¬
skriptes aber sind dann unbesehen in die Höhnsche Biographie wie in
das Vorwort übergegangen. Tatsächlich tragen von den Originalheften,
die ich nach längerer vergeblicher Umfrage endlich bei der königlichen
Bibliothek zu Berlin aufzutreiben vermochte, die beiden ersten zwar
auch die von Sommer angegebenen Jahreszahlen 1853 und 1854, das
dritte aber statt 1854 die Zahl 1856 und das vierte statt 1856 die Zahl
1859. Sollte aber je ein Zweifel aufkommen, ob diese Berliner Hefte
wirklich auch die gesuchten Originalhefte seien, so beseitigt ihn der
Umstand, daß die Anzeigen, mit denen das Rudolstädter »Wochenblatt«
das Erscheinen jedes neuen Heftes der »Bilder und Klänge« ankündigte,
dieselben Jahreszahlen bieten; auch stimmen damit die Angaben in Kaysers
Bücherlexikon überein.
Auf Grund dieser Feststellungen ergibt sich nun mit Sicherheit,
daß von den uns hier beschäftigenden Sommerschen Geschichten Nr. 73
und Nr. 85 der ersten Auflage des dritten, 1856 erschienenen Heftes
(Nr. 11 und 23), Nr. 118 der ersten Auflage des vierten, 1859 erschie¬
nenen Heftes (Nr. 20) angehören, während Nr. 97 und Nr. 121 erst in
eine spätere, mir nicht zugängliche und zeitlich mir auch nicht bestimm¬
bare Auflage des dritten und vierten Heftes (Nr. 33 und 23) fallen. Von
Reuters »Läuschen un Rimels« erschien bekanntlich Band I im Jahre
1853, gleichzeitig mit dem ersten Hefte der »Bilder und Klänge«, Band II
im Jahre 1858. Das dem Sommerschen Stücke Nr. 85 (Heft 3) ent¬
sprechende Reutersche Läuschen Band H, Nr. 47 (De Drom) war aber
nach Seelmann (Reuters Werke I, S. 408) bereits im »Unterhaltungsblatt
für beide Mecklenburg und Pommern« 9. März 1856 von Reuter ver¬
öffentlicht worden. Für die anderen vier Sommerschen Nummern findet
sich das Gegenstück jedesmal schon im ersten Bande der Läuschen. Eine
Abhängigkeit Reuters von seinem Thüringer Zeitgenossen erweist sich
also für alle Stücke als unmöglich. Schwerlich möchten wohl auch da¬
mals schon die unscheinbaren Hefte Sommers die Thüringer Grenze über¬
schritten haben. Weitere Verbreitung scheinen sie überhaupt erst An¬
fang der 70 er Jahre gefunden zu haben, wo Dr. Braun-Wiesbaden in der
»Schlesischen Presse« Jahrg. 1873 (Nr. 121, 123, 125) zuerst auf sie auf¬
merksam machte; im Februar 1875 widmeten die »Grenzboten« dem »Volks¬
dichter Thüringens« einen Aufsatz, und die »Gartenlaube« brachte im Herbst
desselben Jahres (25. September) eine Probe aus dem 6. Heft, sowie 1876
einen von Richard Keil geschriebenen Artikel mit dem Bilde des Dichters.*
1 »Zar Geschichte der Bilder und Klinge von Anton Sommer« (Beilage zur Schwarz-
burg-Rudolst&dtischen Landeszeitung, Sonntag, 11. August 1912).
* Sommer, dem auch Höhn S. 94 wieder folgt, nennt irrtümlicherweise statt der
»Schlesischen Presse« die »Breslauer Zeitung«. In dem Aufsatz der »Grenzboten« ist
für das erste Heft der B. u. Kl. fälsohlich das Jahr 1848 angegeben, und diese Zahl
bringt auch der Keilsche Aufsatz in der »Gartenlaube« wieder; merkwürdigerweise findet
sie sich auch in Franz Brümmers Lexikon Bd. IV, 4. Aufl. S. 100, oben.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
294
Paal Katmengießer.
Nicht unwahrscheinlich ist dagegen, daß Reuter nach seiner 1863
erfolgten Übersiedelung nach Eisenach die bis zu seinem Tode (1874)
schon in 5 Heften und in mehreren Auflagen verbreiteten »Bilder und
Klänge« kennen gelernt hat; die persönliche Bekanntschaft Sommers hat
er, wie mir aus dessen Familie mitgeteilt wurde, nie gemacht Jener
Vermutung aber gibt eine auffallende Ähnlichkeit zwischen einem Ab¬
schnitt in »Dörchläuchting« (1866) und einer kleinen Verserzählnng
Sommers wenigstens einigen Raum. Im zehnten und elften Kapitel von
Dörchlauchting lesen wir die ergötzliche Geschichte, wie der Läufer
Halsband auf gehässiges Betreiben des Kammerdieners Rand von seinem
Fürsten unmittelbar vor Pfingsten mit einem Eilbrief von Neubranden¬
burg nach Berlin geschickt wird, da man ihn verhindern will, beim
Feste im Nemerower Holz mit seiner Auserkorenen zu tanzen, und wie
er dann des Auftrags sich mit solcher Schnelligkeit entledigt, daß er
zu aller Überraschung doch noch rechtzeitig beim Tanz erscheint Ein
Gegenstück erzählt uns Sommer in Nr. 16 (erste Ausgabe des ersten
Heftes, also 1853) unter der Überschrift »D’r Lafer« (in spätem Aus¬
gaben »D’r Läfer«). Hier ist der Held allerdings ein »Mordkraköler«,
Urheber zahlreicher Keilereien und für die Polizei ein Gegenstand steter
Besorgnis.
Im Cumbaoh sollte Kirmse sein,
Da freit ’r sich schonn sihre,
Denn da gab's Wamse satt derbei.
Da könnt ’r excelliere,
Sei Rettel lag a schonn parat —
Da kam ’n Tags vorher gerad
Was galjend in de Quare.
Er wird mit einem Eilbriefe von Rudolstadt nach Drasen (Dresden) ge¬
sandt, die Polizei atmet auf — aber noch am selben Abend ist »der
Teifelskerl« wieder zurück, und in Cumbach hat’s die Nacht »ä Mord¬
krawall« gegeben.
Ist dieses Stück nun wohl das Vorbild für Reuter gewesen? Raatz
(Wahrheit und Dichtung in Fritz Reuters Werken, S. 150) berichtet, »daß
der Läufer Halsband keine erdachte, sondern eine in solcher Stellung
und unter gleichem Namen vorhandene Person« gewesen sei; daß dieser
aber auch unsere Geschichte selbst erlebt habe, ist damit nicht gesagt
Immerhin ist es möglich, und liegt wirklich eine Begebenheit zugrunde,
so scheint dieser die Reutersche Erzählung doch näher zu stehen, als
der ganz ins Unmögliche übertriebene Dauerlauf des Rudolstädter Teufels¬
kerls. Ihren Mecklenburger Ursprung vorausgesetzt, mag also die Ge¬
schichte irgendwie, wahrscheinlich auf mündlichem Wege, auch nach
Thüringen gewandert und so zu Sommers Kenntnis gelangt sein, viel¬
leicht schon in der veränderten Gestalt, in der er sie darbietet; möglich
bleibt aber doch auch anderseits, daß Reuter sie erst in Thüringen kennen
gelernt hat, sei es nun aus der Erzählung Sommers, sei es durch münd¬
liche Überlieferung, aus der jener selbst geschöpft haben wird.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Fritz Beater und Anton Sommer.
295
Schließlich könnte wohl noch eine Ähnlichkeit zwischen unsern
beiden Dichtern auffallen: Liest man nämlich Sommers gemütvolle Schil¬
derung x-Von’n Sperling was« (Nr. 101, S.221, aus Heft IV, Nr. 3, cf. auch
ßd. II, Nr. 9 »Mei Sperling« u. Nr. 124 »Unsre Sperlinge«), so fühlt
man sich unwillkürlich an die Spatzenfamilie in »Hanne Nüte« erinnert;
sicherlich schöpfen hier aber beide Dichter aus eigenem Erlebnis, und,
wie der Thüringer das Nest »saltuben onger mein Dache« mit sinnigem
Verständnis betrachtete, so fütterte und beobachtete der Mecklenburger
an seinem Wohnhaus zu Neubrandenburg das Nest seiner gefiederten
Nachbarn (Gädertz, Fritz Reuter, Reclam Nr. 4798t, S. 186f.). Wie
der vogelsprachenkundige Reuter zeigt sich auch Sommer sonst noch in
seinen Dichtungen als Freund der Bewohner des Luftreichs.
Könnte aber wohl für die zuerst besprochenen fünf Stücke Sommer
seine Stoffe Reuter verdanken? Bedenkt man, daß auch Reuters Schriften
erst seit Erscheinen der »Franzosentid« (1859) sich über die Grenzen
seines Heimatlandes auszubreiten begannen, so stellt sich wenigstens für
die Nummern 73, 85 und 118, die schon in der ersten Auflage des
dritten und vierten Heftes (1856 und 1859) ans Licht traten, eine solche
Annahme als ganz haltlos dar, und sie besitzt auch für die beiden an¬
deren Nummern (97 und 121) nur sehr geringe Wahrscheinlichkeit, ob¬
wohl diese erst einer spätem Auflage angehören. Denn sollte Sommer
wirklich hier bei dem inzwischen ihm bekannt gewordenen Mecklenburger
eine Nachlese gehalten haben, warum fiel sie bei der Fülle, die sich
ihm erschloß, so dürftig aus, und hätte das Gedäohtnis ihm so wenig
davon aufbewahrt, daß er für seine späteren Hefte nichts mehr zu ver¬
werten fand, obwohl zunehmende Augenschwäche ihm die Wiederholung
der Lektüre versagte? Ein Großneffe Sommers, zugleich sein Geistes¬
erbe (W. Klinghammer, Mei Rudolschtadt, 3 Bände, 2. Aufl. 1909f.), der
in seiner Jugend viel im Hause Sommers verkehrte, versichert, nie von
seinem Onkel gehört zu haben, daß er Reuters Schriften kenne, und be¬
sessen habe er sie sicherlich nicht Überhaupt scheint Reuter mit seiner
Mecklenburger Mundart erst spät in Thüringen Eingang gefunden zu
haben.
Ein Einfluß Reuters auf Sommer erweist sich demnach als fast
ebenso unwahrscheinlich, wie, von jener Läufergeschichte etwa abgesehen,
das umgekehrte Verhältnis.
Für zwei der hier in Frage kommenden Geschichten ist ja auch
der Stoff bereits als alt und weit verbreitet nachgewiesen: für »De blinne
Schausterjung« (Sommer: »Was rächt ös«) und für »Dat Sößlingsmetz«
(Sommers Schnarzchen vom »Balbieren om Gottswillen«). 1 Letztere
läßt sich bis ins 16. Jahrhundert nach Italien zurückverfolgen und hat
1 Reuters Werke I, S. 399, 42), vergl. Korrespondenzblatt des Vereins für nieder¬
deutsche Sprachforschung Bd. XVII (1893), S. 87, und Niederdeutsches Jahrbuch
Bd. XXXII (1906), S. 90 ff.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
296
Paal Kannengießer.
seitdem auch im deutschen Schrifttum eine Reihe von* Bearbeitungen
erfahren, so auch von dem Westfalen Zumbroock, dessen »Poetische
Versuche in Westfälischer Mundart« — mir lag vom ersten Bändchen
die 8. Auflage von 1868 vor — nach Seelmanns mit Recht sehr vor¬
sichtig ausgesprochener Vermutung Reuters Quelle gewesen sein mögen 1 —
vielleicht auch nicht, und sicherlich nicht für Sommer, trotzdem bei
diesem auch der Schluß wieder an Zumbroock erinnert Die Geschichte
ist wohl nicht nur literarisch, sondern auch mündlich schon seit langem
weit verbreitet gewesen, und vielleicht trifft man sie auch noch bei einem
der früher genannten Thüringer Volksdichter wieder an. Jedenfalls
haben beide, Reuter wie Sommer, ihren Gegenstand, woher sie ihn auch
genommen haben mögen, in so urwüchsiger Weise behandelt, ihn so ge¬
schickt in den heimatlichen Boden eingepflanzt, daß man bei beiden den
Eindruck hat, sie erzählten ein Erlebnis ihrer eigenen Umgebung.
Von geringerer Ursprünglichkeit scheint mir dagegen beiderseits
das kurze Marktgespräch zu sein, das bei Reuter (I, Nr. 17) »Wo büst
du 'rinne kamen?« und bei Sommer (Nr. 118 = IV, 20) »Off’n Marke«
überschrieben und dessen Vorbild schon im Jahrgang 1849 der »Fliegenden
Blätter« und über diese hinaus in A. Drägers mir leider nicht zugäng¬
licher Anekdotensammlung »Pladdüütsch Konfekt« (1848) aufgefunden
ist (Reuters Werke I, S. 394,17). Daß Sommer, für den Drägers Samm¬
lung ja nicht in Betracht kommt, hier aus den »Fliegenden Blättern«
geschöpft habe, bleibt solange unwahrscheinlich, als nicht, wie es für
Reuter tatsächlich geschehen ist, auch für Sommer die Benutzung des
Münchener Witzblattes aus einer wuchtigen Anzahl von Überein¬
stimmungen mit einiger Sicherheit sich ergeben hat (s. Niederdeutsches
Jahrbuch XXIX, 1903, S. 52ff. und XXXII, 1906, S. 104ff., sowie
Korrespondenzblatt XXIV, 1903, S. 5, S. 71 ff., vergl. auch Reuters Werke
I, S. 389f.). Vielmehr scheint einer glaubwürdigen Mitteilung aus Rudol¬
stadt nach das Witzblatt zu jener Zeit dort gar nicht in Umlauf gewesen
zu sein, während Reuter hinreichend Gelegenheit hatte, es zu lesen.
Mittelbar mag Sommer ja immerhin die Geschichte von dorther oder
sonst aus irgend einer literarischen Quelle bezogen haben, wie mich das
in diesem Falle auch hinsichtlich Reuters sehr wahrscheinlich dünkt,
und zwar deswegen, weil ich glaube, daß im Volksmund die Geschichte
ursprünglich etwas anders gelautet hat. Wenigstens erinnere ich mich,
sie vor etwa 40 Jahren und somit freilich erst nach Erscheinen der
Reuterschen Läuschen in meiner mecklenburgischen Heimat mit wirk¬
samerer Pointe gehört zu haben: der Bursche hat ein Kalb zur Stadt
1 Niederdeutsches Jahrbuch Bd. XXXII a. a. O. Seelmanns Vermutung, daß
Reuter Zumbroocks Poetische Versuche gekannt habe, könnte vielleicht auch darin noch
eine Stütze finden, daß sich hier auch die von Reuter im »Pirdhandel« (1,4) erzählte
Geschichte unter dem Titel »De Handelskniep« (Nr. 32) wenigstens der Hauptsache nach
findet. Vergl. aber auch S. 392,4, wo als Quelle Reuters wieder die Fl. Bl. in Anspruch
genommen werden.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Fritz Reuter und AntoD Sommer.
297
getrieben. Wer je Zeuge der drolligen Mühsal gewesen ist, diese ver¬
körperte Unvernunft schiebend, zerrend, drängend und selber wieder ge¬
drängt und geschoben, vorwärts zu bringen, der hat den Eindruck, als
sei mit Einführung einer Kuh (Fliegende Blätter und Sommer) oder
eines Ochsen (Reuter und doch wohl auch Dräger?) der Geschichte die
Spitze abgebrochen. 1
Für die beiden, den Sommerschen Stücken Nr. 85 und Nr. 121 ent¬
sprechenden Bäuschen »De Drom« (II, Nr. 47) und »Dat Tähnuttrecken«
(I, Nr. 58) ist, soweit ich übersehe, ein Gegenstück bisher nicht auf-
gefunden worden. Haben beide vielleicht aus einer uns bisher noch
nicht bekannten literarischen Quelle geschöpft? Oder ist die Quelle
auch hier wieder weitverzweigte mündliche Überlieferung? Dem Thü¬
ringer, den wenigstens bei seinem späteren Schaffen zunehmende Augen¬
schwäche immer mehr auf diese Quelle beschränkte, mag sie kaum
weniger reichlich gesprudelt haben als Reuter innerhalb seines anekdoten¬
freudigen Bekanntenkreises. Denn schon sein Vater war in Rudolstadt
als gewandter Schnurrenerzähler geschätzt (Höhn S. 12f. und Vorwort
S. VI) und wird also auf den Sohn nicht nur die glückliche Erzählungs¬
gabe, sondern auch einen reichen Schatz von Schnarzchen und Raupen
vererbt haben. Und warum sollte nicht aus diesem Schatze, der sich
da im Sommerschen Hause zu Rudolstadt aus vielerlei Bächlein des
Thüringer Landes, zum Teil vielleicht nach langer, weiter Wanderung,
mag angesammelt haben, mittelbar auch dies und jenes bereits dem
jungen Reuter zugeflossen sein, als er in Jena mit seinen Verbindungs¬
brüdern heitere Geschichten austauschte? Und anderseits, könnte er
nicht auch selber, damals ja schon ein unterhaltender Erzähler, diesen
Schatz aus eigner Fülle vermehrt und manches Läuschen seiner Mecklen¬
burger Heimat nach Thüringen verpflanzt haben? Sorgfältige Umschau
bei den zahlreichen Thüringer Dialektdichtern, die uns Regenhardt mit
einigen wenigen Proben vorstellt, mag noch manche Ähnlichkeit mit
Reuterschen Läuschen zutage fördern, wie denn auch einige Stücke von
Sommer uns schon bei. dem Mansfelder Giebelhausen (1800 — 1877)
und dem Altenburger Ullrich (1776 — 1874) begegnen. 2
1 In der mir bekannten Fassung erinnert die Geschichte auch noch einigermaßen
an die bei Reinhold Köhler, Kleinere Schriften, Bd. I, S. 445ff. in zahlreichen Varia¬
tionen wiedergegebene Erzählung »Vom klugen Mädchen«. Ob sie sich aus dieser eigen¬
artig herausgebildet hat? Ich wage nicht, es zu behaupten.
* Die auffallendste z. T. fast wörtliche Übereinstimmung zeigt Sommers rührende
Erzählung I, Nr. 5: »De arme Fra met ihren klänn Mägen« mit Friedrich Ullrichs bei
Regenhardt II, S. 301 f. mitgeteilter Darstellung. Der Stoff hat auch hier wie überall
bei Sommer Lokalfarbe erhalten.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
298
Wilhelm Schoof.
Hessische Ortsnamen in mnndartlicher Gestalt . 1
Von Wilhelm Schoof.
Die hier folgenden mundartlichen Ortsnamen beruhen durchweg auf
unmittelbaren Angaben durch persönliches Befragen im Volke. Wenn
nicht in allen, so wurden doch in möglichst vielen Ortschaften eines
Kreises Nachfragen angestellt, vorwiegend in solchen, welche als Sitz
einer Mutterkirche oder als Marktflecken starken Verkehr von andern
Ortschaften aufzuweisen haben. Die Belege wurden zum größten Teil
so festgestellt, daß die gesuchten Ortsnamenformen im Satzzusammenhang
erschienen, so daß sich auf diese Weise auch mancherlei syntaktische
Eigenheiten wie der Gebrauch des Artikels, Gebrauch der Diminutivform
bei Ortsnamen u. a. m. ergab. Die Feststellungen fanden ferner in der
Regel, soweit dies möglich war, im Beisein mehrerer Ortsansässiger
oder in Nachbardörfem wohnender Bauern statt, so daß fortwährend
gegenseitige Kontrolle vorhanden war unc^ Irrtiimer wohl ziemlich selten
sind. Wo lautliche Verschiedenheiten vorkamen, die sich aus der ver¬
schiedenen Sprechweise einzelner Ortschaften ergaben, wie z. B. -huum
neben -hüüsdn, -hääy neben -hiiän, -dprf neben -d^rf, wurden die aus
Nachbardörfern stammenden Formen in Klammer angeführt.
Wo eine Befragung mehrerer Ortseinwohner nicht möglich war
oder wo sich sonst Zweifel an der Zuverlässigkeit der Angaben ein¬
stellten, fand eine Nachprüfung durch mündliches oder schriftliches Be¬
fragen der Lehrer des betreffenden Dorfes statt Zu besonderem Danke
bin ich hier Herrn Kantor Heinrich Kurtzrock in Pfieffe (Kreis Mel¬
sungen) verbunden.
Die urkundlichen Belege habe ich durch Benutzung der mir wieder
bereitwilligst von der historischen Kommission für Hessen-Nassau zur
Verfügung gestellten handschriftlichen Zettel für das von Archivdirektor
Dr. Reimer begonnene Hessische Ortslexikon gewonnen. Wo diese Hilfs¬
mittel nicht ausreichten oder wo sonst eine Ergänzung der Belege wün¬
schenswert erschien, habe ich die von Arnold in seinem Werke
»Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme« (Marburg 1881)
angegebenen Belege benutzt, zuweilen unter erneuter Nachprüfung der
Quellen. Daß sich auf Grund dieser gesammelten mundartlichen Be¬
lege im Verein mit den urkundlichen Formen eine schier unglaub¬
liche Zahl von Fehlschlüssen in der von Arnold versuchten Deutung der
Ortsnamen ergibt, sei hier nur nebenbei erwähnt. Diese Zahl von Irr-
tümern wird sich wahrscheinlich noch vermehren, wenn erst eine syste¬
matisch abgeschlossene Sammlung der hessischen Flurnamen vorliegen
wird, eine Aufgabe, die nicht dringend genug gemacht werden kann.
1 Vgl. Ztschr. f. d. M. 1909, 369 ff.; 1910, 264 ff.; 1911, 345 ff., 1912, 123ff.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.
299
Die Sammlung mundartlicher Namenaforraen soll jetzt in rascher
Folge fortgesetzt werden. Eine systematische Behandlung einzelner Kreise
auf der hier gegebenen Grundlage behalte ich mir vor.
Der Kreis Melsungen.
O /
1. Adelshausen, ma. Adahhüüsan, < Odoluishusen 1269, Odolfiskusen
ca. 1360, Odelshusen 1438, Odelshausen 1575, ca. 1620, 1747, Ödeis-
hausen 1585.
2. Albshausen, ma. Albshüüsan, < Alvoldishusun 1060/84, Alboldes-
husen 1123, 1328, 1331, Alvoldeshusen 1232, Albeshausen 1585.
Q
3. Altenbrunslar, ma. Aälanbrinklär, gewöhnlich nur Br\telär, wenn
keine Unterscheidung nötig wird, < Bruneslar, Brunslar 1154, 1505,
1579, Brunslare 1320, Ober Brunslar 1336, Altenbrunslar 1555.
4. Altenburg, ma. Aalanburc, < Aldinborg 1376, Aldenborg 1448, 1456,
Aldenburg 1453, Altenburg 1527.
5. Altmorschen, ma. AalamQ(r)San , gewöhnt nur M$(r)San, < Mursen-
aha, Morsene, Morsne 13. Jh., AUen Morssen ca. 1620, Aldenmorsen
1505.
6. Beiseförth, ma. Beesaf^rda, auch Biisaf$rda, < Beysenvorte 1348,
Beysefurte 1411, Beisefort 1585, Beiseförth 1603.
7. Bergheim, ma. Bärkheem, < Bercheim 1366, Berckheym 1540, Bergk-
heim 1585.
8. Beuern, ma. Biiam, < Bum 1303, Buren 1309, Buerin 1358,
Beuren 1555, Beuern 1585.
9. Binsförth, ma. B\nsf$rde , < Binnisforte 1270, .. Binesforte 1286,
Bindisförte 1330, Bynsforte 1353, Binsforthe 1485, Binsfurthe 1579,
Binsfort 1585.
10. Bischofferode, ma. Bisbaröod . < Bischoverode 1348, Bischofferod
1540.
11. Böddiger, ma. BSdagäänn , < Bodingemun, Bodengcmun, Bode-
gernun, Bodigemun, Bodogernun 1074, Boidegeren 1123, Bodegerne
1237, Buthegemc 1252, Boddeger 1260, Bodegern 1275, 1343, Bode¬
gerne 1318, Bodegherne 1331, Boddigern 1444, Böddigem 1555, Baldi¬
gem 1585.
# *
12. Büchenwerra, ma. Biicawär, auch Biicawära, < Buhcehenenuuinl
, 786, Buohweride 948, Buchentverde 1256, Buchewerde 1390, Buchen¬
werda 1585, Buchawerda ca. 1620.
13. Connefeld, ma. Köjwfdld, < Cunnenelt 1238, 1262, KuninveUl 1263,
Connevelt 1220, Cunnevelt 1319, Kunncfelt 1329, Kan feit 1388, Con-
felt , Canfelt 1505, Connefelt 1585.
14. Dagobertshausen, ma. Dä (ä) waldshüiisan, < Dageboldeshusen 1106.
1194, Taboldeshusen 1253, Thaboldeshusen 1275, Tabolt \husen 14 77,
Tabelshausen 1537. Dabelshausen 1585, ca. 1620.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
300
Wilhelm Schoof.
15. Deute, ma. Deeds, < Thoyten 1314, zu der Toyten, Teuten 14.15. Jh.,
Toythen 1387, Toyte 1347, Theute 1555, Teutte 1585.
16. Elbersdorf, ma. ÄlwarSdorf, < Elbriehestorp 1220, Elbirsdorf 1338,
1364, Elbisdorf 1364, Eiwersdorf 1540, Elbesdorf 1585.
• • *
17. Elfershausen, ma. AlworShüUsm , < Elfershusen 1253, Elphers-
husin 1345, Elffirshusen 1438.
18. Ellenberg, ma. Ä'lsnbääsk, < Ellinberg 1357,-tum Einberge 1511,
Einberg 1585.
19. Empfershausen 1 , ma. Ämpforshüüson, < *Embricheshusun, Enf-
firteshiisen 1460, Ein fershusen 1491, Ober - Niedereinffershausen 1575,
Einfershausen 1585, Enfersshausen 1534, Empfershausen ca. 1620.
20. Eubach, ma. liwax, < Ubach 1281, 1333.
21. Felsberg, ma. FÜsbääsk, < Vilsperg 1275, Velsperg 1289, Felsberg
1462.
22. Gensungen, ma. Gäntsörpn, < Oeinsingen 1253, Ohensinghin 1263,
Gensingen 1085, 1474, 1527, 1555, 1585, Gensungen 1356, 1322.
23. Grebenau, ma. Greewsnöij, < Grabennowe 1339, Qrabenaw 1505,
1575, 1585.
24. Günsterode, ma. Ginscteröods, < Gunszroide 1325, Gunsrode 1525.
25. Guxhagen, ma. Giikshgyn, < Qukishain 1357, Kukushayn 1352,
Guxhain 1513, Kuxhayn 1476, Guckeshan 1399, Gauckeshagen 1620.
26. Harle, ma. Harte, < Harlon 1275, 1307, 1336, 1358, 1425, Harloyn
1292, Horlan 1404, Harle 1555, Harten 1747.
27. Heine, ma. Hädn(y)csn *, < zum Haine 1579, in Haine 1540, zum
Hayn ca. 1620, zum Hain 14. 15. Jh., Hayn 1505.
28. Heinebach, ma. H^insbax (H^inswax), < Heginebahe (brev. StLulli),
Hegenebach 1196, Hennebach 1277, 1303, Heinebach 1277, 1310, ca.
1620, Heynebach 1505.
29. Helmshausen, ma. Hälmsshiiüsm, < Helmungeshusen 1123, 1226,
ca. 1360, Helmungishusen 1326, Helmugishusen (bei Hesenrade) 1400,
Helungeshusen 1401, Helmesshausen 1555, Helmeshausen 1747.
30. Herlefeld, ma. Hartefäls, < Herlefelde 1364, Herlevelth 1540.
31. Hesserode, ma. Hässröods, < Hasenroth 1123, Herzenrode 1316,
Herzenrade 1327, Hertzenrodc 1401, Hesenrode, Hesenrod 1151, 1246,
1505, Hesinrade 1401, Hesilrode 1226, Hesellnrode 1475, Hercenrodc
1286, Hersenrode 1555, Herssenroda 1585, Hessenrode 1337.
32. Heßlar, ma. H(slär, < Heselare 1061, Heselere 1352, Heslere 1295,
Heseler 1351, 1555, Hesseler 1403, 1585, 1747, Hesseller 1514, Heys-
seler 1493.
1 Schwerlich dürfteu die von Arnold 398 angeführten Belege (Engeltiiarcshusen
1123, Engilbrahthtiaen 1380, Engelbrechteshusen 15. Jh.) hierher gehören.
* (c w\l tnool nädx HUägcsn gin = ich will mal nach Heine gehen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt
301
33. Hilgershausen, ma. HeljsrShüüssn , < Hildegereshusun 1106, Hilde-
gerishusen 1194, Hildegershusin 1353, Hildegershuseri 1244, 1253,
Hilgershausen 1585.
34. Kehrenbach, ma. Kterombar, < Kurinbach 1329, Kömbach 1575,
Combach 1747.
35. Kirchhof, ma. Kircoof < [villa\ Kirchob 1374, Kirchoff 1585.
36. Körle, ma. Kerls, < Chrullef?) 1074, Kurie 1172/81, CArla 1299,
Ourle 1341, Corlle 1357, Cörlla 1575, Corla 1585, 1747.
37. Landefeld, ma. Lansfäla, < Lannefelt 1343,1540, zu Lanfelde 1411,
Lannefelt 1585, Landefeld ca. 1620.
38. Lobenhausen, ma. Looumihüüsm, < Lubenhusen 1151, Lubinhusen
1494, Lubenhausen 1575, 1585, Ibbenhausen ca. 1620.
39. Lohre, ma. Loors, < Lare 1123, 1318, 1389, 1505, Lhoer 1555, Lora
1585, Lohra 1747.
40. Malsfeld, ma. Mdltsfäld, < [m] Malzvelten 1196, Malzveld 1231,
Malzuelt 1253, Maltzfelt 1410, 1482, Maltzfeldt 1505, Malsfeld 1581,
ca. 1620.
41. Melgershausen, ma. MäljsrShüüssn, < Medelhereshusen 1151, 1215,
1246, Medelherehusen 1218/27, Melhershusen ca. 1370, Melgirshusen
1397, Melgershnsen 1295, 1383, Melgershausen 1585, 1747.
42. Metzebach, ma. M^dssbax, < Metzebach 1374, Messebach 1540, Metx-
bach 1585, 1747.
43. Melsungen, ma M(Ulsiysn, auch Mfldsilym, < Milisunge, Milsungen
1196, 1321, 1585, 1747, Mglsungen 1269, Melsungen ca. 1620.
44. Mörshausen, ma. Meershüüssn, < Meynthartishusen 1343, Meyn-
hartshusen 1483, Mfinhartshusen 1397, Megnhershusen ca. 1360,
Mengershusen 15. Jh., Mershausen 1540, 1585, ca. 1620, 1747.
45. Nausis, ma. Nöiods\s, < Nideni Nuicesesse 1392, Niddem Nuwrn-
sessen 1420, Newses, Neuwesses 1540, Nauses 1585, 1747.
46. Neuenbrunslar, ma. Nööjdbr\nslär, gewöhnlich nur Br{nSlär } wenn
keine Unterscheidung mehr nötig ist, < Orossenbrunslar 1333, Grozen
Irrunslar 1333, Nuwen Brunslar 1437, 1507, Neuen brunsslar 1555,
Neuen Brunslar 1747.
47. Neu morschen, ma. NööijsmQrssn, < Nuwin MSrssin 1347, Nuurin
Morssin 1347, zu Nuwen Morsine 1355, Neuenmorschen 1585, 1747,
Nuwenmorsen 1505.
48. Niedermöllrich, ma. Melrje oder Nedsrm<!lr\c l , < [in] Meldriche
1227, Niedern Mildrike 1272, Nidem Mellerich 1555, Nider Mellerich
1585, Nider Melderich 15. Jh., Nieder Mellerich 1585, 1747.
49. Niedervorschütz, ma. Ftersits oder Neersrßersits, < Nydern Vor¬
schulz 1429, Niedern voischutz 1460, in inferiori Vorschutze 1318,
1 Neben Ned»nnelr\c hört mau auch Nenrrnelr\c. Die beiden Laute d und r
gehen faxt ineinander über.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
302
Wilhelm Schoof.
Nidem Vürschütz 1555, Nydervoorschutz 1428, Nider Vorschule 1585,
1747.
50. Obermelsungen, ma. Ooirarmältsigan , < Superior Melsungen 1151,
Obermilsungen 1534.
51. Ostheim, ma. Öosdkeem , < Ostheini 1145, 1344, Osthem 1357, Ost¬
heim oder Ostern 1537.
52. Pfieffe, ma. Piifa, < Piopha 1037, Phiphen ca. 1340, Plriffa 1425,
Pfyffc 1483, Peyffe 1540, Pfeiffa 1585, 1747, Pfeift ca. 1620.
53. Rhünda, ma. Riido, < Ruhende nach 1200, 1312, Runden 1356,
Runde 1397, Ruene 1555, Ruende 1585, Rüiide 1747.
54. Röhrenfurth, ma. Reeranfdrd, < Rorenvort 1199, Romeuwl 1291,
Rurenvort 1269, Rorenvurt 13. Jh., Rörenfurt 1481, RSrnfort ca. 1620,
Rümforth 1585.
55. Schnellrode, ma. Snälröora, auch Snülröoda, < Snelnrode 1430,
Schnelnrod 1540, Schneirode 1585, ca. 1620.
56. Schwarzenberg, ma. Üwdtsabädvk, < Swarlenberg 1290, Sivarzen-
berch 1417, Swarxenbeig 1280, 1307, Schwarzenberg 1487, Schwartxe-
berg 1585.
57. Spangenberg, ma. Sbdydnlxiävk , < Spangenlterc 1261 , Spangen¬
berg 1438.
58. Stolzhausen, ma. Sdoltshüüsan, < * Stollenhusen wie Stoltxenbach
< Stoltenbach 1266.
59. Vockerode, ma. Fgkaroora , < Vockenrode 1294, 1343, Foclcerode 1346,
Vogkenrode 1460, Fockenrod 1540, Vockenrode 1585, 1747.
60. Wagenfurth, ma. Wöömfard,< Wanfurtl 391, Wanfort 1341, Wayn-
fort 1484, Waynfurt 1486, Wainforth 1585, 1747, Wagenfort ca. 1620.
61. Weidelbach, ma. Wiidslbax, < Widilbach 1335, Weydelpach 1540,
Weidelbach 1585, ca. 1690, 1747.
62. Wichte, ma. Wieds, < Wichten 1196, Withe 1263, Wihte 1256, 1275,
Wigthe 1219/25, Wichta ca 1260, Wichte 1237, 1238, 1505, 1585, 1747.
63. Wolfershausen, ma. Wolfsrthünssn, < Wolfhartdeshusen 1357, Wol-
fershusen 1267, 1274, Wulffirshusen 1436, 1438, Wolfershusen 1505,
Wolffershausen 1585, 1747.
64. Wollrode, ma. Wolröora, < Wolvolderode 1228, 1289, Wolvolderod
1232, Wolvilderode 1309, Wolfolderode 1318, Wolfelderode 1318, Wolde¬
rade 1412, Walderode 1505, Wulderode 1534, Wollenrode 1579, ca. 1620.
Wollerodt 1585, 1747.
Der Kreis Homberg.
1. Allendorf, ma. Aalsndgrf, < Aldindorff 1259, AUlendorft 1238, 1578,
1585, 1747, AIndorf 1537.
2. Allmutshausen, ma. Almsdshüüssn , < Alniudchnsen 1225, Almets-
husen 1338, Almishusen, Almeshusen 1330, 13X1. Aimshnnsen 1587,
Almetshausen 1537, 1585, 1747.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt
303
3. Arnsbach, ma. OnSbax, < Amesbach, Amespach 1245, 1286, Arns-
pach 1304, 1402, 1480, 1505, 1537, 1613, Arnsbach 1368, 1585, 1747.
4. Berge, ma. Bäävjd, < in monte 1280, darf xum Berig 1537, Berg
ca. 1550, Berge 1585, 1747.
5. Berndshausen, ma. Bämsküüson , < Bemeshusin 1248, Bemshusen
.1303, Bemtshausen 1585, 1747.
6. Caßdorf, ma. Kdsdgrf, < Castorf 1244, 1537, Kastorff 1477, 1585,
1747, Casturff 1505.
7. Dickershausen, ma. DegorShüHsan, < Diggcrcshusun 1108, Dickers¬
hausen 1537, 1585, 1747.
8. Dillich, ma. D\lco, < Thielleichi, Dycliche 1018, Dirlichcn 1196,
Di liehe 1302, 1361, T hi liehe 1305, Dilche 1357, 1505, Dilcchc 1245,
1585, Dillich 1647, 1747.
9. Ellingshausen, ma. EUrjshüüsdn, < Elingshusen 1317, Ellingshausen
1630, 1747.
10. Falkenberg, ma. Fdlgznbääsk, < [das tal vor] Falkenberg 1488, Thal
Falckenberg 1585, 1747.
11. Freudental. ma. Frierondggl, < Vrowechctulal, Vrowdental, Fro-
wedental 1222, Frogdentail 1397, 1431, Froudentail, Froudental 1445,
Freudental gen. xu der Strud 1406, Freudenthal 1478, 1585, 1747.
12. Gombeth, ma. Gümbqeh, Gömb$d, < Guntbot[ere marca ] 805, Gum-
pethde 1123, Gumpethe 1251, Gumpette 1223, 1316, Gumpbette 1537,
xu Qumpetten 1477, Gumpeht 1285, Gumpetthc 1192, Gnmbcth 1364,
1585, 1747, Qumperte 1506.
13. Grebenhagen, ma. Gr^wxnhdin, < Grgffenhagn 1457, Grebenhagn,
Grebenhain 1505, 1585, 1747.
14. Haarhausen, ma. Hoorrhüiisdn, < Ilorhusm 1408, Horhausen 1585,
1747.
15. Hebel, ma. Hääwdl, < Hebilide 8. Jh., Hebeide 1505, Hebel 1144,
1537, 1585, 1747.
16. Hergetsfeld, ma. Hpjsfäld, < Hergersfeld 1331, 1361, 1462, Her-
gersfclde 1587, Herrgottsfeldt 1642, Hergesfelde 1585, 1747.
17. Holzhausen, ma. Hgltshüüsan, < Holxhusen 8. Jh., 1196, Holx-
husin 1277, grossen Holxhusen 1295, 1333, 1500, Groissenholtxhusen
1477, Grossholxhusen 1454, Hoiltxhusin 1342, Obern Hoilchnsen 1228,
Holxhausen 1348, 1585, 1747.
18. Homberg, ma. Hpmbääok, Rfrmäüak , Hfinurk, < Hohenburch 1146,
Hohenberc 1189, Homberg 1235, Hoinberc 1236, Hohnberc 1244,
Hohinberg 1248, Honberg 1195, 1256, Haynberg 1449, Hombereh
1231.
19. Hombergshausen, ma. Hgmdrhiiüssn, < Wanlx/rgehttsin 1269, Wom-
borgehusin 1322, Wombergehusen 1491, Hombergenhusen 1528, Ham¬
mer hausen 1642, Homberhauseyi 1585, 1747.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
304
■Wilhelm Schoof.
20. Lendorf, ma. Leendgrf, < Lintdorph, Lintdorf 1222, 1226, 1270,
Leintdorff 1332, Lintorf, Lintorp 1221, Lentdorf , Lendorf 1537,
Lentdurf 1505, Lentorff 1585, 1747.
21. Leuderode, ma. Liidzröodd (TAidaröora), < Ludinrot, Ludenroth 1196,
1213, Ludenrode 1254, Lutenrod 1233, Luthenrode 1269, Luderodt
1537, Leuterirode 1585, 1747.
22. Lützelwig, ma. Ltttsalioik, < Luczilwig 1224, LutziluAeh, Lutxel-
wich, Lutzilwig 1247, 1307, 1350, Lützelwig 1544, lAitzelwig 1389,
Lotzelwigk 1585, 1747.
23. Mardorf, ma. Mädvdgrf, < Marchdorf 1107, Martdorf 1107, 1537,
Marcdorf 1300, Mardorf 1343, Marturff 1505, Marttorff 1585, 1747.
*
24. Mörshausen, ma. Meejrshüüsdn, < Meynhardcshusen 1304, Mein-
hartshusen 1276, Megnartshusen 1339, Mershausen 1481, 1637, Mehrs-
hausen 1642, Mörshausen 1585, 1747.
25. Mosheim, ma. Möosheem, < Mazheim 1194, 1253, 1267, Mashegm
1337, Mazhem 1324, Mazem 1231, Mossrm 1537, Mosheim 1461,
Mossheim 1585, 1747.
26. Mühlbach, ma. M\lbax, < Milmenebaeh 1070, Milmilbach 1100,
Millebach 1194, 1197, 1231, 1286, 1353, Milbach 1505, 1537, ca. 1580,
1585, 1747.
27. Mühlhausen, ma. Melhüüsan, < Milenhusen 1231, 1267, 1348, 1306,
Milnhausen 1534, 1537, 1585, 1747.
28. Nassenerfurth, ma. Nasanärbon, < Erffrede 1040, Erffrith 1123,
Erphorf 1269, Naxzinerphurt 1359, Nassen Erffort 1430, 1464,
Nassen Erfurdt 1437, Nassen Erffert 1537, Nassenerfurt 1585, 1747.
29. Neuenheirn, ma. Noidnhdin, < Nnhenhagcn 1302, Nawenhain 1368,
Newenhain 1647, Neuenhain 1585, 1747.
30. Nieder-Appenfeld, ma. Nersrabmfäld, < Appcnfelt 1250, Apen-
feldt 1537, Appenfelde 1585, 1505.
31. Niederbeisheim, ma. Nedsrbcesheem (Nersrbtesheem), < Beisheim
12. Jh. (brev. St. Julli), Begsheim 1319, 1356, Beisheim [und Klein-
beisheim\ 1378, Nedem Beyshegm 1393, Nedirn Beshegm 1374, Nidem-
bessem 1537, Nider Beisheim 1585, 1747.
32. Niederhülsa, ma. NedarhÜts» (NerarhÜts), < Hülse 1248, 1505,
Hills 1537, Huls am born [neben dem Kirchdorf Hülse ] 1592, Hülsa
1614, Niederhülse 18. Jh.
33. Oberappenfeld, ma. Ooimrabznfäld, < Appen feit 1459, Apenfeldt
1537, Appenfelde esos 1585.
34. Oberbeisheim, ma. Ooivarbtesheem, < Kleiniteisheim 1338, Obern-
begsseim 1295, Obembegsheim 1358, Obirnbeshegm 1370, Obern,beis¬
heim 1587, Ober Beisheim 1585, 1747.
35. Oberhülsa, ma. OoivarhUts(o), < Halse 1248, 1505, 1592, Hulsa
1614.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt
3^5
36. Pfaffen hausen, ma. Pafanhüüsan, < Pfaffinhusin 1359, Pfaffen¬
hausen 1585, 1747.
*
37. Raboldshausen, ma. Räwaltshüüsdn, < Rabenshusen, Rabinshusen
1267, 1224, 1373, 1505, Rabanshausen 1581, Rabinxhusen 1347,
Rabelskausen ca. 1580, 1588, Raboltxhausen 1505.
38. Red dingshausen, ma. Rediyshüüssn, auch Räänshüüsan, < Ret-
-winishusen 1226, Redingeshusen 1403, Redinyshausen 1537, Reding-
hausm 1585, 1747. Vielleicht gehört auch Reingshausen 1537 (Homb.
Saalbuch) hierher.
39. Relbehausen, ma. Rälwahüüsan, < Reibehusen 1394, 1488, Relbes-
husen 1460, Relivehausen 1537, Relbehausen 1585, 1747.
40. Remsfeld, ma. R{msfäld, R\mdsfäla, < Rimegoxesvelde 1105, 1108,
Rimegoxisfelden 1256, Reinegoldesweide 1314, Reimegoxisveit 1271,
Remegodisfeld 1369, Reinegodesfelde 1403, Remygoxfelt 1366, Reint-
gotfelden 1506, Rengersfelde 1505, Remesfelde 1585, 1747, Remsfeld
1537.
41. Rodemann, ma. Rooramdn (Roodsman), < Rotinmannin 1253, Ratin¬
mannin 1270, Rodemannen 1338, 1339, Rodenmanne 1441, Rodeman
1537, Rodemanne 1585, 1747.
*
42. Römersberg, ma. ReemarSbäävk, < Remmersxhusen 1367, Remers-
hawsen 1530, 1585, Rommershausen 1647, Römersberg oder -hansen
1747.
43. Roppershain, ma. R&bdrShdin, < Ruprechtishayn 1367, Rupershagen
1431, Rupershain 1445, 1478, Roppershayn 1585, 1747.
*
44. Rockshausen, ma. Rgkshüüssn, < Rukishusin 1269, Rukershusen
1338, Ruckeshusin 1273, 1322, 1434, Rockershusen 1416, Rackshausen
1609, Rockeshausen 1585, 1747.
45. Rückersfeld,, ma. RegsrSfdld, < Ruckersvelt 1224, Ruckersfelt 1537,
Rugkersfelde 1450, Rückersfeld 1585, 1747.
46. Saasen, ma. Sääsdn, < Sahson 1100, Saxin 1216, Sassen 1267, 1580,
1585, 1747, Sachsen 1505.
47. Salzberg, ma. Sdaltsbäävk, < Salxesberg 782, Salxisberg 1090, 1190,
Sa Ix herg ca. 1580, Saltxbergk 1585, 1747.
48. Schellbach, ma. $$lbax, < Scilbach 1196, [villa] Skiltpach 1287,
1300, Schelpach 1587, 1585, 1747.
49. Singlis, ma. SiydlSdn, Suysl&n, < Sungeslon 1123, Sungsule 12. Jh.
(brev. St. Lulli), Sungelsen 1265, 1266, Sungilsen 1270, Sungilschen
1385, Sungelschen 1505, Sünglisch 1585, Singlis 1747.
50. Sipperhausen, ma. Sebdrhüüsan, < Svipburgehusun ca. 1140, Swip-
purgehus 1194, Svigburgehusen, Svipurgehusen 1195, 1267, 1234,
Sviporgehusen 1253, Sipporgehusen 1322, Syppergihusen, Sypergehusen
1488, 1366, Siprigehusen 1400, Siprigshusen 1403, Sij)perhusen 1505,
Sipperhausen, Siperhausen 1537, 1585, 1747.
Zeitschrift für DeuUcho Mundarten. VII. 20
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
306
Wilhelm Schoof.
51. Sondheim, ma. Söndheem, < Suntheim 1262, 1348, Suntheym 1278,
Sontheym 1493, Sontheim 1508.
52. Steindorf, ma. Sdföndorf, < [hof ] Steijidorf 1537, 1587, 1585, 1747.
53. Stolzenbach, ma. Sdpltssnbax, Stolzinbach 1266.
54. Trockenerfurth, ma. Drggsnärbsn, < Erffrcde 1040, Erffrith 1123,
Erphort 1269, Trocken Erphorde 1258, Trokin Eiphirte 1318, Drocken
Erphirte 1348, Trockin Erphorte 1365, Drockenerphirte 1348, Drocken-
erffort 1425, Truckenerfurdt 1505, Drucken Erffert 1537, Trocken¬
erfurt 1585, 1747.
55. Unshausen, ma. Ontshüüssn, < Unshusen 1196, Unneshusen 1248,
Onshusen 1494, Unshausen 1476, 1555, 1585, 1747.
56. Verna, ma. Fqmd, < Firne 12. Jh. (brev. St. Lulli), Phirfiihggouwe
1008, Verne 1240, 1325, 1505, Vieme 1354, Veime 1233, 1259,
Vem 1537, Verna ca. 1580, 1585, 1747.
57. Völkershain, ma. FglgdrShdin, < Volkershain 1462, 1585, 1747.
58. Wallenstein, ma. WdabnSdcen, < Waldinstein 1267, 1332, Walden-
steyn 1226, Waldenstein 1381, 1585, 1747, Wallenslein 1456, 1594.
59. Waßmutshausen, ma. Wasmsdshüüssn, < Wasmundishusen 1213,
Wasmudizhusen, Wasmudeshusen 1372, 1213, 1254, 1249, 1505, Was-
manshusen ca. 1340, Wasmutshusen 1537, Wasmetshausen 1585, 1747.
60. Welferode, ma. Wälßröods ( Wälfsröors), < Belferoih 1196, Welfe¬
rode 1253, Welfferodt 1537, 1585, 1747.
61. Wernswig, ma. Wänisw\k, < Wernesioic 1097, Wemeswich 1220,
1231, 1265, Wemitzwig 1356, Wemesivig 1237, 1248, Wemisivig
1265, Wernswig 1323, 1440, 1505, Wernswigk 1537, 1585. 1747.
Der Kreis Fritzlar.
1. Besse, ma. Bäso, auch Bass, < Passahe, Bessehe 1122, Bessen 1123,
in superiori Besse 1291, Overen Besse, Oberbesse 1292, 1312, 1395,
1408, Besse 1293, 1326, 1443, Bessa 1579, 1585, 1747.
2. Betzigerode, ma. Bätsgsröors, < Betxichenrods 1296, Betzigerode
1592, Betzingerodt 1585, 1747, Betzgeroda 1713.
3. Bischhausen, ma. Bfihuussn, < Bissopheshusen 1196, Bischoffis-
husen 1359, Bischhausen 1585, 1747.
4. Densberg, ma. D&isbäävk, zuweilen noch mit Artikel: ofds Dtnsbäävk.
fom Dtnsbäävk, < Dcnisburc 1085, Densborg 1232, 1359, Thensburg
1193, Dcnesberg 1248, Densburg ca. 1580, Densberg 1585, 1747.
5. Dissen, ma. Desm , < Dusinun 1074, Dösene 1123, Tosene 1342,
Thusene 1298, Kirchthusene 1357, Kerichtosen 1319, Toyssen 1362,
Tosin 1386, Thussen 1439, Tuessen 1528, Tuisscn 1325, Toysse 1533,
Tosse 1525, Dose?i 1370, Tassen 1585, Düssen 1747.
6. Dorheim, ma. Döoreem, < Torhem 1245, Dorheym 1431, Torheim
1359, 1365, Dornheim 1585, 1747.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.
307
7. Dorla, ina. Dprh, Dgrl, < Thurisloun, Durloon 1040, Torloyn 1313,
Borlohin 1382, Thorion 1397, Torion 1327, 1487, Toyrlon 1398, Torloin
1397, Torle 1529, Dorlen 1538, Dorlan 1416, Dorla 1464, 1585, 1747.
8. Elnrode, ma. Elnröord, < *Ellinrode, Eimerodt 1585, 1747, Eln¬
rode 1647.
• • • •
9. Ermetheis, ma. Armddoiso (Fritzlaer Gegend), Armoddis (Hornberger
Gegend), Ärmadüsd (Melsunger Gegend), < Ermenteus 1334, Ermen-
toys 1376, Ermetheis 1353, das Ermetheuss 1555, Ermetheus 1579,
1585, 1747.
10. Fritzlar, ma. EV\tslär, I\r§lär, F\r§lor, < Fritislare ca. 880, Frides-
lare 1040, 1126, Fritislar 943, Friteslar, Frideslar 1172/81, 1085,
Fritzlar 1369, 1463, 1482.
11. Geismar, ma. Giesmor, < Gaesmere, Oesmari , Qesmar 1238, Geis¬
mar 1511, 1586, 1747.
12. Gilsa, ma. Gelss, < * Oilsaha , Gilsa 1359, 1585, 1747.
13. Gleichen, ma. Glicsn, < Gilihha 850, ober- und nieder - Glichen
1269, inferiori Glychen 1285, Glichen 1290, 1275, 1505, Gleichen
1585, 1747.
14. Grifte, ma. Grefds, < Girophti(?), Grifethe 1074, Grifide 1123,
Griffede 1315, Grifede 1132, 1290, Griffeide 1298, Griffta 1505, 1585,
Grifte 1597.
15. Großenenglis, ma. Qroosonäyols, < in Angelgise 12. Jh. ( brev .
St. Lulli), Angilgise 1074, Angelgisen 1123, Engilgis 1196, grossen
Engelgis 1259, 1339, major Engilgis 1314, 1505, Groszen Engilis
1339, Grossen Englis 1537, 1585, 1747.
16. Gudensberg, ma. GürsnSbgrk, QürsrSbgrk, GürdSbgrk, < Wodenes-
berg 947, Gudensberg 1131, 1272, 1585, 1620, 1747, Quodensberg
1152, Wüdenesberg 1170, Wudenesberch 1154, Wodenesberch 1189,
Gudenesberc, Gudenesberge ca. 1215, Wödensberg 1226, Qodensperg
1311, Godensperch 1309, Qudinsberg, Gudinsperg 1307,1308, Quihens-
berg 1269, Gudenspergk 1534.
17. Haddamar, ma. Halmsr, < Hademare 1252, Hademor 1245, Hade-
mar 1386, 1396, Haddamar 1579, 1585, 1747.
18. Haidorf, ma. Hdaldgrf, < Halthorpe ca. 1020, Haldropf 1255, Haul-
dorf 1503, Haidorf 1253, 1255, 1260, 1410, 1585, 1747.
19. Holzhausen, ma. Hgltshüus9n, < Haieshusen 1274, Holthusen 1290,
Holzhusun 1074, ca. 1120, Holtxhausen 1585, 1649, 1747.
20. Hundshausen, ma. Hontshüusdn, < Hunoldeshuson 969, Hunoldis-
husen 1351, Huntxhusen 1480, Hunshtisen 1514, Honshusen 1522,
Hundshausen 1584, 1747.
21. Jesberg, ma. J$sbäävk, < Lensicideshusen nunc Jagsberg, Jag es-
berg 1241, Jaisberg 1277, 1281, 1315, Jespurgk 1528, Jesperg, Jesberg
1270, 1345, 1429, im 15. u. 16. Jh. Jesburg und Jesberick.
20 *
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
308
Wilhelm 8ohoof.
22. Kappel, raa. Kabdl, < Capelia 1291, Cappel 1384, 1428, 1585,
Cappell 1747.
23. Kerstenhausen, ma. QärSdanhüusan, auch KärSanhüusan , > Cristine-
husen 1044, Kyrstenhusen 1291, 1537, Kirstenhusen 1319, Oroxin-
kerstinhusin 1348, Kerstinhusen, Kerstenhusen 1314, 1348, Kersten¬
hausen 1585, 1747.
24. Kirchberg, ma. K\rbard, < Kirberg 1339, Kerperch 1515, Kirch-
berg 1285, 1344, 1378, Kerchberg 1438, Kirpurg 1505.
25. Kleinenglis, ma . Kleenäyals, minor Engelgis 1258, in minori Eng -
ligis 1292, in minori Enghelis 1291, in minori Englis 1290, Wenigen
Engilgis 1359, Wenygen Engelgys 1339, Klein Ingilgis 1270, Kleinen
Engillis 1333, Kleinen Englis 1329, Klein Engelis 1262, Engelgis
minor 1505, Klein Englis 1585, 1747.
26. Lohne, ma. Loona , < Lon 1122, 1123, Lohn 1339, Loen 1500, Lona
1579, Lohna 1585, 1747.
27. Maden, ma. Määran, < Madoha 874, Mathanon 12. Jh. (brev. St.
Lulli), Madanun 1045, Mathenun 1074, in maiori Madene 1295,
Madin 1323, 1407, Maden 1585, Maaden 1747.
28. Metze, raa. Mätsa, auch Matsa, < Metzihe 1060/84, Mezzehe 1145/59,
1219, 1233, Mexehe 1074, Metxa 1579, Metz 1585, 1747, Melxehe
1312, Mecxehe 1291, (villa) Metxe 1334, 1534.
29. Niedenstein, ma. NiiranSdien, < Nidinstein 13. Jh., Niedenstein
1343, 1366, Nydcnsteinc 1505, Neidenstein 1595, 1747.
30. Niederurff, ma. Nerarürfa, < Urpha (*Urapha) 1085, 1220, Orpha
1184, Oyiphe 1281, Hurephe, Urfe 1291, Urphe 1315, Orphe 1272,
Niddern Urff 1585, 1747.
31. Obermöllrich, ma. Ooivarmflric, auch bloß Mflric, < Obim Mel -
derich 1380, in superiori Meldenke 1234, curiam Melderiche 1288,
de Melderico 1305, Melderiche 1295, Obir Meldrich 1388, Ubeim Mel-
deiich ca. 1490, Uber Melderich 1489, Obim Meldrich 1395, Ober
Melderich 1585, 1747, Obormellerich 18. Jh.
32. Oberurff, ma. Ooivarürfa, < Obim Orphe 1318, Obern Urphe 1321,
Obern Urff 1575, 1627, 1747.
33. Obervorschütz, ma. OowarfierSitsa, auch bloß Fier Sit sa, ein Buri-
scuxze, Burischuzze, Vurescuzze 1074, Burscucede 1123, Furscuzze
1200, villa Vorsuzze, Worsuzxe 1250, in villa superiori Vorschutze
1334, superior Vorskuthe 1275, Obim Vorschutz 1357, Obdrn F\ir-
schutze 16. Jh., Forschutze 1454, Obervorschütz 1585, 1747.
34. Reptich, ma. Rqbdca, < Reptich 1747.
35. Rothelmshausen, ma. Roodälmshiiusan, Roodamshüusan, < Rut-
hclmeshusen 1308, 1309, 1321, Ruthelmishusen 1324.
36. Schiffeiborn, ma. &ifalb$n, gewöhnlich aber L(waSdeen, < Lewen¬
stein 1316, 1317, Schiffelborn 1747.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.
309
37. Schlierbach, ma. SlUorbax, < Slirbach 1245, Slyrbach 1359, Sler-
bach 1367, Schlierbach 1585, 1747.
38. Strang, ma. dä Sdrayk (mit Artikel), < der Slrangk 16. Jh., Strangk
1747. Vgl. die Waldorte Der Strang bei Sindersfeld, Breuna,
Ehlen u. a.
39. Udenborn, ma. GurdnbQn, auch QuroSbQn, < ITdenbrunnen 1040,
Udinbumen 1358, Udenbumen 1277, Odenbomen 14. Jh., Udenbomen
1365, Odenborn 1537, Udenborn 1585, 1747.
40. Ungedanken, ma. Öygodaykdn, < Ungedanken 1321, 1324.
41. Uttershausen, ma. OdsrShüusdn (OdarShüüssn Hornberger Gegend),
< Oderadeshusnn, Oderadeshusen 1074, 1131, Uhdereshusun 1108,
Uderadeshusen 1131, Ochtereshusen 1231, Utirshusin 1322, Uters-
husen 1196, 1319, 1443, 1505, Othershusen, Hotthershnsen 1221,
Uttershausen 1607, 1585, 1747.
42. Wabern, ma. Wggwsrn, < Waberen 1244, Wabim, Wabern 14. Jh.
43. Waltersbrück, ma. Walchrs brfyo, auch di WalddrSbrtgd, < Walters-
pruckin, Waltersbrucken , Waltersbrugken 1342, 1359, 1423, Walters¬
brücke 1585, 1747.
44. Wehren, ma! Wääron, < Wernhenne 1259, Werheyn, Werben 1291,
1312, 1369, Werhene 1272, Weheren 1360, Weren 1266, Wehm 1579,
1585, 1747.
45. Wenzigerode, ma. Wentsgwöord , < Wencenrode 1349, Wentxige-
roda 1738, Wenzigerode 1747.
46. Werkel, ma. Wäägdl, < Werkele, Werde 1253, 1308, Werckel(e) 1383,
1585, 1747, Werkeln 1361.
47. Wichdorf, ma. Wöcdqrf, < Wighthorph, Wichthorf 1074, Wichtorp
1328, Wiehtorpe 1234, Wichtorf 1350, Wychdorff, Wichdorf 1437,
1213, Weichdorf 1579, 1585, 1747, Wickstorff 1530.
48. Zennern, ma. Tsänd{r)n, < in superiori Cenre 1279, Hydern Cenre
1376, in Cenre infenori, in Cenre 1298, Czenner 1527, Zchenre 1429,
Zender 1537, Ober Zenner 1505, Zendem 1585, 1747.
49. Zimmersrode, ma. TsemdrSröord, < Ziemansrode 1307, Zymans-
rodde 1310, de Zimansrode 1312, Tzymisrade 1394, Ziimmersroda 1585,
1747.
50. Zwesten, ma. Tswäsddn, < Tu westenTivesten 1425, Twiste 1325,
Tioisten 1585, 1747, Zwesten 1647.
Der Kreis Kirchhain.
1. Albshausen, ma. Albtshäusd, < Aldeboldishusen 1374, Alboldes-
husen 1283, 1388, Albolczhusen 1388, Albulshusen 13. Jh., Albuts-
husen 1336, Albatshusen 1310. Albshusen ca. 1500, 1570, Albtshausen
1577, Albshausen 1747.
1 Dronke, Codex diplomaticus 1, 39.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
310
Wilhelm Schoof.
2. Allendorf 1 , ma. Aandgrf, < villa Berinscoxo 782, Bereskyex o. J.,
Beriscixa 12. Jh., Aldindorf in dem Berschiessen 1410, Aldendorf
Berschissin 1472, Aldendorf in den Berschissen 1488, Aldendorf im
Berschyssen 1511, Allendorf im Bärschiessen, Allendorf im Bern¬
schuss 1577, 1747.
*
3. Amöneburg, ma. Oommbgrk, < Amanaburch, Hamanaburch 722,
Amneburch 1235, Ameneburyh 1276, Ameneburg 1268, 1266, 1289,
1343, 1427, 1562, ca. 1760, Ameneburc 1244, Amenburch 1244, Aniel-
burg 1205, 1458, 14. Jh., Omelburg 1325, Omenburg 1515, Amaene-
burgk 1564.
4. Anzefahr, ma. Antsofädv, < Anxenvar 1259, Ancxenfar 1364, Ancin-
var, Anxinvar 1256, 1277, Antxenfare ca. 1500, Anxenfare 1254.
5. Burgholz, ma. Borkh$lts, < Borgholcx 14. Jh., Borghoilcxe 1401,
1406, Borgkholtx 1571, Burckholtx 1577, Burgholz 1778.
6. Emsdorf, ma. Eemsdgrf\ < Enisdorf 1358, 1681, Empsdorff ca. 1500.
• •
7. Erfurtshausen, ma. Arwdtshdusd, < Erfrateshusen ca. 920, Eren-
frideshusen 1276, Erenfershusen 1266, Erferts-, Ervershusen 1260,
1368, Erfirs-, Erfershusen 1411, 1431, Erfurdishusen ca. 1455, Er¬
ft" tshausen 18. Jh.
8. Erksdorf, ma. Ärksdqrf, < Erkeirsdorff 1366, Erkirsdorff 1369,
Erkersdorf 1270, Erpdorff ca. 1500, Erxdorf 1747, Erksdorf 1778.
9. Ernsthausen, ma. Ernsdhäusd, < Erneshnsen 1303, 1312, Erens-
husin 1324, Ernshusen 1374, Erntxkusen 1502, Ernsthusen ca. 1500,
Ernsthnsen 1577, 1747, 1778.
10. Gemünden, ma. Oomins, < Munden 1265, 1266, Oemunden 1361,
1372, 1448, Oemunden an der Ware 1378, Qemünden 1227, 1253,
1434, 1570, 1747, Ohemundin 1260.
11. Großseelheim, ma. Oroosscehm, auch bloß Seeldm, wenn Verwechs¬
lung ausgeschlossen ist, < Scleheim 722, Seliheim 920, ca. 1046,
villa Kyrchselhem 1292, in utroque Seihern 1296, Seilheym ca. 1500,
Grossen Sehlheim 1577, 1747, Gvossenseelheem 1778, Scelheim 1335.
12. Halsdorf, ma. Hälsdprf < Hadeboldestorff 1390. Hadeboldisdorff 1370,
Hadeboldistorf 1360, Iledeboldistorff ca. 1360, Habelsdorf ca 1500,
Hadilsdorff 1400, Hadilinstorf 1395, Haudilstorf 1400, Hatlsslorff
1502, Halsdorf 1541, 1577, 1747, 1778.
13. Hatzbach, ma. Hdtsbax, < Hattisbach ca. 1360, Halxbach ca. 1500,
1577, 1747, 1778.
14. Hertingshausen, ma. Hädiyshduso, < Hertingishusen, Hertingen-
husen 1329, 1374, Hertingshausen 1580, 1747, 1778, Hetgeshauseu
18. Jh., Hettingshusen 1392, Hettingishusen ca. 1500.
‘ Zum Unterschied von noch andern gleichnamigen Ortschaften (außer drei
Wüstungen), z.B. Allendorf a.d. Werra, Allendorf a.d.Landsburg, Allendorf in derWüste,
wird es Allendorf im Bäreuscliuß oder auch Katholisch Allendorf genannt
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 311
15. Himmelsberg, ma. H{malsbärc, < Himclsberc 1280, xu Hymmels-
perge 1388, Himelsberg 1571, Hymmelsberge ca. 1500.
16. Holzhausen 1 , ma. RguSholtshdusd, < Holxhusen 1251, Holtxhusen
1366, ca. 1500, Holtxhusen vom dem Schyneberg, H. by dem Schene-
berg 1374, 1380.
17. Joßbach, ma. J$sbax, < Jaxbach 1196, 1280, Jaspach 1364, Jospach
1358, Josbach 1522, ca. 1500.
18. Kirchhain, ma. Ktrchaa, < Werplchen 1146, villa que Kirchhain
nuncupatur, quondam auiem Werflo 1244, Kirchagin 1270, Chirchan
1294, Kircheyn 1295, Kirhen 1260, Kyrchain 1306, Kirchhayn 1747,
Kirchhain 1344 u. ö., cxu deine Kirchayn 1370.
19. Kleinseelheim, ma. Kleesdelsm, auch wohl nur Seelom, wenn Irrtum
ausgeschlossen ist, < Nidem Selheim 1350, Niedern oder Wenigen
Selheim 1358, Wenigen Selheim 1341, xu Cleynen Selheym 1478,
Kleinseelheim 1512. Seilheym ca. 1500, Klein Sehlheim 1577, 1747.
20. Langendorf, ma. Ldyddyrf, < Langendorff 1367, Langendorf 1334,
1577, 1747.
21. Langenstein, raa. Laarpsdte, < Langenstein 1256, 1269, 1571 u. ö.
22. Mardorf, ma. Määdqrf, < Marachdorf (Arnold 375), Martdorf 1236,
Martorff 1233, 1393, ca. 1500, Marcdorf 1234, 1343, Mardorf 1265.
23. Momberg, ma. Mömbääsk, auch Mömsrc *, < Mumenberc 1231,
Mumenberg 1360, 1372, Momberg 1253, Mummenberg ca. 1500, Mom-
merg ca. 1762.
24. Niederklein, ma. Ndrorklee, < Olcne ca. 920, 1318, 1369, Oleine
1280, Niedemglen 1417, Niedergleina 1590, Nieder Olein ca. 1762.
25. Niederwald, Nerdrwa&ld, < Niederenwalt 1268, villa Nyderwalde '
1243, Niederivalde 1262, cxu deine Niddernualde 1370 Nid er Waldt
1571, Nyderwalde ca. 1500, Niddern Wallen 1577, 1747, Niederwald
1778.
26. Neustadt 8 , ma. NaiSdad, < Nuwcnstat 1348, ca. 1500, Neustadt 1490,
Neuenstadt 1487.
27. Rauschenberg, ma. RpiSsburk, auch R^iSdbäävk, < Ruschenberg
1219, Ruskinberg, Rusckinberg 1270, Ruschinberg 1275, Ruschimberg
1318, Russinberq 1335, Rusqensberq 1276, Ruschemberq 1287, Rauschen¬
berg 1338, 1577, 1747 u. ö.
28. Roßdorf, ma. Rusd^rf, < Rastoif 1255, Rorstorf 1260, Rosdorf 1260,
1276, Obern Rustorp 1349, Obern Roixdorf 1335, Abernroixdorf 1335,
1 Zum Unterschied von andern Ortschaften gleichen Namens (außer vier Wüstungen),
z. B. Holzhausen im Loch, Holzhausen am Streichenberg, wird dieser Ort Rauisch Holz¬
hausen oder Rauschholzhauson genannt nach der Adelsfamilie derer von Rau zu Holz¬
hausen. Früher hieß es H vor dem Schyneberg.
* Pfister, Chatt. Stammeskunde 108 kennt es noch mit Artikel: noh der Mumm'crg.
1 Pfister a a. 0. kennt es mit Artikel: us der Neishtod, vf di Neishtod , auch als
Diminutiv 'a Naüdädco kommt es vor, z. B. of’s Naüdädco foorm .
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
312
Wilhelm Schoof.
Grosses Rosdorf 1499, in majori Rostorpf 1308, Qrosen Rosdorff
ca. 1500.
29. Schiffelbach, ma. Sifalbax, < Schauffelbach 1549, Scheffelbach
1619, Schiffelbach 1555, 1747. Nach Landau, Ritterburgen I, 1137,
Anm. 2 hieß das Dorf früher Löwenstein (ma. Lewdsdee), wie auch
Schiffeiborn im Kr. Fritzlar, so noch 1569.
30. Schönbach, ma. Sinbax, < Schoninbach ca. 1295, Schonerbach 1256,
Schonenbach 1261, Sconenbach 1270, Schönenbach 1577, 1747, Schöne¬
bach 1778.
31. Schwabendorf 1 , ma. di Swoowo, > auf der Schwabe, die Schwabe
1687, Schwabendorf 1747, Schwabendorf oder auf der Schwöb 1778.
32. Schweinsberg, ma. Swdensbork, < Sueinsberg ca. 1220, Suenislerg
1250, Swetisberg 1264, 1314, Swensperg 1390, Suines-, Suensberg,
Suinesburg (Engelhard, Erdbeschr. Hess. Lande), Schweinsberg 1315,
1747, 1778.
33. Sindersfeld, ma. SonorSfäh, < Sindelatsfeld 1255, Sindelasfelt 1241,
Symmcrsfeld 1500. .
34. Speckswinkel, ma. Sbäkswtykol, < Speckiswynkil ca. 1360, Spex-
winckel 1493, Specksimnckel 1502, Speckswinckell 1747.
35. Stausebach, ma. SdQusobax, < Sluxenbach 1279, Stusxenbaig, Stusin-
bach 1294, Stausscnbach 1571, Slussenbach ca. 1500.
36. Wohra, ma. Wooro, < Wara 1334, ca. 1500, Waraha 12. Jh. (brev.
St. Lulli), Ware 1272, Wora 1502, Wohra 1570, 1577,1747, Wohre 1778.
37. Wolferode, ma. Wolforöore, < Wulfferode 1381, Welferoda 1359,
Welferode 1502, Wolferode 1382, Wolffenrade 1478, Wolffenrhoda
1570, Wolffenrodt 1577, 1747, Wolfenrode 1778.
38. Wolfskaute, ma. uf dar Wölfskgudo, < Wolfskaute 1747, 1778; 1699
als französische Kolonie begründet
Der Kreis Marburg.
1. Allna, ma. An, < Allanaha, Alnaha 1254, Alnahe 1291, 1302, 1306,
1505, 1352, Alna 1380, 1398, Ayln 1586, Ahln 1577, 1582, 1747.
*
2. Altanvers, ma. AahferS, < Altenversse 1502, Altenverssa 1572,
Aldenverse 1505, Alten Vers 1747.
*
3. Amönau, ma. Oomonaa, < Amnouwa ca. 1200, Amenauwe 1287,
Ammenowe 1331, Amenowe 1234, Amenaw inferior u. superior 1505,
Amenauw 1502, Omenawe 1574, Amenawe 1577, 1747, Amenau 18. Jh.
4. Arg enstein, raa. AorjoSdde, < Argenstein 1725, 1747.
5. Bauerbach, ma. Baüorbax, < Burbach 1288, 1248, 1250, 1263
1270, 1311, Burebach 1260, Burebhac 1305, Buerbach 1505, Baur-
bach 1571.
1 In der Nähe das Wirtshaus an der Schwab. »Er ist von Schwabendorf«: hä es
v w
foo dar Suooica , »Er ist in Schwabendorf gewesen«: hä es of dar Swooics gatcääsd.
V igitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.
313
6. Bellnhausen, ma. Bqnhdusd, < Badelingehusen 1316, 1319, 1312,
Badelogehusen 1308, xu Beinhusen uff der Logic 1467, Beinhausen,
Bellnhausen 1505, 1572.
7. Beltershausen, ma. BäldsrShdusd, < Beltershusen 1313, 1251, 1248,
Beltirshusin 1343, Belttershausen 1571, ca. 1600, 1747.
*
8. Berndsdorf, ma. Bärnsdorf, < Bemistorf 1361, Bemsdorff 1571,
1505, 1592, Bemsdorf 1577, 1747. ^
9. Betziesdorf, ma. Bärtsjdsdqrf Bä[r)tsd$rf < Bezxekendorf 1280,
Bezxechindorf 1282, Betxichindorf 1335, Betxigendorff 1334, Becxigin-
dorff 1395, Bechichendorf 1292, Betxgensdorf 1489, Belxgesdorff ca.
1500, 1592, ca. 1600, Betxigsdorf 1571, 1587, Betzendorf 1500, Betz¬
dorf 1577, 1747.
10. Bortshausen, ma. BgUhdusd, < Borkeshusin 1343, Brodehusen
ca. 1500, Bortshausen 1571, Bortthausen 1577, 1747.
11. Bracht 1 , ma. Brä&xd, < Brathfa 1265, Brachtfe 1334, Brahtfe ca.
1248, Bratfe 1280, 1302, Brachte ca. 1500, Bracht 1577, 1747.
12. Brungershausen, ma. BrdysrShdusd , < Brungoxishusen 1265,
Brungoxhusen 1235, Bmngelshusen 1269, Brungershusen 1270, 1281,
1290, Brungirshusen ca. 1500, Brungerhusin 1283, Brengershusen
1515, Brommershusen 1577, 1747.
13. Bürgeln*, ma. Birjdl, < xe den burgilun, in Byrgelin 1334, Byrgeln
1351, Birgiln 1388, Birgeln 1434, 1577, Birgele ca. 1500, Byrgele
1334, Bürgeln 1747.
14. Caldern, ma. Kaalsm, < Calantra (Arnold 123), Kalderen, Kaldem,
Calderen, Caldre 13. Jh., Kallei-n, Callern 1502, 1592, Kaldirn ca. 1500.
15. Cappel, ma. Kabsl, < Capela 1137/40, 1284, Capelia 1232, 1248,
Koppele 1341, Capple 1235, Cappel 1577, Cappell 1747.
16. Cölbe, ma. Kelwa, < Oulbe 1271, Culbe 1334, Kulbe 1318, Colb
1516, Kolbe ca. 1500, Köelbe 1571, Colb ca. 1600, Kölb 1577, 1747.
17. Cyriaxweimar, ma. Tsiljatswdimor, < [in villa] Wymere 8. Cyriaci
1320, [hof xu] s Cyliacus Wymar 1344, Oiriaci Wimare 1374, Wymar
Oiriaci ca. 1500, Ciriaxweimar 1577, 1747, Cyriakirsunmer 1306.
18. Dagobertshausen, ma. Dääu&rtshduso 3 , < *Dagobrahtishusun,
Deibratishusin 1273, Debrachtishusin 1374, Debratshusin 1234, Da-
brachtisheusin 1355, Dabretshusen 1260, Daberxhtisen 1540, Bauwerx¬
hausen 1534, Dabortzhansen 1592. Daubertshausen 1562, 1550, De-
birtshusen' 1374, Teberlxhusen 1389, Bebertshauscn 1572, Daberts-
hausen 1577, 1747.
1 Flurbezeichnnng: Zu Altenbracht.
* 1419 wird dort eine Burg Birgeln genannt (Engelhard, Erdbeschreib.).
* Wenn Engelhard (Erdbeschreibung der Hess. Lande 1. u. 2, Kassel 1778) sagt,
daß der Ort in der Gegend Tabeishausen genannt würde, so verwechselt er das mit dem
gleichnamigen Dorfe im Kreise Melsungen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
314
Wilhelm Schoof.
19. Damm, ma. Dam, < Zu Thammo 1271, Damme, Tamme 1320, 1338,
1325, 1376, Dampme 1365, Thamme 1271, 1502, Thamm 1572, Dam
1577, 1747.
20. Dilschhausen, ma. DilShdusd, < superior Dylshusen 1285, Dyles¬
husen 1374, Tyleshusen, Tylshuseh 1372, Obern Dielshusen 1443, im
obern dorf Thielsshussen 1527, Dielshusen ca. 1500, Dilshausen 1592,
Dielshausen 1577, Dilschausen 1747, Dilschhausen 1778.
21. Dreihausen, ma. Draihdusd, < Husin 1270, curia in Eusin, villa
Husen 1278, 1326, Obernhusin, Nidemhusin 1374, Husen, Neddern-
husen 1467, Obern-, Mittel-, Nidemhausen 1570, Obern-, Mitteln-,
Nidderhausen 1577, 1747, Ober-, Mittel-, Unterhausen 1778.
22. Ebsdorf, ma. Eesdqrf, < Ewilixdorf 12. Jh. (brev. St. Lulli), Ebliz-
dorf 1066, Eiblixdorf 1272, Ebihdorf, Ebelxdorf 1267, 1257, Ebinz-
dorf 1270, Ebixdorf 1289, Ebirsdorff 1451, Ebestorff 1372, Ebelsdorf,
Ebelxdorf 1279, 1257, Ebisdorf 1348, 1577, 1747, 1778.
23. Elnhausen, ma. Enhdusd, < Elinhusin 1234, 1337, Eylinhusin
1356, Einhusen 1366, Alnhusen 1406, Ailnhausen 1534, 1577, 1747,
Eylnhausen 1572, Elnhausen 1592.
24. Erbenhausen, ma. Ärwdhdusd, < Erbenhusen 1315, Erbenhausen
1570, 1577, 1747.
25. Fleckenbühl, ma. Flügabiisl, < Fleckinbohel 1339, Fleckinbuhcl
1346, Fleckenbeyl 1376, Fleckinbüle 1334, Fleckenbühl 1485, Flecken-
buheü 1577, 1747.
26. Fronhausen, ma .Froohdusa, < Fronenhusin 1108, Fronehusin 1232,
Vronhusen 1248, Froenhusen 1467, Fronhausen 1577, 1747.
27. Ginseldorf, ma. Glnsaldqrf, < 0unxellendorf 1253, Guncilndorf\
Gunxilindorf 1280, 1334, Gunxelindorf 1338, Gunxildorf ca. 1340,
Gontxelndorff ca. 1500, Gontxeldorff 1571, Göntxelndorff, Gönseidorf
ca. 1500, Gintxelndorf 1609, Qüntxclndorf 1631.
.28. Gisselberg, ma. Glsdlbprk, < Goisxilberg ca. 1400, Gosselberg 1435,
Goisselberg 1459, Gusseiberg 1594, Goesselberg 1572, 1577, 1747,
Goselberg ca. 1500, Qiesselberg 1778.
29. Goßfelden, ma. Gusfdh, < Goxvelde 1263, 1309, Gosfeldin 1374,
Qoxfelden 1259, Gossfelden 1486, 1778, Goisfelden 1570, Qosfeldcn
ca. 1500, 1747.
30. Hof Görzhausen, ma. Qirtsh$isar höop, < Gerbrachtishusin, Ger-
brachtxhusin ca. 1360, Qirbrechtshausen 1402, Girtxhusen ca. 1500,
Giertshauseyi 1577, Görtxhausen 1747, 1778.
31. Göttingen, ma Gld[y9, < Gyttingcn 1315, Gittingen 1354, ca. 1500,
Gottingen 1570, Güttingen 1577, 1747, 1778.
32. Hachborn 1 , ma. Haxbön, < Havecheburnen 1189, ca. 1225, Habechc-
bumen 1251, Habeghebumin 1269, Habichebumin 1293, Habeche-
1 Interessant ist, daß sich 1359 infolge falscher Etymologie auch die Schreibung
Hohenburg findet (Engelhard, a. a. 0.).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.
315
btime 1215, 1224, Habchenburrien 1210, 1251, Habchenbome 1337,
Hagebumin 1279, Hucheburnen 1335, Hakebumen 1252, Hauckebron
14. Jh., Hachenbomen 1255, Hachebome 14., 15. Jh., Hachisbume,
Hachesbome 1289, Hachborn 1570, 1625, 1747, 1778.
33. Haddamshausen, ma. Härmtshduss, < Hadmüdishusin 1323, Hade-
mevshusen 1357, Haddamshausen 1446, Hademeshusen 1277, Hadampts-
hausen ca. 1500, 1577, 1747, Hademshausen 1778.
34. Hassen hausen, ma. Hässhduss, < Hozenhusen 1271, Hosenhusen
1370, Hossenhausen 1570, 1577, 1747, Hessenhusen ca. 1500.
35. Hermershausen, ma. HärmsrShduss, < Hermirshusin 1335, Her¬
meishusen 1357, 1368, 1499, Hermeshusen 1315, Hermershausen
1577, 1747, 1778.
36. Heskem, ma Häsksm, Häskam, < Heistingenheim (Arnold 388),
Heistencheim 1199, Heistinceim 1260, Hestingkeim 1265, Hestenchein
1251, 1189, Hestenkem 1440, Hestigkheim 1570, Heistehain ca 1500,
Heissigheim 1613, Hessigkem 1683, Heistickum 1577, Heskem 1747,
Hesskam 1778.
37. Holzhausen, ma. Hpllshduss \m tyz 1 , < villa Holzhusen 1323,
Hultxhusen 1502, Holtzhausen 1572, 1747.
38. Ilschhausen, ma. JlSduss, < * Ulrichshusen (?), Oylshusen 1500,
Ölsshausen 1570, llshausen 1577, 1747, Ilschhausen i778.
39. Kehna, ma. Kee, < *Kinaha, Kene 1250, ca. 1500, Kehn 1592,
Kiehn 1577, 1747, Kehna 1778.
40. Kernbach, ma. Kärnbax, < Keurenbach 1282, Kerenbach 1317, 1324,
Kembach 1270, 1577, 1747, 1778, Kermbach ca 1500.
41. Kirchvers, ma. K\rcßrS, < Verse 1298, Fersen 1592, Vers 1572,
Kirchfersse 1502, Kirchfersa 1577, Kirchvers 1747, Kirchfars 1778.
42. Leidenhofen, ma. Leershöowo, < Lindenhovon 1057, Ludenhoben,
Lutenhaben 1357, Laudinhabin 1434, Laudenhoeben 1467, Ludenhove
1251, Leydenhofen ca. 1500, Leidenhoffen 1570,1747, Leidenhofen 1778.
43. Lohra, ma. Looor, < Lare 1259, 1291, 1467, ca. 1500, Lohr 1577,
1747, 1778, Loer ca. 1500, 1518, Lahr 1572.
44. Marbach, ma. Mäfisrbax, < Marebahles 824, Marpach 1272, 1577,
1747, Martpach 1280, Marbach 1778.
45. Marburg, ma. Mädrbic, auch Mddbsrc, Mdbgrc, < Martburg(ensis)
1194, Martburc 1234, Marpurch 1232, 1231, Marburc 1234, Marburg
1216, 1417, 1503, 1517, 1747.
46. Mellnau, ma. MqU, < Elenhoc, Elenhoch, Elinhoug, Elenhoig,
Elenhonge, Elnhoig, Melenhog 13., 14. Jh., Zu Elinhoyge 1344, Zu
Elinhoch 1478, Elenhaug 1348, Melnhauw, Melnaw 15. Jh., Melnau
1502, 1778, Melnaice 1577, 1747.
1 Liegt in eiuer Muldo bei Frohnhausen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
316
Wilhelm Schoof.
47. Michelbach, ma. Mjcalbax, < Michilbach 1431, Michelbach ca. 1500,
1577, 1747, 1778.
48. Moischt, ma. MiSd, < Müschede 1252, 1281, ca. 1500, Muskede
1271, Muxhede 1308, Moschede 1281, Moschte 1502, Moischtt 1570,
Müscht 1577, 1747, Moscht 1778.
49. Münchhausen, ma. M\ncdusa, < Münichüsyn 1355, Monichhusen
1550, MSnchusen 1445, Monchhusen ca. 1500, Minechehusen , Monche-
husen (Engelhard, a. a. 0.), Münchhausen 1577, 1747, 1778.
50. Nanzhausen, ma. Naantshdusa, < Landolfishusin (?) 1343, Nan-
dilsusen 1374, Nandultxhusen 1375, Nandolshusin ca. 1400, Nandels-
husen 1379, Nancxhusen 1502, Nantxhausen 1572, 1577, 1747, 1778.
51. Nesselbrunn, ma. Näsalbyn, < Nesselbraen 1491, Nesselbronn ca.
1500, Nesselbrunn 1577, 1747, 1778.
/ O *
52. Niederasphe, ma. Nerarädsa, auch eysrSda Aäsd, < Asfo 1107,
1128, Asfe 1302, 1254, Aspha 1283, Aysphe 1301, Asphe 1307, 1253,
ca. 1500, 1502, Niedern Asphe 1300, 1362, Nedern Asphe 1503, villa
Asphe inferior 1287, Niddei-n Aisphe 1574, Niddern Asphe 1577,
1747, 1778.
53. Niederwalgern 1 , ma Nerorwdljarn, < Walanger, Walangere, Wa~
lahang[r]ere marca (Arnold 135), Walngem ca 1200, Nydermvalgem
1381, in inferiori Walgern 1390, Nederwalgcm 1502, Niederwalgern
1553, 1592, 1778, Nidderwalgern 1577, 1747.
54. Niederwetter, ma. Nerorwädsr, < Niedern Wethere 1280, Nideren-
wettere 1252, Nieder Wetthere 1314, Nedeiwetler 1502, Wetter inferior
ca. 1500, Niederwetter 1577, 1747, 1778.
55. Nied er weimar, ma. Nerarwdimsr, < Niderwimere 1320, Nedir-
wymar 14. Jh., Niddemweimar 1592, Wymar inferius ca. 1500,
Nidder Weymar 1577, 1747, Niederweimar 1778.
56. Nordeck, ma. N$däk, < Nordecken 1252, Northcke 1261, Nordechin
1263, Nordecken 1577, 1747, Nordeck 1570, 1778.
oe o *
57. Oberasphe, ma. ewar§d(d) Aäsd, auch oowarn Aäsa, < Hasfe 1337,
xu Obernasfe 1339, Asphe superior ca. 1500, Obertiasphe 1577.
58. Oberndorf*, ma. Öowarndqrf, < Obern Amenau 1292, Obern Ame-
nauwe 1428, Obim Amenauwe 1374, [in duabis villis que ] Amenowe
[; nuncupantur ] 1234, Obern Amenau jetzt Obertidorf gen. 1571, Obern¬
dorf f 1502, 1577, 1747, 1778.
59. Oberrosphe, ma ewarsdRöosd, gesprochen cw&r sdröosd, wohl mit An¬
lehnung an Sdroosa (Straße), < Rosaffa [et Rosaha] Arnold 98, summa,
media et infitna Rosfo 8 ca. 1200, Rosphe 1355, Oberste Rohse 1502,
1 In Urkunden auch Roden Walgern 1302, 1415, Rodimcalgem 1358 genannt
* Um 1400 heißt es Amenauicc , unterschieden von Kydim Amenaxuce.
8 Das oberste jetzt wüst, 1283 noch Mittel Rosfa , ca. 15 1 .0 Rosphe media , mittelste
Rosphe 1421, 1489.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.
317
Oberroisse 1570, (xu) Oberste Roisphe 1590, Oberst Rossphe 1577,
1747, Ober Rosphe 1778.
60. Oberwalgern, raa. Ootoarwdljam, < Walgeren 1302,1309, insuperiori
Walgeren 1258, 1298, Obirwalgem 1321, Obberwalgern 1502, Ober-
walger ca. 1600, Oberwalgern 1577, 1747, 1778.
61. Oberweimar, raa. Oowarwdimar, < Wirnere 1227, superior Wim er e
1277, 1300, Oberwimere 1313, Mertinswymer 1319, Wymar Martini
ca. 1500, Merlin es wi/ mar 1372, 1374, Obemwumar 1441, Oberweimar
1577, 1747, 1778.
62. Ockershausen, ma. ÄgaSdusa, < Okerhnsin 1234, Ockerhusen 1272,
Ockershausen ca. 1540, 1577, 1747, 1778.
63. Reddehausen, ma. Rqrahausa, < Redinhusen 13. Jh., Rcydenhusen
ca. 1500, Reidenhusen 1295, Reidenhausen 1577, 1747, Reddenhausen,
Redenhaussen 1571, 1592, Reddehansen 1778.
64. Reimershausen, ma. Raimaikhdusa, < Rymirshusin, Rymershusen
1320, 1393, 1502, Reymershusen 1416, 1524, Reymanishusdn 1316,
Reimershausen 1494, 1577, 1747, 1778, Reimmerszhausen 1592.
65. Rodenhausen, ma. Roorahdusa, < Rudenhusen 1256, 1364, ca. 1500,
1502, Rodenhausen 1550, ca. 1577, 1600, 1747, 1778.
66. Rollshausen, ma. Rolshdusa, < Rudilshusen, Rodilshusen 1355,
1356, Rollühusin 1263, Rulshusen, Rolshusen 1256, 1356, Rolhusen
1442, Roilhusen ca. 1500, Roltxhausen, Rolshausen 1572, 1577, 1747,
1778.
67. Ronhausen, ma. Roohdusa, < Roinhusen 1290, Ronhusin 1369,
Romhusen ca. 1500, Rohnhausen 1592, Rahnhausen 1747, Ronhausen
1577, 1778.
68. Roßberg, ma. R6sbä(ä)vk, < Rosseberg 1267, 1300, 1450, 1467,
Rosseburg ca. 1300, Rosxbergk, Rosspergk 1570, 1577, 1747, 1778.
69. Roth, raa. Reedca, < Rodtgen 1592, Rodchin 1359, xu Roede 1524,
Rodgen 1577, 1747, Roth, auch Rötchen 1778.
70. Sarnau, ma. SMna, Sädüna, < Samowe, Samowa 1282, 1287,
Sarnouwa ca. 1200, Sarnauwe , Sarnauw 1375, 1502, Samawe 1570,
1577, 1747, Sarnau 1778.
71. Hof Schlagpfütze, ma. Slä&xpitsa, < ahd. puxxa, lai puteus.
72. Schönstadt, ma. SiinSd, < Schonenstad 1369, Schonestad 1295, 1395,
Schonstadt 1534, Schönstadt 1577, 1747, 1778.
73. Schröck, ma. &r$k, < Srichkede, Schrickede, Schricke, Screckede,
Scrickede 13. 14. Jh., Schrickt 1595, Schrick 1628, Schrok, Schrekt
1570, Schröck 1578.
74.
75.
Schwarzenborn, ma. SwatsabQn, < Swarcxinbume, Swarxenburne
1395, Schwartxinbome 1371, Schwarxenbom ca. 1500, 16. 18. Jh.
Seelbach, ma. Sdelbax, < Selbach 1353, 1502, Silbach 1512, Sehl¬
bach 1577, 1747, Seelbach 1778.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
318
Wilhelm Schoof. Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.
76. Sichertshausen, ma. Si&rtshduss , < Sigehartishusen 1256, Sige-
harlhusen 1288, Sicharteshusen 1328, Sigartishusen 1335, Sygartz-
husin 1353, Sygershusen 1354, Sighertxhausen 1580, Sichertshausen
1747, 1778.
77. Simtshausen 1 (Ober-, Mittel-, Untersintshausen), ma. excsrid, insrSd
Simtshduss, auch oowsr, medsl, onsr Simtshdusa, < Symetzhusen
1366, Symeshusen 1374, Symonshusen ca. 1500, Nedem Symeshusen
1377, Nyddem Symanshu.se> 1404, Symtzhusin 1395, Ober, Mittel
Simptshausen 1747, Niddem Simshausen 1577.
78. Stedebach, ma. Sdeebax, < Stedebach 1297, 1309, 1577, Stedenbach
1592, Stettebach, Stättebach 1747, 1778.
79. Sterzhausen, ma. Sdälshdusa, < Steynartzhusen 1374, 1502, 1504,
Steynarshusen 1344, Steynershusin 1301, Stenershusen, Stenreshusen
1305, 1324, Steinritzhusen 1298, Stirtzhusen 1509, Steinertxhausen
1577, 1747, Stertzhausen 1570, Steinhartshusen ca. 1500.
80. Todenhausen, ma. Doordhdusa, < Dudinhusen 13. Jh., Dudenhusen
1349, Düdenhusen ca. 1500, Dodenhausen, Todtenhausen 1747, 1728.
81. Treisbach, ma. Dreesbax, < Tresbach 1283, 1326, Dreysbach, Dreys-
pach 1502,1507, Treispach 1577,1747, Dreispach 1300, Dreisbach 1788.
82. Unterrosphe, ma. \n9rSd Röoss, gesprochen \n»r Sdröosa, < Roisphe
1301, Roste 1333, in inferiori Roisphe 1317, Rosphe inferior ca. 1500,
Niedern Rosphe 1494, 1541, zu Niedersten Rosphe 1498, ünderste
Rosphe 1502, Underst Roisphe 1570, Underst Rosphe 1577, 1747.
83. Warzenbach* ma. Wätssbax, < Warxaha 1117, Warxebach 1279,
1335, 1415, 1421, ca. 1500, 1778, Warczebach 1502, Warcebach 1325,
Wartzbach 1577, 1747.
84. Wehrda, ma Weers, < Wirde 1355, Werde 1355, 1411, ca. 1500,
Werda 1577, 1747, Wehrda 1778.
85. Wehrshausen 8 , ma WeesrShdusd, < Werhusen 1254, 1264, ca. 1500,
Wersshausen 1577, 1747, Wehrshausen 1778.
86. Weiershausen, ma Waijsrshdusd, < Wigershüsin 1285, 1401.
87. Weipoltshausen, ma. Waibdltshduss, < Wipuldishusin, Wipoldis-
husen 1298, ca. 1500, Wipoltishusen 1302, Wippelczhusen 1502, Wi-
paldeshusen 1272, Weippoltzhausen 1572, Weipoltxhausen 1577, 1747,
Weibolodshausen 1778.
88. Weitershausen, ma. Wairsrihduso, < Wytirshusen 1331, Wyiers-
husen ca 1500, Witershusen 1260, Witerhusen 1285, Weitershausen
1586, 1577, 1747, 1778.
1 Nsch Engelhard a. a 0. war Untersimtshausen der kleinste und älteste Teil der
Dorfschaft.
* Die von Engelhard a.a.0. erwähnte Form Wanxbach paßt nicht recht hierher.
• Hierzu gehörig: eine mühle cm der Lommersbach gen. das Thammolgen (Damm¬
mühle).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Friedrich Graebisch. Proben schleeischer Gebirgsmundarten.
319
89. Wenkbach, ma. Wgykbax, < Wenkbach 1729, Wenkebach 1577,
1747, 1778.
90. Wermertshausen, ma. Wärmatshdusa, < Werenbrahieshusen (Arnold
412), Wepnbrachteshusen ca. 1500.
91. Wetter, ma. Wäddr, < Wettere, Wethere 13. Jh., Wetter 1389, 1515,
1577, Wettei • superior, Wetter inferior ca. 1500.
92. Willershausen, W\lar&hdusa, < ma. Wilrixhusin 1232, Willeres-
husen 1307, 1395, Willirshusen 1375, Wyllertshusen ca. 1500,
Wildershausen 1409, Willershausen 1572, 1747, 1778.
93. Winnen, raa. Wpma, < Winedun 12. Jh., Winden 1290, ca. 1500,
1548, 1577, 1747, Winne 1778.
94. Wittelsberg, ma. W\darsbgrk, < Withelesberg 1267, Wittilsberg 1267,
Wiethelsperg 1293, Wittelesberg 1276, Wyttilsberg 1353, Wittelsberg
1502, 1571, 1577, 1747, 1778.
95. Wolfshausen, ma. Wolfshduss, < Wolvishusen 1334,ca. 1500, Wolves-
husen 1347, Wolfeshnsen 1293, Wolshusin 1274, Wolffshausen 1577,
1747.
96. Wollmar, ma. Wolmar, < Woilmare 1441, Wolmar by Battinburg
13. Jh., Wolmar 1465, 1491, 1495, 1778.
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
Von Friedrich Graebisch.
(Fortsetzung.)
7. Die Linde zwischen Tassau und Lewin (Tassau).
_ *
Wenn man von Lewin her dort vgn ma fom Ueriin data nyfgiit.
(= nach Tassau) hinaufgeht, läßt doo let ma a klqn tkiiSnae x leykar
man Krzischney zur Linken liegen, hant liija , gn doo giit s emarfat
und nun geht es immerzu bergauf, bärgüuf b^s ma tso daar lenda
bis man zu der Linde kommt, und kemt, gn damoota foo dar lenda gg,
von hier aus geht es dann ganz doo giit s gants glaeca yv a tgst
gerade auf Tassau zu. Da ist einmal tsuu. gn doo \s amool xont\c noox-
an einem Sonntag Nachmittag ein m€l\cs gavaast, gn doo kggm a gruus
großes Gewitter gekommen. Da gavftar. doo zoen tsvee kvostan fom
kamen (gerade) zwei Schwestern
1 Krzischoey zwischen Tassau und Lewin; zum Unterschiede von Tschischney
(nordöstlich von Lewio) wird es, da diese Ortsnamen in der deutschen Mundart zusammen¬
gefallen sind, » dar kl^^na tsiiSnae « genannt.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
320
Friedrich Graebisch.
von Lewin her und traten unter der
Linde unter. Und als sie nun eine
Weile drunter steheu, ist der Blitz
in den Baum eingeschlagen und hat
die zwei Mädchen alle beide er¬
schlagen. Zum Andenken an diesen
Tag hat man ein Bild (an dem
Baume) angebracht, wo alles ver¬
merkt ist, an welchem Tage und in
welchem Jahre sich das zugetragen
hat Und die Frauenspersonen sind
auch beide auf dem Bilde aufgeraalt.
8. Jakobowitz, »die
Zwei Bauern haben einmal mit¬
einander gewettet, daß der eine
einen Zentner Quark besorgen solle,
und der andere glaubte, das sei
nicht möglich. Einer der Bauern
war aus Jakobowitz. Da ist dieser
überall herumgelaufen und hat allen
Quark zusammengekauft Seit dieser
Zeit hat Jakobowitz den Beinamen:
»Die Quarkstadt«, und wenn Leute
hingehen wollen, so sagen sie:
»Jetzt gehen wir nach Jakobowitz
in die Quarkstadt«.
leevtin koma, dt trppta onchr dar
lench ondar. pn vael za n vaeh
drondar Stiin, pn doo iis damoo^arU
dar _blets ae da baam aegaSlggn gn
hoot (d)t tsvee maadlan pla beecb
darSlggn. pn tsom ppdgyka pp da
taak hppn xd a beit (d) rnufgamaxt,
doo Stiid pls drofd, vglca taak gn
vglcas jäär, dps dpps ppsiird fs. gn
dt vaesbeider xaen aa pl» beeda qf
dam beleb uufgamoolt.
Quarkstadt« (Järker).
tsvee paoan hppn amool an v$ta
gamaxt, dps ggnar zglda n tsgntnar
kvärk baxärja, pn ebr andra dooxta,
s vcecer nee rnHjlgc. pn ehr ggna
väär foo jdkav\ts. pn doo is daar
iiwdrppl remgaya pn hod a gantsa
kvärk tsoxpma gakaaft. pn foo daar
tsaet hoot jakav\ts da nppma »da
kvärkStppt «, pn vgn da loeta vgla
hiigiin , pn doo xggn za: »etsa gii(n)
mar 1 of jakav\ts ae da kvärkStppt*.
9. Vom Büchsenspanner der Lewiner Schützengilde (Lewin ). 1 * 4
Ich bin in Lewin der (Büchsen-)
Spanner der Schützengilde; und^was
ich da zu tun habe, das muß ich
jetzt einmal ganz genau erzählen.
Erstens habe ich die viele Arbeit
des Kugelgießens; das mache ich
immer beim Schlosser Tautz, und
das geht nicht (so) ganz ohne Kosten
(ab). Der Schlosser Tautz trinkt gern
einen Korn, und weil er für die
Kohle nichts bekommt, so ist der
iic biin in Ueviin dar g\lda ür
Sppnar; pn vii dpps gamaxt veert,
dpps muuz yc cts amool käris gn
klggn dartseela.
cerStns hpp \c dii fiile ärpt met
(d)am kuu^ang\sa; pn dpps max (c
emar bgm taots-Slosar, pn dps gilt
nee gants oona kostn. 8 dar taots-
Slosar treyt gana a kcernla, gn vael
a far da koola n\St kriiet, gn doo
{s dar Sppnar Siir farpft\ct K , an
1 Bisweilen g\ mar (Sackisch).
* Muodart eines älteren Bürgers aus einer alteinheiinischen Familie.
* In der Dorfmundart koata.
4 In der Dorfmundart farpfleet.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
321
Spanner gleichsam verpflichtet, einen
halben Liter (zum besten) zu geben.
Den trinken wir ganz gemütlich mit¬
einander, und unterdessen werden
die Kugeln fertig. Mitunter reicht
auch ein halber Liter nicht, und da
gibt der Schlosser Tautz den zweiten.
Wenn die Kugeln fertig sind,
kommt das Patronenmachen. Erstens
kommt das Pulver hinein und die
Zündhütchen, nachher werden die
Kugeln gefettet und darauf werden
sie durch eine Maschine in die
Hülse hineingeklopft.
Wenn diese Arbeit getan ist,
gehe ich mit den Kästchen, mit der
Munition und mit den Büchsen ins
Schießhaus. Dort draußen angelangt,
trinken wir zuerst wieder einen
Korn; und wenn nachher der Zieler
soweit fertig ist, da wird angefangen.
Da heißt’s immer: »Du, Spanner,
mußt sehen, ob die Gewehre richtig
stehn« und: »Du feuerst z. B. aus
jedem Gewehre drei Schuß (ab)«.
Und wenn ich sehe, daß es an etwas
fehlt, da muß ich schrauben, ob
hinten oder vorn, das ist (mir) ganz
gleich, bis die Sache in Ordnung ist
Wenn ich soweit bin, dann
schießt irgend einer. Da ist wohl
manchmal (auch) ein Scherz dabei.
Wenn mitunter ein tiefer Schuß
(d. h. ein Treffer) fällt, so muß der
betreffende (Schütze) einen Liter
(Korn) zum besten geben. Den
trinken wir gemeinsam. Das wieder¬
holt sich so und so oft, bis der
Spanner nebst den Schützen etwas
bezecht sind.
1 In der Dorfmumlart dasa, das?.
5 In der Porfmundart suus.
Zeitschrift fdr Deutsche Mundarten. VII.
hglica l\tar tso gaan. dggs treyk
mar gants gamitl^c tsoxgma, gn
ondardgsn van da kuu^an fcert\c.
metondar lagt aa% a hglicar l\tar
nee, gn doo get (d)ar taofs-Slosar
a andan.
vgn da kuu^an frert\c xaen, dan
kernt s patrofimaxa. cerStns kemt s
polvar nae gn da tsenth\llan, gn
damoogar vtmn da kuugan gafgt,
gn darnoo^ar roon xa därc ana ma-
Siina ae da helxa naegaklopt.
vgn dii ärpt axuu vaet fcert\c
iis, gn doo gii c met (d)a kasilan,
met (d)ar mr^n\tsjöon gn med a
beksa aes ifyshaos. dat (djrausa 1
gggalayt, doo vcert viidar cerStns a
keernla ganeem\ct; gn vgn dan der-
noo%ar dar tsiilar axuu vaet fcert\c
iis, gn doo gilt s luus.
gn doo hggst s cmar: » duu, spg-
ner, duu mi{st xaan, gp da gavcetera
rect\c Stiin « gn: *duu morst —
tsom baeSpiil — aos jeedm gavcetera
drae sys*, gn vgn iic xaa, dgs (s)
gg ggnar klggn\koet faalt, gn doo
muux \c Sraowa, gp henda ggdar
fäma, dggx \s gants gggdal, biis
dii xaxa ae drdntfyg iis.
gn vgn iic s axuu vaet hgg,
dan Soest jeedar andra baliiuya.
gn doo hoot s halt mgncmool an
Scerts darbae. vgn mgncmool a
tiifar Sys* feit, doo muus daar ba-
trgfnda gn l\tar tsom bgsta gaan.
daar vcert ondaranandar gatroyka.
dii xaxa viidarhi{lt x\c axuu gn
axuu ofta, biis dar Spgnar metsgmd
a Setsa a besla baxofa xaen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
322
Friedrich Graebisch.
Das dauert in dieser Weise zwei
Tage. Nachher werden die Schüsse
mit der Zirkelmaschino abgemessen.
Alsdann haben wir einen erst-,
zweit- und drittbesten Schützen;
und ehe wir da aus dem Schie߬
hause fortgehen, müssen die drei
besten, der erste natürlich am
meisten, dran glauben. —
Nun will ich vom »Schweine¬
schießen« erzählen, das im Herbst
stattfindet Da wird beim (Gast¬
wirt) Yolkmer immer der sogenannte
»Schweineball« veranstaltet
Zunächst machen wir dort unser
»Schweineessen«, bei dem der Span¬
ner nicht fehlen darf. Nebenbei wird
ja natürlich auch getrunken. Darauf
fangen die Musikanten an zu spielen,
und da wird mit den anwesenden
Damen, die sich inzwischen ein¬
gefunden haben, fleißig getanzt
Während des Tanzes ist der Vor¬
stand damit beschäftigt, die nötigen
Gewinne in Fleisch und Geld aus¬
zurechnen. Danach wird eine Pause
gemacht und der König, sowie der
erste und zweite Ritter ausgerufen
und zu gleicher Zeit bekannt ge¬
macht, was die übrigen Gewinner
in Fleisch und Geld erhalten. Darauf
werden die Geldgewinne ausgezahlt,
und es wird lustig weitergetanzt
Wenn das vorüber ist — es dauert
ja manchmal bis früh —, am anderen
Tage kommt zunächst das Schönste
der ganzen Sache. Da wird bei dem
betreffenden Fleischer, der zum
Schlachten an der Reihe war, das
Fleisch unter die Gewinner verteilt.
Und währenddessen geben die besten
Gewinner immer nacheinander etwas
zum besten. Das geht so lange, bis
der Vorstand mit den Gewinnern
und mit dem Spanner bezecht ist.
dgs giid axuu färt tsvee taap.
vgn dii fgriiwar xaen, darnoo^ar
van di ${s 3 aosgatseerklt met ma-
Siina. vqn da xaxa fcert(c iis, gn
doo hgmai- an eerSta, tsveia on
dreta; gn ep mar doo aoxm
haoxa fort giin, gn doo m\sa da
eerSta draea, dar eerSta tuitiirlic
mT(m)eeeerSta drggna glggwa. —
nuu naam \j gg bem Svaen$isa
m hcerpsta. dat hoot s damoopr
bgm folktnar, miir kprcca cmar: >n
SvaenbgU.
dat hgmar eerStns onxar srne-
ndsa, vun dar §pgnar nee faoln
dcerf. naawarbae veert juu xglpst-
farUgntl(c gatroyka aax. dernoopr
faya da muuxagdnta gg gn spiiln,
gn doo veert med a gnreexndn
daaih, dii ondardgsn gakoma xaen,
flaes(c galantst.
ondar d^sn, vuu gatantst veert,
iis dar fdurstant (d)riitvar haar,
di neetija gavena ae flcg\ gn gell
aostsoreca. vgn daar axun vacd
iis, veert paoxa gamaxt, gn doo
veert (d)ar keengc, dar ecrSta gn
tsveta ijtarproklamiert, gn tsoglaecar
tsaet veert bakant gamaxt, rgs dt
iiivr{ja gavenar ae flggZ gn ggltkriija.
darnooprr van da gdtgavena oosga-
tsgglt, gn s veert losi\c vqtargatantst.
dam 00301 ', vgn dii gaSecta fgrii-
war iis — as taoart juu mgncmool
bis frii —, a andan tank (k)emt
of da eer.^t (d)gs S\nsta foo dar gantsa
xaxa. doo veert bae dam balrefnda
flggSar, daar da tsom sloxta drgg räär,
dggs flggx ondar di gavenar fartggit.
gn ondar daar tsaet gaan di bgsta
gavenar cmar ggnar 11003 m ondati
vgs tsom bgsta. dii xaxa giid axun
laya, biis dai • fddrStant med a ga-
venan gn med m Spgnar baxofa iis.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
323
10. Das unheimliche Licht (Keilendorf).
Zwischen Järker und Gellenau
sollte es immer ein (unheimliches)
Licht geben, und die Leute fürch¬
teten sich deshalb, (dort) vorbeizu-
gehen. Da hat sich ein Mann über¬
zeugt, ob es wahr ist, und ist hin¬
gegangen. Wie er hinkommt, ist
os nur ein verfaulter Baumstumpf
und kein Licht. Und nun hat er
den Leuten gesagt: »Ihr braucht
euch nicht zu fürchten, es ist nur
ein Baumstumpf!«
fomjeerkar of gflnae 1 , doo xtfJt s
a l\ct hppn emar, pn doo hppn x\c
da loetd gafärct farbaetsogim. pn
doo hoot x\c a mppn iiwartsaect, pp
s t'äär iis, pn iix a halt hiigaga.
gn vii a hiikemt, \s (s) hald a far-
faoltar Stook pn kgp l(ct. pn nuu
hood a x a loeta gaxppt: »iir drerft
\e nec fcercta, x \8 Linux a Stook!«
11. Schneitein, ein Spiel (Keilendorf).
»Schneitein« spielten wir immer,
als wir noch in die Schule gingen.
Dabei warfen wir mit Messern. Da
wurde ein Hölzchen in die Erde
geschlagen, und jeder, der mitspielte,
hatte ein Messer in der Hand und
legte einen Pfennig auf das Hölz¬
chen. Die alten Pfennige hatten
auf der einen Seite ein Bild, das
wie eine Kapelle aussah. Da wurde
dann das Messer nach dem Hölz¬
chen geworfen, und wer es traf,
hatte, wenn bei den herabfallenden
Pfennigen die Kapellenseito oben
lag, (diese Pfennige) gewonnen. Und
da wurde so lange geschneitelt, bis
alle Pfennige ausgespielt waren.
Snqtan, dpa tppt(a) miirmaxa, vii
mar noo% ae da Suula g\ya. doo
tppt mar m\t mos an Smaesa. doo
vuur a hgltsla ae da aada gaSlggn,
pn axuu fiil, vii ar tso dam Spiila
vdrn, hpta jcedar a masar ae dar
hant, pn jeedar, daar tppt an pf$n\c
of dps h^ltsln leen. di aala pfpn\ja
hpta of q$nar xaeta axuu vii an
kgpdla. pn doo vuur dan dps masar
noox dam hpltsla gaSmcsa, pn daarda
drppna trppf pn vpn of da pfpn\ja,
diida rondar fi{lda, dps kgpdla uua
väär, daar hpta gavona. pn doo vuur
axuu laija gaSnptlt, b\s da pfpnja
pla aosgaSpiilt vdm.
12. (Keilendorf).
Ich wollte beute nach Friedrichs¬
berg gehen, auf Karlsberg zu, aber
es war mir zu neblig, und da dachte
ich, es ist besser, wenn ich daheim
bleibe, ich könnte mich verirren.
iic vi{lda hoet of da looxviixa 2
giin, ov a kdlasbärk tsuu, ggioar
dar naawl Ippx mar tso xc&er, pn
doo dooxt \c, \c voar liiicar dtarhggma
blaen , \c kgnt m\c farcern.
1 Uder ov u gelnae tsuu.
' »Pie Lochwiesen«, volkstümlicher Name für die Kolonie Friedrichsberg.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
324
Friedrich Graebiscb.
13. Ein Erlebnis (Friedersdorf).
Wie ich (noch) ein kleines Mäd¬
chen war, hatten wir einmal viel
Besuch, und da reichten die Betten
nicht zu, da mußten wir uns auf
die Streu legen. Da kroch mir
auf der Streu ein Floh ins Ohr,
und ich lief wie verrückt hin und
her, bis er wieder herauskroch. Die
Mutter steckte mir Haare ins Ohr,
damit der Floh herauskommen sollte.
vH j a kfyg maed/a 1 v&ur, gn
doo hgt mar amool firl bdxtinx, gn
doo layta da bgta nee, doo nmt
mar ons of da strgga lern, gn doo
iis mar of daar ilrgga a fluug aex
äära gakroxa. gn doo Inin \c m-
gaya vii a faroktas, axuti laya bih
a viida (r) raosga/crosa iis. doo hool
mar da mi{tar hMm - nes nora ga-
Stakt, dgs da Jlnuk raoskoma :itld/.
14. Geplante Vergiftung (Friedersdorf).
Als ich von Friedersdorf hier
(nach Keilendorf) herüber zog, höre
ich, daß im Niederdorfe der (Ein¬
wohner) Burkert mit seinem Nach¬
barn verfeindet ist. Er geht nach
Reinerz und kauft ein Viertelpfund
Kaffee und Gift dazu, mischt das
Gift unter den Kaffee, nimmt die
Düte mit dem Gemisch und legt
sie (= es) dem betreffenden Nach¬
bar in die Kartoffelfurchen.
Er dachte, der Nachbar werde
sich den Kaffee kochen; die Sache
war aber dem (andern) verdächtig,
dieser gibt (also) den Kaffee dem
Wachtmeister (Gendarmen), der Gen¬
darm läßt ihn untersuchen und stellt
fest, daß Gift dabei war.
Nun wurde der Mann angeklagt,
und er bekam sechs Jahre Zucht¬
haus. Nachdem er fünf Jahre ab¬
gesessen hatte, ist er im sechsten
darin gestorben.
vH c foo friidarMrof doo riiuar
kggma, gn doo hcecer \c, dgs m niidar-
därfa dai- bärkart met sgm nokirar
biixa iis. doo giid o ov a ree-
narjs gn kqgft n fcertala kdfee gn
ge ft (djertsuu gn tyt (d)a ge ft oruhr
d kafcc meSa gn nemt (d)an di stär-
n\tsa , met (d)dm kafee gn gefla
ondarxgmd gatoon, gn leet s dan w
nokicar, met (d)aam a biixa miir.
gn leet s ae da difkafärca.
doo dooxt d, dar nokwar vcert m
dd kafee koxa; on dggs deys rttnr
daam fardqct\c met (d)am kafee gn
gei (d)a kafee m vaxmqqstar fian-
ddrma), gn dar Sanddrm v<ert (d)a
xaxa ondarxnxa loon gn fent, (d)gs
geft drena hgta.
ets vuur daar tnggn farklggt, doo
kniet a xqksjäära isoxthaos. femf
jä&ra hgt a vqk(g)amaxt, gn m xeksta
Hx a drena gaStänm.
VIII. Brzesowie, Kreis Glatz.
Die Mundart dieses Dorfes von etwa 500 Einwohnern bietet so
wesentliche Abweichungen sowohl von der unmittelbar (in Sackisch und
1 Im Lewiner Gebiet gilt neben mqqdla (Lewin, Keilendorf) auch tnaedla (Sackisch)
und inaudla (Sackisch, Järker, Tassau).
* Plural vom Sing, haar» f. (vgl. bae qqn»r haar»), in vielen Orten schon ver¬
drängt durch den Plural haar», so z. B. S. 272.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
325
Gellenau) angrenzenden westglätzischen im engeren Sinne, wie von den
ihr etwas näher stehenden Mundarten der benachbarten, aber durch
tschechische Dörfer getrennten deutsch-böhmischen Orte, daß eine frühe
inselartige Eindeutschung dieses ursprünglich slavischen Dorfes, wahr¬
scheinlich vom Adlergebirge aus, anzunehmen ist Von dem Lewiner
Gebiet ist B. physikalisch durch Ausläufer des Mensegebirges getrennt,
weshalb auch die wirtschaftlichen Beziehungen dahin bis in die neuere
Zeit gering wargn. Ein Verkehr mit den deutsch-böhmischen Orten kommt
kaum in Betracht. Weit stärker ist derjenige mit den angrenzenden
tschechischen Orten; ja, der tschechische Einfluß bedroht heute sogar
ernstlich den deutschen Charakter des Dorfes, da er im Wachsen ist. Er
wird und wurde gefördert durch verwandtschaftliche Beziehungen, be¬
sonders zu dem preußisch-tschechischen Dorfe Schlaney, durch den Zuzug
österreichischer Tschechen infolge der günstigeren wirtschaftlichen Be¬
dingungen, die ihnen Preußen bietet, sowie durch die Nähe der tschechi¬
schen Hochburg Nachod, das besonders Sonntags aufgesucht wurde, um
Kirchenbesuch und Einkäufe zu erledigen, endlich dadurch, daß die Dorf¬
schule lange Jahre eiuem Lehrer mit tschechischer Muttersprache unter¬
stand, der nachweislich alle diese Verhältnisse begünstigte. Auffallend ist
es aber, daß sogar Weinhold (Über deutsche Dialektf., S. 17) schon im
Jahre 1853 Brzesowie unter den tschechischen Orten aufführt, also zu
einer Zeit, wo der etwa schon vorhandene tschechische Einfluß bei der
damals ungleich größeren Bedeutung, welche die deutsche Sprache auch
in Tschechisch-Böhmen hatte, kaum von nachhaltiger Wirkung sein konnte.
Allerdings sind bei der Abgeschiedenheit des Ortes selbst in der nächsten
Nachbarschaft (z. B. in Sackisch) die widersprechendsten Ansichten über
ihn verbreitet, aber gerade unter den Tschechen ist Brzesowie allgemein
als deutschsprachiger Ort bekannt, und die altertümliche Mundart, sowie
die geschichtliche Entwicklung widerlegen die Annahme einer etwaigen
jüngeren, erst durch dio Schule erfolgten Eindeutschung.
Bezüglich der Mundart will ich mich hier nur auf die wichtigsten
Abweichungen beschränken und weitere Angaben ebenfalls einer ein¬
gehenderen Darstellung Vorbehalten. Mit der sogenannten oberdörfisch-
glätzischen Mundart, die sich von Mittelwalde her durch das Adlergebirge
— in einigen Lauterscheinungen — bis Gießhübel erstreckt, verbinden
sie die Diphthonge aac und pp«, ersterer für mhd. ei , gedehntes mhd. c
vor Velaren und kontrahierte mhd. üge und ege : Staaen, vaaek, raaen
(Regen), dagegen pp« für mhd. öu und kontr. mhd. age und oge: bqgem»,
xggen, gdtsggen; bei einem Teil der jüngeren Ortsbewohner sind diese
Diphthonge bereits durch ^ (wie im Niederglätz.) verdrängt. Eine
eigenartige Entwicklung, die den im Westglätz. geltenden Gesetzen ent¬
gegengesetzt ist, zeigt das glätz. p (n) und pp (tifi) vor r: mhd. a, ö,
sowie gedehnte mhd. a und n erscheinen als reines aa: jaar, aar, haart ,
raart (Wort), dementsprechend mhd. a und gekürztes «, o und bisweilen n
(für diese Wörter ist vielleicht besser auch mhd. o anzusetzen) als reines
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
326
Friedrich Graebisch.
a, mhd. o und u auch ohne Rücksicht auf die folgenden Konsonanten
als g (ce): arm,jarmärt (Jahrmarkt), ma(r)ne, gafarct, govgrn (geworden),
f$rt (fort), gqrjl. Natürlich steht a auch für mhd. äje vor r: harwd, bark.
f für mhd. o/u habe ich außerhalb Brzesowies nur in d$rt (vgl. das
Westglätz.) beobachtet; a/aa statt g/gg vor r kommt auch in einigen Orten
des Adlergebirges (Plaßnitz, Deschney), sowie im südöstlichen Kreis Glatz
(Hannsdorf, Ullersdorf) vor. In kqna, ggna, z$la (können, gönnen, sollen)
ist durch Analogieen geschlossenes e durch offenes verdrängt. I vor o,
o, u hat vielfach dunkle Aussprache wie im Tschechischen, die hier un¬
zweifelhaft dessen Einfluß zuzuschreiben ist Anlautendes pf wird f wie
in Gießhübel. Inlautendes mhd. w ist erhalten oder neu gebildet in kroovj
(Krähe), groove, bloove (unflekt groo, bloo), ähnlich in Teilen des Adler¬
gebirges. aae , gge und daraus entstandenes werden zu aaj, ggj , cej
vor tonlosem Endungs-a: aajdr (Eier), maajdr (E.-N. Meyer), galsggjj
(mhd. gexouwe, md. gezöu, in B. Webstuhl, Handwerkszeug), tfjw, m^jr,
gdtsq cya. In mehreren Wörtern steht anlautend die Fortis k, wo in den
Nachbarmundarten und meist im Schles. g gilt: k%rka (Gurke), kgkan
(gackern, albern reden, stottern), kriivs (Griebe), ki{ka (gucken) u. a.
Endlich bestehen noch mancherlei Besonderheiten in der Lautlehre,
Grammatik und im Wortschatz, die zum Teil die tschechische Nachbar¬
schaft verraten.
Von mir aufgezeichnete Texte in der Ma. von Brzesowie bieten
bisher auch die »Mitt d. Schles. Ges. f. Volksk.«, 1910, S. 223 f. und die
»Deutsche Volkskunde aus dem östlichen Böhmen«, X, S. 184 u. ff-,
XI, S. 41 u. ff.
1. Die Sprache
Wir Brzesowier vernehmen zu un¬
serem größten Erstaunen,
Daß ihr euch unserer Muttersprache
annehmen wollt.
Wir sprechen frei heraus,
Wie uns der Schnabel gewachsen.
Unsere Sprache ist einfältig und
breit,
Man kann damit nicht einmal ins
Nachbardorf ziehen;
Aber (bei uns) im Dorfe halten wir
daran fest
(Und) bleiben treu der Sprache, die
Vater und Mutter geredet.
Wir stecken ja ordentlich wie ein¬
gekeilt
von Brzesowie. 1
miir beSdexgviijr foruaama m(t inaol
gn aaza,
dgs gn iir vqlt (c onxor muprsprooci
pgnaama.
miir xggen s frae raos,
vii ons di gi{$3 gsvaksa.
dii sprooed (s aaeftl{c gn braaet,
ma kggn ddrm{t nec awool ac s
lokuvrdarf * tsiin ;
ggddr aem darfd, doo tu. mar i ons
nec naama,
blaen iroe daar Sprooed, dii f^r
gn mi{tdr gjrgt.
miir stcka jun cerntl\c vii aegakaclt
1 Von einem geborenen Brzesowier (A. Siegel) veifaßt und mir gewidmet.
* lokior, ortsdialektiseh statt tiokwar.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
327
In dem Winkel bei Böhmisch-
Tscherbeney.
Dort hört man jahrein, jahraus
Kein deutsches Wörtchen sprechen.
Dem einfältigen alten Geplapper
Wird schließlich doch Abbruch getan.
Es kommen zeitweise von drüben
(«= aus Böhmen)
Eine Schar Burschen zur Heirat
herüber,
Die gehen nicht eher davon.
Als bis sie den Mädchen das Blaue
vom Himmel geredet
Vor etlichen, noch nicht vor dreißig
Jahren
Vernahm man (hier) noch kein einziges
Wort Böhmisch (= Tschechisch);
Aber heute ist das junge Volk
Zum Teil auch schon etwas böhmisch.
Nicht allein, daß Tschechen herüber
heiraten,
Auch unsere Burschen
Bringen böhmische (Mädchen) mit
über die Grenze.
Da wäre es am besten,
Damit für unsere Nachkommen noch
erhalten bleibt
Der Kern unserer Sprache,
Daß sie ordentlich und deutlich
Mitten in ein Buch gesetzt wird.
Das junge Geschlecht, das fünfzig
Nach uns leben wird, [Jahre
Wird lesen und sprechen:
>Nein, die Alten waren (doch) ein¬
fältig und närrisch!«
ae dam v\yld ipn tymsa Seernae L
darrt heeeert ma jaarae, jaaraos
nee a veeeerila of doets gprqca aos.
daam aaeftfija aala gamaara
veert um pich dgx pp (b) runx gdtoon.
s koma tso tsaeta foo diiwa
a hefla hals tsar haergt gatsggen,
dii xaen batuuxipm gn bavi^part,
dii giin nee encfor pp,
b{s (x)d da maaedlan s bloova fom
h\ml garqt.
far qtl\ja, noox nee far draes(c jaarn,
kaae aaents\c veeeertla ma of b\ms
farnggm;
ggwar hoeta , doo {s dgs gaslqpa
tsom taael aa Son a bregkl bims,
nee gk, dgs b\m$9 haergta riiwar,
aa onxa kaltslan
brejja b\m& m\t iiwor da grountsa
gaslgpt.
doo veeeer X i(m brsta,
dgs onxa nooxkeml{ja nox vesa
da kam foo daar Sprooc.),
dgs (x)j eerntl(c pn fet
veert meta nae ae a bunx gaxglst.
dii joya, dii henilxr ons
noox fufts(c (j)aam
van laaxa qn Spreca:
• naac, dii aala ran aacfrlir gn
nars /«
2. Vom Schneebällern.-
Friiher wurde im Winter, wenn friiar vi{rda nni ventar. rqn \(c
sich der Schnee (gut) ballte, immer dar snii bolta, cmar tedic sniigabglt,
‘ Böhmisch - Tscherbeney, sö. von Brzesowic, nicht zu verwechseln mit den eben¬
falls tschechischen Orten Klein-Tsch. und Preußisch-Tsch. unweit von Kudowa.
* Die Texte Nr. 2 und 3 stammen von dem Landwirt Elias Siegel (aus dom
Efeuhause) in Brzesowie, dem ich für wertvolle mündliche und schriftliche Mitteilungen
zu ganz besonderem Danke verpflichtet bin.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
328
Friedrich Graebiscb.
tüchtig geschneebällert, oft den ofta a gantsa xont(c nooxmitfc. ga-
ganzen Sonntag Nachmittag. Ge- veenlyc van tsvee pata, gn dii triiica
wohnlich waren zwei Parteien, und ananddr hii gn haar, amool om 1
diese trieben einander hin und her. metldarfd vyrda tectgc gasniibglt.
Einst wurde beim Mitteldorfe tüchtig nee vaet darfoo ae am ceeertla hgt s
geschneebällert. Nicht weit davon an mggn, daar hgia aa spaas drgg.
in einem Häuschen (= Örtchen) war tso da jot/a vi{ld a x\c ggicar nee
ein Mann, der hatte auch Gefallen Stgla, gn doo farStakt a x\c, gn hot
daran. Zu den Jungen wollte er daam gn jgm foo ddr xaetd an tect\ja
sich aber nicht gesellen, und so i{fgavgmst. dii joya viprda damoox
versteckte er sich und bedachte dgx of da mggn if.fmgrkstfm gn g\ya
diesen und jenen von seitwärts mit ipn anoox. vii a dgs Spuurt9, far-
einem tüchtigen Schneeball. Die stakt a x\c ae s SvaenStala, rgs of
Jungen wurden dann doch auf den xaenar Soena gggabaod \s. dii tggta
Mann aufmerksam und gingen ihm ggwar , gs vgn xd s nee xeeja. dar -
nach. Wie er das merkte (== spürte), noox sliica aaenar foo dar andern
versteckte er sich ins Schweinställ- xaetd tso dam Stala, leetd dd hgspa
eben, das an seiner Scheune ange- pp pn hot so fgsta foriijlt. cldrnoor
baut ist Die (Jungen) taten aber, maxta x\c di joya vgk, gs vgn n\H
als sähen sie es nicht Dann schlich govaast veeeer, gn daar mggn mi{sta
einer von der anderen Seite zu dem layd rata gn gundo loetd biita, dgs(x)
Ställchen, legte die Haspe vor und a gk viiddr raos liisa.
verriegelte sie fest Darauf entfern¬
ten sich die Jungen, als wäre nichts
gewesen, und der Mann mußte lange
warten und gute Menschen bitten, ihn
wieder herauszulassen.
3. Vom Drachen-Kluger.
Es ist wohl schon viele Jahre * \s vifl Son on tsaetjaara, doo
her, da kam von Jarker öfters ein kggmo fom jarkor eftars a mggn
Mann durchs Dorf und ging (weiter) deere s darf gn g\yd of da noxta.
nach Nachod. Dieser Mann hieß daar mggn hiisa klun^ar. bgm tso -
Kluger. Auf dem Rückwege blieb rdkagiin bliiiv a oftd hg in Sgyka xetsa,
er oft beim Schenken sitzen, einen gn b\s tsvee taa%a. a hot x\c nee
bis zwei Tage. Er hat sich nicht baxofa, ggwar a hgtd gana a besla
betrunken, aber er hatte gern ein gaxgUgft em x\c gn hot gand dar-
bischen Gesellschaft um sich und tsaalt. of dar xaetd nprd a dar
erzählte gern. Hinterm Rücken trara-kluu^ar gahesa, ae dd aaja
wurde er der Drachenkluger genannt, deerft s frael\e niimant xggen.
ins Gesicht durfte es ihm freilich daar mggn vaar xcecer farmeejnt
niemand sagen. Dieser Mann war gn niimant rosta, vuu a dgs fiila
sehr vermögend, doch niemand
wußte, woher er das viele Geld
1 Verkürzt aus oc -f- um (auf dem). 7 Lehnwort aus der Schriftsprache.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
329
hatte; da hieß es dann, der Plienig
(= Teufel) hätte es ihm gebracht.
Mit diesem Plienig hat es eine eigene
Bewandtnis: da kommt zum Beispiel
auf eine Wirtschaft (= Ort) ein
schwarzes Hühnchen; nimmt der
Besitzer (=> Wirt) das Hühnchen
herein und gibt ihm zu fressen, so
gibt es immerzu Getreide und Geld
von sich, bis der betreffende Mensch
schließlich schon ungeheuer reich
ist; beim Tode aber soll der Plienig
schon auf die Seele warten und sie
sogleich raitnehmen.
Dieser Kluger war auch ein
verständiger Tierarzt. In dem Wirts¬
hause, wo er wieder eingekehrt war,
hatte man eine kranke Henne. Wie
Kluger hiervon hörte, sagte er, man
solle sie hereinbringen, er werde
sehen, was ihr fehle. Wie er die
Henne sah, meinte er, es soi ihr
noch zu helfen. Er ging hinaus
und holte sich aus dem Schornstein
etwas Ruß, den er auf den Tisch
schüttete. Dann holte er sich vorn
vom Wandbrett noch ein Stückchen
Butter zu dem Ruß. Während nun
Kluger nach der Butter ging, nahm
ein streichlustiger Geselle den Ruß
weg und schüttete dafür ein Häuf¬
chen Schnupftabak auf dieselbe
Stelle. Kluger untermengte darauf
die Butter mit dem Schnupftabak
und steckte sie der Henne in den
Schnabel. Dann setzte er sie beim
Ofen auf die Stange und meinte zu
den Anwesenden, sie würden nun
sehen, in kurzer Zeit werde die
Henne wieder den Kopf heben. Es
dauerte aber nicht lange, da fiel
die Henne von der Stange und war
tot Die Tischgesellschaft hat dann
wohl tüchtig gelacht, und Kluger
mußte es sich gefallen lassen.
gglt haar hgta; doo hiis(s) darnoox,
ehr plun(c hft s i{m gabrooxt. m(1
dam pliinija hot s axuu du bavant-
nt{s: doo kggma (Prät. Ind.) ov an
ciart a Svatsas h\nla; nemt (Präs.
Ind.) (d)aar reert dgs h(nla rae p n
get (Präs. Ind.) i{m tso frasa, doo
hot(d)gs h\nla emarfeert gatraaeda
gn an gqlt foon x\c gagaan , b(s
daarjeen\ja rngnS darnoox Son ipi-
gahoear raec vi{rda: bae t(-m tuuda
ggirar teeta (Prät. Opt) dar pliin\c
pp war Son of dii xiila pgsa gn neem
(Prät Opt) xa baala m\ta.
daar kiuu^ar raar an a farxlgn-
d(jar fiidoxtar. ae dam reertshaoxa,
ruu a x\c viidar hgta nfgahaaln,
hgla xa an kraijka hqna. vii dar
klmt^ar dgs haarta, xgget a, dii
xqlda xa rae brqya> a veecer xaan,
rgt ar faalt. vii a di hgna xggga,
maaent a, daar veecer noox tso halfa.
a giya naos gn hi {Id i{m aos dar
^sa a besla room , daan si(t a oa tiis.
darnoox hi(ld a ipn darfana fom
braata woog a St ekln pi{tar tso dam
room». vii da kluu^ar noox dar
pi{tar giit, hod a guudar bntudai-
dan room vfk(g)ani{ma gn darfiir
a hqfla Sm)pti{iüäak of dann aart
gaSqt. jeenar (jetr) hoi(d)arnoox dii
pi{tar m[t(d)am tumcaka ondarmyjt
gn daar hyia ae a Snggicl gaStaki.
dirnoox xgtst a xa tsom uiiva of dt
Staya gn maoenta tso da andan, cts
xelda xa xaan, ae am besla veecer
di hgna viidar a koop heeiva. s lao-
arta ggicar nee laya , doo fi{lda di
hgna foo da staya rondar gn raar
tunt, di tiiSgaxqlsgft hot darnoox
frael(c tect(e galart, gn daar must
s um ruu in gafgla loon.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
330
Friedrich G raebisch.
4. Eine Hochzeit in Schlaney.
Am Abend vor dem Hochzeits-
daan oomt far dar hinkst, gn doo
koma halt (d) a jomvfan gn da bi¬
llige kommen die Brautjungfrauen
und die (anderen) bekannten Mäd¬
chen, und die eine übergibt der
Braut einen großen Blumenstrauß
und sagt ein Gedicht auf. Da fängt
die Braut an zu weinen, da es der
letzte Tag ihrer Freiheit ist.
Ajn Hochzeitstage kommt schon
am frühen Morgen der Bräutigam
die Braut zur Kirche abholen. Die
(Braut) ist (aber) noch in einer Stube
und zieht sich an. Da bringen die
Junggesellen dem Bräutigam oine
aus alten Lumpen gefertigte Puppe
(= Magd) und sagen: »Da hast Du
die Braut!«, und er antwortet: »Das
ist nicht die Braut; ich will die
richtige haben!« Der Puppe aber
gibt er einen Fußtritt, daß sie bis
auf den Misthaufen fliegt, und die
anderen (Burschen) lachen ihn fort¬
während aus.
Schließlich kommt doch die rich¬
tige Braut, und (auch) der Hoch¬
zeitsordner kommt und führt sie in
die Stube. Dann kommen die beiden
Eltern des Brautpaares und dieses
kniet hin und empfängt von ihnen
den elterlichen Segen. Dann hält
der Ordner eine Ansprache, ebenso
die Eltern, und das Brautpaar weint.
Darauf geht es zur Kirche, woran
alle Hochzeitsgäste teilnehmen. In
der Kirche steht die »Hocbzeitsfrau --
hinter dem Brautpaar mit zwei
Myrthenkrünzchen und legt das eine
dem Bräutigam und das andere der
Braut aufs Haupt, und während der
Geistliche das Brautpaar traut,
wechselt sie die Kränze.
kanta maaedlan, gn di aaend gd(d)n
braod a gruus bgkeeta 1 gn xgged ii
gddectla. gn da braot fgrjd gg ts«
flgna, dgs(s)a a letsta taak leedij k
gn dan gm hgkst(t)aa^d baah
frii, gn doo kernt(d)ar broetijumda
braod gpht(la ae da kcerca. gn dii
{z ncog ae aaeuar Stmnca gn tut xir
ggtsiin. gn do jorjk(g)ax(la brnjn
Um broet\juma foo aala lotnpa jiu
gamaxta mggai gn gaan x um gn
xggen: »doo hosta da braot! c. gn <i
xgget: »dggx (s nee da braot; iic rel
da red (ja hggn /« gn doo get ar ar
an* hals, dgs (s)j ve.kfloect bgs w
mesthafa. gn dan tuun x n cnnr-
fccrt aoslaxa.
gn doo kernt hali(d)gx da rertija
braot, gn dar druima ketnd gn fiirt
sj ae da stuuwa. damooxt kernt foo
berda dar fggtar gn da mntar, gn
doo lcniit s brnotpaar hii, gn dii
gaan a a eldarl(ja xgrjn. gn dar
dru'.rna inaxt aaena Icecera, gn da
C Idan muxa aa aaena Icecera , gn •>“
braotpaar flgnt. damooxt giin xa
ac da kcerca, gn gla hi{kstloeta giin
mita. ae dar kcerca stiitfdjgs hukst-
niep hendar a 3 mit tsvce mcertn-
krcntslan gn Iccd anex um broet(jumi
or a koop gn aacs dar braot, gn ar
t/nar tsad. vnu xa dar gaesttija bd
troen, tnt(d)gs vacp da krentdan
rrksan.
1 Andere sprechen > pnkecta « (Dimin j)iik(lla). 1 Oder gei am.
J Glütz. gewöhnlich hendan (hinter ihnen).
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgunundarten.
331
Nach der Trauung geht es so¬
gleich ins Wirtshaus, weil zuhause
noch nicht das Essen fertig ist. Da
trinkt und tanzt man, und einer spielt
auf der Harmonika. Wenn dann zu¬
hause das Essen bereitet ist, kommt
die Frau, die das Kochen daheim
besorgt, in einem blauen Kattun¬
rock, einer blauen Schürze und
einem Kopftuch, das mitunter — als
»Platzke« — hinten geknotet ist, und
holt die Gesellschaft heim zum Essen.
Wenn der Bräutigam sie sieht, tanzt
er mit ihr drei Stücke allein.
Darauf geht es nach Hause, und
der Harmonikaspieler geht voraus
und spielt im Dorfe entlang.
Um halb eins gibt es dann Kaffee
und Kuchen. Dabei trägt der Ordner
immer (wieder) Sprüche vor und
auch manche der Mädchen sagen
Sprüche oder Wünsche. Sobald die
Tassen abgeräumt sind, kommen
dafür Teller und große Töpfe mit
Suppe auf den Tisch. Die Suppe
nimmt sich jeder selbst auf seinen
Teller, und mancher ißt zwei und
drei Teller voll. Dann wird ge¬
kochtes Fleisch aufgetragen nebst
Pflaumen und Kartoffeln und einer
Tunke — Meerrettich-, Milch- oder
Rosinentunke —, und den Hoch¬
zeitsordner werfen die jungen Mäd¬
chen und Burschen mit Zuckerzeug,
das bleibt ihm jedesmal in dem
langen Barte hängen, dann sagt er:
»Laßt mich nur jetzt essen; was ihr
(von mir) wollt, danach fragt mich
doch dann, wenn ich gegessen habe!«
Der Ordner ißt ganz unheimlich
viel; damals hat er drei gehäufte
Teller voll gegessen!
noox dar troenyk (troen\jd) giin
xe baola ae a vcertshaos , vael noox
nee s asa ddrhaaemd fcertgc \s. doo
ireyka xe dan gn tantsa xd dan, gn
dar aaena spiild of di harmgnti.
gn ren s asa fcert{c (s ddrhaaemd,
gn doo kernt halt ddrnooxt dggs vaep,
vgs(s)d ddrhaaemd korst ti{t, ae
am mgdratükalqtl 1 , ae ar bloora
scertse gn ae am t\cla ggdar ae dar
platskd om kopd gn hi{lt sd haaem
tsom asa. gn ren xd dar broet(ji(in
x\t, doo tantst a m(d er drae steklan
sggloo.
dernooxt giin xe haaem , gn daar
m\t(d)ar hscrmgiiii gilt tso faaraos
gn spiild tpn darfe rondar.
em u hglb aaes dan asa xe kdfcc
gn hgra, gn dar dri{ Ima xgged einer
spreclan haar, gn mgnca foo du
jompfan xggen aa a sprecht ggdar
a venSla haar, gn vgn xe de sggla
hggn vqk (g) dtrggen, brgya xe glue
viidar talar gn gruusa t^pa ov u tiis
m{t zopa. dii naamn xe x\c xal-
werst of de taler, gn mgnce asa
tsvee gn drae xopa. dernooxt brqyu
xa gekoxtas flaacä gn flaoma gn duka
gn an iotjke — kriintoijka ggdar
melctoykd ggdar rgxiykatoyke. on
a drtr.ma smaesa de jompfan gn
de joyk(g)ax(la m(t tsokalan, dii
blaen i(m einer ae dam laya baarte
hrya, gn daar xgget: lot m(c gk
ets asa, gn rgx er vqlt, dgs freect
m\c gk dan, ren (c geyasa hgg!«
daar dri(\ma frest axuu srekl(c fiil;
jesmool hod a drae gehafle taler
faul gef rasa!
1 Von tschocb. modrtj, blau. Das Wort ist erst durch die jüugerc Generation iu
der deutschen Mundart üblich gewordon, früher sagte man »bloovar k\tl«.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
332
Friedrich Graebisch.
Dann um drei oder halb vier
wird wieder alles abgeräumt, und
es geht wieder ins Wirtshaus oder
zum Schenken. Dort wird wieder
gespielt und getanzt
Um halb sieben geht es zum
zweiten Male nach Hause, und dort
wird nun Suppe, Schnitzel und Brot
gegessen, und der Ordner ißt wieder
mit. Dann wird abgeräumt, und es
kommen große Berge Kuchen auf
den Tisch und Branntwein und Bier.
Jetzt fängt die Gesellschaft an, laut
und lebhaft zu werden, die Mädchen
sagen wieder ihre Sprüche auf, und
der Hochzeitsordner trägt fleißig vor.
Um elf wird noch einmal Kaffee
getrunken und Kuchen gegessen.
Und um zwölf beginnt dann der
Sturm auf die Kränzchen Da jagen
die Gäste den Bräutigam und die
Braut in der Stube umher und
rufen: »Die Kränze her! Die Kränze
her!« Die Braut läuft zur Tür
hinaus und die Mädchen und die
Hochzeitsfrau alle hinter ihr her in
eine Stube, und dort schließen sie
sich ein. Da setzt sich die Braut
auf einen Schemel, und eine jede
geht immerfort um sie im Kreise
herum und nimmt ihr jedesmal eine
Stecknadel oder ein Blättchen vom
Kranze. Wenn so das Kränzchen
ganz weg ist, reißen sie sich um
den Schleier, und eine jede bekommt
ein Stück davon, und die Braut
wird gleichsam wie eine Gans ge¬
rauft. Die Mädchen ziehen (alsdann)
der Braut ein anderes Kleid an,
binden ihr ein Tuch um den Kopf
lind bringen sie darauf wieder in
die Stube.
Unterdessen ist dem Bräutigam
auch der Kranz abgerissen worden,
und man hat ihm eine Brille vor
damooxl em a draea ggdar hglp
fiira tuun xa gls viidar r(ktrggen
gn giin viidar oes vartshaos ggdar
tso Sqykan. doo tuun za viidar
Spiila gn fantsa.
gn em a hglp xiiwana (stimm)
giin xa tsom tsveta tnoola hnaem gn
asa viidar xopa gn Snetsl gn bruut
(d)artsuu, gn dar drt^ima est viidar
m\ta. dan tuun xa gproema gn
br$ya gruusa hafa ki{xa oa liü gn
brantvaen gn biir. gn etsa futja xa
gg Sp^ktdaklan tso maxa; da jompfav
xggen da Spreca viidar, gn dar drtizma
xgged emarfcerd gk Spreca.
gn em a glva tuun xa 71003 «niool
kdfee tregka gn h{xa asa.
gn em a tsvglva giit s luux eins
krgntsla. doo jggen xa a broet\jt{m
gn da brood ae dar Stuutca rem gn
sraen: »da krgntslan haar! da krgnis-
lan haar!* gn da braot Iggeft tsar
tiira naos gn dt jompfan gn dgs
hi{kstvaep gla hendar ar raos gn
laafa ae ana Stumva gn tuun x(e
d&rt tsuusl(sa. gn da braot z^tst
x\c ov a See mala, gn jeeda giid
emarfcert em xa arggd gn nemd ar
emar ana Steknoola vgk ggdar n blec-
tala fom krentsla. gn von dgs
gantsa krgntsla vqk \s, doo raesa xa
x(c em a slaear, gn jeeda hod n
stekla darfoona, gn xa raafa aen xa
gs vii ac ana ggnts. gn da jompfan
tsiin dar brood a atular klaaed gg
gn gaan ar a t(cla oa koop. dar-
nooxt brei/a xa xa viidar ae da
stuuira.
oudardrsn hggn xa i(in brocl(jion
an s krentsla rgk(g)aresa gn gaan
i{m an piela of da aa%a gn an
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
333
die Augen gesetzt und eine Laterne
in die Hand gegeben, damit er die
Braut suche.
Diese sitzt im Winkel beim Ofen.
Da geht er mit der Laterne in der
Stube herum und findet sie sitzen
und sieht ihr ins Gesicht, aber die
Braut versteckt es und will sich
nicht zu erkennen geben. Da fängt
der Ordner an: »Wenn du sie nicht
mit der Brille erkennen kannst, da
berieche sie doch einmal, ob sie es
ist!« und der Bräutigam sagt nun:
»Ja, es ist die richtige!«
Dann führt er sie hinter den
Tisch und eine Jungfrau bringt der
Braut eine Puppe, die wie ein
kleines Kind aussieht, und gibt sie
ihr in die Hände; aber die Braut
nimmt sie und wirft sie von sich,
da sie sie nicht haben will.
Darauf geht es wieder ins Wirts¬
haus zum Tanz. Und früh um sieben
geht es von da gleich zum Kaffee.
Dann geht jeder heim. Nur die
Gäste aus den anderen Dörfern legen
sich im Hochzeitshause zur Ruhe.
Nach dem Aufstehen gehen sie noch
einmal zum Schenken. Und nach¬
mittags bekommt noch ein jeder
ein Paket Kuchen, und da treten
sie dann den Heimweg an.
Und nun ist endgültig Schluß.
Die Braut bleibt dann noch ein
Vierteljahr, vier Monate und manch¬
mal noch länger bei ihren Eltern
zuhause, um sich die Ausstattung
und die Betten fertigzumachen.
Wenn sie darauf zum Gatten zieht,
kommt auf einem Rollwagen die
Ausstattung angefahren. Ganz oben
auf dem Fuder sitzt die Hochzeits-
Iqidna ae da hant: (har xol da braut
zi{xa.
qn du xetst aem uuvav\ykala.
qn doo giid a m\t(d)ar Iqhna ae
dar Stuuwa rem, on doo fent a xa
xetsa qn x\t ar ar aes gaxecta, on
dii farStqkt s qn vel x\c nee tso dar-
kqna gaan. qn dar dn^ima ft yd
qq:_»v$n da xa nee kqnst darkqim
m\t(d)ar prela, doo r\c qktsuun ar,
qp sa x (s!« qn doo xqqei(d)ar broe-
: »juu, dii \s (s) !«
doo breyd a xa hendar u tii.s.
qn aaena jompfar brqyt (d)ar braod
and toka qs vii a kendla qn get s
dar braod ae da hqnda, qn dii new/
s on smest s vek on mook s nee hoon.
* * tt « k
darnooxt giin xa viidar aes verrts-
haos tanlsa. qn em a xiimna frii
giin xa aox i{m veerlshaoxa baula
viidar kdfee treyka.
dan giin xa haaem. qn diida
aox andan dcerfan xaen , dii leen
x\c Hoofa aem hi{ksthaoxa. qn ven
xa nfStiin, giin xa viidar treyka.
qn nooxmetifis kiiija xa nox jeedar
an pake kipa, qn doo klaon xa x{<-
dan haaem.
qn daimooxt \saaman baekqstatyts. 1
da braot blaet (d)an noox baraets
a fcertljaar, für moonda qn mqnc-
mool noox tyyar bae a qldan dar-
haaema qn ma.rt x\c (oder ar) da
oo$tqti{yk fcert\e qn da b$ta. qn
darnooxt, ven xa tsoxqniatsiin, doo
kemd om rolvqqena da ao§lqti{yk ga-
faam. uua drofa gants om fundar
xetst s hi^kstvoep, on henda uni
' Kostelutz, Ort in Böhmen.
Original from
Digitized by gLC UNIVERSITY OF MICHIGAN
334
Friedrich Graebisch.
frau, und hinten am Wagen ist eine
Kuh angebunden, die zum Hoch¬
zeitsgut gehört, und diese hat am
Schwänze eine große Rose (befestigt).
Dann kommt noch ein Bretterwagen,
auf diesem befinden sich auch noch
Gegenstände, und an diesem Wagen
ist hinten ein Ziegenbock ange¬
bunden, der mit einem großen
Kranze geschmückt ist. Die Braut
ist aber immer noch zuhause und
weint und kommt erst den folgenden
Tag. Unterdessen muß die Hoch¬
zeitsfrau alles einräumen, und da
bekommt sie gutes Essen, Kaffee
und Kuchen und Branntwein, und
der Kutscher ebenfalls.
rggena \x gggabonda aaena knua, dii
xd m\tdkriict , gn dii hod Svantsa
ana grunsa rtittxa. dan kernt nooj
a braatrggen, on of daam hot s an
noox drofd, gn henda gg dam rggena
{x gggabonda a tsiijahook, daar hod
du grunsa krants. gn da braod is
noox darhaaoma gn finit gn kenid
(erst a andan taak. darraelt rnus
%
dggs hukstvaep gls aeroema , gn doo
kniet sd guudds asa, kafee gn kuxa ,
gn hrantvaen , gn dar kotfar an.
. Die Landung des Ballons »Schlesien« in Brzesowie
am 20. März 1910. (Jüngere Form der Mundart)
Gestern nacht hat sich etwas
Großes ereignet. August, Du weißt
es ja, als wir die (Palmsonntag-)
Puppe (= Magd) an dem Baum des
Schenken aufgestellt hatten, da sagte
ich doch zu Dir: »August, komm
doch mit mir, ich fürchte mich,
allein nach Hause zu gehen!« Und
Du sagtest: »Geh nur, Du wirst
Dich doch nicht fürchten, ich gehe
ja auch allein nach Hause.« Da
bin ich auch gegangen. Und wie
ich zu den Häusern der Grenzjäger
kam, glaubte ich, es ist eine Er¬
scheinung am Himmel; ich hörte,
wie da in der Höhe immerfort so
traurig gepfiffen wurde, und über
meinem Kopfe schwebte etwas, das
sah aus wie eine große Scheune;
da bin ich, so schnell ich konnte,
nach Hause gerannt. Da man mir
nicht sofort öffnete, habe ich das
Fenster eingeschlagen (und gerufen),
gestan ae dar noxt, doo (s vos
gnnisas pgsiirt. gi{sta, r^st s juv,
vii mar dt m<$d i{f ${)jka (Gen.)
bnam nfgaStglt hgtn, gn doo xqgt ic
dox fsuun dar: *gi{sta kom gk mit
mar, \c feer et m\c alegna h{cmtst(-
giin!" gn dun host gaz^ct: >gii
gkn, veerSt d(c dgx nee ftercta, (c
gii juu aa alggna hg%m .« gn doo
b(n (o halt gagaya. gn vii ic tsu
dan jtfjarhocxan kggma, doo dooxt
ic, x is ana ar§aent{yk i(m himl;
dii hggn emarfeert gafefa axtiu trao-
ric ae dar hii , dggs hgg iegahaart;
gn opric 1 mgm kopa vaar s vii ana
grunsa soena, gn \c bin galofa, rgx
ic laafa hgnda, hggm. gn vqel xa
ner hggn baala da tiira nfgamaxl,
gn doo hgg ic s fanstar tsoSleen:
1 Nebenform von uuuric, auch op\c kommt vor.
oVized by GO . glC
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundaiten.
335
sie möchten doch schnell heraus¬
kommen und sehen, was vorgeht.
Wie sie aufgewacht waren, kamen
sie doch schleunig herausgerannt
und wollten sehen, was vorging.
Ich aber konnte vorerst gar nicht
reden, und da habe ich mit der
Hand hinaufgezeigt. Da sahen sie
erst, was dort oben schwebte; aus
der Höhe aber wurde immerfort
traurig heruntergepfiffen. Da haben
dann Josef und Franz und August
und Robert — dieser konnte zu¬
nächst gar nicht sprechen, er war
ordentlich (wie) ohnmächtig — alle
zusammen laut hinaufgerufen, was
dort (eigentlich) vorgehe, und von
oben wurde zuerst herabgerufen:
;>Wo sind wir denn? Wir sind doch
in der Stadt Waldenburg?« Wir
riefen hinauf: »Nein, Sie sind(= ihr
seid) bei Kudowa in Brzesowie an
der böhmischen Grenze.« Das woll¬
ten sie zunächst gar nicht glauben,
und da riefen sie denn herab, sie
würden Seile herunterlassen, wir
sollten tüchtig ziehen und die Seile
auf keinen Fall loslassen, sonst seien
sie verloren. Wir wurden immerzu
mit emporgerissen bis an fünf Meter
hoch, im Walde wurden Bäume
ausgerissen. Da sagte der Vater,
wir sollten aufhören, wir würden
es alle mit dem Tode bezahlen
können. Wir haben aber doch fest¬
gehalten, und schließlich ließ der
Wind etwas nach; da zogen wir
tüchtig und da kam das Ding all¬
mählich langsam herunter. Wir
hatten drei Stunden angestrengt ge¬
arbeitet Wie der Ballon unten
war, sprangen die Insassen, drei
vornehme Herren, heraus, und wir
1 Nebenform von öom'ct\c.
dii xpla gk baala raoskoma gn xaan,
rggs fiirgiit. gn vH xa xaen darvakt,
doo kggma xa dgx raosgalofa, vgs (s) o
hpida, gn vnlda xaan, vgsda fiirgiit.
gn iic h{nd (erst gaar nee reedn,
gn doo hgg \c emarfeert nitfgatsaeet
m{t(d)dr hant. gn doo hggn xd eer&l
gaxaan, vgx ae dar hii \s; gn dii
hggn emarfcvrt traor(c rondargafefa.
doo hggti halt dan dar xefka gn dar
frants gn dar g?{sta gn dar roobart
— daar h{nda eerSt nee Spr^ca, daar
vaar cemtfic gants 6lmpct\c 1 — dii
hggn gla lst{xgma ni{fgaSriirn, vgs
doo fiirgiit, gn dii hggn tsi^erM
rggqaSriim: »vuu xae mar den?
miir xaen dgx ae dar Stggt raldn-
burk ?« on miir hggn ni{fgaSriim:
• npe, iir xaet bae ktfdgva i(m psee-
xgvii t{f dar b\m*a graantso .« doo
vtfida xa s rerst gaar nee gleewa,
gn doo hggn xa halt rgggasriim, dii
ran Strejja rondarloon, miir xpla
tect(c tsiin gn xela s jda nee giin
loon, xotist xaen xa farloam. gn
ons hot s emarfcert m(t ae da hii
garcsn, b(s femf meetar, aem posa
hot s bppma aosgaresa. gn dar fggtar
xppta, mar xpla s(x)aen loon, miir
vnarn s gla m\d ipm iunda batsggln
kpna. miir hggn s dgx nee giin
galoon, gn dan hot (d)ar vend a besla
Hfgahaart, doo hgmar tcet(c gatsepn,
gn doo kggrn s noo% gn noox xaxta
rondar. miir hgtn drae $ti{nda ga¬
sen t. rii s honda vaar, doo xaen
\o raosgaspropa, drae faena hrern,
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
336
Friedrich Graebisch.
mußten uns auf die große Kugel gn doo mt^sta mar ons gla i{f di
darauflegen, sonst wäre sie wieder gruusä knote dn^fleen, xonst vcear
davongeflogen. Und auf einmal er- § viiddr vqk(g)aflqqn. gn igamöol
kannten sie sich wieder: der Josef hggn xd x(c darkant: cter xqfka hol
erkannte seinen Hauptmann; und xqn haoptmggn darkant; gn dar eens
einer (der Herren) photographierte hot snql di ganisa kate fgtggrafiirV,
schnell alle die Burschen, wie sie vH za hggn i{f cter knote galqqn. gn
auf der großen Kugel lagen. Darauf dan hggn xa da gantsa xant raos-
warfen sie den ganzen Sand heraus gaSmesa — s ran glqq iiuar tsaan
— es waren wohl über zehn Zentner, tsqntnar, vaesdr i{f(v)g§zant —, gn
(und zwar) weißer Aufwaschsand - , s gantsa asa gn a vaen hggn xa tsu
und alle Eßwaren und den Wein ons ae da ktuuwa gabrooxt, gn mar
brachten sie zu uns in die Stube, hggn dan gagasa gte tsi{xgma. dii
dann haben wir alle miteinander kate ran gants basent, 8 hgt sa m\t-
geschmaust Die Burschen waren gaülgpt gn emar i{f da bqqtna ggga-
ganz beschunden, sie waren mitge- Sloedart gn tga stqqnbruu^ i{m posa.
schleift und immerwährend an die dan baalc fiii hot (d)ar scerla da
Bäume und auf den Steinbruch loftltaloon rek (g) afaarn, gn dt harn
im Walde angeschleudert worden, hggn emarfcert gaSriirn: » vaar (>'
Gleich am Morgen darauf hat Schirlo dqn onxar arqiar ?«. doo hggn ;j
( der Gastwirt) den Ballon wegge- hold ){f mite gatsaect, gn doo hggn
fahren, und die Herren fragten xa mar qlf mark(g)agaan, gn di
immerfort laut nach ihrem Erretter, andan hggn jcecter xiiiva mark(g)a-
Da wurde denn auf mich gezeigt, kriiet. gn cter xqfka \s dan m(tga-
und da gaben sie mir elf Mark, und faam m(t (d)a harn uv a xaki tsar
von den anderen hat jeder sieben bggna.
Mark bekommen. Josef hat dann
die Herren nach Sackisch zur Bahn
begleitet
IX. Das Gebiet des Mense- und Adlergebirges im Bezirk Neustadt a.JL
in Böhmen.
In diesem Gebiet, das die deutschsprachigen Gemeinden des im
übrigen tschechischen Bezirks Neustadt (Nov6 Mösto) an der Mettau um¬
faßt, hat fast jeder Ort eine andere Lautgruppierung. Die Ausläufer der
oberdörfisch-glätz. Mundart — die Langdiphthonge aaa (eine) und gga (gge)
— sind nur inselartig (wie in Brzesowie, s. o.) in Pollom und Plaßnitz
erhalten, gga wird in Gießhübel und Obersattel durch qq vertreten, während
aaa in diesen Orten bewahrt ist; in Niedersattel, Schediwie und Deschney
ist auch aaa außer vor Velaren durch qq verdrängt, das sich von Grun-
wald (Kr. Glatz) und Kaiserswalde (Kr. Habelschwerdt) her verbreitet hat.
Vor cht gilt für mhd. e in Gießhübel wie im Niederglätz. und in Brzesowie
noch Kürze (kriqct), südlich von Gießhübel wird es meist durch Dehnung
• •
1 Alter pyfwu/i irt .
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer GebirgsmuudaiteD.
337
zu aaa (knaaact). Vor Velaren und 8 geht aaa in Gießhübel fast in aa
über: naajd, flaaS. Wie in den angrenzenden preußischen Gebieten gilt
für mhd. tu allgemein oe (mit geschlossenem o), nur in halbhochdeutscher
Rede hört man durch österreichischen oder tschechischen Einfluß ae. Wie
im Westglätz (s. ö.) steht in der Gießhübler Mundart p (a) anstatt a vor r
für mhd. a/o und ä/e: grm, mgrna, fori, xgija (pl., Särge), fgrua (färben),
ngrS, bgrk. Südlich von Gießhübel gilt a: arin, mana, fat, xarja, bark.
Glätzisch pp (< ää ) vor r ist erhalten, doch erscheint in Plaßnitz, Schediwie
und Deschney inselartig aa wie in Brzesowie, aber bei Kürze nur a (wie
in Starkstadt und im stidöstl. Kreis Glatz): gavan (geworden), darc (durch).
In Deschney, Schediwie und Niedersattel tritt auch für gekürztes mhd. ü
teilweise f ein: Afsa, nördlich hasa, im südl. Adlergebirge Apsa. Mhd. a
ist vor Velaren als a, aa wie in den angrenzenden preußischen Gebieten
erhalten ( gavakt, taak), erst etwa von Kronstadt — Habelschwerdt südwärts
tritt teilweise (vgl. Pautsch, Ma. von Kieslingswalde, §§ 26 — 28) oder
vollständig Übergang in p, pp ein (gavgkt, ngxt, tggk); nur wenige Formen
(niggk, krgg^a) gehen ziemlich weit nach Norden (noch in Weckelsdorf).
In Schediwie und Deschney werden sämtliche schles. ii und uu vor r
zu geschlossenem ee und oo, selbst wo mhd. ie, iie und uo zugrunde
liegen: heeri9 (Hirse), feem (führen), gafoort (geführt), kpoora (Spur), sonst
bleiben ii und uu erhalten: tiiS, puu§\ diese Lautentwickluug ist also der
bei Habelschwerdt eingetretenen (s. o. Abschn. VI) gerade entgegengesetzt.
Vom Konsonantismus ist bemerkenswert, daß in Gießhübel anlautendes
pf wie in Brzesowie zu f geworden ist, und zwar inselartig in einem
großen Gebiet mit erhaltenem pf. Von Einzelheiten seien noch erwähnt:
hd. fragen in Plaßnitz froo^a (wie in Weckelsdorf, Starkstadt), sonst
freeja ; hd. Heu in Gießhübel und Sattel hae (wie im Westglätz.), in
Plaßnitz Appe, in Schediwie und Deschney Aff; hd. Jagd in Gießhübel
jgxt, in Plaßnitz jgget, in Sattel, Schediwie und Deschney y'ff/. Besonders
in Gießhübel zeigen sich auch manche Einflüsse der tschechischen Nach¬
barschaft
Die vorstehenden Angaben verdanke ich, soweit sie Sattel betreffen,
Herrn Oberlehrer Franz Swoboda in Sattel, im übrigen sind sie das Er¬
gebnis eigener Beobachtungen.
Von mir aufgezeichnete Texte in den Mundarten von Gießhübel,
Plaßnitz und Deschney bietet auch die »Dt Volksk. aus d. östl. Böhmen«,
Band XI. Über weitere Spracherscheinungen, die besonders für das südl.
Adlergebirge (Bez. Rokitnitz) gelten, vgl. Ed. Langer, Vorstudien zu einem
Wörterbuch der Adlergebirgsmundart (Dt. Volksk. aus d. östl. Böhmen, X,
192—229).
1. Von einem Verunglückten (Gießhübel).
Ein gewisser Stonjek fuhr einst
in den Wald nach Holze mit dem
Pferdeschlitten, (denn) es war im
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII.
o gauesar SUpjka , daar \s ae a
puuS gafäärn mjd om faara noox
holtsa m\d om sltita, om rentar
•22
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
338
Friedrioh Graebisch.
Winter. Es wurde nun Abend, und
er kam nicht nach Hause. Da
warteten die Angehörigen die ganze
Nacht, und früh gingen sie (ihn)
suchen, da fanden sie ihn unterm
Schlitten, unterm Holze tot Er
war nämlich (mit dem Wagen) um¬
gekippt und unters Holz gekommen
und von diesem erschlagen worden,
und das Pferd bat die ganze Nacht
stehen müssen. Die Stelle ist heute
noch zu sehen und hat immer noch
den Namen »bei Stonjeks Tode«,
ich weiß genau, wo sie ist.
väär S. ets vprt s oownt (oomt),
gn a kggm nee haaam. nuu, dii
hggn gavärt dt gantsd naxt, gn frii
xaen za z\ca gaya, gn doo hggn z
a gafonda ondar om §liita, ondar
om holtsa tuut. doo väär a emgaSi{t
gn väär ondar s 1 holts koma gn s
hod a dar§l$gn, gn s foart hot (d)9
gantsa naxt m\$a Stiin. dar flgk \s
hoeta noox tso xaan gn haaast hoeta
noox »bae Stgyka tuuda «, ixe vaoaz
ah^raat * s fiqkla.
2. Erinnerung an den »Leipziger Krieg«, 1813 (Gießhübel).
Die Russen kamen über Glatz, da rtfsra 8 , dii kggma iiioar gloots,
über Reinerz, bis nach Lewin, und üwar a raaanarts, biiz ov a Ueviin,
dort bekamen sie zu wenig Proviant
für das ganze Heer. Da haben sie
sich in Lewin geteilt, eine Hälfte
zog gegen Nachod und die andere
nach Gießhübel. Da hielt die Hälfte,
die nach Gießhübel rückte, am
Kutteler Graben oberhalb von Hasler
auf der Schmoranzschen Wiese
einen Rasttag. Danach setzten sie
ihren Marsch über Polom auf Do-
bruschka zu fort, und so ging es
(weiter) bis nach Leipzig. Die Ein¬
wohner von Gießhübel aber mußten
ihnen Frondienste leisten und nach
dem Roten Hübel zu Brücken
schlagen, damit sie mit den Kanonen
darüber (fahren) konnten, und diese
Brücken sind heute noch zu sehen.
gn doo kriieta za tso vygk prooßdnt
far dt gantsa armte. gn doo hggn
za z\c om leeviin galaaalt; da hqlfta
maxt (Prät) ov a noxta tsuu, gn
di andra hqlfta ov a gphiiwl. gn
doo inaxta dii hglfta, vgs(s)a ov a
gishiiwl märSiirta, dii maxta om
kutlar grggwa uuwrij om haaxlar
* —
of Smärantsa viiza maxt sa rgstaak.
gn noox dam rgstaaja faen za ixwar
a pöoloon of da döobngSka 4 tsuu, gn
ozuu g\y s of loepts^c tsuu. gn dt
g\shiiwlar loeta mt{sta of da roopt
gn mifsta ov a ruuta hiiwl tsuu
breka maxa, dgs(s)a mjd a kanäft
driiwar kunda, gn dii breklan xaen
hoeta noox tso zoan.
3. Vom Gießhübler Brande, 1861 (Gießhübel).
Ich war ein Bursche von acht- \c väär a pärSa foo axtsa jäärn
zehn Jahren und im Rathause bei gn väär aem roothaoxa tsor müuzih*
* Nicht S.
* Auch akqraal (Sackisch, Adlergeb.).
1 Auch roan (Sackisch, Brzesowie).
4 Auch doortiSko (Schediwie).
6 Andere sprechen müux\c (auch Gießhübel).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben scblesi&cher Oebirgsmundarton.
339
der Musik mit meinen Vettern und
Eousinen. Da heißt es auf einmal,
•
es ist Feuer (ausgebrochen), und
dabei (herrschte) ein so starker
Sturm. Da bin ich schnell hinaus¬
geeilt und habe »Feuer!« geschrien
von Niedergießhübel den Ort abwärts
— und bin heim (gerannt) — und
nahm eine Kanne und eine Axt —
und (eilte) wieder herauf. Da hatte
doch die Frau Feldmann, die Mutter
des (jetzigen) Polizisten, schon alles
(auf die Straße) herausgeräumt:
Spulräder, Pfeifenstöcke *, Tischchen,
Bänke und Gamweifen 1 , ja sogar
das Pulvernäpfchen zum Feuer¬
schlagen hatte sie draußen — und
ich hätte beinahe den Hals beim
Darüberklettern gebrochen. So bin
ich zum Feuer gerannt und habe
beim Löschen geholfen. Zweiund¬
dreißig Häuser, die Schule und die
Kirche und mehrere Scheunen sind
verbrannt, und dabei auch eine Frau
in einem Keller.
m\t mgn gaSvestarkendan. gn ov
amool haadst s, x \s foear; gn axSear
gruusdr Stärmvent. gn doo b\n \j
gk naos gn hgg » foedr /« gaSriirn
fom niidarg\shiiwl nondar — gn
haaam — gn nggma an kgm gn an
akst — gn viidar ruuf *. doo väär
dgx foo daar fgltmgnn, foo pol\tsdes
mi^tar, Son raosgaroemt gls: Sptfl-
reedar, faefaStgka, teSlan gn bgykd
gn kiiwaStgka, \ ziygä&r s polvar-
napla tsom foearSloon hgt sa hasa —
gn iic hgta baala a hgls gabroxa
driiwar. gn azigu b\n \c tsom foedr
gn hgg IgSa gaholfa. tsveegndraesgc
hoexar, §uula gn kcerca gn gil\ja Sgn
gn aa a vaeb \s m\tfarbrand aem
kaalar.
4. Von einem Selbstmörder (Gießhübel).
Ein Fabrikarbeiter hatte kein
Geld mehr und wußte nicht mehr,
was er anfangen sollte. Er hatte
viele Kinder zuhause und keine
Arbeit Da ging er eines Tages in
den Wald — ein Seil nahm er sich
mit — und erhängte sich am vierten
Baume. Die Kinder wunderten sich,
wohin er gegangen sei. Da gingen
sie in den Wald und sahen ihn
(hängen). Sie gingen darauf nach¬
hause und sagten es der Mutter.
Und diese nahm sich einen Schlitten
und fuhr hinaus. Dort schnitt sie
ihn los und legte ihn auf den
Schlitten; darauf fuhren sie ihn auf
den Kirchhof und begruben ihn.
1 Teile des Webstuhles.
a fabreksärptar hgta Son vgtar
koaa gglt gn vosta Son neme, vgx
a ggfaya xt^lda. a hgta fiil kendar
darhaoama gn nfä tso tuun. gn
doo \x a amool gn taak ae a puuS
gaya, n Strayk hood a mT (m)\tga-
nigma, gn hood a x\c om fiirta
bggmla gahaya. da kendar hgn x\c
gavipidart, vuu o hiigaya \s. doo
xaen xa ae a puuS gaya, gn doo
hggn x a gaxaan. doo xaati xa
haaamgaya gn hgn s dar mif-tar ga-
xggt. gn dt mif-tar hoot x\c n Sliita
gany,ma gn \s naosgafääm. dat hoot
x a luusgaSniita gn ov a Sliita ga-
leet; gn xaen myd om ov a keerchoof
gafä&m gn hgn a aegagrggiva.
* Oder ruf.
22 *
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
340
Friedrich Graebisch.
5. Vom Schutzengel (Gießhübel).
Es fuhr einmal ein Kind mit doo \s amool a kent m(d am
einem Wagen, in dem noch ein
kleines Kind saß. Da kamen sie
auf einen Berg, und das Wäglein
fuhr den Berg hinunter. Die Leute
glaubten, die Kinder würden tot
sein, es war aber nicht der Fall.
Das Wäglein stand im Bache mit¬
samt dem Kinde, und diesem war
nichts geschehen, denn der Schutz¬
engel mußte (wohl) dabei gewesen
sein. Zum Andenken befindet sich
an dieser Stelle noch heute ein
Bild, auf dem die Kinder mit dem
Wäglein dargestellt sind.
6. Scbülerstre
a) Ich und ein (anderes) Mäd¬
chen haben uns einmal (im Schul¬
zimmer) geprügelt und (dabei) aus
einem Glasschrank eine Scheibe zer¬
schlagen. Der Lehrer fragte uns dann,
warum wir sie zerschlagen hätten.
Da sagten wir: »Wir haben Zöpfe
geflochten und sind (dabei) mit den
Ellbogen in die Scheibe geraten«.
Da haben wir die Scheibe bezahlen
müssen.
b) Es war einmal ein Junge,
der bekam (immer) soviel Prügel
vom Lehrer. Nun wollte er sich
einmal rächen, und da schlug er
ihm eine Menge Nägel in den Stuhl.
Und als sich der Lehrer setzte,
stach es (ihn) doch so sehr. Da
hat er sich doch gewundert, was das
sein könne, und konnte es nicht so¬
gleich herausbekommen. Und jedes¬
mal, wenn ersieh wieder setzte, stach
es (ihn) wieder. Da hat er schlie߬
lich nachgesehen, und da waren doch
eine Menge Nägel im Stuhle.
c) Wir hatten einmal einen Leh¬
rer, bei dem sollten wir soviel 1er-
Digitized by Google
r? gna gdfäärn gn hgta a klaaan kent
nox drena. gn doo xaen xa oc an
bärk (k)oma, gn dgs veenla %s iitvar
a bärk rondargaf&ärn. doo dooxta
da loeta, di van tuut xaen , ggicar
s väär nee räär. dgs vggnla stggnda
ae dar baax m\t (d)am kenda, gn s
hgt om n(M gatoon , d{n dar sqtseyl
mi{sta darbae gavaast xaen. gn doo
hoot s tsom ggdgyka of dam flgka
nox hoeta a beit, vuu da kendar
m\t (d)am vggnla nfgamoolt xaen.
che (Gießhübel).
a) iic gn a maaadla, niiir hgn
amool m\tsgma gapakt, gn doo hgmar
aox am glggssrayka n tofl tsoslggn.
gn doo hot (d)ar Iceeerar gafreect,
rartfm dgs mar Za tsoSlggn hgn.
gn doo hgmar gaxggt: »niiir hgn
isgpa gafloxta, gn doo xae mar m\d
a glbooga ae da tofl koma «. gn doo
hgmar ia m\sa batsggla.
b) s rdär amool a joya , gn daar
hot ax uh fiil priijl fom Icecerar
kriiet. nu vifid a x\c amool rgca
gn doo hood a m n hafa nggla
onda ae a See ml ga&lqgn. gn vii
■x\c dar Uecerar gaxgtst hot, gn doo
hoot s dgx axuu xrecer gaStoxa. gn
doo hood a xic dgx gavundart, vgs
dggs mggk xaen gn kt {nt s nee baala
raoskriija. gn von a x(c emar riidar
xgtsta, gn doo hoot s viidar gaiUoxa.
gn doo hood a darnooar nooxgaxoati,
gn doo hgt s halt an hafa nggla om
sec ml.
c) miir ligta amool an lonerar,
gn bae daam xt{lda mar axuu fiil
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
341
neu, und wir hatten niemals Lust
(dazu). Wenn wir in die Schule
kamen, hat er uns geprüft, und
wenn wir seine Fragen nicht be¬
antworten konnten, mußten wir dort
bleiben. Wir sind (aber) immer
davongelaufen. Wenn wir (dann) am
andern Tage in die Schule kamen,
erhielten wir Schläge und mußten
noch eine Strafarbeit schreiben und
vom Vater unterschrieben bringen.
lana, gn miir moxta emar nee. gn
vgmor xaen ae da Suula koma, gn
doo hood a ons gdpriift, gn vgmar 8
nee ki{nda, gn doo mi{st mar data
blaen, gn miir xaen emar darfoo-
galofa. gn vqmar xaen a andan
taag ae dq suula koma, hgmar priijl
kriict gn mi{sta noo g n Stroofa
Sraeica gn fom fggtar ondarSriiwa
brgya.
7. Eine Reise von Gellenau 1 zum Kirchenfest in Schediwie
(Plaßnitz).
Am Sonnabend vor acht Tagen
wollten wir nach Schediwie zum
Kirschenfeste gehen. Meine Frau
sagte: »Ich werde (heute) Nach¬
mittag die drei Stunden aus der
Fabrik daheim bleiben, ich kann
nicht gut laufen; und wenn du um
vier aus der Fabrik nachhause
kommen wirst, so kannst du dich
[ab]waschen, und sodann werden
wir gleich gehen«.
Nun, um halb fünf war ich
schon fertig, und wir gingen. Wie
wir nach Lewin kamen, sagte meine
Frau: »Kehr doch beim Bäcker ein,
und kaufe etwas, ich habe Hunger!«
Und wie ich herauskam, stand schon
ein Bekannter bei ihr, der von
Schlaney mit dem Zuge gefahren
war. Nun gingen wir bis zum
(Gastwirt) Hasler (in Kuttel), und
dort kauften wir uns ein (Glas)
Bier und ein Schnäpschen. Darauf
wurde es schon so allmählich dunkel,
und wir mußten nun zuschreiten.
Als wir heimkamen, war es finster.
Zuhause sahen uns unsere Ange-
m xenoomda fr axt taa%a, doo
vi{lt mr ov a Seedavii of da faart
giin. mae raep, dii xggata: »iic
vaar nooxmü\c di drae Stynda aos
dr fabrtka drhaaama blaen, iic kggfi
(n) ee gut laafa; gn vgn da vaSt em
fiira haaamkoma aos dr fabreka
kgnst (d)\c ggvgsa, gn van dmoox
e giin*.
ni{, em hglur femve vaar (c
Son f<ert\c, gn doo xaen mr gaya.
vii mr ov a leeriin kggma, gn doo
maaanta s vaep: »kceccr gk bgm b{ka 2
ae, gn Iggaf fern vggs, iic hgg hoyr /«
gn vii c raos kggm, hgt s n ba-
konta son baen r stiin, daar vaar
mim tsuuga gafaam fom Släanae.
doo xaen mr halt gaya b(s tso
haaxlan, gn dat hgmr ons a bür
gakaaft gn a Snapsla. dmoox vi{rt s
son axau pgmdalic toykl, gn dmoox
mi{st mr tsuu8raeta. vii mr haaam-
kggma, vaar 8 fenstr. drhaaama
xggga xo vul, vii mr kggma; miida
1 Die betreffenden Leute aus Plaßnitz waren zeitweise in der Fabrik zu Gellenau
bei Lewin beschäftigt.
* Nom. sg. b^ka.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
342
Friedrich Graebiacb.
hörigen wohl kommen; (aber) wir
waren müde und legten uns (so¬
gleich) schlafen.
Am folgenden Tage gingen wir
dann zum Kirchenfeste. Viel war
wohl dort nicht nicht los, nur etwa
drei Buden mit Zuckerzeug (waren
da). Im Wirtshause war wohl viel
Leben. Es ist allerdings recht klein,
und da fand keiner Platz. Da
kauften wir uns ein (Glas) Bier
gegen den Durst und gingen (dann)
in die alte Schule, wo auch Musik
war. Dort ging es wohl etwas lus¬
tiger zu, die Musikanten konnten
weder das Spiel noch das Geldein-
nebmen bewältigen. Ich saß dort
an einem Tische bei Bekannten,
und wir unterhielten uns. Mitunter
bekamen einige (Gäste) Streit; der
Schenke war gleich (mit ihnen)
fertig, er besorgte sie zur Tür
hinaus, und da lagen sie auch schon
unten auf der Treppe. Als es dann
etwas leerer wurde, habe ich auch
einige Stücke getanzt Heimlich
Weggehen wollte ich nicht, und so
mußte ich eben warten, bis die
Gäste fortgingen. Da haben wir
etwa bis um eins gewartet, dann
waren wir schon schläfrig und der
Kopf tat uns weh, und wir gingen
doch nachhause.
Als wir am nächsten Tage früh
aufstanden, ging sehr stark der
»Bergwind«. Ich sagte zu meiner
Frau: »Wie werden wir nur wieder
nachhause kommen!« Und zum
Mittage fing es noch an, dabei zu
regnen. Heiragehen mußten wir,
und da gingen wir eben. Zum Glück
vaarmr, gn doo hgmr ons drnoox
Slofa galtet.
a andan taak xaen mr drnoox
of da faart gaya. fiil hgt s vttf
nee dat, grggda fern a drae tsokr-
baoda. aem vcertshaoxa, dat vaar
vy.1 fiil luus. klaaan (s (s) gampjk,
gn doo hgta niimant plgts. doo
hgmr ons a biir gakaaft far a
da(r)St gn xaen ae da aala Suula
gaya, dat hgt s aa müux\c. dat
vaar s vtfl a besla lost\jr, da muuz\-
kdntn baStrggta 1 nee s Spiila gn s
g$ltaenaama. doo xggx \c dat bae
am teSa bae bakanta, doo hgmr ons
azuu ondrhaala. mgncmool tggta a
paar9 hqndan; dr Sgyka, doar vaar
glae f(crt\c, daar fuur tniid a tsifr
tiira naos, gn doo lgg%a za aa Son
ov a tr$pa donda. vii s drnoox a
besla loft\jr vigrda, gn doo hgg \c
bald aa a paar Steklan gatantst.
dreka moxt \c m\c nee , gn doo mi^st
\c halt va(r)ta, b{s da loeta fatgiya.
gfi doo hgmr b\s em a aaas gava(r)i,
gn drnoox vaarmr Son Sl$fr\e, gn
dr koop tggt ons vii, gn doo xaen
mr halt haaamgaya.
gn a andan taak, vii mr frii
tißtggnda *, g\ya axuu xcecer dr
bgrkvent. iic xggata iiwr mae vaep:
»vii vamr gk viidr haaamkoma !«
gn tso met\ja ft(y s nox gg gn
raaanta nae. haaamgiin mifst mr,
gn doo xaen mr halt gaya. gn tsom
1 Die Präterita der III. Klasse der ablautenden Zeitwörter zeigen in dieser Mundart
ff (aus mhd. ei), nicht aaa-, in GieBhübel, Brzesowie und im Westglätz. gilt »»'.
* Andere sprechen uußtqqnda.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben sohleeischer Gebirgsmundarten. 343
wurde es (aber) noch schön. Wie gleka vtprt s noox Siin. vii mr
wir nachhause kamen, waren wir hacvamkqqma, vaarmrhalt rqct miida,
doch recht müde, (wir) haben uns hqmr ons noo% n hafte gakoxt qn
(dann) noch Kaffee gekocht und zaen baala Slofa gapa.
sind bald zu Bett gegangen.
8. Vom Kirchenfest zu Rampusch-Rehberg (Plaßnitz).
Es ist schon etwa zehn Jahre dqqz \s ton a tsaan jaar haar,
her, da war an Peter und Paul in qn dqs vaar qq peetr qn paol, qn
Rampusch unterhalb Rehberg Kir- doo Uz m rtynpt f# ondrm riibarja
chenfest Und weil von Rampusch faart. qn vael fom ri{mpi{8 a mqqn
ein Mann zu uns kam, welcher (bei tso ons kggm, qn daar kaafta Steka,
uns) Stücke 1 kaufte, da sollte ich qn doo mipt \c tso daar faart hii-
zu dem Kirchenfest hingehen. Ich koma. iic moxla nee giin, vael \c
wollte nicht gehen, weil ich den nee trafa tqqta, s ran juu iitvr für
Weg nicht wußte, es waren ja über Stynda vaaaks. doo b\n iic. halt
vier Stunden (bis hin). Da bin ich gapa; jogg qn tonip vaarmr, qn
doch gegangen; jung und dumm doo jqqat mr halt ganipyk vaet.
waren wir (damals noch), und da %
rannten wir eben ein tüchtiges
Stück.
Als ich in dem lieben Rampusch vii c hiikqqm of da liiwa ry,m-
anlangte, wurde mir Kuchen und ptft, nq, doo hrooxta xa kt{xa qn
Kaffee vorgesetzt mit den Worten: hafte qn maaonta: »Hz qk drvaela;
»Iß nur einstweilen; du wirst gewiß hoyr voSta azuu gant^pk hqqnf «
tüchtigen Hunger haben!« Dann doo hqmr dmoox azuu drtsaalt.
hatten wir einander zu erzählen, daam zae vaep mi^sta drnoox s
Die Frau meines Bekannten mußte met(casa koxa; qqior dmoox, doo
darauf das Mittagessen kochen; aber gips ferst luus. iic vosta nee, vuu
dann gab es erst (zu essen)! Ich \c zi{l qls hiituun. doo hqt s zopa
wußte nicht, wohin ich mit alledem qn rentflaaat, Svaenas, topka ga-
sollte. Da gab es Suppe und Rind- ni{pk drtsuuna, qn dmoox kqqm
fleisch, Schweinebraten, reichlich biir. iic ki{nda vqtr n\st neme asa,
Tunke dazu und darauf Bier. Ich qn doo hiisa za m\c emrfat noox:
konnte schon nichts mehr essen, »Hz qk, Hz qk /« qn tso qlrlqtsta
und da wurde ich immerfort noch kqqma halt viidr da liiwa ki{xa
genötigt: »Iß doch, iß doch!« Und m\m kafee. qqwr iic mipta naos-
zu allerletzt kamen doch wieder die giin. miir vaar varm, irii am
lieben Kuchen mit dem Kaffee. Aber broota, qn noox nee amool gut (d)r-
ich mußte hinausgehen. Mir war tsuuna.
warm wie einem Braten, und noch
nicht einmal wohl dabei.
1 Ein Stück Baumwollgowebe enthält gewöhnlich 100 m, es gibt aber auch kleinere
und größere Stücke (von 85, 92, 105 m u. a.).
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
344
Friedrich Graebisch.
Na, am Nachmittag gingen wir
nun nach Rehberg. Dort war erst
Leben! Dort gab es Buden, daß
man nicht durch (kommen) konnte,
(eine) Reitschule, Schießbuden, einen
Zirkus, eine Luftschaukel und aller¬
hand (andere) Sachen.
Ich habe mir das so eine Zeit¬
lang angesehen, weil ich das erste
Mal dort war, und mit dem vielen
Sehen hatte ich doch wieder Durst
bekommen. Diesem wurde gleich
abgeholfen, (denn) Wirtshäuser gab
es dort auch genug.
Gegen Abend mußten wir doch
wieder heim(gehen) nach Rampusch.
Dort gab es auch ein Wirtshaus.
Ich sagte: »Ich werde ein wenig
zur Musik gehn«; und wie ich
hineinkam, mußte ich auch sogleich
lachen. Dort war eine Harmonika,
eine Geige und eine Baßgeige, und
wir musizierten, daß ich eine rechte
Freude hatte. Dort kam es mir ganz
anders vor als bei uns daheim (in
Plaßnitz). Dort sprangen und tanzten
sie, was ein jeder konnte, und ich
sah nur immerfort zu. Und auf
einmal erfaßte mich eine, und da
war ich auch schon (im Tanz
mitten) drin.
Wenn erst ein Anfang gemacht
ist, muß auch ein Ende kommen.
Das war auch (hier) so. Als es
gegen zwölf war, ging es gleich zu
Ende. Ich legte mich darauf
schlafen und stand auch am folgen¬
den Tage nicht zeitig auf; ich hatte
das Treiben ordentlich satt.
Alsdann mußte ich doch wieder
nachhause (gehn), und nach dem
vielen Zeitvertreib wußte ich schon
wieder den Weg nicht mehr. Da
habe ich wohl einige Male fragen
müssen, um wieder heimzukommen.
ng, m noormdlfc, doo g\y mr
kalt ov a riibark. dat vaar cerü
laawa! dat hgt s baoda, dys ma
nee ddrc ktpnda, raetSunla, tysbaoda,
tsirh^s, loftSaokl gn glrhanT(d)etjs.
iic hgg mr X axuu n tsaed ggga-
xaan, vael \c s eerSta mool dat vaar.
gn m\t (d)am fiila zaan hgt je dgi
vfidr da(r)$t kniet. daam vaar
glae gdholfa; veertshoexr hgt s dat
aa gam{yk.
em a oomt rem mi{st mr dgi
viidr haaam ov a n{mpy£. dat hgt s
aa a vevrtshaos. iic xggata: »iic
vaar a besla tsi{r müuxic giim:
gn vH c naekggiii, (m)i{st \c aa
baald laxa. dat hgt s n harmgnii,
n gaeja gfi (n) pgsgaeja, gn miir
niaxta muux\c, dos mjes anttic
frggan tggta. dat kggnt (m)rS gants
andrS für, gs vH bae ons drhaaavu.
dat hopta xa gn iantsta za, rggx
a jeedas kipida , gn iic, \c xggx halt
emr tsuu. gn ov arnool drpukt m{j
aaana, gn doo vaar (c aa Son drein.
vH gk a ggfaylc vaar, a rmH
muusjuu lcoma! dgs vaar aa axuu.
vH s em a tsvqlva rem kggm, vaar
s glae gla. gn iic tggt m\c drnoox
slofa leen gn a andan taak aa nee
tsaetl\c mißtiin; xggt hgt \c xa g<>-
nuyk!
drnoox mi{st (c dgx viidr haaam,
gn m (t (d)aar fiila tomhaet vost ic
aa #o?i viidr nec a vaaak. gn doo
hgg {c vt(l tnisa a paarmool frooja,
dgs ic viidr haaam kggm.
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
345
Seitdem bin ich auch nicht mehr
hinübergekommen.
xaei daar tsaet b{n \c aa vgtr
neme niiivrkoma.
9. Ein Unfall beim Dreschen (Schediwie).
Der Bruder hatte uns eine Dresch¬
maschine geschickt, er lebt in Brünn.
Da ging der andre Bruder mit der
Maschine dreschen und drosch beim
Schwager. Da wollte er einen Stroh¬
halm wegnehmen, kommt (dabei) mit
der rechten Hand ins Triebwerk,
und zerquetscht sich drei Finger.
Da konnte er vier Wochen nicht
arbeiten.
dr bruiidr hgt ons dn draSma-
Siina gdSekt , a \s ae brena. gn doo
g\ya dr andra bruiidr m\t (d)r
maSiina draSa, gn doo iggt a
bgm Svoojr draSa. gn doo vi{ld a
n Stmuhglma vgknaatna gn kemt
m\t (d)r rqr.ta haut aes gatriiwa gn
tsokvgtSt m drae feyr. gn doo kignd
a feer voxa n\&t tuun.
10. Ein Todesfall und
Der Vater war vier Wochen
krank; er hatte einen Schlaganfall
gehabt, und da konnte er nicht gut
sprechen, die ganze rechte Seite
war gelähmt. Und beim Begräbnis
waren sämtliche Geschwister bei¬
sammen und (außerdem) 45 Enkel
und 15 Urenkel. —
Da kommen die Sänger und die
Musikanten und setzen sich um den
Tisch, und der Pfarrer setzt sich
zur Leiche. Nachdem drei Lieder
gesungen worden sind, segnet der
Pfarrer die Leiche ein. Darauf
werden drei Vateruuser gebetet, und
die Freunde 1 tragen die Leiche
hinaus auf den Wagen. Wenn es
nahe zur Kirche ist, wird die Leiche
bis zur Kirche getragen. Während
der Messe steht die Leiche in der
Kirche, darauf wird sie noch ein¬
mal eingesegnet und alsdann be¬
graben. Danach werden die Freunde
versammelt und ihnen ein Leichen¬
schmaus vorgesetzt.
1 Verwandten und Bekannten.
* Hochdeutsch.
Digitized by Google
Begräbnis (Schediwie).
dr fggtr vaar feer voxa krayk;
dr Hank hgt a gaStreca, gn doo ki{ttd
a nee gi{t reeda, di gantsa rqcta
xaeto vaar galeemt. gn bgm ba-
greepnusa van di gantsa gaSvestr
baexgma, gn doo ran femvgnfcerts\c
gykl gn fxpmflsa oorgykl. —
doo koma da xgyr gn muux(-
kanta gn xqtsa x\c em a tiis, gn
dr pfar xgtst x\c tso dr laeca. gn
vqn za drae gax^ya gaxoya hgn, gn
doo ti{t (d)r pfar da laece aexeejnan.
gn dmoox vaan drae faatar-i{nxar i
gabat, gn da fraenda trqqn da laeca
naos ov a vqrn. gn t gn s noonda
ae da kccrca iis, vcert (dja laeca b(s
(bgs) tsi{r kerrca gatr^gn. gn iiivr
di inasa stiit (d)a laece ae dr kccrca,
gn dmoox viert sa noo% amool aega-
xeejnat, gn dmoox viert sa bagrggica.
gn dmoox vaan di fraenda tsoxgma
ganama gn viert a traorasa ßer Za
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
346
Friedrich Graebisch.
11. Yon Unwettern (Schediwie).
a) Es war einmal ein heftiger a) doo hpt s amool n gmusa
Wind. Wir hatten einen Apfelbaum, vent. meer hpta n pplbaam, dann
den hat er umgerissen. Und Vater hood a emgaSmesa. pn dr fpptr pn
und Bruder waren auf dem Felde, dr bruudr van ovm fplda, pn dii
die hatten es weit nachhause, und hpta s vaet rae, pn of hppm tsuu
auf heim zu goß der Regen in tppt s son azuu zeecer g\sa. pn doo
Strömen hernieder. Da stand neben hpt 8 n fifita naawrm vaaaja 1 , pn
dem Wege eine Fichte, und wie sie doo van za kam m\d a oksa frbae,
kaum mit den Ochsen vorbei waren, pn doo fydda da f\cta Hier a taaak.
fiel die Fichte über den Weg. Wir mr hpta grppda pflantsa gastakt, pn
hatten gerade (Kraut-) Pflanzen ge- doo hpt s da^ pflantsa m\tspmst m
steckt, und diese wurden mitsamt akr viidr vqk(g)aresa. pn foo fiila
dem Acker(boden) wieder hinweg- hoexan hpt s da dqcr rppgaresa. pn
geschwemmt. Von vielen Häusern m dfSnae hpt s kasdan, pn dii hpt s
wurden die Dächer herabgerissen. In aa vqk(g)aresa.
Deschney standen Häuser (= Ka¬
sernen) (der Grenzjäger), die wurden
auch hinweggerissen.
b) Einmal Sonntags früh regnete b) amool pp am zont\ja frii tppts
es in Strömen, da gingen meine azuu zcecer g\sa, pn dii xaen ov a
Angehörigen nach Deschney in die dfknae ae da kcerca gaya, di ktpida
Kirche und konnten nachher nicht drnoox neme isoreka. doo vaar azuu
mehr zurück. Es war ein so großes a gruus vpsr, dps (s)a mt{sla n hplica
Wasser (geworden), daß sie eine Stipnda emvaaak moxa. doo hoot s
halbe Stunde Umweg machen muß- azuu fiil Sppda gamaxt. a paoan
ten. Da wurde so viel Schaden an- hoot s dps gantsa hpp ganupna, pn
gerichtet. Den Bauern wurde das da viixa van pla fuul Stppna. pn bae
ganze Heu (fort)genommen, und die a miila mipsta za a gantsa taag
Wiesen waren alle voller Steine, arpta pn aem vpsr knaata , dps (s)
Bei den Mühlen mußten die Leute nee da miila vpkrpps. m kvdasnae
den ganzen Tag arbeiten und im pn ae rdecnaa \s (s) vpsr tso a
Wasser waten, damit dieses die fanstan (n)aekoma, pn hpn da loeta
Mühlen nicht wegriß. In Quasney azuu xcecer fiil Sppda gahppt.
und in Reichenau (a. d. Kneschna)
kam das Wasser zu den Fenstern
hinein und hatten die Einwohner
60 großen Schaden.
12. Das verwünschte Grab (Deschney).
Da wird immer erzählt, daß es doo drtseelu za emr, dps m dfi-
auf dem Deschneyer Kirchhofe ein naer kcerchoova a grppp hoot, vgs
1 Für gedehntes mhd. c vor Velaren steht auch in Schödewy aa9, für mhd. ei usw.
jedoch
k
igitized by
Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben schlesischer Gebirgsmundarten.
347
Grab gibt, das nicht geöffnet werden
darf. Der alte Pfarrer Erichleb
hat einst den Totengräber geheißen,
er solle doch einmal versuchen, das
Grab zu öffnen. Dieser kaufte sich
zu der Arbeit erst einen (Schnaps),
denn er glaubte, daß ihn dabei die
Furcht befallen könne, und danaoh
hat er sich doch darüber gemacht und
angefangen zu graben. Nachdem er
einige Male gehackt hat, ist es ihm,
als wenn jemand rede. Da hört er
auf zu graben und denkt, vielleicht
wird die Stimme noch einmal reden.
Er wollte doch wissen, was das
Reden eigentlich bedeuten solle.
Er wartet und wartet, hört aber
nichts mehr. Da fängt er noch
einmal an zu graben. Auf einmal
ist es ihm, als wenn eine Stimme
spräche: »Laß mich ruhen! Laß
mich ruhen!« Da hört er sofort
auf zu graben und geht zum Pfarrer
und erzählt ihm die Geschichte.
Seit dieser Zeit hat der Pfarrer
verboten, das Grab zu öffnen.
nee uufg&maxt xol vaam. dr aala
pfar dceryclggp, daar hood m tuuta-
graawr gaxggt, a xol dgx amool
prgweem gn xol dgs grggb uufmaxa.
daar hoot x\c §n gakaaft (d)rtsuuna,
vael a dooxta, dgs(s) a kgnda farctifi
maxa, gn dmoox hood a x\c halt
(djriiwr gamaxt gn gggafaya tso
grggwa. vii a a paarmool naegahakt
hoot, doo hcecerd a axuu, gs vgn
iimant r$ta. doo let a dgs grggwa
xaen gn dgyt, frlgct veert s woog
amool reeda. a vi^lt s dgx vesa,
vggx aentlifi dgs vaar fr a gareeda.
o vart gn vart, gn a heecert neme
n\St. doo fyyd a halt viidr gg tso
grggwa. ov famool \s (s) m axuu,
gs vgn ana Sterna x^gta: »loos m\c
ruun! loos myc i-uun !« doo haeerd
a baale uuf tso grggwa gn gilt tsom
pfar gn drtseeld m dii gaSecta. gn
drxaet hoot s dr pfar frboota, dgs
grggb uufmaxa tso loon.
Berichtigungen. 1. Jabrg. 1912, S. 138, Anm. 2 soll lauten: Wie im Glfitz. mit
deutlichem r; glätz. vuur oder vurd». 2. Io den Texten aus Gierichswalde, Jahrg. 1912,
S. 118—141, heißt es besser: vuurt statt i cuurt, oxea statt oksa, rqrdi statt vor da, xtca
statt x\ea (solchen), n^ml\c statt neemlyc, Sriir statt Srii, v$tir statt vaet»r, f»rh$cst
statt forh^Jcst.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
348
Friedrich Weit.
Proben der Mundart von Rheinbischofsheim . 1
Von Friedrich Welk.
I. Der Hanfbau.
wcen d’cecern 2 * taim eS gsen, cS’s an da hanf gay3. des es not
Wenn die Ernte daheim ist gewesen, ist es an den Hanf gegangen. Das ist noch
dviool d keerici ceruat gsen. en dar hanflieat* hcen ah lit tcent
einmal eine gehörige Arbeit gewesen. In der Hanfernte haben alle Leute die Hände
ferbonda kqt, an ala feyar e$ qim tut looskceyt. di hanßdek
verbunden gehabt, an allen Fingern ist einem die Haut losgehangen. Die Hanfstöcke
sen halt au gar fqSt am bgda gsdcegt, doo hqt’s gadsgbalt kqisa, best hus
sind halt auch gar fest im Boden gesteckt, da hat es gezogen geheißen, bis sie heraus
sey gsen. jq, dqs eS a cerwat gsen , bcs mar so a gansar agar als
sind gewesen. Ja, das ist eine Arboit gewesen, bis man so einen ganzen Acker als
gargbft hqkqt. ton ofam fcelt hqt mar a paar sgrda gamaxt. di
gerupft hat gehabt. Schon auf dem Fold hat man ein paar Sorten gemacht. Die
greeSda on degsda sdceyal sen eivar bsondari Squp gabonda wgra, on dqna
größten uud dicksten Stengel sind über besondere Bündel gebunden worden, und diesen
hqt mar noo gSlqist; dar andar eS gabrcect wgra. awar dseerS hqdar m{an
hat man dann geschleißt; der andere ist gebrecht worden. Aber zuerst hat er müssen
gareest sen. fom agar wcek hqt mar na nusgf\art of d' reesa 4 . dort h{t
gerötzt sein. Vom Acker weg hat man ihn hinausgeführt auf die Rötzen. Dort hat
jeedar borjar sina blads kqt, d’maßda hcen joo hit ngx bqim drussdeen
jeder Bürger seinen Platz gehabt, die meisten haben ja heute noch Bäume draußen stehen
an \ara blceds. doo sen also noo di Squp en rqtja ewar anandar galqit an
an ihren Plätzen. Da sind also dann die Bündol in Reihen über einander gelegt und
dsama gabonda wgra. noo sen brcedar drewar koma on doo drof no
zusammen gebunden worden. Dann sind Bretter darüber gekommen und darauf dann
iwceceri sdqin. medraabcecera hqt mar di als m(an nin draa on no guat
schwere Steine. Mit Tragbahren hat man die als müssen hineintragen und dann gut
droflqija, dasi nedrewar nap gfalo sen. des hqt awar alas m\an far-
drauflegen, daß sie nicht darüber hinab gefallen sind. Dns hat aber alles müssen ver-
sdanda sen.
standon sein.
wce.n dar hanf jqds amool so aaxt gdar nin gdar dsqq daa am uasar
Wenn der Hanf jetzt einmal so acht oder neun oder zehn Tage im Wasser
galaaija-n-eS, no hqt mar als medama reeshooga amool so a Squp rusga-
gelegen ist, dann hat man als mit einem Rötzhaken einmal so ein Bündel herausge-
resa on hqgagugt, gbar ng nabal guat eS. wernar ngne ganua
rissen und hat geschaut, ob er noch nicht bald gut ist. Wenn er noch nicht genug
1 k, p. t sind gehauchte Laute, also: kecric = gehörig, taim = daheim, Uenl
= die Hände, tut = die Haut, pqlfs = beholfen.
* d'aeern schlechtweg bezeichnet hier die Getreideernte.
8 Das Ausrupfen der Hanfstengel.
4 Große künstliche Teiche, die nach Bedarf mit Wasser gefüllt werden.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben der Mundart von Rheinbischofsheim.
349
gareest es gsen , h$t mar na halt wedar nin gSdqgt on en a paar daa
gerötzt ist gewesen, hat man ihn halt wieder hinein gesteckt nnd in ein paar Tagen
wedar danoox galtiaut. wem ar giiat eS gsen, eS ar ms koma. dt
wieder darnach geschaut Wenn er gut ist gewesen, ist er herausgekommen. Die
Sdceyal sen no Sott haiwar ful gsen, on no hqdar gSdoyga , das mar
Stengel sind dann schon halb faul gewesen, und dann hat er gestunken, daß man
S(ar omgfala-n-eS, on so dreegat eS mar dabii wqra toia Smiarman.
schier umgefallen ist, und so dreckicht ist man dabei geworden wie ein Schmiermann.
je>ds hqt ar dseers amool a paar daa m\an Sdeen on keeric. abdrgbfa. no
Jetzt bat er zuerst einmal ein paar Tage müssen stehen und gehörig abtropfen. Dann
es ar of a leecerar glee- odar froxdogar gf(art wqra. doo hqt mar noo dt
ist er auf einen leeren Klee- oder Getreideacker geführt worden. Da hat man dann die
Setup emar a Sdegal fonandar nap gsmesa, on d’ wiibslit sen
Bündel immer ein Stückchen voneinander hinab geschmissen, und die Weibsleute sind
henda noox koma on heen st gSbrqit. cn a paar daa eS ar no ga-
hinten nach gekommen und haben sie gespreitet. In ein paar Tagen ist er dann ge-
weent wqra met groosa weenlgqrda, wi mar st - q j{ds ngx dsqam froxd-
wendet worden mit großen Wendgerten, wie man sie auch jetzt noch zum Getreide-
tveenda h{t, wecn st farqqtji uyrt. iveenar gans droge-ti-eS gsen, hqt mar
wenden hat, wenn es verregnet wird. Wenn er ganz trocken ist gewesen, hat man
na hqimgf\art, on noo es ar gabreect wpra, dqs hqist: efyr, wu net g-
ihn heimgeführt, und dann ist er gebrecht worden, das heißt: der, welcher nicht go-
Slqisl wqran-eS.
schleißt worden ist.
do hei mar bsondari breeclqcar dardsqa k$t, dt sen fqram dgrf drus
Da hat man besondere Brechlöcher dazu gehabt, die sind vor dem Dorf draußen
gsen on sen gaweenh d\af usgamuurt gsen. do sm no sdaya drewar
gewesen und sind gewöhnlich tief ausgemauert gewesen. Da sind dann Stangen driibor
galq.it wqra, of di Sdaya h$t mar d' Saup hanf galqit, on no eS a
gelegt worden, auf die Stangen hat man die Bündel Hanf gelegt, und dann ist ein
groos für met Sdqghqlds 1 on nqatjalkoot 2 drondar aangadsonda ivqra. doo
großes Feuer mit Stockholz und Nagelkoot darunter angezüodet worden. Da
es ar no eers rceeect usgadqrt wqra. awar doo hqt’s kqisa ofgabast!
ist er dann erst recht ausgedörrt worden. Aber da hat es geheißen aufgepaßt!
meelama beecesa hqt mar als m\an s’fiir an da weent nabfqqtja, dos dar
Mit einem Besen hat man als müssen das Feuer an den Wänden hinabfegen, daß der
hanf nedaangaya-n-eS. awar s’eS mee wi qimool foorkoma, das ar fiir
Hanf nicht angegangen ist. Aber es ist mehr wie einmal vorgekommen, daß er Feuer
gfaya hqt. no es halt heeeer wer graat en dar neeee eS gsen on hqt
gefangen hat. Dann ist halt herbei, wer gerade in der Nähe ist gewesen und hat
kqlfa rondards^ija, ono hqt mar Sncel met wasar m\an IqSa. awar
geholfen herunterziehen, und dann hat man schnell mit Wasser müssen löschen. Aber
fil eS soo au farbreent, weemar net graat aaxt geen h$t.
viel ist so auch verbrannt, wenn man nicht gerade acht gegeben hat.
1 Das Holz der Wurzelstöcke großer Bäume.
* Abfall der Hanfstengel, der beim Brechen entsteht.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
350
Friedrich Weik.
wcen ar j$ds gqat usgadprt eä gsen, no eä ar gabreect topra. dseerS
Wenn er jetzt gut aufgedörrt ist gewesen, dann ist er gebrecht worden. Zuerst
eä ar of a gaweenlict brcec 1 * * 4 koma-n-onoo of 9 lidar brcec 1 ; dps h$t
ist er auf eine gewöhnliche Breche gekommen und dann auf eine Literbreche; das hat
auwr m\an farädanda sen. doo eä dr noo fin topra, ono hpt m9r na
aber müssen verstanden sein. Da ist er dann fein geworden, und dann hat man ihn
gabonda eicar tccelala fom9 halwa dscendnar pdar soo. dt tocelala seno
gebunden über Bündel von einem halben Zentner oder so. Die Bündel sind dann
met änyar fpät gagnqicalt * tvpra, das m9r ns hpt kpna etoaraal ans Sega.
mit Schnüren fest gebunden worden, daß man ihn hat können überall hin schicken.
manxmool eä ar äon dnis an da brceclpcar farkquft topra, manxmool au
Manchmal ist er schon draußen an den Breohlöchem verkauft worden, manchmal auch
eerä tqim. do sen halt als tcendlar koma, di hcena iisarar hooga
erst daheim. Da sind eben als die Händler gekommen, die haben einen eisernen Haken
kpt, medpm heen st en dt tocelala niygalayt on hcena fesadprt, op
gehabt, mit dem haben sie in die Bündel hineingelangt und haben ihn untersucht, ob
9v qu enatccenst gqat eS. no toeenar farkquft eä gsen, eä ar of d’wppurc
er such inwendig gut ist. Dann wenn er verkauft ist gewesen, ist er auf die Wage
koma-n-on faräegt topra tot hit da daiodk.
gekommen und verschickt worden wie heute der Tabak.
dar äIqishanf atcar, dpr an dpna gans dega ädceyal, dpr eä negabrceet
Der Schleißhanf aber, der an den ganz dicken Stengeln, der ist nicht gebrecht
topra, dpna hpt mar meda hcent gabrpcha on fon da ädceyal abgadspua.
worden, den hat man mit den Häuden gebrochen und von den Stengeln abgezogen.
do seno d’lit als drusgscesa om 9 groos für arom on hcen
Da sind dann die Leute als drauß gesessen um ein großes Feuer herum und haben
hanf gabrpxa bes dsnaaxt am dsuplfa, qinsa, tot mar’s jpds als biitn datcdg-
Hanf gebrochen bis nachts um zwölf, eins, wie man es jetzt als beim Tabak-
aanäd<r.ca-n-qu hpt, on do eä als gsoya topra — andarä tot hit! dar
anstechen auch hat, und da ist als gesungen worden — anders wie heute! Der
äIqishanf hpt gans ädargt sqil gcen: äefsqil, Mrcey on wqqineadsqim J .
Schleißhanf hat ganz starke Seile gegeben: Schiffseile, 8trftnge und Wagenzäume.
dpr hanf, um mar gkbona on tqim gabruxt hqt, dps eä maßt
Derjenige Hanf, den man gesponnen und daheim verwendet hat, das ist meist
brcrchanf gsen. dpr eä no en dar m\al ondar Sdain garetva topra pdar
Brechhanf gewesen. Der ist dann in der Mühle unter Steinen gerioben worden oder
qu gablpualt 1 . no eä ar dsqam hceclar koma-n-on eä kcecelt icpra. doo
auch gebleuelt. Dann ist er zum Hächler gekommen und ist gehichelt worden. Da
hpt’s no drpi sprda gcen. dar bpät hanf hpdt fin linioant gcen.
hat es dann drei Sorten gegeben. Der beste Hanf hat die feine Leinwand gegeben.
1 Ein Holzapparat mit einem großen Hebel, der beim Niederlassen in Vertiefungen
eingreift und so die Hanfstengel mehrfach bricht; bei den Literbrechen waren die
Zwischenräume zwischen den einzelnen Hebelstangen etwas geringer.
* Mit einem Holzknebel festgedrehti
* t cqquwadsqum (pl. -dsqim) ist das dicke Seil, mit dem der Wiesbaum aufHeu-
und Garbenwagen festgemacht wird.
4 Gebleuelt, zu mhd. btouwen, ahd. bliuwan.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben der Mundart von Rheinbischofsheim.
351
di medlar sgrt, dar bcecerdal, h$t werga dtpx gcen, on dt l\adar%St
Die mittlere 8 orte, der Bärtel, hat gewirktes (wirkenes) Tuch gegeben, und die geringste
sgrt, s'wcerk, dgs hqt dswelc gcen. dt bßt sgrt on dar bcecerdal sen Seen
Sorte, das Werg, das hat Zwillich gegeben. Die beste Sorte und der Bärtel sind schön
ewar dgga 1 * * gabonda wgra, usam weerk h$t mar nor so wegal gamaxt.
über Docken gebunden worden, aus dem Werg hat man nur so Wickel gemacht
wcenar so ivit eS gsen, no eS ar ag koygal kceyt oy gSbona
Wenn er so weit ist gewesen, dann ist er an die Kunkel gehängt und gesponnen
wgre. no hgt mar na koSbalt on gabuxt *. dt hanßdrcegla sen en a
worden. Dann hat man ihn gehaspelt und gebaucht Die Hanfsträngchen sind in eine
groost bet koma, do hgt mar a ceSardqax drewar galqit. en dgs dyax
große Bütte gekommen, da hat man ein Aschertuch drüber gelegt. In dieses Tuch
eS’s Iqup 8 koma, on doo h$t mar noo hqis wasar drewar gSet, das
ist das Laub gekommen, und da hat man dann heißes Wasser drüber geschüttet, daß
as onda dsqam dqax nusgalgfa-n-eS. wcemar na gabuxt hqkqt, eS ar
es unten zum Tuch hinausgelaufen ist Wenn man ihn gebanoht hat gehabt, ist er
gaglgbft wgra on noo gSbqalt. so h$t na no dar wgwar gr\at.
geklopft worden und dann gespult. 80 hat ihn dann der Weber bekommen (gekriegt).
awar s’SeenSt am gansa hanfgSceft eS dgx gsen, wcen s’wasar
Aber das Schönste am ganzen Hanfgeschäft ist doch gewesen, wenn das Wasser
us da reesa abgalgn eS wgra. no sen alt feS en dar box diblix 4
aus den Rötzen abgelassen ist worden. Dann sind alte fische in dem Bach taumelig
wgra fon dgm gSdmjk on dgra Sgrft: dqs seno reesfeS gsen. do
geworden von dem Gestank und der Schärfe: das sind dann Rötzfisohe gewesen. Da
eS no olas nus, was hgkqna Inufa, on hqt feS gfaga-n-og
ist dann alles hinaus, was hat können gehen (laufen), und hat Fische gefangen und
gSdgxa. fil h$t mar graat soo meda hcent k$na h$wa: st tuen alt
gestochen. Viele hat man gerade so mit den Händen können heben: sie haben alle
d’tybf usam wasar rusgSdr^gt on nem keert on nem
die Köpfe aus dem Wasser herausgestreckt und nicht mehr gehört und nicht mehr
gscecen, wi wcen st alt riS hceda k$t. fil lit hcen awar qu a
gesehen,* wie wenn sie alle Räusche hätten gehabt Viele Leute haben aber auch einen
bcemart 5 ganoma on andari hcen a geera k$t on hcen st gSdgxa.
Bärnert genommen, und andere haben einen Ger gehabt und haben sie gestochen.
d$s eS als Seen gsen, awar hit wqis mar fon d$m dlam rvigs mee. Son
Das ist als schön gewesen, aber heute weiß man von dom allem nichts mehr. Schon
qbana drisic joor oggfcecer bgut mar bi ons k$ hanf mee. dsedar as dar
etwa dreißig Jahre ungefähr baut man bei uns keinen Hanf mehr. Seither als der
droot ofkoma-n-eS, on dt fila droodsqil fer d’Sef gamaxt sen togra,
Draht aufgekommen ist, und die vielen Drahtseile für die Schiffe gemacht sind worden,
on dgr fil uslcendiS hanf rinkoma-n-eS, us ruslant on us idalja on
und der viele ausländische Hanf hereingekommen ist, aus Rußland und aus Italien und
1 Docke, Strang Garn.
* Gebaucht, d. h. in heißer Lauge eingeweicht.
• Laub bedeutet die gebrühte Asche.
4 Taumelig, bewußtlos.
8 Ein Fischnetz an einer langen 8 tnnge.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
352
Friedrich Weit.
us fraygrgio — dsedar hteepr hqt sic’s bi ons halt nem rtrndprt, havf
aus Frankreich — seither hat sichs bei uns halt nimmer gelohnt (rentiert), Hanf
dsd bgua. ddfer bflanst mar jqds dawdk.
zu bauen. Dafür pflanzt man jetzt Tabak.
II. Der Tabakbau.
d{s eS dtnool secar, das aim dar dawdk ngx am mqisda cerwat innxt.
Das ist einmal sicher, daB einem der Tabak noch am meisten Arbeit macht
dar hauat an d’ceccrn duura f\ardsq daa ono es’s rom, avnr
Die Heuernte und die Getreideernte dauern vierzehn Tage und dann ist es hemm, aber
dar dawdk maxt aim s'gans joor dsa Safa. em mqrds fayd's San aan.
der Tabak macht einem das ganze Jahr zu schaffen. Im Mürz fängt’s schon in.
no hqisd’s dmool da soot gareSt. aiear dseers mqas mar wiidagmd
Dann heißt es einmal den Samen bereitgemacht. Aber zuerst muß man Weidengrund
odar qralgront 1 sqaxa. doo wgrdar noo drondar gamaxt On enara blat of
oder Erlengrund suchen. Da wird er dann drunter gemacht und in einer Platte anf
da gfa gSdqlt an fict kalda, das ar bal kirnt, manci maxa-na au
den Ofen gestellt und feucht gehalten, daß er bald keimt. Manche machen ihn auch
ena seegal, um st no en da Sdal hceyga, das ar qu ewar naaxt emar a
in ein Säckchen, das sie dann in den Stall hängen, daß er auch über Nacht immer eine
gliclict wqrm hqt. wcen d'kima oygfcecer a sandnneedar lag sen, es
gleichmäßige Wärme hat. Wenn die Keime ungefähr einen Zentimeter lang sind, ist
s dsit, das mar na sqqit.
es Zeit, daß man ihn säet.
awar dqs bruxt q wedar a bsondari reSdargi. mar kana ner/pmhc
Aber das braucht auch wieder eine besondere Rüsterci. Man kann ihn nämlich
negraat of da bgda sqqija; dgs hqist, mar kan So, awar ma dqat's negteiern,
nicht gerade auf den Boden säen; das heißt, man kann schon, aber man tut’s nicht gern,
wil ar soo mqiSt fon da wenn gfreesa wgrt. gaweenlic maxt mar 3
weil er so meist von den Würmern gefressen wird. Gewöhnlich macht man eine
bsondari gudS* dadsqa, a Sdek ewaram bgda.
do uceceanoo bfeel
besondere Kutsche dazu, ein Stück überm Boden. Da worden dann Pfähle geschlagen
on beeyal galqit ono komt liis drof on do drewar no gqadar tuest on
und Bengel gelegt und dann kommt Reisig drauf und darüber daDo guter Mist und
doo drof no gans gqadar masdar gront. dqr wgrt no keeric farmt
da drauf dann ganz guter feister Grund. Der wird dann gehörig verrecht
ono kamar da daivak drof sqqija. teils atear om dii dsit gaiceenl;
und dann kann man den Tabak drauf säen. Weil es aber um diese Zeit gewöhnlich
als ngx a besal kalt es dsnaaxt, dggt marna dsqa met Sdroo gdar d(acar,
als noch ein bischen kalt ist nachts, deckt man ihn zu mit Stroh oder Tüchern,
das ar net farfr(art. wcen dqs no rondarkomt, maxt mar mqist ngx
daß er nicht verfriert Wenn dieses dann herunterkommt, macht man meistens noch
1 Das zu Staub zerfallene faule Kernholz hohler Weiden- und Erlenstöcke.
7 Kutsche, ein auf Pfählen über dem Boden errichtetes Gestell (Pritsche), auf
dem die Setzlinge gezogen werden.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben der Mundart von Rheinbiscbofsheim.
353
a droodgedar drewar, das d'kadsd nedrof geen ona faräcera. wqr
ein Drahtgitter drüber, daß die Katzen nicht drauf gehen und ihn verscharren. Wer
na gans gipt bflqqija wel, maxt au ngx a dax dreioar us eelbabiir, das na
ihn ganz gut pflegen will, macht auch noch ein Dach drüber aus Ölpapier, daß ihn
d’son net farbrcent on dar rqqija na net farwceät. axvar d$s eä qigadli
die Sonne nicht verbrennt und der Regen ihn nicht verwascht. Aber das ist eigentlich
oneedi: wcenar garooda wel, garoodar dgx au oom dgs. solay ar of dar gudä
unnötig: wenn er geraten will, gerät er doch auch ohne das. Solaug er auf der Kutsche
ädeet, mips ar ah daa gSbredst wcecera, iccens negraat raayjt. dgs mips
steht, muß er alle Tage gespritzt werden, wenn es nicht gefade regnet. Das muß
awar met baxwasar gamaxt wcecera, bronaivasar eä a besät dsa kalt ferna.
aber mit Bachwasser gemacht werden, Brunnenwasser ist ein bischen zu kalt für ihn.
fon dsit dsip dsit mips ar qu suufar gajcet scn.
Von Zeit zu Zeit muß er auch sauber gejätet sein.
wcen di sqdsli no so feyarslay sen, kamar si s$dsa. awar d’
Wenn die Setzlinge dann so fingerslang sind, kann man Bie setzen. Aber die
(egar m\an fgrhcecer keenc gabgut on gipt gamest sen; dar dawak wel lok
Äcker müssen vorher gehörig gebaut und gut gemistet sein; der Tabak will locker
on maät, sonä wgrdar nigs. wcens no ans s$dsa geel, gaweenli so om
und feist, sonst wird er Dichts. Wenn es dann ans Setzen geht, gewöhnlich so um
bfeysde-n-arom, no hcelfa d’lit anandar; fer a groosar agar mips mar
Pfingsten herum, dann helfeu die Leute einander; für einen großen Acker muß man
so so qbana ds$$ gdar fofdsqq sen, sonä hqt mar dsa lay cerwat. qinar
schon so etwa zehn oder fünfzehn sein, sonst hat man zu lang Arbeit. Einer
mips fgrus gcen medam dawagreeca; dgs eä a groosar rceca met f\ar odar
muß voraus gehen mit dem Tabakrechen; daa ist ein großer Rechen mit vier oder
fenf dscecen, wu all gbana halwa meedar usanandar sdeen. dgr mips
fünf Zahnen, welche alle etwa einen halben Meter auseinander stehen. Der muß
no dar leey noox on ewardswcerc ewar da agar geen on ädrefa dsya,
dann der Länge nach und überzwerch über den Acker gehen und Streifen ziehen,
um dH sic no gridsa, do komt ewar aal a sqdsli nin. jeedi pcersoon hgt
wo die sich dann kreuzen, da kommt überall ein Setzling hinein. Jede Person hat
a s^dshgls on a-n-aldi sigarasaxdal gdar a-n-aldar hipt, wu si d’sqdslt
ein Setzholz und eine alte Zigarrenschachtel oder einen alten Hut, wo sie die Setzlinge
medrqit wcens graat a drogaiu dsit eä, mips jeedar sqdsh ngx gäbredst
mitträgt. Wenn es gerade eine trockene Zeit ist, muß jeder Setzling noch gespritzt
sen, awar dgs maxt emar fil cerwat, ofama agar hoga-n-emar a paar
sein, aber das macht immer viel Arbeit, auf einem Acker hocken immer ein paar
dgusic sqdsli.
tausend Setzlinge.
wcenar amool em bgda hogt, no es awar ngnegsqit, das er q
Wenn er einmal im Boden hockt, dann ist aber noch nicht gesagt, daß er auch
glic wagst, mancmool komt s’lombafp draan,glqini äncega
gleich wächst. Manchmal kommt das Ungeziefer (Lumpenvieh) dran, kleine Schnecken
gdar gceceli uerm, on freesa-n-am d'hcerdsla-n-ap. as komt als foor, das
oder gelbe Würmer, und fressen ihm das Herzchen ab. Es kommt als vor, daß
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 23
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
354
Friedrich Weit.
mar of qim blads drqi-, fpnnool nooxsqdsa mips; ar ivgrt halt emar wtdar
man auf einem Platz drei-, viermal nachsetzen muß; er wird halt immer wieder
gfrcesa. gqja d’sncega kamar kalk sdrqua , dost hpngeen, aicar d’
gefressen. Gegen die Schnecken kann man Kalk streuen, daß sie hingehen, aber die
werm mips mar faya , sonS breyt mar si net wtek. soivi ar emool keeric
Würmer muß man fangen, sonst bringt man sie nicht weg. Sowie er einmal gehörig
oaygawagsa-n-eS on Son Seent blcedla hqt, wgrdar kagt, qimool gdar
angewachsen ist und schon schöne Blättlein hat, wird er gehackt, einmal oder
dswaimool, jeenooxdqm’s needi eS; as dp-f halt kq drtek draan sen, das ar
zweimal, je nachdem es nötig ist; es darf halt kein Dreck dran sein, daß er
gipt wagsa kan. wtenar a besal greesar on sdqrgar eS, wgrdar kifalt \
gut wachsen kann. Wenn er ein bissei größer und stärker ist, wird er gehäufelt,
dqs kamar noo medam bfhpk maxa, awar fil lit maxas Ipwar medar
das kann man dann mit dem Pflug machen, aber vielo Leute machen’s lieber mit der
hak, das kqn Sdqgal fardqrbt gdar farwada wgrt.
Hacke, daß kein Stöckchen verderbt oder zertreten (verwatet) wird.
dii sdqk, wii hoox ganqa sen, werwra gakqbft, das alas en d'
Dio Stöcke, die hoch genug sind, werden geköpft, damit al’es in die
blqdar ivagst. nor a paar Sdqk lost mar wagsa, das st bl\atja on
Blätter wächst. Nur ein paar Stöcke laßt man wachsen, damit sie blühen und
soot gem; dt wccra no gipt manshoox, hren awar gans Smaali blredla,
Samen geben; dio weiden dann gut maunshoch, haben aber ganz schmale Blättlein,
wu mar net fil met aanfaya kan. awar weenar gakqbft eS, geet d'rrrwat
wo man nicht viel mit anfangen kann. Aber wenn er geköpft ist, geht die Arbeit
eerS loos. no faya d’gidsa aan dsa driiwa: do, wu d'blqdar usam
erst los. Dann fangen die Gitzen an zu treiben: da, wo die Blätter aus dem
Sdgk ruskoma, wagst ewaraal a gids nts. di m(an no ala
ßtock herauskommen, wächst überall eine Gitze heraus. Die müssen dann jede
wgx emool abgaresa weeerra on wagsa-n-emar wedar noox. dqs cS a
Woche einmal abgerissen werden und wachsen immer wieder nach. Das ist ein
sgugseeft, wrrn’s amool hqist: anjeedam blat ofam agar a gids ab-
Saugeschftft, wenn es einmal heißt: an jedem Blatt auf dem Acker eine Gitze ab-
rgbfa, on jeedar Sdgk hqdgx situ dsqq gdar fofdsqq blqdar — weemar
rupfen, und jeder Stock hat doch seine zehn oder fünfzehn Blätter — wenn man
soo a nomadaa draan eS gsen on d'son qim ngx keeric of da
so einen Nachmittag daran ist gewesen und die Sonne einem noch gehörig auf den
bogal gabreent hqt, kamar nein ofrweect Sdeen. on hemt on
Buckel (Rücken) gebrannt hat, kann man nimmer aufrecht stehon. Und Hände nnd
glqidar gr(at mar dabii, wi weemar ema sm[arfas kogt weewr! wirn
Kleider kriegt man dabei, wie wenn man in einem Schmiorfaß gehockt wäre! Wenn
dar dawak emool a besal groos eS, faya d’ondarSda blqdar Son aan ,
der Tabak einmal ein bischen groß ist, fangen die untersten Blätter schon an,
1 Gehäufelt, indem der Ackergrund an die Pflanzen heran gescharrt wird, so daß
zwischen den einzelnen Reihen Gräben entstehen.
1 Die wilden, unnützen Schößlinge, die an der Blattwurzel aus dem Stock beiaas-
wachsen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Proben der Mundart von Rheinbischofsheim.
355
gaal dsa waten, dt maxt mar noo rus on kLect 8i aan dsqa sandblqdar.
gelb zu werden. Die macht man dann heraus und sticht sie an zu Sandblättern.
en dar eersda halft fom s^bdambar eS ddr dawak dsidi, das mar
In der ersten Hälfte vom September ist der Tabak zeitig (reif), daß man
na kan bladanon hajmfjare, Utens na nonet farhqquwalt hgt, hqist d^s.
ihn kann blatten und heimfuhren, wenn’s ihn noch nicht verhagelt hat, heißt das.
manxmool tnaxds am jo net fil, das ar ngnagraat h\an eS, awar
Manchmal macht’s ihm ja nioht viel, daß er noch nicht gerade hin ist, aber
So mee tot emool h^dsna en da grondsoardsbgda ninyälaa — no
schon mehr wie einmal hat’s ihn in den Grundserdsboden hineingeschlagen — dann
kamaram nooxguga! 'da wagte am eS d’slemSdsit em gatisa joor.
kann man ihm nachgucken I Die Tabakernto ist die schlimmste Zeit im ganzen Jahr.
dsmgrjads geeds nus of da agar, no wgrdar gablat on glic ewar
Des Morgens geht es hinaus auf den Acker, dann wird er geblattet und gleich über
wcelala gabonda on hqimgftart. dt den btydar, wu ngx ofam bgda
Bündel gebunden und heimgefübrt. Dio dürren Blätter, wo noch auf dem Boden
Iqja, waten ofkqbt on en gamaxt; dgs get grombla 1 . dt waten
liegen, werden aufgehoben und in Säcke gemacht; das gibt ürumpen. Die werden
net aangsdgxa, di duat mar graat ofam bgda fgls dregla; si gtclda-n-
nicht angestochen, die tut man gerade auf dem Boden vollends trocknen; sie gelten
awar q net fil. ala nomedna wgrd dawak aangSdgxa: do hgt mar so
aber auch nicht viel. Alle Nachmittage wird Tabak aogeetochen: da hat man so
groosi noodla-n-on Sn\ar, wu ar draankomt. do mqas mar no jeeds blot
große Nadeln nnd Schnüre, wo er darankommt Da muß man dann jedes Blatt
qindsal infaodla. d$s eS a laywilis gsaft, wanegraat a loSdici
einzeln einfädeln. Das ist ein langweiliges Geschäft, wenn nicht gerade eine lustige
gsglSnft biinandar es, wu gbs fardseclt gdar gsotja wgrt. awar mqüt
Gesellschaft beieinander ist, wo etwas erzählt oder gesungen wird. Aber meist
han alt lit salwar dawak. dii, wu no dseerS ftrdi sen, halfa da
haben alle Leute selber Tabak. Die, welche dann zuerst fertig sind, helfen den
andara. wamar fil gablat h$t, mqas mar emar anahoga bes dsnaaxt
andern. Wenn man viel geblattet hat, muß man immer hinhocken bis nachts
am dswqlfa, ainsa on q ngx l^gar: ar mqas halt wagSaft sen, as get ala
um zwölf, eins und auch noch länger: or muß halt weggeschafft sein, es gibt alle
daa wedar fresar. ala mgrja mqas mar na ofhteyga. mqiSt kamar dgx
Tage wieder frischen. Alle Morgen muß man ihn aufhängen. Meist kann man doch
net so frpi nus, wils als om dii dsit fil nawal h$t, sotlas mar
nicht so früh hinaus, weil es als um diese Zeit viel Nebel hat, so daß man
tcoarda mqas lies d'son ruskomt on da dawak a besal ofdregalt.
warten muß, bis die Sonne heraus kommt und den Tabak ein bissei auftrocknet.
wtenar ne keeric walk es, breedar on farist, wamarna of da Sgbf
Wenn er nicLt gehörig wolk ist, bricht er und zerreißt, wenn man ihn auf den Schopf
nofdsgit on ofhtegt. u-ans als graat rqait om dii dsit, hgt mar a
hinaufzieht und aufhängt. Wenn es als gerade regnet um diese Zeit, hat man eine
1 Grumpen, die schlechteste Sorte; dss Mittelgut heißt Sandblatt
23*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
356 Friedrich Weit. Proben der Mundart von Rheinbischofsheim.
noot, bes ar taim es on bambalt. mar kam net bes em ggdggwar Sdeen
Not, bis er daheim ist und baumelt. Man kann ihn uicht bis im Oktober stehen
Ign, wil ar sons farfr\ara (leeret; dar dawak kan kg rifa fdrdraa.
lassen, weil er sonst verfrieren täte; der Tabak kann keinen Reif ertragen.
wamo amool d’blgdar fom agdr sen, m\an au d’Sdprdsa 1 bal rus-
Wenn dann einmal die Blätter vom Acker sind, müssen auch die Stortzen bald heraus-
kagt sen, wil si da bgda dsa art usnodsa. di fort mar noo of
gemacht sein, weil sie den Boden zu arg ausnützen. Diese führt man dann auf
d'mat on. doo bliiiva st da wendar ewar lg ja, dost d’inat mesda;
die Matte und da bleiben sie den Winter über liegen, daß sie die Matte misten;
s'hceyt joo dgx als emar ngx grond draan. bes em frpyoor sen si gans
es hängt ja doch als immer noch Grund daran. Bis im Frühjahr sind sie ganz
suufar, owrens no amool Seen wredar eS, wtetera si ofkgbt on
sauber, und wenn's dann einmal schön Wetter ist, werden sie aufgehoben und
hqimgfort, fals st s'hooxwasar net medganom,9 hqt, was als au amool
heimgeführt, falls sie das Hochwasser nicht mitgenommen hat, was als auch einmal
foorkomt. di hoola gadgrda sdgrdsa sen gipt dsipm fiiraanmaxa.
vorkommt Die hohlen gedörrten Stortzen sind gut zum Feueranmachen.
wi da dawak amool ondar dax eS on hreyt, eS ar us am gr^bsda
Sowie der Tabak einmal unter Dach ist und hängt, ist er aus dem Gröbsteu
hus. farhqquwla kans na jqds amool nem, awar wams dsa waarm es
heraus. Verhageln kann es ihn jetzt einmal nimmer, aber wenn’s zu warm ist
on k% loft geet, kanar ahn ngx en dar htegk kabut geen, ar
und kein Luft (Wind) geht, kann er einem noch in der Hänge kaput gehen, er
wgrt gceeem rebaful on semalt, bsondars weenar a besal dek hreyt.
wird gern rippenfaul und schimmelt, besonders wenn er ein bissei dick bängt.
ar mips ewaraal loft hccn, drom mips mar au fil ds(ajal ofsd^la;
Er muß überall Luft haben, darum muß man auch viele Ziegel aufstellen;
wcenar amool a besal der es on brrent , koma gaweenli d'kaifar,
wenn er einmal ein bissei dürr ist und brennt, kommen gewöhnlich die Käufer,
awar wcen sina u-gla, kgufa sina mancmool q son ofam agar.
aber wenn sie ihn wollen, kaufen sio ihn manchmal auch schon auf dem Acker.
dqs ei no als a groosar rombal em gansa dgrf. do Iqufa di maglar on
Das ist dann als ein großer Rummel im ganzen Dorf. Da laufen die Makler und
wfo na da buura ababla omaxana Sheet on sqauwa: ar brrent
wollen ihn den Bauern abschwatzen und machen ihn schlecht und sagen: er brennt
net dgs joor. warn si noo amool qinar draangabrooxt heen, dos ar da
nicht dieses Jahr. Wenn sie dann einmal einen drangebracht haben, daß er den
aanfay maxt , no eS en a paar sdont dar gans dawak am grt farkquft;
Anfang macht, dann ist in ein paar Stunden der ganze Tabak im Ort verkauft;
fil luena jo q So fgrluecer da moklar farsbrgxa: om da heegsda
viele haben ihn ja auch schon vorher den Maklern versprochen: um den höchsten
briis. dii, wunoo net maxa, dasina badsida loosbreya, grpija maßt
Preis. Die, die dann nicht machen, daß sie ihn beizeiten losbringen, kriegen meist
1 Stortzen, die entblätterten Stöcke.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Otto Heilig. Mundartliche Proben aus dem badischen Frankenland.
357
wqnjar, wcen amool dar hqubdrombal farb^i es v . mancmool kam na dsivaar
weniger, wenn einmal der Hauptrummel vorbei ist. Manchmal kann es ihnen zwar
a garooda, dost ngx a besal mee gr(aija, wrrnar graat an gsqaxt
auch geraten, daß sie noch ein bissei mehr kriegen, wenn er gerade arg gesucht
es on st seenar tuen.
ist und sie schönen haben.
awar was mar gr\at, kamar eers soa, wanar amool abga wgguwa-n-
Aber was man kriegt, kann man erst sagen, wenn er einmal abgewogen
es. kords fgr winaaxt wgrt ar abkceyt on ewar glqim wcelala gabonda.
ist. Kurz vor Weihnachten wird er abgehängt und über kleine Bündel gebunden.
soo komt ar no of d'wgguw. awar do komt q wedar fil ofs ivcedar
So kommt er dann anf die Wage. Aber da kommt auch wieder viel aufs Wetter
aan. wcens an kalt es, so das ar fest usgfriart, wqeit ar net so fil, as
an. Wenn's arg kalt ist, so daß er fest ausgefriert, wiegt er nicht so viel, als
wcem a besal ncnvlic eS gdar gaar dquwwdar h{t graat. manci dqana
wenn’s ein bissei neblig ist oder gar Tauwetter hat gerade. Manche tun ihn
als au a besal Sbredsa met uaarm wasar, dos ar net so an brgs es
als auch ein bissei spritzen mit warmem Wasser, daß er nicht so arg spröd ist
on farbrggalt, wcmiar of d’wgguw komt. awar as es q .«To mancar
und zerbröckelt, wenn er auf die Wage kommt. Aber es ist auch schon mancher
niygfola, wune dsa an gsbrr.dst hgt: wcmar dsa nas gdar sonü negqat
hineiugefallen, wo ihn* zu arg gespritzt hat: wenn er zu naß oder sonst nicht gut
pandalt e£, dsgit qim dar kaifar soo on so fil am dscendnar ap. no hqt
behandelt ist, zieht einem der Käufer so und soviel am Zentner ab. Dann hat
mars; was wel mar maxa? fort >nqas ar halt, am nceaniilycd daa, wu ar
man’s. was will man machen? Fort muß er halt, am nämlichen Tag, wo er
abgaivgguiva ivgrt, wgrt qu s'gcelt usbadsaalt, awar dsnaaxt eers, cma
abgewogen wird, wird auch das Geld ausbezahlt, aber .nachts erst, in einem
werdshuus. d^s es no a groos fest, wu fil gcrsa on gadroyga wgrt.
Wirtshaus. Das ist dann ein großes Fest, wo viel gegessen und getrunken wird.
manci hoga als fort bes daa on farga-sa s’hqimgeen gdar Iqna da
Manche hocken als fort bis Tag und vergessen das Hoimgohen oder können den
wqqi nein fenda.
Weg nicht mehr finden.
Mundartliche Proben aus dem badischen Frankenland.
Von Otto Heilig.
Zur Schreibung: Die vor erhaltenem Nasal stehenden Vokale sind genäselt zu sprechen.
1. Mundart von Königheim.
A.: deykdr amool! gesdrn n&äxt A.: Denke dir einmal! Gestern
bim sbciöt fun biisama hanm. s is nacht bin ich spät von Bischofsheirn
rqqct finSdr gwrg. ivii i am sdam- heim. Es ist recht finster gewesen.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
358
Otto Heilig.
bqqrc glaafs bin, sqqi nüüivr an Wie ich am Stammberg (< Stein-
huSsbox; doo drüio» reict sic ebs; berg) gelaufen bin, sehe ich hinüber
8 wqrt kql. un tcäs manSt, das i an den Huschenbach; da drüben
gsqq hää? dr Sümdlisraidr is fum regt sich etwas; es wird hell. Und
hnsdbox drüwd rundr kamd. i hää was meinst du, das ich gesehen
n gsqq. uf dnid gross waisd ganl habe? Der Schimmelreiter ist vom
isr gsqsd un hot sain koupf unsrrn Huschenbach drüben herunterge-
äärm kät (kädd). gforct häwi mi, kommen. Ich habe ihn gesehen.
das mr toor gecd bqrc gSdans sen. Auf einem großen weißen Gaul ist
er gesessen und hat seinen Kopf
unterm Arm gehabt. Gefürchtet
habe ich mich, daß mir die Haare
gegen Berg gestanden sind.
B.: o Halts maul! tiiks hott gsqq; B.: 0, halte das Maul! Nichts
s gait jo gäär kan Sümdlisraidr. hast du gesehen; es gibt ja gar
keinen Schimmelreiter.
A.: sou, du bist aa aansr fun A.: So, du bist auch einer von
deens, icu(u) niks glaawd! denen, die nichts glauben!
2. Mundart von Steinbach bei Wertheim.
duu, hanss, höor smool, dr E . . . Du, Johann, höre einmal, der
hdt si widr aans glaiSt. letSdd miit- E... hat sich wieder eines geleistet
wuxs is mark in ivqrdd gu'qqd, uf Letzten Mittwoch ist Markt in Wert-
dqn hotr gwclt. dasr joo kan huyr heim gewesen, auf den hat er ge-
tsu laida brauxt, gedr um ooicdt wollt. Daß er ja keinen Hunger zu
forhqqr nuf tsum H. . . un kaft sic leiden braucht, geht er am Abend
sn suarddmanxd un s JlaSd wai n , vorher hinauf zum H . . . und kauft
gct haam un Iqict di gantsd U'iks in sich einen Schwartenmagen und
di fudrmaSiindbeyk, Smaist no sn eine Flasche Wein, geht heim und
arfl Hai druf das sa fraa joo niks legt die ganze Wichse in die Futter-
mqrgd söl. maschinenbank, schmeißt noch einen
Armvoll Heu drauf, daß seine Frau
ja nichts merken soll.
noxt gcdr uidr fort, seiet qwr ' Nachher geht er wieder fort, sagt
sars fraa, si brauet ka fudr tsu aber seiner Frau, sie brauche kein
Snaids, bisr icidr doo uqqr. ivis Futter zu schneiden, bis er wieder
qwr dinool uf dd ooust tsnu gays da wäre. Wie es aber einmal auf
is, unsr künt als no net, feykt sa den Abend zu gegangen ist, und er
fraa un dr knqqct dox dicail oo n kommt als noch nicht, fängt seine
fudr tsu Snaids. si hqus no net Frau und der Knecht doch eine
rqqct ou n gfayd kadd, uf aa n mool Weile (= einstweilen) an Futter zu
kraxts im sehes anxobUik feykt dr schneiden. Sie haben noch nicht
knqqct oo n grabt naus tsu sraid, uail recht angefangen gehabt, auf einmal
kracht es. Im selben Augenblick
fängt der Knecht an gerade hinaus-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Mundartliche Proben aus dom badischen Frankenland.
ar maant, di nausgSnidana reeml
Swardam&äxa wqgra fun dr fraa iira
hen. dii Sbriykt glai hinari un
maant , am lenket is qbs basiirt. uf
aa H inool künt qgr dr houf hqqrgsaust
un Srait So fun waidam: halt , halt,
s lait qbs in dr maSiinabeyk.
dooruf hii n isan noxt almqqli s
lict ufgaya. geSdrn is di gants gSict
in dr tsaiduy kuma — un sa fraa
hot gSimpft. das si’n net gmkst
hot, wäär ahs.
zuschreien, weil er meint, die hin¬
ausgeschnittenen Riemen Schwarten-
magon wären von der Frau ihren
Händen. Die(se) springt gleich nach
hinten und meint, dem Knecht ist
etwas passiert. Auf einmal kommt
er den Hof hergesaust und schreit
schon von weitem: halt, halt, es
liegt etwas in der Maschinenbank.
Daraufhin ist ihnen nachher all¬
mählich das Licht aufgegangen.
Gestern ist die ganze Geschichte in
der Zeitung gekommen — und seine
Frau hat geschimpft Daß sie ihn
nicht gewichst hat, war alles.
3. Mundart von Höpfingen.
hpret amool. i wil eu amool qbs
fartsqqla, wasmr unr hqqrlo seeli So
filmool fartsqqlt hot. s iS im joor
66 gwqq, um d’ praisa mit da
öSdraicar kriik kat hqn. doo iS an
Seenr daak unr hqqrla hina dr Ek
gtrqq un hot grumbeera nai n gatsakrt.
doo sqn uf aa n mool d’ praisa mit da
kanoona da Sdöklasbqqrik rai n kuma.
unr hqqrla drnoort niks wi uf un
dafuu H un hgrtli hoomgSbruya.
toom iS So unr fraala uf dr Sdafl
gsdano un sqct: max no, das da
dai n fi fgrtSaßt; i hab So a lox in
dr Seuar gmaxt, wnu i’ s flaaS un
unr geeit nai n duun ( nai n daa u na) uni.
dr hqqrla iS in da Sdddl (Sdal) gaya
un bint kuu ab un traibt sa nüüwr
uf da koombqqr'k in da icäält.
s fraala fargrqqbt s flaaS un Saft
alrhant anari saxa, tcii a drooa foul
Horcht einmal! Ich will euch
einmal etwas erzählen, was mir
unser Großvater selig schon vielmals
erzählt hat. Es ist im Jahr 66 ge¬
wesen, wo die Preußen mit den
Österreichern Krieg gehabt haben.
Da ist eines schönen Tags unser
Großvater hinten an der Eck ge¬
wesen und hat Grundbirnen (= Kar¬
toffeln) hineingezackert. Da sind
auf einmal die Preußen mit den
Kanonen den Stöckleinsberg herein-
(zu) gekommen. Unser Großvater
darnach nichts wie auf und davon
und hurtig heimgesprungen.
Daheim ist schon unsere Gro߬
mutter auf der Staffel gestanden
und sagt: mach nur, daß du dein
Vieh fortschaffst; ich habe schon
ein Loch in der Scheuer gemacht,
wo ich das Fleisch und unser Geld
hineintun will. Der Großvater ist
in den Stall gegangen und bindet
die Kuh ab und treibt sie hinüber
auf den Kornberg in den Wald.
Die Großmutter vergräbt das
Fleisch und schafft allerhand andere
Sachen, wie eine Truhe voll Ge-
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
360
Julius Lux.
gsbunanas un brout, ins NeustS
Harn unarqrdSa kelr, wuu a anara
leid iir sax hii n gdbroxt hqn. ddnoort
wqrt kelrdüür far-ramlt, sou das
d’ praisa ricdi niks gfun9 hqn. nox
d bäär sdun i$ aa unr hqqrla widr
hoomgfäärn un d’ praisd sqn als no
doo guq ?, aivr gddau n hqn sam niks.
sponnenes und Brot, in des Neusers
ihren unterirdischen Keller, wo auch
andere Leute ihr Sach (Eigentum)
hiDgebracht haben. Darnach wird
die Kellertür verrammelt, so daß
die Preußen richtig nichts gefunden
haben. Nach ein paar Stunden ist
auch unser Großvater wieder heim-
gefahren, und die Preußen sind als
noch dagewesen, aber getan haben
sie ihm nichts.
Spracliproben aus der deutschen Mundart von Dobsiua
in Oberungarn.
Von Julius Lux.
Dobsina (lies: dobSina ), deutsch Dobschau, ist eine kleine Berg¬
stadt im nördlichen Teil des Komitates Gömör. Ihre deutschen Ein¬
wohner wanderten in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts hier ein.
Ihre Urheimat kann man heute mit Sicherheit noch nicht bestimmen:
doch ist sie nach den Ergebnissen meiner bisherigen vergleichenden
Lautforschung auf dem Gebiete zu suchen, das sich von Norden nach
Süden von den Vorländern des Erzgebirges über den Frankenwald, das
Fichtelgebirge, östlich von Bayreuth bis Regensburg, hinzieht. Genaueres
werde ich erst nach dem gründlicheren Studium des Wenkerschen Sprach¬
atlas behaupten können.
Dobsina zählt laut der 1910 vorgenommenen Volkszählung 5029
Seelen. Nähere Daten stehen mir nur aus der Volkszählung von 1900
zur Verfügung. Demnach waren
746 Ungarn,
2790 Deutsche,
1509 Slowaken,
1 Walach,
69 andere,
zusammen 5015 Seelen.
Schreiben und lesen konnten 3445. Hier muß bemerkt werden,
daß die Deutschen im Gegensatz zu den Slowaken alle schreiben und
lesen können.
Das Volk befaßt sich meistens mit Bergbau und Gewerbe, zum ge¬
ringen Teil mit Feldbau.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Sprachproben aus der deutschen Mundart von Dobsina in Oberungarn.
361
Zur Lautentwicklung ist folgendes zu bemerken:
Germ, anlautendes p, t, k > Dobsinaer (dobs.) pf, tf ts, k\ z. B.
got. papa, dobs. pfof, tfof\ got. taikns, dobs. ts^qcy, Zeichen; got kat/pun,
dobs. kqtfm, kaufen.
Germ, in- und auslautendes t, p, k > dobs. s, f, c, x\ z. B. got
batixa, dobs. p?sr, besser; got. diups, dobs. tiif, tief; got leik, dobs. laec,
Leiche.
Germ, inlaut. pp, tt, kk > dobs. p, ts, k\ z. B. ahd. scepfen, dobs.
Sqpm, schöpfen; ahd. aphul , dobs. opl, Apfel; ahd. exxen, dobs. tfsn,
etzen; ahd. decchen, dobs. dqky, decken.
Nach Liquiden und Nasalen:
Germ, t > dobs. te: ahd. herxa, dobs. harts usw.
Germ, p > dobs. f: ahd. scimpf, dobs. Sinfm, schimpfen; donf Dampf.
— Aber ahd. stampfön, dobs. Stompm, dobs. Strümp, Strumpf usw.
Germ, d > dobs. t; got dags, dobs. took (das k ist eine stimmlose
Media). Aber vor -r bleibt d: drüüSl, Drossel, drüün, Drohne.
Germ, b > dobs. p: poom, Baum; phium, Blume. Aber vor -r
bleibt b: brun, Brunnen, braot, Braut usw.
Germ, g > dobs. g: golgy, Galgen.
Mhd. (altbayrisches) anlautendes w wird immer zu b: basr, Wasser;
baep, Weib, b^sn, waschen, boos, was.
Vor -r wird der mhd. Vokal diphthongiert: doaf, Dorf, hoar, Haar,
gnagl, Gurgel, Stints, Stürze, piak, Birke, lytrsr, Lehrer usw.
Mhd. Diphthonge sind fast immer zu Monophthongen, mhd. f, ü
und in immer zu Diphthongen geworden.
Die unbetonten Präfixe haben vollere Laute erhalten als das Nhd.:
pu- (be-), ga- (ge-), unt- (ent-), dor- (-er), für- (ver-), tsu (zcr-).
Die Geminaten sind gänzlich geschwunden.
Der alte Dualis-Suffix -s (kümts h$ar, kommt her) und der Dualis
is (ihr) in pluraler Bedeutung ist erhalten.
Das Part. Prät. des >sein« ist: gabeest, gewesen.
Sprachproben.
1. nx Srtsl, du mae phium,
Smisr mr di rüüdn Sun;
Smior za mr hcpS unt facn,
ben du mae Sofs bclst xaen.
2. host-tu net maen Sots gaxecn?
ic bül-an lüsn grisn!
ic hob-an en dr mos gnxcen,
tsoplt-or men fisu.
Ach, Schätzlein, du Blume mein,
Schmier(e) mir die roten Schuh!
Schmier(e) sie mir hübsch und fein,
Wenn du mein Schatz willst sein.
Hast nicht meinen Schatz gesehn?
Ich möcht ihn grüßen lassen!
Ich hab(e) ihn in der Maß (Hoch¬
ofen) gesehn,
(Da) zappelt er mit den Füßen.
Digitized by
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
362
Julius Lux.
ben - s>r bit früügy, box-ic tun?
xoog-ic xae gaStoabm;
ben-dr bit xqar traoric tuun,
xoog ic küm Sunt moagy.
Wenn er wird fragen, was ich tu,
Sag(e), ich bin gestorben;
Wenn er aber sehr traurig tun wird,
Sag(e), ich komm schon morgen.
3. klqqna feS unt gruusa feS
Sviman en-dn taecy;
bqar da bei ds mqqdl hoon,
mus em di mütr Slaecy.
4. draemül drae es naena;
Setsl, du pest maena.
ic het-tic net geebm für iaoxnt
gulgy,
its geb ic die für naena.
5. hopsasa!
Siiapt mae fraa,
nqm ic mr a ondra!
di mus xaen,
hepS unt faen,
se/ur bi di ondra!
Kleine Fische und große Fische
Schwimmen in den Teichen;
Wer das Mädchen haben will,
Muß um die Mutter schleichen.
Dreimal drei sind neune;
Schätzlein, du bist meine.
Ich hätt(e) dich nicht gegeben für
tausend Gulden,
Jetzt gib ich dich für neune.
Hopsasa!
Stirbt meine Frau,
Nehme ich mir eine andre!
Die muß sein,
Hübsch und fein,
Schöner, wie die andre!
Hochzeitslied.
6 . Seena liiba maena,
isü taoxnt guta nooxt!
leeg en poatn en kostn,
nem di haob afoar!
Seena liiba maena,
tsü taoxnt guta nooxt!
du host nüx xqar a klqqna,
boos host-tr dpi gadooxt!
Schöne Liebe, meine,
Zu tausend guto Nacht!
Leg den Brautkranz (ungar. pärta)
in den Kasten,
Nimm die Haube hervor!
Schöne Liebe, meine,
Zu tausend gute Nacht!
Du hast noch eine sehr kleine,
Was hast dir denn gedacht!
Sprichwörter,
1. iidl, diidl, recyStiil,
olta baebr esn fil.
2 . fün qadült es eemül a kots
fürrekt.
3. dqar bqSt met tsveen plaajdln üf
tsvee pqyky.
4. nüün esn xaen mae ge st.
5. dqar stiapt üf kqqn slree.
6 . oama laet küxy met bosr.
Redensarten.
Idel, didel, Rechenstiel,
Alte Weiber essen viel.
Von Geduld ist einmal eine Katze
verreckt
Dieser wäscht mit zwei Bleueln auf
zwei Bänken.
Nach dem Essen sind meine Gäste.
Der stirbt auf keinem Stroh.
Arme Leute kochen mit Wasser.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Sprachproben aus der deutschen Mundart von Dobsina in Oberungarn. 363
7. dar faola mus tsüresn geen. Der Faule muß zerrissen gehen.
8 . ic xae oox net üm poom drxüfm Ich bin auch nicht am Baum er-
unt en ehr reest fürbriit. soffen und in der Röste verbrannt
9. einxünst es dar täüt unt nist es Umsonst ist der Tod und Nichts ist
gut üf di aagy. gut auf die Augen.
10. glaec bist besn, bi fenf e^abas en Gleich wirst wissen, wie fünf Erbsen
an ßailtüp küxy. in einem Vierteltopf (30 Liter)
kochen.
ola juyan! bu xaets? Alle Jungen (Knaben)! Wo seid ihr?
ola hii, ola hii! Alle hier, alle hier!
bür ban tontsn pis üf frii. Wir werden tanzen bis morgen früh.
ola m$$dl! bu xaets? Alle Mädel! Wo seid ihr?
ola hii, ola hii! Alle hier, alle hier!
bür ban tontsn pis üf frii. Wir werden tanzen bis morgen früh.
Kindervers.
a hen unt a hoon;
heept xic mae mqarcen oon.
a kuu unt a kolp,
es mae mearcen holp.
a kots unt a maos,
es mae mqareen aos,
pis üf Kramers haos.
ic bentS, ic bentS, ic b^s net boos,
hendrn üübm xetst a hoos.
$ar Spriykt iibrs maajarcen,
tsübrect an tüp fäl aapreen.
Gespräch beim
A. is liibm kendreen kumts ahqftm.
B. bür tarn net.
A. für beem?
B. füm bülf.
A. bu ex-dr?
B. hendrn kipmZtraox.
A. boos tid-or?
B. »r flekt kiaplcen.
A. biß poar?
B. hundart.
Eine Henne und ein Hahn;
Hebt sich (beginnt sich) mein Märchen
Eine Kuh und ein Kalb, fan.
Ist mein Märchen halb.
Eine Katze und eine Maus,
Ist mein Märchen aus,
Bis auf Kramers Haus.
Ich wünsch’, ich wünsch', ich weiß
nicht was,
Hinterm Ofen sitzt ein Has\
Er springt übers Mäuerchen (hinterm
Ofen),
Zerbricht einen Topf voll Eierchen.
Kinderspiel.
Ihr lieben Kinderchen kommt nach
Wir dürfen nicht [Hause.
Für wen (nicht)?
Für den Wolf.
Wo ist er?
Hinter dem Hagerosenstrauch.
Was macht er?
Er flickt Riemenschuh.
Wieviel Paar?
Hundert
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
364 Anton
qqnds, tsvaa, draaja,
pika, poka, haaja,
pika, poka, hoomrslook,
xiibm kendr liigy tuät.
kirnt-tr fes,
spriykt um teZ;
kirnt -ti kots,
frest gn feS;
kirnt-tr pectr
met-tr flo§,
gaet-tr kots
a praava toS.
JcraeSt - ti kots
miau, miau,
unt-tr peetr sau, Sau/
Pfalz.
Eins, zwei, drei,
Pika, poka, haj(a),
Pika, poka, Hammerschlag,
Sieben Kinder liegen tot
Kommt der Fisch,
Springt auf den Tisch;
Kommt die Katze,
Frißt den Fisch;
Kommt der Peter
Mit der Flasche,
Gibt der Katze
Eine brave Ohrfeige.
Kreischt die Katze
Miau, miau,
Und der Peter schau, schau!
Zur Erklärung der »ripuariscken Gutturalisiernng«.
Von Anton Pfalz.
Gelegentlich phonographischer Mundartaufnahmen, die ich im ver¬
gangenen Sommer (1911) gemeinsam mit Prof. Lessiak und Dr. W. Stein¬
häuser in Freiburg in der Schweiz für das Phonogrammarchiv der
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien besorgte, fanden wir
in der mittelfränkischen Mundart von Hinderhausen bei St. Vith, im
Regierungsbezirk Aachen, in gewissen Wörtern Stoßton vor. Als
Sprecher hatte sich uns der damalige Hörer der Freiburger philosophischen
Fakultät, Herr Benzerath aus Lommersweilen, in liebenswürdiger Weise
zur Verfügung gestellt. 1
In der Mundart von Hinderhausen tragen die mhd. Längen vor
verschobenem s Stoßton: füs Füße, fus Fuß, Strgs Straße, ggs Gaße,
Igsn laßen, jrüs Grüße, jrus Gruß, sgs saß, sgsn saßen, gsti aßen, mgs Maß.
Dazu halte ich nun den Einschub eines Kehllautes nach mhd. Lange
vor t und den Übergang auslautender n in y nach Länge. Die so ent¬
standene Lautgruppe kt ist ihrer Stärke nach halbfortis. Es heißt also:
dsikt Zeit, fikt Veith, lükt Leute, hü kt heute, niikt Kot, ti(kt tot, driiksen
dreizehn, nüy neun, say schön, tv(y Wein, d(ysr deiner, m\yd meinen
(meum), riy rein.
Nach Wrede, Anzeiger f. deutsches Altertum 20, 219 f., kommt
der Einschub des Gutturals im Worte »Leute« in folgenden Orten vor:
- - - _ •
1 Vgl. die Platten 1480, 14S1 des Phonogrammarchivs d. kais. Akademie.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Zur Erklärung der »ripuarischen Gutturalisierung«.
365
Montjoie, Düren, Bergheim, Gresseubroich, Leichlingen, Burg, Blanken¬
berg, Linz, Sinzig, Adenau, Gerolstein, Scbönecken, Bitburg, Neuerburg
und im Süden bis zur Schnee-Eifel. 1
Der Stoßton besteht im wesentlichen darin, daß der starkakzentuierte
Vokal auf einen Augenblick durch plötzliches Schließen der Stimmritze
unterbrochen wird. 5 Ob nur die Ma. von Hinderhausen Stoßton kennt,
kann ich nicht feststellen. In mir zugänglichen Arbeiten über verwandte
Mundarten, die wohl »Gutturalisierung« kennen, fand ich ihn nicht er¬
wähnt. Tritt nun zwischen Vokallänge und Zahnverschlußlaut ein Kehl¬
laut ein, so sehe ich darin nichts anderes als die Verschiebung des
Stimmritzenverschlusses vom Ausatmuugsgipfel der Silbe nach ihrem
Ausatmungsende. Der dem Verschlußlaut (/) genäherte Stimmritzen-
(Kehlköpf-) Verschluß gleicht sich dem Nachbar an und wird zu k. Die¬
selbe Verschiebung des Kehlkopf Verschlusses trat in der Lautfolge
Länge + n ein und aus k — g + n entwickelte sich y.* Prof. v. Ett-
mayer (Innsbruck) machte mich auf eine ähnliche Erscheinung in räto¬
romanischen Mundarten der Schweiz aufmerksam, in denen für ge¬
schichtliches k entweder Kehlkopfverschluß oder zuweilen auch Stoßton
eintritt, also umgekehrte Verschiebung.
Daß sich der Stoßton vor Zahnreibellaut hielt, vor Verschluß- und
Sonorlaut aber nicht, hat wohl seinen Grund in der Anpassungsfähigkeit
des n und in der verschiedenen Bildungsweise der Verschluß- und Reibe¬
laute. Wir haben es hier mit einer »Assimilationserscheinung« zu tun:
der ursprünglich im Silbengipfel stehende Kehlkopfverschluß wirkte vor¬
wärts und trieb das n zu y und schob sich zugleich ins Silbental nach
dem y hin. Folgte auf den Stoßton ein Zahnverschlußlaut (/), so trat
Angleichung der »Artikulationsart« ein, indem der Kehlkopfverschluß,
vom Silbengipfel gewichen, zu einem gutturalen Mund Verschluß wurde,
also k ergab. Vor dem ohne vollen Verschluß erzeugten Reibelaut, der
vom Stoßton sowohl durch seine »Artikulationsstelle«, als auch durch
seine »Artikulationsart« unterschieden ist, bildete der dem Stimmritzen-
(Kehlkopf-) Verschluß nachfolgende kurze Vokalklang gewissermaßen einen
Übergangslaut. Hier ist der Stoßton erhalten.
Ich nehme also an, daß die »Gutturalisierung« eine Wirkung des
Stoßtones ist, der in Silben mit Selbstlautlänge und darauffolgendem Zahn¬
laut (/, n, s ) geherrscht hat, vor s in unserer Ma. noch gesprochen wird.
1 Vgl. die Angaben bei Harnisch, Studien zur niederrheinischen Dialektgeographie.
Über n<glg) vgl. Wrede, Anz. f. d. Altert. 20, 213f.; 26, 344.
* Vgl. Sievers, Grundzuge der Phonetik 6 , §§ 585ff., 608.
* Vgl. dazu Sievers, a. a. 0. § 755.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
366
Bücherbesprechungen.
Bücherbesprechungen.
W. Simonsen, Niederdeutsch und Hochdeutsch in den Chroniken des Johann
Adolph Neocorus und des Daniel LUbbeke. Phil. Diss. Kiel 1911. 124 8.
Der Vf. will eiue grammatische Darstellung der Sprache in beiden Chroniken
geben, aber sein Endziel ist die Heimatma. der beiden Chronisten. Um dies Ziel zu er¬
reichen, muß er die Einflüsse zweier Schriftsprachen, der ndd. wie derbd., ausscheiden.
Doch der Rest ist, wie sich ergibt, immer noch nicht Ma., sondern ist durch die Ortho¬
graphie einer in der Hauptsache aus dem Mfrk., also von Köln, stammenden Schreib-
gowohnheit so verkleidet, daß es nur selten möglich ist, die mundartliche Gestalt heraus¬
zuschälen.
Bei der Absonderung des hd. Lehngutes geht S. viel zu radikal vor. Er begeht
den bei der Behandlung früherer Sprachstufen so häufigen Fehler, etwas bereits Hei¬
misches, aus fremden Sprachen oder Maa. Stammendes noch als fremd anzusehen. So
hatten vor Neocorus und Lübbeke die Wörter xiren, xirat, speisse u. a. längst Heimat-
rechte auf ndd. Boden erworben. Es ist etwas anderes, ob ich sage, xiren ist noch
nioht as., also mnd., oder ob ich xiren gegen Ende der mnd Epoche eindringen lasse.
Hier zeigt sich der entgegengesetzte Fehler zu dem noch häufigeren, daß Lautwandlungen,
die sich vor unserer Periode vollzogen haben, ohne weiteres in die große vorhergehende
hinanfgeschoben werden. Solange die absolute Chronologie der Lauterscheinungen nicht
feststeht, sollte man sich in der von 0. Bremer seit Jahrzehnten wiederholt an einzelnen
Beispielen dargestellten relativen versuchen. Den Ausstellungen, die W. Seelmann im
Ndd. Korrbl. 32, 95 — 96 wegen der Behandlung des anscheinend hd. l<ehngutes macht,
schließe ich mich daher an.
Um den mundartlichen Charakter des restlichen Sprachgutes zu erweiben, zieht
8. mit Recht die heutige Ma. heran. Für Neocorus, der um 1600 die Geschichte von
Dithmarschen schrieb, benutzt er die Arbeit über den »Lautstand des iym -Gebiets in
Dithmarschen« von Hugo Kohbrok (Kieler Diss. 1901) und für den gleichzeitigen
Lübbeke die Arbeit von J. Bernhardt über den »Lautstand der Glückstädter Ma.« im
Ndd. Jb. 18, 81 —104, und 20, 1 — 39, die als Zeugnis dor Ma. dieses Chroniston an¬
gesehen werden kann. Beide Chroniken sind in den Originalhandschriften eingesehen
worden, da die Ausgabe des Neocorus von C. Dahlmann (2 Bde., Kiel 1827) nicht
buchstabengetreu ist.
Zu loben ist die Zurückhaltung, mit der der Vf. bei der Vergleiohung der früheren
mit der jetzigen Sprache vorgeht. Seine Ergebnisse sind infolgedessen in vielen Punkten
als richtig anzusehen. Daneben kommt sehr zu statten die Möglichkeit, eine doppelte
Vergleichung anzustellen. Denn wenn Übereinstimmung besteht m den beiden spätiund.
Denkmälern, dagegen nicht io den jetzigen Maa., so wird auf eine Schlußfolgerung aus
der Erscheinung in den Chroniken verzichtet werden müssen.
Auf Grund dieser vorteilhaften Forschungsmethode kann 8. Aufstellungen von Vor¬
gängern berichtigen, so z. B. wenn Kohbrok, allein vom heutigen Dithmarsischen aus¬
gehend, den Wechsel von e:ei für as. S* bei Neocorus mit den modernen Verhältnissen
in Beziehung bringt Da nämlich die elbmarschor Ma. heute keinen Wechsel kennt,
anderseits Lübbeke die gleichen Erscheinungen wie Neocorus aufweist, so ist für beide
Chroniken Anpassung an die mnd. Schriftsprache oder wenigstens Schreibgewohnheit an¬
zunehmen. Vielleicht darf man S. nicht einmal so weit folgen, im Mitteldithm. in den
Fällen ei -Aussprache anzusetzen, wo ey -Schreibung über das Mittelelbm. und auch die
hd. Lehnwörter hinaus auftritt. Ferner ist es berechtigt, gegen Tümpel, dessen verdienst¬
liche »Niederdeutsche Studien« in ihrem Werte durchaus anerkannt werden, bei der
Frage des tonlangen o:a die »Annahme eines unbestimmten hd. Einflusses« (S. 35), der
von einer »durch die hd. Rechtschreibung gestützten Schreibertradition« (S. 34) herrühre,
abzulehnen. Das häufigere Vorkommen der o-Schreibung für altes o in offener Silbe bei
Neocorus gegenüber dem festen o bei Lübbeke laßt sich gewiß nicht allein durch hd.
Einfluß erklären. Warum dann a bei Lübbeke? Freilich muß man mit W. Seelmann
(8. die obengenannte Anzeige) einer geschlossenen Aussprache des tl. o im Mitteldithm.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Büoherbeeprechongen.
367
widersprechen, vielmehr beweist »das Nebeneinander Ton o and a den Zasammenfall
des tl. o und tl. a in g, das erst später za ö wurde«. Aber das Aasein andergehen der
heutigen Dialekte in dithm. 0 and elbmarsch. ä darf man mit 6. auf einen immerhin
schon um 1600 erkennbaren Unterschied in der Vokalqualität deuten. Das mittelelbm.
tl. o war offener als das mitteldithm., vielleicht ein dem heutigen d entsprechender laut,
aber kein reines a.
Wenn hier somit die moderne Ma. in glücklicher Verbindung mit der spätmnd.
Quelle ein gesichertes Ergebnis zeitigt, so hat sie in der wichtigen Frage des Umlautes
bei o und u nur die Fähigkeit, den Kreis zu ziehen, iunorhalb dessen sich diese Er¬
scheinung im Mnd. bewegen kann. Ein Beweis für den Umlaut im Mnd. kann von der
jetzigen Ma. nicht erbracht werden. Lediglich die Betrachtung innerhalb der Tatsachen
der Überlieferung führt zu sicheren Feststellungen. Da ist es nun ein großes Glück, daß
sich aus Neocorus und Lübbeke Verhältnisse aufweisen lassen, die einwandfrei für den
Umlaut zeugen. Zunächst ergibt sich k daß die Schreibung oy bei Neocorus nicht mit
oi wechselt und nur auftritt bei altem oute, das jetzt Umlaut besitzt Diese Beobachtung,
die gut zusammenpaßt mit der im Mhd. bemerkten Erscheinung, daß der Umlaut von
ou in der Verbindung ouw zuerst auftritt, ist für den Umlaut völlig beweiskräftig. Ferner
sind als sichere Zeugnisse die Formen gebreder Gebrüder (Lübb. 122 b) und lesegeldt
(Lübb. 159b) Lösegeld, die als »umgekehrte«, vom Md. beeinflußte Schreibungen anzu¬
sehen sind, zu nennen. Zur Unterstützung dient das häufige Vorkommen der oe-Schrei-
bung bei Neocorus in offener Silbe in Fällen mit heutigem Umlaut Denn da der Nach¬
schlagvokal der mfrk. Orthographie ursprünglich nur in geschlossener Silbe berechtigt ist,
so darf man das verhältnismäßige Überwiegen in offener Silbe nicht als zufällig auslegen.
Daß sich S. hütet, gewisse Besonderheiten der Schreibung, die weder auf mnd.
noch auf hd., genauer ostmd. Schreibart zurückzuführen sind, für lautschriftlich zu er¬
klären (8. 79—8C: 32 mal kumbt : 3 mal kumpt ), auch wenn sie sich der jetzigen Aus-
spracho nähern, findet meinen Beifall. Aber auch als unbewußte Anpassung an die
wirkliche Sprache sind sie wohl kaum zu nehmen. Wie, wenn Neocorus bewußt seiner
Schrift eine eigenartige, durch seine Sprache in nichts bedingte Färbung geben wollte?
Oder wenn er sich nach einem uns unbekannten Muster richtete?
Die zweimalige Auslassung des auslautcnden -t (8. 8t) wird mit Recht nicht mit
den heutigen Verhältnissen zusammeugebracht Ein solch wichtige« Lautgesetz bedarf
einer stärkeren Stütze, und der Verdacht eines Schreibfehlers darf bei derartig weit¬
greifenden Feststellungen nicht im leisesten mehr mitspielen. Dasselbe möchte ich für
die einmalige Schreibung gewen gewesen (S. 87) bei Lübbeke 159a geltend machen. Denn
wenn es schon denkbar ist, wie S. will, daß die Ma. hier nur in einer vereinzelten Form
hervoiblickt, so braucht das jetzige t ein doch nicht schon mnd. zu sein, und anderseits
ist ein Schreibfehler bei der Wiederkehr zweier t besonders leicht möglich. Demnach
ist zwar die Form gewest bei Neocorus schriftsprachlich, aber gewesen braucht es nicht
zu sein.
Zum Schluß erwähne ich noch ein Versehen. Für tl. o werden S. 32 haleden
(offenbar holten) und waghe (Wellenbewegung) angeführt. Beide Wörter besitzen altes o.
Wir wünschen dem Vf. bei seiner Arbeit am Schleswig-Holsteinischen Wörterbuch
die gleiche Ausdauer, die er in seiner Erstliugsarbeit bewiesen hat, und würden uns
freuen, in ihm einen der Mundartenforschung, sei es im Dienste der Sprachgeschichte
oder auf einem anderen Gebiete, auch weiter treubleibendeo Mitarbeiter gefunden zu haben.
Berlin-Steglitz. H. TeueJiert.
Adam Ziegelhofer und J>r. Gustav Hey, Die Ortsnamen des ehemaligen Hoch¬
stifts Bamberg. Bamberg, in Kommission bei G. Duckstein (Büchner). 1911. YI1
und 225 S. 8°. ft Mk.
Mit dieser Arbeit ist wieder ein Stück des Bayernlandes namenkundlich durch¬
forscht, und zwar, wie gleich zum voraus bemerkt sei, in kundiger und erfreulicher
Weise. Das jetzt zum Kreis Oberfianken gehörige Gebiet des ehemaligen Bamberger
Hoch8tifts umfaßt die Amtsbezirke Bamberg 1 und H, Ebermannstadt, Forchheim, Höch-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
368
Bücherbesprechungen.
stadt a. Aiscb, Kronach, Lichtenfels, Stadtsteinach, Staffelstein und Teuschnitz, also
ungefähr die westliche Hälfte des Kreises. Die übrigen neun Amtsbezirke, zumeist der¬
einst bayreutbische Lande, sollen als zweiter Teil später nachfolgen.
Die Verfasser haben sich in die Bearbeitung derartig geteilt, daß Ziegelhöfer die
urkundlichen Unterlagen beschafft und die Deutung der deutschen Namen übernommen
hat, während der in slavischor Namenkunde vorzüglich bewanderte Dr. Hey außer meh¬
reren besonders bozeichneton die aus wendischen Bestandteilen gebildeten Ortsnamen er¬
läutert. So ist in der Tat eine besonnene, wohl abgewogene und verlässige Scheidung
deutschen und wendischen Sprachguts erzielt. Die Namen sind innerhalb der einzelnen
Amtsbezirke in Abcfolge durchgosprochen, auch Wüstungen mit eingereiht Auf besiede-
lungsgeschichtliche Vorgänge ist — leider — gar nicht eingegangen, wie das Vorwort
sagt, mit Rücksicht auf die Druckkosten. Es hätte aber m. E. keiner langen Abhandlung
über die Besetzung und den Ausbau des Landes durch germanische und slavische Stämme
bedurft — wer sich darüber unterrichten will, findet das Wichtigste in der hier, Jahrg.
1908, S. 86ff., besprochenen Schrift vou Chr. Beck über die Ortsnamen der Fränkischen
8chweiz —, wohl aber wäre da und dort eine kurzgefaßte Bemerkung über vermutliche
Entstehuugszeit, Zusammengehörigkeit einzelner Orte u. dergl. am Platze gewesen und
hätte in die fast zu sehr vordrängende rein sprachliche Betrachtung willkommene Ab-
weohsluug gebracht. Dafür hätte durch Einschränkung der manchmal in behaglicher
Breite fließenden Rode nicht schwer Raum geschaffen werden können, so z. B. S. 41:
»Eis sind auch andere PN. urk. nachzuweisen, doch kommen dieselben bei Erklärung des
ON. wegen dessen ältesten (so!) Formen nicht in Betracht« oder S. 42: der bei Sassanfahrt
in Betracht kommende Fluß ist die Regnitz« oder das wiederholte »das Volk spricht«
statt mundartl. (ma.). Von unzweifelhaft klaren Namen, wie etwa Schönbrunn (1125
Sconenbntnnen , 1218 Schonenbrunnen , 1278 Schönbrunn), noch mannigfach nach Gut¬
dünken des Schreibers variierte Belege aus späteren Jahrhunderten zu bringen, ist eben¬
falls übergewissenhafte Mühe. Auch die von Beck in der oben erwähnten Schrift bereits
näher dargulegton Namen vertrugen knappste Fassung; denn auch hier gilt, soweit nicht
Abweichungon in der Erklärung zum Gegenteil zwingen, mutatis mutandis das ne bis in
idem! So hätte vielfach reichlich Raum gespart werden können. Doch vielleicht ist es
besser, wenn die siedluugßgeschichtliche Bewertung der Namen erst nach Abschluß der
ganzen Arbeit ei folgt; dann sollte aber das Ergebnis zugleich mittels einer Karte zeich¬
nerisch festgelegt werden. Dies kann recht wertvoll und üborraschend werden; ich ge¬
stehe, daß ich, obwohl ich Oberfranken ziemlich genau kenne, nicht die Vorstellung
hatte, daß doch so viele undeutsche Namen dort Vorkommen.
Im übrigeu möchte ich noch einiges besonders herausgreifen Für den Namen
Bamberg sind aus der Zeit vor 1450 nicht weniger als 50 verschiedene Formen bei¬
gebracht. Das ist gewiß des Guten zu viel; es ist doch nicht wesentlich, ob einmal
berc oder berg , berk y bergh usw. geschrieben worden ist. Ein großer Teil ist außerdem,
soweit er dem Histor.-geograph. Wörterbuch von Üsterley entnommen ist, irreführend;
denn dieses gibt — leider — die Namenformen nicht an nach der Zeit der AbfassuLg
der Quelle, sondern nach dem Jahr, zu dem es in dieser crscheiut, so daß z. B. eine
Form, die in einem Geschichtschreiber des 12. Jahrh. bei Gelegenheit der Erzählung
einer Begebenheit aus dem 8. sich findet, als aus dem letzteren stammend angeführt ist.
Also ist die gebotene Anordnung der Namenformen für Bamberg ganz verfehlt. Wenn
überdies über einen Namen, wie den von Bamberg, schon oiue ausführliche — noch
dazu gute — Abhandlung geschrieben wordeu ist (Dr. II. Weber, 1891), so sollte darauf
doch zum mindesten verwiesen sein. Desgleichen vermißt man z. B. bei Pretsfeld,
das ich mit »Brett« für richtig gedeutet halte, einen Hinweis auf Becks Versuch. Wie
bei Steinach, Langenau und Haslach sollte durchweg, wo der Fluß noch den gleichen
Namen führt, ein Vermerk stehen: »Güßbach, Tambach am gleichnam. Bach«. Die
volksübliche Aussprache ist wiederholt beigezogen; öfter aber, wo sie entscheidend sein
könnte, fehlt sio. Namen wie Hannberg, I,erchenhof, Scheinsberg, L&ppach sind ohne
sie nicht zu beurtoilen. Das letztere (13/14. Jh. Legt-, Lait -, dann Lappach) kann
schon dieser Formen wegen kaum zu mhd. lite gehören; wenn man aber weiß, daß etwa
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungen.
369
sö. einer Linie Eltmann — Steigerwald mhd. e» > o, dann ist es völlig unmöglich. Als
Nom. zu den Genitiven der PN. Qiais, Odia, Udia u. a. ist stets eine verkleinerte Kurz¬
form auf i angenommen, obwohl doch Starkformen viel wahrscheinlicher sind. Das e in
Namen wie Keltinbach, Lengincelt, Sicerxinbach , Eltindorf usw. bedingt keine Neben¬
formen zu kalt usw., sondern ist einfach Umlaut. Recht bemerkenswert sind einige bei
Seßlach und sonst gebotenen Belege: solche wie in Eibingono marcit (804) = Ebing
sind wegen der ing- Endung (altbayer. Einfluß) und des Hinweises auf eine Markgenossen¬
schaft von Bedeutung. Doch sind sie falsch aufgefaßt. Die Form Sexxilahono inarca
(S. 201) ist kein Beweis, daß lahha das Grenzzeichen darin steckt; bildet denn auch feld
und heim (in Aacfeldono, Sundheimono usw.) solche Genitive? Das sind vielmehr Gen.
Plur. von Personenbezeicbnungen, die von den ON. abgeleitet und schwache n-Stämme
sind; also wio Franko — Frankono so Sexxilaho — Sexxilahono, somit »der Seßlncher
Mark«. Bei Hochstall liißt sich der Wechsel der Formen Hab - und Hoch- nur er¬
klären, wenn habcch zugrunde liegt. Thüngbach liegt am gleichnamigen Bach, der
bei Thüngfeld in die Reioho Ebrach geht. Die Formen Tund-, Tun-, 7 \ing- vereinigen
sich m E. nur in tungen, das ja auch bewässern bedeutet und für beide Namen gut
paßt (Wechsel von ng und nd häufig: Winde — Winge, Schwende — Schwange, Randen
— Rangen u. a.).
Das Namenverzeichnis am Schluß erleichtert den Gebrauch in sehr willkommener
Weise und hat noch einen sehr lobenswerten Vorzug: es macht die wendischen Namen¬
bestandteile durch Antiquadruck kenntlich.
Memmingen Julius Miedet.
Dr. Rudolf Kleinpaul, Die Ortsnamen Im Deutschen. Ihre Entwicklung nnd
Ihre Herkunft. Berlin-Leipzig, Sammlung Göschen Nr. 573, 1912. 126 S. 8°.
0,80 Mk.
Seinen »Deutschen Personennamen« und den »Länder- und Völkernamen« hat
jetzt Kleinpaul in der gleichen Sammlung noch »Die Ortsnamen im Deutschen« hinzu¬
gerügt. Alle drei zeigen die gleichen Vorzüge der Darstellung: ein gewandter, anregender
und unterhaltlicber Plauderton führt den Leser in angenehmster Weise — freilich oft
mit langen Abschweifungen — in den Stoff und läßt das Gefühl trockenen Belehrtwerdens
nicht aufkommen. Und da sich das Bändchen doch an die Allgemeinheit wendet, so
trifft diese feuilletonistische Schreibweise wohl auch das Richtige.
»Der Titel«, sagt ein beigelegter, dem Stil nach vermutlich vom Verfasser selbst
geschriebener Waschzettel, »will einer falschen Voraussetzung Vorbeugen, als ob es sich
hier nicht um die in Deutschland umlaufenden Ortsnamen überhaupt, sondern nur um
solche handelte, die auch aus der deutschen Sprache stammen « Trotz dieser Erklärung
finde ich entweder den Titel unglücklich gewählt — die meisten werden, wenn auch
nicht ausschließlich deutsche Ortsnamen, so doch wenigstens solche von Orten auf deut¬
scher Erde erwarten —, oder den Inhalt nicht entsprechend. Nach eigener Angabe ist
»die Prinzipien der Ortsbenennung aufzuweisen und die Grundlinien der Ortsnamenkunde
zu entwerfen Aufgabe des Buchs, das eben damit die Erde umspannen und eine allge¬
meine Naturgeschichte der menschlichen Siedelung werden kann«
Jedenfalls ist diese Aufgabe nicht im Titel ausgedrückt. Auch nicht, wenn man
ihn so auffaßt, daß ja »die Ortsnamen der ganzen Welt im deutschen Munde sind»;
denn das gilt ebenso von jedem anderen Kulturvolk. Und wenn Förstemann wegen seines
Namenbuchs in der Einleitung getadelt wird, weil er »noch auf dem alten Standpunkt
der deutschen Gelehrten steht, die keinem weltbeherrschenden Volke angehören«, so ist
dies ebensowenig berechtigt, wie der Tadel gegen Eglis Nomina geographica, die »nicht
vollständig und nur eine kleine Auswahl und eine Kompilation seien, in der man alles
bisher Gesagte, nur keinen originellen Gedanken finde«. Förstemanns Namenbuch ist
1846 (!) angeregt worden als Preisaufgabe, die sehr verständiger Weise sich auf die
deutschen Namen beschränkte, und Egli — der nebenbei bemerkt keinen Fischnamen
trägt, da Egli eine noch gebräuchliche Kürzung von Eglof ist — bietet die »kleine Aus¬
wahl« von 42000 Namen aus aller Herren Ländern, sorgfältig nach billigenswerten
Zeitschrift für Deutsche Mundarten VII. 24
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
370
Bücherbesprechungen.
Grundsätzen gesichtet und gesiebt; die der 1. Auflage vorausgeschickte »Abhandlung«
erörterte mit sehr originellen Gedanken in geistreicher und bahnbrechender Weise die
(iesetze, die in der Ortsnamengebung walten. Auf Eglis Werk, wie auf seine Nachträge
in Wagners Geographischem Jahrbuch, stützen sich mittelbar oder unmittelbar alle
größere Erdräume umfassenden Schriften über Namenkunde, notgedrungen selbstverständ¬
lich auch die vorliegende. Gerade ein Gebiet, das die Kenntnis von Hunderten von
Sprachon erheischt, kann nie ein einzelner völlig beherrschen, und darum muß man sich
auf die durch die Arbeitsteilung von anderen gefundenen Ergebnisse verlassen. Wer
das stolz verschmäht, läuft eben Gefahr abzuirren.
Die getroffene Einteilung führt zuerst die Grundbegriffe vor, die in Namen ver¬
wendet werden, und danach die verschiedenen Arten näherer Bestimmung. Die Schei¬
dung scheint mir aber nicht immer scharf genug durchgeführt. Abgesehen davon z. B.,
daß von Anfang an von der Stadt ausgegangen wird, wie denn überhaupt fast nur Städte¬
namen erörtert sind, werden die Wasserburgen getrennt von den Burgen, die Wirtshäuser
und Mühlen von den Häusern, die Flußmündungen in HI, 2, E von den Häfen in I, 5.
Die Unterscheidung von »sekundären« (II.) und »tertiären« Grundwörtern in III. ist
wieder nicht recht verständlich, da dieser Teil doch einfach Naturnamen behandelt naoh
den Unterteilen: Berg-, Fluß-, Stein-, Salzstädte, eine Anordnung, die seltsamerweise
mitten wioder durchbrochen wird durch einen Abschnitt über Bodenarten (Sand-, Lehm-
und Sumpfboden), wozu doch wohl auch steiniger Boden gehörte. Ein solches Heraas¬
fallen aus der planmäßigen Ordnung ist öfter zu beobachten; so wenn bei der Darlegung
der verschiedenartigen näheren Bestimmung der Grundwörter nach Größe, Form, Farbe
usw. bei der Vegetation plötzlich Tirschenreuth, Bayreuth und Apenrade auftauchen,
noch dazu als Bojerreut und letzteres gar als Affenrodung (statt »an der offenen Rhede«)
erklärt. Einige Abschnitte tragen schwer verständliche, barocke Überschriften, wie
Kirchdrauf und Ordruf — das Mückentürmchen. Das verleiht der Darstellung otwas
Rätselhaftes, Erzwungenes, ein Eindruck, den gar manohe recht unnötige Fremdwörter
noch vermehren. Wer versteht z. B. auf S. 11 ohne weiteres »das Vernakel« (= ein¬
heimische Sprache)? Oder was sind die »aktuellen und gegenwärtigen Einwohner«?
Dabei ist auf der gleichen Seite die Rede von dem »Entstehen eines rechten Mißklangs,
der wie bei allen Fremdwörtern schrill und störend wirkt und dem nationalen Wortschatz
seinen einheitlichen Charakter raubt«.
Da ich hoffe, daß das Büchlein bald eine neue Auflage erlebt, und wünsche, daß
diese möglichst frei werde von störenden Flecken, möchte ich noch zu einzelnen Deu¬
tungen moin Teil beitragen. Daß Füssen (S. 14) nie fauces geheißen haben kann,
sondern daß dies nur ein mönchischer Erklärungsversuch ist, steht längst fest (s. m.
Oberschwäb. 0.- u. Fl.-N. S. 5). Die Bedeutung von Goslar und Meißen (27) ist
überhaupt nicht angegeben. Die keltische Endung bona (28) hängt sicher nicht mit Boden
zusammen, eher mit Bau. Memleben (39) u ä. »bedeuten Orte, wo man lebt«. Wohl
im Gegensatz zu denen, wo man stirbt? Einsiedeln (53 u. 105) soll Gen. Sing, sein;
der boißt c insideles. Erfurt < Gerfurt (55) ist durch gentiana > Enzian und unser :
Gans nicht lautlich geschützt; wir müssen uns an das seit dem 8. Jahrh. sehr häufig und
nie anders beurkundete Erpisfurt halten. Furten heißen gern nach dem Namen des Fähr¬
manns (vgl. Umnningiseurt 1059 au der Iller). Brühl kann nach der Entwicklung seiner
Formen unmöglich Verkleinerung zu Bruch sein (71). Kühn und unbelegt ist die Be¬
hauptung S. 82, da, wo es zur Bildung eines Altnamens (wie Altstadt — Neustadt) kam,
ergebe sich das fast paradoxe Resultat, daß die Altstadt neuer sei als die Neustadt
Oder sollte etwa nur gemeint sein, daß die Zubenennung mit alt- jünger sei? Das
wäre dann nicht paradox; denn es ist selbstverständlich, daß ein solcher Beisatz erst
dann entstehen kann, wenn etwas Neues dazu in Gegensatz tritt Klein-Paris, Klein-
Leipzig u. ä. (84) läßt sich nicht mit Klein-Bautzen und Wenigen-Jena vergleichen;
denn es sind nur Übernamen, die »charakterisieren«, während die letzteren Mutter- und
Tochterort bezeichnen; ebensowenig wird man »Bistum Bremen«, »Hamburger Dom« u. ä.
(50) oder Bellevue (86) als Ortsnamen ansehen dürfen. Venezuela wurde erst von
den Weisem im 16. Jahrh. aufgebracht. Die für Benennungen nach der Form gebotenen
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungen.
371
Beispiele befriedigen nicht; hierher gehörten etwa solche, die mit Bogen, Horn, Gehre,
lang, sinwell zusammengesetzt sind. Schön in Schönau. Schönfeld bezieht sich überdies
meist nicht auf Schönheit der Landschaft im gewöhnlichen Sinn, sondern auf Fruchtbar¬
keit. Die ON. mit grün meinen nicht ein grünes Dorf (87), sondern das Dorf in der
(grünen) Rodung. Versailles (89) ist m. W. ein ehemaliger Viehhof; die Namensage
ist, wie meist, ein kindlicher Versuch einer Erklärung. Immenstadt (96), einst Immen¬
dorf, hat mit den Bienchen nichts zu schaffen, sondern enthält den PN. Immo. Basel
(109) soll nach der durch Ammian bezeugten Anwesenheit Valentinians i. J. 374 ßaadtut
benannt sein, während doch der Ort wie der auch sonst, z. B. bei Metz, noch vorkommende
Name keltischen Ursprungs ist Daß für den Vf Bamberg immer noch, wie er schon
1889 zu erhärten versucht hat, der Berg der slavischen Göttin Baba ist, wird nicht
wundern, obwohl deren Auftreten an einer vordem Eindringen der Wenden sicher schon
von Germaneu besiedelten Stelle höchst seltsam wäre. Ganz eigenartig ist Kleinpauls
Auffassung der üi^en-Orte, die ich zum Schluß noch berühren möchte. Er meint, sie
seien »zunächst Genitive im Plural und von einem eigentlichen Ortsnamen abhängig ge¬
wesen; also Eppingen == die Stadt der Eppinge«. Dann erst sei man »zu den Eppingen«
gegangen und so sei ein Dativ daraus geworden. Warum dieser Umweg, für dessen
Richtigkeit nicht das geringste Anzeichen vorliegt? Das wandernde wie das lagernde
Volk war doch sippenweise beisammen; was war also natürlicher, als daß man den Ort,
wo eine Sippe sich vorübergehend oder dauernd jeweils befand, ähnlich wie wir etwa
bei einem großen Biwak sagen: bei der 1. Kompagnie, bei den Jägern, kurz bezeichnete
mit xe Eppingun, selbst heute noch %’ Epping9?
Memmiugen. Julius Miedet.
l>r. J. Matthäus Klimesch, Die Ortsnamen lm südlichen and südwestlichen
Böhmen. S.-A. aus den »Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in
Böhmen«, Jahrg. 47 bis 50 (1908 bis 1911). Prag. In Kommission der J. G. Calveschen
Hofbuchhandlung. 335 8. 8°.
Das Buch nimmt je in Abcfolge die Wohnortsnamen der vier südlichsten Bezirks-
hauptmannsohaften Böhmens vor: Prachatitz, Krummau, Kaplitz und Budweis; also das
ganze Quellgebiet der Moldau, das am Luseu beginnend vom Bayerisch - österreichischen
Wald im Bogen umrahmt wird, bis etwa zu der Stelle, wo dieser an der Senke der
Luschnitz von den Böhmisch-mährischen Höhen geschieden ist. Das ganze Gelände ist
bergig und stark bowaldet, infolgedessen erst verhältnismäßig spät dichter besiedelt, und
zwar von Tschechen. Daher in der Zeit des 10. bis 12. Jahrhunderts nur tschechische
Ortsnamen. Erst um 1200 fassen auch deutsche Siedler dort Fuß und bis 1300 haben
sie unter Anleitung von Klöstern und Adelsgeschlechtern schon ein gutes Stück deutscher
Kulturarbeit vollbracht. Bei abgelegeneren Strichen dauert freilich'die Erschließung bis
ins 17. und 18. Jahrh. hinein; dabei griff die Ausbreitung des Deutschtums bei der wirt¬
schaftlichen und geistigen Überlegenheit unserer Volksgenossen auch auf tschechische
Orte über. Trotzdem wurden bei den ursprünglich tschechischen Siedlungen die alten
Namen meist beibebalten, mußten sich jedoch mancherlei Umformungen durch die deutsche
Zunge gefallen lassen. Die wichtigsten Arten dieser Veränderungen sind folgende: 1. rein
lautlicho, wie Suß> Tusch, Ktiß> Tisch; 2. vplksetymologischo Anlehnungen und Ein¬
deutschungen, wie Dubowa> Stubau, Dworecz >■ Wurzen, oft unter Anh&ngUDg eines
deutschen Grundworts: Vsemirice > Schömersdorf; dazu 3. Übersetzung des slavischen
Namens: Ostrowo > Wortes (zu uörth = Insel), Jablonecz > Affalterhaid. Auch völlig
neue Namen ergaben sich zuweilon, die die Verschiedenheit des Volksgeistes widerspiegeln.
Und während die Verdeutschungen volkstümliches Gepräge tragen, sind die — besonders
seit 1848 vorgenommenen — Tschochisicrungen künstlich geschaffen, so daß es manchmal
sogar mehrere tschechische Bezeichnungen für den gleichen Ort gibt. So konnte es auch
Vorkommen, daß ursprünglich tschechische Namen, die ein deutsches Gewand angelegt
hatten, weil man sie nicht mehr verstand, neu vertschecht wurden, so z. B. das erwähnte
VSemirice > Schömersdorf > Peknä ves (= schönes Dorf).
24*
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
372
Bücherbeeprechungen.
Die Namenerklärungen zeigen völlige Vertrautheit des Verfassers mit dem Stoff.
Für die Beurteilung der urkundlichen Formen dient ihm mit Recht als Richtschnur der
Satz: Je entfernter der Ausstellungsort einer Urkunde von dem Ort selbst ist, desto
weniger verlässig ist die Namenform für die Namenforschung. Die Doppelsprachigkeit
Böhmens erheischt im weiteren noch besondere Vorsicht in der Bewertung der Formen,
weil der Schreiber die Namen des ihm fremden Volksteils meist nicht recht verstand
oder wiedergeben konnte. Mit großem Fleiß hat der Vf. für jeden Ort eine Anzahl alter
Beurkundungen zusammengesucht und darauf seine Deutungen aufgebaut. Wenn die
tschechischen, die ich nicht zu beurteilen wage, so gut gelungen sind wie die deutschen,
dann kann man die ganze Abhandlung als in seltener Weise verlässig bezeichnen.
Gleichwohl einige Bemerkungen zu Nutzen der Sache. Zunächst zu einem Irrtum,
der die ganze Schrift durchzieht. Klimesch unterscheidet nach Förstemann, Die deutschen
Ortsnamen S. 194, zweierlei elliptische Namen. Die erste Gattung ist die, der das Grund¬
wort maogelt und für die ich seinerzeit als Benennung Rodenameu vorgeschlagen habe.
Die andern sollen die nach Flüssen benannten Ortschaften sein, weil bei ihnen ein Grund¬
wort wie Dorf fehle, und solche, zu denen eine Präposition wie »bei« oder »zu« ergänzt
werden müsse (»dativische Ellipse«). Träfe das, was K. damit ungeprüft von Förstemann
herübergenommen hat, zu, so wären wohl so ziemlich unsere sämtlichen Ortsnamen
elliptisch, die Rodenamen sogar doppelt-, denn im Dativ, in Abhängigkeit von einer Prä¬
position, stehen sie von Haus aus alle und so leben sie heute noch im Munde des Volkes.
Sind sie ja hervorgegangen aus der Frage: Wo wohnt er? Darum: xe dem Steinback
(niemals »Dorf am Steinbach«), xe dem Hundsruck, xem Pfaffendorf, xem Gutenbrunn,
xe dem Heiligenstein, xer Reichenau, bei der Glashütten usw. Desgleichen aber auch
xeme Oppolds u. ä. Wir empfinden nur heutzutage die Namen nicht mehr im volks¬
tümlichen Sinne und die schabionisierenden Amtsmenschen sorgen nach Möglichkeit, daß
eine solche Empfindung, soweit sie noch lebendig ist, vollends erstirbt. So ist z. B. in
Schwaben in den zu dem Dorf Woringen gehörenden Waldteilen eine Anzahl von Eioöd-
höfen, die der Einheimischo zusammenfaßt unter dem Namen »Woringer Wälder*. Jeder¬
mann sagt und schreibt noch: er wohnt in den Woringer Wäldern, geht in die Woringer
Wälder, der Weg führt zu den Woringer Wäldern usw. Das Bezirksamt aber läßt einen
Wegweiser aufstellen mit der Aufschrift: Nach Woringer Wälder!
Was ferner auf der gleichen Seite 9 zu den ing - Orten bemerkt wird, ist gleich¬
falls irreführend. »In den Urkunden des Mittelalters wird statt des modernen Suffixes
ing stets das Suffix ingeti geschrieben« und weiter »Die mittels dieses Suffixes gebildeten
Namen sind Patronymika«. Daß das nicht zutrifft, zeigen gerade die böhmischen Namen
aufs deutlichste. Das »moderne Suffix ing* , d. h. die jetzt erscheinende Endung ing,
ist in dem behandelten Gebiet nirgends aus ingen entstanden; denn echt patronymische
itigen-Orie finden sich dort — begreiflicherweise — überhaupt nicht. Die echten alt¬
bayerischen Sippenorte hatten freilich gleich denen anderer Volksstämme bis ins 13. Jahrh.
die regelrechte Endung des Dat. Plur., und erst von da an verschmolz das auslautende
» mit dom gutturalen Nasal (vgl. sagen > sag'n, fliegen > fliog’n). Wenn aber die
Stadt Kalsching z. B. unter 50 Beurkundungen nur zweimal als Qualschingen und einmal
als Qualschungen, sonst aber stets mit der Endung in oder ing erscheint, so darf man
m. E. nicht schließen, jene ersteren Formen seien die deutschen, die anderen die tsche¬
chischen, sondern höchstens, die ersteren habe ein deutscher Schreiber analog den ihm
sonst geläufigen patronymischen Namenformen niedergeschrieben-, denn wir befinden uns
im Bereich des Gebiets, auf das ich schon in dieser Zeitschrift 1910 S. 178 hingewiesen,
in dem der auslautende Nasal später durch Gaumenverschluß gebildet wurde ( Kramolin
> Kramoling, Malschin > Malsching u. v. a.). — Eine besondere Eigentümlichkeit be¬
sitzt Südböhmen in den zahlreichen Rodungsorten auf schlag. Außer 3 einfachen Schlag
und Schlägel sind es 72 zusammengesetzte und davon enthalten nur 5 Bestimmungswörter,
die sicher keine Personenbezeichnungen sind. Die Benennung des Rodenden im ersten
Teil ist so naturgemäß, daß man auch in Hörschlag (seit 14. Jahrh. Hersslag ), Mark-,
• Muckenschlag u. a. am besten einen Namen annimmt Bemerkenswert scheint mir Wollet-
schlag, das jetzt auch Wallerschlag heißt und daher von K. mit Waller *= Waldler (?)
V
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
RücherbesprechuDgen.
373
erklärt wird. Es heißt 1456 Webarsslak, 1595 Wolleschlag und in tschechischer Form
Wolowicxe. Hier liegt sicher eine damals noch nicht fest zum Geschlechtsnamen ge¬
wordene Standesbezeichnung zugrunde: tcoller = weher. — Warum schließlich Follern
nicht = Felbern, d. i. bei den Weiden, sein soll, Dachau nichts anderes soll enthalten
können als den PN. Dago, und weshalb der Nesselbach, der schon seitdem 14. Jahrh.
so heißt, zu netzen gehören soll, das doch nichts Kennzeichnendes für ein Gewässer be¬
sagt, ist nicht recht einzusehen.
Memmingen. Julius Miedet.
Hafis Schulz, Deutsches Fremdwörterbuch. Vierte Lieferung: Gene bis Kampagne.
Straßburg 1912, K. Trübner. S 241-320. 1,50 Mk.
Das vierte Heft des historischen Fremdwörterbuches von Hans Schulz unterscheidet
sich in Anlage und Ausführung nicht von den vorangegangenen. Für den Mundarten¬
freund sind darin besonders von Belang die in den Dialekteu weitverbreiteten Ausdrücke
genieren, kajolieren, kaduk und die aus der Studentensprache in den Volksmund über¬
gegangenen Wörter Juks (= jocus) und Habemus (Rausch), das in der Volkssprache
Oberdeutschlands noch geläufig ist. Von volkstümlichen Wörtern ist mit Unrecht auf¬
genommen worden Hokuspokus, das wie eine lateinische Form aussieht, eine solche aber
nicht ist Denn wenn es, wie der Verfasser nachweist, zuerst als Oxbox auftritt, so
wird schwerlich an eino Entlehnung zu denken sein. Wir haben es vielmehr mit einer
lautmalenden Bildung zu tun, wie es deren im Volksmunde so viele gibt. Doch durfte
Schulz bei Besprechung der Wortbildung nicht hin weisen auf ripsraps, ki'ibskrabs,
giksgaks, in denen der Vokal wechselt, sondern auf andere Formen, in denen der an¬
lautende Konsonant verändert wird, wie ich solche in der Zeitschrift für deutsche Wort¬
forschung II, S. 21 ff. und in-Lyons Zeitschrift für den deutschen Unterricht XIX (1905),
8. 527 ff. in großer Zahl angeführt habe, z. B. Hackemack, Hoppelpoppel, Ruschetnusche,
Schurlemurle u. a Mehrfach konnte auf die Mundarten noch größere Rücksicht ge¬
nommen werden; z. B. konnte erwähnt werden, daß die S. 303 als im 18. Jahrh. geläufig
bezeichnete Bedeutung von Interessen (Zinsen) noch in manchen Dialekten foitlebt, z. B.
im Altenburgischen, daß für Gouvernante die volkstümliche Zurechtlegung Jungfcrnante
besteht u. a. Kamerad ist aus franz. camarade, nicht camerade, entlehnt.
Eisenberg 8.-A. 0. Weise.
Slebenbflrglseh-Sächsisches Wörterbuch. II. Band, 2. Lieferung, bearbeitet von Ad.
Schullerus und Friedr. Hofstädter. Straßburg, K. Trübners Verlag. S. 161
bis 320: einmischen bis Fätzes. 4 Mk.
Die zweite Lieferung des zweiten Bandes vom Siebenbürgischen Wörterbuch reiht
sich würdig an die erste. Sie ist mit derselben Sorgfalt und Genauigkeit gearbeitet, so
daß man sachlich sehr selten etwas zu beanstanden hat und noch seltener einen Druck¬
fehler findet. Personen- und Ortsnamen, Kinderlieder und andere kulturgeschichtlich
wichtige Stoffe sind in gleicher Weise herangezogen worden wie die Urkunden. Der
Löwenanteil entfällt auf die Zusammensetzungen mit den Vorsilben ein-, ent - und er-,
bei denen uns manches eigentümliche siebenbürgische Wort entgegentritt, z. B. ent-
glopsen, entschlüpfen, entg laut sehen, entgleiten, erpoddern, allmählich erholen, er-
präcken, erhaschen, ämunnneln (einmummeln), sich dicht mit Oberkleidern einhüllen u. a.
Synonyme Begriffe werden immer gewissenhaft gebucht, z. B. unter Epcrt (= Eber¬
hard), einfältiger Mensch, Tölpel : Tasert, Tapp, Tolesch, Trelesch , Tulak, Tumbes,
Batterhaist usw., oder unter estlich , unbehaglich (= egislich): akel, eiserän, esern,
gräm, greis ich, uritich, ucrtlich u a. Ebenso werden bei Fadian Neubildungen mit
der lateinischen Endung -anus zusammengestellt: Lunyan, Prostan, Schebian, Sehmut-
xian. Mitunter ist auch ein Wort verzeichnet, das in der Mundart fehlt und durch ein
anderes ersetzt wird, z. B. ettra S. 279 und Faßbinder S. 313. Auch syntaktische Er¬
scheinungen werden mitunter berührt, z. 1». unter er und es, aber auch sonst gelegent¬
lich, z. B. unter essen : ich bä giessen (ich bin gessen = ich habe gegessen) und ägicssc -
ner etcechfucren, abreisen, ohne gegesseu zu haben. Von erhaltenen altertümlichen
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
374
Bücherbesprechungen.
Wörtern erwähne ich essig, Saatfeld = mhd. exxesch, euch, got. atisk S. 276 und en,
die mhd. Verneinungspartikel 8. 200.
Vielfach ließen sich noch Parallelen, namentlich aus md. Mundarten, beibringen;
z. B. eisern, schaudern ist auch obersächsisch ^vgl. K. Müller, Obersächs. Wörterb. S. 288),
und nösnisch aisret f., Jange, zur Zertrümmerung des Flußeises dienende Holzstange mit
einem Eisenstabe an der Spitze (= mhd. reide, Schlagbaum; vgl. mhd. reidel, Knüttel),
hat ein Seitenstück in thüringisch reitel, Knüttel (Hertel, Thüringer Sprachschatz S. 176).
Die Bemerkung auf S. 289, faeken, den Ball werfen, sei aus auderen Dialekten in dieser
Bedeutung nicht bekannt, bedarf des Zusatzes (aus anderen) siebenbürgischen (Dialekten).
Denn in Deutschland, z. B. im Altenburgiscben, kommt es gerade in dieser Bedeutung
vor. Das S. 185 aus dem magyarischen irigi abgeleitete eirisch, mißgünstig, neidisch
ist ein gut deutsches Wort; denn es findet sich auch im Mitteldeutschen, z. B. in Ober¬
franken (Schmeller S. 130) und Obersachsen (Müller S. 307). ja ist schon bei Luther in
der Form etcerisch zu belegen (Zeitschr. f. d. Philol. 26, 57).
Eisenherg S.-A. 0. Weise.
Hermann Schmöckel, Das 8iegerlMnder Bauernhaus nach seinem Wortschatz dar¬
gestellt. Ein Beitrag zur Haus - und Dialektforschung. Bonner Doktordissertation 1912.
138 8.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile, von denen der erste den Haus¬
bau, der zweite die Raumverteilung (Erdgeschoß, Obergeschoß, Nebenräume, wie Back¬
haus und Scheune), dor dritte die dialektgeographische Untersuchung des dargestellten
Wortschatzes behandelt. Skizzen und Bilder von Bauernhäusern, sowie eine Karte der
in Frage kommenden tiegend, ferner ein Literaturverzeichnis und ein Index schließen
das Ganze ab. Der Verfasser liefert den Nachweis, daß die Bauweise des Siegerlandes
eine Mischung der Stileigentümlichkeitan des westfälischen und des fränkischen Bauern¬
hauses bietet, daß aber jenes einen stärkeren Einfluß ausgeübt hat. Ebenso stellt er fest,
daß das behandelte Gebiet eine Mischmundart bildet, die manches mit dem Moselfrän-
kischeu, manches mit dem Ripuarischon gemein hat, mit jenem z. B. abweichend von
diesem die Entrundung der ö, ü, öu u. a. Laute, den Schwund intervokalischer g und
die Verwandlung intervokalischer d und t in r, mit diesem dagegen abweichend von jenem
z B. die Bewahrung der alten i-Laute, die Trübung von i und u zu e und o, den Um¬
laut von a vor sch. Die beigegebene Karte ist vorzüglich geeignet, die wichtigen Grenz¬
linien für bestimmte Spracherscheinungen, wie die Ürdingcr ek/ech- Linie, die Benrather
/rtA;-Linie, die Linzer rp-rf- Linie, die Remagoner Diphthongierungslinie, die Sinziger
icing/mn- Linie, die Bopparder blcif bleib- Linie, die St. Goarer dat dass- Linie, deutlich
zu verfolgen und zu erkennen, daß sie alle nach dom Siegerlande zu laufen; auf ihr ist
auch das Verbreitungsgebiet von vier für den Hausbau bedeutsamen Ausdrücken gekenn¬
zeichnet, das von deel — eem, gang — eern, schaff—schank und löf — Ölern.
Der Verfasser hat die Untersuchung mit Umsicht und Sorgfalt geführt, die in
Frage kommenden mundartlichen Bezeichnungen aus allen ihm zugänglichen Quellen zu¬
sammengestellt, bei der dialektgeographischen Behandlung der einzelnen Worte auch die
bedeutungsverwandten Benennungen dor Nachbargobiete berücksichtigt. Er war in dor
glücklichen Lage, einen großen Teil des für das Rheinische Wörterbuch gesammelten
Stoffes benutzen zu können, und erfreute sich stäudig des Beirates von Fachmännern
wie Prof. Franck und Heinzerling. So ist denn die Arbeit wohl gelungen und sicher in
ihren Ergebnissen. Was wir auszusetzen haben, ist der Mangel an Gleichmäßigkeit iu
der Darstellung der Vokale. So finden wir z. B. auf S. 127 dräb «, Treppe, S. 78 aber
und im Index richtig drab'\ yelslox, Eulenloch, S. 116 aber ejclslox; c n äl , S. 88 da¬
gegen cn ul; ko^t 9 , S. 88 koefe; ific'rdTar*, S. 20 y*ic*rdlare, ferner S. 87 füfrläid'r, im
Index aber fü*rlaid*r.
Wünschenswert wäre auch gowesen, daß der Verfasser alle fränkischen und vou
Franken beeinflußten Mundarten vergleichend herangezogen hätte, was sich besonders bei
der Fortsetzung seiner Arbeit, bei der S. 10 iu Aussicht gestellten Behandlung des Haus¬
gerätes uud der iuneren Einrichtung des Hauses, empfiehlt. So hat er zwar öfter, nameut-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungen.
375
lieh im dritten Teile, Vilmars und Crecelius’ hessische Wörterbücher oder 0. Meisingers
Wörterbuch der Bappenauer Mundart 1 erwähnt, aber nicht bei jedem Worte naebge-
scblagen, also nicht ausreichend verwertet, Thüringen führt er nur an, soweit es in der
Abhandlung von Dittmar über die Blankenheimer Mundart herangezogen wird *, das Ober-
fränkische und Vogtländische werden gar nicht berücksichtigt, wenn auch E. Gerbets
Grammatik der Mundart des Vogtlandes S. 130 unter den Literaturnachweisen erscheint.
Eis wäre aber bedeutsam, festzustellen, wie weit ostwärts und südwärts die fränkischen
Bezeichnungen des Siegerlandes verbreitet sind. So findet sich das S. 85 genannte Eder
bei Crecelius I, 357 und bei Hertel S. 91, Dole, Abzugsgraben (S. 110) bei Crecelius I,
279, Laube, iMube, Oberstock, Speicher (S. 104) bei Crecelius II, 538 und bei Hertel
S. 154, Oaupe, Giebelöffnung unter dem Dache bei Crecelius I, 40G, Ahl, schmaler
Gang zwischen zwei Häusern oder Häuserreihen (S. 117) bei Crecelius I, 25, wo auch
die Vermutung ausgesprochen wird, daß es aus dem weitverbreiteten Adel, Pfütze, Sötte
hervorgegangen ist (vgl. ripuarisch Söd in derselben Bedeutung). Auch das Siebenbür¬
gisohe ist nicht regelmäßig verglichen worden, z. B. nicht bei Keper, Dachsparren, das
Kisch iin vergleichenden Wörterbuch der Nösner und der moselfränkisch-luxemburgischen
Mundart* S. 119 verzeichnet
Eisenberg S.-A. 0. Weise.
Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 19. — 39. Lieferung (verrottlen —
Korngült). Tübingen, H. Lauppsche Buchhandlung, 1908 — 1912. Preis jeder Liefe¬
rung 3 Mk.
In drei früheren Besprechungen, welche in dieser Zeitschrift und in ihrer Vor¬
gängerin, der Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten, erschienen sind, habe ich auf die
vielen Vorzüge des bedeutsamen Werkes hingewiesen, von dem nun bald 4 Bände fertig
vorliegen. Mit staunenswerter Pünktlichkeit und Raschhoit erscheinen die einzelnen Liefe¬
rungen, die sich vor den sonst so wertvollen Heften des Grimmschen Wörter buchs durch
eine wohltuende Gleichmäßigkeit der Bearbeitung auszeichnen. Ich kann mich diesmal
darauf beschränken, die wenigen Bemerkungen, die ich mir bei Benutzung des Schwä¬
bischen Wörterbuchs zu einzelnen Artikeln gemacht halte, hier zum AMruck zu bringen
und so einen bescheidenen Beitrag zu dem großen Werke zu liefern.
Unter verwese" 2. wäre auf das gleichbedeutende verwere" II. zu verweisen. —
Zu Fidelbogen: die Nebenform Figelboge" kann lautgesotzlieh sein, denn der Über¬
gang von d zu g findet sich gerade vor 1 in deutschen Mundarten häufig, vgl. schwäb.
verspeigle" neben verspoidlo”, Einsigol neben Einsiedel. — Unter fix lies F. und fertig
statt Fix und f — Vitriolisch »vergnügt, heiter« scheint in Anlehnung an Vitriol u.
und an gewisse Kehrreime in Jodlern aus lidel umgeformt zu sein; in Basel fitriil adj.
»fidel«. — Fliimme 1. ist das mild, fite me swf. innere Fetthaut (Lcxer, Mhd. Hand-
wörterb. III, S. 39G). Die Handschulisbeimer Ma. bat fleenu pl. die Haut an den Weichen
des Rindviehs (s. meine Programmbeilage von 1892, S. 7a). — Unter den Synonymen
von Flaschner ist nicht erwähnt das in Baden-B. übliche Blechuer. — Die vollständige
Auflösung des Rätsels Hinten Fleisch und vornen Fleisch, und mitten Holz und Eisen
(unter Fleisch, S. 1559 Mitte) wäre: der Bauer mit Pflug und Zugtieren. — Unter
Floss 3. lies Kuh statt Fuh. — Fugo f. ist auch in Handschuhsheim üblich; s. mein
Vergleichendes Wörterbuch S. 24. — Fügklotz m. bedeutet wohl dasselbe was Flgbloeh n.
in Handschuhsheim, Fügbank f. in Tauberbischofsheim, nämlich: einengroßen, aus einem
Balken gefertigten Hobel, auf dem das zu hobelnde Holz hin- und hergoschoben wird,
vgl. meine Programmbeilage: Der Handschuhsheimcr Dialokt, Konstanz 1887, S. 12b. —
Zu Furdigel, Futtigel m. »Getreideunkräuter« verweise ich auf meine Programmbeilage
Der Handschuhsh. Dial. 1892, S. 7b, wo man in völlig abweichender Bedeutung verzeichnet
findet: pl. »kleine Mücken, die besonders vor Gewittern in Schwärmen uiuherfliegen«.
1 S. 119 steht fälschlich -Wörterbuch der h’appauer Mundart«.
* Hertels Thüringer Sprachschatz hat der Verf. nicht benutzt.
* S. 129 wird es unrichtig als vergleichendes Wörterbuch der Nösner und mittel¬
fränkischen Mundart verzeichnet.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
376
Bücherbosprechungen.
Za ganz: bemerkenswert ist die schon mhd. Bedeutung »nicht kastriert« (von
männlichen Haustieren), welche Fischer den übrigen Bedeutungen voranstellt. — Ob Gar
»Düngung, Mist« und das ebenda verzeichnete Oär, Garn, Miggär »das ganze Gedärme
eines Ochsen« der Herkunft nach dieselben Wörter sind, möchte ich bezweifeln. Zu Garn
»Darm, Eingeweide« vgl. Kluge, Etyra. Wb. Miggär ist das ahd. mittigarni. — Zwischen
den rotwelschen Wörtern Gampesar und Gatzam »Kind« scheint eine Beziehung zu
bestehen; vielleicht steht Gampesar zunächst für *Qamza und dieses durch willkürliche
Buchstabenumstellung für Gatzam. Solche Umstellungen scheinen im Rotwelschen häufiger
vorzukommen, vgl. auch Lefranz für Franzlo »Mönch», eigentl. Franziskaner (Meisinger,
Appellativnamen 1910, S. 8). — Zu den Angaben über die Verbreitung von g*häb* und
b*häb* (unter g a häb*) bemerke ich, daß es in Emmendingen bei Freiburg ghääb, in
Heidelberg-Handschuhsheim bheebt heißt. — g'honrig scheint mir ebenfalls vordruckt
und zwar für ♦g'hornig, welches dem schwäb g*homet »gehörnt, verdreht, verkehrt«
(bei Fischer S. 216) entsprechen würde; vgl. noch Schweiz, hörni, hürni »unvernünftig«
(Idiotik. II, 1629/30). — In genärft Adj. »geschwängert« steckt vielleicht das Verbum
tuerf9 »coire«, das ich aus Richen bei Eppingen und (neben marfa ) aus Handschuhsheim
kenne. Angeblich hebräischer Herkunft — Vgl zu g'none" »nicht mehr ganz schlafen«
die Tauberbischofsheimer Redensart: 3 nauna macha »ein Schläfchen machen«. — Zu
Gerret »Gänserich«: Hoeger, Die Tiere im Pfälzer Volksmunde, 2. Teil, S. 7 (Landau
1903, Gymn.-Progr.), verzeichnet aus einem alten Weistum »Gerhardt« in der Bedeu¬
tung Gänserich (vgl. auch Meisinger in dieser Zeitschr. Jahrg. 1908, S. 189). Dieser heißt
in der Handschuhsheimor Mundart auch Peter (doch nur als Rufname, das Gattungswort
heißt Qtfrct). Sehr beachtenswert sind die Erklärungsversuche F. Pfaffs in Paul und
Braunes Beitr. 15, 185, dem jedoch damals (1891) die von Fischer aus dem Ysengrimus
beigebrachte Bezeichnung Gerardus und das durch Ileeger belegte Gerhardt noch nicht
bekannt waren. — G'schale (ausgesprochen kiqlf) »einfältiger, gutmütiger Mensch« ist
=» baslerischem und elsäss. tSooli ; Schweiz, auch noch Tscbali, Tscbalo, Gschalör (Schweiz.
Id. II, 842), deren Herkunft freilich ebensowenig bekannt ist. Bei diesem und einer An¬
zahl anderer Wörter erscheint mir die Schreibung mit anlautendem G* befremdlich, selbst
in Fällen wie geschartieren »Wache halten« und G'stattel »Düte, Schachtel« =.
ital. scatola, wo ältere Belege die Schreibung mit ge- aufweisen. Wie Fischer selbst
sagt, steht geschartieren für s(ch)kartieren, und wir haben hier einen der Fälle vor uns,
wo die neueren Mundarten don im Altgermanischcn so geläufigen Wortanlaut sk- als
etwas Fremdartiges empfinden und durch andere, ähnlich klingende Lautgruppen ersetzeu,
so besonders durch s, st, sp, gs; vgl. Storpiün »Skorpion« (in Handschuhsheim), Stnrpism.
dass. (Schweiz., Stalder 11, 416); Gschläf »Sklave« (bei Fischer unter G'schlaf); bal¬
lieren »schimpfen, toben« (bayr., rhein.) neben skalieren (Schweiz.) und schattieren (Grimm,
D. Wb.) = ital. scagliare; Start neben Skart »Wache« (Z. f d. Wortforsch. 14, 57); mund¬
artliches Standdal »Skandal«, Starnixe = ital. scarnuzzo »Papierdüte«, Stattei = ital. sca¬
tola (Zeitschr. f. hochd. Mundarten 1, 29, wo W. Horn abweichend von mir das St- als
Assimilation an die folgenden Zahnlaute erklärt). — Zu dem rotwelschen Ausdruck G e -
sims* pflanze" »coire« vgl. östorr. das Gesims abstauben dass. (Castelli 157 und D. Wb.
Wegon des Zeitworts pflanzen und des fehlenden Artikels ist aber vielleicht an »Gesäms« n.
Sämerei zu denken (Kehrein III, Nachtr. S. 18). — Gespei n. »Gespött« zerstreut Kluges
Zweifel an der Verwandtschaft von lat. spütum mit deutschem »Spott«. — Unter G e -
standare lies »hemmendes« statt »hemmender«. — G'stellme, Stell me m. »Gestell«
möchte ich aus ‘Gestollmann eiklären; vgl. wogen der Form Schweiz. Fuermo »Fuhr¬
mann«, Chaifme »Kaufmann«, Landamme, Hauptme; wegen der Bedeutung vgl. Schweiz.
Gauggelma »Hebemaschine, Flaschenzug«, Glättima »Bügelbrett« (Schweiz. Id. IV, 246
bis 258). — G“sti!et n. »Skelett« ist nach dem, was ich oben zu geschartieren be¬
merkt habe, keine »occasionclle Verballhornung«; gst- mag aus gs - und St- gemischt
sein. — Zu gewinuen: Hoffmann - Krayer (Z f. hochd. Ma. IV, 156 f.) und das Schweiz.
Id. nehmen an, daß alcmann. günne »pflücken« aus gewinnen entstanden ist. Mau durfte
im Schwäb. Wb. einen Hinweis auf das Schweiz günne erwarten, umsomehr als gewinnen
auch im Schwäb. dio Bedeutung »pflücken« haben kann. — Der Spielruf gillög klingt
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Bücherbesprechungon.
377
auffallend an das gleichbedeutende Schweiz, gugelüch an (Id. II, 156). — Unter Girbse"
soll es wohl Berberisfrucht statt Herberisfrucht heißen. — Glänzig Ädj. in der Bedeu¬
tung »gelinde« wird wohl eher zu Gelenz »Frühling« gehören als zu geiind selbst. —
Daß Glotzbock »Stiefmütterchen« mit Recht zu »glotzen« gezogen wird und nicht zu
»Klotz« gehört, wird auch durch das gleichbedeutende Handschuhsheimer Osicht n. be¬
wiesen. — gottisgar Adv. »schier gar« scheint mir eher aus »gut und gar« verkürzt
zu sein. — Unter Guckaus ist in der Anmerkung das zweite »vor« zu streichen.
Zu Habemus m. »Rausch« vgl. aus Handschuhsheim er hot! (nämlich: zuviel)
er ist betrunken und bei Fischer unter haben S. 984: Oani mdr oder hant mvr (gehen
wir oder trinken wir noch eioen Schoppen?) und S. 986: hoch haben « betrunken sein«.
— Zu Haberdegraz (Havre de Grace): ein Handschuhsheimer, der nach Amerika reisen
wollte, erklärte auf Befragen, er reise über HätcerdigrOa und Sautempl (Southampton);
der Name der Stadt scheint also beim Volke in der volleren Form geläufig zu sein, wäh¬
rend die Gebildeten sich gewöhnlich mit der Benennung Havre begnügen. — hal Adj.
»ausgetrocknet« findet sich auch in Handschuhsheim (Progr. - Beilage 1892 unter haal). —
Hape f. »gekrümmtes, starkes Messer« ist auch in Handschuhsheim .in der Form hoop f.
wohl bekannt (s. meine Progr,-Beil. 1887, S. 18); das oo weist auf rahd. &. — Unter
her ja lies »die« Zugtiere statt »dir« Z. — Hauszettel scheint mir soviel zu sein wie
Pasquill, das auf den Dörfern früher an den Brunnen oder Haustüren befestigt wurde.
— Hickup ra. »das Aufstoßen, Aufschlucbzen«; die Übereinstimmung dieses nach F.
scherzhaft gebrauchten Wortes mit gleichbedeutendem engl, hiccup, hickup ist auffallend.
— Hildscheit n. »Querholz am zweispännigon Wagen zur Befestigung der Zugstränge«.
Die Erklärung der Form ist zwar nicht schwer (’s Silscheit > ’s (H)ildscheit; vgl. Hil-
vester aus Silvester), aber man hätte sie nicht weglassen oder bis zum Erscheinen des
Artikels Silscheit verschieben sollen. — Unter hinbützen lies abortieren statt »aborf
tieren*. — Unter Höhling lies Kirschenbaum statt Kirschenb. — Hon: lies »Geistes«
statt »Geistet« (Anmerk.). — Hopf* »Bauer« gehört wohl zu hopfen = hüpfen, da man
die Bauern da und dort Schollenhopser, -hüpfer nennt. — Hopfenzitz m. »unruhiges
temperamentvolles Kind« ist wohl imperativische Bildung: hopfe und sitze, d. h. ein Kind
das bald hüpft, bald sitzt. — *hopfericht Adj. ist vermutlich das mhd. boveroht
hovereht »buckelig« (Leier) und bedeutet hier wohl »mit kleinen Erhöhungen (Mitessern
Blatternarben u. dgl.) versehen«. Zunächst zu ahd. hovar »Buckel«, dann auch zu schwül
Hoppe, Hoppel »Hügel, Erhöhung«. Das pf entweder durch Mischung beider Wort
gruppen oder durch Anlehnung an das Zeitw. hopfen. — Hudler »eine schlechte Trauben
Sorte« mag = *Hodler, Hammelshodler sein (in Handschuhsheim mit falscher Silben
trennung haml-soulv m.) — Hurenpocht gehört wohl zu mhd. buht n. »Unrat, Kot«
Inkneidei m. »Schweinsblase; Dickdarm beim Schwein«, in Rappenau Inkeidei
in Tauberbiscbof8heim Endeknäudel, in Handschuhsheim eykhail , eykhail , in Wimmers
bach bei Heidelberg eykhaitl , heykhaitl\ alle diese Formen aus ‘Endkeutol »Endo des
Darms«, s. Grimm, D. Wb. Keutel m. dicker, sackförmiger Darm bei Tieren. — Das
fränk. Isei n. Blättcrchen erinnert an Schweiz. Ürseli n. »kleines Geschwür am Augenlid,
Gerstenkorn« (Id. 1,468), oder ist es = mhd. üselc f. Asche, Aschenstäubchen?
Könnte Joz aus Jodokus verkürzt sein? Die-Kurzform Jos verzeichnet Fischer selbst.
Kamerusebo (rotwelsch) »Kameraden, Gesellschaft« scheint das weitverbreitete
jüd.-deutsche Kafrüac f. »Gesellschaft, Bando« zu sein (in Buchen Kaprice , in Tauber¬
bischofsheim Kafriiie), aber unter Einfluß von »Kamerad«. — Zu Kammerz f. »Spalier
au einer Mauer« bemerkt Fischer: »In den Nachbarmundarten nicht mehr bezeugt«. Die
Handschuhsheimer Ma. hat nun noch khumnticiyvt m. »Weinberg, in welchem die
Rahmen und Truder quer und der Lange nach laufen, so daß oino Art Dach entsteht«
(s. Lenz, Der Haudsch. Dial. 1892, S. 13). — Unter Kartätsche lies ital. cartaccia statt
cartoccia. — käsge' 1 Yb. »wenn beim Würfelspiel ein Würfel krumm hinfällt«. Nach
Fischer uoklar, aber nach den schwäbischen Ausdrücken Käsdrucken, Käsete und Käs-
glock 2. vielleicht soviel als »so hinfallen, daß sie zu eng beieinander liegen und teilweise
aufeinander zu liegen kommen«. — Unter kauderig 2. lies »von Vögeln, denen«. —
Die Form kilsterig unter koisterig »verschleimt« stellt sich zu külstern, kilstern
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
378
Bücherbespreehungen. — Sprechsaal.
kelsen, Kolster, Qualster bei Grimm D. Wb. Vielleicht steht auch das nach Fischer in
Württemberg ganz unbekannte Kinster »Viscum album« (Mistel) zunächst für * Küster;
die Benennung käme dann von dem schleimigen Inhalt der Mistelboere. — Kipp II. f.
»Schnabel« ist doch wohl Ableitung von kippen »picken«. — Der Kirschenhaken ist
ein aus einem Zweig gebildeter Haken mit einem ganz kurzen und einem langen Schenkel.
Er dient zum Herbeiziehen der von der Leiter aus nicht erreichbaren Zweige des
Kirschbaums und anderer Obstbäume, deren Früchte dann mit der Hand abgepflückt
werden. — kitsche“ Vh. »im kleinen (ver)handela« ziehe ich zu mhd. kiuten »tauschen,
vertauschen« (s. meine Progr.-Boil. Der nandschuhsheimer Dial. 1892). — Sollte das
rotwelsche Kittchenbos »Arrestaufseher« nicht das ndd. Bas »Meister« (s. Weigand)
enthalten? — Der unter Kluher erwähnte Spruch lautet in Handschuhsheim:
Trqfze un Vöglwicke
Woll unser Herrgott nimmer schicke.
Vielleicht ist Klubre der Bedeutung nach = Trespe. — Knallhütto in der Bedeutung
Bordell (bayr.) scheint doch zu »knallen« in der Bedeutung »coire« zu gehören, welche
Fischer selbst unter »knallen« aus Rappenau belegt. — Zu Knast f. »Strafe, Strafzeit«
verweise ich noch auf »Die geheime Ueschäftssprache der Juden« (Neustadt a. d. Aisch
1896), wo sich Knass Strafe (S. 23) UDd kansn strafen (S. 13 und 23) findet. Kehrein
verzeichnet als nassauisch knassen , rerknastcn ; in den Lustigen Blättein fand ich r er-
knaxen (VIII, Nr. 36, S. 7). Die Handschuhsheimer Mundart hat knass, fvknass »ver¬
urteilen« (Lenz, Die Fremdwörter des Handschuhsheimer Dial. 2. Teil, S. 4). Nach dem
Jahrb. f. Geßch. usw. Elsaß - Lothringens 12, S. 145, von chald. kenäs »Strafe«. — Zu
Knausmutschel f. »ein Backwerk« möchte ich jetzt schon den schwäbischen Familien¬
namen Mutschelknaus (bis 1911 auch in Baden-B. vertreten) anmerken. — Zu kneipen
in der Bedeutung trinken, zechen vgl. den Handschuhsheimor Ausdruck aans ph^ts» eins
pfetzen, d. h. ein Gläschen trinken. — knoble" »würfeln« wohl zu mhd. knübol m.
Knöchel am Finger. Auch knüchle* bedeutet nach Fischer »würfeln«.
Nachtrag zu Bd. I.
anzig Adv. »unterdessen, einstweilen« könnte wohl einem mhd. an die zit ent¬
sprechen; vgl. die Entwicklung von mhd. höcbzit im Schwab.
Bone f. Die mit Fragezeichen versehene Redensart E jede Bo geil ihm To,
wörtlich: Eine jede Bohne gibt ihrou Ton, bezieht sich auf die blähende Wirkung der
Bohnenkerne. Dieselbe Redensart auch in Basel.
Baden-Baden. Philipp Iaux.
Sprechsaal.
Eine hessische Bezeichnung des Kaninchens.
Herr Professor Dr. H. Krebs in Oxford schreibt uns:
Vielleicht wird dem Unterzeichneten ein kleiner Raum für den kurzen Hinweis
auf eine mundartliche Bezeichnung des »Kaninchens«, dio ihm aus seinem Geburtsort
noch in getreuer Erinnerung lebt, in der Z. f. d. M. vergönnt sein. Der betreffende mit
Kaninchen oder Karnickel (— lat. cuniculus) synonyme Ausdruck lautete » Lapping « und
war in seinem Heimatsdorfe Bessungen, das erst seit etwa 25 Jahren als südlicher Vorort
mit Darmstadt vereinigt wurde, vor eiuem halbcu Jahrhundert daselbst fast ebenso all¬
gemein gebräuchlich. Wahrscheinlich ist der Lapping auch heute noch im dortigen
Volksmunde geläufig. Da in der Bessunger Umgegend Lappinge von jeher sehr häufig
waren, pflegten die Darmstädter Schulknaben ihre Bessunger Mitschüler mit dem Scherz¬
namen »Bessunger Lappinge « zu necken, welchen diese mit »Dartnslüdler Isind-
hasen « erwidorton. — Als Dialekt wort hat » Lapping « leider keine Aufnahme im
»Grimmschen Deutschen Wörterbuche« finden können. Nur iu Muret-Sanders’ Deutsch-
Englischem enzyklopädischem Wörterbuche wird das deutsche Fremdwort »Lapin* ver-
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Sprechsaal.
379
zeichnet und mit dem engl. Rabbit wiedergegeben. Unser in Bessungen-Darmstadt
heimischer Ausdruck ist offenbar mit dem französischen Lapin ursprünglich identisch,
welches von A. Brachets Dictionnairo Etymologique de la Langue Franpaise seinerzeit
(1868) auf den Stamm lap zurücbgeführt wurde, »dont l'origine ost inconnue«. Inzwischen
hat jedoch Gust. Körtings Etymolog. Wörterbuch der französ. Sprache (Paderborn 1908)
vermutlich die richtige Spur verfolgt und auf einleuchtende Weise das französ. Lapin
von dem altdeutschen Substantiv I^appen (ahd. Lappa) »wegen der lappigen Ohren«
abgeleitet.
Unser Lapping wäre demnach ein französisches Lehnwort von ursprünglich ger¬
manischer Abstammung, welches durch das angehängte g und die Deminutivendung -tVi^,
sowie die verdoppelte labiale Tennis wieder verdeutscht erscheint.
(Die Endung -ing statt -in, -en findet sich auch sonst noch, so in nhd. Tesching
neben Teschin [aus Teschen], mundartlich Bassing = franz. basstn [vgl. Lenz, Vergleich.
Wörterb. der nhd. Schriftsprache und dos Handschuhsh. Dial. 1908]. Die Eppelheimer
[bei Heidelberg] nennt man in Heidelberg-Handschuhsheim spottweise Stallhase oder
Läppt. — Lx.) „
Erwiderung.
In Heft 2, Jahrgang 1912 diesor Zeitschrift wurde mein Büchlein »Die Namen
Vorarlbergs« einer Besprechung unterzogen, die ich nicht unerwidert lassen kann. Herr
Dr. Miedel sagt darin: »Zunächst sind ihm (Hopfner) die alten Räter Kelten, was allen
bisher geltenden Ansichten widerspricht«. Tatsächlich habo ich diese schwierige Frage,
die bekanntlich viele Gelehrte, »der gewaltige Forscher K Zeuß« (so Dr. Stolz, Die Ur¬
bevölkerung Tirols* S. 60) obenan, bejahen, auch nicht mit einem Wörtohen berührt.
Dr. Miedel schreibt: »Hopfner läßt das ,Koltische‘ erst zu Anfang des II. Jahrtausends
etwa verschwinden«. Tatsächlich habe ich behauptet (S. 25), daß im 8. bis 9. Jahrhundert
das Keltische ganz verschwand. Dr. Miedel fährt fort: »die ganze keltische Hypothese
dünkt mich auf zwei wackeligen Pfeilern aufgebaut zu sein«, nämlich meiner Anuabme
Clunia = Dunia und »meiner Annahme der ,keltischen* Wortstämme ana und ara
(= Dorf und Bach)«. Welche Vorstellung mag sich der Leser bei diesem Satze über mein
Büchlein machen? Tatsächlich habe ich S. 66 nicht weniger als 24 Keltenworte auf¬
gezählt, die ich in unseren Ortsnamen wiederholt gefunden zu haben glaubte. Die An¬
nahme Clunia = Dunia, die ich im »Archiv f. Oesch. u. Landesk. v. Vorarlberg« IV,
S. 40 f. und V, S. 83 ff. weitläufig verteidigt, ist für die Gesamtortsnamenerklärung durch¬
aus belanglos. — »Die Annahme eines Wortstammos ana = Dorf« ist wieder eino reine
Erfindung Dr. Miedels; ana ist keltische Endung (Holder, Altkeltischor Sprachschatz) und
ätia heißt »Sumpf« (Stokes, Urceltischer Sprachschatz). »Eine bedeutende Rolle spielt —
und hier scheint Dr. M. im Rechte zu sein — das Wort ara« (Ache). Durch langes
Studium bin ich zur Überzeugung gekommen, daß es nicht Endung, sondern selbständiges
Wort sei. Die Tauferer im Pustertal (Tirol) nennen ihren Bach noch heute unterschiedslos
Ache und Ähre; sodann haben wir auf früherem Keltengebieto eine wahre Unzahl von
Ähren und Ahrenbächen; ferner findet es sich als selbständiges Wort schon in den
ältesten und alten Urkunden; Holder hat es für zwei Flußnamen; endlich scheint es in
dem halben Hundert von Bildungen wie Allära , Saldra , Windära, Isära , Iscära , llära f
Samära usw. sowohl inhaltlich als formell genau unseren: Steinach, Weidacb, Weißach
zu entsprechen. Diese und andere Griindo schienen mir eine Berechtigung zu geben,
ara als Wort aufzufassen.
Wenn mein Kritiker sonst ins einzelne geht, läßt er immer — io mehr als
20 Fällen — zwei Dinge weg: 1. meine Begründung, 2. die Modalitäten: »vielleicht«,
»möglicherweise«, »es könnte sein«. So sagt er: »Route gehört (nach mir) zu rilon
= Furt«. Im Büchlein steht: »Reute <= Schwende«. Beide Wörter habe ich schon
früher als deutsche erklärt (S. 3). Bei einem Reute, das am Übergang eines Flusses
liegt, fügte ich hinzu: »Es ist nicht ausgeschlossen, daß es von rilon kommt«.
Das ist denn doch wesentlich etwas anderes. Den Zusatz machte ich aber deswegen,
weil ich bei Reutte am Lechübergang (Tirol) Beweise für die keltische Abstammung habe.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
380
Sprechsaal.
Die ungeheuerlichste Beschuldigung stellt Dr. M. an die Spitze der Kritik. »Ich
wundere mich, daß H. Feldkirch nicht als fi (=6») alta curia deutete«. Darnach
hätte ich nicht einmal, sondern oft eine kelt. Präposition mit einem lat bez. rom. Wort
zu einem Ortsnamen verschmolzen. Solche Behauptungen schaden freilich nicht, weil
sie niemand glaubt. Was ich behaupte, ist das: Wie wir Ortsnamen haben wie Amberg,
Amlech usw., so hatten sie auch die Kelten. Die Anwohner der Drau hießen Atnbi-
draci, die des Licus (Gail in Tirol und Kärnten) Ambilici usw. Allein nicht bloß ambi
(ahd. ümbi), sondern auch der zweite Teil bi allein wurde dazu verwandt, das, als Präfix
behandelt, auch als bi und b[i ) auftritt. In Vorarlberg erscheint neben Ludesch Blu-
desch, in der Schweiz neben Rätikon der Prätigau, in Tirol an der Emmern ein
Pemmern, neben der 111 die Biller-Höhe und der Pillbacb usw. usw. So glaubte
ich auch Widderstein, dessen dialektische Aussprache ( Widur ) und alte Form Widero¬
stein an eine Herleitung von Widder = Hammel gar nicht denken lassen, mit dem nahen
Dura und Fidere in Beziehung setzen zu dürfen ( bi-Dura = Fi-Dura). All die vor¬
gebrachten Gründe verschweigt Dr. Miedel. Auf solche Weise kommt er zu einem ver¬
dammenden Urteil über ein Büchlein, das der Wiederabdruck einiger Feuilletons mit Bei¬
behaltung des Satzes ist, wobei es mir bei der mangelhaften Druckerei nicht einmal ver¬
gönnt war, die Quantität der Vokale anzugoben. Ob ein solches Urteil wohlwollend ist?
Feldkiroh in Vorarlberg. P. Js. Hopfner t>. J.
Schlußwort.
Herr P. Hopfner fühlt sich durch meine Besprechung seines Büchleins beschwort
und vermißt in meinem Urteil jegliches Wohlwollen. Wer aber seine regellosen Ety¬
mologien liest, dem wird es ergehen, wie cs nach seiner Erzählung oft seinen »besten
Freunden« ergebt, or wird auch »den Kopf schütteln« und hinzusetzen, ich hätte gar
sehr milde geurteilt. Ich kann daher von meinen Ausstellungen nichts zurücknehmen
und will nur möglichst kurz seine einzelnen Einwände zurückweisen.
1. ln Vorarlberg saßen vor der deutschen Bosiedelung Räter und dann Romanen
und eine Mischung aus beiden. Nach H. sind jedoch die meisten Namen keltisch-, also
sioht er die Räter oder Romanen für Kelten an Wenn aber Keltisches nicht da war,
so konnte es weder im 8. noch im 10. Jahrh. verschwinden.
2. Den Weg zum Keltischen bahnt er sich erst durch die Annahme, Clutiia sei
verschrieben für Dunia; er hat eben selbst das Gefühl, daß alte, sichere Namen mit den
charakteristischen Endungen dunum, durum usw. fohlen.
3. Den Wortstamm ana = Ort, Dorf habo ich nicht »rein erfunden«, sondern den
gebotenen Erklärungen entnommen. z. B Tal-ana (von talos Stirne) = Ort an der Stirn¬
seite (S. 11), Tarana (von tatos still) = Stillort (S. 30), Marana = Ort am mar (= Berg¬
sturz, S. 39), Locana (von loco* See) = Secort (S. G(>) usf. Daß aber ana und ara
mehr als bloßes Bildungssuffix ist, wäre erst zu erweisen.
4. Daß ich in meiner Besprechung dio gegebene nähere »Begründung« und das
»möglicherweise« wegließ, geschah allerdings mit Bedacht: denn fürs erste wollte ich
mich der Kürze betleißigen und dann schien mir die Erklärung mitsamt der Begründung
meist unmöglich, da alle Lautgesetze souverän mißachtet sind. So ist auch Reute
= Furt ausgeschlossen; bei Reutte in Tirol erst recht, da dies erwiesenermaßen ein
Rodungsdorf von dem viel älteren Breitenwang ist und bis fast in die Neuzeit herein
noch dahin eingepfarrt war.
5. Das »Ungeheuerlichste« ist die Beschuldigung, H habe eine kelt. Präposition mit
einem latein. Wort zu einem Ganzen verschmolzen. Zunächst: Wo sind keltische Orts¬
namenbildungen wie »Amberg« nachgewiesen? Ambilici usw. sind Volksnamen. Ferner:
111 und Billerhöhe (Biller nennt dort die Mundart Heustadel) u. ä. in Beziehung bringen,
ist nichts anderes als etwa Brciteuau = »bei Reitenau« setzen. Solche »Ungeheuerlich¬
keiten« habe ja nicht ich verschuldet: Campodunum »die Ebene bei Feldkirch, die vor
der Christianisierung die dunisvho hieß (Dach H.s Annahme) = Dunfeld« (S. 37). Ist
campus nicht lateinisch und dunum keltisch? Dabei ist noch Grund - und Bestimmungs¬
wort obendrein verwechselt, wie öfter, so S. 41 Fußach *= am Fuß der Ach, 8.110
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Sprechsaal. — Mitteilung. — Neue Bücher.
381
Wiesenrhein = die Wiesen am Rhein — also Haustüre = das Haus der Türe! Noch
»ungeheuerlicher« sind aber Vermengungen wie S. 40 Frastafeders, das entstanden sein
soll aus ß- (kelt.), ross- (rätorom.), dur- (kelt.), vetus (lat.). Wird der Jeser jetzt wohl
»solche Behauptungen« noch »nicht glauben«? Bleiben wir doch im Lande und nähren
uns redlich! Und lassen wir am Widderstein ruhig die schwäbischen Hammel weiden
und die Wälder Bauern ihr dürftiges Gras am Dura (< Durraha = Dorracb) mähen
und die Oberstdorfer über den Fiderepaß (so heißt er nämlich, d. i. der fördere = vordere
Paß) ins Walsertal wandern. Liegt ja doch das Gute viel näher!
Memmingen. Julius Miedel.
Mitteilung.
Das vorliegende vierte Heft des Jahrg. 1912 der Zeitschrift f. Deutsche Mundarten ist
das letzte, welches unter der gemeinsamen Verantwortung der beiden Begründer der Zeit¬
schrift hinausgeht. Der bisherige Mitleiter, Prof. Dr. Philipp Lenz (Baden-Baden),
legt aus persönlichen Gründen dieses Amt nieder. An seiner Stelle wird von Jahrg. 1913
an Gymnasialoberlehrer Dr. Hermann Teuchert (Steglitz-Berlin) in die Leitung der
Zeitschrift eintreten und als geborener Niederdeutscher und bewährter Forscher auf dem
Gebiete der niederdeutschen Mundarten diese übornehmen, während der bisherige
Mitleiter, Prof. Otto Heilig (Rastatt) außer wie bisher die oberdeutschen auch die
mitteldeutschen Mundarten besorgen wird.
Prof. Lenz hatte bereits zum 1. Oktober 1911 von der Mitleitung der Zeitschrift
zurücktreten wollen, sich aber im Hinblick auf dio damalige Lage der Dinge bewegen
lassen, noch ein weiteres Jahr die Geschäfte der Mitherausgabe zu versehen.
Für die sachkundige, gewissenhafte und erfolgreiche Arbeit, die Prof. Lenz während
sieben Jahron als Mitherausgeber der Mundartenzeitschrift im Dienste des Allg. Deutschen
Sprachvereins geleistet hat, spricht ihm dieser seinen Dank aus. Es steht zu hoffen,
daß er auch fürderhin der Zeitschrift durch rege Mitarbeit seine Unterstützung zuteil
werden läßt.
Zusendungen betr. die ober- und mitteldeutschen Mundarten sind von nun an
also an Herrn Prof. Otto Heilig in Rastatt, solche aus dem Gebiete der niederdeutschen
Mundarten an Herrn Gymnasialoberlehrer Dr. Hermann Teuchert in Berlin-Steglitz,
Mommsenstr. 52 zu richten.
Ser Ges&mtvontand des Allg. Deutschen Sprachvereins.
Nene Bücher.
Abraham n Salnta Clara. Blütenlese aus seinen Werken, von Dr. E. Bertsche.
Freiburg i. Br., Herdersche Verlagshandlung, 1912. 2 Bändchen. [Eine sehr geschickt
angelegte Blutenlese aus den Werken Abrahams a St. Clara, die weiteren Kreisen sehr
willkommen sein dürfte.]
Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 38. und 39. Lieferung (Keller —
Korngült). Tübingen, H. Lauppsche Buchhandlung, 1912. Preis je 3 Mk.
Gimpl, E., D’ Laub frösch. Humoristische Erzählungen ans den steirischen Bergen.
Bruck a. d. M., H. Smrczek, 1910. 87 S.
Grimm, Jaeob und Wilhelm, Deutsches Wörterbuch. Zwölften Bandes 1. Abteil.,
9. Lieferung (Versputzeln — Verstehen). Leipzig, Hirzel, 1912. Preis 2 Mk.
Kluge, F., Wortforschung und Wortgeschichte. Aufsätze zum deutschen Sprach-
sohatz. Leipzig, Quelle k Meyer, 1912. 183 S. Geb. 4 Mk.
Leithttuser, Julius, Bergische Pflanzennamen. Elberfeld, A. Martini k Grüttefien,
1912. 61 S.
Meynen, Paul, Dr. phil., Melodisches der Mundart von Homberg am Nieder¬
rhein. Mörs a. Niederrhein, Verlag von A. Steiger, 1911. 22 S. [Dieses interessante
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
382
Neue Bücher. — Zeitschriftenschau.
Schriftchen, das auszugsweise der in demselben Verlage erschienenen Dissertation
»Über die Mundart von Homberg« entnommen ist, untersucht den musikalischen Akzent
genannter Mundart und wird hoffentlich zu weiteren einschlägigen Studien auch für
andere Gebiete anregen. Denn dieses Teilgebiet neuerer Mundarteoforschung liegt fast
noch völlig brach! 0. Hg.)
MUUer-Fraureath, Karl, Wörterbuch der obersächsischen und erzgebirgi-
schon Mundarten. Lieferung 6 (Kranne — misten). Dresden, Wilhem Baensch, 1912.
Preis 3 Mk.
Prader, Georg, Norbert Hanrieder in seinen Dichtungen. Eine Studie. St. Pölten.
Verlag der Preßvereinsdruckerei St. Pölten, 1912. 177 S. Preis 1,80 Mk.
RUthlein, Heinrich, Die Maibowle. Posse in Darmstädter Mundart Darmstadt,
H. L. Schlapp, 1912.
— — Die Brieftasche, Posse in Darmstädter Mundart. Ebenda 1912.
Scholz, Hans, Deutsches Fremdwörterbuch. 4. Lieferung (Gene — Kampagne).
Straßburg, K. J. Trübner, 1912. Preis 1,50 Mk.
Stanb, Friedrich, und Tobler, Ludwig, Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch
der schweizerdeutschen Sprache. 71. Heft (ungesinnt — Gesandter). Frauenfeld, Huber
k Co., 1912. Preis 2 Mk.
Zeitschriftenschau.
(Wir suchen aus dem Inhalt aller Zeitschriften hier die für dio doutsche Mundartenforschung; wichtigen Auf-
stltze anzuzeigon und bitton um Einsendung aller einschlägigen Arbeiten, damit nnsore Zusammenstellung eine
möglichst TollstÄndigo wird.)
Alemannia. Dritto Folge, Band 4, Heft 1. 2.
F. Pfaff, Badische Sagen (S. 28 — 46).
Bayerischer Hei matsch utz. Monatsschrift des Vereins für, Volkskunst und Volkskunde
in München. Jahrgang 10. 1912. Heft 1 — 8.
r. d. L. (= von der liegen), Der zweite Merseburger Zauborspruch (S. 51 — 57).
Das deutsche Volkslied. 14. Jahrgang. Heft 1—7.
Deutsche Erde. Zeitschrift für Deutschkunde. 11. Jahrgang. 1912.
Rieh. v. Pfaundler, Das deutsche Sprachgebiet in Südungarn (S. 18 — 22; 49 — 53;
109-123).
Jul. Koblischke, Besprcch. von G. Radestock, Zur Statistik der sächsischen Ortsnamen
im Hinblick auf die Ableitung ihrer Namen von Laub- oder Nadelbäumen (S. 25).
0. Weise, Besprach, von W. v. Unwerth, Das Entwicklungsgebiet der schlesischen
Mundart (S. 25 f.).
W. Rohmeder, Besprach, von J. Tarneller, Das Deutschtum auf dem Nonsberg (S. 27).
TF. Oroos, Besprech. von Herrn. Fischer, Die Schwaben in der ungarischen Graf¬
schaft Szatmär (S. 27 f.\
W. Rohmeder, Bespr. von E. Paul, Im Cimbernlande (S. 29 f.).
W. Peßlcr, Grundsätzliche Bemerkungen zu neueren ethnographischen Karten des
Deutschtums (S. 34 — 40; 62 — 75).
S. Weber, Deutsche Ortsuamen in der Zips (S. 82 — 84).
J. Koblischke, Besprech. von M. Klimesch, Deutsche Ortsnamen in Südböbmen (S. 89 f.).
Gesamtfragebogen für deutschbaltischc Volkskunde (S. 130—132).
Die Ortenau. Mitteilungen des Historischen Vereins für Mittelbaden. 3. Heft 1912.
Adolf Wolfhard, Die Hebel-Insel bei Odelshofen (S. 24 — 28).
O. Heilig, Zur Kenntnis der Mundart von Ottersdorf, Amt Rastatt (S. 114). [Mhd.
i, j i, in werden nicht diphthongiert. Charakteristisch für die Mundart sind dio
Diphthongierungen von mhd. kurzen Vokalen vor Nasal-{-Konsonanz, vgl. oumbl
(Ampel), hounl (Handel), i couu.it (Wanst), ein (Eude), heinSt (Hengst), bleimSlux
(Blindschleiche), heim (hinten), sein (Sünde) u. a. m.J
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Zeitschriftenscbau.
383
German American Annals. Januar — April 1912, Mai — August 1912.
Germanisch - Romanische Monatsschrift. 4. Jahrg. Heft 3. 4. 5. 6.
A. Elsässer, Das Wörterbuch der deutschen Rechtssprache (S. 139—144).
G. Krüger, Zur Neubenennung grammatischer Begriffe im besondern solcher der
engl. Sprachlehre (S. 144 — 150).
M. Schönfeld, Der altgermanische Lautstand zu Anfang unserer Zeitrechnung (S. 251
bis 259).
Hessische Blatter für Volkskunde. 11. Bd. 1912.
\V. Hoffmann, Beiträge zur Volkskunde Rheinhessens (S. 1 — 15).
H. Marxeil, Flachssalat und Frauen (S. 16 — 23).
K. Helm, Volkskundliches ans dem Anfang des 19. Jahrh. (S. 26 — 31).
A. Becker, Speyerer Recht und Sommertag (S. 33).
A. Kopp, Besprech. von P. Alpers, Untersuchungen über das alte niederdeutsche
Volkslied (S. 36 — 38).
B. Nassua, Besprech. von K. Gusinde, Eine vergessene deutsche Sprachinsel im poln.
Oberschlesien (S. 42 f.).
\V. L. Friedrich, Beschreibung der Tätigkeit eines Fluruamensammlera (S. I— IV).
Derselbe, Zur historischen Bedeutung der Flurnamen (S. IV—VIII), Über Verklei¬
nerung alter Gewanne (VIII—X).
K. Beckei-, Das Wort ggon (S. XIV—XX).
Jahresbericht Uber die Erscheinungen auf dem Gebiet der Germanischen Philologie.
32. Jahrg. 1910.
11. Teuchert, Deutsche Mundartenforschung (S. 145—162).
Korrespondenzblatt der Schweizer Gesellschaft fllr Volkskunde. 2. Jahrg. Heft 1 — 5.
Korrespondenzblatt des Vereins fHr niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. 1912.
Heft XXXIII. Nr. 1.
Enthält zahlreiche kleinere, wertvolle Beiträge.
Korrespondenzblatt des Vereins fUr siebenbUrglsehe Landeskunde. 35. Jahrg. 1912.
Zum Wörterbuch (S. 58).
J. Roth, Jcht (= euch) (S. 97—105).
Leuvensche BIJdragen. 10. Jahrg. 1912 (Leipzig, Otto Harrassowitz).
./. ran Ginneken, Het gevoel in taal en woordkunst. II. (S. 1—156, 173 — 273).
C. Lecoutere, Besprech. von H. F. Wirth, Der Untergang des niederländischen Volks¬
liedes (S. 159-161).
/.. Qrootaers, Besprechungen von Jos. Schiepek, Der Satzbau der Egerländer Mundart;
von J. Huber, Zur Methodik der Mundartenforschung (S. 163—167); vou 0. Kiirsten
und 0. Bremer, Lautlehre der Mundart von Buttelstedt bei Weimar (S. 275 — 277).
Mitteilungen und Umfragen zur Bayerischen Volkskunde. Neue Folge. Nr. 29.
1912.
O. Brenner, Kunz Hildebrand oder Sagen und Namen (S. 226 — 229).
Modern Phllology. Vol. IX. Nr. 4.
Leonard Bloomfield, The E-Sounds in the Language of Hans Sachs (S. 489 — 509).
- Vol. X. Nr. 1.
Nkrodopisny v&stnik. 1912. Heft 5-6.
Naturwissenschaftliche Wochenschrift. «Organ der Gesellschaft für volkstümliche Natur¬
kunde in Berlin«. 1912. Nr. 21.
H. Marxell, Das Liebstöckel (8. 327 ff.). (Bringt eine Menge von Benennungen der
Pflanze Levisticum officinale.)
Schwarzburg-RudoIstXdtische Landeszeitung. Beilage. 11. Aug. 1912.
P. Kannengießer, Zur Geschichte der Bilder und Klänge ans Hudolstat von Anton
Sommer.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
384
Zeitscbriftenschau.
Schweizerische Pädagogische Zeitschrift. 1911. Heft V.
Enthält: E. Hoff mann - Krayer, Die Volkskunde und ihre Bedeutung für die Schule.
Schweizerisches Archiv für Volkskunde. XVI. Jahrg. Heft 1 u. 2.
Jos. Müller, Sagen aus Uri (zum Teil mundartlich) (S. 12—34).
Siegerland. Blätter des Vereins für Heimatschutz und Heimatpflege. 1912.
ff. Schmoeckel, Das Siegerländer Bauernhaus, ein Beitrag zur Haus- und Dialekt¬
forschung.
The Journal of English and Germanlc Phllology. Vol. XI. Nr. 2. April 1912.
George 0. Curme, A History of the English Relative Construction (S. 180 — 203).
George B. Lovell, Feouliarities of Verb-Position in Grimmelshausen (S. 205 — 209).
Unser Egerland. XVI. Jahrg. 1912. Heft 1— 6.
Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 27. Jahrg. 1912.
Dr. Weber, Einheit der Fachausdrücko in der deutschen Sprachlefire (S. 140).
O. Streicher (?), Zur Erforschung der Mundarten (S. 144 f.).
K. Scheffler, Sprachverein und Mundartenpflege (S. 175 f ).
H. Bensemann, Besprech. von J. l^eithaouser, Bergiscbe Pflanzennamen (S. 285).
Zeitschrift des Vereins fUr Volkskunde. 22. Jahrg. Heft 2 u. 3. 1912.
O. Schell u. J. Bolle, Soldatenlieder aus dem dänischen Kriege von 1864 (S. 284—288).
./. Bolle, Noch einmal das Kutschkelied (S. 288).
G. Schläger, Zur Entwicklungsgeschichte des Volks- u. Kinderliedes. II. (S. 289—293).
0. Schütte, Braunschweigische Segenssprüche (S. 296 — 299).
Derselbe, Volksreime auf Spielkarten (S. 299 — 300).
Zeitschrift fUr deutsche Wortforschung. 13. Band.
0. Behaghel, Zum Relativpronomen welcher (S. 157 ff.).
A. Gölte, Notregen (S. 16t>), Schliffbacken (S. 167), Wetterhahn (S. 168 f.).
E. Gutmacher, Schmutzig — schmierig — dreckig lachen (S. 169 — 171).
K. Helm, ßeulauge (S. 175).
Baist, Balzen (S. 212 f.).
A. Seiler, Der Name Molshoim und Verwandtes (S. 214 —224).
0. Gröger, Zum VII. Bande des Schweizerischen Idiotikons (S. 229 — 240).
0. Schütte, Braunschweiger Pferdenamen des 16. und 17. Jahrh. (S. 240).
F. Kluge, Besprech. von 0. Behaghel, Geschichte der deutschou Sprache, 3. Aufl.
(S. 241 f.).
K. Seih, Fritz Reuter und Müller von Itzehoe (S. 300—319).
A. Keller, Besprech. von H. Klenz, Scheltenwörterbuch (S 337 f.).
— 14. Band.
G. Schoppe, Bemerkungen zum D. Wb. (S. 81 —111).
G. 0. Curme, The Origin of the Relative »welcher« (S. 112 —125).
0. B. Schlutter, Glossographisehe Beiträge zur deutschen Wortgeschichte (S. 137—160).
Beiheft zum 14. Band.
Alfred Schirmer. Der Wortschatz der Mathematik nach Alter und Herkunft unter¬
sucht (80 S ).
Zeitschrift flir österreichische Volkskunde. XVIII. Jahrgang. 1. 2. 3. Heft.
E. Hamxa , Eine Bauernhochzeit im niederösterreichischen Wechselgebiete (S. 1 — 20).
Joh. KoStial, Kleine Beiträge zur österr. Volkskunde (Benennungen der Bachstelze,
der Fledermaus, des Ixiffels, des Düngers (S. 49 —52).
Hnchtlruckerei «los Wmsenhftuses in Halle a. «1. S.
Digitized by Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Zeitschrift
Lfö,
MOV
für
* m
Deutsche Mundarten
Im Aufträge
des
Vorstandes des Allgemeiuen Deutschen Sprachvereins
herausgegeben von
Otto Heilig und Philipp Lenz
Jahrgang 1912 in 4 Vierteljahrsheften
Heft 4
Berlin
Verlag des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins
(F. Berggold)
1912
Go gle
Die Zeitschrift für Deutsche Mundarten erscheint jährlich in 4 Heften ron je
6 Bogen. Preis des Jahrganges 10 Mark.
Handschriftliche Beitrüge ans dem Gebiet der hochdeutschen Mundarten
welle man an Herrn Professor Otto Heilig in Rastatt, solche aus dem Gebiet der
niederdeutschen Mundarten an Herrn Gymnasialoberlehrer Dr. Herm. Teuchert
in Berlin-Steglitz, Mommsenstr. 52, einsenden. Anfragen über Schriftsold, Sonder¬
abdrücke usw. bitten wir an die Verlagsbuchhandlung zu richten.
Alle Rechte Vorbehalten.
Inhalt des 4. Heftes.
S»it«
Kanncngießer, Paul, Dr. phil., Univ.-Prof. in Straßburg i. E.:
Fritz Reuter und Anton Sommer.280
Schoof, Wilhelm, Dr. phil., Direktor iu Uersfeld (Bezirk Kassel):
Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.298
Graebisch, Friedrich, Privatgelehrter in Kudowa:
Proben schlesischer Gebirgsmundarten (Fortsetzung).319
Welk, Friedrich, Dr. phil., Lohramtspraktikant in Rheinbischofsheim:
Proben der Mundart von Rheinbischofsheim.348
Heilig, Otto, Professor iu Rastatt: -v. -KJ
Mundartliche Proben aus dem badischen Frankenland.. 357
Lux, Julius, Prof, iu Kolozsvär (Ungarn): ' ^
Sprachproben aus der deutschen Mundart von Oobsina in Oberungarn . 3üO
Pfalz, Anton, Dr phil., iu Deutsch-Wagram bei Wien: 4SI
Zur Erklärung der ripuarischen Gutturalisierung.3G4
Bücherbesprechungen.
W. Simonsen: TH '
Niederdeutsch und Hochdeutsch in den Chroniken des Johann Adolph
Neocorus und des Daniel Liibbeke, bespr. von H. Teuchert . . . 366
Adam Zlegelhüfcr uud Dr. Gustav Hey: ^
Die Ortsnamen des ehemaligen Hochstifts Bamberg, bepr.von Julius Miedel 367
Dr. Rudolf Klelnpaul:
Oie Ortsnamen im Deutschen. Ihre Entwicklung und Herkunft, bespr.
von Julius Miedel ..369
Dr. J. Mntthilu.s Klimesch:
Die Ortsnamen im südlichen und südwestlichen Böhmen, bespr. vou Julius
Miede!.371
Hans Scholz: - V^j
Deutsches Fremdwörterbuch, bespr. von 0. Weise.373
Ad. Sehullerus und Friedr. Hofstädter:
Siebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch, bespr. von 0. Weise . . . 373
Hermann Schmücke!: ; 8
Das Siegerländer Bauernhaus, bespr. von 0. Weise. * 374
Hermann Fischer: -
Schwäbisches Wörterbuch, bespr. von Philipp Lenz.375
Fortsetzung S. 3 des Umschlags.
Sprechsaal.
Eine hessische Bezeichnung des Kaninchens.378
Erwiderung .379
Schlußwort.380
Mitteilung.
Mitteilung des Vorstandes des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins ... 381
Neue Bücher. — Zeitschriftenschau.
Allgemeiner Deutscher Sprachverein.
Der Beitritt zu diesem erfolgt:
1. durch Anmeldung als Mitglied bei dem Vorsitzenden eines Zweig¬
vereins. Der Jahresbeitrag beträgt in der Regel 3 Mark. Die Mitglieder
nehmen teil an den Versammlungen, Vorträgen usw. des Zweigvereins und er¬
halten kostenlos durch den Zweigverein zugesandt:
die Zeitschrift des Sprachvereins (12 Monatsnummem im Jahre),
die Wissenschaftlichen Beihefte zur Zeitschrift (meist zwei im Jahre),
sonstige geeignete Veröffentlichungen des Vereins.
2. durch Anmeldung als unmittelbares Mitglied bei dem Schatz¬
meister des Vereins, Verlagsbuchhändler Ferdinand Berggold, Berlin W30,
Motzstraße 78. Der Jahresbeitrag beträgt mindestens 3 Mark. Das unmittel¬
bare Mitglied erhält die genannten Drucksachen durch den Schatzmeister
kostenlos zugesandt.
Behörden, Körperschaften, Anstalten, Schulen, Vereine usw., welche die
Bestrebungen des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins fördern, dem Vereine
aber als Mitglieder nicht förmlich beitreten wollen, können die genannten Ver¬
öffentlichungen gegen den Jahresbeitrag von mindestens 3 Mark vom Schatz¬
meister unmittelbar beziehen. — Die Zeitschrift kann auch durch jede Buch¬
handlung und durch die Post bezogen werden.
Zweigvereine, die neu gebildet worden sind, werden gebeten, sich beim
Vorsitzenden, Geheimen Oberbaurat Dr. Sarrazin, Berlin - Friedenau, Kaiser¬
allee 117, anzumelden.
Der Allgemeine Deutsche Sprachverein hat z. Z. 315 Zweigvereine, die
Gesamtzahl seiner Mitglieder beträgt gegenwärtig über 30000* Die Auflage
der Zeitschrift ist 36000 Stück.
Go gle
Tm Verlage des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins F. Berggold,
Berlin W30, Motzstraße 78, sind erschienen: ' ,. . > j.C .1
I. Zeitschrift d. Allg. Deutschen Sprachvereins, Beihefte,
Inhaltsverzeichnis.
Der laufende Jahrgang kostet 3 . 4 .
Ältere Jahrgänge der Zeitschrift: 188G — 1911, je 2 .4.
Einzelne Nummern der Zeitschrift, je 0.30 .4.
Die Wissenschaftlichen Beihefte: 1. Reihe: lieft 1—5, 2. Reihe:
Heft G —10, 3. Reihe: Heft 11 —20, 4. Reihe: Heft 21 — 30, 5. Reihe:
Heft 31 — 34 zum Preise von je 0,30 .4 für das Heft.
Inhaltsverzeichnis zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprach¬
vereins, zu den Beiheften und sonstigen Veröffentlichungen des Ver¬
eins 1886 — 1900, 4,00 Ji.
Inhaltsverzeichnis zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprach¬
vereins und den Beiheften 1901 —1910, 2,00 . 4 .
II. Verdeutschungsbücher.
1. Die Speisekarte (5. verbesserte Auflage), 0,80 . 4 .
2. Der Handel. Neue Auflage in Vorbereitung. ' £
3. Das häusliche uud gesellschaftliche Leben. Neue Auflage erscheint noch
im Laufe des Jahres. ■>' I
4. Deutsches Namenblichlein (5. Auflage), 0,G0
5. Die Amtssprache (8. Auflage, 37. bis 40. Tausend), 1 Ji. ■ /
0. Das Berg- und Hüttenwesen (2. Auflage), 0,50 ^4. K
7. Die Schule (3. Auflage, 25. bis 28. Tausend), 0,60 . 4 . ' 1 ***3
8. Die Heilkunde (G. Auflage), 0,G0
9. Tonkunst, Bühnenwesen und Tanz, 0,60 .4. . *
III. Sonstige Schriften. •
Dünger, Dr. Hermann, Engländerei in der deutschen Sprache, 1,20 .4.
— — 200 Sätze zur Schärfung des Sprachgefühls, vierte Auflage, 1,60 M.
— — Die Deutsche Sprachbewegung und der A. D. Sprachverein 1885—1910
(Festschrift zur Fünfundzwanzigjahrfeier), 2,00 .4.
Erler, Julius, Die Sprache des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches, 0,50 .4.
Kaufmannsdeutsch, Zwei Preisarbeiten von A. Engels und F. W. Eitzen.
Dritte Auflage, 1,00 . 4 .
Kliull, Dr. Ferdinand, Vornamen Verzeichnis, 0,20 . 4 . ‘ • ,
Meigen, Dr. Wilhelm, Die deutschen Pflanzennaraen, 1,60 . 4 .
Saalfeld, Dr. Günter, Bausteine zum Deutschtum, 1,50 . 4 . I
Schräder, Dr. Otto, Vom neuen Reiche, 0,60.#. jJfjB
Zöllner, Dr. Friedrich, Die Einrichtung und Verfassung der Fruchtbringenden
Gesellschaft, 1,80 Jt. ' fr
Bachdmckerei de« Waisenhauses in Halle a. d. S.
, V
»w y
m
r‘ mm
- i
Digitized by
Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN